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Vergleich des Knorpelregenerates über degradablen Magnesiumschwämmen mit einer osteocartilaginären Umkehrplastik sowie einer Leerbohrung im Kaninchenmodell

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Academic year: 2022

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(1)

Aus der Klinik für kleine Haustiere

der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der

Orthopädischen Klinik II der Medizinischen Hochschule Hannover

Vergleich des Knorpelregenerates über degradablen Magnesiumschwämmen mit einer osteokartilaginären

Umkehrplastik sowie einer Leerbohrung im Kaninchenmodell

I NAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von

Janin Reifenrath, geb. Hepke aus Hannover

Hannover 2005

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: PD Dr. med. vet. A. Meyer-Lindenberg, Tierärztliche Hochschule Hannover PD Dr. med. H. Windhagen,

Medizinische Hochschule Hannover

1. Gutachter: PD Dr. med. vet. A. Meyer-Lindenberg 2. Gutachter: Apl. Prof. K. Pohlmeyer

Tag der mündlichen Prüfung: 23.05.2005

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Meinen Eltern

und meinem Mann

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INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG 11

2 LITERATURÜBERSICHT 13

2.1 Aufbau des Knorpels und Funktion der einzelnen Bestandteile 13

2.1.1 Anatomische Grundlagen des Gelenkes 13

2.1.2 Entwicklung des hyalinen Knorpels 14

2.1.3 Zusammensetzung und Aufbau des Gelenkknorpels 15 2.1.3.1 Histomorphologische Zonen im Gelenkknorpel 16 2.1.3.2 Funktionelle Morphologie des Gelenkknorpels 17 2.2 Pathophysiologie der Defektheilung im Gelenkknorpel 17 2.3 Therapieansätze zur Behandlung von Knorpeldefekten 20 2.3.1 Arthroskopische Lavage, Debridement und Laserchirurgie 20 2.3.2 Techniken zur Unterstützung der intrinsischen Heilung 21

2.3.2.1 PRIDIE-Bohrung 21

2.3.2.2 Abrasion 22

2.3.2.3 Spongialisierung 22

2.3.2.4 Mikrofrakturierung nach STEADMAN 22

2.3.3 Techniken zur biologischen Knorpelregeneration 23 2.3.3.1 Transplantation autologer Knorpel-Knochenzylinder 23 2.3.3.2 Einsatz autologer Knochentransplantate 25 2.3.3.3 Transplantation von Perichondrium- oder Periostlappen 25 2.3.3.4 Autologe Chondrozytentransplantation 27 2.3.3.5 Matrixassoziierte autologe Chondrozytentransplantation 28 2.4 Einsatz von Biomaterialien bei osteochondralen Knorpeldefekten 29

2.4.1 Polymere auf Proteinbasis 31

2.4.1.1 Fibrinogen 31

2.4.1.2 Kollagen 32

2.4.2 Proteine auf Karbohydratbasis 32

2.4.2.1 Polylactid- und Polyglycol-Säure 32

2.4.2.2 Hyaluronsäure 34

2.4.2.3 Alginat 34

(6)

INHALTSVERZEICHNIS

2.4.3 Artifizielle Polymere 34

2.4.3.1 Dacron, Teflon und Karbonfasern 35

2.4.3.2 Hydroxiapatit 35

2.4.4 Zwischenklassen 36

2.4.5 Einsatz von Magnesium als Implantatwerkstoff 37

2.5 Beurteilung von Knorpelregeneraten 39

2.5.1 Biomechanische Beurteilung von Knorpel 40

2.5.2 Histologische Beurteilung von Knorpelregeneraten 41

3 EIGENE UNTERSUCHUNGEN 44

3.1 Tiere und Tierhaltung 44

3.2 Material für die Durchführung des Tierversuches 45

3.2.1 Verwendete Geräte und Materialien 45

3.2.2 Spezialinstrumente 46

3.2.3 Implantatmaterial 47

3.3 Material für die Auswertung der Knorpeldefekte 48 3.3.1 Material für die Indentations- und Dickenmessung 48

3.3.1.1 Indentor 48

3.3.1.1.1 Messeinheit für die biomechanische Testung des Knorpels 52 3.3.1.1.2 Messeinheit für die Dickenmessung des Knorpels 52 3.3.1.2 Weitere Geräte und Materialien für die Indentationsmessung 52

3.3.2 Material für die Histologie 53

3.4 Methoden 53

3.4.1 Versuchsgruppen 53

3.4.2 Experimentelle Durchführung 54

3.4.2.1 Operationsvorbereitung 54

3.4.2.2 Operationsdurchführung 55

3.4.2.3 Postoperative Versorgung 57

3.4.2.4 Präparation und Fixierung der Gelenke 58

3.4.3 Indentations- und Dickenmessung 59

3.4.3.1 Vorversuche zur Indentations- und Dickenmessung 59 3.4.3.2 Indentationsmessung des Knorpeldefektes im Hauptversuch 60 3.4.3.3 Dickenmessung des Knorpeldefektes im Hauptversuch 60

3.4.4 Histologie 61

(7)

INHALTSVERZEICHNIS

3.4.4.1 Einbettung der Proben 61

3.4.4.1.1 Vorversuche 61

3.4.4.1.2 Einbettung der Proben im Versuch 62

3.4.4.2 Anfertigung der histologischen Schnitte 62 3.4.4.3 Entplasten der histologischen Schnitte 63

3.4.4.4 Histologische Färbungen 64

3.4.4.4.1 Safranin-O-Färbung 64

3.4.4.4.2 Von-Kossa-Färbung 64

3.4.4.5 Immunhistologische Färbungen 65

3.4.4.5.1 Kollagen vom Typ II-Färbung 65

3.4.4.5.2 Kollagen vom Typ I-Färbung 67

3.4.5 Auswertung 68

3.4.5.1 Makroskopische Bewertung der Knorpeldefekte 68

3.4.5.2 Auswertung der Dickenmessung 69

3.4.5.3 Auswertung der Indentationsmessung 70

3.4.5.4 Auswertung der Safranin-O gefärbten Präparate 70 3.4.5.5 Auswertung der nach Von-Kossa gefärbten Präparate 72 3.4.5.6 Auswertung der Kollagen vom Typ II und I gefärbten Präparate 73

3.4.6 Statistik 74

4 ERGEBNISSE 75

4.1 Postoperativer Beobachtungszeitraum 75

4.2 Makroskopische Untersuchungsergebnisse post mortem 76 4.2.1 Adspektorische und palpatorische Untersuchung der Kniegelenke 76 4.2.2 Makroskopische Beurteilung der Defektbereiche 77

4.2.2.1 Deskriptive Beurteilung 77

4.2.2.1.1 Beurteilung nach Einsatz der Umkehrplastik (links) 77 4.2.2.1.2 Beurteilung nach Einsatz des Magnesiumschwammes (rechts) 78 4.2.2.2 Scorebeurteilung des Gewebes über der Umkehrplastik bzw. dem

Mg-Implantat 81

4.3 Biomechanische Stabilität 83

4.3.1 Ergebnisse der Vorversuche zur Indentations- und Dickenmessung 83 4.3.2 Indentations- und Dickenmessung im Hauptversuch 85 4.3.2.1 Messungen über dem Magnesiumimplantat 85

(8)

INHALTSVERZEICHNIS

4.3.2.2 Messungen über der Umkehrplastik 98

4.4 Histologische Auswertung der Defektbereiche 101

4.4.1 Safranin-O-Färbung 101

4.4.2 Von-Kossa-Färbung 107

4.4.3 Kollagen vom Typ II-Färbung 111

4.4.4 Kollagen vom Typ I- Färbung 117

5 DISKUSSION 122

5.1 Diskussion der Ergebnisse 122

5.1.1 Knorpel- und Knochenregeneration nach Einsatz des Mg-Implantates 122 5.1.2 Knorpel- und Knochenregeneration nach Einsatz einer osteochondralen

Umkehrplastik 124

5.1.3 Knorpel- und Knochenregeneration bei der natürlichen Defektheilung

im Leerdefekt 126

5.1.4 Vergleich der drei Defektlokalisationen in der eigenen Untersuchung 127

5.2 Diskussion der Methoden 129

5.2.1 Auswahl des Tiermodells 129

5.2.2 OP-Technik 130

5.2.3 Röntgenologische Untersuchungen 132

5.2.4 Postoperative Beobachtungszeiträume 132

5.2.5 Makroskopische Bewertung 133

5.2.6 Biomechanische Stabilität 134

5.2.7 Histologie 135

6 ZUSAMMENFASSUNG 139

7 SUMMARY 141

8 LITERATURVERZEICHNIS 143

9 ANHANG 158

(9)
(10)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AM = Magnesiumlegierung aus Aluminium- und Magnesiumanteilen AZ 91 = Magnesiumlegierung mit 9 Anteilen Aluminium und 1 Anteil Zink AZ 31 = Magnesiumlegierung mit 3 Anteilen Aluminium und 1 Anteil Zink B.Ar. = Bone Area

°C = Grad Celsius

Fa. = Firma

g = Gramm

LAE 442 = Magnesiumlegierung mit 4 Anteilen Lithium, 4 Anteilen Zink und 2 Anteile Seltene Erden

µ-CT = Microcomputertomographie o.g. = oben genannte

PBS = Phosphat buffered saline (Pufferlösung) PGA = Polyglycol-Säure

PLA = Polylactid- Säure

PLGA = Kopolymer aus PLA und PGA Tab. = Tabelle

TBS = Tris buffered saline (Pufferlösung) SD = Standardabweichung

s.o. = siehe oben sog. = sogenannt T.Ar. = Tissue Area

V. = Vena

vgl. = vergleiche

WE 43 = Magnesiumlegierung mit 4 Anteilen Yttrium und 3 Anteilen Seltene Erden

(11)

EINLEITUNG

1 EINLEITUNG

Das Knorpelgewebe ist im Wirbeltierorganismus ein essentieller Bestandteil des muskuloskelettalen Systems. Er überzieht als hyaliner Knorpel alle Gelenkflächen und ermöglicht so die Beweglichkeit der Knochen untereinander. Wird der hyaline Knorpel durch exogene oder endogene Faktoren geschädigt, führt dieses zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung, die mit Schmerzen für den Organismus verbunden ist. Es ist bereits seit mehr als 250 Jahren bekannt, dass zerstörter hyaliner Knorpel sich nicht wieder regeneriert (PELTIER, 1995).

