• Keine Ergebnisse gefunden

Leseprobe aus: ISBN: Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Leseprobe aus: ISBN: Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf"

Copied!
38
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Leseprobe aus:

ISBN: 978-3-498-00183-4

(2)

Silvia Tschui

Der Wod

Roman

Rowohlt Hundert Augen

(3)

Originalausgabe

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Mai 2021 Copyright © 2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Typografie Farnschläder & Mahlstedt, Hamburg Schrift Quadraat Pro

Druck und Bindung CPI books GmbH, Leck, Germany ISBN 978-3-498-00183-4

Die Rowohlt Verlage haben sich zu einer nachhaltigen Buchproduktion verpflichtet. Gemeinsam mit unseren Partnern und

Lieferanten setzen wir uns für eine klimaneutrale Buchproduktion ein, die den Erwerb von Klimazertifikaten zur Kompensation des CO-Ausstoßes einschließt. www.klimaneutralerverlag.de

(4)

«Also gut», sagt Charlotte mitten im Streit und setzt sofort einen Blinker, «also gut, du bist langsam alt ge- nug, das zu verstehen. Ich muss mit der Diamantkette anfangen. Oder, nein, mit den Kartoffeln, ich muss mit den Kartoffeln und den Großonkeln anfangen.»

Charlotte wirft während der Fahrt einen kurzen Blick auf ihren Sohn. Er ist kein Kind mehr, er stellt Fragen, lange schon, aber diesmal lässt er sich weder vertrösten noch abwimmeln, diesmal öffnet er in voller Fahrt sei- ne Autotür und sagt: «Jetzt! Du erzählst es mir jetzt!», und Charlotte wechselt sofort die Spur, noch immer sägt Bob Dylan «How does it feel …» aus dem Autoradio, und Charlotte fährt auf den Pannenstreifen und dreht den Zündschlüssel und sagt in die Stille: «Also gut. Die Kar- toffeln, an Lillis Geburtstag, und ich hab die Lilli im Üb- rigen so sehr geliebt, wie man eine Großmutter nur lie- ben kann, damals wenigstens, und mit den Kartoffeln an ihrem Geburtstag, da fängt es an, wenigstens für mich, und deshalb wohl auch für dich.»

Eine Schüssel voll Kartoffeln fällt vor Charlotte zu Boden und zerbricht. Nis, ihr Geheimdienst-Großonkel, etwas über sechzig, seine Anzüge erinnern stets an seine Kar- riere, Orden auf der Brust, feixt. Weiß zeichnet sich auf seinem roten Gesicht die alte Narbe ab, ein dicker wei- ßer Striemen vom Auge bis zum Mundwinkel.

Der Karl, der Mönchs-Großonkel, starrt seinen älte- ren Bruder an, er hat nach der Schüssel mit den Kartof- feln gegriffen und damit nach dem Nis geworfen, puter- rot ist der Karl, kaum zu glauben, dass sich eine natio- nale Berühmtheit, der gute, der liebe Bruder Karl, in der Presse wegen seines Engagements für die runtergekom- mensten Drogensüchtigen wie ein Heiliger gefeiert, so gehenlassen kann. Der Nis feixt noch immer, der Karl

(5)

greift nach dem Bratenmesser, er keucht, seine Groß- nichte Charlotte steht erstarrt hinter ihm.

Eine kleine Bemerkung hat diese Eskalation aus hei- terem Himmel ausgelöst, eine Bemerkung, die sich Charlotte erst Jahre später erschließt, als sie in einer anderen Stadt beim Geheimdienst-Großonkel Nis zu Be- such ist, aus Traurigkeitsgründen, die in ein paar Kapi- teln klar werden, und dort auf dem Sofa sitzt und fragt.

«Jetzt mal ehrlich», fragt sie, «was hast du damals nur zum Onkel Karl gesagt?», und der Nis redet, er ist ein glänzender Unterhalter, nicht zu stoppen, ein wan- delndes Geschichtsbuch am Ende seiner Seiten, schon die Randnotizen füllen locker einen Tag und eine halbe Nacht.

Manchmal murmelt seine Frau daneben im Rollstuhl, sie murmelt stets dasselbe: «Das ist auch nicht einfach gewesen, wie ich die Tochter auf der Brücke – », worauf sie jedes Mal abbricht, als wäre das Ende des Satzes zu schrecklich, um es auszusprechen.

Charlotte beginnt mitzuzählen: Achtzehnmal hat sie mit «Die Tochter auf der Brücke  – » angefangen, vom Geheimdienstonkel siebzehnmal ignoriert, und Charlot- te wundert sich wieder einmal, weshalb sie eigentlich diese zwei Töchter nie kennengelernt hat, die in einer Stadt nur eine Stunde von der ihren entfernt wohnen sollen.

Es gibt schottischen Whisky, und die Uhr schlägt halb zwei nachts, als Charlotte nach dem Konversationsstrom endlich aus der Wohnung wankt, sie erbricht sich, kaum ist die Tür hinter ihr zu, in ein Gebüsch, bevor sie ins Hotel weitertorkelt.

Die Bemerkung bei dem Familienfest damals war:

«Nimm nicht zu viel Kartoffeln, ne, nicht, dass dir dann der Teller zu schwer wird.» Charlotte erinnert sich, sie

(6)

erinnert sich sogar, beim Nis liebevolle Besorgnis, beim Karl kurz eine Krankheit vermutet zu haben, aber der Karl in seinem Ordensgewand keucht und umklammert das Fleischmesser, der Nis kichert noch immer, er ist aber doch einige Schritte zurückgetreten, der Karl stürzt ihm nach, noch immer steht Charlotte blöd da, aber da springt die Lilli mit einem Satz hinzu, einem riesigen, und dabei ist sie fünfundsiebzig Jahre alt, heute. Ihret- wegen sind alle hier, im Park ihres Hauses über dem See stehen in der Orangerie drei lange Tische.

Weiß beschürzte Männer tauschen leer gegessene Schüsseln gegen volle aus, Damen in Hüten und Som- merkleidern parlieren mit Männern in Fräcken und di- versen Uniformen, und draußen im Park steht das Or- chester zu Lillis Ehren bereit, golden blitzen Instrumen- te, blau dahinter der Zürichsee.

Die Lilli hat eine Körpergröße von hundertfünfund- fünfzig Zentimetern, und sie umfasst den Mönchs-Groß- onkel samt Bratenmesser, sie umarmt ihn, ihren klei- nen Bruder, eigentlich Halb-, «Schhh, mein kleiner Karl, mein Karlchen, lass ihn doch, lass ihn einfach», und da beginnt der gesetzte Endfünfziger zu schluchzen, er schluchzt und keucht, er bekommt keine Luft mehr, und die Lilli, fünfundsiebzig Jahre alt an diesem Tag, kann ihren kleinen Bruder nicht mehr halten.

Das Messer fällt ihm aus der Hand, er krampft zu Bo- den, ihm wird dunkel, er zieht die Lilli mit. «Ach Kin- ners», sagt sie, und: «Karlchen, Mensch, Karlchen», sagt die ältere Schwester und hält ihn,

dabei ist er doch schon groß, vier Jahre alt, und die Lilli hält ihn, die schöne Lilli, die große Schwester, eigentlich Halb-, die aussieht wie sein Vater und wie er, hell und blond und lustig und vom Norden, nicht wie die dunkle Mutter, die immer arbeitet, und wenn sich die Schnür-

(7)

senkel wieder um seine Finger verheddern, seufzt die Mutter: «Ach, wärst du doch nützlich wie der Nis.»

Aber jetzt ist seine Lilli nach Berlin gekommen, «zur Ausscheidung, falls es wieder ein großes Turnfest gibt», sagt der Vater einmal, als er ausnahmsweise mal nicht schon morgens in aller Herrgottsfrühe in der Druckerei steht, «die Lilli hat schon beim letzten in der vordersten Reihe geturnt!».

Eine riesige Ehre, und überhaupt sei die Lilli eine Ka- none im Turnen, aber der Karl weiß: Die Lilli ist eine Kanone in allem. Und eigentlich ist sie nämlich seinet- wegen nach Berlin gekommen, er sitzt auf ihrem Schoß und darf auf einer breiten Schotterstraße außerhalb der Stadt ans Steuerrad fassen.

Musik setzt ein, goldene Klänge schwellen, Trompe- ten und Fanfaren, die Lilli hat ein Auto bekommen, sie durfte zu ihrem achtzehnten Geburtstag den Führer- schein machen, «wohl als Einzige in der ganzen Stadt», meint sie und lacht, hat sie mit zwanzig ein Auto bekom- men, seine schöne große Schwester.

Der Karl darf steuern, und sie sagt: «Wenn ich älter bin, dann will ich genau so ein süßes Karlchen haben, wie du es bist», und dann singt sie, «Stumpfsinn, Stumpf- sinn, mein Vergnügen, Stumpfsinn, Stumpfsinn, meine Lust!», in verschiedenen, extra blöden Stimmen.

Und er ist es, der ein Jahr später zu ihr in den Nor- den darf, als in der Wohnung in Berlin längst die Fens- ter mit dunklen Stoffbahnen und Wolldecken und Pap- pe verhängt sind und man in den Keller rennen muss, wenn wieder Flugzeuge tief fliegen, und sie fliegen oft, und die Mutter stößt ihn die Treppe hinunter, wenn er wieder nicht schnell genug ist und es wummert, und es wummert oft. Im Keller drücken sich der Nis und er an die Mutter, die sitzt da und hält die beiden, rechts und links, und keiner sagt ein Wort.

