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(Wild)Tiere im Wald: Gestalter von Prozessen und Voraussetzung für Biodiversität

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(1)

(Wild)Tiere im Wald:

Gestalter von Prozessen und Voraussetzung für Biodiversität

Rainer Luick

NABU-Naturschutztag:

Wald ist Vielfalt

19. September 2020 / Potsdam

(2)

3 Positionen /

Argumente

(3)

Das Konstrukt, wie wir uns bei uns “natürliche Natur“ vorstellen müssen, wird immer noch

ohne die Wirkungen / Prozesse von Tieren (Großherbivoren / Prädatoren) gedacht.

Die Evolution und biologische Vielfalt unserer Kulturlandschaften und auch der Wälder

assoziieren mit den Wirkungen und Prozessen von Nutztieren.

Unsere Naturschutzstrategien (Offenland und Wald) werden auch in Großschutz- und

Wildnisgebieten ohne Tiere (Großherbivoren / Prädatoren) entwickelt und umgesetzt.

(4)

Die holozäne Megafauna in Mitteleuropa

 Ohne die Ausrottung durch den eingewan- derten Menschen

wäre vermutlich der Großteil der

Menagerie noch

präsent. Wir erinnern uns noch an:

Wisent,

Auerochs,

Elch und

Wildpferd

(5)

Flächenhaft vertreten nur noch Reh- und

Schwarzwild

Von den “wilden“

Tieren sind:

Dürfen nur in begrenzten Regionen und dort

vielfach mit schwieriger Akzeptanz vorkommen:

Rotwild, Steinwild, Gamswild und Biber

(6)

Vor 5 bis 10.000 Jahren

- vielleicht doch nicht überall

dichter Wald?

(7)

Wald

(Schweine) weide vom Altertum

bis in die Neuzeit

Quelle:

Brüder von Limburg, November (aus: ”Les trés riches heures”

Stundenbuch des Herzogs von Berry), um 1416.

(8)

Landschaften / Wälder im

17. Jh.

Quelle:

Ausschnitt aus:

Landschaft mit Sicht auf München und heimkehrender Jagdgesellschaft, F.-J. REICH

(1665-1715),

Bayer. Staatsgemälde- sammlungen,

München.

(9)

Wald im 18. Jh.

Gegen Ende des 18. Jh.

gab es auch in Mitteleuropa selbst in den Bergregionen von Schwarzwald, Schwäbischer Alb, Harz usw.

keine

nennens- werten

Waldbestände mehr!

(10)

 Brennholz

 Bauholz (Schiffbau)

 Grubenholz

 Papier / Pappe / Zellstoff

 Werkzeug / Fahrzeugbau

Waldnutzungen

(11)

 Brennholz

 Bauholz (Schiffbau)

 Grubenholz

 Papier / Pappe / Zellstoff

 Werkzeug / Fahrzeugbau

Waldnutzungen

 Holzköhlerei

 Glasmacherei

 Harzgewinnung

 Pechgewinnung

 Schneflerei

 Zeidlerei

(12)

 Brennholz

 Bauholz (Schiffbau)

 Grubenholz

 Papier / Pappe / Zellstoff

 Werkzeug / Fahrzeugbau

Waldnutzungen

 Holzköhlerei

 Glasmacherei

 Harzgewinnung

 Pechgewinnung

 Schneflerei

 Zeidlerei

Waldweide

Streugewinnung

Schneitelwirtschaft

(13)

Albanien

(14)

“Wald“ in Albanien

(15)

“Prozesse“ durch zu viel Tiere

(16)

CBD

EU-Biodiv- Strategie

NBS

Messt Sie an Ihren

Leistungen

(17)

Problemlage:

Dramatischer qualitativer und vor allem quantitativer Arten-

verlust (vor allem im Offenland).

Prioritäres Ziel:

Erhaltung der heimischen Biodiversität!

Massiver Artenschwund auch in

Schutzgebieten.

(18)

B Konkrete Visionen

B1.2.1 Wälder

 Besonderer Schutz alter Waldstandorte und Erhaltung sowie möglichst Vermehrung der Waldflächen mit

traditionellen naturschutzfachlich bedeutsamen Nutzungsformen bis 2020.

 Bis zum Jahre 2020 haben sich die Bedingungen für die in Wäldern typischen Lebensgemeinschaften

(Vielfalt in Struktur und Dynamik) weiter verbessert.