In der Therapie von Gelenkknorpeldefekten gibt es bisher keine Verfahren, die am Ort der Läsion eine vollständige Wiederherstellung von hyalinem funktionsfähigen Gelenkknorpel ermöglichen (O'DRISCOLL, 1998; RUDERT u. WIRTH, 1998;

HUNZIKER, 2002). Das hat zur Konsequenz, dass so geschädigte Gelenke für den Patienten schmerzhaft und nur bedingt einsetzbar sind. Daher ist der Bedarf an der Entwicklung neuer Therapieverfahren groß.

Zurzeit werden in der klinischen Anwendung verschiedene chirurgische Verfahren zur Wiederherstellung der Knorpelfunktion eingesetzt. Prinzipiell lassen sich zwei verschiedene Ansätze unterscheiden. Ein Ansatz beruht auf der Unterstützung der intrinsischen Heilung, bei welcher durch Verletzung des subchondralen Knochens der Markraum eröffnet wird. Durch die Einwanderung pluripotenter Stammzellen soll die Knorpelregeneration angeregt werden. Durch diese Verfahren entsteht in der Regel minderwertiger, aber mechanisch stabiler Faserknorpel (RUDERT u. WIRTH, 1998; JUBEL et al., 2002). Der zweite Ansatz basiert auf dem Einsatz von Transplantaten. So wurde bereits die Transplantation von osteochondralen Zylindern, Periostlappen, Perichondrium sowie Chondrozyten erprobt. Dabei wurde eine Verbesserung der Defektheilung beobachtet. Eine zufriedenstellende Knorpelregeneration konnte allerdings nicht erzielt werden (RUDERT u. WIRTH, 1998; JUBEL et al., 2002).

Ein sehr interessanter Ansatz ist die Verwendung von Gerüstsubstanzen, die als Grundlage für die Knorpelreparation dienen und die als notwendig erkannte biomechanische Stabilität des subchondralen Bereiches (RADIN u. ROSE, 1986) gewährleisten. Hierbei wurden sowohl resorbierbare als auch nicht resorbierbare Substanzen verwendet. Nichtresorbierbare Substanzen wie Carbon-Fasern, Dacron

(12)

EINLEITUNG

und Teflon führten zur Ausbildung von Faserknorpel. Bei resorbierbaren Materialien wie Fibrin, Agarose, Alginaten, Polyglycol- und Polylactidsäuren gab es häufig Probleme mit der Biokompatibilität und –degradabilität oder die Substanzen riefen immunologische oder entzündliche Reaktionen hervor (HUNZIKER, 2002).

Als besonders interessanter Lösungsansatz stellen sich Implantate auf der Basis von Magnesiumlegierungen dar. Diese degradablen Implantate können viele Anforderungen an eine Gerüstsubstanz verknüpfen. So lieferten erste Daten positive Ergebnisse zu Allergenität (WITTE et al., 2002b), Biokompatibilität und Resorptionsverhalten von technischen Magnesiumlegierungen (WITTE et al., 2002a).

Im gelenknahen Einsatz wurden bisher kompakte Magnesiumzylinder in artifizielle Knorpel-Knochen Defekte eingebracht (WITTE et al., 2004, WITTE et al., 2005a).

Diese beschleunigten die knöcherne Unterbauung der Defektbereiche und die Knorpelregeneration im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (WITTE et al., 2005a). In der vorliegenden Arbeit sollte untersucht werden, ob sich subchondral eingebrachte Magnesiumschwämme als Chondrozytenträgermaterialien in Knorpel-Knochen- Defekten eignen, da der Einsatz von Schwammstrukturen in artifiziellen Knorpel- Knochen-Defekten durch seine Porosität eine bessere Osseointegration des Implantates und eine vermehrte Einwanderung von mesenchymalen Stammzellen aus dem Knochenmark in den Defekt versprach. Im Rahmen dieser Fragestellung wurde das Knorpelregenerat über einem Magnesiumschwamm mit dem Knorpelregenerat über einer osteochondralen Umkehrplastik verglichen. Dabei sollte besonders die Abhängigkeit der Regeneratqualität vom biomechanisch stabilen Unterbau des Knorpeldefektes untersucht werden.

(13)

LITERATURÜBERSICHT

2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 Aufbau des Knorpels und Funktion der einzelnen Bestandteile

Knorpel ist im Wirbeltierorganismus in verschiedenen Formen zu finden.

Unterschieden wird Faserknorpel, elastischer Knorpel und hyaliner Knorpel. Aus Faserknorpel bestehen beispielsweise die Menisken. Elastischer Knorpel ist im Ohr und in der Epiglottis zu finden. Hyaliner Knorpel ist in der Ontogenese der Vorläufer für das knöcherne Skelett (ROHEN u. LÜTJEN-DRECOLL, 2001; NAUMANN et al., 2002; JUNQUEIRA et al., 2005). Die Gelenkflächen an den Enden von Knochen bleiben nach Abschluss des Längenwachstums in der hyalinen Knorpelform erhalten (NICKEL et al., 2003) und sind essentieller Bestandteil der Gelenke. Diese Einteilung basiert sowohl auf histomorphologischen Kriterien als auch auf dem charakteristischen Gehalt an verschiedenen Kollagenen sowie Elastin. Der Begriff

„hyalin“ stammt aus dem Griechischen (hyalos) und bedeutet glasartig (PSCHYREMBEL et al., 2004), was das makroskopisch und mikroskopisch durchscheinende Erscheinungsbild charakterisiert.

2.1.1 Anatomische Grundlagen des Gelenkes

Die anatomischen Grundlagen des Gelenkes wurden in verschiedenen Lehrbüchern (STASHAK, 1989; METZ, 2001; FRITZ et al., 2003) umfassend dargestellt. Der Gelenkknorpel bildet mit der Synovialmembran und der Gelenkflüssigkeit eine funktionelle Einheit, die durch umgebendes Gewebe, insbesondere die Gelenkkapsel und die subchondrale Knochenregion unterstützt wird. Dieser Aufbau ermöglicht ein reibungsfreies Gleiten der artikulierenden Gelenkflächen. Der Gelenkknorpel selbst ist frei von Nerven, sowie von Blut- und Lymphgefäßen. Eine selbständige Erneuerung der Knorpelzellen durch Zellteilung sowie eine Erneuerung der Grundsubstanz findet nur sehr langsam mit einer Halbwertszeit von 800-1000 Tagen statt (METZ, 2001). Die Ernährung erfolgt ausschließlich durch Diffusion vom Gelenkspalt aus und wird durch intermittierende Druckbeanspruchung maßgeblich gefördert. Nährstoffe gelangen von der Synovialmembran über die Gelenkflüssigkeit

(14)

LITERATURÜBERSICHT

durch die Grundsubstanz zur einzelnen Knorpelzelle. Die Synthese verschiedener Bestandteile der Gelenkflüssigkeit, insbesondere Hyaluronsäure erfolgt vor allem in den B-Zellen. Die „Entschlackung“ geschieht in umgekehrter Richtung. Im Gelenkknorpel sind die Stoffwechselprozesse vorwiegend anaerobe. Die Chondrozyten können bis zu einem Sauerstoffpartialdruck von 1% ihre regelhafte Funktion aufrechterhalten. Junger Knorpel in den tiefen Zonen erhält Nährstoffe zusätzlich von den Markgefäßen des darunter liegenden Knochens. Ausgereifter Knorpel ist nach Ausbildung der Verkalkungszone von diesen Gefäßen abgegrenzt (STASHAK, 1989; METZ, 2001; FRITZ et al., 2003).

2.1.2 Entwicklung des hyalinen Knorpels

Die embryonale Entwicklung des hyalinen Knorpels geht von mesenchymalen Stammzellen aus (STASHAK, 1989; METZ, 2001). Aus mesenchymalen Zellen entwickelt sich das hyaline Knorpelskelett. Es bilden sich funktionelle Einheiten von Knorpelzellen, bestehend aus einzelnen Chondrozyten oder ihren isogenen Gruppen mit ihrem Knorpelvorhof und ihrer –kapsel aus, die als Chondrone bezeichnet werden. Die Chondrozyten bilden Prokollagen, woraus extrazellulär durch Aggregation und Vernetzung Tropokollagen, kollagene Fibrillen und schließlich die bis zu 0,5µm dicken kollagenen Fasern entstehen. Die ebenfalls von den Chondrozyten synthetisierte Interzellularsubstanz oder extrazelluläre Matrix, die sich in das kollagene Fasergerüst einlagert, maskiert die kollagenen Fasern. Dadurch scheint der Knorpel makroskopisch wie mikroskopisch hyalin (METZ, 2001; ROHEN u. LÜTJEN-DRECOLL, 2001). Mit Ausnahme der Gelenkflächen bildet sich der hyaline Knorpel während des Wachstums zu Knochen um (NICKEL et al., 2003). In den Metaphysen endet mit dem Abschluss des Längenwachstums die Fähigkeit zur Knorpelneubildung. In den Epiphysen ist dagegen noch eine eingeschränkte Knorpel- und Knochenneubildung möglich, die bei Änderung der Gelenksbelastung als Remodelling zum Tragen kommt. Das ausgereifte hyaline Knorpelgewebe hat nur noch eine sehr geringe Regenerationsfähigkeit (MANKIN, 1982; KIM et al., 1991;

WEI et al., 1997; METZ, 2001).

