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A Joint-Venture-Partner: Ballast oder Erfolgsgeheimnis?

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io new management Nr. 6 | 2006

Joint-Venture-Partner: Ballast oder Erfolgsgeheimnis?

Joint Venture ja oder nein? Für den geeigneten Einstieg in den indischen Markt gibt es Rezepte – eine Analyse der Empfehlungen. _

V O N J Ö R G P O D E H L , C L E M E N S P A S C H K E U N D M A T T H I A S K O C H

A

ls der indische Markt liberali- siert wurde, war eine ausländi- sche Eigentümerschaft nur stark eingeschränkt möglich. Doch mittlerweile sind in fast allen Indus- triesektoren Ansiedlungen 100-prozen- tiger Tochtergesellschaften von aus- ländischen Unternehmen zugelassen – mit wenigen Ausnahmen, beispiels- weise im Banken- und Versicherungs- sektor. Dennoch wählen gerade mittel- ständische Firmen häufig die Form eines Joint Venture, um auf dem indi- schen Markt Fuss zu fassen. Gespräche mit diesen Unternehmen zeigten, dass in der Vergangenheit zwei Gründe für den Entscheid ausschlaggebend waren:

Zum einen sind die finanziellen und personellen Ressourcen bei kleinen und mittleren Unternehmen begrenzt, so dass es häufig keine Alternative zu einem lokalen Partner gibt. Zum ande- ren bringt der indische Partner die sonst nur schwer zu erlangende lokale Markt- kenntnis und den indischen «Entre- preneurial Spirit» mit in die Gesell- schaft ein.

Joint Ventures werden zu Tochtergesellschaften

Daher haben wir 103 Leiter indischer Tochtergesellschaften von Firmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu ihren Erfahrungen befragt und sie gebeten, Empfehlungen für einen neuerlichen Markteintritt abzu- geben. In diesen Interviews raten die

Manager häufig nicht nur zu einer 100- prozentigen Tochtergesellschaft, son- dern weisen auch auf die vielen recht- lichen Aspekte hin, die Firmen andern- falls bei einem Joint Venture beachten müssen. Erkenntnisse der Peters Rechtsanwälte und aus der Studie

«Erfolgsstrategien auf dem Subkon- tinent» der «Indo-German Chamber of Commerce» und der WHU – Otto Beis- heim School of Management, geben einen Überblick über die wesentlichen rechtlichen Aspekte, die bei einem Joint Venture in Indien zu beachten sind.

Die Indieneuphorie hält an, neu gegründete Unterneh- men schiessen wie Pilze aus dem Boden.

Doch wie gründet man richtig auf dem indi- schen Subkontinent? Die Befragung bei 103 Leitern indischer Tochtergesellschaften von Firmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt ein gemischtes Bild. Die Mehrheit der Befragten empfiehlt jedoch, kein Joint Venture mit einem indischen Part- ner einzugehen. Wer sich dennoch dafür entscheidet – denn eine solche Partner- schaft verspricht durchaus auch Vorteile – sollte eine betriebswirtschaftliche Analyse vornehmen und auch einige Rechtsfragen klären. Ein solider, ausgeklügelter Vertrag kann vor bösen Überraschungen schützen und verhindern, dass der indische Partner die Ausbaupläneeiner Firma kontrolliert.

overview

D R . J Ö R G P O D E H L ist Partner in der international tätigen Kanzlei Peters Rechtsanwälte in Düsseldorf (D) und leitet dort den

«German-Indian Round Table».

podehl@peters-legal.com C L E M E N S P A S C H K E , Dipl.-Kfm., ist Doktorand am Lehr- stuhl für Unternehmensfinanzie- rung der WHU und geschäfts- führender Gesellschafter des Off- shore-Outsourcing-Providers KPLS.

clemens.paschke@whu.edu M A T T H I A S K O C H , Dipl.- Kfm., ist Doktorand im Asia Center der WHU und ebenfalls geschäfts- führender Gesellschafter des Off- shore-Outsourcing-Providers KPLS.

matthias.koch@whu.edu

«Business in India» – Teil 4 Dieser Beitrag ist der vierte in einer Se- rie von Artikeln zu «Business in India».

