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Archiv "Schreibtraining für Linkshänder" (24.08.1978)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Problematik der Linkshändigkeit wurde in der medizinischen Fachli- teratur bisher entweder überhaupt nicht aufgegriffen oder aber gele- gentlich überbewertet. Linkshänder waren nicht selten mit dem Makel des Minderwertigen behaftet. Zwi- schen Linkshändigkeit und be- stimmten Auffälligkeiten (zum Bei- spiel Legasthenie, Sprachstörun- gen) wurden enge Verbindungen angenommen. Empirische Untersu- chungen brachten oft widersprüch- liche Resultate, deren Ursachen si- cher zum großen Teil in methodi- schen Mängeln zu suchen sind. Die Ergebnisse verschiedener Autoren waren vor allem aus zwei Gründen nicht miteinander vergleichbar:

Es wurden sehr unterschiedlich relevante Erfassungstechniken ver- wendet und:

41)

Die Übergänge zwischen

Rechts-, Links- und Beidhändigkeit wurden unterschiedlich definiert.

Eine exakte Erfassung der Händig- keit sowie eine genaue Bestimmung des Ausprägungsgrades der Hand- dominanz sind aber unabdingbare Voraussetzungen für eine zuverläs- sige Händigkeitsdiagnose, für die

Entscheidung über die Schreibhand und für eine effektive Betreuung der Linkshänder.

Bei der Bestimmung der Händigkeit scheint es sinnvoll, zwischen Präfe- renz- und Leistungsdominanz zu trennen, da beide Aspekte der Hand- dominanz unterschiedlichen Ent- wicklungsverläufen unterliegen.

Präferenzdominanz äußert sich in dem vorwiegenden spontanen Ge- brauch einer Hand, sie wird durch Funktionsproben geprüft, die — je nach Alter des zu untersuchenden Kindes — gestisch dargestellt oder real ausgeführt werden können.

Die Leistungsdominanz wird dage- gen durch Tätigkeiten geprüft, bei denen Kraft, Schnelligkeit, Impuls- vermögen oder Bewegungsgenauig- keit der rechten und linken Hand getrennt gemessen und anschlie- ßend statistisch zueinander in Be- ziehung gesetzt werden. Mit Hilfe von Leistungsdominanztests wird der Grad der funktionellen Überle- genheit der leistungsstärkeren Hand bezüglich bestimmter psychomoto- rischer Aufgaben gemessen. Als zu- verlässiger und valider Test zur Mes- sung der Leistungsdominanz hat sich der von Schilling (1971) für

fünf- bis zwölfjährige Kinder entwik- kelte Leistungsdominanztest (LDT) erwiesen.

Nach zahlreichen Untersuchungen zum Entwicklungsverlauf von Präfe- renz- und Leistungsdominanz konn- te festgestellt werden:

4)

Bei der diagnostischen Festle- gung auf Rechts- oder Linkshändig- keit ist reifungsbiologischen Fakto- ren sicher eine determinierende Be- deutung einzuräumen. Da das Trai- ning des intensiven Schreiblernvor- gangs die Leistungslateralisation je- doch offensichtlich beschleunigen kann, muß ebenfalls eine Wirkung adaptativer Prozesse auf die Ausbil- dung der Händigkeit angenommen werden.

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Die Präferenzdominanz ist be- reits mit 16 Monaten zuverlässig zu bestimmen, während die Leistungs- dominanz erst mit fünf bis sechs Jahren exakt erfaßbar ist.

Eine in allen Fällen sichere Ent- scheidung über die Schreibhand kann daher nicht vor dem Alter von fünfeinhalb Jahren getroffen wer- den. Ausgehend von der Präferenz- dominanz des Kindes, sollte man aber schon im Kindergartenalter darauf achten, daß ein Kind, das die linke Hand bevorzugt, beim Malen auch schon ausschließlich die linke Hand benutzt. Vor der endgültigen Entscheidung ist es erforderlich, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Händigkeit des Kindes zu

Schreibtraining für Linkshänder

Cordula Kirchert

Aus dem Institut für ärztlich-pädagogische Jugendhilfe

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. phil. h.c. jur. h.c. Hermann Stutte) der Philipps-Universität Marburg

Die Händigkeitsdiagnose beinhaltet vielschichtige Probleme. Bei der Diagnostik muß zwischen Aspekten der Präferenz- und Leistungsdo- minanz getrennt werden. Es werden die Kriterien angeführt, mit deren Hilfe es möglich ist, eine Entscheidung über die Schreibhand des Kindes zu treffen. Für linkshändige Kinder sind spezielle Techniken für eine adäquate Schreibhaltung notwendig. Abschließend werden die Prinzipien eines fein- bzw. graphomotorischen Trainings aufge- zeigt.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 24. August 1978 1897

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Abbildung 1:

Leistungs- dominanztest für Kinder

Linkshänder

machen, das heißt also auf jeden Fall Präferenz- und Leistungsdomi- nanz der Hände erfassen.

