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Archiv "KINDERMORD: Im guten Jahr 1695" (07.09.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze . Notizen

wie wir erfuhren. Andererseits wur- den wir von den chinesischen Kolle- gen und Dolmetschern in fachlicher und kultureller Hinsicht befragt. Hin- zu kam, daß die Chinesen um so aufgeschlossener wurden, je weiter wir uns von Peking entfernten.

Schon äußerlich bemerkten wir die Unterschiede: Im Raum von Peking waren alle Männer und Frauen mit einer Art Einheitsuniform bekleidet und trugen gleiche Haarschnitte. Je mehr wir uns dem Süden Chinas nä- herten, desto lässiger wurde diese Uniformierung der Bekleidung und die Haartracht gehandhabt. Wir sa- hen dort Frauen, die farbige Blusen trugen, und Männer in Hemdsär- meln. Da unser Pekinger Dolmet- scher aus dem Süden stammte, war er entsprechend aufgeschlossen und vermittlungsbereit für die mei- sten unserer Wünsche.

Die Ausführungen von Willi K. Mül- ler über die Wurzeln der japanischen und chinesischen Naturverehrung bilden eine Ergänzung zu unseren Darstellungen. Indessen war es nicht unsere Absicht, diesen histori- schen Grundlagen, die im übrigen umstritten sind, nachzugehen, son- dern wir wollten die Problematik des Fernen Ostens von heute in sozial- psychologischer und sozialpsychia- trischer Sicht soweit darstellen, wie es der uns dankenswerterweise von der Redaktion des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES zur Verfügung ge- stellte Raum ermöglichte. Die Aus- einandersetzung mit der westlichen Welt, zu der auch die USA rechnen, hat in Japan intensiv begonnen, und auch China wird in absehbarer Zeit nicht umhinkommen, sich mit der abendländischen modernen Kultur und Technik zu befassen.

Daß mythologische Figuren aus dem Vulgärshintoismus und -Taoismus in Psychosen der Japaner und Chi- nesen die gleiche Rolle spielen wie etwa die Figuren Jesus und Maria in den abendländischen, mag vorkom- men. Im übrigen stellte Schalten- brand bereits 1931 (Z. gs. Neurol.

Psych.) fest, daß in Peking die Psy- chosen im wesentlichen eine gleich- artige Symptomatik wie in Deutsch- land zeigten. Auch Pfeiffer (Trans-

Psychiatrie in Japan

kulturelle Psychiatrie, Stuttgart 1971) berichtet von Wahninhalten, die man als nahezu allgemeingültig bezeichnen könnte. Das gleiche ha- ben wir von japanischen Psychiatern vernommen. Die mythologischen In- halte von Psychosen, die Müller er- wähnt, sind nichts Ungewöhnliches, aber auch nichts Besonderes. Wie in der westlichen Welt richten sich die Wahninhalte nach den jeweiligen epochalspezifischen kulturellen und zivilisatorischen Strömungen.

Nüssner hat unseren Aufsatz wohl noch oberflächlicher gelesen, als er meint, daß wir Japan bereist hätten.

Bezüglich der japanischen Frauen hatten wir nämlich dargestellt, daß sie im allgemeinen um das 25. Le- bensjahr herum heiraten, nachdem sie von ihren Betrieben in der Haus- haltsführung unterwiesen und auch sonst auf die Ehe vorbereitet waren, und daß darüber hinaus viele Mäd- chen selbst von dieser „Bemutte- rung" durch ihren Arbeitgeber und von der Bevormundung durch die Eltern sich befreit hätten. Ebenso berichteten wir, daß nicht die Ehe- frau des Gastgebers, sondern die weiblichen Angestellten der Klinik an Einladungen teilnahmen.

Daß es daneben auch traditionelle Formen mit Beschränkung der weib- lichen Gleichberechtigung gibt, hat- ten wir gleichfalls erwähnt. Wir hat- ten fernerhin dargestellt, daß viele Strömungen unter den japanischen Studenten zu beobachten sind, daß aber die meisten von ihnen nach Vollendung des Studiums zu Prag- matikern werden und das ehemals so gehaßte Establishment akzeptie- ren. Die Psychoanalyse spielt nach unseren Erkundigungen, die wir bei Leitern japanischer Kliniken einge- zogen haben, im Vergleich zu Euro- pa eine völlig untergeordnete Rolle.