Nach der Serie «Business in China»

(Ausgaben 11/2004 bis 12/2005 von «io new management») analysieren wir die Bedeutung des zweiten «aufstrebenden Giganten», wie die «NZZ am Sonntag»

das Land bezeichnete, für europäische Unternehmen. Die Autoren der Serie, die alle an der WHU – Otto Beisheim School of Managementim deutschen Vallendar forschen, haben in Koopera- tion mit der «Indo-German Chamber of Commerce» (IGCC) eine umfassende Studie bei 103 Leiternvon indischen Tochterfirmen deutscher, Schweizer und österreichischer Firmen durchge- führt. Die Serie «Business in India» ver- mittelt die praxisnahen und umfassen- den Erkenntnisse der befragten Füh- rungskräftein Indien. Die WHU-Studie ist unter dem Titel «Investmentguide Indien» im Schäffer-Poeschel Verlag auch als Buch erscheinen.

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52 Prozent der interviewten deut- schen, österreichischen und Schweizer Unternehmen in Indien sind heutzu- tage noch ein Joint Venture. Im Durch- schnitt bestehen diese Firmen seit 21 Jahren. Die anderen 48 Prozent der Fir- men bilden 100-prozentige, eigenstän- dige Tochterunternehmen und sind durchschnittlich seit 13 Jahren auf dem indischen Markt aktiv.

Betrachtet man die historische Ent- wicklung der Eigentumsrechte in In- dien (siehe Kasten auf Seite 24), lassen sich zwei Entwicklungen festhalten:

Einerseits haben sich viele als Joint Ven- ture gegründete Unternehmen ent- schieden, den Anteil des indischen Partners zu übernehmen, um eine 100- prozentige Tochter in ausländischer Hand zu werden. Andererseits nutzen viele Gründungswillige die Chance, direkt bei der Gründung die alleinige Eigentümerschaft zu übernehmen.

So empfehlen denn auch 63 Prozent der befragten Gesellschaften, kein Joint Venture mit einem indischen Partner einzugehen. Sie geben jedoch zu beden- ken, dass lokale Marktkenntnis, kultu- relle Vertrautheit sowie ein gutes Netzwerk gerade beim Markteintritt von grosser Bedeutung sind. Daher emp- fehlen sie, statt ein Joint Venture einzu- gehen, lieber qualifiziertes indisches Management einzustellen.

Fallbeispiel 1: Joint Venture als Einstieg

Ein anonymisiertes Fallbeispiel eines deutschen Mittelständlers aus der Elek- tronikindustrie soll einen Eindruck der potenziellen Konflikte vermitteln:

Schon lange Zeit war das Unternehmen in der Elektronikindustrie auf dem indischen Markt mit einem Verkaufs- büro aktiv. Per Zufall kontaktierte ein

kleinerer Hersteller ähnlicher Produkte im Jahr 1991 den deutschen Betrieb zwecks Bildung eines Joint Venture.

Nachdem der indische Produzent einige Repliken der Produkte des deutschen Mittelständlers zum Unter- mauern seiner Fähigkeiten präsentiert hatte, willigte der deutsche Betrieb ein, und die beiden gründeten eine gemein- same Firma. Doch schon bald musste das deutsche Mutterunternehmen feststel- len, dass der indische Partner den guten deutschen Markennamen ausnutzte, um seine Produkte zu vertreiben, ohne dabei die vereinbarten Qualitätsstandards ein- zuhalten. In der Folge häuften sich bei dem deutschen Konzern Beschwerden über die Qualität seiner Produkte. Beim indischen Partner stiess er damit nur auf Unverständnis und Desinteresse.

Mit der zunehmenden Dynamik des indischen Marktes wollte das deutsche Unternehmen am Wachstum partizi- Mitarbeiterinnen von Arvato Service , einem Joint Venture des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann und der indischen Bird Group.

