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Grenzkonflikte und Konfessionsprobleme zwischen Brandenburg und Polen am Anfang des 17. Jahrhunderts, dargestellt an Johanniterbesitzungen

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Academic year: 2022

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Deutschmeister Eberhard von Saunsheim 287 S u m m a r y

The German Master of the Teutonic Order Eberhard von Saunsheim An Adversary of the Office of the Grand Master?

In connectio n with th e legal an d actua l relation s between th e Germa n Masters an d th e Gran d Master s of th e Teutoni c Orde r — a subject which ha s no t yet been studie d sufficiently — th e perio d from 1420 to 1443, durin g which Eber - har d von Saunshei m was Germa n Master , is of particula r interest.

At th e beginnin g of his perio d of Office, Saunshei m touche d upo n th e constitu - tiona l relatio n between his positio n an d th e centra l authorit y of th e Orde r by objectin g to Michae l Küchmeister' s Visitation rights. Saunsheim' s desire for independenc e an d his obstructionis t tendencie s becam e even cleare r in his atti - tud e toward s th e Gran d Maste r Pau l von Rusdorf . I n 1422 Saunshei m objected to th e peac e treat y which th e Gran d Maste r ha d conclude d with th e Kin g of Poland , Wùadysùaw II Jagieùùo, an d th e Gran d Princ e of Lithuania , Witold, at Lake Melno . Fo r reason s of imperia l policy he criticize d Rusdorf' s system of alliances . Saunshei m went so far as to agitat e openl y against th e Gran d Master in connectio n with th e sanctionin g of armistic e agreement s with th e Pole s in 1433, as provide d for in th e treat y of Breść Kujawski (1435); her e he was sup- porte d by th e Roma n Kin g Sigismund . Sinc e 1437 Saunshei m ha d used the forged "Orseln Statutes " (purportedl y issued by th e Gran d Maste r Werne r von Orseln in 1329) as a weapo n against Rusdorf . Thes e spuriou s Statute s gave the Germa n Maste r extensive powers of contro l over th e manne r in which the Gran d Maste r was to conduc t his official duties . Th e resultin g quarre l about th e genuinenes s of thes e Statute s led to an interna l schism in th e Order : Sauns - heim and Rusdor f each declare d th e othe r to be relieved of Office. Th e repre - sentativ e of th e Gran d Maste r in Livonia , who was serving illegally, too k the side of th e extremel y active Germa n Master . Thi s questionin g of th e authority of th e office of th e Gran d Maste r led several Prussia n Convention s to rebel against Rusdorf . At th e same time , th e subjects of th e Prussia n Order , espe- cially th e feudal estates, too k a revolutionar y step : On Marc h 17, 1440, they founde d a unio n of th e estates, th e Preussischer Bund. I n view of th e devel- opment s in Prussia , Saunshei m agreed to a temporar y compromis e in regard to th e settlemen t of th e interna l strife of th e Order . Hereupo n Rusdorf , who ha d been a controversia l figurę for years, resigned (1441).

In orde r to restor e a semblanc e of peac e to th e Teutoni c Order , th e Grand Maste r Konra d von Erlichshause n officially acknowledge d th e Situatio n that Saunshei m ha d created . Erlichshause n confirme d th e dubiou s Orseln Statutes with th e intentio n of havin g the m repeale d by th e Curi a after th e deat h of Saunsheim , which too k place in 1443. Saunsheim' s Oppositio n to th e Prussian Gran d Master s was still havin g an influenc e almos t a Centur y late r (1525).

E r n s t O p g e n o o r t h :

Grenzkonflikte und Konfessionsprobleme

zwischen Brandenburg und Polen am Anfang des 17. Jahrhunderts, dargestellt an Johanniterbesitzungen

Di e Bedeutun g des hie r behandelte n Themas1 liegt nich t im Wert der um - strittene n Besitzungen , sonder n in den politische n un d geistesgeschichtlichen Faktoren , die den Hintergrun d des Konflikt s bilden . Objekt der Auseinander -

1) Bearbeitet e Fassun g eine s Vortrages auf der 31. Arbeitstagun g für junge Ostforsche r un d Studierend e im Johann-Gottfried-Herder-Institu t Marburg vom 6.—8. 3. 1967. Fü r weiterführend e Hinweis e besonder s zur polnische n Ge - schicht e bin ich Herr n Prof. Dr . Gotthol d Rhode , Mainz , zu Dan k verpflichtet.

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Setzunge n waren die vier Dörfe r Burschen , Tempel , Seere n un d Langenpfuh l im Land e Sternberg , das seit 1535 zur Neumar k gehörte . Sie lagen nah e der pol- nische n Grenze , un d es war strittig, ob sie nich t überhaup t zu Pole n gehörten. Die Johannite r hatte n die Dörfe r mit der Kommend e Lagow 1350 aus dem Besitz des aufgelösten Templerorden s übernommen. 2 Die Temple r hatte n die Dörfe r mit deutsche n Siedler n begründet , das Lan d dazu hatte n sie zum großen Teil von Herzo g Wùadysùaw Odonic z von Großpole n 1232 ode r ehe r als Geschenk erhalten , teils 1256 von eine m polnische n Ritte r Bogupha l erworben3, bevor in der zweiten Hälft e des 13. Jhs. die Askanier die Neumar k in ihr e Han d brach - ten . Di e vier Dörfe r werden in eine r Grenzmatrike l des 14. Jhs. zum Lande Sternberg , also zu Brandenbur g gerechnet . Die Matrike l ist unecht4, dürfte aber doch den Grenzverlau f des 14. Jhs. wiedergeben . Im 17. Jh . galt sie als echt , soweit sie bekann t war.