Das Ergebnis des Präferenzdomi- nanztests gibt vor allem Aufschluß über die Einstellung des Kindes zu seiner eigenen Händigkeit, das heißt ob es sich selbst als Rechts- oder als Linkshänder empfindet. Dieser Ein- stellungsfaktor muß nach eigenen Erfahrungen bei der Festlegung der Schreibhand unbedingt berücksich- tigt werden, da von ihm die Motiva- tion des Kindes wesentlich abhängt.

Präferenz- und Leistungsdominanz stimmen in den meisten Fällen über- ein, nur selten (bei drei bis sieben Prozent) finden sich diskrepante Dominanzindexwerte.

Bei Kindern mit Leistungsdominanz der linken Hand, aber starker Rechtspräferenz liegt meist eine

„Dressur" der rechten Hand durch die Eltern oder andere Erziehungs- personen vor. Auch der umgekehrte Fall kommt allerdings sehr selten vor: das Kind bevorzugt die linke Hand, obwohl die rechte deutlich leistungsstärker ist.

Hier kann es sich um eine Trotzhal- tung gegenüber starkem Druck zur Rechtshändigkeit oder aber um die Nachahmung eines linkshändigen Geschwisters oder Freundes han- deln.

Eine umfassende Händigkeitsdia- gnose ist erforderlich:

() um die Schwierigkeiten abschät- zen zu können, die das Kind — zum Beispiel aufgrund feinmotorischer Defizite oder inadäquater Schreib- haltung und -technik — beim Schrei- benlernen erwarten und,

um den ambidextrischen Kindern bei ihrer Entscheidung helfen zu können.

Die Bestimmung der Indizes der Prä- ferenz- und Leistungsdominanz der Hände nimmt in der Regel nicht mehr als zehn bis fünfzehn Minuten in Anspruch. Stimmen beide Indizes in der Aussage der Rechts- bezie- hungsweise Linkshändigkeit über- ein, und dies ist, wie bereits er- wähnt, bei etwa 90 Prozent der Kin- der der Fall, ist damit die Schreib- hand festgelegt. Bei Probanden, die in beiden Testverfahren Linksdomi- nanz aufweisen, sollten keine Versu- che zur Umstellung auf die rechte Hand unternommen werden. Ein Umerziehungsversuch birgt die Ge- fahr einer sekundären Neurotisie- rung, zum Beispiel in Form von Sprachstörungen und Verhaltens- auffälligkeiten, die nicht mit der Linkshändigkeit an sich, sondern mit dem Druck zur Rechtshändigkeit zusammenhängen. Da Linkshänder heute ohne Schwierigkeiten das Schreiben genauso gut und schnell erlernen wie Rechtshänder, ist eine Umerziehung abzulehnen. Wichtig ist besonders ein Gespräch mit den Eltern des linkshändigen Kindes, um falschen und negativen Einstellun- gen zur Linkshändigkeit vorzubeu- gen beziehungsweise diese abzu- bauen.

Ist das Ergebnis von Präferenz- und Leistungsdominanztest wider- sprüchlich, müssen zur Entschei- dung weitere Informationen heran- gezogen werden. Als zusätzliche Hil- fe kann man mit beiden Händen nacheinander Girlanden und Arka- den zeichnen lassen, da diese Figu- ren der Schreibschrift sehr ähnlich sind. Beidhändige, gleichzeitig aus- geführte, symmetrische und groß- räumige Zeichnungen an der Tafel oder auf Tapetenresten (zum Bei- spiel zwei Kreise, ein Tannenbaum) lassen ebenfalls eine Beurteilung der sichereren und geschickteren Hand zu.