(8)

Einmal knallt es direkt neben ihnen, das ganze Haus bebt, der Nis springt auf, der Karl will sich in den Schoß der sitzenden Mutter werfen. Aber die hat schon den Kopf an der Brust vom stehenden Nis geborgen.

Zuerst wird der Nis weggeschickt, weil es zu gefähr- lich wird für Kinder, sagt die Mutter. Er komme zu ei- nem Bauern im Osten, und der Karl steht mit der Mutter am Bahnhof und sieht zu, wie sie den Nis zum Abschied küssen will, «Du wirst mir so fehlen, mein Großer», und:

«Mach dich nützlich, arbeite recht fleißig und schau sel- ber, was es zu tun gibt, ohne dass man dir was sagen muss!»

Der Nis macht ein hartes Gesicht und weicht ihrem Kuss aus. Er ist zehn und groß und kann für sich sel- ber schauen, sagt er, und die Mutter meint, sie sei stolz auf ihn, schon so erwachsen. Der Nis dreht sich um und steigt ein.

Er hat dem Karl noch nicht einmal «Auf Wiedersehen»

gesagt. Der Nis steht im Abteil am offenen Fenster, die Mutter streckt ihm die Hände entgegen. Der Nis nimmt sie nicht.

Und als der Zug abfährt, steht die Mutter da und winkt, mit beiden Händen, in der einen ein Taschen- tuch, aber der Nis hat sich wohl hingesetzt, jedenfalls schaut er nicht einmal zum Fenster heraus, und die Mut- ter winkt und winkt, und der Karl steht daneben, und erst als der Zug schon fast aus dem Bahnhof ist, streckt sich doch noch ein Kopf aus einem Fenster, es könnte der Nis sein, so genau sieht man das in der Ferne nicht.

Die Hände der Mutter sinken herab, der Karl will nach einer greifen, aber sie wischt sich damit über die Augen und steckt sie dann in ihre Manteltasche.

Helfen will der Karl der Mutter, jetzt, wo der Nis weg ist, wird sie schon sehen, wie viel Wäsche er in einem Mal hinunter zum Mangelraum tragen kann. Und das

(9)

Schuhebinden hat er längst geübt, die Schnürsenkel ver- heddern sich nicht mehr, die Mutter hat das noch gar nicht bemerkt.

Es kommt nicht dazu.

Schon am nächsten Morgen steht die Mutter auch mit dem Karl am Bahnhof, in den Norden, wo es sicherer ist, wird er geschickt, allein. Er will nicht einsteigen, er klammert sich an ihre Beine und schluchzt, der Schaff- ner pfeift gleich neben ihnen, «jetzt los, Jung, mach kein Theater, mach’s deiner Mutter doch nicht so schwer», bis er ihn an den Füßen hochhebt und die Mutter ihn um die Brust fasst. Der Karl windet sich, sie steigen mit ihm die Treppe des Zugs hoch und legen ihn ins Abteil, der Schaffner hält ihn fest, und die Mutter löst seine Hän- de und muss sich anstrengen dabei. Sie rennt aus dem Abteil, und der Karl ruft «Mutter!» hinter dem Schaff- ner hervor, aber der Schaffner hat Arme aus Eisen, eine ganze Weile lang.

«Lass uns mal das Fenster öffnen, min Lütt», sagt der Schaffner jetzt, «dann kannste noch winken.» Aber von der Mutter ist am Ende des Bahnsteigs nur noch der Rü- cken zu sehen. Sie winkt nicht, sie rennt, den Kopf ge- senkt, und der Karl heult jetzt erst so richtig, der Schaff- ner lässt ihn, und er heult, bis er allein im Abteil ein- schläft auf den Sitzen, und

jemand ruft von weit her: «Hört auf zu spielen, hört auf!», dabei hatte der Karl gar nicht gemerkt, dass im- mer noch die Musik spielt, aber jetzt ist es still. Es ist auch dunkel.

Nur Charlotte sagt: «Das ist ein Herzinfarkt! Ein Herzinfarkt!», sie weiß nun endlich, was zu tun ist, «eine Ambulanz, jemand!», sie kniet sich neben den Mönchs- Großonkel und drückt rhythmisch auf seine Brust, Ah ha ha ha, stayin’ alive, stayin’ alive, zweieinhalbmal, dann

(10)

zweimal in die Nase pusten, hat sie zum Glück soeben im Vorbereitungskurs für den Führerschein gelernt.

Daneben liegt die Lilli und starrt auf ihren Arm. Aus dem sprüht eine dünne rote Fontäne, das Bratenmesser von vorhin, und ihre Tochter Sünje steht daneben und starrt auf ihren Onkel Karl, der da liegt, starrt auf ihre Tochter Charlotte, die sein Herz drückt, und auf den wei- ßen Arm ihrer Mutter, auf den rhythmischen Blutstrahl aus Lillis Arm und tut nichts und rührt sich nicht und denkt: «Geschieht dir recht.»

Dieser weiße Arm, auch jetzt nicht schlaff und nur et- was faltig, der vor Jahrzehnten jung und fest und bei aller Kleingliedrigkeit muskulös war, ein richtiger Tur- nerinnenarm, dieser Arm, der an jenem schrecklichen Abend damals die Sünje festhielt, hinter der Eingangs- tür genau dieses Hauses, dieses verhassten Hauses in allerbester Lage oberhalb des Zürichsees, während Lillis zweiter Mann, das Schwein – dass die Sünje heute über- haupt zu Lillis Feier gekommen ist, nur Charlotte zulie- be hat sie es in ihr verhasstes Elternhaus geschafft, und auch nur nach Absprache mit den Ärzten, «Geschieht- dirrecht geschiehtdirrecht geschiehtdirrecht», und wä- re Lillis Arschlochmann, der Karol, nicht längst tot, fried- lich eingeschlafen in seinem Sessel und nicht mehr auf- gewacht, ein viel zu gnädiger Tod für das Schwein, wär der nicht tot, wäre die Sünje heute gar nicht gekommen.

Und auch so nur ihrer Tochter zuliebe, Charlotte, die die Großmutter so liebt, obwohl die das nicht verdient, Charlotte, die nichts weiß und nichts wissen soll von dem ganzen Familiendreck, und nur nach Absprache mit den Ärzten und mit einer Haldol extra.

Die Tablette wirkt, die Sünje ist ganz ruhig, obwohl sie angeherrscht wird, Charlotte, die auf ihrem Großon- kel Karl herumdrückt, schreit: «Druckverband, Mama,

(11)

jetzt mach doch!», und die Sünje sieht den weißen Arm an und

ist jünger als Charlotte, die Sünje ist sechzehn, und Lillis Arme halten sie fest, umschlingen sie von hinten, wäh- rend der Karol, die Sünje weigert sich, den Stiefvater zu nennen, ihr eine Ohrfeige verpasst, und die Sünje sieht ihn an und trifft mit ihrer Spucke direkt in sein Gesicht, worauf er sofort die Faust ballt, in die Rippen und auf die Nase, noch bevor die Lilli losgelassen hat und ihrem zweiten Mann zuzischt: «Karol! Das reicht!»

Da liegt die Sünje schon gekrümmt auf dem Boden, hält sich die Rippen, und die Mutter legt sich neben sie, die weißen Arme umschlingen sie schon wieder. «Du kannst dich doch nicht so wegwerfen», murmelt die Lilli dicht an ihrem Ohr, die Sünje kann den Atem der Mutter riechen, er riecht nach Weißwein, und spürt ihre nasse Wange, «kannst dich doch nicht so wegwerfen, wirf dich nicht so weg, bitte, du bist doch so schön, dein ganzes Leben …»

Der Karol stützt sich indes an der Wand ab, er atmet schwer, der Kotzbrocken, atmet mal wieder schwer, die- ser Atem, der Sünje dreht sich der Magen um, Schmerz zieht durch ihre Körpermitte, Sünje hustet und stöhnt auf, jedes Husten jagt ihr Feuer zwischen die Rippen.

Der Karol löst sich von der Wand. Er schließt die Haustür doppelt zu, holt seine Aktentasche von der Gar- derobe, er setzt sich auf einen der Sessel in der Emp- fangshalle, nimmt einen Aktenordner aus der Tasche und zieht daraus mit chemischen Formeln übersäte Blät- ter, er spitzt langsam einen Bleistift und lässt die hauch- dünnen Holzspäne demonstrativ neben seinen Sessel fal- len. Die Lilli schnieft und lässt die Sünje schließlich los, um Schaufel und Kehrbesen zu holen, der dicke Aqua- marinring glitzert dabei an ihren Händen, und der Ka-

(12)

rol sitzt in der Empfangshalle vor der Haustür, als wür- de nur er auf der Welt existieren, und dies nur, um bril- lanteste Formeln aufs Papier zu kratzen. Die Sünje steht stumm auf und schleicht sich gekrümmt die große Trep- pe hoch in ihr Zimmer im oberen Stock.

Etwas ist mit ihrer Rippe nicht in Ordnung, jeder Atemzug bereitet Schmerzen. Etwas ist auch mit ihrer Nase nicht in Ordnung, sie pocht dumpf. Woher die Lilli und der Karol wohl so genau wissen, mit wem sie sich trifft? Die Sünje zerbricht sich den Kopf, welchen Fehler sie gemacht hat, sie findet keinen. Sie hat nie vom Haus aus angerufen, sie hat nie irgendetwas aufgeschrieben.

Er aber schon, der Tommy hat ihre Adresse, sie hat sie ihm für alle Fälle gegeben, und die Sünje hofft, dass er keine Dummheiten anstellt, wenn sie einfach nicht auftaucht, unten am Tor klingeln etwa und alles noch schlimmer machen.

