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2: Europe and the East

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AARP, Art and Archaeology Research Papers. Hrsg. v. Len W. Habbow

Antony Hütt, Dalu Jones, Gboffbey King, Geobge Michbll, H^slbn

PoTAMiANOS. London: Luzac in Komm. 4°. 1. 1972. 2: Europe and the

East. 1972. 3: Flowers in Art. 1973. Subskription jährl. £ 5.—.

Höhersemestrige Studierende der indischen oder der islamischen Kunst¬

geschichte der University of London, Sehool of Oriental and Afriean Studies,

Near and Middle Eastern Department and South Asian Department haben

mit einer außergewöhnlichen Tatkraft und einem erstaunlichen Anfangs¬

erfolg eine großformatige, hervorragend gedruckte und reich bebilderte

Zeitschrift zu oinem sehr niedrigen Selbstkostenpreis begründet. Im ersten Heft vmterrichten die Herausgeber über ihre Ziele: gegenwärtige archäolo¬

gische Feldarbeiten und kunstgeschichtliche Studien aus den Landschaften

vom Mittelmeer über den Nahen bis zum I'ernen Osten rasch bekannt zu

machen, dabei besonders die kulturellen Wechselbeziehungen zwischen

westlichen und östhchen Gedanken und Formen zu veranschaulichen, und

neben längeren Aufsätzen auch kürzeren Fundborichten und Ankündigungen

über laufende Untersuchungen Platz einzuräumen. Vom zweiten Heft an

stehen die Hauptartikel unter übergeordneten Gesichtspunkten. Das vierte

Heft wird man dem Thema Cosmology in Art widmen. Auf diesen Gegenstand

wiesen z.B. die Mithrsg. Habbow in einer Ankündigung H. 1 S. 67 und

Jones mit einem Zitat naoh Habbow H. 2 S. 49 hin.

In ausführlichen Beiträgen werden Denkmäler orientalischer Bau- und

Bildkunst entweder in die Forschung neu eingeführt oder auf Grund neuer

Beobachtungen und Aufnahmen geschichtlich, inhaltlioh und stilkritisch

analysiert: der achteckige, doppelkupplige Bau des 14. Jhs von Shäh Firüz

in Iran (Hütt H. 1), der Sangamesvara — Tempel von Patadkal (Michell

H. 1), die Moschee von Bäb Mardüm in Toledo (King H. 2), vorottomanische

Karawansarails (Ünal H. 3). In einer vorbildlichen Zusammenarbeit mehre¬

rer Vertreter verschiedener Fachrichtungen (indische Kunst, islamische

Kunst, ostasiatische Kunst, Baugeschiohte) entstehen Überblicke über

Grundzüge etwa des islamisohen Bauschmucks (Albabn — Smith — Steele

— Walkeb H. 1) und z.B. seiner Verbindung mit altindischer Mathematik

(ibid. S. 2) oder über Technik und Kunst in vorislamischen imd islamischen

Trompen- und Pendentifkuppeln (Jones — Mabtin — Michell H. 1). In

zahlreichen Ausätzen sind die Beziehungen innerhalb der orientalischen

Kunstkreise und auoh die Verbindungen zwischen westlicher rmd östlicher

Kunst behandelt : der schreitende Löwe auf griechischen, zentralasiatischen

imd persisohen Textilien (Potamianos H. 1), französische romanische Bau¬

kunst und Islam (Watson H. 2), Islam und ostasiatische Keramik (Med¬

ley H. 3). Der geistige Austausch zwischen Ost und West wird über illu¬

strierte Bücher des 17. Jhs. bis zu Reiseberichten des 19. Jhs. weiter verfolgt:

am Beispiel des Klassizisten Inigo Jones und seines persisch-indischen

Liebestempels (Obgel H. 2), am Beispiel der Blumenmalerei des Giuseppe

Castiglione am chinesischen Hof (Lobhb H. 3), am Reisetagebuch des

(2)

Thomas Herbert (Cabswell H. 2 u. 3) oder anläßhch einer Sammlimg von

Nachrichten über Sultanabad (Hambly H. 2). Bilder von neu entdeckten

oder erstmals genauer bekannt gemachten Fundstätten im Lichte antiker

oder islamischer Schriftsteller liefern wichtige Beiträge zur Historischen

Geographie des Orients: so werden Landschaft und Funde von Karaj-i Abi

Dulaf naoh al-I§tahri und Ibn Hauqal interpretiert (Luthbb H. 1), Fund¬

stätten und Land Verbindungen von Shaijoun westlich von Persepohs nach

den Schriftstellern des Alexander-Zugs gedeutet (Gotch H. 3).

Der AARP Index of Theses and Research unterrichtet laufend über

Forschungsvorhaben an den Universitäts-Instituten und über gegenwärtige archäologische Feldarbeit in allen Ländem dos Orients.

Klaus Fischee, Bonn

Hebman H. Goldstine: New and Ftdl Moons 1001 B.C. to A.D. 1651.

Philadelphia 1973. VIII, 221 S. (Memoirs of the American Philosophical Society. Vol. 94.) $ 5.00.

Astronomische Angaben sind eines der wichtigsten Hilfsmittel der

Historiker für die Datierung von Ereignissen. Eine unschätzbare Hilfe für

alle einschlägigen Arbeiten bilden daher entsprechende Naohschlagetafeln.

In Ergänzung zu den beiden Bänden von B. Tuckebman über die Örter von

Mond, Sonne und Planeten^ legt Goldstine hier eine entsprechende Tafel

der Neu- und Vollmonde für die Zeit 1001 v. Chr. — 1651 n. Chr. vor. Die

Tafel gibt für jedes einzelne Ereignis Datum imd Uhrzeit (berechnet für

Babylon/Bagdad) sowie zusätzlich den Ort in der Ekliptik, den der

Mond zu dem betreffenden Zeitpunkt innehatte. Die Daten wurden nach

neuestem astronomischem Kenntnisstand mit einem IBM-Computer er¬

rechnet. In der 'Introduction' sind die nötigen Angaben über die Herstellung

der Tafeln sowie Erklärungen über deren Anwendung zu finden. Damit hat

die modeme Technik der historischen Wissenschaft ein sehr wesentliches

Hilfsmittel geschaffen, das die wichtigsten einschlägigen Forschungsperioden

erfaßt und aus dem Generationen von Forschem größten Nutzen ziehen

werden.

Paul Kunitzsoh, Köln

Mohamed I. Mouesi: Die Hohenpriester des Sonnengottes von der Frühzeit

Ägyptens bis zum Ende des Neuen Reiches. München-Berlin 1972. 186 S.,

16 Taf. (Münchner Ägyptologische Studien. H. 26.)

Diese Münchner Dissertation gibt einen nützlichen Katalog aller Träger

des Titels miw wr / wr mnw, der schon früh den Hohenpriester des Re von

Heliopolis bezeichnete. Später ist dieser Titel auch auf Hohepriester an

1 B. Tuckebman: Planetary, Lunar, and Solar Positions 601 B.G. to

A.D. 1. Philadelphia 1962 (Mem. Amer. Philos. Soc. Vol. 56); ders.. Plane¬

tary, Lunar, and Solar Positions A.D. 2 to A.D. 1649. Ebda. 1964. (Mem.

Amer. PhUos. Soc. Vol. 59.) 10 ZDMG 126/1

(3)

anderen Orten übertragen worden, wie Theben (8. SOff.), Thinis (S. 106ff.)

und Amama (S. 102—5). Während die Titelinhaber bis zur 20. Dynastie

ausführhch behandelt werden, indem auf besondere Probleme der Denk¬

mäler, der Datierung oder der Familie eingegangen wird, sind diejenigen aus

der Spätzeit nur ganz knapp zusammengestellt (S. 140—6). Dazwischen

behandelt Verf. S. 130—9 die Benutzung des Titels als Personenname. Der

zweite Teil von S. 147 an, als „Auswertung der Quellen" tituliert, unter¬

sucht die Frage der Lesung des Titels und seiner Interpretation, die für den

Hohenpriester von Heliopolis bekannte Tracht und soziale Stellung, die

politische und die religiöse Funktion des Amtes.

Anzumerken ist, daß Verf. unveröffentlichtes Material aus den Ausgra¬

bungen von Arab el-Hisn bei Heliopolis vorlegen kann, die auf einen Tempel

Ramses' IX. gestoßen waren; von diesen Funden sind eine Anzahl Auf¬

nahmen gegeben. Die Zusammenstellungen sind sehr sorgfältig vorgenom¬

men, so daß durch diesen Katalog eine Grundlage für die Betrachtung

dieses wichtigen Personenkreises geschaffen ist. Kleinere Ausstellungen fallen nicht ins Gewicht (etwa § 3 Ij-m-htp: Die Statue, die angeführt wird,

fand sich nicht im Nordtempel der Stufenpyramide, sondem südlich der

Eingangshalle).