Es ist ratsam, so lange nach zusätzli- chen Informationen zu suchen, evtl.

auch eine Wiederholung des LDT durchzuführen, bis die Entschei-

1898 Heft 34 vom 24. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 2:

Beidhändiges Zeichnen zur Beurteilung der sichereren und geschick- teren Hand

Abbildung 3:

Schräglage des Heftes

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

dung über die Schreibhand des Kin- des tatsächlich abgesichert ist. Falls eine Entscheidung auch nach Be- rücksichtigung aller angeführten Kriterien noch zweifelhaft ist, kann eine Probezeit weiterhelfen.

Grundsätzlich gilt: Ist einmal ent- schieden worden, daß ein Kind mit der linken Hand schreibt, sollte von Eltern und Pädagogen konsequent darauf geachtet werden, daß beim Schreiben und Malen ausschließlich die linke Hand benutzt wird. Die spe- zifische Betreuung linksschreiben- der Kinder bietet sich an, da diese Kinder in der Regel nur rechtshändi- ge Vorbilder haben, an denen sie sich orientieren können. Durch die fehlende Gelegenheit zur Nachah- mung kann sich das linkshändige Kind zudem eher eine falsche Kör- per- und Handhaltung angewöhnen, ohne daß die Umwelt korrigierend einwirkt. Wird die Schreibtechnik nicht im Sinne einer rechtsspiegel- bildlichen Schreibhaltung korrigiert, so wird das Kind eine eigene, meist sehr ungünstige, Schreibhaltung erlernen.

Aufgrund dieser nachteiligen Lern- situation der Linkshänder ist es ver- ständlich, daß viele von ihnen eine relativ schlechte Schrift haben. Dies führt schließlich dazu, daß Eltern und Lehrer häufig der Meinung sind, man könnte mit der linken Hand grundsätzlich nicht „schön" schrei- ben. Linksschreibende Kinder, die rechtzeitig zu einer für sie adäqua- ten Schreibhaltung und -technik an- gehalten werden, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich Leserlich- keit, Flüssigkeit und Sorgfalt der Schrift keineswegs von rechts- schreibenden Kindern.

Im folgenden sollen einige Hinweise gegeben werden, wie man dem linkshändigen Kind das Erlernen des Schreibvorgangs erleichtern kann.

Die dem Linkshänder entsprechen- de Schreibweise ist das Schreiben vom Körper weg nach links, also in der Bewegungsrichtung von rechts nach links. Die bei unserer Schrift- weise geforderte, entgegengesetzte Bewegungsrichtung stellt für das linkshändige Kind keine adäquate

Bedingung dar, wenngleich viele Linkshänder die nach rechts gerich- tete Schreibbewegung lernen, ohne daß die typischen Schwierigkeiten wie Buchstaben- und Zahlenverdre- hungen (zum Beispiel d statt b, p statt q) oder gar Spiegelschrift vor- kommen.

Es ist beim linkshändigen Schreiben angebracht, statt der geraden Heft- lage eine Schräglage des Heftes oder Blattes einzuhalten, um auf- grund der nach rechts gerichteten Bewegungsrichtung nicht eine sto- ßende Bewegung machen zu müs- sen. Der Hinweis, daß das Blatt schräg gelegt werden soll, wobei die linke obere Ecke des Heftes nach oben gedreht wird, ist auch in der Literatur (u. a. Kramer 1961, Soirak 1968) häufiger zu finden.

Über die Größe des Neigungswin- kels bestehen unterschiedliche An- sichten, die Angaben differieren von 30° bis 45°, nach unseren Erfahrun- gen ist die Schräglage bei 30° am günstigsten. Ausschlaggebend ist aber vor allem, daß das Blatt links von der Mittelachse des schreiben- den Kindes liegt. Zur Kontrolle der Schräglage empfehlen wir ein recht- winkliges, ungleichschenkliges Dreieck, das mit der Basis an die Tischkante und mit dem längeren Schenkel an das Heft angelegt wird.

Benutzen die Kinder ein solches Dreieck während der ersten Wochen des Schreiblernprozesses, gewöh- nen sie sich an die Schräglage und halten sie später automatisch bei.

Die Schräglage bietet dem Links- händer mehrere Vorteile:

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 24. August 1978 1899

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Linkshänder

~ Sie ermöglicht es, beim Schrei- ben aufrecht und gerade zu sitzen, eine oft übertriebene Seitneigung des Kopfes ist nicht mehr notwen- dig,

~ das Geschriebene wird nicht mehr verdeckt, kann also jederzeit eingesehen werden, das oft von Lehrern linskhändiger Schüler be- klagte Verwischen beim Schreiben mit Tinte kommt nicht mehr vor.