Draußen ertönt das Knattern eines Motorrads. Sünje humpelt, so eilig sie kann, zum Fenster und gibt Tommy, ihrem schönen Tommy, mit Handzeichen zu verstehen, dass er sich verziehen soll. Gekrümmt steht sie am Fens- ter, und der Tommy steht unten vor der Auffahrt hinter dem eisernen Gitter am großen Tor, er zieht noch nicht mal den Helm vom Kopf, sondern schlägt nur das Visier hoch, kuckt hoch und beschattet seine Augen, während die Sünje ihre Pantomime aufführt.

Er nickt schließlich, deutet auf sich, deutet weg, er macht eine kreisende Bewegung und zeigt dann wieder auf die Sünje.

Er wird kommen, mit Verstärkung, er wird sie holen.

Der Sünje entfährt ein Schluchzer. Sie bereut ihn sofort.

Die Rippe. Die Sünje schließt ihre Tür ab, richtig mit Schlüssel, und legt sich mühsam in Seitenlage auf ihr Bett. Einige Zeit später klopft es zaghaft.

(13)

«Sünje. Sünjelein», fleht die Lilli vor ihrer Tür. «Es tut mir doch leid.» Die Sünje legt sich ihr Kissen übers Ohr, darauf bedacht, die Nase nicht zu berühren. Sie kann ihren eigenen Herzschlag in der Nase spüren. Sie liegt auf ihrer Seite und atmet flach, draußen wird es dunkel, es pocht in ihrer Nase, und es dröhnt, es dröhnt von draußen, sie sind gekommen, der Tommy ist gekom- men und alle mit ihm, mindestens zehn, ein Gejohl ist vor der Tür, bald darauf krachen Schläge an der Haus- tür. «Ruf die Polizei!», schreit der Karol, dann ein Bers- ten, ein Klatschen, schwere Schritte auf der Treppe und schließlich vor ihrer Tür, die Klinke rattert, dann ein, zwei, vier dröhnende Fußtritte, und die Tür springt aus den Angeln.

Tommys Bruder Ueli steht in ihrem Zimmer, hin- ter ihm zwei schwere Kumpels in schwarzem Leder, schnauzbärtig und feist, mit schwarzen Westen über ih- ren Bäuchen, sie halten Brechstangen und Äxte in den Händen, dahinter ihr Tommy, ihr zarter, blasser Tommy, der eilt an ihr Bett: «Mensch, Sünje.»

«Was haben die mit dir gemacht?», fragt der Ueli.

«Kannst du aufstehen?»

Die Sünje schüttelt ihren Kopf.

«Versuch, dich auf den Rücken zu drehen», sagt der Ueli, er zwängt seine Arme unter sie, die Sünje wird fast besinnungslos vor Schmerz, als er sie aufhebt und die Treppe hinunterträgt. Sie sieht den Karol still im Sessel sitzen, vor ihm stehen zwei Hells Angels, ein weiterer hält die Lilli in Schach, und Sünje denkt, wie klein die Lilli doch wirkt, wie ein weißer Vogel, so klein und hell und blond und hübsch und solch eine unfassbar blöde Kuh.Das Letzte, was sie sieht, bevor sie aus dem Haus und durchs Tor getragen und behutsam im Seitenwagen ei-

(14)

ner Harley-Davidson verstaut wird, ist, wie die Lilli im Hauseingang die Arme nach ihr ausstreckt.

Dieselben Arme und Hände, die, sobald Sünje aus dem Haus ist, ein altes, zerschlissenes Buch aus dem Regal ziehen werden, die Lilli wird den Karol ignorie- ren, ihre Finger werden einen kleingefalteten Zettel aus dem Buchrücken fischen, auf dem eine Telefonnum- mer mit deutscher Vorwahl steht, wie auch die Worte

«Äußerster Notfall» und in Anführungszeichen «Deckna- me: ‹Fuchs› » und «Passwörter: ‹Schwiegermutter› und

‹Konfitüre› ».

Es klingelt zweimal, es knackt zweimal im Hörer, und eine Frauenstimme antwortet: «Kurzwarenhand- lung Schmidt?»

«Könnte Herr Fuchs bitte dringend seine Schwester in der Schweiz zurückrufen?», sagt die Lilli, worauf die Frauenstimme gar nichts sagt und die Lilli hastig an- fügt: «Seine, äh, Schwiegermutter hat Konfitüre einge- macht.» Die Frau legt wortlos auf.

Nach geschlagenen zwei Stunden endlich der Rück- ruf. «Schwesterherz, ich hab doch gesagt, äußerster Notfall, auf dieser Nummer, du machst mir hier die gan- zen Leute schissig – », aber die Lilli fällt ihm ins Wort:

«Warum hat das so lange gedauert, die Sünje, wir haben sie konfrontiert, Mensch, Nis, jetzt ist sie weg, die Sünje ist weg, du musst etwas tun, dieser schreckliche Motorr- adjunge, den dein Mann bei Sünjes Observation gesehen hat, er war hier, mit einer ganzen Bande, du bist der Ein- zige, der was tun kann, tu was!», und am anderen Ende tönt es: «Nu mal langsam, ich hab so schnell angerufen, wie ich konnte, Schwesterherzchen. Und ich hab schon was von oben auf die Finger gekriegt, dafür einen Mann zweckfremd eingesetzt zu haben, auf offiziellem Kanal läuft nichts mehr. Aber weißt du sonst was?»

(15)

Der Nis beginnt schon während Lillis Redeschwall zu kichern: «Hells Angels? Tatsache? Mensch, deine Kleine hat’s faustdick hintern Ohren!», und fragt, ob die Lilli denn auch einen Namen von dem Jungen wisse.

«Tommy», sagt die Lilli, ohne zu zögern, «genauso dürr und schmächtig, wie dein Mann das beschrieben hat, dunkelhaarig, blass, sieht kränklich aus, grünbrau- ne Augen. Aber sein Bruder, Ueli, der ist richtig feist und groß. Nachnamen hab ich nicht.»

«Lässt sich vielleicht was tun», antwortet der Nis.

«Könnte sogar interessant sein.»

Der Nis summt einen Takt, zwei Takte, er kichert:

«Könnte sogar richtig Spaß machen, mir ist schon was eingefallen, zum Glück hast du ja einen Chemiker im Hause, gib mir mal den Karol», sagt der Nis, der Nis, der die Dinge eben gebacken kriegt, denkt die Lilli und atmet zum ersten Mal seit zwei Stunden richtig aus und hat in diesem Moment, ohne es zu ahnen, ein paar eige- ne Lebensträume versenkt, Tommys Schicksal besiegelt und der Sünje auf Dauer eins reingebrannt.

Die hat der kräftige Ueli auf seinen Armen aus dem Haus getragen, hinterher tapst der Tommy, und im Hauseingang steht die Lilli, streckt hilflos die Arme aus und ruft: «Sünje!», diese Arme, die damals noch fest und weiß und bei aller Kleingliedrigkeit kräftig genug waren, um sie festzuhalten, während der Karol auf sie einprü- gelte, und

die jetzt, fast ein halbes Jahrhundert später, zwar fal- tiger, aber noch immer weiß und kräftig, an ihrem fünfundsiebzigsten Geburtstag daliegen, aus dem ei- nen sprüht ein feiner Strahl Blut, die Lilli liegt da und starrt auf ihren Arm, und die Sünje steht stocksteif und denkt nichts als «Geschiehtdirrecht geschiehtdirrecht geschiehtdirrecht», und Charlotte, die auf ihrem Groß-

(16)

onkel herumdrückt, dreht sich um und zischt: «Druck- verband, Mama, jetzt mach!», wenn die Lilli jetzt ver- blutet, die geliebte Großmutter, nicht auszudenken, und dabei hat die Lilli noch nicht mal Charlottes Geschenk ausgepackt, es liegt noch immer glitzernd in einer samt- gefütterten Schachtel.

Monatelang hat Charlotte daran gearbeitet, hat abends, nach ihrem Tagwerk, gefeilt und gesägt und ge- hämmert, mit einem Vergrößerungsglas auf dem Auge und zusätzlich zur Werkstattbeleuchtung sogar mit einer Stirnlampe auf dem Kopf, die wirft den kleinsten Schat- ten, sie hat die Steine gefasst und jede Fassung in Halb- millimeter-Abständen gerillt, sie hat die stilisierten flo- ralen Muster zwischen den Gliedern nachgebildet.

Dass die das alles in den zwanziger Jahren über- haupt konnten, die hatten doch noch überhaupt nicht das Werkzeug dazu, und zum Glück kann Charlotte das Ganze gleich als Gesellenstück ihrer Lehrabschlussprü- fung angeben, was wird die Lilli staunen, nein, weinen wird sie wohl vor Glück, wenn sie nicht vorher verblutet, wenn Charlottes Mutter nicht so strohdumm und nutz- los wie immer dasitzen würde. Charlotte spürt den alt- bekannten Hass in sich aufsteigen.

«Gopfertelli, hueresiech, Muetter!», und erst nach dieser Flucherei steht die Sünje übertrieben ruckartig auf, um ein Küchentuch zu holen, sie drückt den Lappen unsicher auf Lillis Arm, dabei war sie doch mal Kran- kenschwester, denkt Charlotte, unfassbar, die war mal Krankenschwester, während die Sünje das Ganze unge- schickt mit ihrer Nylonsocke verbindet und dann rum- steht wie immer, immer steht sie rum und starrt, oder sitzt und starrt, in eine andere Welt, wie sie in Charlot- tes Kindheit rumgestanden ist und gestarrt hat, an die Wand meistens, in der Küche, und geraucht hat sie, end- lose Kaffees getrunken, und wenn Charlotte doch mal

(17)

auf ihren Schoß geklettert ist, hat sie weitergestarrt, als würde eine Fliege auf ihren Kleidern rumspazieren, und Charlotte könnte wieder einmal platzen vor Wut.

