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Solare Nahwärme - eine Option für die zukünftige Energieversorgung im Siedlungsbereich (1998) - PDF ( 1.4 MB )

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Überblick

Nach der erfolgreichen Erprobung von kleineren solarunterstützten Nahwärme- projekten in der ersten Hälfte der neun- ziger Jahre in Deutschland gingen Ende 1996 in Hamburg und Friedrichshafen die ersten solaren Großanlagen mit Langzeit-Wärmespeicher und Ende 1997 in Neckarsulm die erste Anlage mit Erd- sonden-Wärmespeicher in Betrieb; eine vierte solarunterstützte Nahwärmever- sorgung mit einem Kies/Wasser-Wärme- speicher wurde in der zweiten Hälfte 1998 in Chemnitz fertig gestellt. Damit wurde erreicht, was über Jahre hinweg utopisch erschien – mit Sonnenenergie aus dem Sommer Gebäude im Winter zu beheizen.

Trotz Kostenreduktion bei kleinen Anla- gen bleiben große Solaranlagen minde- stens doppelt so wirtschaftlich. Bei glei- cher Investitionssumme vermeiden Großanlagen etwa zwei- bis dreimal mehr klimaschädliche CO2-Emissionen als Kleinanlagen.Die Anlage in Frie- drichshafen kostete 1.100 DM pro m2 Kollektorfläche einschließlich Langzeit- Wärmespeicher (11.000 DM pro Woh- nung) und deckt knapp 50% des Jahres- wärmebedarfs für Heizung und Warm- wasser. Die Investitionskosten der Anla- ge in Neckarsulm liegen bereits etwa 20% niedriger; die Wärmepreise liegen zwischen 300 und 500 DM/MWh.

Small-scale solar-assisted district heating was successfully demonstrated in Ger- many in the first half of this decade.

Large-scale systems with long-term ther- mal storage went into operation in Hamburg and Friedrichshafen at the end of 1996, and the first system with ground probe thermal storage in Neckars- ulm at the end of 1997; a fourth instal- lation with pebble/water thermal stora- ge will become operational in the se- cond half of 1998 in Chemnitz. What appeared utopian for many years beca- me thus reality – space heating in Winter with solar energy gathered in Summer.

Large solar installations are at least twice as cost-effective as small systems inspite of cost reduction achieved. Large sy- stems avoid about two to three times more CO2-emissions than small systems, based on the same amount of monetary investment. The system in Friedrichsha- fen cost 1.100DM per m2of collector in- clusive long-term heat storage (or 11.000 DM per apartment) and covers nearly 50% of annual space heating and warm water demand. The investment costs in Neckarsulm are already about 20% lower; the specific cost for heat ranges between 300 and 500 DM/MWh.

1. Einleitung

Solaranlagen mit Kurzzeit-Wärmespei- cher dienen vorwiegend der Brauch- warmwasserbereitung und können nur etwa 10-20% des jährlichen Ge- samtwärmebedarfs eines Gebäudes oder einer Wohnsiedlung decken. Das

„Kosten/Nutzen-Verhältnis“ ist bei großen Solaranlagen (>100 m2) etwa zwei- bis dreimal günstiger im Ver- gleich zu kleinen Anlagen (<10 m2) zur Brauchwassererwärmung. In Ab- bildung 1 ist das Verhältnis von Inve- stitionskosten der Solaranlage zum jährlichen solaren Nutzenergieertrag dargestellt.

Ein solarer Beitrag von 50-70% am Gesamtwärmebedarf und damit großer Deckungsbeitrag zur Raumhei- zung kann nur durch den Einsatz von Langzeit-Wärmespeichern erzielt wer- den. Hierbei steigt das Verhältnis der Investitionskosten zum jährlichen sola- ren Energieertrag an [1].

Aus Sicht der Substitution von fossilen Energien und der Verringerung der CO2-Emissionen ist der Einsatz von Sonnenenergie mit saisonaler Wärme- speicherung einer der interessantesten Anwendungsbereiche. Abbildung 1 zeigt, daß selbst die Großanlagen mit Langzeit-Wärmespeicher (f > 50%) im Vergleich zu den Kleinlagen zur Brauchwassererwärmung (f < 15%) ein günstigeres Kosten/Nutzen-Ver- hältnis aufweisen.

