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Einheit 11: Kommanditgesellschaft (KG, Teil 1/2)

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Einheit 11:

Kommanditgesellschaft (KG, Teil 1/2)

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

Eine Aufzeichnung der Vorlesung finden Sie auf meinem youtube-Kanal:

https://www.youtube.com/channel/UC9ox

(2)

Übersicht zur heutigen Veranstaltung Einheit 11: KG (Teil 1/2)

I. Struktur einer KG

II. Erscheinungsformen einer KG

III. Rechtsstellung der Kommanditisten 1. Einführung

2. Geschäftsführung 3. Stellvertretung

4. Persönliche Haftung

(3)

I. Struktur einer KG

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

• Die Struktur einer Kommanditgesellschaft (KG) ist in § 161 I HGB beschrieben.

• Sie besteht aus drei Elementen:

1. Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist

2. Gemeinschaftliche Firma

3. Kommanditisten und Komplementäre

(4)

I. Struktur einer KG

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Gesellschaft, Betrieb eines Handelsgewerbes

• Die KG ist nach § 161 I HGB eine Gesell-

schaft, d. h. ihr liegt ein Gesellschaftsvertrag zu Grunde.

• Die KG ist keine juristische Person, sondern – wie die oHG – eine Personengesellschaft.

• Daher ordnet § 161 II HGB an, dass für die KG – insbesondere für die persönlich haftenden Ge- sellschafter – (subsidiär) die §§ 105 ff. HGB gelten.

• Die §§ 162 ff. HGB enthalten im Wesentlichen

Regelungen über die Kommanditisten.

(5)

I. Struktur einer KG

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Gemeinschaftliche Firma

• Der gemeinsame Zweck der Gesellschafter muss nach

§ 161 I HGB auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein.

• Sie ist daher – wie die oHG ( § 105 I HGB) – eine Perso- nenhandelsgesellschaft.

• Betreibt die KG (tatsächlich) ein Handelsgewerbe, ist sie Kaufmann i.S.d. § 1 I HGB.

• Für die KG gelten daher die in betreff der Kaufleute

gegebenen Vorschriften, u. a. die §§ 17 ff. HGB, ohne dass es dafür eines Rückgriffs auf § 6 I HGB bedürfte.

• Nach § 161 I HGB führt die KG eine gemeinschaftliche Firma. Nach § 19 I Nr. 3 HGB muss ferner ein die

Rechtsform andeutender Zusatz (z. B. „KG“) geführt

(6)

I. Struktur einer KG

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Kommanditisten und Komplementäre

Nach § 161 I HGB muss eine KG zwei Arten von Gesellschaftern aufweisen:

a) Persönlich haftende Gesellschafter

Die persönliche Haftung dieser Gesellschafter (sog. Komplementäre) ergibt sich aus § 161 II i.V.m. §§ 128 ff. HGB.

b) Kommanditisten

Bei der KG kann die persönliche Haftung einzelner Gesellschafter nach Maßgabe der

§§ 162, 171 ff. HGB beschränkt werden.

(7)

I. Struktur einer KG

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Kommanditisten und Komplementäre

Nach § 161 I HGB muss eine KG zwei Arten von Gesellschaftern aufweisen:

a) Persönlich haftende Gesellschafter

Die persönliche Haftung dieser Gesellschafter (sog. Komplementäre) ergibt sich aus § 161 II i.V.m. §§ 128 ff. HGB.

b) Kommanditisten

Bei der KG kann die persönliche Haftung einzelner Gesellschafter nach Maßgabe der

§§ 162, 171 ff. HGB beschränkt werden.

Die Beschränkung der persönlichen Haftung wird im Gesellschaftsvertrag vereinbart. Publik

wird sie durch die nach § 162 I 1 HGB vorzu- nehmende Eintragung in das Handelsregister

(„Bezeichnung der Kommanditisten“).

(8)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Errichtung

• Nach § 161 II i.V.m. § 123 I HGB tritt die Wirksamkeit der KG

„im Verhältnis zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.“

• Einzutragen sind die in § 162 I HGB genannten Angaben und – ausweislich § 162 I HGB – die § 106 II i.V.m. § 161 II HGB genannten Angaben. Im Einzelnen:

- die Gesellschafter (§ 106 II Nr. 1 HGB), ggf. mit der Be- zeichnung als Kommanditist (§ 162 I 1 HGB),

- der Betrag der Einlage eines jeden Kommanditisten (§ 162 I 1 HGB),

- die gemeinschaftliche Firma der KG (§ 106 II Nr. 2 HGB) - und die Vertretungsmacht der Gesellschafter (§ 106 II Nr. 4

HGB).