 Mit naturnahen Bewirtschaftungsformen werden die natürlichen Prozesse zur Stärkung der ökologischen Funktionen genutzt. Historische Waldnutzungsformen wie Mittel-, Nieder- und Hutewald mit ihrem hohen Naturschutz- oder Erholungspotenzial werden

weitergeführt und ausgebaut.

(19)

B Konkrete Visionen

B1.3.1 Wildnisgebiete

 Bis zum Jahre 2020 kann sich die Natur auf

mindestens 2 % der Landesfläche Deutschlands

wieder nach ihren eigenen Gesetz-

mäßigkeiten

entwickeln.

(20)

.

Prozesse / Störungen

Totholzakkumulation Stürme / Windwurf

Fließgewässerdynamik / Überschwemmungen / Vernässungen

Waldbrand

Erdbewegungen i.w.S Insektenkalamitäten Neophyten / Neozoen Prädatoren

Herbivore

Stochastische

Gestaltungsfaktoren, die für Vielfalt,

Vergehen und Erneuerung in natürlichen

Ökosystemen

verantwortlich sind

(Wildnis erzeugen)

(21)

WILDNIS /

Begriffsdefinition BfN (2014)

 “Wildnisgebiete im Sinne der NBS sind ausreichend große, (weitgehend) unzer-

schnittene, nutzungsfreie Gebiete, die dazu dienen, einen vom Menschen unbeein-

flussten Ablauf natürlicher Prozesse dauerhaft zu gewährleisten.“

 Natürliche Prozesse in Wildnisgebieten

sind ergebnisoffen

.

(22)

11 Positionen

Zur Wildnis

(23)
(24)

https://wildnisindeutschland.de/gebiete/

Schöne Ziele, aber …

(25)

.

Prozesse /

Störungen

Zustimmung Neutral Ablehnung (Nicht-

beachtung)

Totholzakkumulation

Stürme / Windwurf ()

Fließgewässerdynamik / Überschwemmungen / Vernässungen

()

Waldbrand

Erdbewegungen i.w.S

Insektenkalamitäten () ()

Neophyten / Neozoen ()

Prädatoren ()

Herbivore ()

In deutschen Nationalparken

(26)

Das Konstrukt

Buchen-Tannen- (Fichten)-Wald

Abieti-Fagetum / Koch 1926

, Luquet 1926

Belchen / Südschwarzwald

Die Normen des (Deutschen)

Naturschutzes

(27)

Entwicklung Optimal Differenzierung Zerfall

SCHERZINGER 1996

Lebenszyklus eines

Buchen-Tannen-Urwaldes

Im Laufe der mehrhundertjährigen Lebenszeit eines Urwaldes ändert sich die Biodiversität markant: Sowohl extrem artenarme (Brandfläche, homogene Entwicklungsphasen / “Stangenholz“), als auch besonders artenreiche Phasen (Katastrophenflächen, Zerfallsphase, Zusammenbruch) sind einem natürlichen (Wald-) Ökosystem inhärent.

20% 20% 30% 30%

Jahre 600

(28)

Entwicklung Optimal Differenzierung Zerfall

SCHERZINGER 1996

Dieser Zustand ist Norm (LRT) und Benchmark des

Naturschutzes und berücksichtigt keine Prozesse / Störungen

20% Abieti-Fagetum /

Koch 1926, Luquet 1926

(29)

Der zentraleuropäische Bergmischwald

(Abieti-Fagetum / Koch 1926, Luquet 1926)

5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 500 1000 1500 2000

Das Dogma von Natur / Wald ohne Tiere

Die “Norm“, die Definition, wie dieser LRT (Bergmischwald und andere LRTs) “heute“ aussehen müssen, wurde in den 1930er Jahren festgelegt und erfolgte in einer Zeit als wissenschaftliche Erkenntnisse (u.a. Megaherbivoren) noch nicht existierten,

erlebbare Erfahrungen (Waldweide) nicht mehr präsent waren und als TABU-Aspekt betrachtet wurden.

Aufforstungen

1800 1850 1900 1950 2000

Trennung von Offenland und Wald

WALDWEIDE

Normierung

“moderner“ Wald

(30)

Weidetiere sind ein zentrales Element von natürlichen

Ökosystemen.

