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Entwicklung und Implementierung wissenschaftsbasierter Konzepte zur Qualitätssicherung in Besamungseberstationen

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Academic year: 2022

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Reproduktionsmedizinische Einheit der Kliniken Tierärztliche Hochschule Hannover

Entwicklung und Implementierung wissenschaftsbasierter Konzepte zur Qualitätssicherung in

Besamungseberstationen

Habilitationsschrift

zur Erlangung der Venia legendi

an der Tierärztlichen Hochschule Hannover

von

Dr. med. vet. Martin Schulze

Hannover 2016

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Tag der nichtöffentlichen wissenschaftlichen Aussprache: 17. Oktober 2016

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Meinem Großvater Fritz Julius Paul Schulze gewidmet.

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VORWORT 5 LISTE DER PUBLIKATIONEN UND MANUSKRIPTE, DIE BESTANDTEIL DER

HABILITATIONSSCHRIFT SIND

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VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN 7

ZUSAMMENFASSENDE DARSTELLUNG DER UNTERSUCHUNGEN 8

I. EINLEITUNG 8

II. ERGEBNISSE 16

1. ALTERSABHÄNGIGER SELEKTIONSERFOLG VON JUNGEBERN 16 2. NUTZEN NEUER INDIKATOREN DER SPERMADIAGNOSTIK IM RAHMEN DES

PRRSV MONITORINGS IN BESAMUNGSEBERSTATIONEN

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3. IDENTIFIKATION UND GEWICHTUNG VON HYGIENISCHEN

KONTROLLPUNKTEN IN DER EBERSPERMAPRODUKTION MIT BESONDERER RELEVANZ FÜR DIE ENTWICKLUNG BAKTERIELLER RESISTENZEN

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4. EINFÜHRUNG DER REFRAKTOMETRIE ALS INSTRUMENTARIUM ZUR QUALITÄTSKONTROLLE VON VERDÜNNERMEDIEN IN BESAMUNGSEBER- STATIONEN

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5. ANALYSE VON EINFLUSSFAKTOREN DES TEMPERATURMANAGEMENTS IN DER EBERSPERMAKONSERVIERUNG UNTER LABOR- UND FELDBEDINGUNGEN

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6. DIE ROTATION VON BESAMUNGSPORTIONEN WÄHREND DER LAGERUNG WIRKT SICH NEGATIV AUF DIE EBERSPERMAQUALITÄT AUS

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III. DISKUSSION 31

IV. ZUSAMMENFASSUNG 44

V. LITERATURVERZEICHNIS 47

VI. DARSTELLUNG DES EIGENEN ANTEILS AN DEN WISSENSCHAFTLICHEN ARBEITEN

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VII. KURZZUSAMMENFASSUNGEN DER PUBLIKATIONEN 59

VIII. DANKSAGUNG 65

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Im Rahmen der vorliegenden Habilitationsschrift wurden wissenschaftsbasierte Konzepte zur Qualitätssicherung in Besamungseberstationen entwickelt und in die Praxis transferiert. Insgesamt wurden sechs Module entlang der Prozesskette der Ebersperma- produktion bearbeitet. Der Schrift liegen sechs Publikationen zugrunde, die im Kapitel VII als Kurzzusammenfassungen aufgeführt sind. Die Diskussion der erzielten Ergebnisse beginnt mit einer in die Thematik einführenden Einleitung (Kapitel I). Der materiell- methodische Aufwand und die wichtigsten Ergebnisse der einzelnen Arbeiten werden in Kapitel II erläutert. Auf die Darstellung methodischer Details wird weitgehend verzichtet.

Diese werden in den Publikationen ausführlich beschrieben. In Kapitel III erfolgt die zusammenhängende Diskussion der Ergebnisse. In dem Literaturverzeichnis wurden die in Kapitel I bis III aufgeführten Zitate berücksichtigt. Die umfassende Bibliographie ist den Publikationen und Manuskripten zu entnehmen.

Es sei darauf hingewiesen, dass ein Großteil der vorgestellten Ergebnisse heute die Grundlage der Qualitätssicherung von 30 europäischen Stationen in zehn verschiedenen Besamungsorganisationen in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich darstellt.

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HABILITATIONSSCHRIFT SIND

Auf folgende Arbeiten wird im Text Bezug genommen:

1. M Schulze, S Buder, K Rüdiger, M Beyerbach, D Waberski (2014):

Influences on semen traits used for selection of young AI boars.

Anim Rep Sci 148 (3-4): 164-170.

2. M Schulze, S Revilla-Fernandez, F Schmoll, R Großfeld, A Grießler (2013):

Effects on boar semen quality after infection with porcine reproductive and respiratory syndrome virus: a case report. Acta Vet Scand 55: 16.

3. M Schulze, C Ammon, K Rüdiger, M Jung, M Grobbel (2015):

Analysis of hygienic critical control points in boar semen production.

Theriogenology 83 (3): 430-437.

4. M Schulze, K Rüdiger, M Jung, R Großfeld (2015):

Use of refractometry as a new management tool in AI boar centers for quality assurance of extender preparations. Anim Rep Sci 152: 77-82.

5. M Schulze, H Henning, K Rüdiger, U Wallner, D Waberski (2013):

Temperature management during semen processing: Impact on boar sperm quality under laboratory and field conditions. Theriogenology 80 (9): 990-998.

6. M Schulze, K Rüdiger, D Waberski (2015):

Rotation of boar semen doses during storage affects sperm quality.

Repro Dom Anim 50: 684-687.

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°Bx Grad Brix (Brechungsindex)

ALH Amplitude of Lateral Head Displacement (Amplitude der Kopfauslenkung) AMP Antimikrobielle Peptide

ATP Adenosintriphosphat

BCF Beat Cross Frequency (Kopfauslenkungen/Sekunde) BTS Beltsville Thawing Solution

CASA Computer Assisted Motility Analysis CLSI Clinical and Laboratory Standards Institute Cq Quantification cycle value

ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay EU PRRSV Europäischer PRRSV Genotyp

FACS Fluorescence-Activated Cell Sorting FBF Förderverein Bioökonomieforschung e.V.

FITC Fluoreszeinisothiozyanat HCCP Hygienic Critical Control Points

HEPES N-2-Hydroxypiperazin-N-2-ethansulfonsäure

IFN Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V.

IVF In-Vitro Fertilisation

IZW Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung KB Künstliche Besamung

KbE Kolonie bildende Einheit PI Propidiumiodid

PNA Peanut Agglutinin

PRRS Porzines Reproduktives und Respiratorisches Syndrom PSA Pisum Sativum Agglutinin

R123 Rhodamin-123

RT-qPCR Real-time quantitative Polymerase Chain Reaction TiHo Tierärztliche Hochschule Hannover

TRT Thermoresistenztest

V Volumen

VAP Velocity Average Path (Geschwindigkeit der geglätteten Bahn) VCL Velocity Curved Line (Spurgeschwindigkeit)

VSL Velocity Straight Line (Geschwindigkeit der linearen Strecke) WHO Weltgesundheitsorganisation

ZDS Zentralverband der deutschen Schweineproduktion e.V.

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I. EINLEITUNG

Die Verbesserung der Fertilitätsleistungen ist eine der größten Errungenschaften in der Schweineproduktion in den letzten 30 Jahren. Neben genetischen Einflüssen und der Stabilisierung der Tiergesundheit trug dazu auch die umfangreiche Nutzung der künstlichen Besamung (KB) bei. Heute werden mehr als 93% der Sauen in den schweineproduzierenden Ländern künstlich besamt (Bortolozzo et al. 2015). In Deutschland sind dies ca. 2,1 Millionen Zuchtsauen. Dem gegenüber stehen etwa 7.000 Produktionseber in deutschen Besamungsstationen. Insgesamt werden pro Jahr in Deutschland ca. sechs Millionen Doppelportionen Ebersperma verkauft, die zu 70% von Pietrain-Ebern stammen (ZDS 2014). Die KB ist heute Basistechnologie und ein unentbehrliches Hilfsmittel für alle modernen Verfahren der Tierzucht. Eine hohe Auslastung genetisch leistungsstarker Besamungseber und die Konservierung hoher Anzahlen an Besamungsportionen pro Ejakulat sind Voraussetzungen für eine hohe Selektionsintensität und die Beschleunigung des Zuchtfortschritts. So sind heute durch die KB ein internationaler Spermaaustausch und die Nutzung genetischer Ressourcen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg problemlos möglich.

Die Flüssigkonservierung stellt das dominierende Konservierungsverfahren von Ebersperma in der Praxis dar. Die Erfolgsgeschichte der KB darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch heute noch große Herausforderungen in der Anwendung dieser bedeutenden Biotechnologie gibt. Aktuell befindet sich der Bereich der KB beim Schwein in einer Umbruchphase, die durch die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren geprägt ist. Dazu zählen die Reduzierung der Spermienzahlen und der Einsatz gesexten Spermas in der Besamungsportion unter Anwendung neuer Besamungs- techniken, die terminorientierte Besamung nach hormoneller Zyklussynchronisation, die präventive Diagnostik zur Vermeidung der Übertragung von Krankheitserregern mit dem Sperma sowie die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in den Konservierungsmedien. Die damit verbundenen Ziele stellen höchste Ansprüche an die Spermaqualität. Zudem stehen die Stationen in einem internationalen Wettbewerb, in dem die Gewährleistung hoher Spermaqualität eine marktsichernde Rolle einnimmt. Wirksame Qualitätssicherungs- programme sind daher von zunehmender Bedeutung für Besamungsstationen. Sie müssen die spezifischen und physiologischen Eigenschaften von Eberspermatozoen

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Spermaverarbeitung und -konservierung stammen aus der Anfangsphase der Schweinebesamung in den 70iger Jahren und sind mit einem groben Methodenspektrum erhoben worden. Moderne Verfahren der spermatologischen Diagnostik, wie die computergestützte Spermienanalyse und die Durchflusszytometrie, erlauben heute differenzierte Studien zur Spermienfunktion und -integrität unter Konservierungs- bedingungen. Sie bilden die Grundlage der in der vorliegenden Schrift erarbeiteten Konzepte zur Qualitätssicherung einer zukunftsorientierten Eberspermaproduktion in Besamungsstationen.

