0bersichtsbeitr ige Die belastete Troposph ire
Die belastete Troposphfire
- Bildung, Abbau und Wechselwirkung von Spurenstoff-Konzentrationen Trends und Prognosen aus globaler Sicht
K. H. Becker
Prof. Dr. K. H. Becker, Bergische Universit~it-GH Wuppertal, Fachbereich 9 - Physikalische Chemie, Gaut~stra~e 20, D-W-5600 Wuppertal 1
Zusammenfassung.
Die Spurenstoffe CO, CH 4 und NO x re- gulieren in der Troposph/ire die Chemie der Photooxidantien und bestimmen damit die Geschwindigkeit, mit der atmosph/irische Spurenstoffe abgebaut werden. Die Abbaugeschwindigkeiten sind direkt proportional zur OH-Radikalkonzentration, deren Auf- rechterhaltung insbesondere yon der begleitenden NOx-Konzen- tration abhfingt. Wachsende CH 4- und CO-Emissionen verlangen zur Aufrechterhaltung gleichbleibender Abbauraten ebenfalls eine entsprechend anwachsende NOx-Emission. Steigen gegen/iber NO x die Emissionen von CH 4 und CO schneller an, hat das einen Anstieg der H202-Konzentration zur Folge. Mit steigenden H 2 0 2- und fallenden OH-Konzentrationen tritt eine Verlagerung yon Ab- bauvorg/ingen in der Gasphase zugunsten der Flfissigphase ein. Da- mit wird der Anstieg atmosphiirischer Konzentrationen der gas- f6rmigen Spurenstoffe beschleunigt, die wegen ihrer IR-Aktivitiit zu einem Temperaturanstieg beitragen.1 Einleitung
Die Atmosphfire kann als Zwischenbereich von Sonne und Biosphfire angesehen werden (--" Abb. 1). Zwischen beiden Systemen regulieren komplexe Mechanismen 1. den stoffli- chen Austausch zwischen Biosph~ire und Atmosph~ire und 2. die Energiezufuhr zwischen Sonne und Atmosph~i- re/Boden.
J~ihrlich werden vom Boden aus mehrere Milliarden Ton- nen Gase emittiert, die in der Atmosph~ire chemisch umge- setzt werden und mineralisiert auf den Boden zuriickkom- men (--* Tabelle 1). Insbesondere die Emissionen CO/
CH4/NOx bestimmen weitgehend, zusammen mit meteo- rologischen Parametern, die chemischen Eigenschaften der Atmosph~ire, vor allem in der Troposph~ire; d.h., diese Spurenstoffe regulieren in der Troposph~ire die Chemie der Photooxidantien und bestimmen damit die Geschwindig- keJt, mit der atmosph~irische Spurenstoffe abgebaut werden.
Die Spurenstoff-Konzentration h/ingt ab v o n d e r Emis- sionsrate und der Abbaugeschwindigkeit. Wenn mit stei- genden Emissionen bestimmter Spurenstoffe die Abbau- reaktivitfit der Atmosph/ire abnimmt, wachsen die Konzen- trationen dieser Spurenstoffe an; gleichzeitig w~ichst auch die Konzentration anderer Spurenstoffe, deren Emissions- rate konstant bleibt.
bei 50 km Stratopause
-> 180 nm
Stratosph&re
bei 14 km Tropopause
bis 14 km: Freie Troposph&re
bis 3 km
t t t
~. _> 300 nm
T T
Planetarische Grenzschicht ~ l
Abb. 1: System: Sonne/Stratosph~ire/Troposphfire/Biosph~ire
Tabelle 1: Stoffliche Wechselwirkung:
Atmosph~ire - Biosph~ire/Erdboden (gesch~itzte Emissions- raten Mio t/a)