Weidetiere induzieren vielfältige Prozesse / Störungen auf unter- schiedlichen Raumebenen

(Makro-, Meso- und Mikroskala), davon profitieren (sind abhängig) zahllose Biozönosen / Arten.

PLÄDOYER

(31)

Prozesse, die mit (Wald)Weide

korrelieren Strukturen

(biotisch,

abiotisch im Makro- und

Mikromaßstab)

Wanderungen / Taxi für

Diasporen

(kurz und lang)

Futter / Selektion

Exkremente

Kadaver

(theoretisch)

(32)

Beispiele für Diasporen von Wildpflanzen:

Viele Formen sind evolutiv für das Tiertaxi geschaffen

RL-Arten

korrelieren mit Vektor Zoochorie

Ozinga, W.A., C. Römermann, R.M. Bekker, A.

Prinzing, W.L. Tamis, J.H. Schaminée, S.M.

Hennekens, K. Thompson, P. Poschlod, and M.

Kleyer. 2009. Dispersal Failure Contributes to Plant Losses in NW Europe. Ecology Letters 12, no. 1: 66–74.

Bild: G. Koch / Botanische Bildtafeln

(33)

 Im Grunde keine natürlich vorkommenden Megaherbivoren mehr.

 Rinder in Weidehaltung dramatisch

abnehmend und wenn noch, dann meist in intensiver Weide; Transhumanz mit Schafen steht vor dem Aussterben.

 Einwandernde Arten, wie Wisent oder Elch

überleben nur wenige Stunden auf deutschem Hoheitsgebiet; sich wieder etablierende Arten wie der Biber, werden schon wieder als Plage angesehen.

SITUATION

(34)

Zur Situation des einzigen verblie- benen Gestalters und Prozessaus- lösers unter den großen Grasern:

 Vielfach

“Mastgebiete“ für Prestige- und

Trophäenjagd in widernatürlichem

ökoystemaren Umfeld und tierökologisch

fragwürdigem

“Management“.

Verbreitungskarte Rotwild in D und in

angrenzenden Regionen

(35)

Historische

Hude(Weide)- wälder in

Deutschland

Berücksichtigt sind Flächen mit > 5 ha. Danach gab es um das Jahr 2000 in ganz Deutschland noch ca. 5.500 ha Waldweiden an ca.

218 Standorten; nur 62 Weidegebiete hatten

> 20 ha Fläche

Quelle: GLASER & HAUKE 2004

(36)

Berücksichtigt sind Flächen mit > 5 ha. Danach gab es um das Jahr 2000 in ganz Deutschland noch ca. 5.500 ha Waldweiden an ca.

218 Standorten; nur 62 Weidegebiete hatten

> 20 ha Fläche

Quelle: GLASER & HAUKE 2004

5.500 ha von 11,4 Mio ha

Waldweide ist in D damit im Grunde kein Nutzungs-

(Problem)aspekt?

Historische

Hude(Weide)- wälder in

Deutschland

(37)

Typologie der juristischen

Regelungen zur Waldweide in den LWaldGs der Bundesländer

Typ 1

Verbot mit der Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen

Typ 2:

Theoretische Möglichkeit über die Genehmigung als Nebennutzung

Typ 3:

Theoretisch möglich über eine

Waldumwandlungsgenehmigung

(kann Planfeststellung, UVP + FFH-Verträglich- keitsprüfung umfassen und Ausgleichszah-

lungen + Ersatzaufforstungen nach sich ziehen)

(38)

Typ 4:

In allen Bundesländern ist im

Kontext von normativen Schutz- gebietskulissen wie Biotopschutz- wald (Waldbiotope), historischen Waldnutzungen (Schonwälder) die Waldweide (theoretisch) möglich, wenn diese zur Erreichung des

Schutzzweckes notwendig ist ?????

Typ 5:

Historisch tradierte Waldweide-

nutzungen wie in den bayerischen Alpen, den fränkischen Hutangern oder den Allmendweiden im

Südschwarzwald

Typologie der juristischen Regelungen zur Waldweide in den LWaldGs der Bundesländer

(39)

Realitäten

NSG Borkener

Paradies (NRW) 33 ha!

Selbst die wenigen Flächen / Standorte die es gibt sind am Verschwinden /

haben große Probleme.

