INHAlt
1. DAS WIcHtIGStE Auf EINEN BlIck –
6ScHNEllÜBErSIcHt
2. PAtrIck SÜSkIND: lEBEN uND WErk
102.1 Biografie 10
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund 12
2.3 Angaben und Erläuterungen
zu wesentlichen Werken 15
3. tExtANAlySE uND -INtErPrEtAtIoN
193.1 Entstehung und Quellen 19
3.2 Inhaltsangabe 23
3.3 Aufbau 31
Kompositionsstruktur und Erzählweise 31
Das Moment des Aufbruchs 33
Das Moment des Paradoxen 35
Das Moment des Zufalls 37
Das Moment des Scheiterns und der Anonymität 39
3.4 Personenkonstellation und charakteristiken 44
Grenouille: Die Entwicklungsphasen
der Hauptfigur 44
Der erste Mord 46
Lehrlings und Gesellenzeit 47
Der Einsiedler 50
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VORSC
HAU
Rückkehr in die Welt; der omnipotente Gott
des Duftes 53
Das Meisterstück 55
Verklärung 59
Grenouille – das Monster 61
Grenouille – der Teufel und Dämon 63
Grenouille – der Zeck 64
Grenouille – der Mörder und Künstler 69
Baldini, TailladeEspinasse und Richis:
ihre Beziehung zu Grenouille und ihre
Haltung gegenüber den Ideen des Zeitalters
der Aufklärung 75
Baldini 77
Marquis de la TailladeEspinasse 79
Richis 80
Die gescheiterte Aufklärung 82
Grenouilles Mutter, die Ammen, Jeanne Bussie, Pater Terrier, Madame Gaillard, Grimal,
Madame Arnulfi, Druot 83
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen 89
3.6 Stil und Sprache 95
3.7 Interpretationsansätze 99
Der Titel des Romans als mehrdimensionales
Schlüsselwort 99
Das Parfum –der historischkulturelle Kontext 100
Parfum als Duft – der Kontext im Roman 103
Das Parfum – der politische Kontext 105
Die Deutungsoffenheit des Romans 108
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4. rEZEPtIoNSGEScHIcHtE
1135. MAtErIAlIEN
115Religiöse Aspekte des Romans 115
Das Parfum – ein Schlüsselwerk der Postmoderne 116
Zum Verhältnis von Masse und Individuum 117
6. PrÜfuNGSAufGABEN
119MIt MuStErlöSuNGEN
lItErAtur
129StIcHWortvErZEIcHNIS
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2 PAtrIck SÜSkIND:
lEBEN uND WErk
3 tExtANAlySE uND -INtErPrEtAtIoN 1 ScHNEllÜBErSIcHt
PAtrIck SÜSkIND
6
1. DAS WIcHtIGStE Auf EINEN BlIck – ScHNEllÜBErSIcHt
Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht:
Im 2. Kapitel beschreiben wir Süskinds Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:
Patrick Süskind wurde am 26. 3. 1949 in Ambach geboren; er lebt in München, Paris und Südfrankreich; über sein Privat
leben ist kaum etwas bekannt, vom Literatur und Medien
betrieb (TalkShows etc.) hält er sich fern.
Das Parfum kann als Schlüsselwerk der Postmoderne gelten.
Süskind arbeitete für das Fernsehen; als Autor gehört er zu den erfolgreichsten Vertretern der deutschsprachigen Lite
ratur; seine Figuren sind häufig Einzelgänger – wie ihr Autor selbst.
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Entstehung und Quellen:
Süskind greift im Parfum auf zahlreiche literarische Genres zurück (Künstlerroman, Krimi, Reiseroman, Bildungsroman etc.). Sein Ro
man ist voller Anspielungen und Hinweise auf andere literarische Werke, die parodiert, paraphrasiert oder als Andeutung und An
spielung in den Roman einmontiert werden. Als eine kultur und sozialgeschichtliche Quelle des Romans kann Alain Corbins Werk Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs gelten.
S. 10 ff.
S. 10 f.
S. 12 f.
S. 14 ff.
S. 18 ff.
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2.1 Biografie
2 PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK
3 TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 1 SCHNELLÜBERSICHT
PATRICK SÜSKIND
10
2. PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK 2.1 Biografie
JAHR ORT EREIGNIS ALTER
26. 3.