Bei der Behandlung der Frage nach der Lesimg des Titels wird auch das

Problem angeschnitten, von wann an wir ihn, der vorher ein auf den König

bezogener Titel war, als einen Priestertitel bei einer in Heliopolis wohn¬

haften Gottheit ansehen müssen. Die Annahme des Verf., daß bereits Ij-m-

htp unter Zoser „erster Hoherpriester von Heliopolis" gewesen sei, bleibt

jedoch fraglich, da die Verknüpfung mit Heliopolis ausdrücklich erst bei

R'-htp unter Snofru belegbar ist. Dies ist deshalb wichtig, weU der Verf.

annehmen möchte, daß Heliopolis schon in sehr früher Zeit ein religiöses

Zentrum war und nicht erst mit der 5. Djmastie bei der Schaffung des in der

Sorme zentrierten neuen Glaubens dazu gemacht wurde (S. 152). Dabei

operiert Verf., besonders im Kapitel über die „politische Funktion" der Hohenpriester, mit der Vorstellung einer bereits früh vorhandenen Priester¬

sehaft von Heliopohs als politischer Gruppe, die als ausschlaggebende

Macht in die dynastischen Auseinandersetzungen eingreift. Diese Vor¬

stellungen, wie sie ja besonders von Kees seinen Darlegungen zugrunde

gelegt worden waren, sollten doch insofem differenziert werden, als zunächst zu fragen wäre, ob nicht gerade in der Zeit des Alten Reiches Religion noch eine wirkliche Überzeugung war, für deren einzelnen Entwicklungsstadien

man sich voll einsetzte, und nicht nur ein Vorwand für politisches Macht¬

streben. Daher erscheint es mir richtiger, zunächst von einem religiösen Sieg

der Sonnenverehrung zu sprechen und dann erst sekundär daraus die Schaf¬

fung einer heliopolitanischen Priesterschaft abzuleiten. Dabei scheinen

bereits am Ort gebundene kgl. Beamte (eben die wr mtw) zu Hohenpriestern

„umfunktioniert" worden zu sein. Auch für die Amarnazeit möchte ich nicht

armehmen, daß hier „die heliopolitanische Sonnenpriester veranlaßt"

wurden, „ihre zunehmende religiöse Bedeutung auch im politischen Macht¬

kampf zu nützen". Die einzelnen Epochen sollten differenzierter betrachtet

werden. Sicher gab es Zeiten, wo Religion als Mittel zur Macht angesehen

^vurde; dann aber müssen wir mit Epochen rechnen, und diese waren sicher

nicht nur in den ältesten Zeiten zu finden, wo ,, Überzeugungen" in den

äußeren Formen der Religion mächtiger waren als alle Schachzüge ,, macht¬

hungriger Priester". Eine Lektüre gorade der Schlußkapitel des hier ange¬

zeigten Buehes regt zum Nachdenken über dieses Problem an.

(4)

Dankbar soh am Schluß noch hervorgehoben werden, daß neben den

schon erwähnten Ausgrabungen bei Heliopolis auch einige bisher nicht oder

nur schlecht publizierte Denkmäler, die mit den Hohenpriestern von Helio¬

polis in Verbindung stehen, in ausgezeichneten Photos wiedergegeben

worden sind.

W. Helok, Hamburg

Walthbr Wolf: Das alte Ägypten. München: Deutscher Taschenbuch

Verl. 1971. 312 S. (dtv Monographien zur Weltgeschichte. 3201.) DM 7,80.

Ägypten in einer auflagenstarken Taschenbuchreihe — man möchte es

einen Grund zum Feiern nennen, einen Grund, den man sich häufiger ge¬

wünscht hätte. Aber dies Feld scheint weithin nur vom Verf. und E. Otto

bestellt worden zu sein. Nun wirkt des einen Tod wie ein Symbol, und des

anderen (und W. Helcks) großes ,, Lexikon" — wohl für einen weiten Be¬

nutzerkreis geeignet, aber teuer und von geringer Auflage — auf dem

Hintergrund der allgemeinen hochschulpolitischen Lage und den Plänen der

,,Kleine-Fäeher-Kommis8ion" des Bundeswissenschaftsministeriums wie

ein Abgesang, wie die Enzyklopädie und Summa einer Wissenschaft vor

ihrem Ende.

Der Aufbau des Buches ist relativ unkonventionell: einem „Abriß der

Geschichte" (etwa die Hälfte des Umfangs) folgt eine Auswahl von 20

Quellentexten, im wesentlichen zur Geschichte, eine ausführliche Behand¬

lung der Chronologie und eine ,, kritische Quellen- und Literaturübersicht", diese letzten drei Teile dem Umfang nach von gleichem Gewicht. Allerdings wirft die Konzeption die Frage auf, an welche ,, Zielgruppe" gedacht war.

Am ehesten scheinen noch der zweite (Quellentexte) imd dritte Teil (Chrono¬

logie) sich an den weiten Leserkreis zu wenden, den die Taschenbuchausgabe

nahelegt. Ob aber diesem Kreis mit einer durchgehenden Kommentierung

vmd Gruppierung eines großen Ausschnittes der ägyptologischen Sekundär¬

literatur (im vierten Teil) gedient ist?

Auch im ersten Teil, dem ,, Abriß", stellt sich bei dem umfangreichen

(selbst auf Einzelprobleme eingehenden) Anmerkungsapparat diese Frage,

hier gekoppelt mit dem Verdacht einer gewissen ,, Betriebsblindheit" : etwa

findet sich keine Anweisung, wie mit den Konsonantenungetümen der ägypto¬

logischen Umsehrift zu verfahren sei (es wird aber offenbar vorausgesetzt,

daß z.B. ein Übergang von mn-nfr- ... zu ,, Memphis" unmittelbar ein¬

sichtig ist, S. 56; ähnlich passim); oder die Terminologie: außerhalb der

Ägyptologie dürfte etwa das Wort ,, Schist" (S. 25) nur als das enghsche Wort für ,, Schiefer" verstanden werden, ohne seine ägyptologisch-spezielle Bedeutung ,, kristalliner Schiefer" (Gneise, Phyllite) gegenüber dem sonst meist assoziierten ,, Tonschiefer" (Schiefertafel, usw.).

Des weiteren hätte man gerade dem ,, Abriß" mehr positive Heraus¬

forderung des Lesers gewünscht, zumindest — bei aller Wissenschaftlich¬

keit — den Charme der Darstellung, der etwa E. Ottos ,,Weg des Pharaonen¬

reiches" so sehr auszeichnet. Herausforderung — aber möglichst nicht durch

Wörter oder Sätze, die man nur mit gesträubtem Nackenhaar lesen kann:

„Den Endsieg zu erringen, war Kamose nicht vergönnt" (S. 94); ,,Naeh den

Jahren der Kampfzeit, in denen noch Schhchtheit und Sitte regierten,

kommen Jahrzehnte der Verfeinerung und des Lebensgenusses. Sie enden in

morbider Dekadenz" (S. 115); uam.

10»

(5)

Insgesamt: Geschichte ist dem Verf. „die Geschichte von Fürsten vmd

Königen" und dies offenbar bewußt, derm mu* die entsprechenden Ab¬

schnitte hat er — streckenweise fast wörthch — seiner „Kultiu'geschichte des Alten Ägypten" entnonunen.

Aber recht bedacht, ist mein Maßstab falsch gestellt, wenn er wohl auch eigentlich der des Verf. gewesen sein dürfte: Nicht ein weiter Leserkreis ist

angesprochen, sondern ein verhältnismäßig begrenzter: Neben dem „fort¬

geschrittenen" Ägyptologen, der hier eine schätzenswerte Literaturfülle

ausgebreitet findet, dürften vor allem ,,Amateurägyptologen" und — so

lange es noch solche gibt —- Ägyptologiestudenten früher Semester gemeint sein ; so gesehen, ist der Wert des Buches gar nioht hoch genug einzuschätzen :

es handelt sich um das erste Lehrbuch derÄgyptologie für das Grundstu¬

dium (1.—4. Semester) künftiger Studiengänge. Hier sind die klassischen

Grundlagen versammelt :

Einführung in das Fach Ägyptologie und seine Geschichte; ein kaum zu

überschätzender Wegweiser durch die Literatur; zu vielen Fragen Anmer¬

kungen, die wie bei den vorangegangenen Büchem des Verf^. auch hier

jeweils auf den neuesten Stand der Literatur gebracht sind; nur leider hat

diese neueste Lit. nicht immer im Text ihren Niederschlag gefunden*. —

Weiter: Ein erster Überblick über die historischen Texte; die Grundlagen

von relativer und absoluter Chronologie mit einer kommentierten Synopse

der in der Ägyptologie üblichen Königsnamen, denen der Königslisten und

Manethos; eine Karte mit den wichtigsten Orten auch Syro-Palästinas; eine

Einführung in die Geschichte, die allerdings m. E. ein wenig zu sehr den

Anschein erweckt, vmumstößliche Erkenntnisse zu vermitteln; etwa spricht

der Verf. S. 19 davon, daß ,, neuerdings" ein soziologischer Gegensatz im

Wandel von Nagada I zu Nagada II bemerkt worden sei: nomadische

Bevölkerung werde durch bäuerliche abgelöst; andererseits: Oberäg. sei die

Heimat der Nomaden, Unteräg. die der Bauern (S. 20), usw. Dazu: „Bisher

hat sich noch niemand die Mühe gegeben, zu untersuchen, inwieweit die

Gegenüberstellung unterägyptischer Bauer — oberägyptischer Halbnomade

überhaupt archäologisch erweisbar oder auch nur tragbar ist ... "' Ähnlich auch der ,, Königsmord" (S. 34)*.

Auch bleibt das „maßstabgerechte Begreifen" gelegentlich auf der Strecke, etwa wenn (bei Megiddo) die „Ägypter disziplinlos über sie herfielen, statt dem Gegner auf den Fersen zu bleiben" (S. 107), obwohl die Verfolgungs¬

schlacht erst eine relativ junge Errungenschaft, nämlich des Vemichtvmgs-

krieges ist; oder (von den Sargtexten): „Ihr Formel — und Zauberwesen

beruht auf rohem Aberglauben und krasser Unbildung" (S. 70) oä.

1 Etwa: Die Kunat Ägyptens. Stuttgart 1957; Kidturgeschichte des Alten

Ägypten. Kröner TB 1962; usw.

2 Beispielsweise zitiert der Verf. zwar in Anm. 12, S.73, J. v. Becke¬

bath: Untersuchungen zur politischen Oeachichte der zweiten Zwiachenzeit.

Glückstadt 1964. (Ägyptologische Forschungen. 23.), S. 78—81 zur Lage von

Jtj-t'.wj, lokalisiert diese Stadt aber weiterhin bei El-Lischt, nicht wie

V. Beckebath — überzeugend — bei Memphis.

' Junkeb: Oiza. XII. Wien 1955. S. 29; er nennt selbst noch eine Reihe

von Gegengründen, S. 28ff; s. auch die bei Fbanke in: Göttinger MiszeUen 5

(1973), S. 66 Anm. 17, genannte Lit.

* s. dazu Stöbck in: Göttinger Miszellen 5, S. 31 f.

(6)

Alles in allem jedoch ein erfreuliches Buch; hier hat ein Mann das letzte

Mal gesprochen, dessen ägyptologisches Weltbild zwar kompakt und unge¬

brochen, der aber stets bemüht war, es vielen anderen zu vermitteln. Wenn

ich auch die Grundeinstellung und eine Reihe von Standpunkten nicht zu

teilen vermag, so möchte ioh dennoch diesem Buch meinen Beifall entgegen¬

bringen.