(9)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Errichtung

• Wie im direkten Anwendungsbereich von § 123 I HGB ist die Entstehung der KG nicht notwendig bis zur Eintragung aufgeschoben. Dies lässt § 176 I 1 HGB erkennen.

• Vielmehr sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:

- Var. 1: Betreibt die KG tatsächlich ein Handelsge-

werbe, ist die Eintragung nur deklaratorisch. M.a.W.:

Die KG entsteht bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

- Var. 2: Betreibt die KG kein Handelsgewerbe, ist sie zunächst GbR. Diese Gesellschaft wird – wie es

§ 161 II i.V.m. § 123 I HGB umschreibt – erst mit der

Eintragung in das Handelsregister zur KG. Die Eintra-

gung wirkt hier also konstitutiv.

(10)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Errichtung

• Wie im direkten Anwendungsbereich von § 123 I HGB ist die Entstehung der KG nicht notwendig bis zur Eintragung aufgeschoben. Dies lässt § 176 I 1 HGB erkennen.

• Vielmehr sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:

- Var. 1: Betreibt die KG tatsächlich ein Handelsge-

werbe, ist die Eintragung nur deklaratorisch. M.a.W.:

Die KG entsteht bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

- Var. 2: Betreibt die KG kein Handelsgewerbe, ist sie zunächst GbR. Diese Gesellschaft wird – wie es

§ 161 II i.V.m. § 123 I HGB umschreibt – erst mit der Eintragung in das Handelsregister zur KG. Die

Eintragung wirkt hier also konstitutiv.

Die Regelung des § 161 II i.V.m. § 123 I HGB ist folglich dahingehend zu lesen, dass die KG im

Verhältnis zu Dritten spätestens mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht.

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II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

• Im Jahr 2005 existierten über 200.000 Komman- ditgesellschaften in Deutschland.

• Die KG ist damit die populärste Rechtsform unter den Personengesellschaften.

• Genutzt wird sie insbesondere:

- für sog. Familiengesellschaften als Vehikel zur Übergabe von Vermögen an die nächste Generation;

- für sog. Publikumsgesellschaften zu Zwecken der Kapitalanlage (Fonds);

- als „Baustein“ einer GmbH & Co. KG.

(12)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

Die gesetzliche Regelung geht von folgendem Typus einer KG aus:

Diese Gestaltung hat zwei wesentliche Nachteile:

• Anton Meier haftet nach § 161 II i.V.m. § 128 Satz 1 HGB persönlich mit seinem gesamten Privatvermögen.

• Als persönlich haftender Gesellschafter muss Anton Meier jeden hinzukommenden Kommanditist nach § 162 I, III HGB zur Eintragung in das Handelsregister anmelden.

Anton Meier KG

Komplementär Anton Meier

zahlreiche Kommanditisten

(13)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

Die gesetzliche Regelung geht von folgendem Typus einer KG aus:

Diese Gestaltung hat zwei wesentliche Nachteile:

• Anton Meier haftet nach § 161 II i.V.m. § 128 Satz 1 HGB persönlich mit seinem gesamten Privatvermögen.

• Als persönlich haftender Gesellschafter muss Anton Meier Anton Meier KG

Komplementär Anton Meier

zahlreiche Kommanditisten

Die Regelung des § 162 II HGB entbindet nur das Registergericht

davon, die Angaben zu den Kommanditisten nach § 10 HGB

bekannt zu machen.

(14)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

In der Praxis dominiert folgende Gestaltung:

Meier GmbH & Co. KG

Komplementär GmbH

Treuhand- Kommanditist

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II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

In der Praxis dominiert folgende Gestaltung:

Meier GmbH & Co. KG

Komplementär GmbH

Treuhand- Kommanditist Nach § 161 II i.V.m. § 128 Satz 1 HGB haftet

zwar die GmbH persönlich. Aber: Deren Haftung ist nach § 13 II GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Eine

persönliche Haftung der GmbH-Gesell- schafter ist dem GmbH-Recht grds. fremd.