1. Chemisch inert in der Troposphfire?
H20 4460 000 000 abiotisch
CO 2 830 000 biotisch
N20 50 biotisch
2. Chemisch reaktiv in der Troposphfire
CO 3 000 biotisch/abiotisch
Organische Verbindun- 1 000 biotisch gen (VOC) (auRer CH4)
CH 4 500 biotisch
NO x (NO 2 + NO) 160 abiotisch
(als NO 2 gerechnet)
Schwefelverbindungen 400 biotisch/abiotisch
(als SO 2 gerechnet)
NH 3 100 biotisch
H 2 50 biotisch/abiotisch
UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (1) 2 5 - 29 (1992) 25
9 ecomed vertagsgeseltschaft mbh, Landsberg - Zfirich
Die belastete TropospMre Obersichtsbeitr~ige
2 Oxidationsvorg/inge 1. Der OH-Abbaumechanismus
Inzwischen weifl man aus Laboruntersuchungen und Feld- experimenten, daf~ die chemische Abbaugeschwindigkeit hauptsachlich durch die Hydroxylradikalkonzentration be- stimmt wird. Reaktionen mit Ozon oder direkte Photolyse spielen nur eine untergeordnete Rolle. Von gewisser Be&u- tung ist der Abbau i~ber NO3-Radikale, der hauptsachlich nachts ablfiuft (BECKER 1991).
Der OH-Abbaumechanismus hat auch Auswirkungen auf die Flfissigphasenoxidation in Nebel- und Regentr6pfchen, da diese Prozesse durch L6sung von 03 und H202 aus der Gasphase beschleunigt werden, z.B. bei der SO2-Umwand- lung in Schwefelsaure.
Ober die Frage nach dem Mechanismus der CO-Oxidation wurde Ende der 60er Jahre die OH-Hypothese entwickelt, die jetzt als unbedingt gesichert anzusehen ist:
CO + O H -0 CO2 + H H + 02 (M)I--, H O 2
H O 2 + N O --' OH + N O 2.
Etwas sparer wurde auch erkannt, welche Schlfisselrolle der Reaktion
H O 2 + N O --* OH + N O 2
zukommt. Diese Reaktion stellt in der Tat sicher, dat~ die atmospharische Oxidationsgeschwindigkeit wegen der Rfickbildung von OH-Radikalen erhalten bleibt und - z.B. mit wachsendem CO-Angebot - nicht abfallt. Bedin- gung ist allerdings, dafd genfigend NO zur Verffigung steht.
Das gilt auch ffir die Gasphasenoxidation von SO2, wie wir heute wissen:
S O 2 -.f- O H (M)I S O 2 O H S O 2 O H + 0 2 --* S O 3 + H O 2 S O 3 + H 2 0 --~ H 2 S O 4 H O 2 + NO --* O H + N O 2.
2. Bildung von OH-Radikalen
Da nur Licht mit ;t > 300 nm die untere Atmosphfire er- reicht, k6nnen nicht viele Reaktionen als Radikalquellen wirksam werden. Abb. 2 zeigt die spektrale Verteilung des Sonnenlichtes am Erdboden und die Einsatzwetlenlangen ffir wichtige Photodissoziationen.
Inzwischen sind zahlreiche neue Daten fiber Photolysefre- quenzen erarbeitet worden (bei h6heren Carbonylen und di-Carbonylen muf~ der Wissensstand allerdings noch ver- bessert werden). Ffir diese Ausffihrungen ist vor allem die O3-Photolyse bei 300 nm sowie die NO2-Photolyse bei 400 nm wichtig. Bei der O3-Photolyse ist die Folgereak- tion des angeregten O (1D)-Atoms mit Wasserdampf ent- scheidend. Nur zwei Gasreaktionen mit Wasserdampf sind in der Atmosphfire yon globaler Bedeutung:
1 (M) = ein dritter Stof~parmer, der f/ir die Rekombinationsreaktion notwendig ist.
O(1D) + H 2 0 --* 2 O H Criegee Biradikal + H 2 0
im einfachsten Fall:
H2COO + H 2 0 ~ H202 + H C H O Ameisensaure.
Heute kann die OH-Radikalbildung fiber O3-Bildung in Feldmessungen fiberprfift werden.
5 -
7o~ 4 - T E
7 E ,- 3 -
o
Q_
2 -
0
1 -
~ . . . . HCHO -~ H 2 + CO . ~
i
l - - -- 'NO2" -) NO. + O:J
i
I I I
I
I I I I I 8 [ I200 250 300 350 400 500 600 700 800 900 I000i~001200
Skala gedehnt ~ 1 - j WellenlAnge Into]
a) : oberhalb der stratosph~irischen Ozonschicht b) : am Erdboden
Abb. 2: Spektrale Verteilung des Sonnenlichts u n d Grenzwellenlfingen fiir wichtige Photolysereaktionen
3. Radikalreaktionen
Komplex ist das Wechselspiel zwischen de~ verschiedenen Radikalen, insbesondere von O H und H02 bzw. RO 2 un- ter dem Einflutg von N O x. TabeUe 2 zeigt wichtige Radi- kalreaktionen im System/CH 4 + CO + Luft + NO• + hv].