Die polnische n Recht e auf die Dörfe r wurde n auf die niemal s bestrittenen Dienst e begründet , welche dem polnische n Staroste n von Meserit z von den Bauer n zustanden . U m den Umfan g dieser Dienst e gab es hier wie anderswo viel Streit , der leicht in bewaffnete Auseinandersetzun g ausartete . Di e Zuge - hörigkei t der Dörfe r zu Pole n war nich t nu r rechtlich , sonder n auch faktisch ein Problem : zwar erstreckte n sich die Gemarkunge n bis an die Grenze ; die Ortschafte n selbst aber waren von Meserit z aus nich t so leicht erreichbar , daß der Staros t hätt e Gewal t anwende n können , ohn e bewaffnete Abwehrmaß - nahme n des Kommendator s von Lagow auszulösen . I n eine m vor 1527 auf diese Weise entstandene n Streitfal l hatte n die Johannite r sogar Meserit z überfallen.5 Ein e neu e Dimensio n erhielte n solche Konflikt e durc h die Reformation . Seit 1538 hatt e Markgra f Johan n von Brandenburg-Küstri n in der Neumar k die lutherisch e Lehr e eingeführt ; die Johannite r hatte n sich angeschlossen.6

Es mu ß hier auf die Lage der brandenburgische n Johannite r kurz eingegan - gen werden . De n Johanniterorde n insgesamt kennzeichne t die im Vergleich zu den andere n Ritterorde n weniger straffe Unterordnun g aller Teile unte r die Zentrale. ' I m Kamp f gegen den Islam von Cypern , Rhodo s un d schließlich Malt a aus habe n die Johannite r jahrhundertelan g ihr e besten Kräft e festge- legt un d die geordnet e Verwaltun g ihre s übe r ganz Europ a verstreute n Besitzes darübe r vernachlässigt . Grundsätzlic h besaß der Orde n eine klare Gliederung: Er teilt e sich in sieben Zungen , diese wiederu m in je ein oder mehrer e Prio -

2) Code x Diplomaticu s Brandenburgensis . Hrsg. von G. F . R i e d e l . Berlin 1838—1869. Hier : A XIX, Berlin 1860. S. 133—138. (Zit. : CDBrand.)

3) Code x Diplomaticu s Maiori s Poloniae . Bd 1, Pose n 1877. Nr . 141, Nr . 333.

Vgl. H. L ü p k e : Beiträge zur Geschicht e des Templerorden s in der Neumark. In : Die Neumark , Jb. des Vereins für Geschicht e der Neumar k 9 (1934), S. 39— 48, besonder s zur Identifikatio n von Velikavetz = Großdorf.

4) Pommersche s Urkundenbuch . Hrsg. vom Staatsarchi v Stettin . Bd I, Stettin 1868. Nr . 544.

5) CDBrand . B VI, Berlin 1858, S. 346 ff.

6) E. O p g e n o o r t h : Di e Bailei Brandenbur g des Johanniterorden s im Zeit - alte r der Reformatio n un d Gegenreformation . Würzbur g 1963.

7) Hierz u un d zum folgenden vgl. H. P r u t z : Di e geistlichen Ritterorden. Ihr e Stellun g zur kirchlichen , politische n un d wirtschaftliche n Entwicklun g des Mittelalters . Berlin 1908. Neudruc k Berlin 1968.

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Grenzkonflikte u. Konfessionsprobleme zwischen Brandenburg u. Polen 289 rate und Balleien. Die Priorate zerfielen in Kommenden, während die gleich- rangigen Balleien normalerweise nicht unterteilt waren. Die Bailei Branden- burg umfaßte den Ordensbesitz in Niedersachsen, Mecklenburg, Pommern und Brandenburg, sie gehörte zur deutschen Zunge und war als einzige Bailei in Kommenden gegliedert. — Der theoretisch so geordnete Aufbau des Ordens funktionierte praktisch leider schlecht. Typisch ist das Finanzsystem: Statt der jährlichen Rechnungslegung wie etwa beim Deutschen Orden kam schon im 13. Jh. das Verfahren der Responsionen auf, d. h. der einzelne Verwalter zahlte jährlich einen festen Betrag und wirtschaftete ansonsten auf eigene Rechnung.

Dadurch wurden die Kommenden zu Pfründen der Inhaber; dies reizte wieder die weltlichen Mächte, auf die Besetzung Einfluß zu nehmen.

Besonders stark verselbständigt hatte sich die Bailei Brandenburg. Schon bei ihrer Entstehung im Zusammenhang mit der Übernahme großer Templergüter nach 1312 hatten die weltlichen Fürsten stark mitgewirkt. 1382 erhielten die brandenburgischen Johanniter vom Orden das Recht verbrieft, ihr Oberhaupt, den Herrenmeister, selbst zu wählen.8 Damit war die Bailei faktisch selbständig;

nur die Responsionszahlungen banden sie noch an den Orden. Andererseits ist der Einfluß der brandenburgischen Kurfürsten auf die Herrenmeisterwahlen unverkennbar und wurde schließlich im 16. Jh. zu einem förmlichen Präsen- tationsrecht ausgebaut, das faktisch uneingeschränkte Verfügung bedeutete.9 Es verwundert unter diesen Umständen nicht, daß sich die brandenburgischen Johanniter der Reformation anschlössen, als diese von den Landesfürsten ein- geführt wurde. Offen zugegeben wurde dies allerdings gegenüber den Ordens- oberen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jhs.10

Verwunderlich ist eher, daß die Bailei als Institution erhalten blieb. Weiter- hin wurden die Kommenden durch den Herrenmeister vergeben, wenn auch unter erheblichem Einfluß der Landesfürsten. Weiterhin wurde jährlich das Responsgeld zum Großprior geschickt, wurde bei Neuwahlen dessen Bestätigung eingeholt — und sie erfolgte tatsächlich. Wir dürfen vermuten, daß dem katho- lisch gebliebenen Orden die nominelle Mitgliedschaft der brandenburgischen Ordensbrüder immer noch lieber war als eine Einziehung des Besitzes durch die evangelischen Landesfürsten, weil die bestehende Lage wenigstens für die Zukunft noch Möglichkeiten bot. Diese relativ nachgiebige Haltung, die bis zur Unterstützung der brandenburgischen Johanniter am Reichskammergericht ging, vertrat vor allem der deutsche Großprior, während der Großmeister auf Malta mehrere Versuche unternahm, die Ordensbrüder der brandenburgischen Bailei zur Verantwortung zu ziehen. Unkenntnis der deutschen Verhältnisse hat dabei wohl ebenso eine Rolle gespielt wie eine schärfere Betonung des katholischen Standpunktes. Wie weit die Auffassungen auf Malta und beim deutschen Großprior in Heitersheim differieren konnten, zeigte sich 1581: Großmeister 8) Vergleich von Heimbach, 1382 Juni 11. CDBrand. B III, Berlin 1846, S. 84 f.;

vgl. J. v o n P f l u g k - H a r t t u n g : Die Anfänge des Johanniter-Herren- meistertums. In: Historische Vierteljahrsschrift 2 (1899), S. 189—210.

