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Sektenbildung imd der Entstehung des „Großen Fahrzeugs", des Mahäyäna

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Von Heinz Bechert, Mainz

Eine alte Frage der Buddhologie ist das Problem des Zusammenhanges

zwischen der sog. Sektenbildung imd der Entstehung des „Großen

Fahrzeugs", des Mahäyäna. Es wurden zahlreiche Theorien darüber

aufgestellt, aus welchen Sekten der Mahäyäna-Buddhismus erwachsen

sein könnte.

Daß das Mahäyäna selbst nicht als Sekte aufzufassen ist, war durch

die eindeutige Aussage der Texte klar, die die Bildung des Mahäyäna

im Gegensatz zum Srävakayäna oder Hinayäna, der alten Lehre,

stellten. Die sog. Sekten, nikäya oder väda, entstanden dagegen auf dem

Boden des Hinayäna. Diese Nikäyas waren Mönchsgruppen mit gemein¬

samen Anschauungen über bestimmte Einzelfragen der Lehre und da¬

durch gekennzeichnet, daß sie jeweils eine bestimmte Rezension der

heihgen Schriften, des Tripitaka, benutzten. Sie sind deutlich auf der

Grundlage örtlicher Gemeinden entstanden, wenn sie sich auch oft weit

ausgebreitet haben. Vielfach erkannten die Mönche verschiedener

Nikäyas gegenseitig die Gültigkeit der Mönchsordination an; gewisse

Sekten aber verweigerten einander diese Anerkennung. Wir können uns

das wahrscheinlich am besten am Beispiel der modernen Nikäyas Ceylons

klarmachen : erstens spricht man historisierend von drei Nikäyas — wie

einst von 18 —, obwohl es viel mehr gibt, zweitens erkennen einige davon

untereinander die Gültigkeit der Ordination an, einige nicht, was sich

im Falle eines Ubertrittes eines Mönches auswirkt. Doch sind die Nikäya-

Unterschiede so wenig auffallend, daß die Laienschaft kaum weiß,

welchem Nikäya ein Mönch oder ein Kloster angehört.

Die Entstehung des Mahäyäna-Buddhismus war im Gegensatz zur

Bildung der Nikäyas eine Entwicklung, die sich durch den Gesamtbereich

des Buddhismus und damit durch die Nikäyas zog. Das Hauptmerkmal

des Mahäyäna war anerkannt eine neue Forderung an diejenigen, welche

die Lehre des Buddha verwirklichen wollten, nämlich, selbst den Weg

zu beschreiten, der dazu führt, ein Buddha zu werden — den langen und

mühsamen Weg eines Bodhisattva —, während der alte Buddhismus

nahegelegt hatte, sich nur um die eigene Erlösung zu bemühen. Für die

Verfechter dieser neuen religiösen Forderung verloren die Streitpunkte,

die die Gegensätze zwischen den Nikäyas heraufbeschworen hatten,

ganz erheblich an Wichtigkeit. Mahäyäna-Lehren ähnlicher Prägung

konnten sich so in Gemeinden der verschiedensten Nikäyas ausbreiten.

Wir erfahren etwa aus den Berichten der chinesischen Pilger und können

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Zur Frühgeschichte des Mahäyäna-Buddhismus 531

es zudem der Textüberlieferung selbst entnehmen, daß es mahäyänische

Fraktionen der verschiedensten Nikäyas gegeben hat. Dementsprechend

wird z.B. in der Kriyäsangrahapaiijikä dargelegt, daß die Anhänger des

Mahäyäna zuerst die vorgeschriebene Ordination (upasampadä) in ihrem

jeweihgen Nikäya erhalten sollen, bevor die Zeremonien ihrer Aufnahme

als Mahäyäna-Mönche stattfinden.

Man behielt die äußeren Formen der alten Nikäyas bei, ohne daß

ihnen noch große Bedeutung beigemessen wurde. Die Zugehörigkeit

zum buddhistischen Orden beurteilte sich nämlich grundsätzlich danach,

ob ein Mönch einer in ungebrochener Reihe auf den Buddha selbst zu¬

rückgehenden, nach den Regehi des Vinaya gültig vorgenommenen

Upasampadä teilhaftig geworden war. Um dies zu sichern, mußten die

Formen des Vinaya unangetastet bleiben. So erklärt es sich, daß erst

sehr spät eigene Vinaya-Werke des Mahäyäna entstanden, die auch

dann nur neben den alten Vinaya-Codex traten, nicht etwa ihn ersetzten.

Dies änderte sich nur in Zeiten ausgesprochenen Verfalls.