«Wer braucht auch einen?» – der Geheimdienstonkel hat sich an der Hausbar einen großen Whisky einge- schenkt und setzt sich, Glas in der einen Hand, Flasche in der anderen, auf einen Stuhl. «Auf jeden Fall», sagt die Sünje, und Charlottes Hals wird eng, sie muss auf- passen, dass sie den Mönchsonkel nicht zu sehr und zu schnell drückt, und

der Karl spürt unerträglichen Druck auf seiner Brust, ein Druck wie eiserne Ketten, um ihn ist es so dunkel, bis er hochgehoben wird. «Karlchen, Mensch, Karlchen», sagt seine Lilli in die Dunkelheit, «wach schön auf, min Lütt, kannst dich anlehnen, ich hab dich doch nur hochgeho- ben, ist alles gut, du bist bei uns, du bist im Norden an- gekommen, kleiner Schlafmütz.»

Die Lilli ist schön und jung und blond, hinter ihr im Zugabteil stehen ihre Mutter Meta, die erste Frau von Karls Vater, und deren Bruder, Onkel Richard. Die küm- mern sich um sein schmales Kleiderbündel, und die Lilli trägt ihn bis zum Auto, «wie schön, dass du hier bist, min Lütt, wir werden so viel Spaß miteinander haben!». Die Lilli richtet das seidene Kopftuch, um ihre kurzen Was- serwellen vor dem Fahrtwind zu schützen, sie rückt ihre Sonnenbrille zurecht und streift weiße Nappalederhand- schuhe über – und lässt dann, obwohl es doch ihr Auto ist, den Onkel Richard steuern, damit der kleine Karl auf dem Beifahrersitz vorne auf ihrem Schoß sitzen kann,

«so siehste alles gut, nich?». Sie fahren vom Bahnhof weg über gepflasterte Straßen, gesäumt von mehrstö- ckigen Häusern, bis die Straßen zwar immer noch breit, aber nicht mehr gepflastert sind. Der Onkel Richard ver- langsamt die Fahrt.

(18)

«Nu kiek mal», sagt die Lilli und zeigt auf ein Gebäu- de. «Hier ist unsere Druckerei, im unteren Stock, und obendrüber ist die Setzerei, da müssen Männer mit gu- ten Augen Buchstaben in Rahmen setzen, und es gibt für die fertigen Rahmen, die kann man nicht runtertra- gen, weil sie so schwer sind, sogar einen Fahrstuhl, den zeig ich dir bald. Und oben drüber schreiben wir, also ganz viele Leute, die für uns arbeiten, und manchmal auch der Onkel Richard selbst und manchmal auch ich, was die Leute dann in der Zeitung lesen können. Und kiek mal, hier» – die Lilli deutet auf ein großes Gebäu- de mit drei geschlossenen Rundbogentoren –, «da ist un- ser Fuhrpark, um die Zeitungen auszufahren in alle Orte der Umgebung, fast bis nach Hamburg, aber die haben

’ne eigene Zeitung, und bis nach Pommern und ganz bis oben an die See. Morgen zeig ich dir die Lieferwagen, und eine Fuhrkutsche steht da noch, mit der fahren wir mal aus, aber der Onkel Richard hat nur eine behalten, und zwei Rösser, weil’s ihm im Herzen weh tut, sie al- le wegzugeben, aber mal sehen, wie lang …» Die Meta räuspert sich von hinten, und die Lilli schweigt mit ei- nem Seitenblick auf den Onkel.

«Wie lang was? Ich will die Pferde sehen!», sagt der Karl, und die Meta meint von hinten: «Wirst du, klare Sa- che. Weißt du, wir brauchen die Pferde eigentlich nicht mehr, und die fressen nur.»

Der Onkel Richard ist in weitere gepflasterte Straßen eingebogen, und die Häuser sind wieder größer gewor- den, aber nicht mehr aneinandergebaut, sondern ein- zeln, mit schönen Gärten rundrum und mächtigen Bäu- men davor. Der Onkel Richard biegt in einen Platz ein, mit einem Springbrunnen in der Mitte, und vor dem größten Haus, zuoberst am Platz, mit einer großen Trep- pe davor, welche mit einem goldenen Geländer verziert ist, hält der Onkel Richard.

(19)

«Hier sind wir!», sagt die Lilli.

Daheim ist jetzt am Sternenplatz, es muss das größte Haus am schönsten Platz in ganz Lücknin und Lücknin muss die allerschönste Stadt im ganzen, schönen Nor- den sein, denkt der Karl. Vor der Treppe stehen zwei Frauen in schwarzen Gewändern mit weißen Schürzen, Kragen und Hauben. Sie knicksen, als die Lilli mit dem Karl aussteigt und mit ihrer Mutter an ihnen vorbeigeht.

Über der Tür zeigt ein Löwenkopf seinen Rachen. Der Karl hält sich an der Hand der Lilli fest, und die geht mit ihm die Treppe hoch, in einen großen Raum, wo sie war- ten, bis aus einer anderen Ecke eine der Frauen mit wei- ßer Schürze herbeieilt. «Wir haben weniger Bedienstete jetzt», meint die Lilli, «sonst hätte hier jemand gewartet, statt dass wir warten müssen, bis die Friede durch den Dienstboteneingang angewackelt kommt, und Onkel Ri- chard müsste auch mein Auto nicht selbst in die Garage fahren.»

Elfriede nimmt Karl das Jäckchen und die Schuhe ab und bringt ihm dafür ein paar Hausschläppchen. «Alte von mir», sagt die Lilli, «die Meta behält zum Glück alles.

Schau mal, ob die passen.»

Sie passen genau. Die Lilli zeigt ihm sein Zimmer.

Ein eigenes Zimmer! Es hat Gardinen mit Sternmus- ter und weiße Bettwäsche mit Spitzenrändern, und ne- ben dem Bett steht eine Kiste, darin Holzpferde und Zinnsoldaten und sogar eine kleine Kutsche, und die Lilli meint, damit könne er später spielen, jetzt gebe es erst mal Apfelkuchen, sie hätten die Butter- und Eierrationen gespart, extra für ihn.

Der Karl darf später das ganze Abendessen über bei der Lilli auf dem Schoß sitzen, und ihre Mutter Meta, die danebensitzt, zerschneidet Kartoffeln und Karotten und ein kleines Stück Fleisch, die Lilli füttert ihn, «Da, mein

(20)

Kleiner», dabei ist er doch schon fünf und kann längst mit Messer und Gabel essen.

Später setzt sich die Lilli an den Flügel und singt lus- tige Lieder, und der Karl glaubt, er habe noch nie eine so tolle Stimme gehört, so schön singt die Lilli, sie muss die allerschönste Stimme im ganzen schönen Norden haben, bis es nach dem Abendessen klingelt und kurz darauf das Zimmermädchen sagt, der Fritz sei da. Da bekommt die Lilli rote Wangen, packt ihre Handtasche, malt sich schnell mit Lippenstift den Mund rot, knallt dem Karl einen Kuss auf die Wange, dass es einen Abdruck gibt, und fliegt aus dem Zimmer. Erst da wird der Karl still, so weit weg von der Mutter und ohne die Lilli und nur mit der Meta am Tisch.

Der Karl hört die Lilli unten lachen, eine Männerstim- me antwortet, die klingt holprig und eigentlich lustig, aber der Karl hasst die Stimme sofort, und dann hört er, wie die Tür geht und die Kurbel des Autos gedreht wird, und will hinterher. Aber die Meta sagt: «Nu, nu geh du mal in dein Zimmer und spiel mit deinen Pferdchen.» Da heult der Karl los, bis die Meta ihn auf ihren Schoß hebt und wiegt, und der Karl sinkt in warmes Fleisch, und sie meint, die Lilli käme ja wieder, «sie geht doch nur tan- zen, heute ist beim Grafen von Wotzow auf dem Schloss ein Fest, da fehlt doch die Lilli nicht! Sie kommt heute Nacht schon zurück, wenn du morgen aufwachst, ist sie wieder da, nu heul doch nicht so, mein Lütter, ich hab dich doch auch lieb.»

«Ich lass dich doch nicht allein!», meint die Lilli am nächsten Morgen.

Der Karl ist in ihr Bett gekrochen, und sie hat ihn gelassen und ihren Arm unter seinen Kopf geschoben.

Er krallt eine Hand in ihr Nachthemd und legt seinen Kopf in die Kuhle zwischen ihrem Arm und ihrer Schul- ter. «Ich lass dich doch nicht allein, ich geh doch nicht

(21)

weg, aber schlafen muss ich noch ein bisschen», sagt die Lilli, die nicht so gut aus dem Mund riecht. Sie legt ihren Kopf an den seinen und fängt an, leicht zu schnarchen.

Der Karl hört ihr Herz klopfen und bleibt trotzdem so liegen, obwohl er wach ist.

Später darf er sogar mit ihr und dem Fritz, der so holprig spricht – weil er aus der Schwitz kommt, sagt er –, mit auf das Segelboot auf dem Grünsee. Als die Lil- li das Segel schlackern lässt und sie langsam über den See treiben, fragt der Karl, ob es in der Schwitz denn heiß sei.

Beide lachen, was dem Karl nicht gefällt, aber die Lilli meint: «Nee, in der Schweiz ist es eher kühl, dafür aber eng, mit nicht so einem weiten Himmel wie hier, sondern mit vielen grauen Bergen.»

