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98 ‚ DIE FARBE.

Gelb hat eine fehr grofse Verwendbarkeit mit einem bräunlichen Beigefchmack und wenn es fich der Lokalfarbe des Goldes nähert; eine fehr geringe Verwendbarkeit dagegen in feiner höchfien Reinheit als Spektralfarbe, im Kanarien— und im Schwefelgelb. Das Prinzip des Braunen Hi hier fiegreich, denn wenn ein Hinüberneigen zum Rothen allein genügte, fo müfsten auch Rothgelb und Gelbroth dekorative Farben für breite Anlagen fein, was fie indeffen nicht find, da fie fich nur für die Mikrochromie eignen. Am Beflen fieht zu gröfserem gelbem Hintergrund fchwarzes Holz und blaues Gewebe, eine hochfeine Kombination, deren vornehme Kühlheit durch gefchickte Verflechtung mit Karminroth und namentlich dann, wenn neben edlen Stoffen (Atlas—

‘oder Ledertapete, Sammet) dekorative grofse Oelbilder mitwirken, zu feierlicher Pracht gefieigert werden kann. Dafs neben hellbraunen Hölzern gelbe Gewebe oder Tapeten übel angebracht find, if’t felbfiverfiändlich; häufig genügt es, letztere durch einen kleinen Stich in’s Grünliche auch in folcher Verbindung erträglich zu machen. Der Anficht Goethe’s, dafs die gelbe Farbe an unedlen Oberflächen, wie des gemeinen Tuchs, des Filzes und dergleichen, worauf fie nicht mit ganzer Energie erfcheine, zu einer Farbe des Mifsbehagens werden müfste, kann fich wohl Niemand anfchliefsen, der die Wirkung des Gelben in orientalifchen Teppichen genau beobachtet hat. Aber ficher ifi, dafs mit der Feinheit des Stoffes auch die Farbe an Verwendbarkeit zunimmtß, Diefe tritt fchon in den glänzenden Geweben, vor allen im Atlas, zu Tage, erreicht aber ihren höchften Grad in den gelben Metallen.

Die Goldfarbe verdankt ihre bevorzugte Stellung in erfier Linie dem durch kein Pigment erfetzbaren metallifchen Glanz, welcher ihr eine ganz eigenthümliche plafiifche Lebendigkeit ver- leiht; in zweiter Linie ihrer fiofflichen Ausfchliefslichkeit. Wenn wir fie mit Holz, Geweben, Leder, Papier, Stein, Glas oder Thon in Verbindung bringen, fo haben wir immer die befiimmte Vorfiellung der metallifcben Applikation. Am Auffallendf’ten tritt dies in Fällen hervor, wo wir die Anwendung jedes anderen gelben Pigments als gefchmacklos verwerfen müfsten. Braun—

gebeiztes Holz verträgt theilweife Vergoldung, aber kein gewöhnliches Gelb; fogar braune und gelb—

grüne Tapeten können mit Goldgrund oder Goldörnamenten prächtig wirken. Der Werth der Goldfarbe für den Kontur und die neutrale Zone überhaupt wurde fchon früher (S. 54) hervor——

gehoben; ja fie if’t in diefem Wirkungskreife fo wichtig, dafs man fie, um ihr. Anfehen hoch zu halten, füglich hierauf befchränken follte. Jedes Uebermafs im Gebrauche des Goldes wirkt ab—

fiumpfend, wie allzu häufiger Champagnergenufs.