Die angeführten Tatsachen müssen uns skeptisch machen gegenüber

Versuchen, die Entwicklung des Mahäyäna in bestimmte Nikäyas zu

lokalisieren. Man hat dabei an die Mahäsänghikas gedacht. Andere

Gelehrte behaupten, die Mahäyäna-Lehren seien bei den Sarvästivädin

entstanden oder hätten sich dort besonders weiterentwickelt. Als

Argument wird angeführt, daß in wichtigen Mahäyäna-Texten Stellen

aus dem alten Kanon in der Rezension der Sarvästivädin angeführt

werden. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Sarvästiväda an Nordindien

die verbreitetste der alten Schulen war. Da nun die Anhänger des

Mahäyäna die alten Formen des Gemeindelebens beibehielten, bheben

sie auch in dem Nikäya, dem ihre Upasampadä-Tradition entstammte,

vind zitierten die alten Texte natürlich auchin der dort überlieferten Form.

Dies galt noch in später Zeit. So berichtet uns Bu-ston in seinem Werk

über die Geschichte des Buddhismus (übers, v. E. Obeemillee, S. 197),

daß in einer gewissen Zeit von den tibetischen Buddhisten an Hinayäna-

Texten nur solche des Mülasarvästiväda-nikäya übersetzt wurden. Unter

diesen Voraussetzungen verstehen wir, wie Mönche beider Fahrzeuge

vielfach friedlich in denselben Klostergemeinden zusammenleben und

an denselben geistlichen Rechtshandlungen (vinaya-karma) teilnehmen

konnten, wenn sie der Ordinationstradition desselben Nikäya angehörten,

während dies bei Angehörigen verschiedener Nikäyas im allgemeinen

nieht möglich war.

Diese Gemeinsamkeit ist nur verständhch, wenn zumindest in der

Frühzeit der Entwicklung des Mahäyäna die Unterschiede zwischen den

Lehren der beiden Fahrzeuge nicht allzu grundsätzhch waren, und wenn

die neue Lehre aus dem Gedankengut der alten ohne allzu scharfen Bruch

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herausentwickelt war. Dies ist auch tatsächlich der Fall, wie wir uns

am Beispiel der theoretischen Grundlagen des Bodhisattva-Ideals klar¬

machen können.

Der Unterschied zwischen drei Arten von Erlösten ist eine urbud¬

dhistische Vorstellung: neben den Samyaksambuddhas, d.h. den aus

eigener Kraft völlig erwachten Buddhas, die die Lehre verkünden, gibt

es zweitens Pratyekabuddhas, die zwar aus eigener Kraft erlöst sind, die

Lehre aber nicht anderen Wesen darlegen können, und schließlich Arhats,

die als Schüler eines Buddha auf Grund von dessen Lehrdarlegung die

Erlösung erringen. Über diese Dreiteilung hat es nie Meinungsver¬

schiedenheiten gegeben, wenn es auch über das Wesen der Buddhas und

der Arhats Streitigkeiten zwischen den Nikäyas gab. Man stritt, ob ein

Buddha noch cin Mensch im eigentlichen Sinn sei, oder aber nur einen

Scheinkörper hervorbringe, um die Lehre vorzuleben und darzulegen.

Man stritt, ob ein Arhat unter gewissen Umständen in den Samsära

zmückfallen könne oder nicht.

Für die wichtigere Frage jedoch, aus welchem tieferen Grunde ein

Wesen zum Buddha, ein anderes aber nur zum Arhat würde, begnügte

man sich zunächst mit der Überlieferung, daß Gautama einmal in einer

früheren Existenz vor dem vorzeitlichen Buddha Dipankara ein Gelübde

{prari^idhi) abgelegt hatte, selbst einmal ein völlig erwachter Buddha zu

werden. Damit wurde er zum Bodhisattva. Nach unzählbaren Wieder¬

verkörperungen, während derer er unausdenkbar viele gute Werke tat,

wurde er schließlich als Säkya-Sproß Gautama geboren, und er erwachte

zum Buddha. Es ist mithin kein Ergebnis des Zufalls, ob ein Wesen als

Buddha und ein anderes als Pratyekabuddha oder Arhat erlöst wird,

sondern Ergebnis verschiedener vorgeburtlicher Voraussetzungen und

verschieden langer Entwicklungsstadien in früheren Existenzen. So

berichten uns verschiedene Texte davon, daß Arhats in einem früheren

Leben einmal vor einem Buddha oder sonst den Wunsch ausgedrückt

hatten, Heilige zu werden, — nicht den Wunsch, Buddha zu werden.