Bild: Thomas Imo/photothek.net

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Vor dem Jahr 1991 waren ausländische Direktinvestitionen in Indien stark regu- liertund wurden nur auf Fallbasis zuge- lassen. Generell waren ausländische Beteiligungen auf maximal 40 Prozent des Eigenkapitals beschränkt. 1991 änderte Indien diese Richtlinien und definierte 34 Sektoren, in denen Auslän- der durch ein automatisches Genehmi- gungsverfahren – ohne fallweise Prü- fung – Beteiligungen mit bis zu 51 Pro- zent Eigenkapital erwerben konnten. Bis 1997 wurden 77 Sektoren hinzugefügt, so dass insgesamt 111 Sektoren von die- ser Regelung profitierten. Im Jahr 2000 änderte die Regierung ihre Politik und seitdem sind ausländische Direktinvesti- tionen mit bis zu 100 Prozent Eigenka-

pitalanteil erlaubt. Die indische Regie- rung erstellte jedoch gleichzeitig eine Negativlistemit Sektoren, die von die- ser Regelung ausgenommen waren.

Zudem gelten auch weiterhin Ausnah- menbei der Übernahme von indischen Unternehmen durch ausländische Inves- toren sowie für Industrien, die im beson- deren Interesse des Staatesliegen.

Zusätzlich zu der Beschränkung der Eigentumsrechte galt noch die unter ausländischen Investoren allgemein unbeliebte «Pressnote 18»: Sie unter- sagte einem ausländischen Betrieb, der bereits ein Joint Venture mit einem indi- schen Partner eingegangen war, ein wei- teres Joint Venture oder eine eigene Tochterfirma in Indien zu gründen. Da-

zu musste der bestehende Partner ein so genanntes «No Objection»-Zertifikat ausstellen – also seine Erlaubniszu der neuen Beteiligung des ausländischen Partners erteilen. Damit waren der Erpressungdes ausländischen Partners alle Tore geöffnet. Mit der «Pressnote 1 and 3» wurde Anfang 2004diese Frage neu geregelt. Ausländische Firmen benötigen heute nur noch die Zustim- mung ihres Joint-Venture-Partners, wenn sie innerhalb derselben Brancheeine weitere Tochtergesellschaft gründen wol- len. Damit hat sich die Situation für auf Nischenprodukte spezialisierte Mittel- ständler nicht geändert. Die «Pressnotes 1 and 3» stellen damit eine starke Beschränkungder Eigentumsrechte dar.

Die Entwicklung der Eigentumsrechte in Indien

io new management Nr. 6 | 2006

pieren und sein Geschäft ausbauen.

Schnell stellte sich aber heraus, dass der indische Partner weder die Ressourcen bereitstellen konnte, noch die nötige Motivation aufbrachte, um mit den Expansionsplänen mitzuhalten. Viel- mehr wollte er sein limitiertes Ge- schäftsmodell, das nur einen kleinen Produktionsbetrieb und die Konzentra- tion auf den Vertrieb vorsah, fortsetzen.

Nach zähen Verhandlungen gelang es dem deutschen Unternehmen schliess- lich, seinen Anteil an dem Joint Venture auszubauen, bis es seinen Partner letzt- lich im Jahr 2000 komplett auskaufte.

«Am Ende des Tages hat das Joint Ven- ture uns viel Geld gekostet und unser Wachstum gebremst. Der allgemein gelobte anfängliche Vorteil der besseren Marktkenntnis und des Zugangs zu den Behörden war schnell aufgebraucht, da- nach hat uns der indische Partner be- wusst ausgenutzt», warnt der Managing Director des Unternehmens.

Fallbeispiel 2: Konflikte bei der Übernahme

In einem anderen Fall hat bei einer Übernahme des europäischen Joint-

Venture-Partners durch ein anderes Unternehmen der indische Joint-Ven- ture-Partner jüngst behauptet, dass dieser Fall einem Verkauf der Joint-Ven- ture-Anteile an einen Dritten ent- spreche. Damit hätte dem indischen Joint-Venture-Partner ein Vorkaufs- recht an den Gemeinschaftsanteilen des europäischen Teilhabers zugestanden.

Die Übernahme des Partners ist selbst- verständlich einem solchen Fall nicht gleichzustellen. Trotzdem hat der indi- sche Partner diesen Fall aus taktischen Gründen zum Gegenstand eines langen, sehr unangenehmen Rechtsstreits in Indien gemacht. Es empfiehlt sich daher die Aufnahme einer so genannten nega- tiven «Change of Control»-Klausel, die sicherstellt, dass die Übernahme eines Partners das Vorkaufsrecht nicht aus- löst.