(15)

LITERATURÜBERSICHT

2.1.3 Zusammensetzung und Aufbau des Gelenkknorpels

Die Dicke der Knorpelschicht ist bei den verschiedenen Spezies unterschiedlich. Sie beträgt beim femuralen Kondylus des Menschen zwei bis drei Millimeter (ATHANASIOU et al., 1991). Beim Kaninchen ist sie in diesem Bereich nur 200- 500µm stark (RÄSÄNEN u. MESSNER, 1996; HUNZIKER, 1999; RUDERT, 2002).

Hyaliner Gelenkknorpel besteht im Gegensatz zum Knochen zum größten Teil (70- 80%) aus Wasser. Verglichen mit anderen Geweben ist der Knorpel zellarm, nur ein geringer Teil des Knorpelvolumens, zwischen 1-10% wird von Chondrozyten eingenommen (METZ, 2001). Hauptbestandteile der Knorpelmatrix sind neben Wasser Kollagene und Proteoglykanaggregate. Das Kollagen vom Typ II macht im hyalinen Knorpel mit 90-95% den größten Anteil der Kollagene aus und bildet mit den Kollagenen vom Typ IX und XI Heterofibrillen aus (SEIBEL et al., 1999; METZ, 2001). Der Hauptanteil der Proteoglykanaggregate besteht aus Hyaluronsäure und den Proteoglykanen Chondroitin- und Keratansulfat. Einzelne andere Proteoglykane wie Decorin und Biglycan haben nur einen geringen Anteil. Mineralsubstanzen liegen mit weniger als 4%, Matrixproteine mit weniger als 1% im hyalinen Knorpel vor (STASHAK, 1989; METZ, 2001; FRITZ et al., 2003).

Der hyaline Gelenkknorpel unterscheidet sich in der Zusammensetzung der Kollagene und im Gehalt an Elastin von elastischem Knorpel und Faserknorpel (NAUMANN et al., 2002; JUNQUEIRA et al., 2005). Pathologischerweise ist Faserknorpel als Reparaturgewebe in Knorpeldefekten von Gelenken zu finden (SHAPIRO et al. 1993; METZ, 2001; JAKOB et. al., 2002). Alle drei Knorpelformen enthalten in der Matrix und in der perizellulären Region Kollagen vom Typ II, wobei der Anteil an Kollagen vom Typ II in der Matrix von hyalinem Knorpel am höchsten ist (NAUMANN et al., 2002). Faserknorpel unterscheidet sich von hyalinem Knorpel vor allem durch einen hohen Gehalt an Kollagen vom Typ I (NAUMANN et al., 2002;

JUNQUEIRA et al., 2005). Elastischer Knorpel zeichnet sich im Gegensatz zu den anderen Knorpelformen durch eingelagertes Elastin aus (NAUMANN et al., 2002;

JUNQUEIRA et al., 2005).

(16)

LITERATURÜBERSICHT

2.1.3.1 Histomorphologische Zonen im Gelenkknorpel

Grundsätzlich kann man den hyalinen Gelenkknorpel aufgrund seines histologischen Bildes in vier Zonen unterteilen (Abb. 1). Die gelenkspaltnahe Schicht wird als Gleit- oder Tangentialfaserzone bezeichnet. In dieser Zone sind die Chondrozyten spindelförmig, „fibroblastenähnlich“. Sowohl Chondrozyten als auch Kollagenfasern sind parallel zur Oberfläche angeordnet. Die folgende Übergangszone zeigt eine unregelmäßige Anordnung der Chondrozyten im sich überschneidenden Kollagenfasergerüst. Als dritte Zone folgt die Radiärzone. In dieser dicksten Zone sind die Chondrozyten und das Kollagenfasergerüst senkrecht (radiär) zur Gelenkoberfläche angeordnet. Als färberische Grenzlinie lässt sich die sogenannte

„Tidemark“ darstellen, welche einen deutlichen Übergang in die Mineralisierungszone erkennen lässt. Diese zeichnet sich durch zunehmende „Verknöcherung“ und degenerative Veränderung von Chondrozyten aus, eine deutliche Orientierung der Zellen ist nicht mehr erkennbar (STASHAK, 1989; METZ, 2001; FRITZ et al., 2003).

Die tatsächliche Schichtdicke und der Abstand zweier Chondrozyten voneinander variiert von Gelenk zu Gelenk und von Tier zu Mensch, der prinzipielle Aufbau bleibt aber immer streng erhalten (FRITZ et al., 2003).

Abb. 1: Aufbau des hyalinen Gelenkknorpels, schematischer Schnitt (aus RUDERT, 2000) und histologischer Schnitt von Kaninchenknorpel, Färbung Azan (aus FRITZ et al., 2003), Tangentialzone mit abgeflachten Chondrozyten, Übergangszone, Radiärzone mit radiärer Ausrichtung der Chondrozyten, färberische Grenzlinie oder

„Tidemark“, Mineralisierungszone mit darunterliegendem subchondralem Knochen, dessen Markraum pluripotente Stammzellen enthält.

(17)

LITERATURÜBERSICHT

2.1.3.2 Funktionelle Morphologie des Gelenkknorpels

Der hyaline Knorpel stellt einen Verbund von Knorpelzellen und Interzellularsubstanz hochvisköser Konsistenz mit Verfestigung und Verstärkung durch Ausbildung fädiger Makromoleküle in netz- oder bündelartigen Verbänden dar. Diese Anordnung gewährleistet hohe Druck-, aber geringere Zugfestigkeit. Dabei haben die Chondrozyten untereinander keinen Kontakt. Die Chondrozyten sind aber an ein hochdifferenziertes Netzwerk extrazellulärer Matrixkomponenten mechanisch gebunden und funktionell mit ihrem Zellstoffwechsel integriert. Die Vernetzung der kollagenen Fibrillen mit den Proteoglykanen und die arkadenartige Architektur des Kollagenfasergerüstes gewährleisten einerseits ein gewebstypisches Maß an Verformbarkeit und Elastizität, andererseits aber auch an Druck- und Stoßfestigkeit.

Druckbelastungen, die einseitig auf die Knorpeloberfläche einwirken, werden in allseitige hydrostatische Drücke umgewandelt und dadurch gewebsunschädlich gemacht (ROHEN u. LÜTJEN-DRECOLL, 1999; METZ, 2001). Die wasserreiche Grundsubstanz bildet mit der Synovialflüssigkeit ein geschlossenes System, welches einem hydraulischen Stoßdämpfer und Pumpsystem entspricht, und stellt so die Ernährung der Chondrozyten sicher (STEINBRÜCK et al., 1980; STASHAK, 1989;

METZ, 2001).

2.2 Pathophysiologie der Defektheilung im Gelenkknorpel

Viele Autoren führen in Ihren Arbeiten einleitend eine Arbeit von HUNTER auf, der bereits im achzehnten Jahrhundert feststellte, dass sich zerstörter hyaliner Knorpel nicht von selbst wieder aufbauen kann (KLOMPMAKER et al., 1992; PELTIER, 1995;

NEWMAN, 1998; RUDERT u. WIRTH, 1998; METZ, 2001). Seither wurden unzählige Versuche unternommen, die Pathophysiologie des Knorpelschadens und seiner Defektheilung zu analysieren und die Möglichkeit der therapeutischen Beeinflussung zu verbessern. Grundsätzlich wird zwischen flachen Defekten der Knorpeloberfläche, sog. chondralen Defekten, und Knorpelverlusten mit Einbeziehung der subchondralen Knochenschicht, sog. osteochondralen Defekten (Abb. 2), unterschieden (NEWMAN, 1998; RUDERT u. WIRTH, 1998; RUDERT, 2000; METZ, 2001).

(18)

LITERATURÜBERSICHT

Abb. 2: Unterscheidung zwischen (a) chondralen und (b) osteochondralen Knorpeldefekten (aus RUDERT, 2000). Bei osteochondralen Defekten ist im Gegensatz zu chondralen Defekten eine Einwanderung von mesenchymalen Zellen aus dem Knochenmark möglich, was durch die roten Pfeile gekennzeichnet ist.

Eine Unterscheidung zwischen diesen Defekten ist wichtig, da die Chondrozyten, die den verletzten Knorpel umgeben, selbst nicht in der Lage sind durch Zellteilung und Matrixsynthese den Knorpeldefekt zu füllen (HERRLING et al., 1984). Bereits vor mehr als 30 Jahren konnte bei einer Untersuchung am oberflächlich verletzten Kaninchenknorpel gezeigt werden, dass selbst bei jungen Tieren keine echte Knorpelheilung stattfindet (FULLER u. GHADIALLY, 1972). Dies konnte in späteren Studien bestätigt werden (MANKIN, 1982; NEWMAN, 1998; O'DRISCOLL, 1998;

RUDERT u. WIRTH, 1998). Wichtig ist dabei vor allem aber auch die Feststellung, dass diese Läsionen stabil bleiben und nur gelegentlich eine frühzeitige Arthrose verursachen (MANKIN, 1982; NEWMAN, 1998).

Hingegen kann bei osteochondralen Defekten eine Heilung der Läsion erfolgen.

Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Knorpelregeneration mit funktioneller und morphologisch-strukturell identischer Heilung (JAKOB et al., 2002), sondern lediglich um eine Knorpelreparation, unter der man den Ersatz des Gewebes mit einem strukturell verschiedenen Gewebe, wie den Ersatz von hyalinem Knorpel durch Faserknorpel, versteht (SHAPIRO, 1993; METZ, 2001; JAKOB et al., 2002).

Vom gefäßreichen Markraum aus wird der Defekt zunächst mit Blut aufgefüllt und es bildet sich ein Fibrinpfropf aus. Dieser immobilisiert die Zellen aus dem Blut und aus

(19)

LITERATURÜBERSICHT

dem Knochenmark. Die Heilung von osteochondralen Defekten am Kaninchenmodell wurde von SHAPIRO et al. (1993) ausführlich untersucht. Sie fanden akut die Ausbildung eines Hämatoms und darauf folgend eine typische inflammatorische Wundheilung über dem subchondralen Knochenmarkraum. Bereits nach zwei Tagen zeigte sich ein fibrinöses Netzwerk, welches arcadenartig angeordnet war.