Roth ifi die Farbe des Blutes, der Liebe, der Leidenfchaft.*) In Verbindung mit Schwarz client fie finfteren Mächten, mit Weifs unfchuldvoller Freude, mit Gold der Prachtentfaltung. Für die Dekoration kommen indeffen mehr die bräunlichen als die fpektralreinen Tinten diefer Farbe.

in Betracht; für gröfsere Flächen und pblychrome Grundf’timmungen hauptfächlich Indifch—, Pom—

pejanifch— und \Veinro'th. Karminroth und Purpur find nur in kleinen Dofen angenehm, und die Verwendbarkeit der Farbe nimmt in dem Mafse ab, in dem fie fich dem Blauen zuneigt. Der Charakter des Blaurotben und Vz'0letten iPt Unruhe, daffelbe ifi daher bedingungsweife eher im Koftüm als in der Dekoration zu brauchen. Sehr treffend fagt Goethe: »]ene Unruhe nimmt bei der weiter fchreitenden Steigerung zu, und man kann wohl behaupten, dafs eine Tapete von einem ganz reinen gefättigten Blauroth eine Art von unerträglicher Gegenwart fein müfste. Sehr ver—

dünnt kennen wir die Farbe unter dem Namen Lila; aber auch fo hat fie etwas Lebhaftes ohne

Fröhlichkeit.«

Blau dagegen ift eine Farbe von hoher Bedeutung, deren richtige Anwendung einen Prüf- I’tein für das Talent eines Dekorateurs bildet. Es wäre falfch, ihr Energie und Kraft abzufprechen ;

*) Von einem geiftreichen Franzofen wird erzählt: ll prétendait que son ton de conversation avec Madame était clmngé depuis qu’elle avait changé en cramoisi le meuble de son cabinet qui était bleu. (Goethe, Farbenlehre 762.)

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DIE FARBE. 99

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140] Entwurf zu einem Holzplafond von Gabriel Seidl.

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eher könnte man fagen, fie habe ein »kühles Feuer«, das feine Umgebung nur in defio wärmerem Scheine erglühen läfst. Diefe Eigenfchaft entwickelt es insbefondere in den Verbindungen mit Braun und Roth, welche neben Blau in’s Gelbliche getrieben werden. Seiner Natur als negatives Erregungsmittel entfprechend ift Blau nicht geeignet für das Kolorit breiter Flächen, auf denen das Auge auszuruhen pflegt. Deshalb iii es in gröfseren Feldern nur etwa an der Decke zu ver-—

wenden ; in den polychromen Teppichen oder Fliefen des Fufsbodens mag es höchf’tens die Grund—

fiimmung abgeben; an den Wänden genügt feine Vertretung in der Malerei. Die keramifche Kleinkunft wendet blaue Farben nicht blos deshalb mit Vorliebe an, weil die betreffenden Pigmente lich prächtig für die Glafur eignen, fondern auch weil dem Materiale die kühle Farbenfiimmung entfpricht. Für das Tifchgefchirr von Porzellan empfiehlt lich eine blaue Ornamentik auf weifsem Grunde insbefondere, weil gerade eine folche nicht leicht den Farben der Speifen Konkurrenz macht.

Für textile Stoffe, welche erwärmen follen, z. B. Seifel— und Kiffenüberzüge, find nur folche blaue Tinten zu wählen, welche etwas in’s Gelbliche oder Bräunliche fpielen; Divanüberzüge, Portiéren und Vorhänge follten überhaupt nicht blau fein. Zu allen diefen Erwägungen tritt noch

die Rückficht auf die Veränderungen, welche das künftliche Licht gerade an der blauen Farbe

bewirkt.

Dem aufmerkfamen Lefer wird eine gewiffe Einfeitigkeit in der hier fkizzirten Farben—

ökonomik*) nicht entgangen fein. Es if’t das, was ich fchon früher (S. 60 & 63) als Natzbnalz'tc'iz‘

*) Ein tioll/l‘änrligci‘ Syltem der Farbcnanwendung in der Dekoration (einfchliefslich der Malerei) müfste freilich vor allen Dingen die Poikilochromie oder Kleinfelderfärbung umfaffen, und zwar gefondert nach Stoffen, Techniken und Ge—

brauchszwecken; ferner die Lehre von den obligaten und applizirten Farben und der Fiirberei. Befondere Beachtung verdient die von Brücke (Phyfiologie der Farben 3. 251) unter dem Namen »Merochromie« begründete Lehre von der Ausbreitung eines beitinunten Farbentones über eine ganze vielfarbige Kompofition, von welcher bei den keramifchen Gefällen noch die Rede fein wird.

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