4. Ozonbildung
Bei geeigneten Mischungsverhaltnissen baut sich w~ihrend der Oxidation organischer Verbindungen (VOC = Vola- tile Organic Compounds) und CO eine OH/RO2/HO2-Ra- dikalkette auf. Jeder Kettenfortpflanzungsschritt ist mit ei- her Oxidation you N O zu NO2 verbunden und also mit der Ozonbildung fiber die NO2-Photolyse (-~ Abb. 3).
Die Frage ist, wann bei der VOC-Oxidation Ozon entsteht oder verbraucht wird. Man kann folgern:
(1) Bei niedrigen NOx-Konzentrationen - unter ca.
10 ppt - wird 03 verbraucht und nicht erzeugt.
(2) Bei [NOx] fiber 10 ppb werden z.T. die OH-Radikale durch NO 2 abgefangen, die Radikalkette bricht ab.
(3) Bei der heutigen CH 4- und CO-Belastung liegt der NOx-Bereich zwischen 0.10 und 10 ppb. In diesem Konzentrationsbereich werden sowohl O 3 als auch O H standig zurfickgebildet.
In der freien Troposphare und in maritimen Reinluftgebie- ten liegt [NOx] meistens niedriger; d.h., die O3-Bildung und die Regeneration von OH-Radikalen ist stark N O X-
0bersichtsbeitr~ige Die belastete Troposph~ire
Tabelle 2: Radikalreaktionen im System: CH 4 + CO + Luft + N O x + hv
Radikalquelle
03 + H20 + hv -~ 20H + 02 Radikalumwandlung: OH - , HO2/CH302 OH + CO + 02 - ' CO 2 + HO 2 OH + CH 4 + 02 ~ CH302 + H20
2CH302 + 02 --, 2HO 2 + 2HCHO
OH + 03 --' HO 2 + 02
RadikalrLickfi~hrung: HO2/CH302 --, OH
HO 2 + 03 --' OH + 202
NO 2 + NO -* OH + NO 2
CH302 = 2NO + 02 ~ OH + 2NO 2 + HCHO (fiber CH30 + 02)
Radikalverluste
OH + NO 2 --, HNO 3
HO 2 + HO 2 -, H202 + 02
HO 2 + CH302 -, CH3OOH + 02
2CH302 ~ CH3OH + HCHO
Ozonbildung
NO 2 + 02 + hv ~ NO + 03
abh~ingig. In den Ballungsgebieten besteht ein Uberangebot an NO• dort wird die O3-Bildung [VOC]-abhfingig.
VOC + CO Radikalsenke
I OH + .o 2
N
o:d+i kHI2~ue+llhv , NoO:O+nb; d:hgv Qxidationsprodukte " ~
O3
Abb. 3: Schema der Radikalreaktionen, die zur Ozonbildung ffihren
Solange [VOC + CO] zu [NOx] im richtigen Verhfiltnis zueinander stehen, laufen die Oxidationsprozesse ohne Er- mfidung auch bei wachsenden VOC- und CO-Emissionen ab, wenn NOx mitw~ichst. Ffir die freie Troposph~ire und maritime Reinluftgebiete spielt dabei der Transport yon NOx oder NOx-Tr~igern aus industriellen Ballungsr~iumen eine grofle Rolle.
3 Trends chemisch aktiver Spurenstoff- Konzentrationen
Die Konzentrationen v o n C H 4 und H 2 steigen global, die yon CO und 03 in der Nordhemisphdre (NH) an. Aus der Analyse von Eisbohrkernen Gr6nlands erkennt man, daf~
die Konzentrationen von Nitrat, Sulfat und H202 gegen- fiber der vorindustriellen Zeit ebenfalls betr~ichtlich ange- stiegen sind (~ Tabelle 3).