Spindelzellförmige mesenchymale Stammzellen wurden beobachtet. Die erste Synthese extrazellulärer Matrix fand nach zehn Tagen statt. Die Stammzellen differenzierten sich in knorpel- und knochenbildende Zellen und füllten innerhalb von sechs bis acht Wochen den Defekt durch Knorpel und Knochen nahezu aus. Der frühe reparative Knorpel hatte hyalinen Charakter. Er bestand überwiegend aus Kollagen vom Typ II und normaler extrazellulärer Matrix. Lediglich die Zelldichte war erhöht. Allerdings zeigte sich bereits nach zwölf Wochen eine beginnende Degeneration, die durch Fissuren und die Ausbildung verstärkter oberflächlicher Fibrillation gekennzeichnet war. Diese setzte sich im Verlauf der Beobachtungszeit fort. Der reparative Knorpel entwickelte sich zu biomechanisch minderwertigem faserigen Regeneratknorpel (SHAPIRO et al., 1993). In einer weiteren Arbeit am Kaninchenmodell konnten diese Untersuchungen bestätigt werden (WAKITANI et al., 1994).

Von entscheidender Bedeutung ist, dass die biomechanischen Eigenschaften und der strukturelle Aufbau des Reparaturgewebes unabhängig vom Alter des Versuchstieres (WEI et al., 1997) hinter denen des normalen hyalinen Knorpels zurückbleiben (NEWMAN, 1998; METZ, 2001; HUNZIKER, 2002), was langfristig zum Untergang des Ersatzgewebes führt (FRITZ et al., 2003). Sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin ist man aus diesen Gründen in den letzten Jahrzehnten verstärkt bemüht, die Defektheilung zu verbessern oder sogar eine Regeneration des hyalinen Knorpels zu erreichen (MINNS et al., 1982;

KLOMPMAKER et al., 1992; MESSNER, 1993; WAKITANI et al., 1994; SUOMINEN et al., 1996; O'DRISCOLL, 1998; NIEDERAUER et al., 2000; HUNZIKER, 2002;

FRENKEL u. DI CESARE, 2004). Hierzu existieren verschiedene Therapieansätze, bei denen jedoch eine vollständige Wiederherstellung der strukturellen und biomechanischen Eigenschaften von hyalinem Knorpel bisher noch nicht erreicht werden konnte (O'DRISCOLL, 1998; HUNZIKER, 2002; FRENKEL u. DI CESARE, 2004).

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LITERATURÜBERSICHT

2.3 Therapieansätze zur Behandlung von Knorpeldefekten

Defekte im Gelenkknorpel können beispielsweise durch Osteoarthritiden, Osteochondrosis dissecans oder traumatisch bedingt sein und führen zu Beschwerden und vorzeitigem Gelenkverschleiß im betroffenen Gelenk bzw. zu Lahmheiten (STASHAK, 1989; RUDERT u. WIRTH, 1998, JUBEL et al., 2002).

In der Therapie der Knorpeldefekte werden verschiedene Methoden verwendet.

Grundsätzlich unterscheidet man a) Arthroskopische Lavage, Debridement und Laserchirurgie (KIM et al., 1991; RAUNEST u. DERRA, 1994; GARINO et al., 1995;

RUDERT u. WIRTH, 1998; JUBEL et al., 2002) , b) Techniken zur Unterstützung der intrinsischen Heilung (PRIDIE, 1959; FICAT et al., 1979; JOHNSON, 1986; ALTMAN et al., 1992; RUDERT u. WIRTH, 1998; STEADMAN et al., 1999; JUBEL et al., 2002) und c) Techniken zur biologischen Knorpelregeneration (GRANDE et al.,1989;

BRITTBERG et. al., 1996; HANGODY et al., 1997; RUDERT u. WIRTH, 1998; VAN DYK et al., 1998; TAKAHASHI u. OKA, 1999; BRUNS u. STEINHAGEN, 2001;

JAKOB et al., 2002; JUBEL et al., 2002 ; FRITZ et al., 2003; MARLOVITS et al., 2004).

2.3.1 Arthroskopische Lavage, Debridement und Laserchirurgie

Diese Verfahren sind als symptomatische, minimal-invasive Behandlung zu verstehen (JUBEL et al., 2002) und können ausschließlich bei rein chondralen Knorpeldefekten eingesetzt werden (KIM et al., 1991; RUDERT, 2000).

Die arthroskopische Gelenklavage wird zur Beseitigung von intraartikulären Entzündungs- und Zerfallsprodukten eingesetzt. Zusätzlich kann ein Debridement, durchgeführt werden (JUBEL et al., 2002). Bei dieser Methode werden zerstörte, aufgefaserte Knorpelanteile mechanisch mit einem scharfen Löffel oder Messer abgetragen und der Knorpel geglättet (KIM et al., 1991; RUDERT, 2000; HUNZIKER, 2002). In experimentellen Studien konnte keine vom Randbereich des Knorpels ausgehende Reparation beobachtet werden (KIM et al., 1991).

Bei der Laserchirurgie wird die Knorpeloberfläche geglättet und durch die Anwendung von Xenon-Clorid Excimer-Lasern oder Neodymium:Yittrium Aluminium- Granat-Lasern versiegelt. Das Laserlicht wird hierbei im non-Kontakt Verfahren als

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schneidendes Instrument verwendet (RAUNEST u. DERRA, 1994). Eine flächenhafte Laseranwendung kann jedoch zu Osteonekrosen und Chondrolysen führen (GARINO et al., 1995). Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine Diffusionsbarriere geschaffen wird, die eine irreversible Degeneration des hyalinen Knorpels bedingt (RAUNEST u. DERRA, 1994).

Eine Knorpelregeneration kann mit keinem dieser Verfahren erreicht werden. Es handelt sich jeweils lediglich um symptomatische Therapieverfahren (RAUNEST u.

DERRA, 1994; GARINO et al., 1995).

2.3.2 Techniken zur Unterstützung der intrinsischen Heilung

Ziel dieser Techniken ist die Rekrutierung chondrogener Zellen aus unspezifischen Stammzellen. Dazu wird der subchondrale Knochen verletzt (O'DRISCOLL, 1998;

RUDERT u. WIRTH, 1998; HUNZIKER, 2002; JUBEL et al., 2002). Bekannte Methoden sind die Anbohrung des subchondralen Knochens nach PRIDIE (PRIDIE, 1959), die Abrasion (JOHNSON, 1986; ALTMAN et al., 1992), die Spongialisierung (FICAT et al., 1979) und die Mikrofrakturierung des subchondralen Knochens nach STEADMAN (STEADMAN et al., 1999) (Abb. 3). Diese Verfahren können sowohl bei chondralen als auch bei osteochondralen Knorpelschäden angewandt werden.

2.3.2.1 PRIDIE-Bohrung

PRIDIE (1959) konnte durch das Anbohren des subchondralen Knochens nach Debridement des geschädigten Knorpels (Abb. 3) eine faserknorpelige Ausfüllung des Knorpeldefektes erzielen. Bei der Anwendung dieser Methode am Kaninchenknorpel konnte darstellt werden, dass sich das Bohrloch zunächst mit hyalinartigem Knorpel auffüllte. Nach einem Jahr zeigte sich allerdings eine Umwandlung in dichtes Bindegewebe (MITCHELL u. SHEPARD, 1987). Ein Nachteil der PRIDIE-Bohrung ist die Hitzeentwicklung durch den Bohrvorgang (MATTHEWS u. HIRSCH, 1972).

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2.3.2.2 Abrasion

Bei der Abrasion wird der veränderte Knorpel abgetragen und die subchondrale Knochenplatte mittels eines Shavers eröffnet (JOHNSON, 1986; ALTMAN et al., 1992). Bei der Abrasion scheint es häufig schwierig zu sein, eine gleichmäßige Tiefe der subchondralen Knochenschicht zu erreichen (PÄSSLER, 2001).

2.3.2.3 Spongialisierung

Die Spongialisierung (Abb.3) ist der Abrasion ähnlich, nur wird die subchondrale Knochenplatte im Defektbereich vollständig entfernt (FICAT et al., 1979). Theorie war, dass durch das vollständige Abtragen der subchondralen Knochenplatte und die großflächige Eröffnung des Knochenmarkraumes die Einwanderung von pluripotenten Stammzellen gefördert werden sollte. Bei diesem tiefen Debridement wurden allerdings vermehrt langanhaltende postoperative Schmerzen, langsamere Rehabilitation und Gelenksfibrosen beobachtet (WHEELESS, 1996).

2.3.2.4 Mikrofrakturierung nach STEADMAN

Bei der Mikrofrakturierung (Abb. 3) wird der subchondrale Knochen nach dem Debridement des Knorpels mit einer dornbesetzten Ahle lediglich durch Eindrücken perforiert (STEADMAN et al., 1999). Dadurch wird im Gegensatz zur PRIDIE- Bohrung die Hitzeentwicklung verhindert. Die Technik der Mikrofrakturierung wird unter den Techniken zur Unterstützung der intrinsischen Heilung als Verfahren der Wahl angegeben (O'DRISCOLL, 1998; PÄSSLER, 2001).

Unabhängig vom Operationsverfahren waren die Kurzzeitergebnisse meist zufriedenstellend. Klinisch wiesen Patienten eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik auf, experimentell konnte hyalinartiger Knorpel in den Defekten nachgewiesen werden. Ergebnisse von Langzeituntersuchungen waren bisher jedoch nicht erfolgreich, weil die induzierten Regenerate bei allen Verfahren durch

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minderwertigen Faserknorpel ersetzt wurden (O'DRISCOLL, 1998; RUDERT u.