1949
Ambach (Starnber
ger See)
Patrick Süskind wird als zweiter Sohn des Publizisten und Redakteurs Wilhelm Emanuel Süskind in Ambach am Starn
berger See geboren.
ab 1955 Besuch der Volksschule von Holzhausen und des Gymnasiums, Abitur und Wehr
ersatzdienst
6
ab 1968 München Studium der Geschichte in München, Studienaufenthalt in AixenProvence
19
1974 Magisterarbeit,
Süskind entschließt sich, „freier Schrift
steller“ zu werden.
24
1981 München Der Kontrabaß, Uraufführung in München, Arbeit an Drehbüchern, u. a. zu den Fernsehserien Monaco Franze, Der ewige Stenz und Kir Royal. Aus dem Leben eines Klatschreporters
32
1985 Das Parfum 36
1987 Die Taube 38
1991 Die Geschichte von Herrn Sommer 42
1995 Drei Geschichten 46
1996/97 Drehbuch zu Rossini oder Die mörde rische Frage, wer mit wem schlief.
Süskind lebt in München, Paris und Montolieu/Südfrankreich.
Die Annahme mehrerer ihm zuerkannter Literaturpreise hat Süs kind abgelehnt.
47
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2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
2 PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK
3 TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 1 SCHNELLÜBERSICHT
PATRICK SÜSKIND
12
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Süskinds Roman ist der postmodernen Literatur der 80er
Jahre des 20. Jahrhunderts zuzurechnen
Diese Strömung der Literatur wendet sich von der Moderne ab und greift zu eher traditionellen Erzähl
mustern, setzt häufig auf historische Stoffe und Themen und zeichnet sich durch Intertextualität aus, das Spiel mit überlieferten Texten der Literatur (sogen. Prätexte).
Der (übrigens nicht unumstrittene) Begriff „Postmoderne“ be
schreibt literarische Strömungen und Tendenzen in der Literatur, die ab den 80erJahren des 20. Jahrhunderts eine Abkehr von der
„Moderne“, also der Literatur des ausgehenden 19. und beginnen
den 20. Jahrhunderts, signalisieren. Die Literatur der Moderne, wie sie etwa in den Strömungen des Expressionismus und Dadaismus zum Ausdruck kommt, war durch eine große Experimentierfreude und die Suche nach neuen ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten gekennzeichnet. Durch die Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik vorangetrieben, brachen die alten (einheitlichen) Weltbilder auf und wurden durch Offenheit ersetzt; an die Stelle geschlossener Werte und Moralsysteme traten Uneindeutigkeiten und Pluralismus. Auf die Auflösung der alten ideologischen Mus
ter reagierte die Literatur mit der Zertrümmerung überkommener ästhetischer Kategorien und (in der Epik) narrativer Strategien.
Als Beispiel eines Romans der „Moderne“, an dem die neue Art des Erzählens deutlich wird, kann in der deutschsprachigen Li
teratur etwa Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz gelten.
Eine Handlung im klassischen Sinne gibt es nicht, ebenso keinen
ZUSAMMEN- FASSUNG
Moderne und Postmoderne
Aufbrechen der alten Weltbilder
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3.1 Entstehung und Quellen
4 REZEPTIONS- GESCHICHTE
5 MATERIALIEN 6 PRÜFUNGS- AUFGABEN
DAS PARFUM 19
3. TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 3.1 Entstehung und Quellen
Süskinds Roman geht eine intensive Beschäftigung mit der (Kultur)Geschichte des Parfums und der Hygiene sowie mit den Traditionen des Parfumeurshandwerks voraus:
Süskind studierte das Parfumhandwerk durch einen Auf
enthalt in Grasse bei der Parfummanufaktur Fragonard.
Als eine Hauptquelle kann Alain Corbins Werk Pesthauch und Blütenduft gelten.
Im Roman gibt es zahlreiche Andeutungen und Anspie
lungen auf Prätexte, die teilweise (auch in parodistischer Absicht) auf der Ebene von Paraphrasen oder Zitaten in den Roman geholt werden (Intertextualität).