2. Von der Utopie zur Realisierung Ende 1996 gingen in Hamburg und Friedrichshafen die ersten solaren Großanlagen mit Langzeit-Wärme- speicher in Deutschland in Betrieb.

Damit wurde ein Ziel erreicht, das über viele Jahre hinweg utopisch erschien:

Häuser im Winter mit Sonnenwärme aus dem Sommer zu beheizen. Auf diesem Weg spielten eine Reihe von Faktoren eine entscheidende Rolle:

• Die Entwicklung der Kollektortech- nik zu großen Modulen, die in großen Feldern rationell und mit minimalem Verrohrungsaufwand zusammen geschaltet werden kön- nen. Bei Flächen über 200 m2kön- nen heute Kollektorfeldkosten von 400-500 DM/m2inklusive Montage und Verrohrung bis zum Rand des

Solare Nah- wärme – eine Option für die zukünftige Energiever- sorgung im Siedlungs- bereich

von Manfred Norbert Fisch

Prof. Dr.- Ing. Manfred Norbert Fisch ist Leiter des Instituts für Gebäude- und Solartechnik (IGS) im Fachbereich Architektur an der Technischen Universität Braunschweig und Leiter des Steinbeis-Transferzentrums für Energie-, Gebäude- und Solartechnik (EGS), Stuttgart.

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Feldes erreicht werden (Abbildung 2). Die neuen Solardach-Konzepte ermöglichen eine weiter verbesser- te Integration und noch niedrigere Kosten.

• Die Entwicklung von Konzepten für kostengünstige Langzeit-Wärme- speicher und ihre erfolgreiche Er- probung. Im Vergleich zu den er- sten Machbarkeitsstudien Mitte der achtziger Jahre (Projektstudien Mannheim und Wolfsburg) konn- ten die Kosten für Heißwasser-Erd- beckenspeicher um einen Faktor 3 auf unter 250 DM/m3 bei 10.000 m2Speichervolumen gesenkt wer- den (Abbildung 3). Eine Weiterent-

wicklung dieses Speichertyps mit nahezu wasserdampfdichtem Be- ton ohne eine Edelstahlauskleidung verspricht weitere 20% geringere Baukosten [2].

Die Verbesserung des Wärmeschutzes von Neubauten (25% unter den Grenzwerten der WSVO ‘95) führte dazu, daß heute nur noch etwa 10 m2 Kollektorfläche notwendig sind, um 50% des jährlichen Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser einer Woh- nung zu decken. Selbst bei einem vier- geschossigen Mehrfamilienhaus be- deutet dies, daß gerade noch die Hälf- te der Dachfläche mit Sonnenkollekto- ren belegt werden muß.

Durch eine intensive und freund- schaftliche Zusammenarbeit mit Kolle- gen aus Schweden und Dänemark konnte das dort vorhandene Know- how genutzt und die Technik mit ent- sprechenden Modifikationen in Deutschland in wenigen Jahren auf den heutigen Stand gebracht werden.

Schließlich machte erst die hervorra- gende Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken, Wohnungsbau-Unter- nehmen, kommunalen Entscheidungs- trägern und Institutionen, Architekten und Fachplanern – und die kluge För- derpolitik des BMWi im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Solarther- mie 2000“ – die erfolgreiche Umset- zung der Konzepte und Ideen in funk- tionierende Projekte möglich. Durch das Zusammenwirken dieser Personen und Faktoren konnte die Tür zum

„Heizen mit der Sonne“ im nächsten Jahrhundert aufgestoßen werden.

3. Kollektortechnik – vom Modul zum Kollektordach

Als die ersten Vorprojekte zur solaren Nahwärmeversorgung zu Beginn der neunziger Jahre in Ravensburg und Köngen gebaut wurden [3, 4], waren auf dem Markt nur Modulkollektoren mit den entsprechenden Eindeckrah- men für die Dachintegration verfüg- bar. Für das erste Projekt eines Kollek- tordaches mit ca. 115 m2 Kollektor- fläche in Ravensburg modifizierte die Firma Wagner&Co., Marburg, ihr Selbstbausystem und baute den Kol- lektor vor Ort zusammen.

