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"Rubus-Stauche" bei Brombeere und Himbeere

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"Rubus-Stauche" bei

Brombeere und Himbeere

Autoren: E. Bosshard, H. Höhn, J. Rüegg und O. Viret

An der Rubus-Stauche erkrankte Brombeerpflanze mit typischem Besenwuchs, viele mehr oder minder gestauchte Nebentriebe.

Typische Symptome der Rubus-Stauche an einer Brombeerblüte: grünliche Kronblätter und darunter stark verlängerte Kelchblätter.

Die Rubus-Stauche, auch Besenwüchsigkeit oder Verzwergungskrankheit, engl. Rubus Stunt, ist eine Krankheit, welche bei kultivierten wie wild wachsenden Pflanzenbeständen der botanischen Gattung Rubus vorkommt. Von landwirtschaftlicher Bedeutung sind Brombeeren und Himbeeren. Das Verbreitungsgebiet der Krankheit zieht sich von Europa über Russland bis in den mittleren Osten, bisher (1991) jedoch noch nicht bis Nordamerika. Die Krankheit kann durch verseuchtes Pflanzgut verbreitet werden. Sie wird durch phloemsaugende Insekten von Pflanze zu Pflanze übertragen und dies sowohl innerhalb des Bestandes wie auch zwischen verschiedenen Beständen, oder von wilden Rubusbeständen in Ertragsanlagen. Dadurch können ganze Anlagen zerstört werden.

Schadbild

Die infizierten Brombeer- und Himbeerpflanzen zeigen Schadsymptome sowohl an Ruten wie auch an Blüten bzw. Früchten. In der Regel besteht beim Auftreten dieser Symptome keine Verwechslungsgefahr mit anderen Krankheiten.

Hexenbesen

Aus den Wurzelknospen wachsen zahlreiche, dicht nebeneinander stehende, kleine, dünne, aufrechte Ruten (erste Symptome). An den Ruten treiben die Achselknospen verstärkt aus. Aus einer Knospe entstehen Büschel von bis zu zehn gestauchten Seitentrieben, womit die Ruten wie Hexenbesen aussehen. Die Blätter sind mehr oder weniger chlorotisch aufgehellt. Deformierte Blätter mit Rissen und Löchern sind jedoch nicht der Rubus-Stauche zuzuschreiben. Diese Symptome werden durch Wanzen, manchmal auch Thripse, verursacht, welche an den ganz jungen Blättchen an den Triebspitzen saugen. Bei der Entfaltung und dem Wachstum der Blätter führen diese feinen Einstiche zu den erwähnten Missbildungen.

Phyllodie

Das eindeutigste Symptom der Krankheit sind die Missbildungen an den Blüten. Die Kelchblätter der Blüten werden sehr lang und schmal, die Blüten bilden Auswüchse und vergrünen (Blütenverlaubung).

Teilweise sind die Blüten durchwachsen, d.h. anstelle des Fruchtknotens wächst der Spross oberhalb der Kelch- und Blütenblätter weiter. Die Früchte zeigen ebenfalls Missbildungen.

Die kranken Stöcke sterben meist 4 bis 6 Jahre nach erfolgter Infektion ab. Virusinfizierte Pflanzen sind oft bedeutend anfälliger auf Rubus-Stauche und gehen auch schneller ein. Die Sorten sind unterschiedlich

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anfällig. Es sind bisher jedoch keine Sorten bekannt, die längerfristig ganz ohne Symptome bleiben. Einige Himbeer- und Brombeersorten können ferner bis zu einem gewissen Grade regenerieren und zeigen dann keine Blütendeformationen mehr, sind aber immer noch infiziert. Hier ist ein Nachweis der Krankheit mittels Pfropftest mit einer sehr sensitiven Sorte wie "Malling Landmark" (Himbeere) oder "Thornless Evergreen" (Brombeere) möglich; allerdings vergeht bis zur Ausbildung der Symptome auf dem Pfropfreis rund ein Jahr.

Biologie der Krankheit

Die Rubus-Stauche ist eine Phytoplasmose. Die Erreger der Krankheit sind Phytoplasma ähnliche Organismen.

Diese sehr kleinen und primitiven Lebewesen sind Bakterien ähnlich, besitzen jedoch keine Zellwand. Sie sind sehr vielgestaltig (filamentös bis rundlich-eiförmig).

Im Lichtmikroskop sind sie mit ihren 100 Nanometern bis über 1 Mikrometer Grösse noch knapp sichtbar. Sie besiedeln ausschliesslich das Phloem, den Siebröhrenteil der Leitbündel, und breiten sich in diesem systemisch über die ganze Pflanze aus. Durch ihre Verformbarkeit können sie die Siebplatten der Siebröhren ohne weiteres durchqueren. In den Pflanzenwurzeln sind sie meist in höherer Konzentration vorhanden als in den Trieben, weshalb sich vor allem Wurzelstücke für den Nachweis der Erreger im Labor eignen.