(40)

Praktisch Probleme der Gebiete

Flächengröße zu gering » sinnvolles Weidemanagement schwierig

Flächen isoliert in Intensivlandschaften (z.B. Emsland)

Mangel an Flächen zur Heugewinnung

Wenige Akteure mit geeigneten Nutztieren und Interesse

Rechtliche Grauzone

(in Bayern ist die Ablösung alter Waldweiderechte und klare Trennung von Land- und Forstwirtschaft bis heute ein wichtiges Staatsziel)

(41)

Probleme mit Weide + Wald

Jagd:

Forst wird instru- mentalisiert:

Befindlichkeiten im Kontext mit

jagdlichen Interessen

Forstrecht

Komplizierte

Genehmigungslage (Verbote) es gilt das Prinzip:

“Waldfunktionen

dürfen nicht beeinträchtigt

werden“.

Naturschutz:

“Ungepflegtheit“,

“Schäden“, statische Ziele

Gesetzliche Regelungen:

Unterstände, Tränken,

Zufütterung, Fangstände, zeitliche

Befristungen usw.

Fehlende

Förderungen

& Auflagen durch

Förder- ungen:

1. + 2. Säule der GAP, CC,

Einge- brannte

“schlechte“

Erinner-

ungen /

Narrative

(42)

Worum geht es idR bei “moderner“

Waldweide?

(43)

Kulturgeschichtliche Archive

Relikte von Jahrtausende alten evolutiven Prozessen

Genetische Forst+Agrobiodiversität Labor zum Studium ökosystemarer Prozesse

Labor für zukunftsfähige großflächige &

extensive Landnutzungskonzepte

Einzigartiger Beitrag Europas zum Schutz der Biodiversität

Warum Wald-Weide-Projekte?

(44)

 Historische (Waldweide)nutzung reaktivieren (bes. in Schutzgebieten)

Chancen “moderner“

Waldweiden:

 Heute durchaus Sympathieprojekte mit touristischen Potentialen

 Alternative für teure Stallbauten in extensiver Mutterkuhhaltung:

 Waldtraufbereiche als kostenlose

Unterstände öffnen (schon 10 m genügen)

 Fichtenaufforstungen mit geringer / keiner Werterwartung (Rotfäule, Borkenkäfer,

Sturmwurf)

 Synergien und Kooperationen bislang meist getrennt agierender Akteure (Forst+ LandW, NatSchutz)

(45)

Fennoskandinavische

Weidewälder (LRT 9070)

Normativer

Schutz

(46)

New Forest / Dorset /UK

Bild: Carla Michels

Beispiel für interessante touristische

Wertschöpfungsketten

(47)

Eichelschwein GmbH

Bild: Hans Huss

Innovative Projekte

(48)

Nera Versasca Ziege

 Mittlerweile eine positive(re)

Grundeinstellung in Wissenschaft und Gesellschaft. zu.

Neue Wertungen

 Zahlreiche (Wald-)-Weideprojekte werden und wurden in allen

Bundesländern vor Ort von Förstern initiiert und begeistert umgesetzt,

Vorbehalte und Ablehnungen nehmen allerdings auf höheren

administrativen Ebenen zu.

(49)

Wie sich die Zeiten ändern!

Es gibt in fast allen Bundes- länden mittlerweile eine

Legitimation für die Schaffung

“lichter Wälder“, aber Strategien werden ohne

Herbivore gedacht.

(50)

Geschützte Waldflächen mit Prozessschutzcharakter in den Bundesländern in % des Waldanteils

0 1 2 3 4 5 6

5 %= Schutzziel der Bundesregierung für Prozessschutzflächen nach

Nationaler Biodiversitätsstrategie (NBS)

Geschützte Waldflächen mit Prozessschutz

in den Bundesländern in % des Waldanteils

(51)

Geschützte Waldflächen mit Prozessschutzcharakter in den Bundesländern in % des Waldanteils

0 1 2 3 4 5 6

5 %= Schutzziel der Bundesregierung für Prozessschutzflächen nach

Nationaler Biodiversitätsstrategie (NBS)

Geschützte Waldflächen mit Prozessschutz in den Bundesländern in % des Waldanteils

Deutschland 1,8 %

Baden-Württemberg 0,6%

(52)

Vielen Dank

für das

Interesse

Referenzen

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