Die Handhaltung sollte spiegelbild- lich zu der des Rechtshänders sein.

Es ist darauf zu achten, daß Zeige- und Mittelfinger das Schreibgerät locker umfassen, wobei das Hand- gelenk nicht abgeknickt sein darf.

Die Hand soll nicht zu stark einwärts gedreht und der Stift nicht steil ge- halten werden. Der hintere Teil des Schreibgerätes zeigt zur Schulter, das Kind schreibt von unten und nicht etwa von oben mit der Spitze zum Schreibenden zeigend, wie es häufig zu beobachten ist.

Für den Beginn des Schreibenler- nans sind als Schreibgeräte Wachs- malkreiden und Faserstifte (zum Beispiel Filzstifte) zu empfehlen. ln- zwischen gibt es auch spezielle Fül- ler für Linkshänder, die mit einer be- sonders abgeschrägten Feder aus- gestattet sind. Bei der Beleuchtung des Schreibplatzes ist zu beachten, daß das Licht bei einem linksschrei- benden Kind von rechts einfallen sollte. ln der Schulklasse sollte ein Linkshänder stets den linken Sitz- platz zugewiesen bekommen, oder es sollten zwei linkshändige Kinder nebeneinander sitzen, damit sich Links- und Rechtshänder bei ihren gegenläufigen Schreibbewegungen nicht gegenseitig stören.

Um den Linkshändern die angeführ- ten Hilfen zur adäquaten Schreib- technik zu geben, ist es unseres Erachtens nicht notwendig, sie in speziellen Klassen zusammenzufas- sen, wie es gelegentlich gefordert wird. Eine solche Maßnahme würde die linkshändigen Kinder bewußt in eine Sonderstellung drängen und damit zu einem Effekt führen, den man vermeiden möchte. Da der linkshändige Schulanfänger aber

auf bestimmte Hilfen angewiesen ist, wäre es wünschenswert, daß jeder Lehrer, und zumindest jeder Schul- arzt, über die besonderen Probleme der Linkshänder informiert ist und gezielte, methodisch richtige Hin- weise und Anleitungen beim links- händigen Schreiben geben kann.

Weil diese Informationen während der Lehrerausbildung kaum vermit- telt werden, kann vorläufig ein Linkshändertraining nur außerhalb des Schulunterrichts von einem Pädagogen oder Psychologen durchgeführt werden, der sich spe- ziell mit diesem Problemkreis ver- traut gemacht hat. Vor dem Beginn des Trainings sollte unbedingt ein Informationsgespräch mit den Ei- tern des linkshändigen Kindes statt- finden. Dies ist einmal notwendig, um den Eitern klarzumachen, war- um ihr Kind links schreiben soll, wel- chen Sinn das Training hat, und um die Einwilligung für ein Linksschrei- ben und das Training zu bekommen.

Zum anderen sollten die Eitern auf die Unterschiede zwischen rechts- und linkshändigem Schreiben hin- gewiesen und über die spezielle Schreibtechnik der Linkshänder in- formiert werden. Nur so ist gewähr- leistet, daß die linkshändigen Kinder auch zu Hause die notwendigen Hil- fen beim Schreibenlernen erhalten und nicht etwa zu falschen Schreib- techniken angehalten werden. Primäres Ziel des Trainings ist es, daß die linkshändigen Schüler ler- nen, ohne besonderen Aufwand le- serlich und zügig zu schreiben, wo- bei es unwesentlich ist, ob die Schrift schräg nach rechts geneigt ist. Außerdem muß unbedingt ver- sucht werden, diesen Kindern eine positive Einstellung zu ihrem links- händigen Schreiben zu vermitteln.

Sie sollten die Erfahrung machen, daß ihre Händigskeitsform weder ei- ne Behinderung noch eine Störung ist, sondern eine der Rechtshändig- keit vollkommen gleichwertige Va- riante der Lateralität. Gerade bei den Linkshändern, die bereits Umerzie- hungsversuchen ausgesetzt waren oder noch erzieherischem Druck von seiten der Eitern ausgesetzt

1900 Heft 34 vom 24. August 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

sind, muß versucht werden, diesen Einflüssen entgegenzuarbeiten und das Selbstbewußtsein dieser Kinder besonders zu stärken.