In Verbindung mit dem Strukturwandel und unter dem zunehmenden ökonomischen Druck in der Schweineproduktion begann der Förderverein Bioökonomieforschung e.V. (FBF) im Jahr 2009 mit dem Aufbau eines Qualitätssicherungsprogramms für seine Mitglieds- stationen. Das Programm wurde in Kooperation mit den anerkannten Referenzlaboren des Zentralverbandes der deutschen Schweineproduktion e.V. (ZDS) an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und dem Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. entwickelt. Es umfasst die in Abbildung 1 dargestellten relevanten Module entlang der Prozesskette der Eberspermaproduktion.

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Ejakulat Diagnostik Konservierung Konfektionierung

Lagerung Eber

Abbildung 1: Übersicht relevanter Module in der Prozesskette einer Besamungseberstation

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hochwertige Vatertiere gemäß EU-Richtlinien und nationalen gesetzlichen Vorgaben zu Tierzucht, Tierschutz und Tiergesundheit. Der Aufwand für die Selektion von Jungebern ist heute sehr groß und wird in sogenannten Top-Genetik-Programmen realisiert. Diese Maßnahmen sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Sauenhalter und manifestieren sich durch höhere tägliche Zunahmen der Ferkel, geringeren Futterverbrauch, bessere Handelsklassen, höhere Aufzuchtleistungen und weniger Ferkelverluste (Robinson u. Buhr 2005). Für die ökonomische Nutzung von Ebern in Besamungsstationen ist deren Fähigkeit, qualitativ hochwertiges Sperma in ausreichender Menge zu produzieren, von entscheidender Bedeutung. Daher wird bei der Auswahl von neu in eine Besamungs- station einzustellenden Jungebern neben züchterischen Aspekten vor allem die Spermaqualität berücksichtigt (Schulze et al. 2013).

Die Beurteilung der Spermaqualität von Jungebern erfolgt einerseits betriebsintern, andererseits in Referenzlaboren nach den Gewährschaftsbestimmungen des ZDS (ZDS 2005). Diese beinhalten die „Anforderungen an Besamungseber hinsichtlich ihrer Eignung zum Einsatz für die KB“. In der Richtlinie werden die Mindestanforderungen für folgende Spermaqualitätsmerkmale definiert: Ejakulatvolumen (100 ml), Spermienkonzentration (≤9 Monate: 0,15 x 106 Spermien/µl; >9 Monate: 0,2 x 109 Spermien/µl), Spermiengesamtzahl (≤9 Monate: 15 x 109 Spermien je Ejakulat; >9 Monate: 20 x 109 Spermien je Ejakulat), Motilität (nativ: 70%; konserviert nach 72 h Lagerung: 65%) und Morphologie (75%

morphologisch intakte Spermien). Dabei ist das Selektionsalter von Jungebern derzeit nicht präzisiert. In der Praxis werden daher Jungeber häufig vor der Zuchtreife selektiert.

Zudem werden potentielle Rasseeinflüsse auf die Selektionsparameter nicht berücksichtigt. Als Folge dessen wurden im ersten Abschnitt der vorliegenden Arbeit in einer multifaktoriellen Analyse von über 4.500 Spermaproben der Einfluss von Eberalter, Eberrasse und Jahreszeit auf die Spermaqualität von Jungebern beurteilt. Auf Grundlage dieses umfangreichen Datensatzes, der über einen Zeitraum von 11 Jahren erhoben wurde, werden neue Empfehlungen für die Selektion von genetisch geprüften Jungebern gegeben (Publikation 1).

Die Haltungs- und Fütterungsbedingungen bilden die Grundlage für die Gesundheit des Ebers und die Qualität des nativen Ejakulats (Trudeau u. Sanford 1986). Als besonders wertvolles Zuchttier braucht der Besamungseber eine Umwelt, die eine hohe Leistung bei langer Nutzungsdauer ermöglicht (Stähr et al. 1987). Hohe und stabile Spermaleistungen

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Schweineproduktion (Knox 2014; Broekhuijse et al. 2015). Die Vermeidung der Übertragung von Krankheiten durch direkten Tierkontakt oder über das Sperma auf die weiblichen Zuchttiere war und ist das größte Anliegen der KB. Trotz umfangreicher tierseuchenrechtlicher Präventivmaßnahmen kann die Übertragung von einigen Pathogenen auch ohne klinische Anzeichen der Vatertiere nicht ausgeschlossen werden (Maes et al. 2008). Von besonders hoher Relevanz in der KB ist derzeit das porzine reproduktive und respiratorische Syndrom (PRRS) Virus (Lunney et al. 2010). Es verursacht eine der weltweit bedeutendsten Viruserkrankungen in der Schweineproduktion (Maes et al. 2016). Die PRRSV Infektion ist bei Sauen durch ein breites Spektrum klinischer Symptome wie beispielsweise respiratorische Insuffizienz, Anorexie, Aborte, verfrühtes Abferkeln und hohe Anteile mumifizierter und/oder totgeborener Ferkel gekennzeichnet. Unterschiede in der Schwere der Erkrankung werden auf Wirtsfaktoren (Enzyme, Transporter und Bindungsproteine) zurückgeführt, die wiederum die Persistenz und Pathogenese beeinträchtigen (Vincent et al. 2006). In den letzten Jahren wurden in der Forschung sowohl der möglichen Rolle des Ebers in der PRRSV Verbreitung als auch der Beeinträchtigung der Eberfertilität durch PRRSV vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt (Guerin u. Pozzi 2005). In der Literatur gibt es nur wenige, zum Teil widersprüchliche Studien, die den Effekt einer natürlichen PRRSV Infektion auf die Spermaqualität beschreiben (Feitsma et al. 1992; Yaeger et al. 1993; Prieto u. Castro 2005). Meist verläuft die klinische Symptomatik einer akuten Infektion mild (Christopher-Hennings et al. 1995;

Prieto et al. 2003; Guerin u. Pozzi 2005). In einigen Fällen wird über Inappetenz, Lethargie, Leistungsdepression, milde Pyrexie und Libidoverlust bei Ebern berichtet (Feitsma et al. 1992; Yaeger et al. 1993). Gerade das Fehlen klinischer Anzeichen stellt aber ein großes Problem in der PRRSV Diagnostik dar, besonders dann, wenn spezifische Überwachungsprogramme nicht greifen. Heute werden in den deutschen Stationen routinemäßig serologische Überwachungsprogramme durchgeführt, um einen frühzeitigen PRRSV Ausbruch festzustellen und eine Übertragung von PRRSV durch die KB zu unterbinden. Bis zum Erhalt eines positiven Befundes sind häufig bereits Ejakulate verwendet worden, was zu entsprechenden Konsequenzen für die Sauenbetriebe und in Folge dessen zu Regressansprüchen an die Station führt. Im zweiten Abschnitt der vorliegenden Arbeit wird anhand einer Fallstudie erstmals die Möglichkeit aufgezeigt, Indikatoren einer modernen Spermadiagnostik im Rahmen eines PRRSV Monitorings zu nutzen. Im Vordergrund steht dabei die indirekte Diagnostik einer subklinischen PRRSV

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optionen für Stationstierärzte bietet (Publikation 2).

Neben dem Freisein von viralen Erregern müssen Besamungsportionen auch mikrobiell unbedenklich sein. Bestimmte fakultativ pathogene Bakterienarten wie Burkholderia cepacia, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Serratia marcescens, Pseudomonas fluorescens und Proteus mirabilis haben eine spermienschädigende Wirkung, die sowohl die Motilität als auch die Membranintegrität betreffen kann (Althouse et al. 2000); als Erreger von infektiösen lokalen oder systemischen Erkrankungen bei der besamten Sau spielen sie eher eine untergeordnete Rolle. Da die Gewinnung keimfreier Ejakulate praktisch unmöglich ist und die flüssigkonservierten Eberspermaportionen bei relativ hohen, keimwachstumsfördernden Temperaturen oft für mehrere Tage gelagert werden, ist der Zusatz von Antibiotika in den Konservierungsmedien gesetzlich vorgeschrieben (EU-Richtlinie 90/429/EWG Anhang C). Der permanente Einsatz von diversen Antibiotika, darunter auch als priorisiert kritisch geltende gemäß WHO-Liste (2011), in einem prinzipiell keimhaltigen Milieu führt in Besamungsstationen zu einem enormen Selektionsdruck und somit zu einer Förderung der Bildung von Antibiotikaresistenzen (Morrell u. Wallgren 2014;

Schulze et al. 2016). Weltweit ist eine Zunahme multiresistenter Keime in flüssig- konservierten Ebersperma zu verzeichnen, die auch als nosokomiale Erreger für den Menschen von Bedeutung sind (Kuster u. Althouse 2016). Problematisch ist in diesem Zusammenhang der Eintrag von Antibiotika und resistenten Keimen mit der Besamung in die Sau und dem natürlichen Spermarückfluss nach Besamung in die Gülle. Auf diese Weise gelangen Antibiotika und multiresistente Keime in die Umwelt und können Eintrag in die Nahrungskette finden (Heuer u. Smalla 2007). Bei jährlich 12 Millionen Besamungen gelangen in Deutschland ca. 780.000 Liter antibiotikahaltige Spermaportionen in die Sauenbetriebe, weltweit ca. 12,8 Mio. Liter.

In den letzten Jahren gab es verstärkt Bestrebungen, Alternativen zu konventionellen Antibiotika auf der Basis von antimikrobiellen Peptiden (AMP) für die Flüssigkonservierung von Ebersperma zu entwickeln (Schulze et al. 2014; Speck et al. 2014). Der praktische Einsatz ist derzeit aufgrund der vorhandenen Spermientoxizität der getesteten AMPs noch nicht realisierbar. Dennoch erscheint der Ansatz sehr erfolgversprechend. Weiterführende Untersuchungen werden sich mit möglichen Synergieeffekten bei gleichzeitiger Anwendung eines konventionellen Antibiotikums als auch mit der Peptidstabilität in verschiedenen Verdünnermedien beschäftigen.

