Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 19⏐⏐11. Mai 2007 A1303
M E D I E N
PSYCHOKARDIOLOGIE
Hochwertige Informationen
Was ist Psychokardiologie? Dieses Fachgebiet beinhaltet psychosozia- le Aspekte der Ätiologie, des Ver- laufs und der Behandlung von Herzerkrankungen und schließt da- bei die Möglichkeiten der Konflikt- bewältigung und psychologischer Interventionen mit ein. Trotz inten- siver Forschungsarbeit auf diesem Gebiet haben die gewonnenen Er- kenntnisse bisher bedauerlicher- weise nur in geringem Umfang Ein- gang in die kardiologische Praxis gefunden: Zwar stellt die Nationale VersorgungsLeitlinie (www.versor gungsleitlinien.de) „Chronische Ko- ronare Herzkrankheit“ fest, dass psychosoziale Faktoren wie „De- pression“ sowie „fehlender sozialer und emotionaler Rückhalt“ zur Ent- stehung der koronaren Herzkrank- heit beitragen und deren Prognose negativ beeinflussen, aber kaum ein Arzt nimmt dies bisher zur Kennt- nis. Ein intensiver Dialog von wis- senschaftlich aktiven Psychokar- diologen und praktizierenden Ärz- ten tut also not.
In dem englischsprachigen Werk mit 370 Seiten analysieren 40 deut-
sche Psychologen, Soziologen und Kardiologen das vorliegende Da- tenmaterial zur Psychokardiologie mittels systematischer Metaana- lysen, aufbauend auf einer 1998 ab- gehaltenen Konferenz mit Fort- führung der aktuellen Literatursich- tung. Nur qualitativ hochwertige
Informationen werden dabei be- rücksichtigt, und auf diese Weise wird eine repräsentative, fundierte
„State-of-the-art“-Präsentation er- reicht. In zehn Kapiteln werden so wichtige Aspekte abgehandelt wie soziale und emotionale Faktoren, Typ-A-Verhalten und Arbeitsplatz- stress bei der Entstehung der koro-
naren Herzkrankheit, psychothera- peutische Interventionen zur unter- stützenden Behandlung der koro- naren Herzkrankheit, zur Raucher- entwöhnung und zur Überwindung körperlicher Inaktivität, die Bedeu- tung von Angst und Depression bei Patienten mit koronarer Herzkrank- heit sowie der Symptomenkomplex von Thoraxschmerz, Angina pecto- ris, Panikerkrankungen und Syn- drom X. Weitere Kapitel sind den psychosozialen Aspekten der Herz- katheterdiagnostik und -intervention sowie der kardialen Rehabilitation gewidmet.
Das Buch zeichnet sich durch ei- ne umfassende und wissenschaft- lich fundierte Darstellung der Psy- chokardiologie aus. Natürlich kann es kein „Kitteltaschenbuch“ für die Praxis sein, aber auf dem Gebiet der Psychokardiologie tätige Gesund- heitspsychologen und -soziologen, Forscher sowie Kardiologen wer- den es mit großem Gewinn lesen und für ihre Arbeit nutzen können.
Karl Werdan
Jochen Jordan, Benjamin Bardé, Andreas Michael Zeiher (Editors): Contributions Toward Evidence-Based Psychocardiology. A Syste- matic Review of the Literature. American Psycho- logical Association, Washington, 2007, 373 Sei- ten, gebunden, mit Schutzumschlag, 83,99 Euro