Vorhandene Großkollektoren wurden für die zweite Anlage in Ravensburg so modifiziert, daß über zwei überein- ander angeordnete Kollektorreihen eine gemeinsame dichte Ebene aus Glasscheiben mit entsprechenden Ver- bindungsprofilen montiert werden konnte; dadurch konnten Zwi- schenbleche entfallen. Die Kollektor- anlage des Projektes in Hamburg- Bramfeld wurde von der Firma Wag- ner & Co nach einem ähnlichen Sy- stem aufgebaut.

Ein weiteres System für die Kombinati- on von großen Kollektormodulen er- richtete die Firma Paradigma, Karls- bad, zum ersten Mal 1993 in Neckar- sulm (Abbildung 4). Die Kollektoren werden übereinander mit minimalem Abstand angeordnet, so daß die Abbildung 1: Kosten/Nutzen-Verhältnis für solarthermische Klein- und Großanla-

gen (f = solarer Deckungsanteil)

Abbildung 2: Kosten von größeren Kollektorfelder bezogen auf die Kollektor- fläche

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Fugen durch eine überlappende Gum- midichtung abgedeckt werden. Dieses System wurde auch auf einem Gebäu- de in Friedrichshafen installiert; es stellt in diesem Projekt sicherlich die gelungenste Integration in die Archi- tektur dar (Abbildung 5). Es wird außerdem in dem Projekt „Brenz- straße“ in Stuttgart auf zwei Dächern mit einer Fläche von 400 m2installiert.

Die Kosten für diese Kollektorfelder betragen ca. 450 DM/m2 inklusive Montage und Verrohrung auf dem Dach (Tabelle 1); weitere Informatio- nen zu den ersten solarunterstützten Nahwärme-Versorgungsanlagen in Deutschland sind in [5] bis [9] zusam- mengestellt.

Sehr günstige Kosten von ca. 350 DM/m2 (Kollektorfeld und Montage) lassen sich mit Großkollektoren errei- chen, die auf Stahlgerüsten installiert werden; rechnet man allerdings die notwendigen Unterkonstruktionen hinzu, ist diese Variante mit etwa 500 DM/m2am teuersten.

Von drei Herstellern in Deutschland werden inzwischen komplette Kollek- tordächer angeboten, die in einem Bauteil Dachsparren, Wärmedäm- mung, Solarkollektor und Dachdich- tung vereinigen. Dieses Konzept ist ideal für große zusammenhängende Dachflächen, da es als ein Bauteil aus einer Hand viele Schnittstellenproble- me vermeidet und optimal in die Ar- chitektur integriert werden kann; es spart außerdem sehr viel Montagezeit.

Ein komplettes Dach mit 200 m2wird an einem Tag montiert, ein weiterer Tag wird für die Anschlüsse benötigt.

Die Kosten für ein fertiges Dach betra- gen 500 bis 600 DM/m2; davon kön- nen aber rund 200 DM/m2für das ein- gesparte Normaldach gutgeschrieben werden; die tatsächlichen Kosten be- ragen nur noch 300 bis 400 DM/m2, selbst bei den bisher installierten rela- tiv kleinen Flächen. Das Solardach wird auch in einer „light version“

ohne die tragfähigen Dachsparren ge- liefert und kann dann auf einem be- reits vorhandenen Unterdach aufge- setzt werden. Dabei entfallen jedoch die Kostenvorteile, da der prinzipielle Aufbau nicht einfacher ist und nur die Abbildung 3: Speicherkosten von verschiedenen projektierten und ausgeführten

Langzeit-Wärmespeichern

Abbildung 5: Kollektorfelder auf dem Block 4 in Friedrichshafen-Wiggen- hausen (1996)

Abbildung 4: Dachintegrierte Kollektorflächen auf den Mehrfamilienhäusern in Neckarsulm-Amorbach (1993/94) [2]

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pro Jahr genutzt wird, werden zwi- schen 1,5 (Hamburg) und zwei m3 (Friedrichshafen) Wasser pro m3Kol- lektorfläche für die Speicherung benötigt. Die Speicher nehmen daher viel Raum in Anspruch und müssen trotzdem kostengünstig hergestellt werden können. Grundsätzlich sind geologische Voruntersuchungen (Stu- dium der geologischen Karten, Probe- bohrungen) am geplanten Speicher- standort erforderlich. Wasserschutz- gebiete und große Grundwasserströ- mungen (> einige hundert m pro Jahr) scheiden für den Bau eines ober- flächennahen Langzeit-Wärmespei- chers aus.