Es sind in Japan kaum zwei Dutzend voll ausgebildeter Psychoanalytiker, auch gibt es keine psychoanalyti- sche Ausbildungsinstitution.

Dr. med. Dr. phil. habil.

Hans-Joachim von Schumann Dr. med. Margarete von Schumann Rembrandtstraße 30

4000 Düsseldorf

BRIEFE AN DIE REDAKTION

AUFWAND UND ERTRAG

Bei der folgenden Zuschrift bleibt Ihnen, lieber Leser, nichts anders übrig, als die beiden angesprochenen Textstellen nochmals nachzulesen, um den Zusam- menhang herzustellen (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 27/1978, Seiten 1592 und 1588):

Renger-Ehrenberg

.. Sie brachten die Glosse, in der Sie eine Äußerung von Frau Renger über die Abgeordneten-Diäten sehr nett auf die Ärztehonorare bezogen.

In derselben Ausgabe finde ich auf Seite 1588 ein Zitat des Bundesar- beitsministers Dr. Ehrenberg, das man in ähnlicher Weise gestalten könnte: „Die Fragen, ob der enorme Mitteleinsatz für das politische Sy- stem zu einer entsprechenden Ver- besserung des Ansehens der Politi- ker führt, sind lauter geworden. Wir werden uns diesen Fragen stellen müssen — nicht nur, weil der Gesetz- geber den Politikern den Auftrag ge- geben hat, sich mit der Effizienz und der Effektivität der Regierung zu be- fassen. Die Notwendigkeit, das Ver- hältnis von Aufwand und Ertrag in den politischen und administrativen Gremien kritisch zu überprüfen, er- gibt sich auch aus den enger gezo- genen Finanzierungsspielräumen, die ein abgeschwächtes Wirt- schaftswachstum nun einmal mit sich bringt." Schade, daß Herr Dr.

Ehrenberg kein Kassenarzt ist, unse- re Funktionäre könnten viel von sei- ner Argumentation lernen.

Dr. med. H. W. Gutacker Bernhard-Klein-Straße 15 5340 Bad Honnef 1

KINDERMORD

Zu dem Artikel von Prof. Dr. Elisabeth Trube-Becker: „Vernachlässigung von Säuglingen und Kleinkindern" in Heft 17/1978:

Im guten Jahr 1695

Im vergangenen Jahr hatte ich etwa 10 000 Kirchenbucheinträge aus den Jahren 1603-1798 von Pfarreien der

Mittelmosel und des Hunsrücks

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 36 vom 7. September 1978 2011

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen • Briefe an die Redaktion

durchgesehen. Darunter fand sich folgender: „XB (nota bene) Daß An- no 1695 ihm Monadt junio ein bür- gers Frau ihr Eigen Kind so ein Jahr alt geweß stranguliert und erwürget.

So sie ohne scheu soh gethan zu haben gestanden und solches fac- tum disputandum autem utrum e de- lirio, sub ex desperatione fecerit cum de utroque res dubiosa fuerit tandem lite ad 14 septimana ventila- ta ex speciali gratia Eminentissimi liberata iubilaeo intercurrente". Und auf derselben Seite: „undt war das Jahr 1695 ein sehr güdeß frugt fahr".

Dieses Dokument läßt sich schlecht in Einklang bringen mit dem von Frau Prof. Elisabeth Trube-Becker (nach Maria W. Piers, Chicago) ge- gebenen geschichtlichen Rückblick und der daraus abgeleiteten Folge- rung, daß Elend und Ausbeutung die Hauptursache des Kindermordes in allen Ländern Europas gewesen sei.

Dr. med. Karl Hescheler

Rickertstraße 2 a, 6670 St. ingbert

Ausbeutung?

... Wenngleich ich gerne zugeste- he, daß „Ausbeutung" bei der Ver- nachlässigung von Kleinkindern quer durch alle Zeiten eine gewisse Rolle gespielt hat, so möchte ich doch abraten, dieses Argument so- zialkritisch zu strapazieren. Es han- delt sich in der Regel um den abso- luten Bodensatz der Gesellschaft . . . mithin weniger um „Opfer der Ge- sellschaft", sondern vielmehr mehr- heitlich um praktisch Inkurable, wel- che zu allen Zeiten und in allen Län- dern durch jedes noch so eng ge- spannte soziale Netz fallen. Was Frau Trube-Becker zu erwähnen versäumt hat, ist der Umstand, daß dieser Personenkreis weitgehend milieuidentisch ist mit der Prostitu- tions-, Bettel-, Sucht- und Krimi- nalszene. Das schließt das aktive En- gagement der Gesellschaft für schutzbedürftige Kinder um so we- niger aus, als das Problem unserer Zeit der Mangel an Kindern ist.