Aufgrund der Lehrdarlegung eines Buddha erreichen zahheiche Wesen

das Nirväna, ohne daß sie vorher einen solch langen und mühevollen

Weg der Anhäufung von Verdiensten zurückzulegen brauchten wie ein

Bodhisattva. Sie haben sichtlich einen Vorteil davon, daß der Bodhisattva

diesen Weg gegangen war. Diese letztere Einsicht steht auch z.B. hinter

der Aussage des Vasubandhu im Abhidharmakosa, daß die wirkliche Exi¬

stenz anderer Wesen deshalb notwendigerweise angenommen werden

müsse, weil sonst keine Lehrdarlegung möglich sei.

Hält man nun die Konzeption des sog. Karmagesetzes daneben, das

aussagt, daß jedes Wesen ausschließhch die Früchte seiner eigenen Taten

erntet, so klafft hier ein Widerspruch. Denn es sind Handlungen des

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Zur Frühgeschichte des Mahäyäna-Buddhismus 533

Bodhisattva, die sich schließhch in der Form der Lehrverkündigung zum

Heile anderer Wesen auswirken. Hätten diese nämhch die Lehre des

Buddha nicht gehört, so wären sie auch noch nicht erlöst worden. Der

Lehrvortrag des Buddha hat demnach nur dann Sinn, wenn durch ihn

Wesen auf den richtigen Erlösungsweg gewiesen werden, die, nur von

ihrem eigenen Karma her betrachtet, noch nicht zur Erlösimg reif

wären, also nicht imstande sind, Pratyekabuddhas zu werden. Dazu

muß ein Bodhisattva mehr gute Werke vollbringen, als für seine

Erlösung nötig sind. Nur dann hat die in den alten Texten häufige

Aussage Sinn, daß die Lehre vielen zum Heile {bahujanahitäya) verkündet worden sei.

Das Gesetz der Verknüpfung von Taten und Folgen („Früchten der

Taten", karmaphala) stimmt erst wieder, wenn man annimmt, daß dmch

den Lehrvortrag eines Buddha ein Teil des karmischen Ergebnisses seiner

einstigen Bemühungen als Bodhisattva auf seine Hörer übergeht. Es ist

sein längerer Weg zur Erlösung, der den seiner Hörer verkürzt. Es findet

eine Übertragung von religiösem Verdienst statt, was in Texten des

Hinayäna noch nicht ausdrücklich gesagt wird. Erst in der Literatur des

Mahäyäna wird es ausgesprochen. Die Entschlossenheit, seine eigenen

guten Werke auf dem Wege der Verdienstübertragung zum Heile anderer

zu opfern, ist nämhch ein Hauptbestandteil der Entscheidung, Bodhisatt¬

va zu werden (Entwicklung von bodhicitta). Es werden hier zwei Begriffe

geprägt, die in diesen Zusammenhang gehören: punyänumodanä und

bodhiparivämanä. In den Texten des alten Buddhismus ist anumodanä

die freudige Annahme einer Gabe oder eines Opfers, in der Terminologie

des Vinaya insbesondere die freudige Zustimmung zu bedeutsamen ver¬

dienstlichen Handlungen. Jede Gabe an die Mönchsgemeinde ist ver¬

dienstlich für beide Beteiligte : für den annehmenden Mönch wie für den

Spender. Der Mönch gibt dabei einem Laien die Möghchkeit, sich hohes

Verdienst zu erwerben, und tut damit selbst etwas Gutes.

Diese Grundbedeutung von anumodanä ist in den Mahäyäna-Texten

weiter ausgedehnt: punyänumodanä ist die freudige Zustimmimg zu

allen guten Taten, durch die die Wesen den Qualen der Höhe entrinnen

und unter der Führung der Buddhas den richtigen Erlösungsweg gehen.

Diese Haltung bewirkt eine Aufhebung der Grenzen des eigenen Erlö¬

sungsstrebens imd desjenigen anderer Wesen. Die notwendige Ergänzung

zur anumodanä ist die pariinämanä, die Opferung aller eigenen Verdienste

zum Wohle aller Wesen (und zwar zum Fortschritt auf dem Erlösungsweg,

daher bodhiparitjämanä). Dies bedeutet den Entschluß, die eigenen Ver¬

dienste nicht zur schnellen eigenen Erlösung, sondern für den langen

Bodhisattva-Weg zu verwenden. In den theoretischen Darlegungen der

alten Lehrtexte wird die hier angedeutete Frage nicht erörtert. Doch

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kennt man auch dort die Übertragung von Verdienst auf leidende Gespenster, Pretas, anläßhch einer daksirjü (Opfergabe), die historisch

gesehen vielleicht eüie Umbildung der alten Ahnenopfer darstellt. Immer¬

hin tritt auch hier die Vorstellung einer Verdienstübertragung auf, wenn

auch unter anderem Namen.