9) vgl. Anm. 6.

10) Herrenmeister Graf von Hohenstein an Großprior Philipp Flach von Schwarzenberg, Sonnenburg 1581 Mai 21. Brandenburgisches Staatsarchiv Pots- dam (zit: BrandStA.), Rep. 9, Nr. 1139, Lit. C, Nr. 8.

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Jea n l'Evequ e de la Cassiere zitiert e den Herrenmeiste r vor den Konvent , weil durc h dessen Unterschrif t unte r der damal s von den brandenburgische n Land - stände n angenommene n Konkordienforme l sein lutherische s Bekenntni s noto - risch geworden war, un d als die brandenburgische n Johannite r die Fris t ver- streiche n ließen , erklärt e der Großmeiste r ihre n Ausschluß aus dem Orden.11 Diese n letzten , entscheidende n Schritt , den allerding s auch Malt a nich t publik machte , sonder n als Rechtsgrundlag e nu r je nac h Opportunitä t verwandte , hat der Großprio r den Brandenburger n überhaup t nich t mitgeteilt ! Offenbar war er selbst dara n interessiert , sie weiter als Brüde r behandel n zu können ; den n er erklärt e sich bereit , ihr e schriftlich e Verteidigun g dem Konven t auf Malt a zu unterbreiten.12

Problematisc h wurd e die Duldun g des protestantische n Ordenszweige s auch für den Großprio r in Heitershei m da, wo die Besitzunge n der Brandenburger in katholische n Länder n lagen. Ebe n das war nac h polnische r Auffassung bei den Dörfer n Burschen , Seeren , Tempe l un d Langenpfuh l der Fall . Da ß sich das praktisc h erst im 17. Jh . auswirkte , ist auf das Kräfteverhältni s der Konfes - sionen in Pole n zurückzuführen . Lang e Zeit spielten Lutherane r wie Kalvinisten eine beachtlich e Rolle ; in Großpole n geriete n sie erst seit 1591 in die Defensive; kennzeichnen d dafür ist die Einsetzun g des gegenreformatorisc h gesinnten Adam Sędziwój Czarnkowsk i (von Czarnikau ) zum Generalstaroste n von Groß - polen.13

Di e Folge n dieser Entwicklun g bekame n 1603 auch die brandenburgischen Johannite r zu spüren . Marti n Sudow, ein Höflin g des polnische n König s und Malteserritter , hatt e sich vom Großmeiste r auf Malt a eine Bulle erwirkt, die ihn beauftragte , die Kommend e Lagow wieder an den Orde n zurückzubringen. Dahinte r stan d die Rechtsauffassung , der verheiratet e Kommendato r Abraham von Grünber g sei kein Katholi k un d folglich kein Ordensbruder . De n gleichen Standpunk t macht e sich eine Urkund e des polnische n König s vom 11. Jul i 1603 zu eigen1 4, die allerding s Sudows Ansprüch e auf die als polnisc h bezeichneten vier Dörfe r einschränkte . Auf Grun d dieser Urkund e wurd e der Kommendato r von Lagow vor dem Hofgerich t in Kraka u auf die Herausgab e der Dörfe r ver- klagt.

Di e Rechtslag e der brandenburgische n Johannite r war insofern ungünstig, als ma n auf brandenburgische r Seite die Auffassung teilte , die Dörfe r gehörten zu Polen . Da ß dem Großmeiste r nac h den mittelalterliche n Privilegien der Bal-

ii) Zwei Bullen l'Evequ e de la Cassieres, die erste undatiert , die zweite Malt a 1581 Janua r 19. Ordensarchi v Malt a (AOM) , Nr . 439: Liber Bullarum 1580—1581, fol. 199—200 v.

12) Großprio r Flac h von Schwarzenber g an Herrenmeiste r Gra f von Höllen - stein, Heitershei m i. Br. 1581 Jul i 15. BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1139, Lit. C, Nr . 14.

13) G. S c h r a m m : De r polnisch e Adel un d die Reformatio n 1548—1607. Wiesbaden 1965. S. 104. Zu r Entwicklun g des Verhältnisse s der Konfessionen S. 320 ff. Zu r Perso n Czarnkowski s vgl. Art. „Czarnkowski , Adam Sędziwój"

von Wand a D o b r o w o l s k a , in: Polski Sùownik Biograficzny, Bd IV, Krakau 1938, S. 214 f.

14) Urkund e Köni g Sigismund s III . von Polen , Kraka u 1603 Jul i 11. (N.St.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1272, Stüc k Nr . 1 (Abschrift).

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Grenzkonflikte u. Konfessionsprobleme zwischen Brandenburg u. Polen 291 lei kein Verfügungsrech t über dere n Besitz zustand , war angesicht s des evan- gelischen Charakter s der Bailei ein Argument , mit dem bei dem katholischen Polenköni g nich t durchzudringe n war. Zwar gab es eine n Vertra g der Bailei mit der polnische n Kron e von 1439, der für Konflikt e ein gemischte s Schieds - gericht vorsah. Darau f berief sich der Kommendato r von Lagow; er mußt e sich aber sagen lassen, daß dieser Vertra g für Streitfäll e mit der ganzen Bailei gelte, nich t für die unstreiti g polnische n vier Dörfer.15