Verbreitung und Übertragung der Krankheit

Experimentell kann die Krankheit durch Pfropfung übertragen werden; eine mechanische Übertragung durch Schnittwerkzeuge ist jedoch ausgeschlossen. Die Inkubationszeit beträgt 4 bis 11 Monate, weshalb die Krankheit auch unbemerkt und unbeabsichtigt mit Ablegern (Pflanzmaterial) verbreitet werden kann. Eine Übertragung von Pflanze zu Pflanze über

Wurzelverwachsungen, insbesondere in Erwerbsanlagen, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Die vorherrschende, natürliche Übertragung der Phytoplasmen geht ähnlich wie bei Viren vor sich, nämlich durch phloemsaugende Insekten (Vektoren).

Der Krankheitserreger wird von Insekten beim Saftsaugen aufgenommen und kann vom Larven- bis zum Adultstadium überdauern und somit auch nach längerer Zeit auf andere Pflanzen übertragen werden.

Phytoplasmen können jedoch nicht über das Eistadium an die nächste Generation weitergegeben werden. Der Erreger der Rubus-Stauche konnte bei verschiedenen Zikadenarten, z.B. aus den Familien Macrospinae (Macropsis fuscula, M. scotti, M. brabantica) und Cixiidae (Hyalestes obsoletus) nachgewiesen werden.

Weitere phloemsaugende Zikadenarten und andere saugende Insekten können als Vektoren nicht ausgeschlossen werden; so wird z.B. die Apfeltriebsucht auch durch Blattsauger (Cacopsylla costalis, C.

melonorum) übertragen. Die oben erwähnten Macropsis- Arten sind auch bei uns verbreitet anzutreffen, meist jedoch nur in kleinen Populationen. Sie bilden pro Jahr eine Generation, leben vorwiegend auf Rubus und überwintern dort im Eistadium in der Rinde. Im Mai-Juli findet man deren Larven, die den Erreger aufnehmen können. Im August-September treten die ausgewachsenen, geflügelten Tiere auf, welche die Krankheit verbreiten.

Zu beachten ist aber, dass die bei uns häufig und oft in grosser Zahl auftretenden Zikaden aus der Familie der Typhlocybinae (z.B. Edwardsiana rosae, Ribautiana tenerrima) fast ausschliesslich Parenchymsauger sind und nicht bis ins Phloem vordringen. Daher können sie die erwähnten Phytoplasmen nicht übertragen. Diese Zikaden verursachen zwar starke Blattsprenkelungen auf der Blattoberseite, als Schädling sind sie jedoch meist unbedeutend.

Links: Typische Symptome der Rubus-Stauche:

abnormale Blüten kranker Brombeerpflanzen mit stark verlängerten Kelchblättern und vergrünten Kronblättern.

Rechts: normale Blüten gesunder Pflanzen.

Nicht durch Rubus-Stauche verursachte Symptome!

Deformierte Blätter mit Rissen und kleinen Löchern stellen keine Symptome der Rubus-Stauche dar. Diese Schadsymptome werden durch Wanzen verursacht, welche bisher nicht als Überträger der Rubus-Stauche bekannt sind.

Links: gesundes Blatt. Rechts: gesprenkelte Blätter, diese Symptome werden durch parenchymsaugende Zikaden (Typhlocybinae) verursacht. Dieser Typ von Zikaden kann die Rubus-Stauche nicht übertragen.

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Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung In erster Linie ist gesundes, zertifiziertes Pflanzmaterial zu verwenden, welches frei von Phytoplasmen ist. Im weiteren sollten Anlagen in unmittelbarer Nähe von befallenen Anlagen oder wilden Rubusbeständen (Wald, Hecken, Böschungen) vermieden werden. Wildbestände sind sehr häufig mit Rubus-Stauche befallen und beherbergen oft auch potentielle Überträger (z.B.

Macropsis-Zikaden). Während der Vermehrung von Jungpflanzen ist eine Warmwasserbehandlung während 2 bis 3 Stunden bei 46 °C empfehlenswert.

Bei der Bekämpfung der Rubus-Stauche im Bestand steht das sofortige und gründliche Entfernen der erkrankten Pflanzen inklusive der Wurzeln absolut im Vordergrund (Verbrennen oder Abfuhr). Eine anschliessende sorgfältige Beobachtung der Kultur während der nächsten 11 Monate und nötigenfalls eine Rodung ist wichtig, da die Zeitspanne von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit meist 4 bis 11 Monate beträgt.

Die chemische Bekämpfung der Überträgerinsekten (Vektoren) ist kaum zu empfehlen, da nicht alle möglichen Überträger und ihre Lebenszyklen bzw.

Wirtspflanzen bekannt sind und die Insekten nicht während der gesamten Vegetationszeit bekämpft werden können. Dazu kommt, dass gewisse Überträgerinsekten den grössten Teil ihres Lebenszykluses nicht auf Rubusarten sondern auf anderen Pflanzen verbringen. Obwohl das bei uns gegen Zwergzikaden (Typhlocybinae) zugelassene Applaud (Wirkstoff: Buprofenzin) wahrscheinlich auch bei Larven der Macropsis-Arten wirksam wäre, ist der Behandlungserfolg sehr fraglich, da adulte Tiere, die aus benachbarten Beständen einfliegen, nicht erfasst werden können.

Bearbeitet von Agroscope FAW Wädenswil und RAC Changins.

© Copyright: Weiterverwendung dieses Dokuments, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Einwilligung durch Amtra, FAW oder RAC und mit vollständiger Quellenangabe gestattet.

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