Folgende Kriterien bestimmen die Wahl des Speicherkonzepts:

• Die spezifischen Wärmeverluste nehmen mit zunehmender Größe des Speichers ab. Kleine Speicher können nur mit einer Wärmedäm- mung gebaut werden, sehr große auch ohne (ab ca. 30.000 m3 bei Wasserspeichern und 100.000 m3 bei Erdsonden- oder Aquiferspei- chern).

• Die volumenbezogenen Baukosten nehmen mit zunehmender Größe ab. Heißwasserspeicher können ab einem Volumen von 10.000 m3für weniger als 250 DM/m3gebaut wer- den.

• Die Integration in das Wohngebiet muß möglich sein. In der Regel muß der Speicher zum großen Teil unter- irdisch angelegt werden; dazu ist ein geeigneter Untergrund notwendig, in dem sich der Speicher kosten- günstig errichten läßt. Bei Erd- becken-Wärmespeichern sollte im Hinblick auf niedrige Baukosten eine Geländeüberhöhung von einigen Metern zugelassen werden und ein hoher Erdmassenausgleich ange- strebt werden.

• Die Anpassung des Speichervolu- mens an den Bebauungsfortschritt ist wünschenswert. Ein Speicherkon- zept, das stufenweise erweiterbar ist, wie z.B. ein Erdsondenspeicher, ist vorteilhaft bei schrittweisem Aus- bau des Wohngebietes.

Sparren eingespart bzw. verkleinert werden. Dieses System wurde auf der Grundschule in Neckarsulm-Amorbach eingesetzt (Abbildung 6).

4. Langzeit-Wärmespeicher – der entscheidende Baustein

Der Langzeit-Wärmespeicher macht erst die Speicherung der Sonnenwär- me und Verschiebung aus dem Som- mer für in den Winter möglich; ohne Speicher kann man einen Deckungs- anteil von über 50% am Gesamtwär- mebedarf mit vertretbarem Aufwand nicht erreichen. Da jeder Kubikmeter Speichervolumen nur ein- bis zweimal

Kollektorsystem/Hersteller Projekt Fläche Kosten

m2 DM/m2

Dachintegrierter Modulkollektor/z.B. Paradigma, Karlsbad Neckarsulm Amorbach 1 700 Friedrichshafen Block 4 685

Brenzstraße, Stuttgart 400 450,- Neckarsulm Amorbach 2 385

z.B. Wagner&Co., Marburg Hamburg Bramfeld 3.000

z.B. Solar Diamant, Wettringen Burgholzhof, Stuttgart 1.674

Aufgeständerter Flachkollektor/ Friedrichshafen Block 1-3 2.015 370,-

z.B. ARCON, Dänemark Neckarsulm 2, Ladenzentrum 444 330,-

Neckarsulm 2, Sporthalle 1.200 320,-

z.B. Sonnenkraft, Österreich Aufständerung ca. 150,-

Solardach/ Brenzstraße 160

z.B. Wagner&Co., Marburg Rohr 160 412,-

z.B. SET, Altlußheim Fellbach 2x90

Dachkonstruktion (bezogen auf die Kollektorfläche) ca. 180,-

Tabelle 1: Kosten von Großkollektorfeldern (Orientierungspreise ausgeführter Projekte)

Abbildung 6: Montage des „Kollektordaches“ auf der Grundschule Neckarsulm- Amorbach

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einem im Mittel um 8-10% geringe- ren Kollektorertrag als wenn das Heiz- wasser aus dem Haus direkt in den Kollektor geleitet würde. Niedrige Rücklauftemperaturen sind daher sehr wichtig für den Wirkungsgrad der So- laranlage, insbsondere aber auch für Anlagen mit Langzeit-Wärmespeicher:

der Speicher kann nicht unter die Rücklauftemperatur abgekühlt werden und bereits eine Erhöhung um 5K führt zu einer Reduzierung der Spei- cherkapazität im Mittel um etwa 10%.

Abbildung 8 zeigt eine Luftaufnahme der Hamburger Siedlung; sie besteht aus 124 Reihenhäusern mit dachinte- grierten Kollektorfeldern. Das Gebiet in Friedrichshafen setzt sich aus 8 vier- stöckigen Gebäudeblöcken mit ca.