Um diese Schwierigkeiten mit einem Joint-Venture-Partner zu um- gehen, empfiehlt daher die Mehrheit der befragten Unternehmen, lieber auf ein indisches Management zu setzen, das bereits über ausgeprägte Auslands- erfahrung verfügt – vor allem in Europa und Nordamerika. Diese Erfah- rung ist wichtig, damit das indische

Management mit dem Führungsver- halten und Ansprüchen des westli- chen Mutterunternehmens vertraut ist.

So rät ein Managing Director eines führenden deutschen Chemieunter- nehmens, erfahrene Inder zu suchen und diese ein Jahr nach Deutschland zu schicken, um ihnen den deutschen Weg des «Doing Business» und der Produk- tion zu zeigen. Gleichzeitig können Unternehmen dabei auch die Loyalität ihres Angestellten testen. Daneben ist es wichtig, Indern das deutsche Verständ- nis von Compliance zu vermitteln, da dieses sehr stark vom indischen Ver- ständnis abweicht.

Aber es gibt auch andere Stimmen.

Für Indien gilt: «All business is local».

So empfehlen auch 37 Prozent der befragten Unternehmen, einen lokalen Joint-Venture-Partner zu bevorzugen.

Da kann ein verlässlicher dynamischer einheimischer Joint-Venture-Partner für eine deutsche Firma einen fliegen- den Start in Indien bedeuten. Vor allem der Umgang mit den Behörden oder der Erwerb von Genehmigungen und Grundstücken lässt sich dadurch er- leichtern. Umgekehrt profitiert der indi-

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sche Teilhaber oft vom technischen Know-how des deutschen Geschäfts- partners.

Fallbeispiel 3: Steigerung des Werts dank Börsengang

Einige Unternehmen haben auch äus- serst positive Erfahrungen mit über Jahren hinweg erfolgreichen Joint Ven- tures gemacht. Dazu gehört ein Her- steller von Spezial-Isolierungen. Der indische Partner war zwischenzeitlich zu einem grossen börsenkotierten Unternehmen herangewachsen. Die beiden kamen überein, das Joint Ven- ture auf die börsenkotierte indische Partnergesellschaft zu übertragen und dem deutschen Partner eine Minder- heitsbeteiligung an dieser Gesellschaft zu überlassen. Der Wert dieser Beteili- gung hat sich in nur einem Jahr wegen des Börsenbooms in Indien um fast 400 Prozent gesteigert.

Fallbeispiel 4: Von bekannten Markennamen profitieren

Eine weitere bis heute einzigartige Erfolgsgeschichte für ein deutsch-indi-

sches Joint Venture ist die Firma Bajaj Allianz. Das Versicherungsunterneh- men Allianz hätte keine Chance gehabt, das Vertrauen der Bevölkerung ohne einen indischen Partner zu gewinnen.

Es beteiligte sich mit 26 Prozent an einem neu gegründeten Joint Venture mit der Firma Bajaj Auto – Indiens grösstem und bekanntestem Zweirad- hersteller – und erhielt die Manage- mentkontrolle über die Gemein- schaftsunternehmen. Ein Grund für diese eigenartige Kombination war, dass die Inder mit dem bekannten Mar- kennamen Bajaj Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit assoziieren – ein grosser Vorteil also, vor allem im Finanzbereich.

Es sind gerade die Kontakte indi- scher Partner, die für viele ausländische Firmen besonders wertvoll sind. Ein Geschäftsführer eines Tochterunter- nehmens bemerkt in diesem Zusam- menhang: «Für den Mittelstand ist es schwierig, den richtigen Partner zu fin- den. Die Inder sind heute schon sehr stark und protektionistisch. Ein New- comer ohne Partner ist oft wie ein klei- nes Tier in einem Löwenkäfig.» Hinzu kommt, dass Joint Ventures in manchen

Industrien staatlich gefördert werden und Steuervorteile von bis zu 10 Prozent erhalten – im Gegensatz zu 100-prozen- tigen Töchtern. Eine klare, allgemeine Empfehlung für oder gegen ein Joint Venture lässt sich daher nicht abgeben.

Die Firmen müssen diese Entscheidung von Fall zu Fall treffen.