Dr. med. Rigolf Hennig Aichacher Straße 1 a 8904 Friedberg

POLITIK

Aus einem Brief an den CDU-Generalse- kretär Dr. Heiner Geißler. Der Brief wurde angeregt durch das Interview mit Geißler in Heft 11/1978:

Unlogisch

Bei der Abstimmung im Bundestag über das KVKG haben die Abgeord- neten der CDU/CSU einstimmig ge- gen dieses Gesetz gestimmt, weil, u. a., wie Sie in dem Interview zuge- ben, die systemwidrige Verschie- bung zwischen den Sozialversiche- rungen das Kranken- und Sozialver- sicherungssystem aushöhlt.

Sie selbst stellen fest, daß es zum KVKG nur gekommen ist, weil die Herren Dres. Albrecht und Kohl den Erpressungen der FDP um des Er- halts einer unionsgeführten Landes- regierung willen, erlegen sind. Sie geben zu, daß von seiten der CDU/

CSU beim KVKG mehr hätte erreicht werden können, um dann zu be- haupten, ohne die Zustimmung des Landes Niedersachsen hätte das KVKG letztlich doch nicht verhindert werden können.

Dieser Schlußfolgerung kann ich nicht folgen, denn sie erscheint mir unlogisch. Was ist das für eine Par- tei, deren Oberen das einstimmige Votum ihrer Abgeordneten desavou- ieren, was ist das für eine Partei, die um einen Koalitionspartner buhlt, von dem sie sich hinsichtlich eines Gesetzes, unter dem Millionen von Bürgern zu leiden haben werden, um einer Länderkoalition willen er- pressen läßt, obwohl dieses Gesetz nach den Worten ihres Generalse- kretärs trotz dieser Erpressung letzt- lich doch nicht verhindert worden wäre? Was sind die Voten der CDU- Bundestagsabgeordneten, die an- geblich den Willen ihrer Wähler zum Ausdruck bringen, noch wert? Wel- che Aussichten haben die Wähler der CDU mit ihrem Wählerwillen, wenn es dieser Partei gelingt, nach den nächsten Bundestagswahlen die Regierungsverantwortung zu übernehmen, mit einem Koalitions- partner, der sich schon jetzt als po- tenter und erfolgreicher Erpresser

erwiesen hat, wie der Generalsekre- tär dieser Partei im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Nr. 11, dargelegt hat?

E. Amels Praktischer Arzt Dionysiusstraße 60 4150 Krefeld REKLAMEFLUT

Der Stoßseufzer von Dr. Kluge (Leser- brief in Heft 21/1978) wurde gehört. Zwei Leser haben Vorschläge:

Stempeln

Dem Stoßseufzer kann man nur zu- stimmen. Sein Ruf nach Hilfe von

„höchster Ebene" allerdings wird der Sache nicht gerecht; denn damit ändert man nach aller Erfahrung ebensowenig, wie damit, ärgerliche Dinge „in den Papierkorb fallen" zu lassen. Dabei ist das Mittel einfach, mühelos, probat und wirksam: Man kaufe sich einen Stempel mit der Aufschrift „unverlangte Sendung — zurück" und lasse alle Sendungen nicht in den Papierkorb, sondern wieder in den Briefkasten fallen. Das ist eine kleine Mühe, von der Helfe- rin nebenbei zu erledigen, mit gro- ßer Wirkung. Und wenn viele Kolle- gen das täten, dann erstickte die In- dustrie in Waschkörben zurückkom- mender Sendungen und würde sich möglicherweise der Blödsinnigkeit ihres Tuns bewußt.

Dr. med. et med. dent.

Rainer Drost Nollendorfstraße 23 1000 Berlin 23

Es gibt eine einfache Möglichkeit diese Papierflut zu stoppen. Ich ha- be mir eine Rena-Schablone ange- fertigt mit folgendem Text: „Uner- wünschte Reklamesendung Annah- me wird verweigert." Damit be- schrifte ich unerwünschte Reklame- sendungen. Der Erfolg stellt sich nach einer Woche ein.

Dr. med. W. Schlechter Overhofstraße 15 4690 Herne 2

2014 Heft 36 vom 7. September 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Referenzen

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