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Resistenzbildungen ist ohne Zweifel ein striktes, lückenloses Hygienemanagement auf den Stationen entlang der Prozesskette von der Spermagewinnung bis zur Abfüllung der verdünnten Portionen. Ein effektives Management setzt die Kenntnis kritischer Kontrollpunkte (Hygienic Critical Control Points = HCCPs) voraus. Die Identifikation und die Gewichtung solcher HCCPs war das zentrale Anliegen der dritten Studie. Aus den Erkenntnissen entwickelte Maßnahmen bestehend aus einem regelmäßigen Hygiene- monitoring und einer Schulung von Stationspersonal sind heute fest etablierter Bestandteil der Qualitätssicherung in den beteiligten europäischen FBF-Stationen. Die Langzeit- effektivität des Hygienekonzeptes wird in der vorliegenden Studie nachgewiesen (Publikation 3).

Die Qualität einer Spermaportion wird neben der mikrobiellen Unbedenklichkeit durch qualitative spermatologische Parameter determiniert. Letztere werden bei normospermen Eberejakulaten durch die Art und korrekte Aufbereitung des Verdünnermediums beeinflusst. Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Konservierung ist ein korrektes Dosisverhältnis zwischen Verdünnerpulver und Reinstwasser. Fehldosierungen beein- flussen vor allem die Osmolarität des Verdünners. Die Durchschnittswerte für die Osmolaritäten von Verdünnermedien liegen im Bereich von 300 mOsmol (Johnson et al.

2000). Resultate der vierten Studie zeigen, dass die osmotische Toleranz gegenüber fehldosierten Verdünnern besonders im hypotonen Bereich gering ist (Publikation 4).

Voraussetzung für eine exakte Dosierung des Reinstwassers, welches für die Herstellung des Verdünners genutzt wird, ist die Anwendung entsprechend geeichter Durchfluss- messer oder Wägesysteme. Aktuell arbeiten nur 50% der FBF-Stationen (15/30) mit geeichten Messsystemen. Menschlich und technisch bedingte Fehler, insbesondere in großen Stationen mit hoher Personalfluktuation, sind vorprogrammiert. Ziel der vierten Studie war es daher, eine Methode für die Qualitätskontrolle von Konservierungsmedien unter Stationsbedingungen zu entwickeln. In der vorliegenden Studie wurde gezeigt, dass die Refraktometrie über die Ermittlung des Brechungsindex geeignet ist, Fehldosierungen bei der Verdünneraufbereitung festzustellen. Die Refraktometrie kann als einfache, schnelle und robuste Methode in die tägliche Qualitätskontrolle implementiert werden und ist somit ein effektives Instrumentarium zur Prävention von Havarien in der Produktion von Eberspermaportionen.

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maßgeblich durch das Abkühlungsregime während der Spermaverarbeitung bestimmt (Johnson et al. 2000). Die Plasmamembranen der Spermatozoen reagieren während der Konservierung und Lagerung sehr empfindlich auf Temperatureinflüsse. Ursache für den Kältestress sind unter anderem abkühlinduzierte Veränderungen in der Zusammensetzung der Lipide und Organisation der Spermienmembran (Buhr et al. 1994). Unterschiede in der Lipidzusammensetzung der Plasmamembran zwischen den Spezies bewirken Unterschiede in den physikochemischen Eigenschaften der Membran (Waterhouse et al.

2006). Membranen von Eberspermatozoen besitzen eine relativ geringe Konzentration an Cholesterol (De Leeuw et al. 1990). Mischungen aus unterschiedlichen Phospholipiden wie sie in Membranen vorliegen, tendieren unter hypothermem Stress dazu, jeweils aus einem einzigen Phospholipidtyp bestehende Mikrodomänen unter Beibehaltung der Doppelschichtanordnung zu bilden. Dieser Vorgang wird als „laterale Phasentrennung“

bezeichnet und kann als grundlegender Entstehungsmechanismus für kälteinduzierte Zellschäden betrachtet werden (Parks u. Lynch 1992; Drobnis et al. 1993). Die Temperaturspanne für die Phasenseparation der Lipide in der Membran von Eberspermatozoen liegt zwischen 30°C und 10°C (Schmid et al. 2013a). Temperaturen unterhalb der Phasentrennung werden mit einem Anstieg der Membranpermeabilität und gleichzeitig mit dem Verlust von Kationen, einer Verringerung der Enzymaktivität und einer Beeinträchtigung der Funktion der Membranproteine in Verbindung gebracht (De Leeuw et al. 1990; Drobnis et al. 1993). Die Verarbeitung von Ebersperma in Temperaturbereichen, in denen eine Phasentrennung eintritt, kann die Membraneigenschaften und nachfolgende Adaptationsprozesse der Spermatozoen an die Umgebung beeinträchtigen.

Im Wesentlichen werden in der Eberspermakonservierung zwei Verdünnungsverfahren angewandt. Es wird zwischen ein- und zweiphasiger Verdünnung unterschieden. Bei einphasiger Verdünnung wird eine isotherme Ausverdünnung des Ejakulats in einem Arbeitsschritt vorgenommen. Im Gegensatz dazu wird bei der zweiphasigen Verdünnung eine isotherme Vorverdünnung durchgeführt, an welche sich die Ausverdünnung mit einem isothermen oder einem hypothermen Verdünner anschließt. Das weltweit am meisten genutzte Verfahren ist aktuell das zweiphasige hypotherme Regime (Lopez Rodriguez et al. 2012). Es verfolgt das Ziel, die konservierten Besamungsportionen schneller auf die gewünschte Lagertemperatur zu kühlen. Ein wesentlicher Vorteil ist die Vorverdünnung der Spermatozoen und damit die Minimierung von Standzeiten nativer Ejakulate. Derzeit ist aber nicht klar, ob der Temperatursprung in der zweiphasigen

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fünften Abschnitt der vorliegenden Arbeit der Einfluss der in der Besamungspraxis etablierten Verdünnungsregime (Abkühlkurven) auf die Spermaqualität umfangreich unter standardisierten Laborbedingungen mit einem erweiterten Methodenspektrum untersucht.

Parallel dazu wurden systematisch unter Feldbedingungen in 23 europäischen Besamungsstationen im Rahmen der Qualitätssicherung die verschiedenen Verfahren der Konservierung geprüft, um daraus eindeutige Empfehlungen für die zukünftige Stations- arbeit abzuleiten (Publikation 5).

Die Qualität der Spermaportionen muss während der praxisüblichen Lagerungsdauer von bis zu fünf Tagen sichergestellt werden. Daher existieren allgemeingültige Empfehlungen zu Lagerungsbedingungen, die die Temperatur (15 bis 17°C), den Lichtabschluss und das regelmäßiges Wenden der Portionen beinhalten. Seit langem ist es gängige Ansicht, dass die Sedimentation von flüssigkonservierten Spermatozoen während der Lagerung nachteilig ist, da sich toxische Metaboliten anhäufen und es lokal zu einer pH-Wert- Verschiebung kommt (Anaya et al. 2014). Um eine Sedimentation zu unterbinden, werden Tuben in der Besamungspraxis daher bis zu zweimal am Tag manuell gewendet. Häufig werden auch automatische Rotationssysteme eingesetzt. Eine Vielzahl von verschiedensten Geräten ist auf dem Markt verfügbar. Letztendlich steht eine wissenschaftsbasierte Auswertung der Vorteile des regelmäßigen Wendens von Besamungstuben noch aus. Ziel der sechsten Studie war es, den Einfluss einer manuellen und maschinellen Rotation von Besamungstuben im Vergleich zu ruhenden Kontrollen über einen Lagerungszeitraum von fünf Tagen zu untersuchen. Dabei wurden rotationsbedingte Oszillationen des pH-Wertes experimentell berücksichtigt, da Eberspermatozoen sehr sensitiv auf pH-Veränderungen reagieren und Rotationseffekte somit überlagert werden könnten. Unerwarteterweise wurden nachteilige Effekte der bewegten Portionen auf die Spermaqualität nachgewiesen, die zu einem Paradigmenwechsel in der Empfehlung zur Lagerung konservierten Eberspermas führten (Publikation 6).

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II. ERGEBNISSE

1. ALTERSABHÄNGIGER SELEKTIONSERFOLG VON JUNGEBERN

s. Publikation 1:

INFLUENCES ON SEMEN TRAITS USED FOR SELECTION OF YOUNG AI BOARS

In der vorliegenden Studie wurden der Einfluss des Eberalters, der Rasse und der Saison auf spermatologisch relevante Merkmale untersucht, die zur Selektion von Jungebern in Deutschland nach den Gewährschaftsbestimmungen des ZDS (ZDS 2005) herangezogen werden. Ziel war eine Aktualisierung und Präzisierung bisheriger Empfehlungen für die Selektion von genetisch geprüften Jungebern.

In einer univariaten, multifaktoriellen Varianzanalyse wurden nach einem Haupteffektmodell 4.611 probenbezogene Daten eines spermatologischen Referenzlabors ausgewertet. Die Daten wurden innerhalb von 11 Jahren gesammelt und stammen von 3.633 Jungebern im Alter von 4,5 bis 16,8 Monaten, welche fünf verschiedenen Rassen (Pietrain, Deutsche Landrasse, Large White, Duroc und Yorkshire) angehörten. Das Probenmaterial bestand aus: a) nativen, b) nativ-fixierten und c) konservierten Ejakulaten (BTS, Minitüb, Deutschland) und wurde von neun verschiedenen Stationen in Deutschland in das Referenzlabor des Institutes für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V.

eingesandt. Folgende Parameter wurden erhoben und ausgewertet: Ejakulatvolumen (ml), native Spermienkonzentration (109/ml), Spermiengesamtzahl (Ejakulatvolumen x Spermien- konzentration), -motilität (%) nach 24 und 72 h Lagerung und Anteil morpho-logisch intakter Spermatozoen (%).

Anhand der Altersverteilung und des Pubertätsstatus der Eber (Castro et al. 1991; Ford u.