Bei dem späteren Versuch der Theravädin, ihre Lehre gegen andere

Anschauungen abzugrenzen, gelangten sie allerdings zu einer Verneinung

dieser Möglichkeit. Im Kathävatthu wird nämlich die Ansicht ver¬

worfen, daß ,,ein Wesen dem Bewußtsein eines anderen helfen könne",

und zwar mit Bezugnahme auf die Aussage des Buddha, man müsse selbt

mit seinem Karma fertig werden (Kathävatthu XVI. 2). Ebenso wird die

These verworfen, daß ein Wesen einem anderen (nicht aus dessen eigenem

Karma bedingtes) Glück verschaffen könne {paro parassa sukharn anup-

padeti, Kathävatthu XVI. 3), und zwar deswegen, weil es auch nicht

möglich sei, daß ein Wesen einem anderen (nicht aus eigenem Karma

bedingtes) Leid zufügen kann. Diese Thesen des Kathävatthu lassen

sich, wie wir gesehen haben, kaum rechtfertigen, wenn wir uns nooh

einmal unsere vorhergehenden Überlegungen vergegenwärtigen. Andere

Hinayäna-Schulen haben den Standpunkt dieses Textes auch nicht

geteilt. Ihr Unterschied gegenüber dem Mahäyäna liegt nicht etwa in

einer Leugnung der Möglichkeit der Verdienstübertragung, sondern in

dem Willen ihrer Anhänger, sich auf die eigene Erlösung zu beschränken,

also die heilsamen Wirkungen der Lehrdarlegung des Buddha ohne

eigene Leistung zur Erlösung anderer wahrzunehmen. Die Anhänger

des Mahäyäna oder Bodhisattvayäna hingegen wollen einen eigenen

Beitrag zur Erlösung anderer leisten.

Die Ablehnung der These, daß ein Wesen gutes Karma darbringen

könne, die im Kathävatthu ausgesprochen ist, hat sogar bei den Thera¬

vädin selbst keine bleibende Wirkung gehabt. Die Abwehrhaltung gegen¬

über den Anfängen des Mahäyäna, die aus diesem Text spricht, wurde

im Laufe der Zeit gemildert. So enthalten nachkanonische Texte der

Theravädin genausogut Verdienstübertragungen wie Avadänatexte

anderer Schulen. So erfahren wir etwa aus dem Mahävamsa (44. 109),

daß König Jetthatissa vor seinem Selbstmord seine Gemahlin bittet,

Nonne zu werden, die heihgen Texte zu rezitieren und ihm das Verdienst

dieser Handlungen zu übertragen. Ähnliche Beispiele sind nicht selten.

Die Praxis der Verdienstübertragung gehört zu den wichtigsten Bräuchen

des heutigen Theraväda-Buddhismus, also des sog. ,, südlichen Bud¬

dhismus". Sie wird mit den Worten punnänumodanä oder präptidäna

bezeichnet. (Wobei punnänumodanä die beiden genannten in der Mahä-

yäna-Literatur als punyänumodanä und als paririämanä bezeichneten

Begriffe zusammengenommen bezeichnet).

(6)

Zur Frühgeschichte des Mahäyäna-Buddhismus 535

So heißt es in einer Darstellung der religiösen Pflichten für Pilger in

dem singhalesischen Büchlein Manoramjani Bauddha-ädahilla (von

Randombe Pannäramsi, S. 9) unter der Überschrift präpti-dänaya oder

pin dima (d.h. purtyadäna, „Gabe von Verdienst") folgendes: „Nach

einer Pilgerfahrt ist es Pflicht jedes Buddhisten, eine punyänumodanä

{pin anumödan) vorzunehmen und zwar für die die Welt und die Lehre

beschützenden Gottheiten, für die eigenen verstorbenen Verwandten und

für alle Wesen, die in der Welt existieren".

Die Tatsache, daß die Anschauung von der Möglichkeit der Verdienst¬

übertragung, die aus der Frühstufe der Entwicklung des Mahäyäna-

Buddhismus stammt, sich bei allen Buddhisten durchgesetzt hat —

sowohl bei denjenigen, die sich zum Großen Fahrzeug bekennen wie bei

den Theravädin — spricht deutlich genug dafür, in welchem Maße diese

Theorie als natürhche Konsequenz der Lehren schon des frühen Bud¬

dhismus anzusehen ist. So brauchen wir uns auch nicht zu wundern,

wenn wir in manchen Texten der Sarvästivädin, z.B. im Avadäna-sataka,

schon Spuren des Bodhisattva-Ideals finden. Es handelt sich dabei nicht

etwa um Einflüsse von außen, von Lehren des Mahäyäna her. Vielmehr

ergaben sich diese Gedanken zwanglos aus der Entwicklung der bud¬

dhistischen Lehre.