Fbiedrich Junge, Göttingen

Labib Habachi: The second SteUt of Kamose and his Struggle against the

Hyksos Rider and his Capital. Glückstadt: Augustin 1972, 67 S., 8 Taf.

(Abhandlungen des Deutsohen Archäologischen Instituts Kairo. Ägyp¬

tologische Reihe. Bd. 8.) DM 72,—.

Der historisch so bedeutsame Bericht des thebanischen Königs Kamose

über seinen Feldzug gegen den Hyksoskönig Apophis bildet wegen seiner

bruchstückweisen Entdeckung eine der interessantesten Fundgeschichten

der ägyptischen Archäologie. Als im Jahre 1908 Eabl of Carnarvon in

einem der Privatgräber des frühen Neuen Reiches von Dra Abu en-Naga

zwei Holztafeln mit den Übungen eines Schreibschülers entdeckte, erkannte

A. H. Gardiner, daß sich unter den Abschriften auch die Kopie eines bis

dahin unbekannten historischen Textes befand, der nicht nur literarisch —

wie etwa die neuägyptische Erzählung von König Apophis und Sekenenre,

sondem als offizieller Feldzugsbericht aus der Zeit der Hyksoskämpfe zu

verstehen war imd damit ein Geschichtsdokument von unschätzbarem Wert

darstellte'.

Diese, von verschiedenen Seiten zunächst bestrittene Ansicht A. H.

Gardiners fand dann — freilich erst ein Vierteljahrhundert später — durch

zwei Stelenfragmente ihre Bestätigung, die in den Jahren 1932 und 1935

durch H. Chevribr als Füllmaterial im 3. Pylon des Kamaktempels ent¬

deckt wurden". Der noch erhaltene Text der beiden Bruchstücke, die zu

einer von König Kamose im Kamaktempel aufgestellten Stele gehörten,

gab — wie man wenig später erkannte —• die bereits von der Holztafel her

bekannte Inschrift wieder, d.h. der Fund hatte uns Teüe des Originals

beschert, das einem Schreibschüler zu Beginn der 18. Dynastie als Vorlage

gedient hatte. Wie sich aus der jetzt rekonstruierbaren Länge der Zeilen

ergab, bietet uns die beim Anfang des Berichtes einsetzende Kopie leider nur etwa die Hälfte der ursprünglichen Steleninschrift. Die beiden Stelenfrag¬

mente lieferten übrigens so gut wie keine zusätzliche Information, da sie den

an einigen Stellen zerstörten Text der Kopie nur geringfügig zu ergänzen

vermochten'.

1 Cabnarvon-Carteb : Five Years Explorations at Thebes. London 1912,

S. 36f. und T. 28; A. H. Gabdineb in: JEA 3 (1916), S. 95ff.; Gunn-Gab-

DiNEB in : JEA 5 (1918), S. 45f

• H. Chevbibb in: ASAE 35 (1935), S. Ul ; P. Lacau m: ASAE 39 (1939),

S. 245 ff.

' Die beiden Fragmente haben uns jeweils den Anfang der ersten 15

Zeilen der Stele erhalten, wobei nur die Zeilen 9, 10, 11 und 14 den Text

ergänzen können, ohne sich freilich in jedem Fall dem Kontext einfügen zu

lassen, da die Holztafel in ihrem Mittelteil zu große Lücken aufweist.

(7)

Die bemerkenswerte Wiedergewinnung des Kamose-Berichtes fand dann

im Jaiu-e 1954 mit der sensationellen Entdeckung einer zweiten Stele ihre

Fortsetzung. Sie wurde von Labib Habachi beim 2. Pylon des Karnak¬

tempels und zwar zusammen mit einem Block Tuthmosis' IV. im Funda¬

ment einer Statue Ramses' II. entdeckt*. Die vollständig erhaltene Inschrift der Stele setzt den Bericht der ersten Stele bis zu seinem Abschluß fort, so

daß uns vom Feldzugsbericht des Kamose gegen die Hyksos nur mehr etwa

ein Viertel seines Umfangs zu fehlen scheint. Möglicherweise werden uns

eines Tages wenigstens Teile des Fehlenden noch dadurch beschert, daß sich

in Karnak weitere Fragmente vom unteren Teil der ersten Stele finden.

Der hier vorliegende Band behandelt in erster Linie die im Jahre 1954

gefundene Stele mit der Fortsetzung des königlichen Feldzugsberichtes. In

Kapitel I werden zunächst ihre Fundumstände geschildert, ehe in den

Kapiteln II und III die aus 38 Zeilen bestehende Inschrift sorgfältig über-

setzt^ vmd grammatisch kommentiert wird'. Kapitel IV schließlich bietet

eine Analyse des gesamten Feldzugsberichtes, schließt also auch den Text

der ersten Stele in die Betrachtung mit ein. Labib Habachi vermutet in

diesem Zusammenhang, daß der uns nicht erhaltene Textteil der ersten

Stele von einem Feldzug gegen Nubien berichtet haben wird, den Kamose

noch vor seinem Angriff gegen die Hyksos durchgeführt hätte. J. v. Becke¬

bath nimmt demgegenüber an, daß Kamose erst später, nach seinem Kampf

gegen die Hyksos, bis in die Nähe des 2. Kataraktes vorgedrungen ist'.

Der Vorstoß des Königs nach Norden hat jedenfalls das Hyksosreich nicht

beseitigen, sondem lediglich schwächen können ; denn das thebanische Heer

dürfte allenfalls bis in die Höhe des Faijum vorgedrungen sein. Der König

hat also vomehmlich gegen die Vasallen des Hyksoskönigs in Mittelägypten

gekämpft und weder Memphis noch gar das Delta betreten. Den endgültigen

Sieg, der schließlich mit der Vertreibung der Hyksos endete, sollte dann erst Ahmose, der Nachfolger des Kamose, erringen.

Das abschließende Kapitel V hat Verf. der Diskussion von Einzelfragen

gewidmet. So wird zunächst die Persönlichkeit des Vorstehers des Schatz¬

amtes Neschi charakterisiert, der auf Befehl des Kamose die Stelen mit dem

Siegesbericht im Tempel von Kamak aufstellen ließ, und danach die Frage

erörtert, ob es am Ende der 17. Dynastie mehrere Könige namens Kamose

gegeben haben könnte. Mit Recht schließt sich dabei Verf. der inzwischen

wohl allgemein anerkannten Ansicht an, nur von einem einzigen König

dieses Namens auszugehen und die Tatsache, daß von Kamose drei ver-

* L. Habachi in: La Revue du Caire 33 (1954), S. 52£f.; id. ia: ASAE 53

(1956), S. 195ff.

' Ältere Übersetzungen des Stelentextes finden sich z.B. bei M. Hammad

in: CE 30 (1955), S. 198ff. und J.A.Wilson m: J. B. Pbitchabd : The

Ancient Near East, Supplementary Texts and Pictures relating to the Old

Testament. Princeton 1969, S. 554f.

' Bei der im Kommentar verwendeten Transkription des Textes sind

leider eine ganze Reihe von Druckfehlem stehengeblieben; besonders

häufig werden dabei die verschiedenen h-Laute verwechselt.

' J. V. Beckeeath : Untersuchungen zur politischen Oeschichte der zweiten Zwischenzeit in Ägypten. Glückstadt 1964. (Ägyptologische Forschungen. 23.), S. 202f. und S. 208.

(8)

schiedene Horusnamen zu belegen sind, in Parallele zu König Mentuhotep II. zu sehen, der sogar vier Horusnamen getragen bat*.

Keine so allgemeine Zustimmung wird Verf. dagegen für seine Annahme

finden, die Hyksosresidenz Auaris sei bei Qantir, also am gleichen Ort wie die

spätere Ramsesstadt Per-Ramesse zu lokahsieren. Als Begründung für seine

These gibt Labib Habachi einmal an, Auaris habe ebenso wie Per-Ramesse

am pelusischen Nilarm gelegen, und zum anderen, daß in beiden Städten

Seth als Hauptgottheit verehrt worden sei. Beide Feststellungen reichen

jedoch bei weitem nicht aus, um sicher zu sein, daß Ramses II. die alte

Hyksosstadt Auaris als neue ramessidische Residenz Per-Ramesse wieder¬

erstehen ließ. Wahrscheinhcher ist vielmehr, daß beide Städte an versehie¬

denen, wenn auch benachbarten Orten zu suchen sind. Die Verehrung des

Seth in Per-Ramesse könnte dabei von Auaris übemommen worden sein,

sie könnte aber auch der allgemeinen Geltung des Seth im Bereich des

Ostdeltas entstammen, wo der Gott vielleicht schon im Alten Reich', sicher

aber seit der Hyksoszeit eine bevorzugte kultische Heimat gefunden hatte.

Winfbied Babta, München

Bernard V. Bothmeb — Jean L. Keith : Briej Guide to the Department of

Ancient Art. Brooklyn, N. Y.: The Brooklyn Museum 1970. XXIII,

112 S., 54 Abb. (4 farbig), 3 Karten, 1 Plan. (The Brooklyn Museum

Guide. 5.)

Erst vor knapp vierzig Jahren konstituiert, ist das Department of

Ancient Art des Brooklyn Museum heute dank erfolgi-eicher Ankaufspolitik

(z. B. Erwerb der Sammlungen der New York Historical Society) und nam¬

hafter Schenkungen (insbesondere der Sammlung von Ch. E. Wilbour), vor

allem aber durch das Engagement seiner wissenschaftlichen Leiter und

deren Kennerschaft und Kimstsinn zu einer der qualitätvollsten Samm¬

limgen ägyptischer Kunst geworden. Man mag darüber streiten, ob „Brook¬

lyn Quality" — wie es bisweilen geschieht — als einer der Maßstäbe zur

Bewertung ägyptischer Kunst gelten kann. Daß „Brooklyn Activity" in

Museumspädagogik, Verflechtung von Museum und Wissenschaft, Corpus-

Arbeiten und bibliographischer Koordination dem Brookljm Museum in der

archäologischen und kunstgeschichtlichen Forschung der Ägyptologie

heute eine zentrale Stellung zuweist, darüber kann man sich nur einig sein.