Weitsichtige Partnerwahl

Für die Unternehmen, die sich für die Gründung eines Joint Ventures mit einem indischen Partner entscheiden, steht neben betriebswirtschaftlichen Entscheidungen auch die Klärung einer Reihe von praktischen Rechts- fragen an. Als Grundlage für die Bil- dung eines Joint Ventures müssen min- destens drei Rechtsdokumente erar- beitet werden:

1. Der Joint-Venture-Vertrag.

2. Die «Articles of Association».

3. Das «Memorandum of Association».

Der Joint-Venture-Vertrag ist quasi das «Grundgesetz» des Gemeinschafts- unternehmens. Hier werden sämtliche Rechte und Pflichten der Partner, die Ziele des Joint Ventures, die Entschei-

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Auf folgende Punkte sollten Firmen im Joint-Venture-Vertrag besonders achten:

Kapitaleinlage und Verwendung «No-Objection»-Regel

«Negative Change of Control-Klausel»

Verwendung von Namens- und Schutz- rechten

Rechtswahlklausel

Verwaltungsstruktur und Leitung der Joint-Venture-Gesellschaft

Benennung des Abschlussprüfers Festlegung eines Jahresbudget- und

Strategieplans Informationsrechte

Dividenden und Ausschüttungen

Geschäfte, die der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen

Anteilsübertragung

Übernahme der Gründungskosten Aufgaben der Partner bei der Unter-

stützung der Joint-Venture-Gesellschaft Kündigung des Joint-Venture-Vertrages, zum Beispiel wegen Vertragsbruchs oder wegen mangelnden wirtschaftli- chen Erfolgs

Einholung von Genehmigungen Streitbeilegung durch ein Schiedsge-

richt

Schutz von Know-how und Namens- rechten

Checkliste Joint-Venture-Vertrag

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dungsbefugnisse der Partner und die Willensbildung innerhalb der Gesell- schafterrunde festgelegt. Die «Articles»

entsprechen der Gesellschaftssatzung und das «Memorandum» stellt eine Gründungsurkunde dar, die den Gesell- schaftszweck beschreibt. Die Partner können die Inhalte dieser Dokumente schon im Joint-Venture-Vertrag regeln.

Möglich ist auch, den Joint-Venture- Vertrag statt dem indischen dem schweizerischen oder dem deutschen Recht zu unterstellen. Hierzu ist eine so genannte Rechtswahlklausel nötig, in der die Beteiligten ausdrücklich festle- gen, welches Recht für den Joint-Ven- ture-Vertrag gilt. Dagegen müssen die

«Articles of Association» und das

«Memorandum of Association» dem indischen Recht unterstellt werden, da das Joint Venture in Indien tätig werden soll und dies zwingend nur in der Form einer Gesellschaft nach indischem Recht geschehen kann. Hierbei handelt es sich um formale Akte mit wenig Gestaltungsspielraum.

Vertraglich vorsorgen

In der Praxis fassen Anwälte die Ver- tragstexte oft sehr umfangreich ab und schreiben auch – aus kaufmännischer Sicht – nicht regelungsbedürftige Punk-

te ausdrücklich auf. Dadurch lassen sich aber viele Streitigkeiten im späteren Geschäftsbetrieb vermeiden.

Dieses eher aufwändige Verfahren geht zurück auf die aus dem englischen Rechtssystem übernommene «Plain Meaning Rule», wonach bei der Ausle- gung eines Vertrages sehr eng an seinem Wortlaut gehaftet wird. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, können gewisse Vertragsklauseln sehr vorteil- haft sein (siehe Checkliste auf dieser Sei- te). Denn auf die indische staatliche Gerichtsbarkeit sollte man sich besser nicht verlassen. Die Mühlen der Ge- richtsbarkeit mahlen hier noch langsa- mer als in vielen europäischen Staaten.

In den 21 indischen High Courts sind derzeit mehr als drei Millionen Ge- richtsfälle anhängig, wovon mehr als 650 000 bereits über zehn Jahre auf eine Entscheidung warten. In jeden Joint- Venture-Vertrag gehört daher eine Ver- einbarung über ein privates Schiedsge- richt als Alternative zu den High Courts.