Der optimale Zeitpunkt für den Be- ginn des linkshändigen Schreibtrai- nings liegt bald nach der Einschu- lung. Je eher mit dem Training be- gonnen wird, desto effektiver ist es, weil sich mögliche falsche Körper-, Hand- und Stifthaltungen noch nicht so eingeschliffen haben, daß es für die Kinder mühsam wird, wieder um- zulernen. Besteht keine Möglichkeit, das Training bereits im letzten Jahr des Kindergartenbesuchs durchzu- führen, muß damit unmittelbar nach Schulbeginn begonnen werden, be- vor im Unterricht die Schreibübun- gen einsetzen. Daraus ergibt sich, daß die Händigkeitsdiagnose sowie die endgültige Festlegung der Schreibhand spätestens zum Zeit- punkt der Schulreifeuntersuchung erfolgt. Weitaus sinnvoller erscheint es allerdings, die Entscheidung über die Schreibhand bereits in den Kin- dergarten vorzuverlegen, da häufig linksdominante Kinder schon vor

·der Einschulung durch Kindergärt- nerinnen und Eitern zur Rechtshän- digkeit angehalten werden.

Zum Linkshändertraining sollten vor beziehungsweise neben den eigent- lichen Schreibübungen auch andere feinmotorische Übungen zur Schu- lung der linken Hand gehören. Je nach Alter und motorischem Ent- wicklungsstand des Kindes gehen wir im Training zunächst von grob- motorischen Bewegungen aus. So kann zum Beispiel ein Ball mit der Hand oder mit dem Stab schnell ent- lang einer Linie gerollt werden. Da- neben kommen Zielwurf, Rollen ei- nes kleinen Balles mit dem Zeigefin- der und ähnliches in Frage. Ein Luft- ballon eignet sich ebenfalls gut zur Übung. Weitere Vorschläge sind:

Perlenaufreihen, Eindrehen von Schrauben, Flechten, aus Papier mit der linken Hand einen kleinen Ball formen, Bauen, Balancieren von Ge- genständen auf einer Hand, Einsam- meln von Streichhölzern, Nachlegen von Figuren mit farbigen Stäbchen. und vieles andere mehr. [>

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Kontra laterale Fazialisparese bei zervikalem Zoster

Bei einer 78jährigen trat während ei- ner Zostererkrankung mit Hautefflo- reszenzen in den Segmenten C 3 und C 4 links eine Gesichtslähmung rechts auf. Der Liquor war in Zell- und Eiweißgehalt unauffällig, wurde allerdings erst drei Monate nach Er- krankungsbeginn untersucht. Die Autoren diskutieren den eigenen Fall wie solche der Literatur, in de- nen die neurologischen Ausfälle nicht auf ein Ganglion bezogen wer- den können. Sie sehen die Erklä- rung in einer Verteilung des Virus durch den gesamten Liquorraum, zumal Pleozytosen beschrieben werden. Egl

Shoji, H.; Kranseneck, P.; Samtleben, T.: Con- tralateral facial pasy in a case of cervical Zo- ster, J. Neurol. 217 (1977) 75-78

Infarktbehandlung zu Hause

und im Krankenhaus

In einer randomisierten Studie un- tersuchten Hill et al. die Behandlung von Patienten mit Verdacht auf Myo- kardinfarkt zu Hause und nach Ein- weisung in ein Krankenhaus. In der Studie wurden 500 Patienten erfaßt, von denen 24 Prozent aus medizini- schen oder sozialen Gründen aus- geschlossen werden mußten. Ein Krankenhausteam wurde von den niedergelassenen Ärzten zu den Pa- tienten gerufen. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied in der Sechs-Wochen-Mortalität zwischen der Hausgruppe (13 Prozent) und Krankenhausgruppe (11 Prozent).

In der Wohnung des Patienten wur- den folgende Befunde erhoben:

Anamnese, körperlicher Befund und EKG. Bei Verdacht auf einen Myo- kardinfarkt wurden die Patienten in die Studie aufgenommen. Aus- schlußkriterien, die zu einer Kran- kenhauseinweisung zwangen:

Erfolgreiche Reanimation

4)

Komplikationen bei Myokardin- farkt (Herzrhythmusstörungen)

Begleiterscheinungen, die eine Einweisung notwendig machen O soziale Indikation.