Der Fritz: «Hee, die Berge sind aber auch schön!», und holt trotzdem sofort tief Atem – hier spannt sich der Himmel wirklich von einem Ende der Welt zum anderen, und weit ist hier alles, und mit breiten neuen Straßen erschlossen, seit jüngstem,

nicht wie in seinem Dorf am Juramassiv, wo noch der Dorfpfarrer und der Gemeindepräsident zu entscheiden haben, ob der Fritz nun über ein paar Kantonsgrenzen ans Technikum in Zürich darf oder nicht. So als Sohn von einem Schmied und als Neffe von einem Gießer und einem Metzger gibt es doch genug Handwerk zu lernen, was denn der Fritz da wolle, der habe es ja öppen schon noch hoch im Grind.

Und wie der Vatter vom Fritz bei seinem Bruder nach dem eigenen Tagwerk noch wurstet und dann die ganze Metzgerei putzt, damit er alle paar Wochen dem Pfar- rer und dem Gemeindepräsidenten je eine Wurst brin- gen kann, damit der Fritz dann darf. Und wie alle, die Muetter und der Vatter und sogar das kleine Marie-The-

(22)

res Nachtschichten machen, für die Uhrenfabrik, stun- denlang drehen sie neben dem glühenden Docht vom Öl- lämpli Metallteilchen in die Uhrgehäuse, immer diesel- be Bewegung, eineinhalb Zwicke mit einem nadeldün- nen Schraubenzieher, und dann das nächste, oder sie sägeln mit ganz feinen Sägeblättern Teilchen auseinan- der, nächtelang, damit der Fritz seine Schulbücher be- zahlen kann; der soll aber schlafen gehen, er braucht doch seinen Schlaf, er muss ja seinen Kopf beieinander- haben, und nachts hört er die Muetter husten, sie wird immer dünner, und morgens sieht er mehr als ein Mal die Schwester und die Muetter immer noch in der Stube sitzen, schlafend, mit dem Kopf auf dem Tisch, in den Fingern noch das Werkzeug, daneben das erloschene Öl- lämpli und stapelweise Glaskästen mit Uhrwerkteilchen daneben.

Wenn der Fritz mit schlechtem Gewissen um den Tisch schleicht und es knarrt, fahren beide auf: «Jesses!»

und «s’Tagwerch!», der Fritz hat ein noch schlechteres Gewissen und will doppelt so hart arbeiten, aber immer stehen in den Büchern in der Bibliothek des Technikums Verweise auf andere Standardwerke, die aber in sei- nem Kanton nicht aufzufinden sind, und das Geld reicht trotz allem Uhrteilcheneindrehen nicht für die ganzen Bücher, und immer hockt schwarz im Rücken der Jura, und darauf hocken der Gemeindepräsident und der Pfar- rer. Aber der Fritz schließt trotzdem mit Bestnote ab.

Und dennoch sagt ein Jahr später der Pfarrer, also gelohnt habe sich das alles ja nicht, er habe es immer gewusst, der Fritz hätte besser bei seinem Vatter als Schmied weitergemacht statt so hochfliegende Pläne, und das mit dem Schuster und dem Leisten, gell, das hät- ten sie jetzt davon bei der Wirtschaftslage, und die Lilli erklärt dem Karl auf dem See: «Weißt du, Karlchen, Ar- beit gibt’s dort gerade nicht viel, wo der Fritz herkommt,

(23)

drum ist er jetzt hier und baut für uns Fabriken und Stra- ßen und Brücken.»

Der Fritz ist froh, dass er Geld nach Hause schicken kann, und überhaupt: Er hat gerade die Planung für eine Rüstungsfabrik abgeschlossen, er war damit nicht nur dank Lillis Onkel Richard in der Lokalzeitung im Nor- den, nein, reichsweit hat die Presse berichtet, die nächs- ten Projekte stehen an, es gibt zwar Rationierung und vereinzelt schlechte Nachrichten von der Front, das ja.

Aber so, wie hier die Dinge angepackt werden, wie man hier etwas tun kann, wie sich die Grenzen nach außen verschieben! Da wird es Brücken brauchen, denn wenn auch eine Fabrik ein schöner Auftrag ist, so gehört Fritz’

Herz dem Bau von Brücken. Verbinden will er die neu- en Regionen, über Seen werden sich seine Brücken ele- gant schwingen, über Schluchten werden die Hängekon- struktionen führen, nachts träumt der Fritz von Brücken in schwindelerregenden Höhen, die sich über die ganzen Berge daheim spannen, immer im Wissen, dass hier im Reich so etwas möglich ist. Hier geschieht etwas Grö- ßeres, hier hat man keinen Pfarrer und keinen Gemein- depräsidenten vor sich, die sich nichts als die nächste Wurst vorstellen können, und auch wenn ihn der Gaulei- ter Hildebrandt manchmal an die beiden erinnert, hat man hier dennoch Wind im Rücken, hier wird mit der großen Kelle für eine große Sache angerührt, und das Potenzial für einen talentierten Architekten, wenn erst der Endsieg kommt, ist schlicht: unermesslich.

Der Karl sagt: «Wenn der hier alles fertig gebaut hat, kann er ja dann zurück in seine Schwitz gehen», dann gehöre die Lilli wieder ihm allein. Und später würde er sie heiraten.

Wieder lachen die Großen, dem Karl gefällt das noch weniger als vorhin, die Lilli sagt: «Aber min Lütt, Brüder und Schwestern dürfen doch gar nicht heiraten», und

(24)

der Karl mault: «Du bist doch nur meine Halbschwes- ter.»

«Ach Kinners», ruft sie da und lacht, «na gut, dann ist das halt ausgemacht, aber der Fritz bleibt noch ’ne Weile hier, der mag den weiten Himmel hier», und dem Karl gefällt ihr Lachen jetzt gut.

Nur der Fritz meint, so hell und heiter sei der Himmel hier auch nicht mehr, und er frage sich, ob er nicht mehr tun müsse für die große Sache, aber die Lilli sagt: «Lass doch.» Der Karl versteht ihn nicht – die Sonne scheint doch.

Der Fritz knöpft die Innentasche seines Sportsakkos auf und zieht ein Maulörgeli heraus, wie er das nennt, und spielt. Der Karl mit einem Korkring um den Bauch darf backbord seine Füße im Wasser baumeln lassen.

Das Boot treibt bis nah zur Schilfinsel heran, wo Gänse auffliegen, und der Fritz spielt. «Hudigäckler» oder so ähnlich nennt er das, dem Karl wippen die Beine, ob er will oder nicht, und die Lilli sagt, diesmal zum Fritz: «So ein süßes Karlchen will ich auch mal haben!» Der Fritz lacht, gibt ihr einen Kuss und sagt: «Kriegst du», und der Karl sagt laut: «Du hast doch schon mich.»

«Na klar hab ich schon dich», meint die Lilli, «aber der Fritz will doch auch Vater werden von so ’nem tollen Karlchen, wie du es bist! Und von wegen Vater, unserer kommt im Übrigen bald zu uns, hat mir die Meta geflüs- tert, na, das wird was setzen für unsern Ollen.»

Tatsächlich wartet der Julius schon zwei Tage später vor dem Haus am Sternenplatz, der Vater vom Karl und vom Nis und auch der Vater von der Lilli – aber nicht mehr der Mann von der Meta, sondern schon lange der Mann von der Mutter vom Karl und vom Nis in Berlin, und drum mag die Meta ihn nicht mehr, sagt die Lilli, und der Karl wird ganz konfus, aber drum logiert der Julius auch

(25)

nicht wie früher, lang ist’s her, mit der Meta und der Lilli im schönen Haus am Sternenplatz, sondern ist ins Haus des Künstlers am Grünsee gezogen, und von dort bringt der Julius seinem Jüngsten eine Arbeit des Künst- lers mit, ein handtellergroßer hölzerner Entwurf für ei- nen großen Bronzeengel, eine Figur aus glattem, rötlich und gelb und golden schimmerndem Holz, mit halblan- gem, helmartigem Haar.

Sie schmiegt sich warm in Karls Hand, der Kopf ist nach oben gerichtet. «Nein, nicht nach oben, der guckt nach vorn», sagt der Julius, als er zum ersten Mal seit langem wieder auf seinen Sohn trifft, «schau mal, der fliegt, das ist nämlich ein Engel», sagt der Julius und streicht dem Karl über den Kopf.

Der windet sich weg, schließlich lässt er sich nicht von jedem einfach so über den Kopf streichen, und der Vater ist in Berlin immer nur in der Werkstatt gewesen und kaum je in der Wohnung, dass der Karl sich eigent- lich nur so verschwommen an ihn erinnert, und wenn die Lilli ihm nicht um den Hals gefallen wäre, hätte er gar nie gewusst, dass man Väter auch umarmen kann.