Die weitere Entwicklun g der Rechtslag e soll hie r kurz vorweg geschildert werden : Da Abraha m von Grünber g nich t vor dem Hofgerich t erschien , ver- handelt e dies in seiner Abwesenheit . I m Oktobe r 1604 wurd e daraufhi n Sudow durc h königliche s Dekre t in die Dörfe r eingewiesen . Die Ausführun g wurde dem Generalstaroste n des an die Neumar k grenzende n Großpole n übertragen. Die s war nich t unbeding t in Sudows Sinne . Obwoh l nämlic h der Generalstarost Adam Sędziwój Czarnkowsk i auch als Malteserkommendato r von Pose n Grund gehabt hätte , seinen Ordensbrude r Sudo w nachdrücklic h zu unterstützen , be- vorzugte er ein friedliche s Vorgehen . Innenpolitisch e Rücksichte n mögen mit - gespielt haben : Soviel sich erkenne n läßt, war Sudo w ein entschiedene r Partei - gänger des Königs, währen d Czarnkowsk i zwei Jahr e späte r im Zebrzydowski - Aufruh r eine Mittelstellun g zwischen dem Köni g un d den Aufständische n ein- zunehme n suchte . Grünber g unterstützt e dieser, inde m er — stat t sofort mili- tärisch e Mach t einzusetze n — ihm Gelegenhei t gab, sein Verhalte n in einem neue n Rechtsverfahre n in Pose n zu rechtfertigen . De r Kommendato r versuchte, durc h Appellatio n an das Krontribuna l in Petrika u das bisherige Verfahre n für nichti g erkläre n zu lassen, macht e aber den Fehler , auch vor diesem Gericht nich t zu erscheinen . Dami t verfiel er nich t nu r nac h dreimalige r vergeblicher Vorladun g automatisc h der polnische n Reichsacht , er setzte außerde m das Wohlwollen des Posene r Generalstaroste n aufs Spiel.

Da ß die brandenburgische n Johannite r es auf diese Entwicklun g der Rechts - lage ankomme n ließen , ha t seinen Grun d teils darin , daß sie eventuelle n Ver- suche n Sudows, Gewal t anzuwenden , nich t ungerüste t gegenüberstanden . Die Bailei hatt e ein knappe s Hunder t Lehnsleute , von dene n ein Großtei l im Stern - bergischen saß un d eine m Aufgebot innerhal b dieses Gebiete s folgen mußte. Im Novembe r 1604 wurde n diese Lehnsleut e erstmal s zum Schut z der Dörfer aufgeboten.16 Da s war eine hinreichend e Sicherung , solange ma n es nu r mit Versuche n Sudows selbst zu tu n hatte , seinen Rechtsanspruc h mit Waffengewalt zu verwirklichen . Geplan t ha t Sudo w solche Schritt e offenbar von vornherein; schon in der Urkund e von 1603 wurd e ihm nämlic h eingeschärft , den Rechtsweg einzuhalten . Was geschah nu n aber, wenn bei Ausführun g der Gerichtsurteile von Kraka u un d Pose n Organ e der polnische n Staatsgewalt auf den Widerstand der Johannite r stießen ? Die Gefah r eine s kriegerische n Konflikte s zwischen ganz Pole n un d Brandenbur g lag dan n in der Luft.

15) Köni g Sigismun d III . an Herrenmeiste r Gra f von Hohenstein , Krakau 1604 Mär z 4. (N.St.) . BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1274, Stüc k 12. Fü r das Folgende vgl. O p g e n o o r t h , Bailei Brandenburg , S. 207 ff., un d Acta Brandenburgica. Hrsg. von Melle K l i n k e n b o r g . Bd III , Berlin 1930. Nr . 1607 un d Nr . 1611.

16) Ordensregierun g an Lehnsleute , Sonnenbur g 1604 Novembe r 28. (A.St. = Dezembe r 8.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1274, Stüc k 24.

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292 Ernst Opgenoorth

Es ist hier der Punkt erreicht, auf die bisher ausgesparte Frage der branden- burgisch-polnischen Beziehungen einzugehen. Das nachbarliche Verhältnis zwi- schen Brandenburg und dem direkt angrenzenden Großpolen war seit langem relativ gut. Ein gewisser Partikularismus des großpolnischen Adels suchte gern Anlehnung beim westlichen Nachbarn; umgekehrt setzte Kurbrandenburg den Hebel zur Beeinflussung des Reichstages oft bei den Großpolen an.17

Wichtiger für die brandenburgisch-polnischen Beziehungen waren die Pro- bleme des Herzogtums Preußen, die Vormundschaft für den regierungsun- fähigen Herzog Albrecht Friedrich und die Nachfolge im Falle seines Todes.18 Um beides bemühte sich die brandenburgische Linie der Hohenzollern; sie tat dies in verstärktem Maße, seit 1603 der letzte Markgraf von Brandenburg- Ansbach, Georg Friedrich, der Vormund des preußischen Herzogs, gestorben war. Die Hohenzollern verwandten bei ihren Bemühungen die schon im 16. Jh.

bewährte politische Taktik, hauptsächlich mit dem polnischen König zu ver- handeln. Sigismund III. war geneigt zum Entgegenkommen, weil er sowohl auf finanzielle Vorteile aus einer Einigung als auch auf die diplomatische Un- terstützung Brandenburgs angewiesen war. Der König vertrat sein Recht auf die schwedische Krone gegenüber seinem Onkel Karl von Södermanland seit 1598 mit den Waffen. Aufmerksamkeit erforderten auch die russischen Verhält- nisse seit dem Auftreten des „falschen Demetrius" 1603. Dieser Anwärter auf den Zarenthron stieß 1604/05 mit polnischen Soldtruppen nach Moskau vor und vermählte sich mit der Tochter eines polnischen Magnaten. Erschwert wurde die Lage durch innenpolitische Spannungen in Polen. Die Sympathien des Königs für Habsburg und die Jesuiten sowie seine Pläne zur Stärkung der Krongewalt stießen im Sejm auf erheblichen Widerstand, der sich 1606 zum offenen Auf- ruhr unter der Leitung des Krakauer Wojewoden Zebrzydowski verdichtete.

Ein wesentliches Anliegen dieser „Malkontenten" war aber gerade die Revision der Vereinbarungen wegen Preußen, hatte doch König Sigismund 1605 ohne Zustimmung des Reichstages dem Kurfürsten Joachim Friedrich die Vormund- schaft über den preußischen Herzog übertragen. Die Bemühungen, das Mit- spracherecht des Reichstages zu behaupten, fanden Rückhalt an den Ständen des Herzogtums Preußen, denen daran lag, Beeinträchtigungen ihrer Rechte gegenüber dem Landesfürsten zu vermeiden.19 Unter diesen Umständen zogen sich die Verhandlungen noch lange hin, zumal trotz einer Niederlage der An- hänger Zebrzydowskis im Juli 1607 König Sigismund seine Reformpläne nicht durchsetzen konnte. Als 1608 Kurfürst Joachim Friedrich starb, mußte sein Nachfolger Johann Sigismund wieder langwierige Verhandlungen führen, bis ihm endlich 1611 das Nachfolgerecht verbrieft wurde.