Wise 2011) wurden für die Analyse vier Gruppen gebildet: <8 Monate (n = 321), ≥8 bis 10 Monate (n = 1.758), ≥10 bis <14 Monate (n = 2.249) und ≥14 Monate (n = 283). Darüber hinaus wurden in der statistischen Verarbeitung der Daten sowohl das Jahr als auch der Monat der Ejakulatgewinnung (Frühjahr: n = 1.180; Sommer: n = 1.141; Herbst: n = 1.315;

Winter: n = 975) sowie der Faktor „Station“ berücksichtigt.

Ungefähr die Hälfte der Jungeber (47,3%) war nach den Gewährschaftsbestimmungen des ZDS für den Produktionseinsatz nicht geeignet. Besonders Eber der Altersklasse <8

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Monate wurden reklamiert. Der Hauptgrund für die Reklamation waren mit 36,7%

morphologische Defizite, gefolgt von Mängeln in der Spermienmotilität in 12,7% der Proben. Ausfälle in den quantitativen Parametern wie Ejakulatvolumen und Spermienkonzentration waren nach den ZDS-Regularien mit nur 5,3% bzw. 4,2% der Proben sehr gering.

Das Eberalter hatte einen signifikanten (p < 0,001) Einfluss auf das Ejakulatvolumen und die Spermiengesamtzahl. Beide Parameter zeigten einen signifikanten (p < 0,05) Anstieg mit steigender Altersgruppe. Die Spermienmotilität nach 24 h Lagerung lag in der Altersgruppe <8 Monate im Durchschnitt bei 70,6%. In der Altersgruppe ≥8 Monate bis 10 Monate erhöhte sich die Motilität signifikant (p < 0,05), erreichte in der Altersgruppe ≥10 bis

<14 Monate ein Plateau mit 75% und verringerte sich signifikant (p < 0,05) in der Altersklasse ≥14 Monate im Durchschnitt auf 72,4%. Die Spermienmotilität nach 72 h Lagerung zeigte einen ähnlichen Verlauf. Ferner beeinflusste das Eberalter den Anteil morphologisch anormaler Spermatozoen signifikant (p < 0,001). Eber <8 Monaten zeigten im Durchschnitt 25,8% pathomorphe Spermatozoen. Signifikant (p < 0,05) geringer war dagegen der Anteil pathomorpher Spermatozoen in der Altersgruppe ≥8 bis 10 Monate bzw. ≥10 bis <14 Monate mit im Durchschnitt 20,6% bzw. 21,2%. Eine weitergehende Prüfung individueller morphologischer Parameter zeigte einen signifikanten (p < 0,001) Einfluss des Eberalters auf den Anteil an Spermatozoen mit Kopfanomalien, Plasmatropfen und umgeschlagenen Spermiengeißeln.

Der Einfluss der Rasse wurde in allen Parametern deutlich. Duroc-Eber hatten mit 147 ml signifikant (p < 0,05) kleinere Ejakulatvolumina und signifikant (p < 0,05) höhere Anteile pathomorpher Spermatozoen (31,9%). Zudem wiesen die Ejakulate den höchsten (p < 0,05) Anteil von Spermatozoen mit Plasmatropfen auf. Die geringsten Anteile pathomorpher Spermatozoen zeigten die Yorkshire Eber (18,7%) und die Landrasse Eber (21,3%). Der Einfluss der Rasse war signifikant (p ≤ 0,001) für den Anteil Spermatozoen mit Kopfanomalien, Plasmatropfen und umgeschlagenen Spermiengeißeln. Die höchsten Ejakulatvolumina wurden bei den Yorkshire Ebern (215 ml) und bei den Landrasse Ebern (195 ml) gemessen. Die höchsten Spermienkonzentrationen (p < 0,05) im Ejakulat wiesen die Duroc und die Large White Eber auf. In der Spermiengesamtzahl zeigten die Pietrain und die Duroc Eber die höchsten Werte (p < 0,05) im Vergleich zu allen anderen untersuchten Rassen. Auch der Einfluss der Eberrasse auf die Spermienmotilität nach 24 h Lagerung war signifikant (p = 0,019).

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Ein Effekt des Jahres der Ejakulatgewinnung auf die quantitativen und qualitativen Parameter konnte in der Studie nicht ermittelt werden. Sowohl das Volumen des Ejakulats als auch die Spermienkonzentration zeigten keine signifikanten Unterschiede für die Jahreszeit, in der das Ejakulat gewonnen wurde. Der einzige quantitative Parameter, der durch die Jahreszeit signifikant (p = 0,001) beeinflusst wurde, war die Spermiengesamtzahl.

Diese war im Herbst und Winter höher als im Frühling und Sommer.

Die Jahreszeit beeinträchtigte signifikant (p = 0,05) den Anteil pathomorpher Spermatozoen, wobei die höchsten Werte im Herbst und die niedrigsten im Frühjahr verzeichnet werden konnten. Davon waren besonders der Anteil Spermatozoen mit Plasmatropfen (p = 0,03) und der Anteil Spermatozoen mit umgeschlagenen Geißeln (p < 0,001) betroffen. Der Anteil von Spermatozoen mit Plasmatropfen erhöhte sich im Sommer und Herbst. Signifikant (p = 0,04) waren die Unterschiede aber nur während des Frühjahres und Herbstes. Dagegen zeigten die Proben während des Frühjahres und Sommers insgesamt signifikant (p < 0,05) geringere Anteile von Spermatozoen mit umschlagenen Geißeln im Vergleich zum Herbst und Winter.

Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass besonders das Eberalter und die Eberrasse die Spermaqualität von Jungebern beeinflussen, während saisonale Einflüsse nur marginal wirksam sind. Ungefähr die Hälfte der untersuchten Jungeber wurde nach den ZDS- Gewährschaftsbestimmungen aufgrund von einem und mehreren Defiziten in der Spermaqualität als nicht tauglich eingestuft. Überwiegend wurden Mängel in der Spermienmorphologie und -motilität sichtbar. Auffällig war besonders der hohe Anteil reklamierter Eber in einem Alter von unter acht Monaten. Eine Beurteilung der Spermaqualität bei Jungebern unter acht Monaten scheint in Anbetracht der vorliegenden Untersuchungsergebnisse nur wenig aussagekräftig zu sein. Es wird die Einführung eines Mindestalters von acht Monaten für die spermatologische Erstuntersuchung von Jungebern empfohlen. Alternativ sollte eine Altersdifferenzierung für die quantitativen und qualitativen Spermaparameter erfolgen.

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2. NUTZEN NEUER INDIKATOREN DER SPERMADIAGNOSTIK IM RAHMEN DES PRRSV MONITORINGS IN BESAMUNGSEBERSTATIONEN

s. Publikation 2:

EFFECTS ON BOAR SEMEN QUALITY AFTER INFECTION WITH PORCINE REPRODUCTIVE AND RESPIRATORY SYNDROME VIRUS: A CASE REPORT

In dieser Fallstudie wurde die Möglichkeit aufgezeigt, eine subklinisch verlaufende PRRSV Infektion in einer Besamungseberstation indirekt durch abweichende kinetische Spermienparameter zu diagnostizieren. Grundlage der Studie war ein PRRS-Ausbruch in einer Station in Österreich im Juni 2012. Die betroffene Eberstation wurde im Rahmen der FBF-Qualitätssicherung besucht und evaluiert.

Auf der Station waren 260 seronegative Produktionseber (Pietrain, Landrasse, Large White und Duroc) eingestallt. Das Durchschnittsalter der Eber betrug 24,5 ± 1,7 Monate (Schwankungsbreite: 10 bis 36 Monate). Die durchschnittliche Remontierung lag bei 50%.

Der Antikörperstatus (ELISA) der Serumproben wurde retrospektiv untersucht. Die Untersuchungen der Spermaqualität wurden vier Wochen vor und vier Wochen nach dem errechneten Infektionszeitpunkt durchgeführt. Der genaue Zeitpunkt der PRRSV Infektion konnte nicht exakt bestimmt werden. Während des Audits wurden zufällig elf seronegative Pietrain-Eber aus der Station ausgewählt. Die Ergebnisse der Spermauntersuchung wurden vor und nach Infektion miteinander verglichen. Die Spermienkonzentration und -motilität wurden mit dem CASA-System SpermVision (Minitüb) ermittelt. Die gewonnenen Ejakulate wurde einphasig mit BTS (Minitüb) bei 32 ± 1°C konserviert und innerhalb von fünf Stunden auf 16°C gekühlt. Nach der Kühlung wurden jeweils zwei Besamungsportionen (95 ml QuickTip Flexitubes, Minitüb) an das IFN transportiert (17 ± 2°C). Die morphologischen Untersuchungen der Ejakulate wurden direkt nach Ankunft der Proben am IFN durchgeführt. Am Tag 2 der Lagerung erfolgten die Ermittlung der mitochondrialen Aktivität (R123/PI) und der Plasmamembranintegrität (FITC-PNA, FITC-PSA, PI; FACS). Am Tag 7 der Lagerung wurde zusätzlich ein Thermoresistenztest durchgeführt (Schulze et al. 2013). Als Teil des routinemäßigen PRRSV Monitorings wurden monatlich in der Station vor dem Ausbruch 50 zufällig gewählte Serumproben gewonnen und mit dem IDEXX PRRS X3 Antikörper Test Kit (IDEXX Switzerland AG, Liebefeld-Bern, Schweiz) analysiert. Zusätzlich wurden nach dem Ausbruch 112

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Serumproben genommen. Sobald der Antikörpertest ein positives Ergebnis zeigte, wurde eine quantitative Echtzeit-PCR (RT-qPCR) sowohl aus dem Serum der Eber als auch aus den betroffenen Ejakulaten durchgeführt, um mögliches Virusmaterial nachzuweisen. Die RNA-Extraktion erfolgte automatisiert aus dem Serum (Freedom EVO 150, Tecan, Grödig, Österreich) oder aus der Spermienfraktion des Ejakulats (Nucleospin 96 RNA Kit, Macherey-Nagel). Anschließend wurden alle Proben mittels TaqMan PRRSV Reagents Kit (LifeTechnologies, Brunn am Gebirge, Österreich) untersucht.