Wenn dieser Aktivität bislang kein umfassender Katalog der Aegyptiaca

des Brooklyn Museum entsprungen ist, so deshalb, weil einerseits für den

wissenschaftlichen Gebrauch thematisch gebundene Spezialkataloge vor¬

liegen oder im Entstehen sind, andererseits dem Museumsbesucher nur ein

auf seine Interessen zugeschnittener Leitfaden für den Museumsbesuch,

* vgl. J. V. Beckeeath, op.cit., S. 188f. und W. Babta: Daa Seibatzeugnis eines altägyptischen Künstlers (Stele Louvre G 14). Berlin 1970. (Münchner Ägyptologische Studien. 22.), S. 39ff.

' Der für das frühe Alte Reich bezeugte Kultort des Seth namens Stt im

Delta ist nicht sicher zu lokalisieren; er kann sowohl im West- wie im Ost¬

delta gelegen haben (vgl. H. Junkeb in: ZÄS 75 (1939), S. 77ff.; P. Kap¬

lony: Die Inschriften der ägyptischen Frühzeit. 2. Wiesbaden 1963 (Ägypto¬

logische Abhandlungen. 8.), S. 783 fif.)

(9)

nicht aber ein ins Detail gehender pseudowissenschaftlicher Katalog in die

Hand gegeben werden soll.

Erfahrungsgemäß lenkt ein zu ausführlicher Museumskatalog den fach¬

lich nicht vorgebildeten Besucher eher von den Objekten ab, als daß er ihn

auf sie hinführte. Ein Minimum an Text, ein Maximum an Suggestion in den

Abbildungen — das gibt den Anreiz zum eigenen Schauen, Entdecken,

Sich-Einfühlen.

Der 'Brief Guide' versteht sich infolgedessen als 'Appetizer', als Weg¬

weiser zu den 'Highlights', der etwa fünfzig ausgewählte Objekte in hervor¬

ragenden meist ganzseitigen Abbildungen xmd kurzen Texten repräsentativ

für die Epochen der ägyptischen Kunst vorstellt. Daß zwischen die ägjrp¬

tischen Denkmäler auch (meist in Ägypten gefundene) Beispiele der jeweils

zeitgleichen Kunst der Nachbarkulturen eingestreut sind, trägt nicht nur

den Beständen des Department of Ancient Art Rechnung, sondem macht

das Neben- und Miteinander der altorientalischen und klassisch-antiken Kulturkreise augenfällig.

Eine synchronoptische Tafel (anstelle einer Einführung in die ägyptische

Geschichte) imd drei Karten — Ägypten', Südeuropa, Vorderaaien — am

Anfang des Bändohens sind unter diesem pädagogischen Aspekt zu sehen.

'Highlights': Die Auswahl rechtfertigt den Anspruch. Von der vorge¬

schichtlichen Frauenfigur über eine Götterstatue" und den Granitkopf' des

frühen Alten Reiohes zu Meteti als Meisterwerk der Privatplastik imd Pepi

auf dem Schoß seiner Mutter als ikonographische Rarität*; aus dem Mitt¬

leren Reich die Sitzfigur Sesostris' III. und (zur Verunsicherung des Besu¬

chers?) ein schwer deutbares Stück: ein Affe am Palmstamm, Symptom für

unsere so lückenhafte Kenntnis des alten Ägypten. Als Auftakt zum Neuen

Reich eine minoische Vase, dann Senenmut, Amenophis III., Meketaton;

ebenso aus dem Vollen eines überreichen Bestandes gesohöpt die Stücke der

ausführlich dargestellten Dritten Zwisohenzeit, der damit wie den folgenden

Epochen bis hin zur koptischen Kunst endlich der gebührende Raum ge¬

währt wird (ca. 50% des Führers für die Zeit nach 1000 v. Chr. !).

Zum rechten Zeitpunkt eingestreute assyrische, griechische, persische

und etruskische Stücke deuten Ägyptens intemationale Verflechtimgen im

1. Jahrtausend v. Chr. an. Usirwer und der „Schwarze Kopf" für die Spät¬

zeit und Ptolemäerzeit, Mumienporträts für die ersten Jahrhunderte n. Chr., schließlich Meisterwerke koptischer Kunst — ,,BrookljTi Quality" bis zu¬

letzt!

Man karm sich kaum eine bessere Einführung in die Erscheinungswelt, in die formale Vielfalt ägyptischer Kunst wünschen als diesen „Brief Guide",

den man freilich mißverstehen und überfordern würde, erwartete man von

1 Auf der Ägyptenkarte sind die Ungenauigkeiten bei der Einzeichnung

von Wadi Hammamat und Luxor-Theben-Karnak zu bedauem.

2 Dazu jetzt ausführlich D. Wildung: Two Representations of Gods from

the Early Old Kingdom. In: Miscellanea Wilbouriana 1 (1972), S. 145—160.

' Nicht erst in der III. Djmastie ist lebensgroße Königsplastik nachweis¬

bar, sondem schon am Ende der I. Djmastie: W. B. Emeby: Archaic Egypt.

Baltimore 1961, fig. 27.

* Der Bildtypus Mutter — Kind ist nicht erst wieder im Neuen Reich,

sondem sohon im Mittleren Reioh für Isis mit dem Horusknaben belegt

(z.B. Berlin 14078); es wäre daher zu prüfen, ob nicht auch in der Pepi-

Gruppe eino Anspielung auf die Gottessohnschaft des Königs vorliegt.

(10)

ihm auch Aufschluß über die Motivation des altägjrptischen Künstlers, sein

Eingebundensein in ein primär religiös orientiertes Weltbild, und über die

Funktion ägyptischer Kunst als Ordnungselement, als Instrument der

Daseinsbewältigung.

Verstehen durch Schauen, nicht durch Wissen? Vielleicht nicht Verstehen,

aber doch Achtung, Interesse, werm nicht gar Faszination, Vorstufen,

Voraussetzungen des Verständnisses also.

Dietrich Wildung, München

Hamaskir. Hebräische Bibliographie. Blätter für neuere und ältere Literatur

des Judentums. Redigiert von M. Steinschneider. Bd. 1—21. (Re¬

prographischer Nachdruck der Ausg. Berlin 1858—65, 1869—82). Hildes-

heim-New York: Olms 1972. 21 Bände in 4 Bänden.

Frexmde des hebräischen xmd jüdischen Buches begrüßen begeistert das

Wiedererscheinen der Hebräischen Bibliographie. Diese Zeitschrift spielte

in der Geschichte des hebräischen und jüdischen Buches eine große xmd

besondere Rolle. Ganze Generationen von jüdischen Bibliographen sind

damit aufgewachsen.

Steinschneider, dessen Verdienste auf dem Gebiet der Bibliographie

nicht aufzuzählen sind, war der Begründer der ersten jüdischen bibliogra¬

phischen Zeitschrift zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhxmderts.

Das war die Zeit des großen Erwachens der jüdischen Wissenschaft, und es

ist interessant, darauf hinzuweisen, daß zu dieser Zeit fast alle, die sich mit

Judaistik beschäftigten, eine Schwäche für die Bibliographie hatten. Die

Hebräische Bibliographie war eine Schatzkammer an Informationen für die

Wissenschaftler dieser Epoche. Steinschneider selbst zeichnete sich aus

durch die Tiefe seiner Kenntnisse xmd Ausführlichlteit seiner Expertisen. Da er ein prodxiktiver Schriftsteller war, steuerte er selbst für Hamaskir eine

Fülle neuer Erkenntnisse über die Geschichte des jüdischen Buches und der

hebräischen Buchdruckerkunst bei. Andere Gelehrte seiner Generation wurden

von seinem Eifer angesteckt und ermutigt, xmd die schmalen Hefte dieser

Zeitschrift waren bis zum Rand mit interessanten Informationen über Bü¬

cher und Manuskripte angefüllt.

Jahrelang wurde die Hebräische Bibliographie ausgedehnter zitiert als

jede andere Zeitsohrift dieser Größe, und sie ist bis heute wegen ihres

Reichtums an Informationen einzigartig geblieben. Es ist daher kein Wunder, daß sie noch lange Zeit, nachdem die ihr Erscheinen eingestellt hatte, inter¬

essierte Leser fand, xmd das ist bis heute so geblieben.

Die Bände der Hebräischen Bibliographie zählten jahrelang zu den

seltensten Büchem, und nur wenige hatten das Glück, einen kompletten

Satz dieser Zeitschrift sammeln zu können. Jetzt ist die ganze Serie als

drucktechnisch vorzügliche Faksimileausgabe ersohienen.

Es bleibt zu hoffen, daß das Wiedererscheinen der Hebräischen Biblio¬

graphie das Interesse an der Geschichte hebi-äischer Drucke als Gegenstand

wissenschaftlicher Forschimg wiedererweckt, das in den letzten Jahren

beunruhigend stark abgenommen hat.

S. Shunami, Jerusalem

(11)

HErNBiCH Simon: Lehrbuch der modernen hebräischen Sprache. München:

Hueber 1970. 238 S. (Lehrbücher für das Studium der orientalischen

vmd afrikanischen Sprachen. 18.) DM 38,—.

Laut Vorwort beabsichtigte Verf., mit seinem Werk ein Hochschullehr¬

buch vorzulegen, das seinen Benutzer in die Lage versetzen soll, moderne

hebräische Texte lesen {und verstehen) zu können, ohne sich zu diesem

Zweck einerseits mit dem Ballast des Biblischen Hebräisch, andererseits mit

dem nicht minder schweren der gesprochenen Alltagssprache (die ohnedies,

wie überall, aus Büchern allein kaum wirklich erlernbar sein dürfte) be¬

lasten zu müssen. Aufs ganze gesehen ist ihm dies nach Meinung des Rez.

auch recht gut gelungen.

Die Darstellung der Sprache gliedert sich in eine Einleitung, der Laut-

und Schriftlehre gewidmet, vierundzwanzig Kapitel bzw. Lektionen zur

Morphologie (in denen im übrigen auch keineswegs an den nötigen syn¬

taktischen Anmerkungen gespart wurde), sowie ein letztes, syntaktisches;

der den einzelnen Lektionen eingefügte Wortschatz ist mit Absicht (und, dem

Zwecke des Buchs entsprechend, auch mit vollem Recht; dergleichen läßt

sich schließlich später anlesen) gering gehalten. Die Beschreibung ist im

allgemeinen klar und gut verständlich, jedoch gänzlich traditioneller Natur.