Tabelle 3: Trends chemisch aktiver Spurenstoff-Konzentrationen [x]
X [x] Anstieg gegen- Anstieg
(ppbV) fiber vorindustr. (% pro a) Zeit (%)
CO NH: 1 0 0 - 1 5 0 NH: 1 c
SH: 5 0 - 70 SH: = 0 c
OH 4 1 700 130 1 r
H 2 512 0,6 c
03 NH: 4 0 - 4 5 a 160 NH: I c
NH: 2 0 - 3 0 b SH: = 0
a freie Troposphfire b in Bodenn~ihe
Nitrat 100 d
Sulfat 100 d
H202 0.2 50 e
OH ca. ( 2 - 3 ) 10 -5 ???? ?
N H = Nordhemisph~re; SH = Sfidhemisphfire cWMO-Report 1989
dMAYEWSKI et al., 1990 eS1GG, NEFTEL 1991
Der Anstieg von CH4 scheint sich langsam etwas abzufla- chen, ebenso der Anstieg der O3-Hintergrundkonzentra- tion, der z.Zt. nur in der freien Troposphfire der Nordhe- misph~ire beobachtet wird.
Man versucht mit Modellrechnungen die Trends von [O3] , [OH] und [ H 2 0 2 ] z u erkennen (-* Tabelle 4).
1. Bei allen Unsicherheiten, die mit Modellrechnungen ver- bunden sind, gilt semiquantitativ als gesichert:
(1)Ein Anstieg von CH4 und CO bei gleichbleibender NOx-Emission erh6ht weiterhin die O3-Hinter- grundkonzentration, liiflt OH jedoch abfallen bei gleichzeitiger Erh6hung v o n H 2 0 2.
(2)Gleichmfiflige Erh6hung v o n C H 4 , CO und NOx h~ilt [OH] konstant und erh6ht [03].
(3)Gesteigerte NOx-Emission erh6ht [OH] und [O3], vermindert [HzOz].
2. Die bisherige Situation l~iflt sich nicht genau analysieren:
(1)[O3] ist in NH erheblich angestiegen.
(2) Vermutlich ist [OH] bislang in NH gleichgeblieben, doch gibt es auch gegenteilige Modellaussagen.
(3) Es kann sein, da~ [OH] in SH (Sfidhemisph~ire) leicht abgefallen ist; auch hierhber gibt es gegenteilige Mo- dellaussagen.
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Die belastete Troposph/ire 0bersichtsbeitr/ige
Tabelle 4- Trend in der ,~nderung der Oxidationsgeschwindigkeiten
VOC/CO NO x VOC/CO + NO x VOC/CO + NO x (varschioden) heuto/fr0her
THOMPSON global: OH ( - )
U. CICERONE 03 ( + )
(1986)
ISAKSEN U. NH: (+) OH ( - ) NH: (+) OH (+) NH: (+) OH (0) NH: VOC/CO (+) OH ( - )
HOV (1987) 03 (+) 03 (+) 03 (+) NO x ( - ) 03 (+)
HOUGH U. glob. ( - ) OH (+) glob. ( - ) OH ( - ) glob. ( - ) OH (+) glob. VOC/CO ( - ) OH ( - )
JOHNSON 03 (--) 0 3 ( - ) 0 3 ( - ) NO x ( - - ) 0 3 ( - )
(1991) H202 (-) H202 (+) H202 ( - ) H202 (-)
PAN ( - ) PAN ( - ) PAN ( - ) PAN ( - )
THOMPSON glob. (+) OH ( - )
et al. 03 (+)
(1991) H202 (+)
LAW U.
PYLE (1991)
NH: (+) OH (0) 03 (+) H202 ( - ) SH: (+) OH (+) ,g, qu. 03 ( + ) H202 ( - )
NH: OH ( - ) 03 (+) SH: OH (+) Aqu. 03 (+)
Der Anstieg von [CO] in NH streut zu sehr, um daraus eine endgfiltige Aussage fiber [OH] zu ziehen. )~nderungen im 1%-Bereich gehen in den natfirlichen Fluktuationen unter, wenn nicht fiber 1/ingere Zeitr/iume an mehreren Meflstel- len die Daten gewonnen werden. Die Analysen der Emis- sionsraten ffir CH4, CO und NOx sind ebenfalls mit gro- flen Unsicherheiten verbunden.