Während der Studie zeigten die Eber einen ungestörten Habitus. Vierundsiebzig Prozent der untersuchten Eber (83/112) waren vier Wochen nach dem errechneten Infektionszeitpunkt seropositiv. In 40 der 112 Serumproben (36%) wurde mittels RT-qPCR der PRRSV Stamm EU-1 festgestellt (Cq: 24,5 bis 36,8). Vier der elf serokonvertierten Studieneber (36%) reagierten laut RT-qPCR vier Wochen nach der Infektion positiv. In den nachfolgenden Wochen waren die Spermaproben zweier Eber positiv (Eber 2 Cq: 34,1;

Eber 10 Cq: 32,7). Die Analyse der Produktionsdaten und der mitochondrialen Aktivität der Spermaproben vor und nach Infektion erbrachte keine signifikanten Unterschiede. Der Vergleich zwischen dem Anteil morphologisch intakter Spermatozoen vor und nach Infektion zeigte jedoch signifikante (p = 0,037) Unterschiede. Zum einen konnte ein signifikanter (p = 0,012) Anstieg akrosomdefekter Spermatozoen verzeichnet werden, zum anderen stieg der Anteil membrandefekter Spermatozoen nach Infektion deutlich an (p = 0,021). Überraschend waren die Veränderungen im Bewegungsmuster der Spermien vor und nach der Infektion, wobei der Anteil progressiv motiler Spermien im Thermoresistenztest nach sieben Tagen Lagerung nicht beeinträchtigt wurde. So stiegen die Anteile kreisbeweglicher, progressiv motiler Spermien (p = 0,013) und nicht-linear beweglicher Spermien (p = 0,01) signifikant an. Sehr deutlich wurde die Nichtlinearität der progressiven Spermienbewegung nach der PRRSV Infektion. Die seitliche Kopfauslenkungsamplitude der Spermatozoen stieg signifikant (p = 0,047) um 0,4 µm.

Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass eine subklinisch verlaufende Infektion mit einem PRRSV Feldstamm des Subtyp EU-1 in der betroffenen Eberstation zu einer Beeinträchtigung der Spermaqualität führte. Besonders betroffen waren die Membran- und Akrosomintegrität sowie die Bewegungsform der Spermatozoen. Ein PRRSV Monitoring in Eberstationen sollte nicht ausschließlich auf serologischen und klinischen Befunden beruhen. Erweiterte Kontrollmaßnahmen sind notwendig, um frühzeitig einen PRRS- Ausbruch festzustellen.

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3. IDENTIFIKATION UND GEWICHTUNG VON HYGIENISCHEN KONTROLLPUNKTEN IN DER EBERSPERMAPRODUKTION MIT BESONDERER RELEVANZ FÜR DIE

ENTWICKLUNG BAKTERIELLER RESISTENZEN

s. Publikation 3:

ANALYSIS OF HYGIENIC CRITICAL CONTROL POINTS IN BOAR SEMEN PRODUCTION

Ziel der Studie war es, hygienisch kritische Kontrollpunkte (HCCPs) in europäischen Besamungseberstationen als Kontaminationsrisiko für Eberspermaportionen zu identifizieren und Ursachen der Resistenzentwicklung von Bakterien in der Ebersperma- konservierung zu ermitteln.

In einer 4-jährigen Feldstudie wurden 24 Stationen (Größe: 80 bis 470 Eber) im Rahmen der Qualitätssicherung systematisch untersucht. Im ersten Abschnitt wurden im Jahr 2010/11 im Durchschnitt 14,3 ± 2,4 native und dazu korrespondierende verdünnte Ejakulate pro Station quantitativ und qualitativ mikrobiologisch ausgewertet (n = 344). In einer Nachuntersuchung im Jahr 2012/13 wurden in einem zweiten Datensatz im Durchschnitt 15,0 ± 0,5 verdünnte Ejakulate aus 21 Stationen analysiert (n = 314).

Nach der Gewinnung wurden jeweils 1,0 ml Nativejakulat mit 25% Glycerin supplementiert und sofort eingefroren. Die Aufbereitung der verdünnten Proben erfolgte je nach Station einphasig (n = 8) oder zweiphasig (n = 16) mit Beltsville Thawing Solution (BTS; 250 µg/ml Gentamicin, Minitüb). Am Tag 2 der Lagerung wurde ein Aliquot mit Glycerin 5:1 (V/V) eingefroren (Garcia et al. 1981) und zur mikrobiologischen Analyse an das Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW, Berlin, Deutschland) transportiert. Für den Transport wurden alle Proben in flüssigem Stickstoff gelagert. Außerdem wurde ein antibiotischer Empfindlichkeitstest mit 14 verschiedenen antimikrobiellen Substanzen an bakteriellen Isolaten aus den verdünnten Proben nach den Richtlinien des „Clinical and Laboratory Standards Institute“ durchgeführt (CLSI 2008).

Die aerobe Gesamtkeimzahl der nativen Ejakulate betrug im ersten Datensatz zwischen 103 und 105 KbE/ml (Schwankungsbreite: 0 bis 106 KbE/ml). Insgesamt wurden in 26% der verdünnten Proben in Datensatz 1 (88/344) und in 20% der Proben in Datensatz 2 (63/314) eine bakterielle Kontamination nachgewiesen (Schwankungsbreite: 102 bis 105 KbE/ml nach 2 Tagen Lagerung bei 17 ± 2°C). Der Anteil gram-negativer Bakterien betrug 57%

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(54% Enterobacteriaceae und 30% Pseudomonaceae). Der am häufigsten isolierte gram- positive Keim war Leifsonia aquatica (20%).

Für die Analyse der HCCPs wurden 24 Stationen (Audit 1) besucht. Einundzwanzig dieser Stationen wurden nach 2 Jahren wieder besucht (Audit 2). Zwischen beiden Audits wurden individuelle Veränderungen in den Arbeitsablauf der Stationen implementiert, die zuvor in ein standardisiertes Prüfprotokoll aufgenommen wurden. In den Stationen wurde während des Audits an jeweils neun verschiedenen HCCPs Abklatschproben (Dip Slide Plate Count/VRBD; Oxoid Thermo Fisher, Wesel, Deutschland) genommen. Dazu gehörten folgende HCCPs: Wärmeschrank, Handbedienelement (Tastatur, Telefon, etc.), Ejakulattransfersystem (Rohrpost oder Durchreiche), Laborwaschbecken (Entsorgung), Laboroberfläche, Verdünnermedium, Reinstwasseraufbereitung, Deckelinnenseite des Verdünnertanks und Farbstoffe zur Kennzeichnung der Eberrasse. Die HCCPs wurden nach den Herstellerangaben anhand eines Notenschlüssels (1-6) beurteilt (Abbildung 2).

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a 1

2

c

3 4 5

d b

Abbildung 2: Hygienische Schwachstellenanalyse und Wechselbeziehungen zwischen neun HCCPs in 24 Besamungseberstationen (Workflow: 1: Wärmeschrank; 2: Ejakulattransfersystem; 3:

Verdünner; 4: Verdünnertankdeckel; 5: Farbstoff; a: Handbedienelement (Tastatur, Telefon, etc.); b:

Laboroberfläche; c: Reinstwasserproduktion; d: Entsorgung)

Auf Basis der Analyse der Kontaminationsrate der Ejakulate konnte gezeigt werden, dass sich der Hygienestatus in 13 von 21 Stationen im zweiten Audit deutlich verbesserte (p = 0,0343). Signifikante Verbesserungen wurden bei den Wärmeschränken (p = 0,0388) und bei den Handbedienelementen (p = 0,0002) erzielt. Das Risiko eine kontaminierte Probe im zweiten Audit zu finden war signifikant (p < 0,001) geringer (1,68; 95%iges

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Konfidenzintervall zwischen 1,04 und 2,69). Weiterhin wurde in der Studie im Hauptproduktionsweg ein guter Hygienestatus für den Verdünner, die Deckelinnenseite des Verdünnertanks, die eingesetzten Farbstoffe und die Wasseraufbereitung gefunden. Am stärksten waren die Laborwaschbecken, welche der Entsorgung dienen, kontaminiert. Hohe Kontaminationen (>103 KbE/cm2) wurden aber auch in den Wärmeschränken, im Ejakulattransfersystem, bei den Handbedienelementen und der Laboroberfläche festgestellt. In der Hauptproduktionslinie korrelierten die Beurteilungen (ranking scores) der Verdünner und der Deckelinnenseite des Verdünnertanks (r = 0,42; p = 0,0058). Im Bereich der umweltbedingten Kontaminationsquellen ergaben sich Rangkorrelationen von 0,44 (p = 0,0034) zwischen der Laboroberfläche und den Handbedienelementen und 0,31 (p = 0,0456) zwischen den Handbedienelementen und den Laborwaschbecken. Auch die Beurteilungen der Hauptproduktionswege und der umweltbedingte Kontaminationsquellen korrelierten miteinander. Die Befunde der Laboroberflächen korrelierten mit den Befunden des Ejakulattransfersystems (r = 0,38; p = 0,011), die Reinstwasseraufbereitung mit dem Verdünner (r = 0,49; p = 0,0001) und der Deckelinnenseite des Verdünnertanks (r = 0,35;

p = 0,0218) und die Handbedienelemente mit dem Ejakulattransfersystem (r = 0,35;

p = 0,0232) und den Wärmeschränken (r = 0,35; p = 0,0379). Zudem wurden Rangkorrelationen zwischen den eingesetzten Farbstoffen und den Laborwaschbecken (r = 0,38; p = 0,0475) gefunden.

Schlussfolgernd kann festgestellt werden, dass das Vorhandensein resistenter Bakterien primär auf hygienische Schwachstellen in den Produktionslaboren und nicht auf eberoriginäre Keime zurückzuführen ist. Durch Implementierung der in dieser Studie identifizierten kritischen Kontrollpunkte in das Hygienemanagement können bakterielle Kontaminationen und die Entwicklung von Resistenzen effizient reduziert werden.