WIRTH, 1998; HUNZIKER, 2002; JUBEL et al., 2002).

a: Pridie-Bohrung zur punktuellen b: Spongialisierung zur großflächigen c: Mikrofrakturierung zur Eröffnung Eröffnung des subchondralen Eröffnung des subchondralen des subchondralen Markraumes

Markraumes Markraumes ohne thermische Beeinflussung

Abb. 3: Schematische Darstellung verschiedener Methoden zur Verbesserung der intrinsischen Heilung (aus RUDERT, 1998), von links nach rechts schematische Darstellung der Pridie-Bohrung (a), der Spongialisierung (b) und der

Mikrofrakturierung (c).

2.3.3 Techniken zur biologischen Knorpelregeneration

Unter diesen Techniken werden Transplantation autologer Knorpel-Knochenzylinder, autologer Knochentransplantate, Perichondrium- oder Periostlappen-Transplantation sowie die autologe Chondrozytentransplantation und die matrixassoziierte autologe Chondrozytentransplantation zusammengefasst.

2.3.3.1 Transplantation autologer Knorpel-Knochenzylinder

Die Transplantation autologer Knorpel-Knochenzylinder (Abb. 4) kann für die Behandlung fokaler osteochondraler Defekte verwendet werden (SCHÖTTLE et al., 2001) und wird in der Humanmedizin hauptsächlich zur Behandlung von zentralen Defekten im Bereich der medialen Kondylen des Kniegelenkes eingesetzt (FRITZ et al., 2003). Bei diesem Verfahren werden osteochondrale Zylinder mit einer Hohlfräse aus ungeschädigten, nicht belasteten Gelenkanteilen entnommen und in den vorbereiteten Defekt eingesetzt. Als Entnahmeregionen dienen die laterale

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Patellafacette oder die gering belasteten Anteile des lateralen und/oder medialen Femurkondylus (JUBEL et al., 2002; FRITZ et al., 2003). Schwierigkeiten zeigten sich bei dieser Technik in mangelhafter Transplantatstabilität, mechanischer Überlastung des Transplantates, immunologischem Angriff durch die Synovia, durch Inkongruenz von Gelenkflächen und durch unterschiedliche Knorpeldicke und – zusammensetzung von Entnahmeregion und Defektbereich (WAGNER, 1972; FRITZ et al., 2003). Insbesondere die Inkongruenz im Gelenk sollte durch neue Techniken verbessert werden (RUDERT u. WIRTH, 1998). Ein solches chirurgisches Verfahren stellt die Mosaikplastik (Abb. 4) dar, bei welcher osteochondrale Zylinder kleinen Durchmessers mosaikförmig in einen Knorpeldefekt eingestanzt werden. Vorteilhaft ist auch die arthroskopische Einsatzmöglichkeit bei kleinen Defekten (HANGODY et al., 1997; JAKOB et al., 2002). Nachteile dieser Techniken sind die relativ großen Entnahmedefekte sowie auftretende Interferenz-Probleme an den Grenzen der Knorpel-Knochenzylinder (JUBEL et al., 2002). Die Technik der Mosaikplastik stellt trotz erheblichen Aufwands und oben angesprochener Probleme ein vielfach eingesetztes Verfahren dar (SCHÖTTLE et al., 2001; HUNZIKER, 2002; JAKOB et al., 2002).

a: Knorpel-Knochen b: Mosaikplastik als Form der c: Mosaikplastik, intraoperative

transplantation Knorpel-Knochentransplantation Abbildung

Abb. 4: schematische und chirurgische Darstellung der Knorpel- Knochentransplantation (aus RUDERT, 1998; MEYER, 2002), von links nach rechts die Knorpel-Knochentransplantation mit einem Zylinder (a), die Mosaikplastik als Weiterentwicklung der Knorpel-Knochentransplantation (b) und rechts eine intraoperative Abbildung einer Mosaikplastik (c) am humanen Femurkondylus.

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2.3.3.2 Einsatz autologer Knochentransplantate

Eine weitere Möglichkeit stellt der Einsatz autologer Knochentransplantate dar. Der Therapieansatz basiert auf dem Grundgedanken, den subchondralen Knochen zu ersetzen und die Knorpelregeneration aus den mesenchymalen Stammzellen zu unterstützen. In einer Langzeitstudie konnte durch subchondral eingebrachten spongiösen Knochen aus der proximalen Tibia in große zylinderförmige Defekte bei adulten Hunden nach 24 Monaten eine deutlich verbesserte Defektheilung gegenüber den Kontrolldefekten in kontralateralen Kniegelenken festgestellt werden (VAN DYK et al., 1998). Diese Ergebnisse lassen nach Meinung von O`DRISCOLL (1998) den Schluß zu, dass diese Transplantate ein Gerüst darstellen, auf das mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark einwandern. Dort differenzieren sie sich in Chondrozyten und können Matrix produzieren. In einer anderen Untersuchung am Kaninchen wurden Zylinder aus spongiösem Knochen mit oberflächlich anhaftendem zehn Tage altem Kallusgewebe aus einem zuvor osteotomiertem Bereich des Beckenkammes verwendet. Das Kallusgewebe sollte neben aus dem Knochenmark einwandernden Zellen als Quelle für mesenchymale Stammzellen dienen. Als Ergebnis konnte ebenfalls eine deutlich verbesserte Defektheilung innerhalb von 24 Wochen festgestellt werden, was sich in signifikant höheren Werten eines gebräuchlichen Scores zur Knorpelbewertung gegenüber einer Kontrollgruppe darstellte (TAKAHASHI u. OKA, 1999). Im Gegensatz dazu stellte GOTTERBARM et al. (2003) in einem Tierversuch mit Minipigs fest, dass der subchondrale Einsatz eines kortikospongiösen Zylinders nicht zu einer Verbesserung der Knorpelregeneration führte. In ihren Untersuchungen wurden allerdings nur sehr kleine Versuchsgruppen von ein bis fünf Tieren verwendet, was die Aussagekraft dieser Studie deutlich einschränkt. Ein Nachteil ist, dass ähnlich wie bei der Transplantation autologer Knorpel-Knochenzylinder auch bei dieser Technik Defekte an der Entnahmestelle entstehen.

2.3.3.3 Transplantation von Perichondrium- oder Periostlappen

Ein anderes Verfahren ist die Transplantation von Perichondrium- oder Periostlappen. Der Grundgedanke ist, den Defekt nicht wie bei der Mosaikplastik

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durch mehrere osteochondrale Transplantate zu füllen, sondern die proliferative Potenz des biologisch aktiven mesenchymalen Gewebes auszunutzen, um den Defekt langsam postoperativ aufzufüllen (BRUNS u. STEINHAGEN, 2001). SKOOG et al. beschrieben bereits 1972 die Verwendung von aus dem Ohrknorpel entnommenen Perichondriumzellen für die Behandlung von Knorpeldefekten bei Kaninchen. In einer Untersuchung am Schaf konnte gezeigt werden, dass es mittels Perichondriumtransplantation möglich ist, die Bildung von hyalinähnlichem Knorpel zu induzieren. Allerdings lagen diesen Ergebnissen nur kurze Untersuchungszeiträume von vier bis 16 Wochen zugrunde (BRUNS et al., 1992). In einer weiteren Arbeit konnte sowohl für periostale als auch für perichondrale Transplantate eine proliferative Aktivität nachgewiesen werden (CARRANZA- BENCANO et al., 1999). Einen Unterschied zwischen kostalem Perichondrium und vom proximalen Ende der Tiabia entnommenem Periost als Transplantatmaterial ließ sich bei dieser Untersuchung nicht feststellen. Allerdings wurde eine vollständige Defektfüllung nicht erreicht.

MADSEN et al. (2000) hielten die Periostlappentransplantation für ein nicht gerechtfertigtes Verfahren. In einer Langzeitstudie zeigte sich, dass von 18 aufgrund von Osteochondritis dissecans im Knie mit Periostlappentransplantation behandelten Patienten acht aufgrund des schlechten Behandlungserfolges nachoperiert werden mussten. Lediglich zwei von 14 nachuntersuchten Patienten waren nach durchschnittlich acht Jahren schmerzfrei. O´DRISCOLL (1999) hingegen sieht in der Transplantation von Periosteum, insbesondere in Kombination mit geeigneten Gerüstsubstanzen und dem Einsatz von bisher erfolgreich in vitro verwendeten Wachstumsfaktoren wie z.B. Transforming groth factor β, ein mögliches Verfahren der Knorpelregeneration, welches allerdings noch weiterer experimenteller Studien bedarf.

Neben der Auswahl des Materials scheint auch der Mobilität des operativ versorgten Gelenkes eine wichtige Rolle zuzukommen. So konnte eine gesteigerte Induktion der Chondrogenese im Tierexperiment durch passive kontinuierliche Gelenkbewegung gezeigt werden (O'DRISCOLL u. SALTER, 1986). 3,5mm breite zirkuläre Knorpeldefekte des medialen Femurkondylus von Kaninchen wurden mit periostüberzogenem Knochen aufgefüllt und das Knie passiv mit einer Bewegungsschiene bewegt. Im Gegensatz zu einer Kontrollgruppe ohne passive Mobilisierung war die Chondroneogenese deutlich gesteigert (O'DRISCOLL u.

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LITERATURÜBERSICHT

SALTER, 1986). Diese Beobachtung konnten die gleichen Autoren in einer weiteren Studie, die über den Zeitraum von einem Jahr durchgeführt wurde bestätigen. Sie setzten bei experimentell gesetzten osteochondralen Defekten bei Kaninchen in einer Gruppe zur Immobilisation einen Cast über zwei Wochen ein. Eine zweite Gruppe hatte intermittierende aktive Bewegung in einem Käfig und die dritte Gruppe über vier Wochen acht Stunden pro Tag passive Bewegung durch eine Bewegungsschiene. Die degenerativen Knorpelveränderungen im Knorpelregenerat und im umgebenden Knorpel waren in der immobilisierten Gruppe und in der Gruppe mit eingeschränkter Beweglichkeit stärker als in der Gruppe mit passiver Bewegung des Gelenks (O'DRISCOLL et al., 1988). Diese Untersuchungen zeigen, wie wichtig Bewegung bei der Knorpelreparatur ist. In einer weiteren Studie an explantiertem Kälberknorpel konnte gezeigt werden, dass die Biosynthese der Knorpelmatrix mit Proteoglykanen und Proteinen in vitro durch eine zyklische Belastung gesteigert wird (KIM et al., 1994).

