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1 Ross’ Kritik an Moore

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Universit¨at Dortmund, Wintersemesester 2006/07 Institut f¨ur Philosophie

C. Beisbart

Der Utilitarismus und seine Kritiker

David Ross’ Kritik an Moore und seine Theorie der prima-facie-Pflichten (Stichpunkte zum 31.10./7.11.2006)

1 Ross’ Kritik an Moore

1. Ross kritisiert Moores Auffassung, es sei richtig, das zu tun, was das meiste Gut produziert, was die besten Konsequenzen hat. Moores Auffassung kann man in zweierlei Form vertreten: 1.

”richtig“ bedeutet

”produziert am meisten Gutes“, 2.

De facto ist das richtig, was am meisten Gutes produziert. Im Kapitel 2 von

”The Right and the Good“ wendet sich Ross der zweiten Auffassung zu.

2. Ein wichtiger Kritikpunkt von Ross an Moore lautet wie folgt: Moore nimmt den pers¨onlichen Charakter von Pflichten nicht ernst.

3. Außerdem rekonstruiert nach Ross Moores Theorie unsere moralischen Intuitionen (Vormeinungen) nicht richtig. Dazu betrachtet er unter anderem folgendes Beispiel (34 f.): Ich habe A versprochen,ϕzu tun. Wenn ich das tue, dann erh¨alt A ein Gut im Wert von 100. Wenn ich es nicht tue, dann erh¨alt B ein Gut von 100,1. Moore muß sagen: Ich sollte nicht ϕtun/Es ist falsch, das zu tun. Intuitiv gilt jedoch: Es ist richtig, ϕ tun. Das Beispiel funktioniert auch als Gegenbeispiel gegen Moore, wenn A und B identisch sind, und A 100,1 erh¨alt, wenn ich das Versprechen nicht halte. Eine weitere Variation: A hat sich sehr verdient gemacht, B ist ein schlechter Mensch. Wenn ichϕ tue, dann erh¨alt A 100 und B nichts; wenn nicht, dann erh¨alt B 100,1 und A nichts. Intuitiv scheint es richtig,ϕzu tun. Aber Moore muß sagen, es sei richtig, B die 100,1 zukommen lassen.

4. Einwand seitens Moore: Es kann gar nicht vorkommen, daß jemand, indem er ein Versprechen bricht, mehr Gutes erzeugt, als wenn er es h¨alt. Denn ein Versprechen zu halten, hat selber Wirkungen, die in der Regel gut sind. Moore argumentiert also mit verdeckten Kosten/G¨utern. Er sagt, daß unsere Intuition nur insofern richtig ist, als wir verdeckte G¨uter nicht beachten. Ross’ Antwort (38 f.): Man kann das Beispiel geeignet ¨andern. Man muß nur stipulieren, daß die Zahlen oben alle involvierten G¨uter abdecken. Ross: Auch in dieser Interpretation ist unser intuitives Urteil: Es ist richtig, das Versprechen zu halten (38).

5. Ross’ Einwand kommt dem Utilitaristen ein St¨uck weit entgegen. Er nimmt mit dem Utiltaristen an, daß sich das Gute insgesamt verrechnen l¨aßt. Ross argumen- tiert aber zus¨atzlich: Selbst unter dieser Voraussetzung f¨uhrt der Utilitarismus zu kontraintuitiven Resultaten.

2 Ross’ eigene Theorie

1. Es ist richtig, das zu tun, was der

”gr¨oßten“ prima-facie-Pflicht nachkommt.

1

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2. Ross z¨ahlt folgende prima-facie-Pflichten auf (21 f.):

(a) Pflichten, die auf fr¨uheren Handlungen des Akteurs gr¨unden: a. Pflichten der Glaubw¨urdigkeit (Versprechen, auch implizite halten). b. Pflichten der Wiedergutmachung

(b) Pflichten, die auf fr¨uheren Handlungen anderer gr¨unden: Pflichten der Dank- barkeit

(c) Pflichten, die es damit zu tun haben, daß eine Verteilung den Verdiensten der Betroffenen nicht gerecht wird: Pflichten der Gerechtigkeit.

(d) Pflichten des Wohlwollens.

(e) Pflichten der Selbstvervollkommnung

(f) Pflichten, anderer Recht zu beachten. F¨ur Ross heißt die Rechte anderer beachten, ihnen keinen Schaden zuzuf¨uhren.

3. Die Geltung der prima-facie-Pflichten ist selbstevident. Wir wissen, daß wir wohl- wollend handeln sollen, wie wir wissen, daß 2 + 2 = 4.

4. Es gibt keine Prinzipien daf¨ur, wie wir die prima-facie-Pflichten aggregieren sollen, wenn sie einander widersprechen. Wir denken ¨uber den Fall nach und kommen zu einem Urteil, was richtig ist (Pflicht sans phrase), sind uns dessen aber nicht ganz sicher. Die Pflicht sans phrase leitet sich von allen Eigenschaften eines Handelns ab, die prima-facie-Pflichten haben es nur mit bestimmten Aspekten des Handelns zu tun. Daß Ross nicht angibt, wie man die Pflicht sans phrase auf der Basis der prima-facie-Pflichten bestimmt, l¨aßt Ross nicht als Einwand gegen seine Theorie gelten. Nach Ross beruhen auch Theorien Mooreschen Formats letztlich auf ad- hoc-Abw¨agungen unterschiedlicher G¨uter.

5. Wenn wir wider eine prima-facie-Pflicht handeln, dann f¨uhlen wir Bedauern (

”com- punction“).

6. Ross’ Theorie ist pluralistisch.

7. Methode: Ross’ Theorie gibt nach Ross gut wieder, wie wir wirklich denken.

8. Ross’ Theorie ist ein Kompromiß zwischen einem

”Absolutismus“, demzufolge wir Versprechen immer halten m¨ussen, und einer Theorie, f¨ur die Versprechen gar keinen selbst¨andigen Beitrag f¨ur die Richtigkeit einer Handlung liefern (siehe dazu Hooker, in Mele 2004).

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