(16)

II. Erscheinungsformen einer KG Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Erscheinungsformen in der Praxis

In der Praxis dominiert folgende Gestaltung:

Meier GmbH & Co. KG

Komplementär GmbH

Treuhand- Kommanditist

Gesellschafter der GmbH ist nur

Anton Meier

zahlreiche Begünstigte Nach § 161 II i.V.m. § 128 Satz 1 HGB haftet

zwar die GmbH persönlich. Aber: Deren Haftung ist nach § 13 II GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Eine

persönliche Haftung der GmbH-Gesell- schafter ist dem GmbH-Recht grds. fremd.

Nach § 162 I 1 HGB wird nur der Treuhänder als Kommanditist in das

Handelsregister einge- tragen. Die Begünstig- ten sind keine Komman-

ditisten, sondern nur

„mittelbar“ (schuldrecht- lich) beteiligt und daher

nicht in das Handels- register einzutragen.

(17)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Einführung

• Für das „Verhältnis der Gesellschafter untereinander“ gelten nach § 163 HGB – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – die §§ 164-169 HGB.

• Diese Vorschriften enthalten nahezu ausschließlich Sonder- regelungen für die Kommanditisten.

• Für die Rechtsstellung der Komplementäre ist nach § 161 II HGB auf die §§ 109-122 HGB zurückzugreifen.

• Ein Vergleich der Regelungen offenbart erhebliche Unterschie- de. Die Kommanditisten sind durch § 165 HGB z. B. von dem Wettbewerbsverbot der §§ 112, 113 HGB befreit.

• Hierin und in weitere Unterschieden kommt zum Ausdruck,

dass der Gesetzgeber in dem typischen Kommanditisten einen

„passiven Geldgeber“ sieht, der grds. keine unternehmeri- sche Initiative entfalten kann.

(18)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

1. Einführung

• Für das „Verhältnis der Gesellschafter untereinander“ gelten nach § 163 HGB – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – die §§ 164-169 HGB.

• Diese Vorschriften enthalten nahezu ausschließlich Sonder- regelungen für die Kommanditisten.

• Für die Rechtsstellung der Komplementäre ist nach § 161 II HGB auf die §§ 109-122 HGB zurückzugreifen.

• Ein Vergleich der Regelungen offenbart erhebliche Unterschie- de. Die Kommanditisten sind durch § 165 HGB z. B. von dem Wettbewerbsverbot der §§ 112, 113 HGB befreit.

• Hierin und in weitere Unterschieden kommt zum Ausdruck,

dass der Gesetzgeber in dem typischen Kommanditisten einen

„passiven Geldgeber“ sieht, der grds. keine unternehmeri- sche Initiative entfalten kann.

Die Passivität kommt insbesondere in den gesetzlichen Regelungen zur Geschäfts- führung und Stellvertretung zum Ausdruck

(dazu sogleich).

(19)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung a) Einführung

• Für die Komplementäre gelten über § 161 II HGB die §§ 114-119 HGB.

Ø Dies bedeutet, dass nach § 161 II i.V.m.

§ 114 I HGB grds. jeder Komplementär

alleine zur Geschäftsführung berechtigt (und verpflichtet) ist.

• Im Gegensatz dazu sind die Kommanditisten nach § 164 Satz 1 HGB von der Geschäfts- führung ausgeschlossen.

Ø Dieser Ausschluss wird durch § 164 Satz 2

HGB relativiert.

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III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung

b) Regelungsgehalt von § 164 HGB

Die Zusammenschau von §164 Satz 1, 2 HGB ergibt folgende Abstufung:

(1) Handlungen, die zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes gehören

Nach § 164 Satz 1 HGB dürfen die Kommanditisten Handlungen aus dem Bereich der Geschäftsführung, die zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes gehören, nicht vornehmen.

Sie sind nicht nur an der Vornahme der Handlungen gehindert, son- dern können den Handlungen der geschäftsführenden Komplementäre nach §164 Satz 1 Hs. 2 HGB auch nicht widersprechen.

(2) Handlungen, die darüber hinausgehen

Sind solche Handlungen beabsichtigt, steht jedem Kommanditisten nach

§ 164 Satz 1 Hs. 2 HGB ein Widerspruchsrecht zu.

(21)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung

b) Regelungsgehalt von § 164 HGB

Die Zusammenschau von §164 Satz 1, 2 HGB ergibt folgende Abstufung:

(1) Handlungen, die zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes gehören

Nach § 164 Satz 1 HGB dürfen die Kommanditisten Handlungen aus dem Bereich der Geschäftsführung, die zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes gehören, nicht vornehmen.

