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E i n f ü h r u n g i n d e n S c h w e r p u n k t
Der Schwerpunkt «Ästhetische Bildung» schafft einen Rahmen, in dem wissenschaftliche Grundlagen für die Verortung des Ästhetischen im Kontext von Lernpro- zessen entwickelt (Arts in Learning) und eine kritische Diskussion um Wirksamkeit und Lehrbarkeit künstleri- scher Arbeitspraxis im Kontext von Schule und Öffentlich- keit geführt werden können (Learning in Arts).
Seit Mitte der achtziger Jahre hat sich die Diskussion um das Ästhetische wiederbelebt.
Das gilt sowohl für die Debatten in der Philosophie, der Psychologie, den Erziehungswissenschaften als auch der Musik, der Literatur, dem Tanz, dem Theater, gilt für Gestaltung und Bildende Kunst.
Man gewinnt leicht den Eindruck, als hätte die Frage nach der Bedeutung des Ästhetischen zu keinem andern Zeitpunkt eine solche Wirkungsmächtigkeit ent- faltet wie heute. Dieser Blick täuscht: In gleichem Mass wie die Ästhetisierung der Lebenswelten zunimmt, wächst auch deren Zerstörung.
Es scheint – wie oft in Krisensituationen – dass das Ästhetische zur Beruhigung sozial unübersichtlich gewor- dener Situationen (Lenzen 1990), eingesetzt wird, denn nicht zuletzt sind das, was als Lifestyle oder Design auftritt, Elemente gesellschaftlicher Normierung.
Wie nun ist ein Forschungsschwerpunkt «Ästhetische Bildung» an der Pädagogischen Hochschule Zürich zu ver- orten, dass er nicht eben zu einem Kompensations- und Beruhigungsinstrument gerät? Dass etwas von der Irritation, die in den Verfahrensweisen der Gegen- wartskunst aufscheint, sich auch in pädagogischen Pro- zessen verlebendigt und zum Nachdenken anregt? – denn die Spannung zwischen der zeitgeistigen Proklama- tion des Ästhetischen und der Marginalisierung
ästhetischer Erfahrung im Bildungsprozess ist nicht zu übersehen.
Arts in Learning– Learning in Artsumspielt sprachlich das Problem der Differenz in den generell als unvereinbar geltenden Disziplinen Kunst und Pädagogik.
In Arts in Learninggeht es darum, die Bedeutung zu klären, die die «Versprechungen des Ästhetischen» (Eh- renspeck 1998) für Bildungsprozesse allgemein haben. Im Zentrum stehen jene Anteile am theoretischen und empirischen Forschungsdiskurs, die Psychologie und Pä- dagogik seit dem 19. Jahrhundert für sich reklamieren.
Rebekka Horlacher unternimmt den Versuch einer histori- schen Herleitung des Begriffs «Ästhetische Bildung»
und verweist auf deren Verwurzeltsein im deutschen Ide- alismus. Sie betrachtet die Auswirkungen der romanti- schen Haltung – das Ästhetische als innerweltliche, aber immer ausstehende Lösung – und deren spätere, un- heilvolle Instrumentalisierung im sozialen und politi- schen Kontext. Ihr kritisches Nachfragen, inwiefern das
zeitgenössische Bildungsgeschehen unbemerkt weiter davon beeinflusst wird, könnte den Blick schärfen für verdeckte Anachronismen und vorschnelle Popularisie- rungen.
Die seit den siebziger Jahren in Deutschland einsetzende Reflexion ästhetischer Erziehungskonzeptionen, ihre Befreiung aus musisch-arationalen Vereinnahmungen, öffnet der theoretisch-berufspraktischen Forschung neue Wege.
Peter Wanzenried entwirft in seinem Text eine Vorstel- lung davon, wie in der gegenwärtigen Diskussion um Bil- dungsstandards ästhetisches Lernen in einer der Vielfalt und Heterogenität verpflichteten Schulkultur zu veran- kern wäre.
Konkret nachvollziehbar wird Learning in Artsin den Arbeitsbeispielen von Mathis Kramer-Länger und
Chris Wirth. Hierzulande haben bis in die jüngste Vergan- genheit hinein die Bereiche Theater, Tanz, Musik
Gestaltung und Kunst Forschungsfragen – als theoretische Fragen – den Erziehungswissenschaften überlassen.
Das erklärt sich zum einen Teil dadurch, dass in all die- sen Gebieten ein forschendes Verhältnis den Umgang mit der Materie selbst bestimmt – also forschendes Lernen als Praxis im Mittelpunkt steht – zum andern, dass diese Bereiche bis jetzt im akademisierten Lehr- und For- schungsbetrieb keinen Ort hatten.
Es gilt darum, aus den Ressourcen der einzelnen Diszipli- nen heraus empirische Forschungsansätze zu entwi- ckeln, die die Leibgebundenheit ästhetischer Erfahrung reflektieren und – wie Constanze Kirchner – nach Mitteln und Methoden suchen, Genaueres über ästheti- sche Rezeptions- und Produktionsweisen zu erfahren.
Der künstlerische wie auch der kindliche Schaffens- prozess stellen bis heute eines der diffusesten wissen- schaftlichen Probleme dar. Das laufende Projekt
Scribbling Notions untersucht, welche Bedeutung die sich festigenden Bildzeichen im frühkindlichen Entwicklungs- geschehen haben.
Im Versuch von Konturierung und Abgrenzung der beiden Positionen Arts in Learningund Learning in Artshoffen wir eine Spannung produktiv zu machen und einen Beitrag zur Frage zu leisten, in welcher Weise das Ästhe- tische tatsächlich und nachweisbar Auswirkungen auf Bildungsprozesse hat.
Ruth Kunz
Dozentin für Bildnerisches Gestalten an der Pädagogi- schen Hochschule Zürich