4 Emissionsdaten von CH 4 u n d NO~
Tabelle 5: CH4-Flfisse (Quelle: P. CRUTZEN 1991)
Senken
OH-Oxidation: (420 • 80) Tg/a
Aufnahme im Baden: (30 • 15) Tg/a
stratosph. Abbau durch (10 • 5) Tg/a
CI und O (1D):
zusammen: (460 • 100) Tg/a
jShrlicher Anstieg: (45 • 5) Tg/a
Gesamtquelle: (505 • 105) Tg/a
Quellen
1. Fosalle Lagerat~itten:
Da 1 8 - 2 4 % des Methans kein radioaktives 14C enth~lt, kommen (100 • 20) Tg/a van fossilen Lagerst~itten:
- aus Kohlengruben: (25 • 5) Tg/a
- aus Methanhydaten: - 5 Tg/a
- aus Erdgasverlusten: (70 • 15) Tg/a
Demnach gehen 6 - 9 % der Erdgasproduktion als CH4-Emission verloren
2. Biogene Quellen
WiederkSuer: - 80 Tg/a
Deponien: (50 + 20) Tg/a
Ozean u. Termiten: - 30 Tg/a
Feuchte Gebiete u. Reisfelder (215 + 50) Tg/a
Verbrennung Biomasse: (30 • 15) Tg/a
Gesamtquollo: (505 • 105) Tg/a
T g / a = Teragramm pro Jahr [Tg/a -- Mio t / a = 1012 g/l]
Die Hauptquellen ffir C H 4 liegen in der Dritten Welt und werden mit Sicherheit weiter ansteigen (-~ Tabelle 5).
Ffir NOx dagegen liegen die Hauptquellen in den hochent- wickelten Industriel~indern. Durch moderne Technologien werden diese Emissionen kfinftig reduziert bzw. konstant gehalten werden k6nnen, da sie haupts/ichlich bei der Nut- zung fossiler Energietr/iger entstehen (~ Tabelle 6).
Tabelle 6: NOx-Emissionen (Quelle: EHHALT u. DRUMMOND 1988) (Mio t / a als NO 2 gerechnet)
Quellen am Baden: 124
- Verbrennung fossiler Energietr~ger 69
- Emissionen aus dem Baden 18
- Verbrennung van Biomasse 37
Atmosph~rische Quellen: 30
- NH3-Oxidation 10,2
- Gewitter 16,4
- Flugzeugabgase 1,0
- N a y aus Stratosph~ire 2,0
Gesamtemission: 154 • 76
Demnach mu~ kfinftig mit einer globalen Abnahme yon [OH] gerechnet werden, wenn mit wachsenden CH 4- Emissionen nicht auch NOx w/ichst. Es ist allerdings m6g- lich, dag
- mit steigender Temperatur der atmosph/irische Wasser- dampfgehalt zunimmt,
- mit abnehmendem Ozongehalt der Stratosph/ire die UV- B-Strahlungsintensit~it am Boden ansteigt.
Beide Effekte erh6hen die OH-Bildungsrate und k6nnten den Abfall yon [OH] kompensieren.
5 Schluflfolgerungen
1. Die Spurenstoffe CO, C H 4 und NOx regulieren in der Troposph/ire die Chemie der Photooxidantien und be-
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stimmen damit die Geschwindigkeit, mit der atmosphii- rische Spurenstoffe abgebaut werden.
2. Die Abbaugeschwindigkeiten werden insbesondere be- einfluflt durch die groflr/iumige Konzentrationsvertei- lung von 03 sowie der OH- und HO2-Radikale.
3. Da fiber die O3-Photolyse OH-Radikale gebildet wer- den, wirkt sich die Ozonhintergrundkonzentration ent- scheidend auf das troposphiirische Oxidationsverhalten aus. Ozon entsteht bei der Oxidation organischer Ver- bindungen und CO, wenn die beiden Reaktionen NO + H O 2 --~ N O 2 + OH
N O + R O 2 --* N O 2 + O H
gegeniiber anderen HO z- und RO2-Reaktionen konkur- rieren k6nnen. Ozon wird abgebaut, wenn die Reaktion
0 3 + H O 2 --~ 2 O2 + OH
schneller wird (bei der augenblicklichen Ozonhinter- grundkonzentration erfolgt das bei ca. ([NOj <
10 pptV).
In industrieUen Ballungsgebieten liegt NOx meistens ge-
g e n f i b e r C H 4 , CO und anderen Kohlenwasserstoffen im Uberschufl vor. In der freien Atmosph/ire und in mariti- men Reinluftgebieten herrscht jedoch Mangel an NO~;
auf der SH ist dieser Mangel noch st/irker ausgepr/igt.