Sie sind nicht nur an der Vornahme der Handlungen gehindert, son- dern können den Handlungen der geschäftsführenden Komplementäre nach §164 Satz 1 Hs. 2 HGB auch nicht widersprechen.

(2) Handlungen, die darüber hinausgehen

Sind solche Handlungen beabsichtigt, steht jedem Kommanditisten nach

§ 164 Satz 1 Hs. 2 HGB ein Widerspruchsrecht zu.

Dieses Widerspruchsrecht wird durch eine ungeschriebene (Vor-)Informationspflicht

ergänzt, um den Kommanditisten die Möglichkeit zum Widerspruch zu geben.

(22)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung

b) Regelungsgehalt von §164 HGB

Die Zusammenschau von § 164 Satz 1, 2 HGB ergibt folgende Abstufung:

(3) Erteilung und Widerruf von Prokura

Nach §164 Satz 2 i.V.m. §116 III 1 HGB bedarf die Bestellung von Prokuristen der Zustimmung sämtlicher geschäftsführenden Gesell- schafter (Komplementäre).

- Da die Kommanditisten nach § 164 Satz 1 Hs. 1 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, wirken sie an der Erteilung der Prokura nicht mit.

- Die wesentliche Aussage des § 164 Satz 2 i.V.m. § 116 III 1 HGB besteht darin, dass die Zustimmung sämtlicher Komplementäre auch dann erforderlich ist, wenn jeder von ihnen – entsprechend

§ 161 II i.V.m. § 114 I HGB – alleine zur Geschäftsführung befugt ist.

Der Widerruf der Prokura kann nach §164 Satz 2 i.V.m. § 116 III 2 HGB durch jeden Komplementär alleine erfolgen. Die Kommanditisten sind auch insoweit von der Mitwirkung ausgeschlossen.

(23)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung

c) Kontrollrechte nach § 166 I, III HGB

Der weitreichende Ausschluss von der Geschäftsführung wird durch die Kontrollrechte nach § 166 I, III HGB kompensiert. Im Einzelnen:

(1) Nach § 166 I HGB kann jeder Kommanditist eine Abschrift des Jahresabschlusses verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher prüfen.

(2) Die weitergehenden Rechte des § 118 I HGB, nämlich, sich von Angelegenheiten der KG persönlich zu unterrichten, Han- delsbücher und Papiere der Gesellschaft einzusehen, die in der oHG auch den von der Geschäftsführung ausgeschlosse- nen Gesellschaftern zustehen, können die Kommanditisten nach § 166 II HGB nicht geltend machen.

Ø Vergleichbare Rechte können die Kommanditisten nach

§ 166 III HGB nur bei Vorliegen wichtiger Gründe unter gerichtlicher Mitwirkung geltend machen.

(24)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

2. Geschäftsführung

d) Abweichende Gestaltungen

Kann durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag erreicht werden, dass ein Kommanditist die KG „beherrscht“?

Ausgangspunkt ist § 163 HGB, wonach die §§ 164-169 HGB dispositiv sind.

Die vertragliche Einräumung umfassender Geschäftsführungs- befugnisse konfligiert nicht mit dem Grundsatz der Selbstor- ganschaft, da die Kommanditisten (vollwertige) Gesellschafter der KG sind.

Bedenken ergeben sich allenfalls daraus, dass die Haftung der Kommanditisten nach den §§ 171 ff. HGB beschränkt ist, also keine Parallele zwischen Geschäftsführung und unbe-

schränkter persönlicher Haftung besteht. Dies steht nach BGHZ 51, 198, 201 der vertraglichen Einräumung der Befugnis zur Geschäftsführung nicht entgegen.

(25)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Stellvertretung a) Einführung

• Für die Komplementäre gelten nach § 161 II HGB die §§ 125-127 HGB. Sofern der Gesellschaftsver- trag nichts anderes bestimmt, ist jeder Komplemen- tär alleine zur Vertretung der KG befugt.

• Im Gegensatz dazu sind die Kommanditisten nach

§ 170 HGB zur Vertretung der KG nicht befugt.

- Diese Regelung ist – im Umkehrschluss zu

§ 163 HGB – nicht dispositiv.