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4. EINFÜHRUNG DER REFRAKTOMETRIE ALS INSTRUMENTARIUM ZUR QUALITÄTSKONTROLLE VON VERDÜNNERMEDIEN IN BESAMUNGS- EBERSTATIONEN

s. Publikation 4:

USE OF REFRACTOMETRY AS A NEW MANAGEMENT TOOL IN AI BOAR CENTERS FOR QUALITY ASSURANCE OF EXTENDER PREPARATIONS

In der vorliegenden Studie wurde geprüft, inwiefern die Refraktometrie für die Schnelldiagnostik von Fehldosierungen der Spermakonservierungsmedien geeignet und in das tägliche Qualitätskontrollmanagement auf Besamungsstationen integrierbar ist.

Weiterhin wurden osmotische Toleranzen von Eberspermien in fehldosierten Konser- vierungsmedien mit einem erweiterten Methodenspektrum ermittelt.

Für die vorliegende Studie wurden insgesamt 12 mit BTS (Minitüb) verdünnte Ejakulate von 12 gesunden und fertilen Pietrain-Ebern in einem „split-sample“-Verfahren aufbereitet. Es wurden nur Ejakulate eingesetzt, welche die Minimalanforderungen des ZDS (ZDS 2005) erfüllten. In 10% Stufen wurden Verdünnerkonzentrationen von 50% (entspricht der Hälfte des eingesetzten Verdünners) bis 150% und 200% (entspricht der doppelten Menge des eingesetzten Verdünners) getestet. Die standardisierten Besamungsdosen wurden auf 85 ± 5 ml und 2,0 x 109 Spermien pro Dosis eingestellt. Die Verdünnung erfolgte einphasig isotherm bei 32°C. Nach Verdünnung wurden alle Proben für 90 min in einem 21°C temperierten Klimaschrank und im Anschluss daran in einem 17°C temperierten Kühlschrank bis zur Untersuchung gelagert.

Für alle Proben wurden der Brechungsindex (°Bx) mittels Refraktometrie und die Osmolalität (mOsm kg-1) des Verdünners bestimmt. Als „read-out“ wurde die Spermien- motilität (CASA) nach 24 und 96 h Lagerung ermittelt. Nach 48 h Lagerung wurde ein Thermoresistenztest durchgeführt. Des Weiteren wurden der Mitochondrien- (R123/PI), Membran- (FITC-PNA/FITC-PSA/PI; FACS) und Morphologiestatus der Proben nach 48 h Lagerung untersucht. Der Effekt der Dosierung wurde mittels einfaktorieller Varianzanalyse statistisch ausgewertet. Als Kontrollprobe diente der korrekt angesetzte Verdünner (100%

BTS).

Der Brechungsindex korrelierte hoch (r = 0,99; p < 0,001) mit der Osmolalität des unter- bzw. überdosierten Verdünners (mOsm kg-1 = 74,8 °Bx + 15,8; R2 = 0,98; p < 0,001). Im

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korrekt dosierten BTS-Verdünner (100%; 316 ± 16 mOsm kg-1) betrug der Wert 4,6 ± 0,0°Bx. Die Konservierungseignung der Ejakulate wurde signifikant (p < 0,001) von der eingesetzten Verdünnerkonzentration beeinträchtigt. Sekundäre apikale Kopfkappen- defekte waren signifikant bei Verdünnerkonzentrationen von 50% (165 ± 9 mOsm kg-1; p < 0,001) bzw. ≥150% (475 ± 17 mOsm kg-1; p < 0,032) im Vergleich zu 100% erhöht. Der Anteil von Spermien mit eingerollten Geißeln stieg signifikant (p < 0,001) bei einer Verdünnerkonzentration von ≤60% (200 ± 9 mOsm kg-1). Die Spermienmotilität unterschied sich signifikant bei ≤70% (224 ± 15 mOsm kg-1; p < 0,001) bzw. 200% (639 ± 12 mOsm kg-1; p < 0,001) Verdünnerkonzentration nach 24 bzw. 96 h Lagerung.

Der Anteil motiler Spermien im Thermoresistenztest nach 30 min Inkubation bei 38°C zeigte einen signifikanten Abfall bei ≤60% (p = 0,047) bzw. ≥140% (438 ± 12 mOsm kg-1; p = 0,004) Verdünnerkonzentration. Nach 300-minütiger Inkubation lag das Signifikanz- niveau bei 70% (p < 0,001) bzw. 150% (475 ± 17 mOsm kg-1; p = 0,005) Verdünnerkonzentration. Die Anteile von Spermien mit intakten Akrosomen und Plasmamembranen unterschieden sich signifikant vom Kontrollmedium (100%) nach Einsatz von 50% (p < 0,001) bzw. ≥150% (p = 0,005) Verdünnerkonzentration. Die Ergebnisse im Mitochondrienstatus folgten einem ähnlichen Trend. Signifikante Unter- schiede ergaben sich nach Einsatz von ≤60% (p = 0,016) bzw. ≥140% (p < 0,001) Verdünnerkonzentration.

Schlussfolgernd ist festzustellen, dass der mittels Refraktometrie ermittelte Brechungsindex ein einfacher, robuster und sensitiver Indikator für die Schnelldiagnostik der Osmolalität von Spermaverdünnern ist. Eberspermatozoen reagieren besonders sensibel auf hypotone Fehlmischungen, während die Toleranz im hyperosmotischen Bereich größer zu sein scheint. Die Einführung der Refraktometrie in das tägliche Qualitätsmanagement von Besamungsstationen wird empfohlen.

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5. ANALYSE VON EINFLUSSFAKTOREN DES TEMPERATURMANAGEMENTS IN DER EBERSPERMAKONSERVIERUNG UNTER LABOR- UND FELDBEDINGUNGEN

s. Publikation 5:

TEMPERATURE MANAGEMENT DURING SEMEN PROCESSING: IMPACT ON BOAR SPERM QUALITY UNDER LABORATORY AND FIELD CONDITIONS

In dieser Studie wurden relevante Verdünnungsregime in der Eberspermaproduktion unter Labor- und Feldbedingungen untersucht, um daraus Empfehlungen für die zukünftige Stationsarbeit abzuleiten. Zum einen wurden im Labor unter standardisierten Bedingungen verschiedene Temperaturverläufe einer ein- und zweiphasigen Verdünnung simuliert und mögliche Einflüsse des Konservierungsmediums auf relevante Spermaqualitätsmerkmale mit einem erweiterten Methodenspektrum geprüft. Zum anderen wurden Daten des Temperaturregimes aus europäischen Besamungsstationen im Rahmen der Qualitäts- sicherung systematisch ausgewertet.

Im ersten Teil der Studie wurden zwei Varianten einer zweiphasigen Verdünnung miteinander verglichen. Es standen 12 normosperme Ejakulate von 11 fertilen Produktions- ebern der Tierärztlichen Hochschule in Hannover zur Verfügung. Nach Ankunft der Ejakulate im Labor wurden 200 ml natives Ejakulat mit einem 32°C temperiertem BTS Verdünner (Minitüb) 1:1 (V/V) vorverdünnt. Im „split-sample“-Verfahren wurden dann jeweils 200 ml vorverdünntes Ejakulat isotherm (32°C) bzw. hypotherm (21°C) auf eine Konzentration von 20 x 106 Spermien/ml ausverdünnt.

Nach der Verdünnung wurden alle Proben für 90 min in einem 21°C temperierten Klimaschrank gelagert und im Anschluss daran bis zur Untersuchung in einen 17°C temperierten Kühlschrank verbracht. Die verdünnten Ejakulate wurden in kommerziell verfügbaren Spermaflaschen (Minitüb) in aufrechter Position und bei minimalem Kontakt untereinander gelagert. Das Temperaturmonitoring wurde in jeweils drei verdünnten Ejakulaten/Variante mit einem mikromec multisens Datenlogger (Technetics, Freiburg, Deutschland) durchgeführt. Die Aufzeichnung der Temperatur erfolgte minütlich über einen Zeitraum von sechs Stunden. In einem weiteren Teilversuch wurde der Langzeitverdünner AndroStar® Plus (Minitüb) nach der gleichen Versuchsanstellung validiert.

Nach 24, 72 und 144 h Lagerung wurden die Spermienmotilität (CASA), die Plasma- membran- und Akrosomintegrität (Hoechst 33342/FITC-PNA/PI; FACS) untersucht. In der

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Feldstudie wurden zusätzlich der Mitochondrienstatus (R123/PI; FACS) nach 48 h Lagerung und die Thermoresistenz (CASA) nach 168 h Lagerung ermittelt.

Die durchschnittliche Abkühlrate der isothermen Verdünnung während der 90-minütigen Haltezeit bei 21°C betrug -0,13 ± 0,05 K/min (0 bis 30 min nach Verdünnung), -0,08 ± 0,04 K/min (31 bis 60 min nach Verdünnung) und -0,05 ± 0,04 K/min (61 bis 90 min nach Verdünnung). Dagegen lagen die Abkühlraten der hypothermen Verdünnung bei -0,03 ± 0,04 K/min (0 bis 30 min nach Verdünnung), -0,01 ± 0,04 K/min (31 bis 60 min nach Verdünnung) und -0,01 ± 0,04 K/min (61 bis 90 min nach Verdünnung). Nach 90-minütiger Lagerung bei 21°C erreichten die verdünnten Proben im Durchschnitt eine Temperatur von 23,3°C (isotherme Verdünnung) und 21,9°C (hypotherme Verdünnung). Die Abkühlraten erhöhten sich nach Überführung der Proben in die 17°C Umgebung, so dass am Endpunkt der Untersuchung nach 180 min Lagerung Abkühlraten von -0,06 ± 0,05 K/min (isotherme Verdünnung) bzw. -0,04 ± 0,04 K/min (hypotherme Verdünnung) erreicht wurden. Nach 180 min Lagerung erzielten sowohl die isotherm als auch die hypotherm verdünnten Proben die nahezu gleiche Lagertemperatur von 19,1°C (isotherm) bzw. 19,2°C (hypotherm). Die Lagerendtemperatur von 17,5 ± 0,5°C wurde nach 276 min (isotherme Verdünnung) bzw. nach 291 min (hypotherme Verdünnung) erreicht.