Aber er hat genau dieselben Augen wie die Lilli und er selber, und noch mehr lustige Fältchen drum herum als die Lilli, und deshalb nickt der Karl artig und sagt:

«Danke», mit seinem Engel in der Hand, aber der Julius redet noch weiter, er sagt: «Schau dir das Gesicht die- ses Engels an, ich verrate dir ein Geheimnis: Das ist das Gesicht einer berühmten Dichterin, und es ist kein Zu- fall, denn Dichten und Malen sind Zauberdinge, merk dir das gut, min Jung. Mit Dichten bringt man die Menschen zum Besseren und zum Schlimmsten, man bringt sie zum Weinen und zum Lachen und zum Lieben und zum Mor- den, es gibt keine größere Macht auf der Welt als die Macht der Wörter. Sagt man im rechten Moment das rechte, so rettet es einen, oder es verdirbt einen. Und

(26)

fast genauso groß ist die Macht der Bilder. Die können einen packen und lassen nicht mehr los, sie können sich einem ins Auge brennen, dass man kaum mehr etwas anderes sieht, sie können aber auch trösten, durch ihre schiere Schönheit, die Bilder. Wörter und Bilder sind die mächtigsten Dinge auf der ganzen Welt, merk dir das, und die Dichter und Künstler sind ihre mächtigen Zau- berer, und es gibt davon gute und böse. Daran soll dich der Engel erinnern», sagt der Julius, und die Lilli ver- dreht die Augen und singt: «Oh Pathos, oh Pathos, dein Name sei Ju-liii-us!» Sie knufft ihren Vater in die Seite.

«Oller, soll das Karlchen seinen Doktor der Philosophie gleich jetzt abliefern, oder wartest du noch, bis er sechs ist?», und der Julius lacht.

Der Karl denkt sowieso, die Figur da sieht eher ein bisschen aus wie eine Fledermaus, wie die da ihren Um- hang um sich zieht, sie könnte auch an den Beinen auf- gehängt kopfüber nach unten baumeln.

«Na, beschützen mög er dich», sagt der Julius, leiser, dann klingt er aber gleich wieder aufgeräumt. «Los jetzt, wir gehen spazieren», sagt er, und die Lilli und der Karl müssen mit. Die Meta ist oben geblieben, die hat sich unten in der Halle des Hauses am Sternenplatz gar nicht blicken lassen.

Dem Karl ist der Blick vom Julius unangenehm, stän- dig schaut der ihn von der Seite an und gleich wieder weg, der Karl hält sich fest an der Lilli, und der Juli- us ist froh, dass der Karl da ist, der Jüngste, mit dem Jüngsten kann man rumkälbern, und man kann ihm Din- ge schenken. Wie schrecklich scheu der Kleine doch ist, aber wenn der Blick des Jüngsten den seinen trifft, geht dem Julius das Herz auf, strahlend blau wie der eigene, mit weißen Pünktchen in der hellblauen Iris, sternför- mig angeordnet, bevor ein dunklerer Ring die Iris um- schließt, ganz genau seine Augen haben alle drei Kin-

(27)

der. Inmitten dieser schrecklichen Zeit sind ihm einige unbeschwerte Stunden mit dem Jüngsten und mit seiner famosen Tochter geschenkt, ein so unverhofftes Glück, und ungetrübt vom Nis, der arme Nis beim Bauern.

Den Julius durchzuckt ein Gewissensbiss. Der Jun- ge kann ja rein gar nichts dafür, dass der Julius ihn kaum ansehen mag, den Nis, der aus dieser schreckli- chen Nacht in Berlin hervorgegangen ist, dieser furcht- baren Versammlung. Sieht der Julius den Nis an, sieht er einen roten Schimmer, er hört Schreie und sieht Blut fließen, ihn schaudert, diese Versammlung, nur ein Mal gab es eine solche Versammlung in der Bruderschaft – wenn es denn eine Versammlung der Bruderschaft war, dieser Abend,

zu dem ihn Basilius, Bruder Basilius in Berlin, per Brief eingeladen hat. Begonnen hat ja auch alles ganz nor- mal, wie ein normaler Tempel einer ganz normalen Loge hat das ausgesehen, und die kennt und liebt der Julius seit seiner Jugend, als er, Sohn einer Münchner Traditi- onsdruckerei, zum allerersten Mal eingeladen wird, zu einem Adeptentreffen, erst Jahre später, als der Julius längst selber Meister vom Stuhl ist, weiß er, weshalb.

Der fünfzehnjährige Julius soll nämlich eines Nach- mittags, das Jahrhundert hat gerade begonnen, wie im- mer nach dem Unterricht in Vaters Druckerei setzen hel- fen. Normalerweise sind es Bücher oder Plakate, doch heute ist es ein Pamphlet, handgeschrieben erhält es der Julius, der in der Schule gerade Shakespeare liest und schon den halben Faust auswendig kennt. Der Julius liest und geht schnurstracks zu seinem Vater.

Ob sie diesen Auftrag wirklich annehmen wollen?

Der Vater solle einmal nachdenken: die drahtlose Te- legraphie! Die Luftfahrt! Blériots Flug über den Ärmel- kanal! Die Brüder Wright in Deutschland! Erfindungen

(28)

normaler Bürger, Bürger wie du und ich, Vater, keine Adligen! Die Zugreisen! Immer mehr Motoromnibusse und Automobile! «Die Welt kommt sich näher, Vater, und wir drucken Hetzschriften gegen das Wahlrecht? Gegen die Modernisierung?» Der Julius wird laut. «Wir sollten die richtigen Aufträge annehmen, auf der richtigen Seite stehen, das hier setze ich nicht!»

Der Streit bleibt nicht unbemerkt: Der dienstälteste Setzer tut abends eine rot-weiße Marke in einen Brief- umschlag, zusammen mit einer Karte, auf welcher Ju- lius’ Name steht, sein Geburtsjahr wie auch seine An- schrift, er legt diesen Briefumschlag bei seinem abend- lichen Spaziergang in einem entfernten Stadtviertel in einen hohlen Baum, wo einen Tag später einer vorbei- geht und den Umschlag samt einigen anderen unauffäl- lig einsteckt.

Und so stört den Julius einige Tage später wiederum beim Setzen etwas in der Innentasche seines Kittels, er schaut nach und findet einen handgeschriebenen, unsi- gnierten Brief. Wenn er tieferes Wissen erfahren wol- le, wenn er der Meinung sei, die Errungenschaften der Technik sollten frei zugänglich und nicht begrenzt sein durch nationalistische Grenzen, wenn er nach der Ent- faltung des Geistes strebe, solle er hinter der Glyptothek flanieren, am siebten Tag des siebten Monats – übermor- gen, denkt der Julius – , und zwar frühmorgens um vier Uhr, er solle die beiliegende Tablette nehmen, um den Schlaf zu verzögern, und tatsächlich findet der Julius in seiner Innentasche eine eingefaltete weiße Tablette.

Er schluckt diese einen Tag später nach dem Abendbrot und bleibt tatsächlich hellwach bis um halb vier, um wel- che Zeit er sich aus der Wohnung über der Druckerei schleicht.

Und wie harmlos war das alles, denkt der Julius viel später, die ersten Einführungsrituale, wie harmlos, ob-

(29)

wohl er zu Tode erschrickt, er hat nichts gehört, er hat vor der Glyptothek herumgelungert, enttäuscht schon, irgendwer scheint ihm einen Streich gespielt zu ha- ben, und was tut er da überhaupt morgens um vier im Dunkeln, nachdem ihn irgendein Fresszettel rausgelockt hat – als ihm zwei maskierte Gestalten von hinten ein feuchtes Tuch gegen das Gesicht drücken. Der Julius zieht panisch Luft ein, wie aus Gummi scheinen ihm Bei- ne und Arme, schwer und irgendwie, dem Julius fällt kein richtiges Wort ein, nur schnurpelig, seine Arme und Bei- ne sind schnurpelig, er kichert.

Er wehrt sich nicht, als sie ihm einen Sack über den Kopf ziehen, der Julius kichert noch immer, er ist festge- zurrt wie ein Schweinebraten im Netz, der Julius kann nichts sehen, er wird geführt, bis sie ihn hinlegen, wohl in eine Schubkarre, «Schnurpelschwein in der Schub- karre», kichert der Julius, «Schubbraten im Schweine- schnurpel. Schweineschnurp – ».

Leichte Kopfschmerzen. Über sich sieht der Julius ein grob gemauertes Kreuzgewölbe. Er liegt auf einer Bahre. Fackeln an den Wänden erleuchten einen Gang, Chorgesang schallt von tiefen Stimmen.

Der Julius wuchtet seine Beine von der Bahre, sie sind unnatürlich schwer, und die Fackeln brennen unnatür- lich hell. Er folgt Fackeln und Gesang, er geht durch ei- nen ultramarinblauen Vorhang und findet sich in einem kleineren Saal wieder, weitere Vorhänge bedecken die Wände, zuvorderst steht ein Altar, auf welchem goldene Geräte leuchten, ein Kelch, ein Winkel, ein Zirkel, auch über ihm schimmert es golden, ein fünfzackiger Stern ist mit Blattgold an die Gewölbedecke gemalt, ein Stern, aus welchem Strahlen glühen, als wäre er die Sonne. Der Julius fühlt sich peinlich berührt in seiner normalen Klei- dung, die anderen Männer, die da auf reich gepolster- ten Stühlen sitzen, tragen Umhänge, Umhänge und Ge-

(30)

sichtsmasken, sie singen, und der Julius steht blöd da und denkt: Soll ich umkehren? Umkehren, raus hier, es ist unheimlich.

Aber – sie haben mich eingeladen, mich persönlich.

Der Julius bleibt in der Mitte stehen, nicht wissend, dass er soeben die erste Prüfung bestanden hat. Der Ge- sang hört abrupt auf. Der Julius wird plötzlich eines mas- kierten Mannes direkt hinter ihm gewahr. Der Maskier- te beginnt zu singen, er singt über freie Gesinnung, er preist jemandes Willen und Wesensstärke, und bis der Julius begreift, dass da über ihn gesungen wird, hat der Maskierte die Melodie längst an den Julius direkt gerich- tet.Der Julius, singt der Mann, habe zwei Antworten zur Auswahl, sie lauteten «das Erstere, Meister» oder

«das Zweitere, Meister», ebenfalls in einer anscheinend festgelegten Tonabfolge vorgetragen. Dann beginnt der Mann hinter dem Altar zu singen, es sind rituell vor- getragene Fragen und Entscheidungen, und der Julius antwortet «das Zweitere, Meister», als die Frage lau- tet, ob es von Geburt an bessere Menschen gebe oder ob vor dem Antlitz des Gewissens alle gleich seien, und

«das Erstere, Meister», auf die Frage, ob sich, auch wer Schlimmes begangen habe, bessern könne oder ob so ei- ner den Tod verdiene, und viele Fragen mehr.