Süskinds Werk ist ein historischer Roman, der Details der Hand
werkstechnik der Gerber und Parfumeure ebenso vor uns ausbrei
tet, wie er uns, wenn auch mit unübersehbaren parodistischen Elementen, das Zeitalter der Aufklärung vor Augen führt. Und der Autor gewährt uns einen Einblick in die hygienischen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts. Patrick Süskind hat sich ausführlich mit der Sozialgeschichte der Hygiene, der Herstellung von Parfums mittels traditioneller Verfahren, den Grundstoffen von Parfums sowie der Veränderung der Duftvorlieben in den vergangenen Jahrhunderten beschäftigt. Alain Corbins Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschich- te des Geruchs und Eugene Rimmels Das Buch des Parfums können als zwei Quellen für seine Forschungen angenommen werden.
ZUSAMMEN- FASSUNG
Geschichte der Hygiene und des Parfums
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3.2 Inhaltsangabe
4 REZEPTIONS- GESCHICHTE
5 MATERIALIEN 6 PRÜFUNGS- AUFGABEN
DAS PARFUM 25
Geruch in sich ein. Dank dieses Geruchs ist er in der Lage, die bis- her gesammelten Gerüche systematisch zu ordnen und planvoll Geruchskombinationen zu entwickeln. Grenouille erkennt seine Bestimmung und hat ein Ziel vor Augen: er will ein Schöpfer von Düften sein, er will der größte Parfumeur aller Zeiten werden.
Moralische Skrupel wegen der Ermordung des Mädchens hat er nicht, denn das Wertvolls te, ihren Duft, bewahrt er in seinem Ge- dächtnis.
Ben Wishaw als Grenouillle und das ‚Mirabellen- mädchen‘ (Karoli- ne Herfurth); aus dem Kinofilm von 2006 © Cinetext/
Constantin Film
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HAU
3.3 Aufbau
4 REZEPTIONS- GESCHICHTE
5 MATERIALIEN 6 PRÜFUNGS-
AUFGABEN
DAS PARFUM 31
3.3 Aufbau
Kompositionsstruktur und Erzählweise
Kapitel 51 Ankunft in Paris, Grenouille wird in einem Akt des Kannibalismus vom Gesindel in Paris getötet, nachdem er sich mit seinem Parfum übergossen hat.
Die 51 Kapitel des Romans lassen sich in vier Gruppen anordnen, die jeweils einen Lebens
abschnitt Grenouilles behandeln, aber unterschiedlich lang sind. Die Lebensgeschichte Grenouilles erstreckt sich über 29 Jahre. Paris ist Ausgangs und Endpunkt seines Lebens und seiner äußeren und inneren Reise.
Kapitel 1–22 Kindheit/Jugend in Paris, Gehilfe bei Grimal, 1. Mord, Ausbildung zum Parfumeurgesellen bei Baldini, Ent
schluss nach Grasse aufzubrechen, um weitere Metho
den der Parfum
herstellung zu lernen.
Kapitel 23– 29 Wanderschaft und Ankunft auf dem Plomb du Cantal, dem höchsten Punkt seiner Reise, innere Krise (Entde
ckung des fehlen
den Eigengeruchs), Aufbruch nach Grasse
Kapitel 30 –50 über Montpellier nach Grasse, Mit arbeiter bei Madame Arnulfi, Ermordung von 25 Jungfrauen, Erschaffung des
„absoluten Par
fums“, Verehrung durch die Massen;
Grenouilles Er
kenntnis, dass die Menschen nur seine Aura lieben, Auf
bruch nach Paris
Süskinds erzählerisches Talent wird allenthalben gelobt. Und dies, obwohl (oder weil?) er sich eines ganz und gar „unmodernen“ Er- zählstils bedient. „Tatsächlich schreibt Süskind, als hätte er nie Kafka gelesen und nie von Joyce gehört. Seine Vorbilder sind eher bei den Romanciers des neunzehnten Jahrhunderts zu suchen, zu- mal den französischen von Balzac bis Victor Hugo. Einiges mag er
„unmoderner Erzählstil“
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HAU
3.3 Aufbau
2 PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK
3 TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 1 SCHNELLÜBERSICHT
PATRICK SÜSKIND
32
auch, bewusst oder unbewusst, von Marcel Proust gelernt haben.