Viele, vor allem mittelständische Unternehmen, haben Angst vor Schutz- rechtsverletzungen und einem Verlust ihres Know-hows in Indien. Doch auch hier gibt es vertragliche Möglichkeiten, um sich zu schützen. Indien ist in der jüngsten Zeit wichtigen internationalen Abkommen zum Know-how-Schutz

beigetreten. Der rechtliche Schutz von geistigem Eigentum ist in Indien im Ver- gleich zu anderen Emerging Markets vergleichsweise hoch. Wichtig ist es, all- fällige Verstösse schnell aufzudecken und rigoros dagegen vorzugehen. Mit Hilfe einstweiliger Verfügungen («In- junctions») lassen sich solche Verstösse inzwischen jedoch erfolgreich bekämp- fen. Das Problem ist, dass viele Unter- nehmen nachlässig mit ihren Namens- und Schutzrechten umgehen, und den indischen Partnern bereits vor Ab- schluss eines Joint-Venture-Vertrages gestatten, diese Rechte zu nutzen. Im Streitfall müssen die Firmen sie müh- sam wieder zurückerwerben und erkämpfen.

Schnelle Rechtsentwicklung

Unbedingt notwendig ist auch eine so genannte «No Objection»-Regelung, die dem europäischen Joint-Venture-Part- ner die Möglichkeit einräumt, auch aus- serhalb des Joint Ventures Geschäfte in Indien zu machen (siehe Kasten auf Sei- te 24). Hintergrund ist die indische Spe- zialregelung «Pressnote 1 and 3»

(früher «Pressnote 18»), nach der aus- ländische Firmen auch heute noch die Zustimmung ihres Joint-Venture-Part- ners benötigen, wenn sie innerhalb der- selben Branche ein weiteres Unterneh- men starten wollen. Dafür benötigt der deutsche Unternehmer von seinem indischen Joint-Venture-Partner ein so genanntes «No Objection Certificate».

Möglich ist auch, bereits im Joint-Ven- ture-Vertrag zu vereinbaren, dass die Partner in neuen Geschäften ausserhalb des Joint Venture nicht beschränkt sein sollen. An diese wichtige Vereinbarung muss jedes ausländische Unternehmen denken, das in Indien ein Joint Ventu- re eingeht. Firmen müssen sich aber auch bewusst sein, dass die Einzelhei- ten komplex sind und die Rechtsent- wicklung in Indien derzeit sehr schnell

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Charme als

Verhandlungstaktik

Oft führen aber nicht Rechtsfragen, son- dern die räumliche Distanz, die damit erschwerte Kommunikation und die nicht zu unterschätzenden Kultur- unterschiede zu Missverständnissen und Streit. Gerade die Verhandlungs- kultur in Indien unterscheidet sich sehr stark von der in Deutschland oder der Schweiz. Ein Geschäftsführer einer deutschen Tochtergesellschaft warnt:

«Inder sind Charmeure, viele Menschen lassen sich davon beeinflussen.» Gleich- zeitig können Inder knallharte Ver- handlungspartner sein, denen sich der europäische Gegenpart oft nicht mit der entsprechenden Härte entgegenstellt.

Ist der passende Partner einmal gefunden, muss das «Foreign Invest- ment Promotion Board» (FIPB) die Tätig- keit des Joint Ventures in vielen Fällen vor der Aufnahme der Geschäftstätig- keit genehmigen. Ein Geschäftsstart ohne eine solche Genehmigung ist ein klarer Verstoss gegen indisches Recht.

Da die indischen Geschäftspartner dies nicht immer so eng sehen, sollten ausländische Firmen zu ihrer eigenen Sicherheit auch hier den Genehmi- gungsprozess selbst in die Hand neh- men. All diese Erfahrungen fasst der fol- gende Satz zusammen: «In Indien dau- ert es 88 Tage, um eine Gesellschaft zu gründen und 11 Jahre, um sie wieder abzuwickeln.» Daher sollten ausländi- sche Geschäftsleute den Partner äusserst sorgfältig auswählen und die Art der Geschäftsführung, die Strategie sowie die vertragliche Grundlage detailliert erarbeiten. Unternehmen, die sich dafür nicht stark genug fühlen, sollten dage- gen weiterhin auf Handelsvertreter oder Vertragshändler setzen.

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