Bis die Gestalt hinter dem Altar verstummt und ein rotes Säckel aus Samt in die Höhe hebt, sie schreitet zum ersten Maskierten, der hinter den Bänken an der Wand sitzt und gibt ihm den Beutel, der legt etwas hin- ein, und so wandert das Säckel weiter, von einem zum anderen, bis es wieder beim Mann hinter dem Altar lan- det, er zieht eine weiße Kugel nach der anderen daraus hervor und hebt jede einzeln in die Höhe.

«Einstimmig, keine einzige schwarze Kugel, großar- tig», raunt der Maskierte hinter dem Julius, und der

(31)

Mann hinter dem Altar fragt nun den Julius direkt: Er sei von rechter Gesinnung für die Bruderschaft, er sei vor- erst als Suchender aufgenommen, ob der Julius etwas in der Welt zum Guten bewegen wolle?

«Ja, Meister», sagt der Julius, und der Meister sagt weiter, der Weg sei beschwerlich und harte Arbeit, ob der Julius dazu bereit sei?

«Ja, Meister», sagt der Julius wieder, und der Meister fährt fort. Der Julius werde Tod und Gefahr sehen, für andere und für eigenes Leib und Leben und auch für den eigenen Geist, und der Julius denkt, immer nur in der Werkstatt stehen, setzen und drucken, das kann kein Le- ben sein, mehr wissen, mehr sehen, mehr können, was ist das Leben ohne Gefahr, und sagt ein drittes Mal, kräf- tig: «Ja, Meister.»

«Dann sollst du als Suchender vorerst aufgenommen sein und dich selbst erhalten», sagt der Meister und bückt sich hinter das Pult, er hebt einen in blauen Samt eingewickelten Gegenstand in die Höhe. Der Maskierte hinter dem Julius geht nach vorn, er übernimmt den Ge- genstand, der schwer zu sein scheint, er bringt ihn zum Julius und lässt ihn in dessen Hände fallen.

Er ist tatsächlich schwer.

Der Mann nimmt seine Maske ab: Es ist einer der Set- zer der Druckerei. «Bleib noch stehen», raunt er, bevor er sich, nun ohne Maske, wieder hinter den Julius stellt.

Der Meister heißt den Julius täglich eine halbe St- unde über sich selbst nachdenken und deutet auf das blaue Samtpaket, bevor er sich abwendet und zwischen den Vorhängen verschwindet. Auch die Maskierten hin- ter den Bänken stehen auf und gehen durch seitlich an- gebrachte Vorhänge.

«Komm», sagt der Setzer. Er führt den Julius zu- rück in das Gewölbe, in welchem der aufgewacht ist.

Dort reicht er ihm einen einfachen, zusammengefalteten

(32)

braunen Umhang. «Das nächste Mal ziehst du den an», sagt er, bevor er dem Julius die Augen verbindet und ihn nach draußen führt. Er dreht ihn einige Male um die ei- gene Achse, der Julius muss blind durch diverse Straßen gehen, bis die Stimme des Setzers sagt: «So, hier kannst du anhalten», und ihm die Augenbinde abnimmt.

Der Julius ist wieder hinter der Glyptothek. Es ist im- mer noch dunkel – sind denn nicht Stunden vergangen?

Erst zu Hause angekommen, allein in seiner Schlaf- kammer, schlägt der Julius den ultramarinblauen, an den Rändern goldbestickten Samt des Pakets auseinan- der.Darin liegt ein roh behauener Pflasterstein.

Am nächsten Morgen findet der Julius in seinem Kittel einen Auftrag zum Druck eines Pamphlets, auf dem Pa- pier ein golden gedruckter flammender Stern zwischen einem Winkel und einem Zirkel. Es geht um die Erlas- sung von Zöllen zwischen Ländern, und der Julius findet, dank einer Auslieferungsfahrt des Vaters, Zeit, das noch am selben Tag in der Mittagspause zu setzen, obwohl er eine schlaflose Nacht hinter sich hat und ständig dar- über nachdenkt, warum er wohl so ein Pflasterstein sein soll.

Zwei Monate vergehen, zwei Monate, in denen der Julius kleinere Aufträge erhält, immer auf dem golden bedruckten Papier, manchmal erhält er gar zwei ver- schiedene, widersprüchliche Aufträge, Druckarbeiten, die sich inhaltlich widersprechen, und der Julius weiß, dass hier wieder eine Prüfung stattfindet, und so druckt der Julius, was ihm moralisch richtig erscheint, näm- lich: gegen die Monarchie, für Freihandel, gegen Zölle und so weiter, und sieht abends seinen Pflasterstein an, er dreht und wendet den Stein, ein ganz gewöhnlicher Pflasterstein, arg roh behauen, bald kennt der Julius je- de Ecke und jede Kante.

(33)

Pflastersteine. Viereckige Steine. Straßen und Mau- ern, Städte und Gebäude. Und als der Julius zwei lan- ge Monate später im Saal unter dem goldenen Stern ge- fragt wird, was er sich zu sich selbst überlegt habe, sagt er, er sei wie alle Menschen ein Stück in einer großen Mauer oder einer Straße. In einem Palast oder in einer kleinen Mauer, das wisse er nicht genau. Aber ein Stück in einem großen Ganzen, das sei er, das wisse er mit Si- cherheit. Er sei wohl noch nicht das beste Stück, das da sein könne, denn er sei noch roh, und die schönsten Gebäude würden wohl aus kunstvoller behauenen Stei- nen errichtet, und deshalb gehe es wohl darum, an sich selbst die überflüssigen Ecken und Kanten abzumeißeln, um besser in das Gefüge zu passen, und als der Julius seine kurze Rede abschließt, geht ein Raunen durch die Reihen. Einer nach dem anderen hält in voller Sicht ei- ne weiße Kugel hoch und legt sie vor sich auf die Ban- de vor den Bänken, und der Meister überreicht ihm eine schwarze Kutte. Es ist die Lehrlingskutte, und die Män- ner in der vordersten Reihe ziehen die Masken von den Gesichtern.

Der Julius erkennt aus wohl zwanzig Männern zwei, der Bürgermeister ist darunter und auch ein Maurer- meister, der sein Geschäft wenige Straßen von der Dru- ckerei entfernt betreibt.

«So schnell ist noch keiner in den ersten Grad aufge- stiegen», sagt der Setzer nachher, sichtlich zufrieden, schließlich hat er den neuen Bruder entdeckt, und der Julius platzt schier vor Stolz und lernt alles, was ihm auf- getragen wird. Ihm wird viel aufgetragen.

Der Julius vertieft sich in das griechische und das he- bräische Alphabet, er lernt christliche Symbolik wie jü- dische und arabische, er überlegt sich stundenlang die Bedeutung von Winkel und Stern, von Süden und Nor- den, vom ewigen Osten und vom stets neuen Westen,

(34)

er versinkt dabei, der Julius merkt, wie ihm das Herz ruhig wird und die Brust weit, wie sich in ihm Wissen und Ahnungen verschieben und überlagern und neu ord- nen und dass jedes Bild und jeder Buchstabe und jede Zahl und jedes Symbol Treppenstufen sind, Treppenstu- fen, wie ihm träumt, die neben-, unter- und übereinan- der in alle Richtungen gleichzeitig weisen, um schließ- lich, um all diese Richtungen bereichert, in vielfältigen Farben strahlend wieder zu sich selbst zu führen. Der Julius lernt über Orient und Okzident, über die Schwin- gungen von Gesang und Buchstaben und ihre Wirkung auf Moleküle, über die Macht des Wortes und die Macht der Kunst, er lernt Latein und Griechisch und etwas He- bräisch und Sanskrit, er lernt neue Sprachen, er soll le- sen, Gedichte, Literatur und naturphilosophische Schrif- ten, die er fast täglich erhält, und er soll schriftlich seine Fragen und Gedanken dazu weitergeben.

Und fragen tut der Julius! Und als der Setzer, der Julius’ Betrachtungen der Bruderschaft weiterleitet, in einem Nebensatz erwähnt, der Julius korrigiere in den Drucksachen immer wieder stilistische Ungenauigkei- ten, erhält der Julius bald den Auftrag, selbst Pamphle- te zu verfassen, er soll ungelenk formulierte Texte ele- ganter schreiben, er erhält täglich korrigierte Versionen zurück, und er wird schnell darin, sehr schnell, Dinge zu beschreiben und dabei schmissig und überraschend, elegant und gleichzeitig witzig zu sein, der Julius ist im Schreiben wie ein Fisch im Wasser, und er wird der Bru- derschaft ewig dankbar sein, weil sie dies erkannt hat.

Es ist wichtige Arbeit, die er unternimmt, sie arbeiten an einer besseren Welt, für alle, auf ihn wird eine Aufgabe warten, und dafür ist der Julius bereit, an sich, diesem rauen Stein, zu meißeln.