Im Laborversuch ergab die zweiphasige hypotherme Verdünnung signifikant (p < 0,05) niedrigere progressive Motilitätswerte nach einer Lagerungsdauer von 24 h (84,0 ± 4,3%

vs. 81,1 ± 6,8%) und 144 h (64,2 ± 18,5% vs. 55,6 ± 23,7%). Gleichzeitig enthielten hypotherm produzierte Portionen signifikant (p < 0,05) weniger membranintakte Spermatozoen nach 72 h (87,7 ± 3,8% vs. 85,3 ± 4,2%) und 144 h (83,4 ± 6,0% vs.

78,8 ± 10,3%) Lagerung. Der negative Effekt des hypothermen Temperaturregimes konnte durch den Einsatz des Langzeitverdünners AndroStar® Plus (Minitüb) kompensiert werden.

Die Analyse des Temperaturmanagement der 23 untersuchten Eberstationen zeigte, dass sieben Stationen einphasig isotherm (n = 105 Proben) und 15 Stationen zweiphasig hypotherm (n = 240 Proben) arbeiteten. Die einphasige Verdünnung wurde bei einer Temperatur von 32 ± 1°C durchgeführt. Im zweiphasigen Verfahren wurde innerhalb von 15 min nach Ejakulatgewinnung isotherm vorverdünnt (32 ± 1°C; 1:1 (V/V)), gefolgt von einer zweiten Verdünnung innerhalb einer Stunde nach Vorverdünnung mit einem auf 24 ± 3°C temperierten Zweitverdünner.

Die Feldstudie bestätigte die Laborergebnisse. Im Vergleich zwischen ein- und zweiphasig verdünnten Ejakulaten zeigte sich eine deutliche Überlegenheit zugunsten der einphasigen isothermen Verdünnung. Die Unterschiede in der mitochondrialen Aktivität (84,7% (82,1 bis

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86,8%) vs. 82,4% (78,0 bis 85,6%); p = 0,005), in der Integrität der Plasma- und Akrosommembranen (89,2% (87,4 bis 90,9%) vs. 86,8% (83,1 bis 89,6%); p < 0,001) und in der Thermoresistenz nach 30-minütiger Inkubation bei 38°C (80,4% (72,6 bis 86,5%) vs.

75,0% (60,4 bis 81,4%); p < 0,001) waren signifikant.

Schlussfolgernd gilt, dass die in vielen Besamungsstationen vor einigen Jahren eingeführte zweiphasig hypotherme Verdünnung nicht empfehlenswert ist. Im Vergleich mit einer einphasig isothermen Verdünnung führt sie zu einer Beeinträchtigung der Spermaqualität.

Der negative Effekt der zweiphasig hypothermen Verdünnung verstärkt sich mit steigender Lagerungszeit und kann durch den Verdünnertyp kompensiert werden. Der Nachteil der einphasig isothermen Verdünnung, ein größeres Volumen des Verdünners während der Produktion auf eine höhere Temperatur zu erwärmen, erhöht zwar die täglichen Produk- tionskosten, kann aber durch eine höhere Produktqualität amortisiert werden.

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6. DIE ROTATION VON BESAMUNGSPORTIONEN WÄHREND DER LAGERUNG WIRKT SICH NEGATIV AUF DIE EBERSPERMAQUALITÄT AUS

s. Publikation 6:

ROTATION OF BOAR SEMEN DOSES DURING STORAGE AFFECTS SPERM QUALITY

In dieser Studie wurde der Effekt der Rotation von Besamungstuben während der Lagerung auf die Spermaqualität untersucht. Ziel war es, bisherige Empfehlungen für die Lagerung von Ebersperma kritisch zu prüfen. Für die Untersuchungen wurde ein erweitertes Methodenspektrum genutzt und rotationsbedingte pH-Veränderungen experimentell berücksichtigt.

Zwei Experimente mit zwei verschiedenen Varianten eines BTS Standardverdünners wurden durchgeführt. Im ersten Experiment wurden 30 normosperme Ejakulate fertiler Pietrain-Eber mit BTS (Minitüb) auf 23 x 106 Spermien/ml verdünnt und automatisch (MiniBSP, Minitüb) in 95 ml QuickTip Flexitubes (Minitüb) abgefüllt. Das Abfüllvolumen betrug 85 ± 1 ml. Anschließend wurden die Proben drei Versuchsgruppen zugeteilt: (A) Tuben, die nicht gewendet wurden, (B) Tuben, die zweimal täglich 180° gewendet wurden und (C) Tuben, die mittels Kobimove Mini (Cobiporc, Saint Gilles, Frankreich) fünfmal pro Stunde 360° gewendet wurden. Die Tuben wurden im Dunkeln in 17°C temperierten Klimaschränken über einen Zeitraum von fünf Tagen gelagert. Im zweiten Experiment wurden zehn normosperme Ejakulate mit einer pH-stabilisierten BTS Variante (18,9 mM HEPES) verdünnt. Die Proben wurden den Gruppen (A) und (C) zugeordnet.

Der pH-Wert der Proben wurde an den Lagerungstagen 1, 3 und 5 mit dem pH-Wert- Messgerät pH 537 (WTW GmbH, Weilheim, Deutschland) bestimmt. An jedem Untersuchungstag wurde eine neue und verschlossene Tube zur Untersuchung genutzt, um eine Resuspension der Probe und einen Luftkontakt zu vermeiden. Am Tag 1 und 3 der Lagerung wurde die Spermienmotilität (CASA) bestimmt. Am Tag 3 wurden sowohl die mitochondriale Aktivität (R123/PI; FACS) als auch die Integrität der Plasma- und Akrosommembranen (FITC-PNA, FITC-PSA, PI; FACS) gemessen. Am Tag 5 wurde die Spermienmorphologie bestimmt und ein Thermoresistenztest durchgeführt (Schulze et al.

2013).

In Experiment 1 stieg der pH-Wert der Gruppen B und C signifikant (p < 0,05) von 7,3 auf 7,5 während der Lagerung im Vergleich zu Gruppe A. In Experiment 2 blieb der pH-Wert in

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beiden Gruppen konstant bei 7,1. Das Wenden der Tuben zeigte in beiden Experimenten weder einen Einfluss auf die Motilität am Tag 1 und 3 noch auf die Morphologie der Spermatozoen oder auf die mitochondriale Aktivität. Alle Werte lagen auf hohem Niveau.

Die Integrität der Membranen war signifikant (p = 0,007) geringer in der Gruppe C (Experiment 1). Des Weiteren wurden nach längerer Lagerung (Tag 5) die Bewegungs- parameter der Spermatozoen beeinträchtigt (Experiment 1 und 2). In beiden Experimenten zeigten die kontinuierlich gewendeten Proben (Experiment 1: Gruppe B und C; Experiment 2: Gruppe C) signifikant (p < 0,05) niedrigere progressive Motilitätswerte im TRT nach 300- minütiger Inkubation bei 38°C. Die Geschwindigkeitsparameter der Spermatozoen (VAP, VCL und VSL) und die Schlagfrequenzen (BCF) waren signifikant (p < 0,05) höher in der Gruppe B und C (Experiment 1). Unter pH-stabilisierten Bedingungen verringerten sich die Spurgeschwindigkeiten (VCL) der Spermatozoen in Gruppe C im TRT signifikant (p < 0,05).

Insgesamt zeigten die Spermatozoen gewendeter Tuben eine niedrige Kopfaus- lenkungsamplitude (ALH) und Schlagfrequenz (BCF) im Vergleich zu nicht gewendeten Tuben.

Schlussfolgernd ist festzustellen, dass sich, entgegen der Erwartung und praxisüblichen Empfehlung, das manuelle Wenden und die maschinelle Rotation von Besamungstuben während der Lagerung negativ auf die Spermaqualität auswirken. Der Effekt ist unabhängig von dem rotationsbedingten pH-Anstieg im Konservierungsmedium. Die bisher gültigen Empfehlungen eines mehrmaligen Wendens der konservierten Portionen während der Lagerung in Besamungsstationen und Sauenbetrieben werden daher revidiert.

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Die wesentliche Zielsetzung dieser Arbeit lag darin, Grundlagen für eine wissenschaftsbasierte Qualitätssicherung in Besamungseberstationen zu entwickeln und diese in die Praxis zu implementieren. Sechs ineinander greifende Module entlang der Prozesskette der Eberspermaproduktion wurden wissenschaftlich bearbeitet. Eine systematische Risikoanalyse der bakteriellen Kontamination von Besamungsportionen und die Ermittlung der Ursachen der Resistenzentwicklung in der Eberspermakonservierung bildeten einen besonderen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit.

Es wird deutlich, dass die Eberspermaqualität von vielen Faktoren abhängig ist, die teilweise stark miteinander vernetzt sind. Die erste Studie berücksichtigt daher Interaktionen potentieller Einflussfaktoren auf die Spermaqualität von Jungebern im Alter von 4,5 bis 17 Monaten und deren daraus abzuleitende Konsequenzen für den Selektionsprozess. In einer multifaktoriellen Analyse von über 4.500 Spermaproben wurde der Einfluss von Eberalter, -rasse und Jahreszeit auf die Spermaqualität von Jungebern beurteilt. Auf Grundlage des umfangreichen Datensatzes, der über einen Zeitraum von 11 Jahren erhoben wurde, konnte gezeigt werden, dass ungefähr die Hälfte der genetisch geprüften Jungeber für den Einsatz in der KB nicht geeignet war. Reklamationen traten meist in einem Eberalter von unter acht Monaten auf und wurden primär mit Defiziten in der Morphologie und Motilität der Spermatozoen in Verbindung gebracht. Zusätzlich wurde in der zugrundeliegenden Arbeit eine signifikante Beziehung zwischen Eberalter und Motilität in den konservierten Ejakulaten gefunden.