- Aber: § 170 HGB schließt die Möglichkeit, den

Kommanditisten rechtsgeschäftlich Vertretungs-

macht zu erteilen (Vollmacht, z. B. Prokura), nicht

aus.

(26)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Stellvertretung b) Fallbeispiel

Sachverhalt (BGHZ 51, 198 ff. entlehnt):

• Die A&J KG besteht aus dem Komplementär A und dem Kommanditisten J, die sich per- sönlich überworfen haben.

• J beantragt daher, A sowohl die Befugnis zur Geschäftsführung als auch die Befugnis zur Vertretung der KG zu entziehen.

Mit Erfolg?

(27)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Stellvertretung b) Fallbeispiel

Lösungshinweise:

• Den Anliegen ist gemeinsam, dass es sowohl für die Ent- ziehung der Befugnis zur Geschäftsführung (§ 161 II i.V.m. § 117 Hs. 1 HGB) als auch für die Entziehung der Vertretungsbefugnis (§ 161 II i.V.m. § 127 Hs. 1 HGB) eines wichtigen Grundes bedarf.

• Hierfür kann das persönliche Zerwürfnis – insbeson- dere in einer Zwei-Personen-Gesellschaft – genügen.

• Aber: Ist es in einer Zwei-Personen-Gesellschaft über- haupt möglich, dem Komplementär sowohl die Befugnis zur Geschäftsführung als auch zur Vertretung der KG zu entziehen?

(28)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Stellvertretung b) Fallbeispiel

Lösungshinweise:

(1) Was ist die Rechtsfolge, wenn dem einzigen Komplementär die Befugnis zur Geschäftsführung entzogen wird?

Der Gesellschaftsvertrag enthält hierfür keine Regelung.

Aber: Möglich ist auch eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrags, deren Ergebnis von den dispo- sitiven Vorschriften der §§ 164-169 HGB abweichen kann.

Daher ist für den Fall, dass dem einzigen Komplementär die Befugnis zur Geschäftsführung entzogen wird, anzu- nehmen, dass die Gesellschafter – hätten sie diese Situa- tion vorhergesehen – die (Not-)Geschäftsführung durch sämtliche Kommanditisten gemeinsam vereinbart hät- ten.

Als einzigem Kommanditisten stünde J die Einzelgeschäfts- führungsbefugnis zu.

(29)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

3. Stellvertretung b) Fallbeispiel

Lösungshinweise:

(2) Was ist die Rechtsfolge, wenn dem einzigen Komplementär die Befugnis zur Vertretung entzogen wird?

Einer ergänzenden Vertragsauslegung mit entsprechendem Ergebnis steht entgegen, dass § 170 HGB nicht

dispositiv ist.

Als Kommanditist kann J keine organschaftliche, sondern nur rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht erteilt werden.

M.a.W.: Die KG stünde bei der Entziehung der Vertre- tungsbefugnis von A ohne organschaftlichen Vertreter da.

Hierin läge ein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbst- organschaft.

Daher ist der Antrag von J insoweit unbegründet. Er müsste nach § 161 II i.V.m. §§ 131 I Nr. 4, 133 I HGB auf Auflö- sung der KG klagen.

(30)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

• Für Verbindlichkeiten der KG haften die Komple- mentäre nach § 161 II i.V.m. §§ 128 ff. HGB un- mittelbar persönlich als Gesamtschuldner.

• Für die persönliche Haftung der Kommanditisten gelten die §§ 171-176 HGB. Danach sind vier Konstellationen zu unterscheiden:

(1) Im werbenden Betrieb, §§ 171, 172 HGB (2) Haftung vor Eintragung der KG, § 176 I HGB (3) Haftung des eingetretenen Kommanditisten,

§ 173 HGB

(4) Haftung vor Eintragung des neuen Komman-

ditisten, § 176 II HGB

(31)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

• Für Verbindlichkeiten der KG haften die Komple- mentäre nach § 161 II i.V.m. §§ 128 ff. HGB un- mittelbar persönlich als Gesamtschuldner.

• Für die persönliche Haftung der Kommanditisten gelten die §§ 171-176 HGB. Danach sind vier Konstellationen zu unterscheiden:

(1) Im werbenden Betrieb, §§ 171, 172 HGB (2) Haftung vor Eintragung der KG, § 176 I HGB (3) Haftung des eingetretenen Kommanditisten,

§ 173 HGB

(4) Haftung vor Eintragung des neuen Komman- ditisten, § 176 II HGB

Typusprägend für die persönliche Haftung der Kommanditisten sind die

§§ 171, 172 HGB.