Sicher ist: Um die verschiedenartigen Mittel und Errungenschaf- ten, um die ausgeklügelten Techniken und raffinierten Tricks der modernen Prosa kümmert sich dieser Autor nicht einen Pfiffer- ling“, stellt Marcel Reich-Ranicki zu Recht fest.11
Süskinds (nahezu) chronologisch erzählter Roman beginnt mit der Geburt des Protagonisten, endet mit dessen Tod und umfasst eine erzählte Zeit von rund 29 Jahren. Somit ergeben sich Raffun- gen, denn die Erzählzeit ist wesentlich kürzer als die erzählte Zeit.
Der auktoriale Erzähler organisiert die Elemente der Geschichte (Ereignisse, Figuren, Schauplätze und Zeit) von einem allwissen- den Standpunkt aus, wendet sich gelegentlich in Kommentaren, die manchmal einen ironisch-distanzierten Unterton haben, an die Leser und Leserinnen. Der Erzähler bedient sich überwiegend des Erzählerberichts, wobei Ereignisse, Figuren und Räume ebenso beschrieben werden wie die Gedanken und Empfindungen der Fi- guren (Innensicht) vor den Lesern ausgebreitet werden. Der Autor verwendet verschiedene Formen der Personenrede (direkt oder indirekt wiedergegebene Äußerungen oder Gedanken der han- delnden Figuren). Er verzichtet allerdings weitgehend auf erzäh- lerische Mittel wie den inneren Monolog, stream of consciousness oder Montagetechnik.12
Eine Besonderheit stellt die (wie die Szene eines Theaterstücks angelegte) Passage des Romans dar, in der das Gespräch zwischen Baldini und Chénier im Figurendialog präsentiert wird (der Erzäh- ler tritt hinter die Figuren völlig zurück; vgl. Kap. 10).
11 ReichRanicki, in: FAZ. W. Schütte ist einer der wenigen Rezensenten, die Süskinds Erzählstil negativ bewerten und den Lobrednern unterstellen, in ihrer Begeisterung für den Autor und seinen Erzählstil schwinge auch das „immer präsente Ressentiment gegen das Riskante, Kom
plexe, ‚Esoterische‘ der Avantgarde“ mit. (Schütte, in: Frankfurter Rundschau)
12 Eine Ausnahme stellt z. B. der innere Monolog Baldinis im 12. Kapitel dar (siehe S. 79 – 81).
Erzählzeit, erzählte Zeit und die Rolle des Erzählers
Figurendialog
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HAU
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
2 PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK
3 TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 1 SCHNELLÜBERSICHT
PATRICK SÜSKIND
72
‚welkzuriechen‘.“ 43 Die körperliche Distanz zwischen Gre nouille und den Opfern wird nach dem ersten Mord verstärkt. Benutzt Grenouille bei dem Mord in Paris noch seine Hände, um das Mäd- chen zu erwürgen, erschlägt er die Mädchen in Grasse mit einer Art Totschläger („Keule“) und vermeidet so gut wie jeden Körper- (Haut-)Kontakt. Das „Ernten“ des Duftes erinnert, durch die Spra- che bewusst provoziert, eher an die präzise Handwerksarbeit eines Bäckers als an die Untat, die es ja eigentlich ist (vgl. S. 275 f.).