So ermangelt z.B. die Lautlehre der Phonologie, die Lautbeschreibung

basiert, wo möglich, auf Vergleichung mit dem Deutschen, ' ist „kehliger

Stimmeinsatz" (S. 12, Mitte), ' ,, entsteht von selbst im Deutschen vor jedem anlautenden Vokal" (S. 11'), die Existenz einer „orientalischen" Aussprache,

welche heute, in Rundfunksendungen wenigstens, sich wohl der gleichen

Häufigkeit erfreut wie die ,, europäische", wird nur angemerkt (S. 12,— 4f.).

Zugegebenermaßen ist dies alles, da wir ja ausdrücklich ein ,,Lese"-Lehr-

buch vor uns haben, nicht allzu wichtig und wäre nur im Interesse der Voll¬

ständigkeit wünschenswert; auch muß gesagt werden, daß, was sonst an

Information (vmd dies selbstverständlich nicht nur im Rahmen der Laut¬

lehre) geboten wird, durchaus reich vmd brauchbar ist.

Folgende Mängel sei es dem Rez. jedoch erlaubt, hervorzuheben: Sowohl

bei der Behandlung der Bildung des Plurals der Nomina als auch bei der des

Status constructus (S. 25, Mitte, S. 31,—5, S. 34,6) heißt es sehr allgemein,

es können dabei Veränderungen und Verkürzungen der Vokahsation auf¬

treten ; man erfährt aber nicht, welcher Art diese im einzelnen sind, kann es

auch den (nur S. 32,6ff. und S. 34,7ff. in größerem Maße) beigegebenen

Beispielen nur dann entnehmen, wenn man bereits vorher darüber Bescheid

weiß. Gleiches gilt auch für die Darlegung der Regeln zur Anfügung der

Possessivsuffixe ans Nomen (S. 36ff., S. 39ff.). Als weiteren Nachteil emp¬

findet es zumindest Rez., daß für die Verbindungen von Verb und Pronomi¬

nalsuffix noch nicht einmal ein Übersichtsparadigma, wie es sich in jeder

Grammatik des Biblischen Hebräisch findet, gegeben wurde, geschweige

denn jene in irgendeiner Weise besprochen werden. Dies ist zwar ganz ab¬

sichtlich geschehen, da solche Formen nur noch gelegenthch in gehobenem

literarischen Stil aufträten und ihre Bildung manche Schwierigkeit bereite

(S. 6,— 14ff.). Es ließe sich auch nichts dagegen einwenden, läge hier nicht eben ein „Hochschullehrbuch" (S. 5,2) vor, ein Lehrbuch also, von dessen

Benutzer man durchaus erwarten darf, daß er auch die gehobene Literatur —

tmd oft vielleicht gerade diese — in den Zielbereich seiner Interessen ein¬

beziehen werde. Femer mag es zwar zutreffen, daß der Lemende solche

Formen bei ihrem Auftreten (wenn auch bestimmt nicht immer „ohne Mühe",

(12)

g. 6,—-10) wird identifizieren luid verstehen können, doch würde es immerhin

Rez., der, wie woid die meisten, nicht so sehr Grapheme als vielmehr die

dahinterstehenden Worte liest, empfindlich stören, einfach nicht zu wissen,

•wie etwa eui Gebilde der Form yqtlmj auszusprechen ist, sei er auch anson¬

sten in der Lage, es als yqfl -\- ny (d. i. 3. Sg. m. Imperfekt bzw. Futur Objektssuffix der 1. Sg. c.) zu analysieren. Hiermit aber genug des Tadels.

Kurz zwar, doch äußerst instruktiv sind die ,, Bemerkimgen zur Syntax"

(= 25. Lektion), die in knapper, aber mit Belegen gut dokumentierter Form

Wortstellungsgesetze, Tempusfolge, sowie den Bau von Konditionalsätzen leicht durchschaubar machen.

Sehr dankenswert scheint dem Rez. das Kapitel über die unvokalisierte

Sohreibung (d.h. die unpunktierte, jedoch durch ausgiebige Verwendung von

, matres lectionis" erweiterte Orthographie; S. 151 ff.), das auf den Regeln

fiir die unpunktierte Schreibung des Sprachkomitees in Jerusalem vom .Jahre

1949 fußt.

Dem eigentlichen Lehrbuch folgt eine kurze Sammlung von Lesestüoken

(insgesamt 20 Seiten, leichte Zeitmigstexte, Aufsätze aus Zeitschriften,

gipfelnd in einem Artikel von S. D. Goitein über das Buch Ruth, der Ma¬

terialien der Hebräischen Universität in Jerusalem entnommen ist, welche

fiir die Abschlußprüfungen des Sprachunterrichts für ausländische Stu¬

denten zusammengestellt wurden), weiter ein Schlüssel zu den Übungs¬

stücken der Lektionen, sowie ein Glossar, das den gesamten, im Laufe der

Darstellung einschließlich der Texte verwendeten Wortschatz bringt.

Grundsätzlich läßt sich sagen :

I>as Buch erfüllt seinen Zweck. Wer es gewissenhaft durchgearbeitet hat, in

einigen Fällen (s.o.) vielleicht eine der bekannten Grammatiken des Bib¬

lischen Hebräisch zur Vertiefung und zum Vergleich heranziehend, diirfte

instand gesetzt sein, mit Hilfe eines Wörterbuchs moderne hebräische (Prosa-) Texte korrekt zu lesen.

Christoph Correll, Bemried

Otto Eissfeldt: Kleine Schriften. Bd. 5. Hrsg. v. Rudolf Sellheim und

FRrrz Maass. Tübingen: Mohr 1973. VII, 287 S. Mit 3 Abb. im Text und

15 Abb. auf VIII Tafeln. Brosch. DM 77,—, Ln. DM 85,—.

Etwa vier Jahre nach Erscheinen des vierten Bandes der Kleinen Sohriften

vvird der hier anzuzeigende fünfte Band vorgelegt, der die Aufsätze und Bei¬

träge Eissfeldts aus den Jahren 1967—1972 enthält. Kurz nach seinem

Abschluß verstarb der hochverdiente Autor. Diese seine letzten Arbeiten

zeigen nicht nur noch einmal, wie weitgestreut im AT und in angrenzenden

Bereichen (Ugarit, Phönikien, Hellenismus, NT) sein wissenschaftliches

Interesse war, sondern auch wie ungebrochen sein Arbeitsethos bis in das

höchste Alter hinein andauerte — unangefochten von der nachlassenden

Leistungabereitschaft um ihn herum. Das am Ende des Bandes abgedruckte

Schriftenverzeichnis zeigt die kaum glaubliche Fruchtbarkeit dieses Nestors

der atl. Wissenschaft aus den Jahren 1910—72, also über 62 Jahre hin. Es

füllt immerhin 65 Druckseiten. Im fünften Band der Kleinen Schriften sind

folgende, zum Teil unveröffentlichte Titel zusammengefaßt : Israels Religion

und die Religionen seiner Umwelt; Die Komposition von 1. Reg 16,29 — 2. Reg

13,25; Rechtskundige und Richter in Esther 1,13 — 22; ,,Bist du Elia, so hin ich

Isebel" (1. Kön 19,2); Nachträge zu „Adrammelek und Demarus" und zu

(13)

„Bist du Elia, so bin ich Isebel" (1. Kön 19,2); Noch ein Nachtrag zu „Bist du Elia, so bin ich Isebel" (1. Kön 19,2); Eine Qumran-Textform des 91.

Psalms; Der kanaanäische El als Qeber der den israelitischen Erzvätern

geltenden Nachkommenschaft- und Landbesitzverheißungen; Neue Belege für

das phönizische Hermes-Emblem; Umnennungen im Alten Testament; Die

Lade Jahwes in Geschichtserzählung, Sage und Lied; Protektorat der Midi¬

aniter über ihre Nachbarn im letzten Viertel des 2. Jahrtausends v. Chr.;

Aphrodite Parakyptusa; Bleiben im Hause Jahwes; Kultvereine in Ugarit;

Neue Belege für nabatäische Kultgenossenschaften; nna und nnna „Kult¬

mahlgenossenschaft "im spätjüdischen Schrifttum; „Das Gesetz des Menschen"

in 2. Sam 7,19; Harold Henry Bowley (1890 — 1969), ein Herold weltweiter

Wissenschaft vom Alten Testament; Walter Baumgartner (24.11. 1887 —

31.1.1970); Gilgal oder Sichem? (Dtn 11,29—32; 27,11—13; 27,1—8; Jos

8,30 — 35); Alles Ding währt seine Zeit; ÜXTjpüaai itäaav Sixaioctjvr]v in

Matthäus 3,15; Ein neuer Interpretationsvorschlag zu Lukian, De Syria dea,

§ 6; Die Psalmen als Geschichtsquelle. Der Zugang nach Hamath; Hebrä¬

isches äh und ugaritisches äy als Steigerungs-Afformative; Jahwes Königs-

prädizierung als Verklärung national-politischer Ansprüche Israels; Ver¬

zeichnis der Schriften von Otto Eißfeldt, zusammengestellt von K.-M. Bbysb.

Ein abschließender sechster Band wird analytischen Index, Register, Nach¬

träge und Berichtigungen enthalten.

Wolfgang Richter, München

Hermann Schulz: Das Buch Nahum. Eine redaktionskritische Unter¬

suchung. Berlin-New York: de Gruyter 1973. VIII, 163 S. (Beiheft zur

Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. 129.) Ln. DM 58.—.