4. Die troposph/irischen Abbaugeschwindigkeiten sind di- rekt proportional zu der OH-Radikalkonzentration. Die OH-Bildungsrate andererseits w/ichst an mit
- Ozonkonzentration - Wasserdampfgehak
- Strahlungsintensit~it im UV-B bei 300 nm.
Eine .~nderung dieser Gr6flen, z.B. ein Anstieg der UV- B-Strahlung durch Rfickgang des stratosph~irischen Ozongehaltes oder ein Anstieg des Wasserdampfgehal- tes infolge einer Temperaturerh6hung, beeinfluflt direkt die OH-Bildung. Das Wechselspiel mit der CO- und CH4-Oxidation in Gegenwart von NOx ist sehr komplex.
5. Ffir die Aufrechterhaltung einer bestimmten OH- Konzentration yon z.Zt. (6 + 2) 10 s cm -3 ist eine ho- he Ozonhintergrundkonzentration erforderlich.
Die EinsteUung einer entsprechenden OH-Konzentra- tion hiingt aber noch empfindlicher vonder begleitenden NOx-Konzentration ab. Bei der heutigen Spurengasbe- lastung v o n C H 4 und CO fiillt [OH] bereits unterhalb [ N O j < t0 ppbV mit der NO~-Konzentration ab, un- terhalb von 0.1 ppbV wird sie unabh~ingig von NOx;
erst unterhalb von 0.01 ppbV [ N O j wird bei den Oxi- dationsvorg~ingen mehr 03 vernichtet als erzeugt.
W a c h s e n d e C H 4- und CO-Emissionen verlangen zur Aufrechterhaltung gleichbleibender Abbauraten eben- falls eine entsprechend anwachsende NOx-Emission.
6. Steigen gegeniiber NO x die Emissionen v o n C H 4 und CO schneller an, werden immer weniger HOz-Radikale in OH fiberffihrt, mit der Folge eines Anstiegs der H202-Konzentration.
Da die L6sung v o n H 2 0 2 in Regen- und Nebeltr6pf- chen die Oxidationsvorgiinge, z.B. fiir SO2, sehr be- schleunigt, tritt mit ansteigenden H 2 0 2- und abfallen- den OH-Konzentrationen eine begrenzte Verlagerung yon Abbauvorg~ingen in der Gasphase zu Gunsten der Flfissigphase ein.
7. Ein Rfickgang der Oxidationsgeschwindigkeiten in der Gasphase mug auch zu einer Beschleunigung des An- stiegs atmosph/irischer Konzentrationen solcher Spuren- stoffe ffihren, die wegen ihrer IR-Aktivit/it zu einem Temperaturanstieg beitragen.
8. Trendanalysen zuriick in die Vergangenheit und modell- m/iflige Aussagen fiir die Zukunft bleiben spekulativ.
Einige Spurenstoff-Konzentrationen sind gegenfiber frii- her ohne jeden Zweifel angestiegen. Es ist jedoch nicht m6glich, zwischen dem Einflufl ansteigender Emissions- raten und einer Ver~inderung atmosph~irischer Eigen- schaften klar zu unterscheiden. Im mehr qualitativen Sinne sind aber die Aussagen einfacher Modellfiberle- gungen in ihrer Richtung nicht anzuzweifeln.
Bei niedrigeren Breiten und auf der SH sollte die OH- Konzentration am empfindlichsten auf ein Ungleichge- wicht zwischen IVOC + COl- und NOx-Emissionen reagieren. Es ist daher m6glich, dat~ dort [OH] bereits abgenommen hat. Allerdings scheinen die Absolutwerte der OH-Konzentrationen etwas h6her als auf der NH zu liegen.
9. Solange sich die C H 4- und die CO-Emissionen weltweit in ihrem Anstieg nicht begrenzen lassen, dfirften von den Industriestaaten eigentlich keine Maflnahmen zur drasti- schen NOx-Reduzierung getroffen werden. Diese Aus- sage beriJcksichtigt jedoch keine anderen Umweltein- fliisse, die auf NOx-Emissionen zuriickgeffihrt werden:
Bildung von Photosmog, saurer Regen und Uberdiin- gung des Bodens sowie Beeintr/ichtigung des Trink- wassers.
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