5. Systemtechnik – solarunterstützte Nahwärmeversorgung mit Lang- zeit-Wärmespeicher

Nach der erfolgreichen Realisierung der oben genannten Projekte wurden im Rahmen des BMWi-Förderpro- gramms „Solarthermie 2000“ (Teilpro- gramm 3 „Solare Nahwärme“) in den letzten Jahren eine Reihe von solar- unterstützten Nahwärmesystemen mit Langzeit-Wärmespeicher gebaut ([6]

bis [10]) . Die ersten beiden Anlagen sind seit Ende 1996 in Friedrichshafen- Wiggenhausen und Hamburg-Bram- feld mit Heißwasser-Wärmespeichern in Betrieb. Eine dritte Anlage in Neck- arsulm-Amorbach mit einem Erdson- den-Wärmespeicher wurde im Okto- ber 1997 eingeweiht. In einem vierten Projekt in Chemnitz wurde ein Kies/Wasser-Wärmespeicher einge- setzt, der in der zweiten Hälfte 1998 in Betrieb geht [16, 17].

Pilotprojekte „Friedrichshafen-Wiggen- hausen“ und „Hamburg-Bramfeld“

Abbildung 7 zeigt das Systemschema der solarunterstützten Nahwärmever- sorgung in Friedrichshafen-Wiggen- hausen (die Anlage in Hamburg-Bram- feld ist technisch sehr ähnlich ausge- führt). Die Solarkollektoren auf den Hausdächern werden von der Heiz- zentrale aus mit einem Wasser/Glykol- gemisch betrieben. Die Kollektor- flächen sind so verschaltet, daß die Anlage mit einem Durchfluß von ca.

14 l/m2 h, also mit geringen Durch- flußgeschwindigkeiten, betrieben wer- den kann.

Der Kollektorkreis wird in der Heizzen- trale über einen Wärmetauscher in den Speicherladekreis eingekoppelt.

Das Speicherwasser bildet ein geschlossenes System und wird von den Sonnenkollektoren auf Tempera- turen von 40-90˚C erwärmt. Über einen weiteren Wärmetauscher in der Heizzentrale wird der Speicher ins Nahwärme-Verteilnetz entladen.

Insgesamt muß die Wärme auf ihrem Weg vom Kollektor bis in das Verteil- system im Haus dreimal einen Wärme- tauscher passieren, bei dem sie jedes- mal zwischen 3 und 8K an Temperatur verliert bzw. die Rücklauftemperatur entsprechend erhöht. Diese Tempera- turerhöhung um 10-15 K führt zu

Abbildung 7: Systemschema der Solaranlagen mit Langzeit-Wärmespeicher in Friedrichshafen-Wiggenhausen

570 Wohneinheiten, zusammen;

davon wurden im 1. Bauabschnitt die Hälfte errichtet (Abbildung 9). Die Pla- nungsdaten der Wohngebiete, die Kli- maverhältnisse am Standort und die Auslegungsparameter der Solaranla- gen sind in Tabelle 2 zusammenge- stellt.

Abbildung 10 zeigt schematisch den Wärmespeicher in Friedrichshafen, dessen Decke durch die Ausbildung als Kegelstumpf selbsttragend ist und gegenüber dem Speicher in Hamburg (flache Decke) ohne Stützen aus- kommt. Abbildung 11 zeigt den Spei- cher in Wiggenhausen (Volumen 12.000 m3) während der Bauphase. Er besteht aus einer Tragkonstruktion aus Abbildung 8: Luftaufnahme der Hamburger Siedlung in Bramfeld (124 Reihen- häuser)

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Stahlbeton mit einer außenliegenden Wärmedämmung aus Mineralfaser.

Die Dämmung ist nur im Bereich der senkrechten Wände (ca. 30 cm) und im Bereich der Decke (ca. 40 cm) an- gebracht. Die Innenseite des Beton- behälters ist mit einem 1,2 mm star- ken Edelstahblech dampfdiffussions- dicht ausgekleidet. Die volumenbezo- genen Baukosten liegen bei 240 DM/m3.