17) vgl. hierzu die Relationen aus Polen: Acta Brandenburgica, Bd II und III.

18) Zum folgenden vgl. O. H i n t z e : Die Hohenzollern und ihr Werk. Berlin 1915. S. 153—163; The Cambridge History of Poland. Bd I: From the Origins to Sobieski. Cambridge 1950. S. 461—467; G. R h o d e : Kleine Geschichte Polens.

Darmstadt 1965; bes. S. 268 über den Zebrzydowski-Auf stand.

19) vgl. zu diesem Zusammenhang die Relationen in den Acta Brandenbur- gica, etwa Bd III, Nr. 1628 und Nr. 1649.

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Grenzkonflikte u. Konfessionsprobleme zwischen Brandenburg u. Polen 293 Es ist klar, daß in eine r solchen Lage dem brandenburgische n Kurfürste n an eine m größere n Konflik t mit Pole n in irgendeine r andere n Frag e nicht s liegen konnte . Solange um die Lagower Dörfe r nu r auf dem Papie r gestritte n wurde, durft e die Bailei Brandenbur g mit der Hilfe ihre s Landesfürste n rechnen . Am 14. Jun i 1604 vertra t der Kurfürs t in eine m Schreibe n an den Polenköni g den Standpunk t der Bailei.20 Di e geschildert e ungünstig e Entwicklun g der Rechts - lage ließ sich dadurc h nich t aufhalten.

In ernsthaft e Schwierigkeite n geriet die brandenburgisch e Politi k infolge des Streite s um die Dörfer , als es Sudo w am 24. April 1607 gelang, mit etwa 50 Bewaffneten in Bursche n einzufalle n un d von de m Vorwerk der Kommende eine Schafherd e von 1 000 Stück , andere s Vieh, Gel d un d Getreid e fortzuschaf - fen. Di e Johannite r hatte n versäumt , rechtzeiti g ihr e Lehnsleut e aufzubieten. Meh r zufällig stieß der Soh n des Kommendators , der mit mehrere n Begleitern die Lage erkunde n wollte, auf einige von Sudow s Leuten . Di e Pole n unter - schätzte n die Stärk e der Begleitun g un d griffen den jungen Grünber g an, mußte n aber weichen un d eine n der ihre n als Gefangene n zurücklassen . Die Johannite r plante n nu n eine n Vergeltungszug in polnische s Gebiet , wandten sich aber zuerst an den Kurfürsten.21 Diese r ließ zwar durc h seine Gesandten in "Warschau in ziemlic h bestimmte m Ton Schadenersat z fordern , wobei er die Möglichkei t von Repressalie n der Johannite r rech t deutlic h durchblicke n ließ.

Auf der andere n Seite riet er dem Herrenmeiste r von Gewaltanwendun g ein- deuti g ab, empfah l ihm dringen d die Freilassun g des Gefangene n un d die Heimsendun g der Lehnsleute . Nun ist Euch nicht unbekannt, was für große und schwere Sachen Wir jetziger Zeit bei der Cron Polen zu suchen haben . . ., schrieb der Kurfürst.22 Stat t weitere r bewaffnete r Auseinandersetzun g solle ma n sich lieber mit Sudo w vergleichen , ihm vielleicht eine Abfindun g von

10 000 Dukate n zahlen.

De m liegt die Tatsach e zugrunde , daß zwar die Bewaffnete n für das Unter - nehme n von Sudo w selbst angeworbe n waren — nich t ausschließlic h für diesen Zweck, sonder n im Zusammenhan g mit den Unruhe n in Pole n —, daß aber als offizieller Urhebe r der Generalstaros t von Großpole n galt, der dami t befehls- gemäß Sudo w zu seinem Besitz zu verhelfen suchte . Diese Darstellun g gab wenigsten s ein Ra t des Generalstaroste n namen s Sokoùowski, der im Auftrage seines Herr n un d Sudows mit den Geheime n Räte n in Berlin verhandelte . Er tra t sehr selbstbewußt auf un d drohte , ma n werde notfall s das ganze großpol - nisch e Aufgebot gegen die Johannite r führen , bracht e aber andererseit s den Pla n eine r Abfindun g auf. Di e brandenburgische n Rät e trate n diesen Äuße- runge n beton t ruhi g un d sicher entgegen , erneuerte n die Forderun g nac h Scha - denersat z un d erklärte n sich lediglich bereit , die Johannite r von Gewaltmaß - 20) Kurfürs t Joachi m Friedric h von Brandenbur g an Köni g Sigismun d III. von Polen , Colin a. d. Spre e 1604 Jun i 14. (A.St. = 24.). BrandStA. , Rep . 9, Nr. 1274, Stüc k 17.

21) Geheim e Rät e an Kurfürs t Joachi m Friedrich , Colin a. d. Spre e 1607 Ma i 10. (A.St. = 20.). Acta Brandenburgic a III , Nr . 1611.

22) Kurfürs t Joachi m Friedric h an Herrenmeiste r Gra f von Hohenstein, Colin a. d. Spre e 1607 Ma i 11. (A.St. = 21.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1277, Stüc k 80.

Vgl. Acta Brandenburgic a III , Nr . 1588.