Die vorliegende Marburger Habilitationsschrift ist ein in mehrfacher Hin¬

sicht unbequemes Buch. Ihr Verf. stellt in erheblichem Umfang liebge¬

wordene Methoden imd Ergebnisse der Prophetenforschung in Frage imd

legt damit seinen Finger in eine neu aufgebrochene Wunde der alttesta¬

mentlichen Wissenschaft: die Krise der Methodenfrage. Im Versuch einer

methodologischen Neuorientierung zwingt er den Leser dazu, sich mit einer

strengen Beschränkung auf eine einzige Fragestellung — die redaktions¬

kritische Methode — auseinanderzusetzen, der grundlegende Bedeutung

beigemessen wird. Die exemplarische Durchführung der Redaktionskritik an

einer schmalen Textgrundlage, dem Nahumbiich, schließlich erfordert vom

Leser einen erheblichen Aufwand an Zeit und Konzentration, um der aus der

Sache sich ergebenden komplizierten Darstellung einigermaßen gerecht zu

werden. Die Unbequemlichkeiten, die dem Leser des Buches zugemutet

werden, sollten nicht dazu verführen, es kurzerhand zu den Akten zu legen.

Vielmehr ist eine eindringliche und methodisch saubere Auseinandersetzimg

mit dem Vorgehen und den Ergebnissen des Buehes zu fordem, die jedoch

leider im Rahmen einer kurzen Rezension nicht geleistet werden kann.

Die Untersuchung setzt mit einigen kurzen methodologischen Vorüber¬

legungen ein, um nach einer nooh kürzeren Darlegung der Einleitungs¬

fragen zur eigentlichen redaktionskritischen Analyse des Nahumbuches

überzugehen (124 S.). Die Analyse wird in drei Durchgängen vorgenommen:

Der erste Durchgang untersucht Abgrenzung und Aufbau der Einheiten,

was streng genommen zu Literarkritik imd sprachlicher Analyse gehört,

(14)

und „erweitert sich zu einer Interpretation der abgeleiteten Elemente der

Komposition und geht sodann zur Erörterung der Probleme der Gesamt¬

redaktion über". Ein abschließender Abschnitt faßt das Ergebnis zusammen

und bietet eine ausführhche Auseinandersetzung mit dem Nahumkapitel

von J. Jeremias' Buch Kvltprophetie und Gerichtsverkündigung in der

späten Königszeit Israels. Neukirchen-Vluyn 1970, in deren Zusammenhang

noch einmal die Methodenproblematik abgehandelt wird.

Ausgangspunkt der Überlegungen Schulz' ist die Aimahme, daß die

Prophetenbücher in erster Linie nicht ,, Primärquellen für eine Rekonstruk¬

tion des Auftretens und der Verkündigung einzelner Propheten" sind,

sondem zuallererst ,, 'Predigten' der nachexilischen Gemeinde". ,, Alt¬

testamentliche Prophetie — ein vorwiegend eschatologisches Phänomen —

gehört zu den zentralsten Lebensäußerungen der nachexilischen Gemeinde

..." und „aus vorexilischer Zeit ist nur wenig Prophetisches —■ und dies

durchweg in Überarbeitungen —- überliefert". Den methodischen Impli¬

kationen dieser Prämissen (nämlich: einer Rekonstruktion prophetischen

Gutes hat eine redaktionskritische Analyse der Letztgestalt der Propheten¬

bücher imbedingt voranzugehen) kann ich zustimmen. Ob es allerdings

richtig ist, daß aus vorexilischer Zeit nur wenig Prophetisches überliefert ist,

möchte ich zumindest in Frage stellen. Im Blick auf das Buch Nahum mag

der Verf. im Recht sein. Zieht man jedoch Bücher wie Jesaja, Amos oder

Hosea in die Betrachtung mit ein, dann ist Skepsis Schulz' Pauschalurteilen

gegenüber zumindest angebracht. Gerade die schmale Textbasis, die der

Verf. seiner Untersuchung zugrundelegt, und die methodische Beschrän¬

kung, die er sich selbst auferlegt, hätten eino etwas vorsichtigere Beurteilung der übrigen Prophetenbücher erwarten lassen.

Aus der redaktionskritischen Analyse des Nahumbuchs ergibt sich für

Schulz, daß das Buch das Werk eines Verfassers ist, der einen Gesang über

die Schlacht in Ninive (3,1; 1,11.14; 2,2.4ff.) und eine Spottqina auf Ninive (3,7—15.18) in differenzierter Komposition mit einem Theophaniehymnus

(l,2a.3b —^6) und einem Heilswort auf Juda (1,12—13; 2,1) zu einem Pro¬

phetenbuch verband. Das Buch ist nioht in einom allmählichen Wachstums-

prozeß, sondern als literarischer Entwurf entstanden. Seine Gesamtstruktur

stellt den Bezugspunkt zum nachexilischen Gottesdienst dar, den es aller¬

dings literarisch abbildet. Insofem kann Nah 1—3 eine prophetische Liturgie

genannt werden. Korrelate hegen in einzelnen Psalmen vor.

Man darf gespaimt daratif sein, welche Resonanz die Untersuchungen

H. Schulz' in der alttestamenthchen Wissenschaft finden werden. *

Gunther Wanke, Erlangen

Rainer Braun: Kohelet und die frühhellenistische Popularphilosophie.

Berlin-New York: de Gruyter 1973. XII, 187 S. (Beiheft zur Zeitschrift

für die alttestamentliche Wissenschaft. 130.) Ln. DM 68.—.

Die Erlanger theologische Dissertation stellt sich emeut der alten aber

bislang nur unbefriedigend beantworteten Frage nach den außerhebräischen

Eiixfiüssen auf das Buch Kohelet. Sie versucht, aufgrund neuer Aspekte und

mit Hilfe einer zuverlässigeren Methodik die alte griechisch-hellenistische

gegen die ägyptische, die mesopotamische imd die nordwestsemitische

(15)

Theorie zu stützen. Es karui vorweg gesagt werden, daß der Versuch als geglückt angesehen werden kann.

R. Braun geht von einer kritischen Überprüfung der bis heute vorgelegten Thesen aus (S. 1—43) und zeigt, daß eine literarhistorisch-überlieferungs-

geschichtliohe Betrachtung der möglichen Beeinflussungen Kohelets im

wesentlichen nur Argumente für die hellenistische These liefert. Der Haupt¬

teil des Buches ist darum auch der eingehenden Analyse der Koheletsen-

tenzen, der Analyse der typischen Terminologie und des literarischen Ge¬

samtaufbaus des Buches gewidmet (S. 44—166). In diesem Abschnitt legt

B. das Hauptgewicht auf die Motiv-, Stil- und Kompositionsanalyse der

Texte und auf den Vergleich der Ergebnisse mit der Literatur der früh-

hellenistischen Schul- und Popularphilosophie. ,,Die Analysen der Motiv¬

verwendung, des Stils und der Komposition Kohelets beim Aufbau seiner

Einzelsentenzen haben gezeigt, daß die frühhellenistische Bildung, insbe¬

sondere die griechischen und pessimistischen Stoffe und deren Traditionen,

bestimmend auf Kohelet eingewirkt haben müssen, was nicht nur daraus

hervorgeht, daß aus dem besprochenen Vergleichsbereich quantitativ und

qualitativ betrachtet weitaus mehr Parallelen, als bisher aus anderen Be¬

reichen beigebracht werden konnten, sondem vor allem auoh daraus, daß

alle diese Parallelen zur Zeit Kohelets in der aktuellen geistigen Diskussion, welche die literarisch-philosophisch-rhetorisohe Bildimg führte, Aktualität

besaßen". Dieses Ergebnis bestätigt sich auch bei dem Vergleich des Ge¬

samtaufbaus von Kohelet mit der populär-philosophischen Literatur und

ihren Gattungen, die sogar Vorbilder für die sog. „Königsfiktion" aufweist.

Die Untersuchung schließt mit einer Darlegung von Kohelets geistesgeschicht¬

hcher Position innerhalb der Auseinandersetzung von Judentum und Hel¬

lenismus (S. 167—181).

Künftige Koheletforschung wird ohne eine eingehende Auseinander¬

setzung mit B.s Untersuchung nicht auskommen körmen. Wahrscheinlich

wird sich mit diesem Buch die griechisch-hellenistische These durchsetzen.

Andere mögliche Beeinflussungen Kohelets wird man alternativ dazu kaum

mehr behaupten können. Die Fülle des Materials, das B. beigebracht hat,

und die Umsicht im methodischen Vorgehen erlauben im Höchstfall eine

ergänzende Beeinflussung Kohelets aus andem Bereichen anzunehmen.

Gunther Wanke, Erlangen

Edmond Sollberger et Jean-Robert Kupper: Inscriptiona Royales

Sum4riennes et Akkadiennea. Paris: Les Editions du Cerf 1971. 353 S.

(Litteratures anciennes du Proche-Orient. 3.)

Zu Beginn unseres Jahrhunderts legte Fbanqois Thubeau-Dangin die

damals bekannten sumerischen und akkadischen Königsinschriften in

Umschrift und Übersetzung vor (1905 in französischer Sprache, 1907 deutsch, Nachdruck: Leipzig 1973)'. Dieses Buch ist bis heute die Standardpubli¬

kation für die Inschriften der altmesopotamischen Herrscher von den An-

' Die vergleichbare Bearbeitung von G. A. Babton : The royal inscrip¬

tions of Sumer and Akkad. New Haven 1929 ist infolge ihrer zahlreichen

Fehler in ihrem Wert sehr eingeschränkt. Vgl. femer für die Herrscher der

Djmastien von Isin, Larsa und Uruk die Bearbeitung von Ilmaei Käbki:

Die sumerischen Königsinschriften der frühaltbabylonischen Zeit in Umschrift und Übersetzung. Helsinki 1968.

(16)

fangen der Überheferung bis zur 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.

geblieben. Die Veröffentlichungen der vergangenen Jahrzehnte haben

jedoch eine solche FüUe von neuen Texten erbracht, daß es nur noch einen

Bruchteil des gegenwärtig verfügbaren Materials enthält. Es ist deshalb

sehr zu begrüßen, daß die Verf. in der zur Erschließung der Denkmäler des

Alten Orients für einen breiteren Leserkreis bestimmten Reihe ,, Littera¬

tures anciermes du Proche-Orient" eine neue Sammlung dieser Inschriften

vorlegen. Entsprechend der Zielsetzung dieser Reihe wird nur eine Über¬

setzung gegeben, ergänzt durch philologische und inhaltliche Anmerkungen, während auf eine Umsehrift der Keilsehrifttexte verzichtet wird. Außerdem

handelt es sich nur um eine Auswahl: von den in Thurbatj-Dangins Su¬

merischen und akkadischen Königsinschriften zu findenden Texten wurde nur

etwa ein Drittel aufgenommen. Sie bilden von den in der neuen Sammlung

vereinigten 463 Nummern rund ein Viertel. An diesem Zahlenverhältnis

kann der Zuwachs des Materials ermessen werden.