43 Meyhöfer, in: Vorwärts. Thomas Harris gestaltet mit seinem „Buffalo Bill“ ebenfalls einen Mörder, der kein sexuelles Interesse an seinen weiblichen Opfern hat. Die Frauen dienen „Bill“
als Lieferantinnen von Haut, wie sie Grenouille als Lieferantinnen ihres Duftes dienen. Grenouille hat nicht nur kein Interesse sexueller Art an seinen Opfern, er ist überhaupt ein Wesen ohne Sexualleben. Lediglich in den Omnipotenzträumen während seiner Zeit im Plomb du Cantal gibt es Anklänge sexueller Fantasien, wenn Grenouille sich vorstellt, das Land sei mit seinem „gött- lichen Grenouillesamen durchtränkt.“ (S. 161)
Grenouille ‚erntet‘
den Duft eines toten Mädchens;
aus dem Kinofilm von 2006
© Cinetext/
Constantin Film
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HAU
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
4 REZEPTIONS- GESCHICHTE
5 MATERIALIEN 6 PRÜFUNGS- AUFGABEN
DAS PARFUM 89
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
Erläuterung fachsprachlicher Ausdrücke
(Adjektiv-)Hyper- trophie
übermäßige Häufung von Adjektiven
Allegorie Sinnbild; bildhaft belebte Darstellung eines abstrakten Begriffs
apodiktisch unwiderleglich, keinen Widerspruch duldend Ästhetizismus Lebensanschauung, die ganz auf ein ästhetisches
Erleben ausgerichtet ist; Lehre von der Selbstgenüg
samkeit der Kunst
Atavismus Rückverweis auf die Urahnen
Avantgarde Vorhut; extrem experimentierfreudige Richtung in Kunst und Literatur
Dekodierung Entschlüsselung
Diktion besondere Ausdrucksweise, Stil
evozieren das Erwecken von Vorstellungen, das Hervorrufen eines Eindrucks
grand-guignolesk Guignol: frz. ‚Hanswurst‘; GrandGuignol: Hand
puppenKasperlespiel; aggressivsatirisch, schauerlich
gruselig
Inkubation das sich Festsetzen von Krankheitserregern; auch Tempelschlaf in der Antike, um die Belehrung durch einen Gott zu erwarten
Konnotation assoziative Nebenbedeutung Kontrafaktur Nachdichtung, Parodie
libidinös sexuelle Begierde, den Geschlechtstrieb betreffend monadisch Monade: letzte, in sich geschlossene Ureinheit Monomanie Besessenheit von einer einzigen Idee
Präzeptor Lehrer, Erzieher
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HAU
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
4 rEZEPtIoNS- GEScHIcHtE
5 MAtErIAlIEN 6 PrÜfuNGS- AufGABEN
DAS PArfuM 93
S. 101 Suada Redeschwall
S. 106 präpotent österr.: überheblich, frech
S. 112 tour d’Argent frz.: Silberturm, Geldturm; sprechender Name, der auf den neuen Reichtum Grimals hinweist.
S. 120 komment Regel, Brauch, Sitte
S. 126 Grasse eines der Parfümzentren in Frankreich S. 133 in stadio ultimo lat.: im Endstadium
S. 136 todesagonie Todeskampf S. 137 Enfleurage
Enfleurage à l‘huile
Übertragung von Aromastoffen (Duft stoffen) auf eine Fett oder Ölbasis: Geruchsträger werden auf eine Platte mit geruchlosem warmem (enfleurage à chaud) oder kaltem (enfleurage à froid) Fett gestreut, welches die Riechstoffe aufnimmt.