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nahme n abzuhalten . I n ihre n Berichte n an den Kurfürste n zeigten sich die Räte jedoch durchau s beeindruck t un d nachgiebig . Nebe n der Einsich t in die tat - sächlich verfahren e Rechtslag e spielte dabe i hauptsächlic h die Besorgnis mit , die Angelegenhei t werde von den Pole n bewußt hochgespielt , um eine n Vorwand zu haben , von den Vereinbarunge n übe r die preußisch e Vormundschaf t zurück - zutreten.23

Dies e Annahm e erklär t sich aus der damalige n Lage in Polen : De r Reichstag, besonder s die Landbotenkammer , wollte allenfalls die Verfügung des Königs übe r die preußisch e Vormundschaf t zugunste n des Kurfürste n gelten lassen;

in Zukunf t sollten die preußische n Angelegenheite n jedoch nu r noc h auf Reichs - tagen beschlossen werden . Angesichts der Spannunge n zwischen dem Köni g und den Konföderierte n unte r Zebrzydowsk i hätt e ein offener Konflik t zwischen Pole n un d Brandenbur g unabsehbar e Folge n habe n können.24 I m Jun i 1607 löste sich der Reichsta g auf. Zwische n den Konföderierte n un d dem Köni g kam es zum Kampf . De r Sieg der königliche n Parte i unte r dem Kronfeldherrn Żóùkiewski im Jul i bedeutet e auch für die brandenburgisch-polnische n Ver- handlunge n bessere Aussichten . De n Pla n bewaffnete r Repressalie n hatte n die Johannite r aufgeben müssen ; Schadenersat z habe n sie nie erhalten . Anderer - seits hatt e der polnisch e Unterhändle r Sokoùowski offenbar in Sudow s Inter - esse die Bereitschaf t zu militärische n Maßnahme n star k übertrieben . Scho n im Juli hatt e der Kommendato r Abraha m von Grünber g Nachrichte n aus Polen, daß es mit Sudow s Rückhal t am Hof e schlech t bestellt sei. Nu n konnte n die Johannite r gegen eine n drohende n neue n Einfal l ihr e Lehnsleut e aufbieten ; der Kurfürs t unterstützt e sie sogar, inde m er die Bürger von Reppe n zu ihrer Hilfe anwies.25 I m Novembe r erschiene n polnisch e Bewaffnete unte r Führung des von Sudo w beauftragte n Sokoùowski vor Seeren ; da sie das Dor f aber ver- schanz t un d besetzt antrafen , mußte n sie wieder abziehen.

Es mußt e für die Johannite r auf die Daue r unangeneh m sein, imme r wieder mit Überfälle n Sudow s rechne n zu müssen . Glücklicherweis e aber veränderte sich die Rechtslag e zugunste n der Bailei — mit Hilfe des deutsche n Großpriors.

Erst im Februa r 1606 hatt e sich der Herrenmeiste r um Hilfe an seinen Or- densobere n gewandt . Ma n hatt e sich wahrscheinlic h von diesem Schrit t nicht viel versprochen , sonst wäre er ehe r erfolgt. Tatsächlic h geschah lange Zeit nichts . Im Ma i 1608 stellte sich jedoch ein Provinzialkapite l der deutschen Zung e auf die Seite der brandenburgische n Ordensbrüder.26 Da s Kapite l emp - fahl dem Großmeister , die Sudo w erteilt e Bulle zu kassieren , weil sie gegen die verbrieften Recht e der Bailei Brandenbur g verstoße . De m polnische n König wurd e dieser Beschlu ß mitgeteilt.

Dies e eindeutig e Anerkennun g des evangelische n Zweiges durc h seine deut - schen katholische n Ordensbrüde r ist insofern eigenartig , als sie im Widerspruch steh t zum offiziellen Ausschluß der brandenburgische n Johannite r durc h Groß - meiste r FEvequ e de la Cassiere . Dabe i tru g das Kapite l von Heitershei m diesem

23) Acta Brandenburgic a III , Nr . 1613. 24) vgl. Anm. 18 un d 19.

25) Reskrip t der Küstrine r Regierun g an den Ra t der Stad t Reppen . Küstrin 1607 Septembe r 5. (A.St. = 15.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1277, Stüc k 101.

26) Großballi v Wilhelm von Cronber g an Herrenmeiste r Gra f von Hohenstein, Freibur g i. Br. 1608 Ma i 8. (N.St.) . BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1278, Stück 132.

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Grenzkonflikte u. Konjessionsprobleme zwischen Brandenburg u. Polen 295 Ausschluß durchau s Rechnung , inde m es eine n Titular-Balleie r von Branden - burg wählte ; zur Zeit des genannte n Beschlusses bekleidet e der später e Groß - prio r Johan n Friedric h Hun d von Saulhei m dies Amt.27 Ma n gewinnt durchaus den Eindruck , daß bei aller Loyalitä t gegenübe r dem Großmeiste r die deutschen Maltese r zu gegenreformatorische m Eifer im Hinblic k auf die Bailei Branden - burg wenig Bedürfni s hatte n — eine insgesamt durchau s realistisch e Haltung, dere n Motiv e im einzelne n sich nich t rekonstruiere n lassen. Jedenfall s ha t sich Malt a bewegen lassen, die Bulle zu kassieren , un d dami t fiel die Grundlage von Sudows Ansprüchen , die Annahm e nämlich , die brandenburgische n Kom - mende n seien entfremdete s Ordensgut . I n der Folgezei t gab auch der polnische Köni g die Unterstützun g Sudow s auf, weil dieser eigenmächti g Gewal t ange- wand t habe.

De r behandelt e Konflik t hatt e noc h ein Nachspiel , das charakteristisc h ist für die zwiespältige Einstellun g des Malteserorden s zu seinen brandenbur - gischen „Mitgliedern" . Zwar war die Sudo w erteilt e Bulle nac h eine r Reih e von Jahre n vom Großmeiste r kassiert worden , aber lediglich unte r Berufun g auf Sudows Gewalttätigkeit ; der Auftrag zum Rückerwer b Lagows wurd e 1617 an Fürs t Sigismun d Kar l Radziwiùù übertragen , der Malteserritte r war. E r dürfte am Zustandekomme n dieser Bulle selbst mitgewirk t haben ; trotzde m ist es offensichtlich , daß der Großmeiste r weiterhi n den Besitz der Bailei als ent - fremde t behandelte , die brandenburgische n Kommendatore n also nich t aner - kannte . Nu r vorübergehen d hatt e der Konven t auf Malt a sich den Standpunkt der deutsche n Mitgliede r zu eigen gemacht . Welche Motiv e wahrscheinlic h tak - tische r Art auße r der Distanzierun g von Sudow s Eigenmächtigkei t dabe i mit - spielten , erlaub t die Quellenlag e nich t zu beurteilen . Mit dem Auftrag an Radziwiùù kehrt e Malt a jedenfalls wieder auf den Rechtsbode n des 1581 erfolg- ten Ausschlusses der Brandenburge r zurück.