Eine einschneidende Neuerung war erst die Verallgemeinerung der

Forderung, das Bodhisattva-Gelübde abzulegen. Damit war eine

bewußte Abweichung von der ursprünglichen Lehre gegeben: der

Mahäyäna-Buddhismus war entstanden.

(Manuskript im September 1961 eingegangen)

35 ZDMG 113/3

(7)

■ Von DiETEE ScHLiNGLOEF, Göttingen

Das Prätimoksasutra, die buddhistische Ordenssatzung*, ist nach

übereinstimmender Ansicht der Forschung eines der ältesten Werke,

werm nicht das älteste Werk des buddhistischen Schrifttums überhaupt.

Der Text wurde zweimal monatlich, am Voll- und am Neumondstage,

im Beisein aller in einem Distrikt anwesenden Mönche, aber unter Aus¬

schluß der Öffenthchkeit, feierlich verlesen. Er besteht seinem Inhalt

nach aus einer Zusammenstellung von ca. 250^ Vergehen gegen die

Ordenszucht, die entsprechend ihrer strafrechtlichen Beurteilung in

sechs Klassen^ geordnet sind. Die einzelnen Bestimmungen werden meist

in kasuistischer Form dargestellt: Wenn ein Mönch (yah punar bhiksuh)

dieses oder jenes tut (Optativ), so ist dies [ein Vergehen der bestimmten

Klasse]. In einigen Fällen sind diesen Straf bestimmungen positive Ver-

* Die unterschiedliehen traditionellen Erklärungsversuche des Namens

Prätimoksa sind zusanunengestellt bei W. Pachow, A Comparative Study

ofthe Prätimoksa, Sino-Indian Studies, Vol. IV, Santiniketan 1955, S. 19f.

Die Bezeichnung des Textes als „Beiohtformular" (H. Oldenbebg) ist schon

deshalb unzutreffend, weil an der Rezitation des Sütra kein Mönch teil¬

nehmen dmfte, der mit einem Vergehen behaftet war. Diese Frage ist jedoch für misere Untersuchung ohne Bedeutung.

2 Die Zahl schwankt in den einzelnen Schulen zwisohen 218 (Mahä¬

sämghika) und 263 (Sarvästivädin).

' I Päräjika, II Samghävasesa, (Päli Sanghädisesa), [III Aniyata], TV

Naihsargika Pätayantika (Pä Nissaggiya Päcittiya), V Pätayantika (Pä Pä-

cittiya), VI Pratidäsanlya (Pä, Pätidesanlya), YTl Saiksa (Pä Sekhiya), [VIII Adhikaranasamatha]. III Aniy ata kann nicht als eigene Vergehensklasse

bezeichnet werden, weil darin zwei Fälle behandelt sind, deren Vergehens -

klasse unbestimmt ist; VIII Adhikaranasamatlia enthält Vorschriften zur

Ordnung von Reehtsangelegenheiten. Die Anordnung der einzelnen Ver¬

gehen innerhalb der Klassen ist in den verschiedenen Versionen unein¬

heitlich; im folgenden beziehen sich die Zitate auf den Sanskrittext der

Sarvästivädins (Sa) und den Pälitext (Pä).

Über die Namen der Vergehensklassen handelt S. Levi, JA 1912, II,

S. 495ff., und E. J. Thomas, Festsehrift Moritz Winternitz, Leipzig 1933,

S. 161 ff. Die Namen der Klassen I und V finden sich in etwas abgewandelter

Form auoh im jainistischen Kanon. Hier wird die Sühne als päyacchitta oder

pacchitta bezeichnet; Stellenbelege bei Ganapati, A. M. Dictionary; vgl.

auch W. Schubbing, Die Lehre der Jainas, Berlin 1935, S. 178. päräjika

entspricht im Jainakanon päranciya; vgl. W. Schubbing, Das Mahänisiha-

Sutta, Berlin 1918, S. 82: ,,Die sehwereren Strafen heißen cheya, Kürzung des Mönohsalters, uvatthävana, Verlust desselben und Neuweihe, und drittens wird der Schuldige als päranciya bezeiehnet, was in alter Zeit die bedingungs¬

lose Ausstoßung bedeutete". Auf die Parallele hat sohon S. LÄvi, S. 505, hingewiesen.

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