2.3.3.4 Autologe Chondrozytentransplantation

Neuere Kenntnisse über die Bedingungen, die das Chondrozytenwachstum in in-vitro Kulturen fördern, führten zu Versuchen, die Knorpelregeneration durch Transplantation isolierter Chondrozyten und mesenchymaler Stammzellen zu verbessern. Die autologe Chondrozytentransplantation (ATC) wurde von GRANDE et al. (1989) und später von BRITTBERG et al. (1996) tierexperimentell beschrieben. In einem ersten Eingriff wurden Kaninchen kleine Knorpelproben aus dem Kniegelenk entnommen. In-vitro folgte eine Vermehrung der aus den Biopsien isolierten reifen Chondrozyten in einer Monolayer-Kultur. Anschließend wurde die daraus gewonnene Zellsuspension unter einen Periostlappen injiziert, der zuvor über einen 3mm großen, in den subchondralen Knochen reichenden Knorpeldefekt genäht wurde. 52 Wochen später fand sich in den mit autologen Chondrozyten behandelten Defekten ein qualitativ und quantitativ besseres Regeneratgewebe als in den unbehandelten oder lediglich mit einem Periostlappen versehenen Kontrollen (BRITTBERG et al., 1996).

Eine andere Arbeitsgruppe testete die Brittberg-Technik bei Knorpeldefekten an Hunden. Zwölf bis 18 Monate nach der Transplantation konnten die Autoren keinen Unterschied zwischen den mit autologen Chondrozyten und Periostlappen

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behandelten und den nur mit Periostlappen bedeckten Defekten sowie den unbehandelten Defekten feststellen (BREINAN et al., 1997). In diesen Versuchen wurde allerdings der subchondrale Knochen nicht eröffnet, weshalb die Vergleichbarkeit mit der Brittberg-Technik nur eingeschränkt möglich ist. Ein großer Nachteil der Brittberg-Technik ist das Verfahren der Zellvermehrung. In Monolayer- Zellkulturen bleiben Chondrozyten lediglich für einen begrenzten Zeitraum von ein bis zwei Wochen phänotypisch stabil und synthetisieren knorpelspezifische Proteine.

Nach diesem Zeitraum findet eine Dedifferenzierung zu fibroblastenähnlichen Zellen statt (VON DER MARK, 1977; GAISSMAIER et al., 2000; SCHNABEL et al., 2000).

Mit dieser Dedifferenzierung verlieren die Chondrozyten auch ihre spezifischen Eigenschaften Kollagen vom Typ II (GRANDE et al., 1989) sowie gewebespezifische Proteoglykane (ROSENBERG u. BUCKWALTER, 1985) zu produzieren.

2.3.3.5 Matrixassoziierte autologe Chondrozytentransplantation

Die Matrixassoziierte Chondrozytentransplantation stellt eine Modifikation der klassischen ATC dar, bei welcher Biomaterialien wie Vliese aus Hyaluronsäure, Kollagen und Polymeren als Trägersubstanzen und Matrizes verwendet werden (MARLOVITS et al., 2004). Bei einigen dieser Verfahren wird zunächst die Dedifferenzierung der entnommenen Chondrozyten zugunsten der Zellvermehrung in Kauf genommen. Erst durch die folgende dreidimensionale Anordnung der Zellen auf den verschiedenen Trägersubstanzen kommt es zur sogenannten Redifferenzierung.

Die Zellen verringern ihre Teilungskapazität und erhöhen die chondrozytenspezifische Matrixproduktion (KIMURA et al., 1984; SITTINGER et al., 1994; WAKITANI et al., 1994; RUDERT, 2000). Die Ergebnisse anderer Autoren deuten hingegen darauf hin, dass bei höherer Passagezahl nicht mehr alle Zellen zu einer vollständigen chondrogenen Redifferenzierung in der Lage sind (GAISSMAIER et al., 2000) und auch das Redifferenzierungsverhalten in-vivo nicht eindeutig geklärt ist (SCHNABEL et al., 2000). Um die Problematik der Zellvermehrung und der Seneszenz zu umgehen, besteht die Möglichkeit statt in vitro kultivierter Chondrozyten, mesenchymale Stammzellen zu verwenden (CAPLAN, 1991;

BUTNARIU-EPHRAT et al., 1996). WAKITANI et al. (1994) behandelten experimentell gesetzte osteochondrale Defekte beim Kaninchen mit mesenchymalen

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LITERATURÜBERSICHT

Stammzellen. Als Trägermaterial setzten sie Kollagengel ein. In dieser Studie konnte eine Differenzierung der mesenchymalen Zellen zu Chondrozyten und eine verbesserte Defektfüllung nach 24 Wochen im Vergleich zum Kontrolldefekt nachgewiesen werden.

O´DRISCOLL (1998) fasste in einem Review zusammen, dass transplantierte Chondrozyten für rein chondrale Knorpelschäden geeignet erscheinen, jedoch nicht für osteochondrale Knorpelschäden, da bei diesen auch Knochenmaterial ersetzt werden muss. Der Vorteil beim Einsatz mesenchymaler Stammzellen ist darin zu sehen, dass sie im Gegensatz zu Chondrozyten die Möglichkeit besitzen, sowohl den Knorpel als auch den subchondralen Knochen zu regenerieren (O'DRISCOLL et al., 1988). Ein Hauptproblem in der Entwicklung eines implantierbaren Materials vitaler Zellen stellt der geeignete Zellträger dar. Verschiedene Trägersubstanzen wie Agarose, Alginat, Methylzellulose, Kollagen, Kohlestofffaser, Fibrinkleber, Hyaluronsäure oder Hydroxylapatit wurden getestet (O'DRISCOLL, 1998; RUDERT u. WIRTH, 1998; HUNZIKER, 2002; FRENKEL u. DI CESARE, 2004; MARLOVITZ et al., 2004). In jüngster Zeit sind synthetische biodegradable Polymere wie Dexon, Vicryl, Polylactid-Säure, Polyglycol-Säure oder Polydioxanon zunehmend als Trägersubstanzen in Erprobung (O'DRISCOLL, 1998; RUDERT u. WIRTH, 1998;

HUNZIKER, 2002; FRENKEL u. DI CESARE, 2004; MARLOVITZ et al., 2004).

2.4 Einsatz von Biomaterialien bei osteochondralen Knorpeldefekten

Bei größeren Knorpeldefekten, bei dem auch der subchondrale Knochen betroffen ist, wird Ersatzmaterial benötigt, um die subchondrale Knochenplatte zu ersetzen (FRITZ et al., 2003). Die biomechanischen Eigenschaften des subchondralen Knochens sind bei der Knorpelreparatur von entscheidender Bedeutung (RADIN u.

ROSE., 1986; QUI et al., 2003). Dieser Ersatz kann entweder mit körpereigenen oder körperfremden Materialien angestrebt werden.

Um die bei der Verwendung von körpereigenem Material entstehenden nachteiligen Entnahmedefekte zu umgehen, wurden bereits verschiedene Biomaterialien im subchondralen bis chondralen Bereich des Gelenks eingesetzt.

HUNZIKER (2002) teilt die verwendeteten Materialien in einem ausführlichen Review

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LITERATURÜBERSICHT

• Polymere auf Proteinbasis (Fibrinogen, Kollagen)

• Proteine auf Karbohydratbasis (Polylaktid-Säure, Polyglykol-Säure, Hyaluronsäure, Alginate)

• artifizielle Polymere (Dacron, Teflon, Karbonfasern, Hydroxiapatit)

• Zwischenklassen (Materialkombinationen, geometrische Modifikationen, chemische Modifikationen, Quervernetzungen wie z.B.

Polybutyleneterephthalate mit Polyethylenoxiden oder Polyethylenglykol)

Grundsätzlich werden verschiedene Anforderungen an potentielle Materialien gestellt (HUNZIKER, 2002). Diese Anforderungen gelten sowohl für zellfreies Material als auch für Zellträgersubstanzen (Tab. 1). Bisher gibt es allerdings kein Material, welches alle gestellten Anforderungen hinreichend erfüllt.

Tabelle 1: Anforderung an Biomaterialien als Ersatz vo subchondralen Knochen bei der Knorpelreparatur in osteochondralen Defekten (nach HUNZIKER, 2002)

Anforderung wichtig für:

1. Porosität Zellmigration

2. Trägereigenschaften Unterbringung und Freisetzung von Signalsubstanzen

3. Adhäsion Zellanheftung

4. Biodegradabilität Physiologisches Remodelling 5. Volumenstabilität glatte Oberflächenkontur des

Ersatzgewebes fließender Übergang zum nativen Gewebebereiche

6. Biokompatibilität guter Kontakt mit dem nativen Gewebebereich

7. Bindungseigenschaften erhöht die interfaziale Integration zwischen Kollagenfibrillen in Ersatz- und nativem Gewebe

8. Innerer Zusammenhalt Verhinderung des Auslaufens von Matrix

9. Elastizität Zähigkeit während und folgend auf

dynamische und statische Deformation 10. Strukturelle Anisotropie Förderung der nativen anisotropen

Gewebeorganisation

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LITERATURÜBERSICHT

Für synthetische Gerüstsubstanzen fordern andere Forschungsgruppen zusätzlich, dass sie in vivo in einer vorherbestimmbaren Rate bioabsorbiert werden, so dass der dreidimensionale Raum des initialen Gerüsts durch regeneriertes Wirtsgewebe ersetzt werden kann (FREED et al., 1994; HUTMACHER, 2000; AGRAWAL u. RAY, 2001; MARLOVITZ et al., 2004).