Bestimmend für die Aufnahme in den vorliegenden Band war der Gesichts¬

punkt, einen möglichist umfassenden Querschnitt des Materials zu gehen.

Deshalb werden von gleichartigen Inschriften eines Herrschers nur einzelne

Beispiele geboten, vor allem dann, wenn sie sachlich nur wenig aussagen.

Auch stark beschädigte Denkmäler, die eine Übersetzimg nicht lohnen,

werden ausgelassen. Dagegen sind die Inschriften der Herrscher der 1.

Dynastie von Babylon hier zum ersten Male praktisch vollständig ver¬

einigt (sie fehlen bei Thurbau-Danoin), wobei auch einige noch unpubh¬

zierte Texte aufgenommen wurden (vgl. z.B. S. 274f zu den Texten IVC6c,

1; IVC8a; IVD6a). Die zahlreichen Inschriften Gudeas von Lagaä wurden

ausgelassen, da für sie ein eigener Band der Reihe vorgesehen ist (s. S. 116

sub IIC3). Der geographische Horizont ist weit gesteckt und umfaßt nahezu

alle Fundorte sumerischer und akkadischer Keilsehrifttexte des in Frage

kommenden Inhalts aus dem behandelten Zeitraum, darunter vor allem

auch die Denkmäler aus Susa in Elam bis zum ausgehenden 16. Jh. v. Chr.

Dagegen vermißt man das einschlägige Material aus Assur, von wo nur die

Inschrift des Zäriqum aus der Zeit der 3. Dynastie von Ur aufgenommen

wurde (S. 167, IIIFl)". Zu bedauern ist auch, daß die wichtigen Inschriften auf den Kegeln Urukaginas von Lagas (die sogenannten ,, Reformtexte") fehlen'. Die neue Übersetzung der ,, Geierstele" Eanatums (S. 47ff, IC5a) dagegen ist allseitig sehr zu begrüßen.

In der Anlage des Buches folgt auf eine kurze Einleitung, die den chrono¬

logischen und historischen Rahmen umreißt und in die Königsinschriften

als literarische Gattung einführt, als Hauptteil die Übersetzung der Texte.

Den Abschluß bilden Quellennachweis (Index bibliographique), Verzeichnis

der Herkunftsorte und der Eigennamen (Personen-, Orts-, Götternamen u.

dgl.). Nach den Hauptetappen der politischen Geschichte werden die In¬

schriften auf vier Abschnitte verteilt: I. vorsargonische (= frühdjmastische) Zeit, II. altakkadische und gutäische Zeit, III. neusumerische Periode (d.h.

2 Neuerdings bearbeitet von A. K. Grayson: Assyrian royal inscriptions from the beginning to Ashur-resha-ishi I. Wiesbaden 1972.

' Eine neuo Umschrift mit kommentierenden Bemerkungen bietet

BlAHOSLAV Hru§ka: Die innere Struktur der Reformtexte Urukaginas von

LagaS. In: ArOr 41 (1973), S. 4—13, 104—132. S. auch W. G. Lambert in:

Orientalia NS 39 (1970), S. 419 zur Lesung des Herrschernamens als Uru-

inim-gina.

(17)

Zeit der 3. Dynastie von Ur; die Insclu-iften der Vorgänger vmd Nachfolger

Gudeas in Lagaä von Lugal-uäumgal bis Nam-mahani sind in Kap. U ein¬

geordnet), IV. altbabylonische Zeit (bis zum Ende der 1. Dynastie von Ba¬

bylon, 1595 V. Chr., bzw. Susa bis Ende des 16. Jh. s). Innerhalb der Kapitel

erfolgt die Anordnung nach Herkunft und chronologisch. Insgesamt um¬

fassen die Texte einen Zeitraum von mehr als einem Jahrtausend. Ältestes

Beispiel ist die kurze Inschrift des Me-bara(ge)-si von Bää (2. Hälfte des

27. Jh.s) auf einem Bruchstück eines Steingefäßes.

Die frühen sumerischen und akkadischen Texte sind auch heute noch an

nicht wenigen Stellen schwer verständlich, bedingt durch Erhaltungszu¬

stand, sprachliche Probleme usw. Die Namen der Autoren gewährleisten die

Zuverlässigkeit der Übersetzungen entsprechend dem heutigen Forschungs-

stajid. Dennoch verbleiben weiterhin Passagen, die verschiedene Inter¬

pretationen zulassen. In diesen Zusammenhang gehört auch die zeitliche

Einordnung der Dokumente. Die Ubersetzer haben die ,, mittlere Chrono¬

logie" zugrundegelegt (Haramu-räpl von Babylon: 1792—1750 v. Chr.)

und geben in der Regel exakte Daten für die Regierungszeiten, selbst für

die ältesten Zeugnisse der frühdynastischen Zeit. Das kann bei dem Leser,

der mit der Problematik nicht vertraut ist, den Eindruck einer Sicherheit

erwecken, die heute noch nicht zu erreichen ist — und wahrscheinlich auch

nie erreicht werden kann. Schon bei der 3. Dynastie von Ur im ausgehenden

3. Jahrtausend differieren die Zeitangaben in den verschiedenen Arbeiten

um einige Jahre. Je weiter man zurückgeht, desto größer werden die Un¬

sicherheiten. Aus diesem Grunde bevorzugt Rez. selbst für die Herrscher der

frühdynastischen Zeit in Lagas ungefähre Zeitangaben, da die absolute

Chronologie noch keineswegs gesichert ist. In Bezug auf diese Periode wird

durch neue Erkenntnisse in Zukunft manche Ansicht zu korrigieren sein.

Dazu noch eine Bemerkung. Es ist üblich, soweit die Regierungszeiten der

frühen Herrscher aus den verfügbaren Quellen nieht ermittelt werden kön¬

nen, nach Generationen zu rechnen. Diese werden im allgemeinen zu 30

Jahren angesetzt, so auch im vorliegenden Buch. Für Urnanse, mit dem die

durch Denkmäler bezeugte Herrscherreihe der späteren frühdynastischen

Zeit in Lagaä beginnt, ergibt sich danach ein Ansatz 2494—2465 v. Chr.

(S. 44, IC3). Für die etwa gleichzeitige 1. Dynastie von Ur werden anderer¬

seits die Angaben der sumerischen Königsliste* zugrundegelegt. Unter der

Voraussetzung, daß Eanatum von Lagaä und Elili von Ur Zeitgenossen sind,

wird für Mesanepada, den ersten Herrscher dieser Ur-Dynastie, der Zeit¬

ansatz 2563—2524 ermittelt, d.h. eine Periode, die nach anderen Forschem

(z.B. Edzasd) den Fara-Tafeln entspricht. Das erscheint uns entschieden

zu früh, aus verschiedenen Gründen. Näher liegt es vielmehr, Mesanepada

etwa in zeitlicher Nähe zu Umanäe/Eanatum unterzubringen, wie es meist

gesohieht. Wahrscheinlich dürften sich aber für die sumerischen Herrscher

der späten frühdjmEistischen Zeit außerhalb Lagass sowieso noch Ver¬

schiebungen bei der Einordnung ergeben. Wie mir Aage Westenholz

(Kopenhagen) mitteilt, ergibt sich nach aus Nippur stammenden Texten der

Hilprecht-Sammlung', daß En-äakus-ana (s. S. 90f, IHI) nicht lange vor

* S. die Ausgabe von Th. Jacobsen: The Sumerian King List. Chicago

1939; Neudruck 1964 = AS 11.

' Veröffentlicht in: A. Pohl: Vorsargonische und sargonische Wirtschafts-

texte. Leipzig 1935 = TMH 5. Eine Bearbeitung dieser Texte durch A.

Westenholz ist zu erwarten.

(18)

Sargon von Akkad anzusetzen ist. Er gehört demnach ans Ende der früh¬

dynastischen Zeit und hat vielleicht unmittelbar vor Lugalzagesi (S. 91 ff,

IH2) regiert. Von daher ist die heute angenommene Herrscherfolge En-

sakus-ana — Lugal-kigine-dudu (bzw. Lugal-kiniSe-dudu) [- Lugalkisalsi],

die letzlich auf einer Konjektur der sumerischen Königsliste beruht, zu

überdenken, aber es stellt sich auch die Frage nach der Zuverlässigkeit der Regierungszeiten für die vorsargonische Zeit in der Königsliste neu.

Besondere Beachtung verdient im vorliegenden Buch auch der Abschnitt

über die Königsinschriften als literarische Gattung (S. 24—36). Die zahl¬

reichen Hinweise auf die übersetzten Texte ermöglichen es, die Entwick¬

lung der einzelnen Stilformen anschaulich zu verfolgen. Dabei zeigt sich,

daß bestimmte Typen nur für einzelne Perioden charakteristisch sind, etwa

die hier ,, Triumphinschriften" genarmten Berichte, die in der altakkadi¬

schen Zeit aufkommen und auch später nur selten vertreten sind. Wir

gewinnen damit Einblicke in die Königsideologie.

Die Fragestellungen der Geschichtswissenschaft haben sich heute gegen¬

über früheren Zeiten gewandelt. Im Mittelpunkt des Interesses steht nicht

mehr allein die politische Geschichte mit ihrem Wechsel von Herrschem und

Dynastien sowie den kriegerischen Auseinandersetzimgen. Wir haben ge¬

lemt, nach den Triebkräften der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft

zu fragen. Die Frage nach den sozialökonomischen Verhältnissen wird des¬

halb als ein Grundproblem der historischen Forschung angesehen. Dennoch

behalten die Königsinschriften, auch werm sie oft nur kurz sind und wenig

Informationen enthalten, ihren Wert als GeschichtsqueUe. Nicht selten

stellen sie die einzigen Zeugnisse, die wir besitzen dar. Aber auch dann, weim andersartige Schriftdenkmäler, etwa Rechts- imd Verwaltungsurkunden,

zur Verfügung stehen, tragen sie zur Bereicherung des Geschichtsbildes bei,

ganz zu schweigen von ihrem Wert für die Sprach- und Literaturwissen¬

schaft. Es ist das Verdienst der beiden Verf., mit der vorgelegten Auswahl

diese wichtige Textgruppe dem Interessenten erschlossen zu haben. Für die

Beschäftigung mit dem betreffenden Zeitraum stellt das Buch ein unent¬

behrliches HUfsmittel dar.