(32)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

• Die Kommanditisten haften nach § 171 I Hs. 1 HGB unmittelbar, d. h. ihre persönliche Haftung ist we- der im Verhältnis zu der KG noch zu den Komple- mentären subsidiär.

• Im Gegensatz zu den §§ 128 ff. HGB ist die per- sönliche Haftung der Kommanditisten durch zwei Regelungen kraft Gesetzes beschränkt:

(1) Jeder Kommanditist haftet nach § 171 I Hs. 1 HGB nur bis zur Höhe seiner Einlage.

(2) Selbst diese eingeschränkte Haftung ist nach

§ 171 I Hs. 2 HGB ausgeschlossen, soweit die

Einlage geleistet ist.

(33)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

Was ist der sachliche Grund für diese Einschränkung der persönlichen Haftung der Kommanditisten?

(1) Der weitreichende Ausschluss von der Geschäfts- führung?

Ø Nein! Aus zwei Gründen:

• Zum einen betrifft die Geschäftsführung nur das Innenverhältnis, die Haftung aber das Außenver- hältnis.

• Zum anderen gilt die Beschränkung der persön-

lichen Haftung nach den §§ 171, 172 HGB auch

dann, wenn der Gesellschaftsvertrag den Kom-

manditisten nach § 163 HGB abweichend von

den §§ 164-169 BGB Befugnisse in der Ge-

(34)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

Was ist der sachliche Grund für diese Einschränkung der per- sönlichen Haftung der Kommanditisten?

(2) Transfer von Vermögenswerten durch die Leistung der Ein- lagen

• Die Kreditwürdigkeit der oHG und Außen-GbR resultiert allein aus dem Privatvermögen ihrer Gesellschafter.

• Durch die Leistung der Einlagen wird das (haftende) Ver- mögen der KG vermehrt.

• Zwar kann dieses – im Unterschied zu den Kapitalgesell- schaften (§§ 30, 31 GmbHG, §§ 57 ff. AktG) – an die Ge-sellschafter zurückgezahlt werden.

• Aber: Den Kommanditisten droht aufgrund von § 172 IV 1 HGB insoweit ein „Wiederaufleben“ der persönlichen Haf- tung. Es besteht also ein Anreiz, die Einlage bei der KG zu belassen.

(35)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

Was ist der sachliche Grund für diese Einschränkung der per- sönlichen Haftung der Kommanditisten?

(2) Transfer von Vermögenswerten durch die Leistung der Ein- lagen

• Die Kreditwürdigkeit der oHG und Außen-GbR resultiert allein aus dem Privatvermögen ihrer Gesellschafter.

• Durch die Leistung der Einlagen wird das (haftende) Ver- mögen der KG vermehrt.

• Zwar kann dieses – im Unterschied zu den Kapitalgesell- schaften (§§ 30, 31 GmbHG, §§ 57 ff. AktG) – an die Ge-sellschafter zurückgezahlt werden.

• Aber: Den Kommanditisten droht aufgrund von § 172 IV 1 HGB insoweit ein „Wiederaufleben“ der persönlichen Haf- tung. Es besteht also ein Anreiz, die Einlage bei der KG zu belassen.

M.a.W.: Auf den Wert der Einlage können die Gesellschaftsgläubiger entweder in dem

Gesellschaftsvermögen oder – sei es, dass die Einlage noch nicht geleistet ist, sei es, dass die

Einlage zurückgewährt wurde – in dem

Privatvermögen des Kommanditisten zugreifen.

(36)

III. Rechtsstellung der Kommanditisten Einheit 11: KG (Teil 1/2)

4. Persönliche Haftung

In der Fallbearbeitung sind für den Ausschluss der persönlichen Haftung nach § 171 HGB

stets zwei Fragen zu beantworten:

(1) Welche Einlage schuldet der persönlich in Anspruch genommene Kommanditist?

(2) Wurde die geschuldete Einlage geleistet?

Einzelheiten folgen nächste Woche!

(37)

Lesehinweise zur Vertiefung:

Einheit 11: KG (Teil 1/2)

• BGHZ 51, 198 ff.

Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2020,

§ 7 I, III, VI

Koch, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl. 2019,

§§ 20, 21, 23

Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017,

§ 17 I-IV

(38)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

sekfest@law.uni-kiel.de

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