Im folgendem soll auf die einzelne Biomaterialien eingegangen werden.

2.4.1 Polymere auf Proteinbasis

2.4.1.1 Fibrinogen

Fibrinogen und seine polymerisierte Form Fibrin sind natürliche Komponenten des intravaskulären Raumes. Fibrinogen existiert physiologischerweise in flüssiger Form im Blutstrom. Lediglich in pathophysiologischen Situationen wie Gewebsverletzungen wird es aktiviert und polymerisiert. Dann formt es eine dreidimensionale feste Matrix, um Blutverluste aus dem intravaskulären in den extravaskulären Raum zu verhindern. Fibrin besitzt keine mechanische Funktion, aber eine hervorragende induktive Eigenschaft, indem es die Gewebsheilung in extravaskulären Räumen erleichtert und fördert (BRANDSTEDT et al., 1980; VAN HINSBERGH et al., 2001).

Dabei wirkt es entzündungsunterhaltend und induziert den eigenen Abbau sowie die Substitution durch zelluläre Komponenten der extravaskulären Gewebsräume. Die Abbauprodukte sind physiologisch, und besitzen somit keine toxischen Eigenschaften. Allerdings wurden immunologische Reaktionen beobachtet (KAWABE u. YOSHINAO, 1991; HAISCH et al., 2000). Als Folge der gesteigerten natürlichen Reparationsprozesse kommt es zur Ausbildung eines narben-ähnlichen Reparationsgewebes (SHAPIRO et al., 1993; WHATLEY et al., 2000)

Bei Gelenkknorpelschäden in Tierversuchen konnte jedoch eine Unterstützung bzw.

Verbesserung des Heilungsprozesses nicht bestätigt werden (VAN SUSANTE et al., 1998). Als möglicher Grund wird die ungenügende subchondrale biomechanische Unterstützung für die Knorpelreparation aufgeführt (VAN SUSANTE et al., 1998).

Negativ auf den Heilungsprozess wirkt sich wahrscheinlich auch die unphysiologisch

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LITERATURÜBERSICHT

2.4.1.2 Kollagen

Kollagen ist ein natürlicher körpereigener Bestandteil und wurde bereits vor mehr als 20 Jahren beim Kaninchen experimentell in der Knorpeldefektheilung getestet. Der Einsatz von Kollagen zeigte dort gegenüber Leerdefekten eine verbesserte Knorpelreparation (SPEER et al., 1979). Diesem Ergebnis widerspricht eine andere Untersuchung, bei der mit Kollagen gefüllte osteochondrale Defekte in femoralen Kondyli zu einer Knorpelreparation durch fibröses Gewebe ähnlich den Kontrolldefekten führten (HOGERVORST et al., 1992). Eine positive Eigenschaft des Kollagens ist die natürliche adhäsive Oberfläche und die im Kollagen enthaltenen biologischen Informationen, die die Zellaktivität beeinflussen. Außerdem sind aus dem Kollagen entstehende Degradationsprodukte natürlich und daher nicht toxisch (HUNZIKER, 2002). Kollagengele und –membranen werden für die klinische Anwendung bei der Matrix-assoziierten autologen Chondrozytentransplantation bereits kommerziell angeboten, Ergebnisse klinischer Studien sind bisher allerdings kaum vorhanden (MARLOVITS et al., 2004).

2.4.2 Proteine auf Karbohydratbasis

Substanzen dieser Gruppe sind bereits sehr vielseitig verwendet worden. Es ist der Einsatz als Nahtmaterial, die Verwendung bei der Osteosynthese sowie der Einsatz als Biomaterial im Rahmen der Knorpelreparation bei osteochondralen Defekten beschrieben (ATHANASIOU et al., 1996).

2.4.2.1 Polylactid- und Polyglycol-Säure

Die am häufigsten verwendeten Vertreter dieser Gruppe sind die alipathischen Polyester Polylactid-Säure (PLA) und Polyglycol-Säure (PGA). Die chemischen Strukturen dieser beiden Substanzen sind ähnlich. Sie unterscheiden sich lediglich darin, dass PLA eine zusätzliche Methylgruppe besitzt und aus diesem Grund die Degradationskinetik etwas verlängert ist (ATHANASIOU et al., 1996; AGRAWAL u.

RAY, 2001). Die Degradationsrate des Kopolymers PLGA hängt vom

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LITERATURÜBERSICHT

Mischungsverhältnis der Ausgangssubstanzen PLA und PGA ab. Der hauptsächliche Mechanismus der Biodegradation ist der unspezifische hydrolytische Zerfall. Dieser erfolgt durch die Spaltung von Polymerketten mittels einfacher Hydrolyse der Esterbindungen (AGRAWAL u. RAY, 2001). Hierbei können saure Abbauprodukte und niedermolekulare Fragmente freigesetzt werden. Diese sind wahrscheinlich Ursache der häufig beobachteten zellulären Reaktion mit Beteiligung von Makrophagen und Fremdkörperriesenzellen (HOFFMANN et al., 1997; CLAES u.

IGNATIUS, 2002). Im Rahmen der Knorpelregeneration experimentell eingesetzt wurden PLA und PGA sowohl in ihrer zellfreien Form (VON SCHROEDER et al., 1991; NIEDERAUER et al., 2000) als auch in Verbindung mit verschiedenen in vitro kultivierten Chondrozyten (FREED et al., 1994; CHU et al., 1995a; CHU et al., 1995b;

DOUNCHIS et al., 2000). Die Zelladhäsion auf dem Material, die Gewebeintegration und die Biokompatibilität werden als schlecht beschrieben (ATHANASIOU et al., 1996; HUNZIKER, 2002). Kleine PLA-Partikel konnten als Abbauprodukte auch in Lymphozyten nachgewiesen werden (VERHEYEN et al., 1993). Bei einer Studie an Ziegen traten über dem Implantat isolierte Fissuren im Knorpel auf (NIEDERAUER et al., 2000). Andere Untersuchungen, bei denen Implantate aus PLA mit und ohne Periosttransplantat verglichen wurden, zeigen hingegen auf, dass PLA mit akzeptabler Biokompatibilität und Biodegradabilität einsetzbar ist (VON SCHROEDER et al., 1991). So wurde nachgewiesen, dass PLA nach zwölf Wochen nahezu vollständig durch Knochen ersetzt worden war. Zwar lag eine Regeneration von Chondrozyten aus mesenchymalen Zellen vor, jedoch blieb sowohl der Kollagen vom Typ II-Gehalt als auch die biomechanische Belastbarkeit in beiden Versuchsgruppen deutlich hinter den Eigenschaften physiologischen hyalinen Knorpels zurück (VON SCHROEDER et al., 1991). Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass der Untersuchungszeitraum lediglich auf zwölf Wochen beschränkt war. Dabei wurde in anderen Untersuchungen eine vermehrte Fibrosierung des Knorpelregenerats erst nach längeren Beobachtungszeiträumen gesehen (SHAPIRO et al., 1993; MENCHE et al., 1996).

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LITERATURÜBERSICHT

2.4.2.2 Hyaluronsäure

Eine andere Substanz aus dieser Gruppe stellt Hyaluronsäure dar, eine physiologische Komponente der extrazellulären Matrix mit hervorragenden biokompatiblen und biodegradablen Eigenschaften (GOA u. BENFIELD, 1994). Um diese Substanz in der Knorpelregeneration einsetzen zu können, werden bestimmte physiochemische und strukturelle Eigenschaften benötigt. Diese können nur durch Quervernetzungen oder Esterbindungen erreicht werden, was die Biokompatibilität herabsetzt (GOA u. BENFIELD, 1994; BARBUCCI et al., 2000). Eine Verwendung von Hyaluronsäurevliesen bei der Matrix-assoziierten Chondrozytentransplantation ist beschrieben (MARLOVITZ et al., 2004).

2.4.2.3 Alginat

Für Alginat, einem gelantinösen Karbohydrat aus braunen Algen, konnte in vitro eine begünstigte Chondroneogenese und die Erhaltung des chondralen Phänotyps im dreidimensionalen Kultursystem gezeigt werden (ATALA et al., 1993; WONG et al., 2001). Beim Einsatz von Alginaten in Knorpeldefekten beim Kaninchen kam es jedoch lediglich zu einer Ausbildung von fibrösem Gewebe in dem Defekt (FRAGONAS et al., 2000).

2.4.3 Artifizielle Polymere

Zur Gruppe der artifiziellen Polymere zählen Substanzen wie Dacron, Teflon, Hydroxiapatit und Polyurethane. Beim Einsatz in der Knorpelreparatur konnte mit diesen Substanzen meist eine verbesserte Defektfüllung im Vergleich zu Leerdefekten nachgewiesen werden (MUCKLE u. MINNS, 1990; MESSNER, 1993;

MESSNER u. GILLQUIST, 1993; SUOMINEN et al., 1996; VAN SUSANTE et al., 1998; MORTIER u. ENGELHARDT, 2000). Dabei schwankte die Gewebestruktur in osteokartilaginären Defekten jedoch sehr stark zwischen hochvaskularisiertem fibrösen bis hin zu fibrokartilaginärem Ersatzgewebe. Ein Nachteil der Substanzen dieser Gruppe ist die nicht vorhandene oder nur schlechte Biodegradabilität.