Fü r die Bailei war an dem neue n Versuch gefährlich , daß in Radziwiùù ein Gegne r von ganz andere m Prestig e un d Anhan g dastand , als Sudo w es gewesen war. Radziwiùù gehört e zu eine m der ersten , reichste n un d mächtigste n Mag- natengeschlechte r Litauens , dem 1518 Kaiser Maximilia n die Reichsfürsten - würde zuerkann t hatte ; ein Mitglie d des reformier t gebliebene n Zweiges der Familie , Janus z Radziwiùù, vermählt e sich 1613 mit Markgräfi n Elisabet h Sophie von Brandenburg , eine r Tochte r Kurfürs t Johan n Georgs.28 Sigismun d Karl Radziwiùù war Wojewodę von Nowogródek . E r konnt e es sich leisten , den Johanniter n zu erklären , wenn es zum Kamp f käme , würd e sich dieser nicht auf die vier Dörfe r beschränken.29 Di e Lage schien äußers t ernst . De n Schutz 27) Er führ t diesen Tite l in eine r Bulle des Großmeister s Alof de Vignacourt, Malt a 1602 Okt. 19. (N.St.) . Ordensarchi v Malt a (AOM) , Nr . 454, Liber Bullarum 1601—1602.

28) vgl. J. J a c o b y : Boguslaus Radziwiùù — der Statthalte r des Großen Kurfürste n in Ostpreußen . 2. Aufl. Marbur g 1960. S. 5 ff. un d Stammtafe l im Anhang . Zu Sigismun d Kar l Radziwiùù vgl. Lietuvi u Enciklopedija , Bd 24, Boston 1961, S. 399.

29) Aufzeichnun g über eine n Berich t des Lagower Hauptmann s Wolf von Rügen vor der Ordensregierung , Sonnenbur g 1617 Dezembe r 12. (A.St. = 22.).

BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1282, Stüc k Nr . 17.

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29

des Großprior s anzurufen , war mißlich , hatte n doch die brandenburgischen Johannite r seit Jahre n kein Responsgel d gezahlt, nich t einma l die üblich e — rein formal e — Wahlbestätigun g für den seit Jul i 1616 amtierende n Herren - meiste r Markgra f Johan n Geor g von Brandenburg-Jägerndor f eingeholt . Wieder kam es zu Gewaltdrohungen , welche die Johannite r mit dem Aufgebot ihrer Lehnsleut e beantworteten.30

Es liegt an der geänderte n Sach - un d Rechtslag e gegenübe r Polen , daß es dies- ma l nich t zum Konflik t kam . Zunächs t hatt e ma n auf brandenburgische r Seite jene Grenzmatrike l von 1364 wiedergefunden , welche die vier Dörfe r zu Brandenbur g rechnete . War schon das für Kurfürs t Johan n Sigismun d ein Grun d zu festerem Auftreten , so kam hinzu , daß er nich t meh r so eindeutig auf das Wohlwollen des Polenkönig s angewiesen war, seitde m er 1611 die Aner- kennun g seines Nachfolgerechte s für Preuße n erreich t hatte . Zwar sprach der Kurfürs t seine Abneigun g aus, „auc h mit dem geringsten Pole n in Mißverstand zu geraten"3 1; er sagte den Johanniter n aber doch seinen Schut z zu. Grund - sätzlich friedferti g war auch die polnisch e Seite : im Janua r 1618 versicherten polnisch e Unterhändler , ihr Köni g werde Gewalttate n Radziwiùùs nich t dulden. Diese r ha t schließlic h auf die Ausführun g seiner Plän e verzichtet.

Endgülti g Ruh e hatte n die Bewohne r der vier Dörfe r dami t allerding s noch nicht . Di e Wogen des 1617 wieder aufgelebten schwedisch-polnische n un d des 1618 ausgebrochene n Dreißigjährige n Krieges schlugen auch bis in den Grenzrau m zwischen Lagow un d Meseritz . Polnisch e Kosake n setzte n sich auf dem Weg nac h Böhme n 1620 in den Dörfer n fest un d plünderte n die Bauer n aus.32 Die Ordensregierun g hatt e auf kurfürstliche n Befehl ihr e Lehnsleut e aufgeboten, um Lagow vor dem drohende n Durchzu g zu schützen ; das Aufgebot war jedoch so schlech t befolgt worden , daß ma n nich t auch die Grenzdörfe r sicher n konnte. In eine r ähnliche n Situatio n mußt e sich der Kommendato r von Lagow 1623 entschließen , zeitweise 50 Söldne r in Diens t zu nehmen , um die Kommende un d ihre n Besitz zu schützen.33

Von den vergleichbare n Begebenheiten , dere n sich im Laufe des Krieges noch mehrer e ereigneten , ist besonder s aufschlußreic h ein Zu g polnische r Söldner von 1627. De r Staros t von Meseritz , der sonst mit den Bauer n der vier Dörfer wegen seiner Dienstforderunge n in fortwährende m Strei t lag, tra t nämlich diesma l als ihr Beschütze r auf un d versucht e sie genauso wie die Bauer n seiner Staroste i vor der drohende n Einquartierun g zu bewahren . Sein e Möglichkeiten waren freilich begrenzt : Es ist Ihr Konigl. Maytt. Volk, habe ihnen nicht zu befehlen, so charakterisiert e der Staros t seine Stellun g gegenübe r den Söld-

30) Paten t der Ordensregierun g an Lehnsleut e der Bailei, Sonnenbur g 1617 Dezembe r 12. (ASt. = 22.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1282, Stüc k Nr . 19. Zu m gan- zen Konflik t vgl. O p g e n o o r t h , Bailei Brandenburg , S. 244ff.

31) Kurfürs t Johan n Sigismun d an Ordensregierung , Colin a. d. Spre e 1617 Dezembe r 8. (A.St. = 18.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1282, Stüc k 13. Zita t in der Wortfolge verändert.

32) Kommendato r von Lagow an Ordensregierung . Lagow 1620 Ma i 6. (A.SÙ).

BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1283.