Angaben in der Literatur über die Beziehung des Eberalters und der Morphologie der Spermatozoen sind selten. Kawecka et al. (2008) beschreibt einen Abfall im Anteil morphologisch pathomorpher Spermatozoen bei Duroc, Pietrain und Kreuzungsebern im Alter von 230, 250 und 270 Tagen. Andere Studien weisen dagegen auf einen Anstieg von morphologischen Fehlbildungen bei Ebern im Alter von bis zu vier Jahren hin (Wolf u.

Smital 2009). Die Geschlechtsreife des Ebers beginnt meist im Alter von 4,5 bis 5,5 Monaten, während die Zuchtreife erst im Alter von sieben bis acht Monaten erreicht wird (Schinckel et al. 1983). Die sogenannte spermatologische Reife steht nur in geringer Beziehung zur späteren Zuchtnutzung. Deshalb scheint eine Beurteilung der Spermaqualität bei Jungebern unter acht Monaten in Anbetracht der vorliegenden Unter- suchungsergebnisse nur wenig aussagekräftig zu sein. Es wird die Einführung eines

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empfohlen; wenigstens sollte eine Altersdifferenzierung für die qualitativen Spermaparameter erfolgen. Da Jungeber im Vergleich zu Altebern häufig eine noch instabile Spermaqualität aufweisen, ist es ratsam, den Selektionsentscheid auf der Grundlage von nicht weniger als drei oder vier spermatologischen Befunden vorzunehmen. Für die quantitativen Parameter Ejakulatvolumen, Spermienkonzentration und Spermiengesamtzahl ist allgemein bekannt, dass sie mit fortschreitendem Alter ansteigen (Clark et al. 2003; Kawecka et al. 2008; Wolf u. Smital 2009). Der Anstieg dieser Faktoren wird auf das Wachstum der Hoden und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen im Verlauf der Jungeberentwicklung zurückgeführt, welche mit einer Steigerung der Spermaproduktionskapazität verknüpft sind (Allrich et al. 1983; Borg et al. 1993; Bertani et al. 2002; Jacyno et al. 2015).

Im Hinblick auf den Einfluss der Eberrasse konnten in der vorliegenden Studie signifikante Einflüsse sowohl auf die quantitativen als auch qualitativen Ejakulatparameter aufgezeigt werden. Zusammenfassend lassen sich die Ergebnisse der Spermauntersuchung in überdurchschnittliche (Yorkshire und Landrasse), durchschnittliche (Pietrain und Large White) und unterdurchschnittliche (Duroc) Spermaqualitäten gliedern. Die Ergebnisse stehen damit in Einklang mit Beobachtungen früherer Studien an Altebern verschiedener Rassen (Kennedy u. Wilkins 1984; Smital 2009). In der vorliegenden Studie wurden signifikant mehr Ejakulate von Duroc-Ebern aufgrund von morphologischen Defiziten reklamiert. Im Vordergrund stand der Anteil von Spermatozoen mit Plasmatropfen. Ein Großversuch in Tschechien (Smital 2009) und eine Studie mit 29 zweijährigen Ebern (Huang et al. 2010) kam zu vergleichbaren Ergebnissen. Es wird darauf hingewiesen, dass rassespezifische Unterschiede in Bezug auf die Spermaqualität kein temporäres Phänomen sind. Rasseinterne Eigenschaften können demnach die spätere Zuchtnutzung deutlich beeinträchtigen. Einige Autoren geben als Ursache für die rassespezifischen Eigenschaften der Spermaqualität die Selektionskriterien in der Schweinezucht an (Flowers 2008). Während die Zuchtwertschätzung bei den maternalen Rassen (Large White und Landrasse) auch die Fruchtbarkeit berücksichtigt, erfolgt bei den paternalen Rassen (Pietrain und Duroc) die Selektion auf Merkmale der Mast- und Schlachtleistung.

Vaterrassen werden überwiegend als Endstufeneber für die Produktion von Masthybriden eingesetzt. Dies könnte nach Meinung der Autoren nicht nur die geringe Fruchtbarkeit der Sauen erklären, sondern sich auch auf die Spermaqualität der Eber innerhalb dieser Rassen negativ ausgewirkt haben. Es wäre von Interesse, aufgrund der genetischen

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und weiblicher Nachkommen zu verfolgen. In den letzten Jahren erschienen in der Literatur vermehrt Hinweise auf bestehende Zusammenhänge zwischen der präpuberalen Entwicklung männlicher Tiere bezüglich endokrinologischer Parameter sowie der Hodenentwicklung und ihrer späteren Mast- und Ansatzleistung. Aus diesen Arbeiten ist abzuleiten, dass eine Selektion auf die Hodenentwicklung mit Ausnahme einer leichten Erhöhung der Rückenspeckdicke keine negativen Auswirkungen auf die Mast- und Ansatzleistung hat (Wicke u. Mudra 1992; Jacyno et al. 2015). Als gesichert gilt die Annahme, dass Duroc-Eber im Allgemeinen nur über eine insgesamt geringe Spermaqualität verfügen, obgleich sie meistens hohe Werte für die Spermienkonzentration aufweisen (Wolf u. Smital 2009; Huang et al. 2010). Ob dies auf eine Diskrepanz zwischen den bevorzugten Zuchtkriterien dieser Rasse (vor allem Wachstumsrate, Futterverwertung und Fleischqualität) und der Spermaqualität zurückzuführen ist, oder ob andere Ursachen hierfür verantwortlich sind, können nur weiterführende Untersuchungen klären. Dabei wären vor allem aktuelle Erkenntnisse über die Dynamik des Hodenwachstums und das Pubertätseintrittsalter hilfreich. In älteren Arbeiten zeigten Duroc-Eber einen von den übrigen Rassen abweichenden Wachstumsverlauf, aus dem abgeleitet werden kann, dass diese Rasse die Phase des intensiven Hodenwachstums zu einem frühen Zeitpunkt abschließt und kleinere Hoden besitzt (Wicke u. Mudra 1992).

Abschließend zeigt die vorliegende Studie, dass Jungeber weniger sensitiv auf saisonale Einflüsse reagieren als Alteber. Im Vergleich zu anderen Studien (Stähr et al. 1987; Rutten et al. 2000; Wolf u. Smital 2009), konnten in der vorliegenden Arbeit nur geringe saisonale Schwankungen und Leistungsdepressionen in den Spermaparametern beobachtet werden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass ausschließlich Ejakulate von Jungebern untersucht wurden. Eine größere Hitzetoleranz wurde beispielsweise bei zehn Monate alten Duroc-Ebern im Vergleich zu Altebern gefunden (Huang et al. 2010). Erklärt wurde dies mit einer besseren Thermoregulation der Jungeber, bedingt durch ein vorteilhafteres Körpervolumen-Oberflächen-Verhältnis und einer geringeren Isolation mit subkutanem Fettgewebe. Demnach ist es nicht erforderlich, die Saison als Einflussfaktor bei der Eberselektion zu berücksichtigen.

Die Bedeutung einer erweiterten spermatologischen Diagnostik belegen die Ergebnisse der zweiten Studie. Die Ergebnisse zeigen, dass eine subklinisch verlaufende Infektion mit einem PRRSV Feldstamm des Subtyp EU-1 in der betroffenen Station zu einer

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Akrosomintegrität sowie die kinetischen Parameter der Spermatozoen. Das PRRS Virus disseminiert über infizierte Zellen in den Reproduktionstrakt (Swenson et al. 1994). Die Infektion beeinträchtigt die Spermatogenese und führt in Folge zu einer zellulären Depopulation und Desquamation des spermatogenen Epithels (Sur et al. 1997). Mit hoher Wahrscheinlichkeit steht der Anteil geschädigter Spermatozoen in der vorliegenden Studie in Zusammenhang mit dem direkten Einfluss einer viralen Replikation. Offensichtlich sind diese Eigenschaften sehr effizient für die sexuelle Übertragung und tragen gleichermaßen zu einer verringerten Spermaqualität bei.

Klinische Anzeichen einer akuten PRRSV Infektion wurden in der betroffenen Station nicht beobachtet. Alle Eber waren während der Studie klinisch unauffällig und gut konditioniert.

Besonders das Fehlen der klinischen Symptomatik stellt aber ein großes Problem in der PRRSV Diagnostik dar. Die signifikanten Veränderungen der kinetischen Parameter der Spermatozoen nach der PRRSV Infektion waren besonders durch eine Erhöhung der Kreisbeweglichkeit gekennzeichnet. Es wäre sinnvoll, Richt- und Grenzwerte für kinetische Parameter der Eberspermatozoen zu definieren. Orientierungswerte könnten dann im Rahmen des PRRSV Monitorings als Kontrollwerkzeug in das Gesundheitsmanagement einer Eberstation implementiert und so bei der täglichen spermatologischen Routinediagnostik zusätzlich genutzt werden. Aktuell werden in den Stationen, die über ein CASA System verfügen, tagtäglich viele Motilitätsparameter der Spermatozoen erhoben, aber nicht effizient genutzt. Eine Verknüpfung der CASA Daten mit dem regulären PRRSV Monitoring sollte zukünftig fester Bestandteil des Gesundheitsmanagements sein und somit einen wertvollen Beitrag zur Früherkennung von potentiellen Ausbrüchen leisten.

Einige Studien belegen, dass die Spermaqualität nach einer natürlichen PRRSV Infektion nicht beeinträchtigt wird (Yaeger et al. 1993; Swenson et al. 1994). In anderen Arbeiten konnten Defizite ermittelt werden. Unter anderem wurde über eine Beeinträchtigung des Ejakulatvolumens, der Spermienkonzentration und der -motilität nach einem PRRSV Einbruch in Eberstationen berichtet (Feitsma et al. 1992). In einer spanischen Studie konnte gezeigt werden, dass experimentell mit einem PRRSV EU-1 Subtyp infizierte Eber signifikante Veränderungen in der Spermaqualität aufwiesen, die besonders die progressive Motilität und die Morphologie der Spermatozoen betrafen. Außerdem wurde ein Anstieg des Anteils von Spermatozoen mit Plasmatropfen und eine Verringerung des Anteils von Spermatozoen mit intakten Akrosomen verzeichnet (Prieto et al. 1996).

Negative Auswirkungen auf die Morphologie der Spermatozoen und Verluste in der

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Referenzen

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