E. mit Öl; Geruchsträger werden in Öl getränkte Tücher gewickelt.
S. 142 konziliant entgegenkommend S. 154 odium Makel, Anrüchigkeit S. 159 Extinktion Auslöschung, Tilgung S. 160 façon de parler frz.: Redensart
S. 161 und als er sah, daß es gut war …
Schöpfungsphantasie Grenouilles; Anspielung auf die Bibel (1. Mose 1, 31)
S. 166 exterminiert ausgerottet, vertrieben S. 179 fluidum letale lat.: tödliche Ausdünstung S. 180 trouvaille frz.: Fund; guter Einfall S. 199 Surrogat Ersatz, Ersatzmittel S. 201 in conspectu
universalitatis fluidi letalis
lat.: in Ansehung der allgemein todbringenden Ausdünstung
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HAU
3.7 Interpretationsansätze
4 REZEPTIONS- GESCHICHTE
5 MATERIALIEN 6 PRÜFUNGS-
AUFGABEN
DAS PARFUM 99
3.7 Interpretationsansätze
Auf folgende Interpretationsansätze gehen wir näher ein:
Der Titel des Romans als mehrdimensionales Schlüsselwort
Das Parfum – der historisch-kulturelle Kontext Parfum als Duft – der Kontext im Roman
Das Parfum – der politische Kontext Die Deutungsoffenheit des Romans
– Die Krimielemente als Angebot für die Leser – Grenouille als Künstler und Kunstfigur
– Das Spiel mit Genres
Der Titel des Romans als mehrdimensionales Schlüsselwort Schon Titel und Untertitel des Romans lösen durch die Kop- pelung der Begriffe „Parfum“ und „Mörder“ und die mit ihnen verbundenen Konnotationen Verblüffung aus. Verweist das Wort
„Parfum“ auf die Sphäre des Ästhetischen, des Schönen, des Hel- len und der Erotik, so assoziieren wir mit dem Wort „Mörder“ das Böse, das Hässliche, das Dunkle und die Destruktion. Komplettiert wird dieses Spiel mit Assoziationen durch die optischen Signale, die das Umschlagmotiv, der Ausschnitt aus Watteaus Bild, aussen- det. Der wohl mit Bedacht gewählte Bildausschnitt evoziert Emo- tionen, die insofern an den Begriff „Parfum“ anknüpfen, als eine Verbindung zur Sphäre der Schönheit, der Erotik, der Verheißung hergestellt wird. Gleichzeitig werden diese Emotionen (durch die Koppelung mit dem Wort „Mörder“ aus dem Untertitel) aber wie- der bedroht. Der titelgebende Zentralbegriff (Parfum) eröffnet also
ZUSAMMEN- FASSUNG
Spiel mit Bedeutungs
ebenen
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3.7 Interpretationsansätze
2 PATRICK SÜSKIND:
LEBEN UND WERK
3 TEXTANALYSE UND -INTERPRETATION 1 SCHNELLÜBERSICHT
PATRICK SÜSKIND
100
einen Auslegungsspielraum und verweist auf verschiedene Refe- renzebenen. Er hat einen hohen Symbolgehalt und ist auf unter- schiedlichen Ebenen (in unterschiedlichen Kontexten) dekodierbar und fungiert somit als mehrdimensionales Schlüsselwort.
Das Parfum – der historisch-kulturelle Kontext
„Der Geruch vermittelt uns ein innigeres Gefühl, einen unmit- telbareren, vom Geist unabhängigeren Genuss als der Gesichts- sinn.“ 71
Die Hauptfigur des Romans erlernt den Beruf des Parfumeurs und schließt die Ausbildung mit dem Gesellenbrief ab. 72 Bedeu- tende Abschnitte des Lebens der Hauptfigur spielen in der Welt der Parfumeure und der Parfumherstellung. Diese Welt wird uns im Roman recht ausführlich und oftmals mit Liebe zum Detail vorgeführt. Das geschieht mit gutem Grund, denn in der Zeit, in der der Roman spielt, gewinnt das Parfumeurhandwerk an gesell- schaftlicher Bedeutung und werden Herstellung und Vertrieb von Parfume rieartikeln zu einem rasch expandierenden Wirtschafts- zweig. 73 Diese Entwicklung ist vor allem einer gewachsenen Emp- findlichkeit gegenüber Gerüchen und einer sinkenden Toleranz gegenüber (als unangenehm empfundenen) Ausdünstungen ge- schuldet.
71 SaintLambert, Les saisons, zitiert in A. Corbin, S. 115; zu den Informationen im folgenden Ab
schnitt vgl. neben Corbin auch Ursula O‘Malley, S. 24 – 30, und Augstein, S. 8–11
72 „Gewerbliche Parfumeure gab es in Frankreich bereits seit dem zwölften Jahrhundert. (…) Um zum Meisterparfumeur gewählt zu werden, war es (im 18. Jahrhundert) erforderlich, vier Jahre als Lehrling und drei als Geselle zu dienen, was zeigt, dass man es als nicht unbedeutendes Handwerk erachtete.“ (E. Rimmel, S. 230)
73 Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in Paris bereits einhundertundzwanzig Parfumeure, deren Ein
nahmen auf vierzig Millionen Francs jährlich geschätzt werden. (vgl. E. Rimmel, S. 273)
Hoher
Symbolgehalt
Die Welt des Parfums