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LITERATURÜBERSICHT

2.4.3.1 Dacron, Teflon und Karbonfasern

Dacron und Teflon wurden experimentell bei osteochondralen Defekten beim Kaninchen eingesetzt (MESSNER, 1993; MESSNER u. GILLQUIST, 1993). Beim Einsatz von Dacron zeigte sich in den Defekten eine sehr hohe Variabilität des Ersatzgewebes von insuffizienter Knorpelregeneration bishin zu hyalinartigen Knorpelregeneraten. Alle Regenerate wiesen gegenüber gesundem hyalinem Knorpel eine weichere Konsistenz auf (MESSNER, 1993). In einer weiteren Untersuchung wies der Einsatz von Dacron und Teflon bei experimentellen osteochondralen Defekten im Vergleich zur natürlichen Heilung ebenfalls keine Vorteile auf (MESSNER u. GILLQUIST, 1993). Desweiteren konnten Partikel der Implantate im Gelenk und Synovitiden festgestellt werden (MESSNER, 1993;

MESSNER u. GILLQUIST, 1993). Beim Einsatz von Dacron und Teflon in der Humanmedizin zur Therapie osteochondraler Defekte zeigte sich ein erhöhter Anteil an Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit (DEFRERE u. FRANCKART, 1992). Die experimentelle Verwendung von Karbonfasern bei osteochondralen Defekten ist ebenfalls beschrieben (MINNS et al., 1982). Karbonfasern sind zwar chemisch inert, können aber zu immunologischen Reaktionen, Anhäufung von Fremdkörperriesenzellen und Synovitis führen ( PARSONS et al., 1985; MORTIER u.

ENGELHARDT, 2000).

2.4.3.2 Hydroxiapatit

Mehrere Anforderungen an eine Gerüstsubstanz kann hingegen Hydroxiapatit erfüllen. Für dieses Kalziumphosphat wurden positive osseointegrative Eigenschaften nachgewiesen (SOBALLE et al., 1992). Außerdem können Porosität und Dichte des Materials variiert werden. Hydroxiapatit wurde nativ (SUOMINEN et al., 1996), sowie in Verbindung mit anderen Materialien (MESSNER, 1993) oder Zellen (VAN SUSANTE et al., 1998) im Tierversuch eingesetzt. Die Ergebnisse der verschiedenen Studien waren unterschiedlich. Beim nativen Einsatz konnte in einer Studie ein hoher Anteil hyalinen Knorpelregenerats nachgewiesen werden (SUOMINEN et al., 1996). Allerdings war der Untersuchungszeitraum mit zwölf Wochen sehr kurz gewählt. Andere Autoren hingegen halten Hydroxiapatit für eine

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ungeeignete Substanz (VAN SUSANTE et al., 1998). Bei Versuchen an Ziegen konnte für Hydroxiapatit eine schlechte Osseointegrität einhergehend mit Instabilität des Implantats festgestellt werden. Dieses führte zu einem graduellen Verlust von neu entstandenem hyalinartigem Knorpelgewebe. Nach einem Zeitraum von einem Jahr waren Anteile des Hydroxiapatits noch nachweisbar und das darüber liegende Knorpelregenerat zeichnete sich durch vollständig fibrokartilaginären Charakter aus (VAN SUSANTE et al., 1998). Diese Ergebnisse zeigten eine schlechte Biodegradabilität mit wenig verbessertem Regeneratgewebe gegenüber physiologischer Knorpelreparatur (VAN SUSANTE et al., 1998).

2.4.4 Zwischenklassen

Zu den Zwischenklassen gehören Materialkombinationen, geometrische Modifikationen, chemische Modifikationen oder Quervernetzungen wie beispielsweise quervernetzte Polybutyleneterephthalate mit Polyethylenoxid oder Polyethylenglykol. Sämtliche Substanzen können sowohl einzeln als auch in Kombination mit anderen Substanzen Verwendung finden. Bisher wurde eine Reihe von Basisstudien im Hinblick auf die biomateriellen Möglichkeiten durchgeführt (FREED et al., 1993; BULPITT u. AESCHLIMANN, 1999; MARTIN et al., 2001).

Vorteile dieser Kombinationen sind, dass sie sowohl flüssig (BULPITT u.

AESCHLIMANN, 1999), als auch als Schwamm oder als Microsphäre mit verschiedenen Porositäten eingesetzt werden können (FREED et al., 1993; MARTIN et al., 2001). Über in vivo Versuche liegen jedoch keine wissenschaftlich anerkannten Daten vor (HUNZIKER, 2002).

Keines der aufgezählten Materialien erfüllt alle Anforderungen an Gerüstsubstanzen hinreichend gut. Um optimale Regenerationsverhältnisse zu schaffen, sollte aber bei der Entwicklung neuer Materialien vorrangig angestrebt werden, möglichst viele der geforderten Materialeigenschaften abzudecken (HUNZIKER, 2002).

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2.4.5 Einsatz von Magnesium als Implantatwerkstoff

Auf der Suche nach neuen Gerüstsubstanzen für Knorpelregeneration stellte sich Magnesium als ein sehr interessantes Material heraus. Bisher erfolgte der Einsatz fast ausschließlich im Bereich der Osteosynthese (LAMBOTTE, 1932, VERBRUGGE, 1934; MC BRIDE, 1938). Der essentielle Charakter für die Körperfunktion und das Ausschwemmen von Überdosen über die Harnwege qualifizieren Magnesium als Implantatbasiswerkstoff mit hoher physiko-chemischer Biokompatibilität (KAESE, 2002). Erste Erfahrungen mit dieser Substanz als Implantatwerkstoff wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben.

LAMBOTTE (1932) stellte seine Erfahrungen mit Magnesium als Implantatwerkstoff im Rahmen der Osteosynthese aus dem Jahr 1906 vor. Die erste Operation mit einer Magnesiumschiene war nicht erfolgreich, da diese mit Stahlnägeln fixiert wurde (LAMBOTTE, 1932). Er erkannte das Problem der Kontaktkorrosion und führte an Kaninchen und Hunden Untersuchungen zum Resorptionsverhalten in Knochen durch. Nach drei Monaten war noch kein Korrosionsbefund zu diagnostizieren, nach sechs bis sieben Monaten war das Implantat vollständig aufgelöst. Diese Ergebnisse führten zum erneuten Einsatz von Magnesium in der Humanchirurgie (LAMBOTTE, 1932). Er wählte die Fixierung der Schlüsselbeinfraktur als erstes Anwendungsgebiet aus, weil hier nur wenig „matériel métallique résorbable“, resorbierbares Metall, in den Knochen eingebracht wurde. Es wurde als Begleiterscheinung eine Gasblasenentwicklung bei gleichzeitig vollständiger Auflösung des Implantates fest- gestellt. Auch andere Autoren berichteten von der klinischen Anwendung von Magnesiumschrauben und –platten beim Menschen (VERBRUGGE, 1934; MC BRIDE, 1938). Systemische Nebenwirkungen beim Patienten konnten nicht festgestellt werden. Allerdings wurden ebenfalls gasgefüllte Kavernen im subkutanen Gewebe beobachtet. Trotz positiver Berichte wurde die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet zunächst ausgesetzt. Später konnte festgestellt werden, dass Magnesium in vitro an der Oberfläche eine Mg(OH)2 Deckschicht ausbildet (WANG, 1997). Bei dieser Reaktion entsteht freier Wasserstoff (KAESE, 2002), welcher das Phänomen der Gasbildung hervorruft. Vollständig rekombinierter oder nicht in chemischen Verbindungen gebundener Wasserstoff in der Doppelschicht steigert den Korrosionsangriff an Reinmagnesium. Dieses ist der initiale Schritt für die

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intermetallische Korrosion (WANG, 1997). Durch die einhergehende pH- Wertsenkung in der Doppelschicht wird die korrosionshemmende Mg(OH)2- Deckschicht dynamisch destabilisiert. Daraus folgt, dass beim Einsatz von Magnesium als Implantat eine Legierung verwendet werden muss, die eine möglichst langsame und gleichmäßige Degradation aufweist und somit wenig Wasserstoff pro Zeiteinheit freiwerden lässt. So wurden bereits 1971 Cadmium-haltige Magnesiumverbindungen in der Knochenchirurgie verwendet, die mit 0,8-1,05cm³ H2/(cm3d) eine so geringe Wasserstoffentwicklung aufwiesen, dass sie vom Körper toleriert wurden (STROGANOV et al., 1971). Limitierender Faktor für den Einsatz dieser Legierungen war der hohe toxische Cadmium-Anteil. Cadmium verdrängt im Körper essentielle Metalle und induziert dadurch im Körper sekundär Zink- und Kupfermangelerscheinungen (FREY u. LÖSCHER, 1996).

Biomedizintechnisch optimierte Magnesiumlegierungen sollten neben einer deutlichen Verringerung der Korrosionsrate auch für temporäre Implantate ausgewogene technologische Eigenschaften bezüglich Festigkeit und Duktilität aufweisen (KAESE, 2002). Auch ist die physiko-chemische Biokompatibilität wichtig.

Dies bedeutet, dass die Deckschichtverbindungen Wasserstoff hydrolysebeständig und thermodynamisch stabil binden (KAESE, 2002). Hierdurch wird die Korrosionsrate und die Bildung von Gastaschen bei der kontrollierten Auflösung minimiert.

Für verschiedene Magnesiumlegierungen wurden Korrosionseigenschaften in Ringer-Laktat und synthetischem Meerwasser getestet. Bei diesen Versuchen kristallisierte sich aber heraus, dass dieses Untersuchungsverfahren aufgrund mangelnder Korrelation der medien- und legierungsspezifischen Korrosionsraten nicht geeignet ist, um Implantatwerkstoffe in Schnellversuchen in vitro zu überprüfen (WITTE et al., 2002a).

Es wurden in vivo Untersuchungen von vier verschiedenen Magnesiumlegierungen (LAE442, AZ31, AZ91, WE43) am Meerschweinchenfemur durchgeführt. Stifte dieser Legierungen wurden intramedullär in den Oberschenkel von Meerschweinchen implantiert und die Korrosion nach sechs und 18 Wochen bestimmt. An metallographischen Längsschliffen konnte für LAE442 der gleichmäßigste Korrosionsangriff über den Umfang des Längsschliffes festgestellt werden, AZ31, AZ91 und WE43 wiesen ungleichmäßigere Korrosionen am Implantat auf (KAESE,

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