33) Kommendato r von Lagow an Ordensregierung . Lagow 1623 Jul i 28. (A.St.). BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1283.

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Grenzkonflikte u. Konfessionsprobleme zwischen Brandenburg u. Polen 297 nern.54 Er gelang ihm schließlic h nur , sie durc h eine Geldabfindun g zum Abziehen zu bewegen. De n Anteil der vier Lagower Dörfe r an dieser Summe schoß er den Bauer n vor.35

Diese Ereignisse sind charakteristisc h dafür, wie im Verlauf des Krieges über - kommen e Konflikt e an Bedeutun g verloren , bisherige Gegne r zu Verbündeten wurde n in dem gemeinsame n Bestreben , sich schlech t un d rech t der plündern - den Heereszüg e zu erwehren . Mocht e der Staros t von Meserit z mit dem Umfang der Dienst e nich t zufriede n sein, die ihm die Bauer n der vier Dörfe r leisteten: wenn die Ortschafte n wüst wurden , weil die Bewohne r Ha b un d Gu t ein- büßten , starbe n oder fortzogen , bekam er schließlic h überhaup t nicht s mehr.

Auf der andere n Seite waren die Versuche polnische r Söldner , sich in den Dörfer n einzuquartieren , nicht s Besondere s un d auf diese Ort e Beschränktes. Wohl mocht e es bei der Begründun g der Forderunge n eine Rolle spielen, daß die Dörfe r dem Staroste n von Meserit z dienstpflichti g waren ; aber wirklich entscheiden d war dies nicht . Hie r wie andersw o kümmert e sich die Soldateska im Grund e nich t viel um die Frage , wie sie ihr e Ansprüch e rechtlic h begrün - den konnte . De n andere n Dörfer n der Kommend e Lagow ging es währen d des Krieges insgesamt nich t besser. Diese Kriegsereignisse könne n also mit den vorhe r geschilderte n Versuche n Sudow s un d Radziwùùùs, die vier Dörfe r an sich zu bringen , im Grund e nich t verglichen werden.

Durc h den Abschluß des Dreißigjährige n Krieges mußt e die Bailei Branden - burg zwar beträchtlich e materiell e Verluste hinnehmen , erlebt e aber doch eine Festigun g ihre s verbleibende n Bestandes . Stärke r als zuvor war sie als Be- standtei l des brandenburgisch-preußische n Staate s erkennbar.3 6 Di e in den ersten Jahrzehnte n des 17. Jhs. auf eine n Tiefpunk t abgesunkene n Beziehungen zum Gesamtorde n besserten sich auf der Basis stillschweigende r Duldung. Friede n herrscht e auch im Hinblic k auf die ehemal s umstrittene n vier Grenz - dörfer der Kommend e Lagow. Im Jahr e 1767 konnt e die Bailei diese Dörfer als selbständig e Kommend e von Lagow abtrennen3 7; diese Rolle spielten sie bis zur Säkularisatio n der Bailei Brandenbur g im Jahr e 1811.

Aus dem Ausblick ergibt sich, daß die behandelte n Begebenheite n der Jahre 1603—1608 un d 1617—1618 zum Unterschie d von frühere n un d spätere n Kon - flikten um die vier Dörfe r meh r als nu r regional e Bedeutun g hatten , daß sie vielmeh r trot z ihre r rein materiel l geringen Bedeutun g Kristallisationspunkte waren für größer e politisch e Theme n der Zeit , für den Gegensat z von gegen- reformatorische r Aktivität un d Hinnahm e des konfessionelle n statu s quo sowie für die dynastische n Bemühunge n der Hohenzoller n um das Herzogtu m Preußen.

34) Sebastia n Trczebiński , Staros t von Meseritz , an Zacharia s von Grünberg, Soh n des verstorbene n Kommendator s von Lagow. Meserit z 1627 Dez . 24. (N.St.).

BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1284.

35) Staros t von Meserit z an die Bauer n der Dörfe r Tempel , Burschen , Seeren un d Langenpfuhl . Meserit z 1627 Dez . 6. (N.St.) . BrandStA. , Rep . 9, Nr . 1284.

36) O p g e n o o r t h , Bailei Brandenburg , S. 270—273.

37) A. v. W i n t e r f e 1 d : Geschicht e des Ritterliche n Orden s St. Johanni s . . . mit besondere r Berücksichtigun g der Bailei Brandenbur g . . . Berlin 1859. S. 758.

(12)

S u m m a r y

Border Conflicts and Religious Problems between Brandenburg and Poland at the Beginning of the llth Century

as Shown by the Possessions of the Order of Malta

In th e years 1603—1608 an d 1617—1618, two Polish member s of th e Orde r of Malta , Marti n Sudo w an d Princ e Sigismun d Kar l Radziwiùù, attempte d to gain possession of th e four villages Burschen , Tempel , Seeren , an d Langenpfuh l on th e borde r between Brandenbur g an d Polan d in th e Lagow-Meserit z region. Thes e villages belonge d to th e Commander y at Lagow, an d thu s to th e Bran - denbur g branc h of th e Order , which ha d becom e Protestan t in th e 16th Century . Th e Gran d Maste r at Malt a no longer recognize d th e Branden - burg branc h as belongin g to th e Order , an d commissione d first Sudow, then Radziwiùù, to regain thes e possessions for th e Catholi c branc h of th e Order. Thei r efforts were directe d toward s thes e four villages becaus e ther e was a controvers y as to whethe r the y belonge d to Polan d or to Brandenburg . Thus thi s conflic t becam e a proble m of relation s between Polan d and Brandenburg, and was connecte d with th e negotiation s in regard to th e right s of succes- sion of th e Brandenbur g Hohenzollern s in th e duch y of Prussia . Th e attitude of individua l Polish dignitarie s toward s th e interna l turmoi l of thei r countr y in regard to th e Zebrzydowsk i rebellio n affected th e outcom e of th e conflict . After fierce struggles, some of the m armed , th e Brandenbur g branc h of th e Order succeede d in retainin g possession of th e four villages, since th e Chapte r of the Catholi c Germa n Gran d Prio r tolerate d th e Brandenbur g branc h in spite of the religious difference , and intervene d with th e Gran d Maste r on thei r behalf.

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