SCHWEICI:'N
SCHWEICE~J -·Zur Vorgeschichte der gegenwärtigen l-loch- schulrnisere zählen nicht nur Stichtage wie der 19. Juni 1999
SCHWEICEN
(Bologna-Deklaration) und der z:J. Februar 2002 (5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes, neues Dienstrecht). Wer in einem größeren historischen Horizont denkt, wird auch den 26. Januar [626 hinzufügen wollen. Das ist das Geburtselaturn Armand·Jcan de Ranccs, sp;Lter Abt des Benediktinerklosters La Trappe und Grüneier der nach diesem Kloster benannten Trappisten, die sich e.inen.1 Leben in Andacht, BufSc und Schweigen verschri.eben.
Rand' hatte allerdings-· und hier .nirnmt das Unheil seinen Lauf··
von den Wissenschaften seiner Zeit eine so abfällige Meinung, dass er sie dem Uirm der Welt übedicK So wurde eine grofSc Chance vertan, in die Erneuerung der klösterlichen Lebensweise auch die U nivcrsWiten einzubeziehen. Seither gehen Schweigen und Wissen getrennte Wege. Heute verhalten sie sich wie Fremdlinge, wenn nicht Feinde zueinander. Die S~ikularisicrung
des Wissens hat auch die einstmals heilige Stille erbsst.
Es mag zwar hier und da noch eine Erinnerung daran fortbcst(:>
hen, dass Wissenschaft nah am Schweigen siedelt (-+ EinzelH schreibtischfO.rscher). Je inniger ihr Verhältnis zur Sprache ist- das variiert von Fach zu Fach-·, desto mehr bedarf sie eines Re·
sonanzraurnes der Stille, weil man nur an den Rändern der Sprache, wo die BegriffSkonventionen sich auflösen, Kontakt mit dem bisher Ungedachten aufnehmen kann. Für das Stillsein aber, das sich einmal mit dem Gelehrtenturn verband, existiert in der KommunikationsgesellschaH der Moderne kein institutionell bt>
glaubigter Ort. Wie sollte man Schweigen auch evaluieren? In welchem Uanking spielt Konzentration, die eine 'Tbchter des Schwcigens ist, eine Rolle? Der heutige Wissenschaftsbetrieb prämiert vor allem die grogen Komrnunikatoren.
Keine guten Voraussetzungen für die Erneuerung einer «monasH tischen Option» (Morris Berman) der wissenschaftlichen Elite!
Vielleicht sollte man sich stattdessen an einem zeitgcnössischeren Modelt orientieren: dem neuen E U·Agrarhaushalt. Wanun nicht auf einem Markt für geistige Güter, der aHe Merkmale einer in- flationären Überproduktion zeigt, ein paar Jahre das Brachliegen und die Regeneration der Kulturen subventionieren? Es ließe sich Erschienen in: Der Campus-Knigge : von Abschreiben bis Zweitgutachten / hrsg. von Miloš Vec... (Hrsg.). - München : Beck, 2006. - S. 178-180. - ISBN 3-406-55062-2
Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-189912
130 SCHWEl Nt
leicht ein abgestnfter DFG-Tarif finden:
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E: Cür jeden nicht gehaltenen Vortrag, 3000,-€:
für jede aus dem Kalender ge- strichene 'H1gung, einen Orden pour l'humanite für jeden un- geschriebenen --> Antrag, nicht zuletzt ein beträchtlicher Over- head für Hochschulen, die so vorausschauend und kühn sind, ihre Sonderforschungsbereiche zu schließen und den Professoren die«-t Freiheit und SpontaneWit zurückzugeben, damit sie fOrschen können, worüber sie wollen ... Erst würde es wie ein Rückschritt aussehen und die Wissenschaftsplaner verzweifeln lassen. Aber spätestens im dritten Frühling würde sich ein ökologisches Wunder ereignen, ungeahnter Artenreichtum sich ausbreiten, tiefgründige Abhandlungen entstehen - in Ehrfurcht vor dem Wort, das sich dem Unaussprechlichen abringt, Stille atmend ...
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