Nach einer zweistündigen Beobach- tungsphase durch das Kranken- hausteam wurden die Patienten auf Grund einer randomisierten Zutei- lung entweder in das Krankenhaus eingewiesen oder von ihrem Haus- arzt weiterbehandelt. Enzyme und EKG wurden in den beiden ersten Tagen täglich kontrolliert. Medika- mente wurden nicht routinemäßig, sondern nur bei klinischer Indika- tion appliziert. Die Sechs-Wochen- Überlebensrate betrug bei den zu Hause behandelten Patienten 87 Prozent und bei den im Kranken- haus behandelten 89 Prozent.

Die Studie versucht eine Antwort darauf zu geben, ob eine Kranken- hauseinweisung von Patienten mit Verdacht auf Myokardinfarkt Vortei- le gegenüber einer häuslichen Be- handlung bringt. Komplikationen bei Myokardinfarkt zwingen immer zu einer stationären Aufnahme. Bei den übrigen Patienten läßt sich bei engmaschiger Kontrolle des EKG und der Enzyme keine Verbesserung der Sechs-Wochen-Überlebensrate bei einer Krankenhauseinweisung nachweisen.

Auf Grund unserer Erfahrungen zwingt jedoch immer schon der Ver- dacht auf einen Herzinfarkt zu einer stationären Einweisung und Über- wachung des Patienten, da die Kom- plikationen nach einem durchge- machten Herzinfarkt innerhalb der ersten drei Tage am höchsten sind und ganz dramatisch verlaufen kön- nen. So führte zwar diese Studie zu einem interessanten Ergebnis: in der Realität wird sich der Arzt je- doch nur in Ausnahmefällen dazu entschließen können, den Patienten nicht in ein Krankenhaus einzuwei- sen. Hrn

Hill, J. D., et al.: A randomised trial of home- versus-hospital management for patients with suspected myocardial infarction, The Lancet, Vol. 1 (1978) 837-841

Mit den eigentlichen Schreibübun- gen beginnt man am besten auf ei- ner Tafel oder großen Papierflächen, wobei das Kind zunächst im Stehen arbeitet und Pinsel, Kreide oder dik- ke Wachsmalstifte benutzt. Mit dem Übergang zur Sitzhaltung sollte gleichzeitig auf kleinformatige Schreibflächen wie Zeichenblöcke oder große Hefte übergegangen werden.

Wird das linksschreibende Kind im ersten Halbjahr der Eingangsklasse in dieser Weise betreut, ergeben sich nach unseren Erfahrungen kei- ne Probleme im Zusammenhang mit der Linkshändigkeit, und eine weite- re spezifische Förderung des links- händigen Kindes im Laufe der Schulzeit ist nicht mehr erforderlich.

Literatur

Hecaen, B., Ajuriaguerra, J.: Lefthandedness.

Grune und Stratton, New York 1964 - Kirchert, C.: Zur Entwicklung der Handbevorzugung.

Längsschnittstudien zwischen dem 16. und 30.

Lebensmonat. In: Beiträge zum 4. Internationa- len Motorik-Symposium, Darmstadt 1977

-Kornmann, R., et al.: Präferenz- und Leistungs- dominanz der Hände bei Lernbehinderten, Sonderschülern, Legasthenikern und Grund- schülern. Zschr. f. Heilpäd. 25 (1974) 147-156 - Kramer, J.: Linkshändigkeit. Arbeiten zur Psy- chologie, Pädagogik und Heilpädagogik. Bd.

19, Antonius-Verlag, Solothurn 1970 - Schenck, K.: Theoretische Aspekte der Latera- lität und Dominanz. In: Eggert, D., u. Kiphard, E. J.: Die Bedeutung der Motorik für die Ent- wicklung normaler und behinderter Kinder.

Hofmann, Schorndorf 1972 - Schilling, F.: Zur Methodik der Lateralitätsbestimmung. In: Eg- gert, D., u. Kiphard, E. J.: Die Bedeutung der Motorik für die Entwicklung normaler und be- hinderter Kinder. Hofmann, Schorndiprf, 133-148,1972 - Sovak, M.: Pädagogische Pro- bleme der Lateralität. VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1968 - Ullmann, J. E.: Psy- chologie der Lateralität. Huber-Verlag, Bern/

Stuttgart/Wien 1974.

Anschrift der Verfasserin:

Cordula Kirchert

Institut für ärztlich-pädagogische Jugendhilfe

Hans-Sachs-Straße 8 3550 Marburg

FÜR SIE GELESEN Linkshänder

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 34 vom 24. August 1978 1901

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