Joachim Oelsnsb, Jena-Leipzig

K. R. Veenhof : Aspects of Old Assyrian trade and its terminology. Leiden

1972. XXVII, 487 S. (Studia et Documenta ad iura Orientis Antiqui

pertinentia. Vol. 10.) 85.20 DM.

Die altassyrischen Texte haben seit ihrem Bekanntwerden 1881 vmd

seither durch die Veröffentlichung der Sammlungen von Museen, Biblio¬

theken und weit verstreuter privater Sammlungen immer wieder die Auf¬

merksamkeit der Forscher der altorientalischen Kulturen auf sich gezogen.

Was diese Texte so interessant macht, ist ihre Herkunft: Sie wurden

fast alle in Anatolien gefunden, also ca. 1000 km vom Kemland Assyrien

entfemt! Naoh der Landschaft Kappadokien, wo sie gefunden wurden,

bezeichnete man sie auoh als ,, kappadokische Texte".

Der Inhalt der Texte ließ die Fachwelt aufhorchen. Denn es wurde offen¬

bar, daß in diesen Texten etwas angesprochen wurde, was man bislang mit

dem modemen Begriff ,, Handelskolonie" bezeichnet.

Bisher sind fast 3000 Tafeln der altassyrischen Epoche veröffentlicht.

Seit 1948 wurden bei den türldschen Ausgrabungen am Kültepe und der

U ZDHai25/l

(19)

östhch davon gelegenen, „härum," genannten Unterstadt weitere 10000 Tafeln zu Tage gebracht.

Schon bald naeh Erscheinen der Keilschrifteditionen folgten zahlreiche

Textbearbeitungen und viele kleine Beiträge zu Einzelproblemen der alt-

assyrischen Grammatik. Waren zuvor nur die Rechtsurkunden systematisch

bearbeitet worden, so bot die 1963 in Paris erschienene Studie Les Assyriens

en Cappadoce von P. Gakblli einen neuen Stand der Forsehung. Garelli

stellte das Problem der Chronologie mit Blick auf die historische Umgebung

der „Handelskolonie" emeut zur Diskussion und untersuchte auch den

politischen und wirtschaftlichen Organismus dieser Kolonie. Die nach¬

folgenden Werke von M. T. Lassen : Old Assyrian Caravan Procedures.

Istanbul 1967 und L. L. ORLnsr: Assyrian Colonies in Cappadocia. Den Haag

1970 beschäftigten sich vor allem mit den wirtschaftlichen Aspekten. Die

philologische Seite des Altassyrischen wurde dirrch die 1968 erschienene

Orammatik der Kültepe-Texte (GKT) von K. Hecker ergänzt.

1972 schheßlich ersehien das vorliegende Buch von K. R. Veenhop. Wie

Verf. in seinem Vorwort schreibt, hatte er diese Arbeit ursprünglich unter

fast dem gleiehen Titel wie M. T. Labsen angelegt, mußte dann jedoch das

Thema seiner Dissertation umarbeiten. Er übemahm die nicht leichte Auf¬

gabe, die den Handel betreffende Terminologie der Texte im einzelnen zu

(JraTOuntersuchen .

Die vorliegende Arbeit läßt allerdings deutlich werden, daß die Er¬

forschung der altassyrischen Handelskolonie an einer gewissen Grenze

angelangt ist: Der weitaus größte Teil aller bis heute bekannten und ver¬

öffentlichten altassyrischen Texte ist nämlich durch den Antikenhandel in

die Museen und privaten Sammlungen gelangt. Dadurch war nie mehr

festzustellen, aus welchen Schichten die Texte stammten, d.h. die Frage des Alters, genauer: die zeitliche Relation der Texte zueinander innerhalb ihrer Epoche bleibt unklar; in den meisten Fällen ist nicht einmal der Herkunfts¬

ort bekannt ( —• er beruht oft nur auf Annahme). Aber gerade diese beiden

Punkte sind für das Verständnis, für den zeitlichen Ablauf, für die geo¬

graphischen Verhältnisse der in den Texten beschriebenen Vorgänge und

Handlungen von größter Wichtigkeit. Alle diese früheren Fehler und Ver¬

säumnisse hat man nun -— so hofft Rez. — bei den türkischen Ausgrabungen vermieden. Umso befremdlicher aber ist es für die wissenschaftliche Arbeit,

daß von diesen Grabungsergebnissen, vor allem aber von den Texten selber

bis heute (nach 25 Jahren!) noch kaum etwas veröffentlicht ist. Darimter

muß seither gezwungenermaßen jede Arbeit über das Altassyrische leiden.

K. R. Veenhof hat sein Buch folgendermaßen gegliedert :

Im ersten Teil werden die Transportmittel, d.h. die Esel und ihre Beladung

beschrieben. Normalerweise war der Esel das Transportmittel für Waren.

Die Transportware bestand in der Hauptsache aus Zirm (oder Blei?) und

Textilien. Die Texte zeigen, daß es eine Vielzahl an Verpackungsmöglich¬

keiten gab. Der Warentransport war aber häufig mit Verlust an Silber

(= Geld) verbunden, teils durch den Transport selber, teils durch die unter¬

schiedlichen Gewichtseinheiten (Geldkurse) in Assyrien und Anatolien. —

Eine Tabelle aller erreichbaren Texte, in denen vom Transport der verschie¬

denen, hier aufgeschlüsselten Gegenstände die Rede ist, beschließt den ersten Teil.

Der zweite Teil besohäftigt sich mit Umfang und Bedeutung des Handels

mit Textilien : Der assyrische Import naoh Anatolien bestand hauptsächlich aus Zmn und Stoffen, wogegen aus Anatolien Bronze nach Assyrien exportiert

(20)

wurde. Das Zinn stammte allerdings nicht aus Assyrien, sondern war eine

„Transit-Ware" — vielleicht aus dem nördlichen Iran. Die Textilien kamen

meist aus lokalen Herstellungsbetrieben in Assyrien, zum Teil auch aus

Babylonien. Bei der Produktion der assyrischen Textilien spielten mehrfach

Frauen eine bedeutende Rolle, und den Texten ist zu entnehmen, daß einige

Frauen eine relativ große Handlungsfreiheit besaßen. — Der Textilhandel

beschränkte sich aber nicht nur auf Anatolien, sondern schloß auch die an

den Handelswegen gelegenen Orte ein.

Im dritten Teil diskutiert Verf. ausführlich den Begriff dätum (besser

vielleicht: (a'tum) ,,Wegzoir', eine Abgabe (Zoll ?) der aus Assyrien kommen¬

den Karawanen. In unmittelbarem Zusammenhang damit steht die Frage,

auf welchen Routen die Karawanen zogen. Aufgrund der Abgaben in den

Texten über dätum/fa'tum hat Verf. den dankenswerten Versuch unter¬

nommen, durch Umrechnung der (in Prozenten ausgedrückten) Abgaben die

Relationen, d.h. die ungefähren geographischen Entfernungen der ver¬

schiedenen Orte zueinander zu ermitteln. Fraghch bleibt allerdings, ob

fa'tum als Abgabe zugleich auch das ,, Betriebskapital" der einzelnen Orte, vor allem aber des bU kärim, der Handelszentrale in KaniS, bildete.

Der vierte Teil des Buches behandelt eine Erscheinung, die den Handel

überall und zu allen Zeiten begleitet, wemi es darum geht, zusätzliche Kosten

oder lästige Abgaben zu umgehen: den Schmuggel.

Der fünfte Teil wendet sich der Terminologie des assyrischen Handels zu

und diskutiert grundsätzlich Begriffe wie „Geld, Kaufpreis, Markt, billig,

teuer, usw.", wie sie sich aus den Texten erschließen lassen.

Ausführliche Indiees beschließen das Buch.

Einige Bemerkungen:

g. 11. ka"unum („dauerhaft machen") mit AHW. 440a doch eher als

„sicherstellen (für jmd.)" aufzufassen.

S. 22 mit Anm. 43. In OLZ 65 (1970), S. 357 zu S. 103, 23 analysiert K.

Heckeb : e-ta-su = etaSSü (von aiäiu) neben i-ta-Su = ittaS(')ü (von naSä'u).

Hier ist noch zu bemerken, daß GAG, Paradigma 15 für die assyrische

Bildung des Pf. G von aSäiu die Form etuSui (also mit Vokalharmonie)

angibt, wofür jedoch die Wörterbücher keinen Beleg bieten. Was die

Ableitung der zitierten Verbalform von eSü betrifft, ist das Verbum

nach Auskunft der Lexika nur babylonisch vmd neuassyrisch bezeugt.

S. 39f. Zu qulqtdlu s. AHW. 927a. Die von Verf. zitierte Stelle aus TC 1, 16, 24 ist mit J. Lewy in: Orientalia 15 (1946), 8.397* qüV-qü-til-li-ku- nu zu transskribieren.

S. 46. Zu sarrupütum vgl. vielleicht tuppu harrumütum (BIN 6, 59, 23),

wobei — nach K. Heckeb: GKT § 57d — das Abstraktum zuweilen

stellvertretend für den Plural des ihm zugrundeliegenden Wortes

steht. — Zu Anm. 86 ist im übrigen zu bemerken, daß die vom D-

Stamm aus gebildeten Abstrakt-Formen nach Auskunft der Wörter¬

bücher alle der jüngeren Sprachstufe angehören: m/nB, jB, spB (sonst

also nur babylonisch?).

S. 61:6. S. dazu Anm. 115.

S. 104ff. Zu Z. 20: i-li-la s. AHW. 201a: elilu, aA i(l)lilum.

S. 136, Anm. 236. S. dazu schon oben S. llf.

S. 146. S. noch CAD K, 608 a.

S. 322: Zu suk/qinnum — ohne Längung der ersten Silbe (und daher wohl

keine Ableitung von süqu) — s. AHW. 1055 s.v.

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