Auch wenn es hart ist und auch wenn wenige Jahre später viel von ihm verlangt wird: zum Beispiel, sein al-

(35)

tes Leben hinter sich zu lassen und hoch in den Nor- den zu ziehen. Den Chefposten in einer Zeitungsdrucke- rei in Lücknin soll der Julius übernehmen, eine ehema- lige Residenzstadt, an Größe und Bedeutung zwar wirk- lich nicht mit Hamburg oder Berlin zu vergleichen, die Zeitung wird aber im ganzen Norden gelesen, von der Elbe bis nach Pommern, er sei bereits empfohlen wor- den, sein Talent zum Schreiben sei ebenfalls bekannt gemacht worden, sagt der noch immer stets maskier- te Meister vom Stuhl, und, im Übrigen … der Meister drückt es gewählter aus, aber der Julius versteht: Eine Frau gilt es zu bezirzen, eine Frau, die er noch nie ge- sehen hat, das ist Julius’ eigentliche erste Aufgabe. Sie heißt Meta und ist die viel jüngere Schwester des kin- derlosen Verlegers, er solle sie zu heiraten versuchen und so Einfluss auf die Zeitung gewinnen, je schneller er Erfolg habe, desto besser, für Einladungen an die Ge- sellschaften, zu denen auch die junge Frau geladen ist, sorge die Bruderschaft im Norden.

Und der Julius hat Erfolg, er hat umwerfenden Erfolg.

Die Meta ist, nun, zwar lustig und schnell im Hirn und eine gute Partie allemal, aber leider, sehr wohlwollend ausgedrückt, auch korpulent und kann die Aufmerksam- keit, die ihr der frischgebackene Chef der Druckerei ent- gegenbringt, kaum fassen. Schon ein halbes Jahr später ist der Julius nicht mehr Chef der Druckerei, sondern mit der Meta verheiratet, ins Haus am Sternenplatz ge- zogen und unter ihrem Bruder Richard zweiter Chef der Redaktion, und die Meta hat einen noch dickeren Bauch als sonst schon, sie sagt, es soll ein Ulrich werden oder eine kleine Lilli.

Der Julius stellt seinen Stein trotz schwacher Proteste von der Meta neben das Ehebett auf das Nachttischchen.

Er ist auf der Reise einmal heruntergefallen, eine kleine Ecke ist dabei abgesplittert.

(36)

Wie unglaublich harmlos das war, denkt der Julius, und wie schön, dass die Lilli so nach ihm kommt, rank und schlank ist sie, ein quicklebendiges Übrigbleibsel aus einer für den Julius leidlich glücklichen Zeit, etwas über zehn Jahre dauert die.

Zehn Jahre, in denen der Julius seine Tochter auf- wachsen sieht und sie liebt, die dickköpfige, lustige, quirlige Lilli, sie füllt das Haus am Sternenplatz mit Gesang und Geplapper und Gelächter, und ihretwegen könnte der Julius fast auch die Frau ein klein bisschen lieben, mit der er leben muss.

Für ein zweites Kind reicht sie dann aber doch nicht, diese Fast-ein-klein-bisschen-könnte-ich- vielleicht-Liebe, der Julius schützt die Arbeit vor und die politische Lage und dreht sich jeden Abend von der Me- ta ab und dem rauen Stein zu.

Über zehn Jahre lang schreibt er Leitartikel, die be- geisterte, aber auch empörte Reaktionen auslösen, er führt in der Zeitung eine Leserbriefseite ein, er verbes- sert die Setzerei, er verbessert gleich noch die Abläufe in der Druckerei, wobei ihm die Verbindungen zu den Logenbrüdern helfen: Der eine ist etwa Inhaber der Pa- pierfabrik und lässt trotz der Knappheit nach dem Gro- ßen Krieg den Löwenanteil des Papiers an den Julius lie- fern, ein anderer lehrt an der Universität in Rostock und schickt dem Julius talentierte junge Schreiber, und alle tragen sie ihm Neuigkeiten zu und lassen Anzeigen für ihre diversen Geschäfte schalten. Der Julius wird in der Bruderschaft in kürzester Zeit vom Lehrling zum Gesel- len und später gar zum Meister gewählt, und Metas Bru- der Richard sagt alle paar Monate, na, so ein Glücksfall wie der Julius, so ein Glücksfall treffe ein Geschäft und eine Familie wohl nur alle hundert Jahre einmal, wenn überhaupt, und wenn die kleine Lilli nur halb so viel Ge- schäftssinn und auch nur halb so eine schmissige Schrei-

(37)

be geerbt habe, sei die Zeitung auch in die nächste Ge- neration gesichert.

Bis dem Richard der neue Gauleiter der neuen Par- tei zum ersten Mal einen Besuch abstattet. Der Julius muss seinem Schwager nachher jeden Leitartikel vorle- gen. Mehr als die Hälfte wird nicht mehr gedruckt. Zu gefährlich, sagt der Richard, der zudem in die Partei ein- getreten ist. Einer muss ja.

Und bis nach dem zeremoniellen Teil der Logentref- fen die Masken fallen und klar wird, wer fehlt. Es ist der Papierfabrikant, er hatte neben seinem goldenen Abzei- chen von Winkel und Zirkel auf seiner Robe auf gleicher Höhe einen kleinen, goldenen, sechseckigen Stern an- gesteckt, und nur einige Wochen später erhält auch der Julius Besuch, vom neuen Besitzer der Papierfabrik. Es geht – sehr höflich – um Inhalte und Ausrichtung der Zei- tung und um Papierlieferungen, und der Julius kann nur nicken. Der neue Besitzer der Papierfabrik ist – natür- lich – Parteimitglied. Der Julius verbringt ein paar schlaf- lose Nächte, in denen er merkt, dass die Meta schnarcht, und schreibt bald nur noch Belangloses statt Politik.

Die Logentreffen, die jahrelang alle zwei Wochen stattfanden, werden weniger, bis die Partei die Loge ganz verbietet. Sie müssen sich heimlich treffen. Wenn sie es alle zwei Monate schaffen, ist das viel, und die Brüder werden immer weniger, und eines Abends hal- ten der Hegemon, der oberste Zeremonienmeister, und der Hiereus, der Priester der Zeremonie, den Julius nach dem informellen Teil zurück.

Seine Arbeit hier könne nicht vernünftig weiterge- führt werden, sagen sie, es sei Zeit für eine Richtungs- änderung und für eine Namensänderung auch. Sobald der Schrecken vorbei sei, könne der Julius seine alte Identität wieder aufnehmen. Der Julius, der, das könne man ja ruhig einmal sagen, logenübergreifend als bes-

(38)

ter Autor der ganzen Bruderschaft gelte, solle sofort bei einem Bruder untertauchen und unter neuem Pseud- onym einige scharfe, strikt parteitreue Artikel platzie- ren, um so seinen neuen Namen zu etablieren, man wer- de schon dafür sorgen, dass die Texte da erschienen, wo sie wahrgenommen würden. Seine Absenz in Lück- nin werde man derweil mit chronischen Gesundheitsbe- schwerden erklären, die Lunge, ein jahrelanger Aufent- halt in der Höhe, am besten im Ausland, in der Schweiz etwa, da gibt es diese bekannte Koryphäe namens Pro- fessor Dr. Dr. Camenzind.

Tatsächlich soll der Julius nach Berlin, sagt der Hege- mon, direkt ins neu gegründete Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Dort soll der Julius die Reden und Schriften und Presseanweisungen verfassen, so derart übertrieben scharf und menschenverachtend, dass sich jeder angewidert abwendet, der sie hört, sich abwenden muss. Er trete seine neue Stelle schon in we- nigen Wochen an, die Bruderschaft in Berlin sei infor- miert, man werde sich zu erkennen geben.

Der Julius geht nach Hause und umarmt diesen Abend für einmal seine Frau, nach dem Abendessen, bevor die Haushälterin abräumt, er bekommt seine Arme nicht ganz um sie herum und sagt: «Meta, du weißt doch, dass ich dich lieb hab?»

Am nächsten Morgen wacht die Meta in einem leeren Bett auf. Anstelle des gewohnten Pflastersteins liegt auf dem Nachttisch ein Brief.

[...]

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

«Ich kaufe dir mal eben eine Mütze und einen Schal, damit du auf dem Weg zur Wache nicht erfrierst», sagt Ellen und nimmt Kurs auf einen Stand, an dem Winterklamotten angeboten

Er erinnert sich nicht genau, aber er hat den Ver- dacht, dass es ungefähr zur selben Zeit war, als der Sohn Vater wurde und der Vater Großvater.. Da passierte

Und im Grunde werden auch die Gegner und die Rück- wärtsgewandten irgendwie vorankommen, wissen aber nicht, wohin; nein, umzudrehen brauchen sie sich nicht, das sind solche, die

Sondern jeder einzelne von uns «verständigen Menschen» – noch so ein Name, den Linné sich ausge- dacht hatte  – war mehr «wert» als eine ganze andere Spezies, mochte

Sollten seine Eltern etwa gemerkt haben, dass Anton sich im Jammertal mit seinen besten Freunden  – dem kleinen Vampir, Rüdiger von Schlotterstein, und dessen Schwester

(Damit hatte ihre Mutter sie immer aufgezogen – das muss ja toll sein, sagte sie immer, wenn Nadia eine Spitzenno- te mit nach Hause brachte und sich erst am Vorabend auf die

Aber ihm war auch klar, dass er sich nicht ewig in den Nebenstraßen herum- treiben konnte.. Die Polizei würde alles aufbieten, was sie an Manpower hatte, bewaffnet mit

Mir ist mittlerweile alles egal, und wenn Frau von Roth mich erwischt, soll sie doch, ich hab nichts mehr zu verlie- ren. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass gesunder