Die Brennstoff-Kennzahlen (jährlicher Brennstoffverbrauch pro m2 Wohn- fläche) betragen für das Projekt Ham- burg 58 kWh/(m2a) und für das Pro- jekt Friedrichshafen 55 kWh/(m2a). Die Investitionskosten für das komplette Solarsystem betragen in Friedrichsha- fen rund 11.000 DM pro Wohnein- heit. Die solaren Wärmepreise liegen ohne Förderung bei ca. 30 Pf/kWh (Friedrichshafen) und rd. 50 Pf/kWh (Hamburg) und damit doppelt so hoch wie bei großen Systemen ohne Lang- zeit-Wärmespeicher. Dies macht deut- lich, daß ein Bedarf an günstigen Spei- cherkonzepten besteht und hier wei- tere Forschungs- und Entwicklungsar- beit geleistet werden muß. Erste Be- triebserfahrungen und Meßergebnisse dieser ersten solarunterstützten Nahwärmeversorgungsanlagen mit Langzeit-Wärmespeicher sind in [11]

bis [13] beschrieben.

Pilotprojekt „Neckarsulm-Amorbach“

Das Schema der solarunterstützten Nahwärmeversorgung mit einem Erd- sonden-Wärmespeicher für das Neu- bau-Wohngebiet in Neckarsulm- Amorbach 2 ist in Abbildung 12 dar- gestellt (1. Ausbaustufe); im Endaus- bau (1.200 Wohneinheiten) sind eine Kollektorfläche von 15.000 m2und ein Erdsonden – Wärmespeicher mit einem Volumen von 150.000 bis 175.000 m3 geplant. Im Oktober 1997 wurde der erste Bauabschnitt mit einer Kollektorfläche von 2.700 m2 und rd. 20.000 m3 Erdsonden-Wärme- speicher (136 Sonden je 30 m tief) eingeweiht; bis Ende 1999 ist eine Er- weiterung auf 57.000 m2 Kollektor- fläche und 55.000 m3 Speichervolu- men geplant [10].

Abbildung 9: Erster Bauabschnitt der Siedlung mit Mehrfamilienhäusern in Fried- richshafen-Wiggenhausen

Abbildung 10: Schnitt durch den Heißwasser-Wärmespeicher in Friedrichshafen- Wiggenhausen (Volumen 12.000m3)

Abbildung 11: Langzeit-Wärmespei- cher Friedrichshafen-Wiggenhausen im Bau

(7)

Für die Anlage in Neckarsulm wurde ein neues Wärmeverteil- und -sammel- system entwickelt, das den spezifi- schen Anforderungen dieses Bauge- biets besser angepaßt ist. Da der Erd- sonden-Wärmespeicher in noch stär- kerem Maße niedrige Rücklauftempe- raturen als ein Wasserspeicher erfor- dert, muß die Anzahl der Wärmetau- scher minimert werden. Das Baugebiet ist ausgedehnt und wird in mehreren Schritten ausgebaut; das System muß daher leicht erweiterbar sein. Neben dem neuen Speichertyp (Erdsonden) wurde erstmals ein vorgefertigtes SOLAR-ROOF-Solardach in einer größeren Dachfläche – im Rahmen des Neubaus der Grundschule Amorbach – eingesetzt (Abbildung 6 und 13). Die Gesamtkollektorfläche von 2.700 m2 der ersten Ausbaustufe wurden auf der Grundschule selbst, der Sporthal- le, dem Ladenzentrum, auf dem Seni- orenwohnheim sowie auf zwei Mehr- familienhäusern untergebracht. Die Gesamtkosten betragen rd. 12.000 DM pro Wohneinheit (ohne Einrechnung der Förderung).

Analog zur Hausübergabestation für Fernwärme erhalten die Kollektor- flächen der Häuser eine sogenannte Solarübergabestation, über die die So- larwärme in das Netz eingespeist wird (Abbildung 12). Die Solaranlage hat denselben Aufbau wie eine Anlage mit Kurzzeit-Wärmespeicher, nur daß das Netz den Kurzzeitspeicher ersetzt.

Die Pumpen der einzelnen Kollektor- kreise werden durch ein Signal aus der Heizzentrale gemeinsam eingeschaltet

Wohngebiet Hamburg Friedrichshafen

Gebäudetyp Reihenhäuser Mehrgeschoß

Anzahl der Gebäude/Wohnungen 124/124 8/586

Gesamte Wohnfläche m2 14.800 39.500

Wärmedämmstandard Hamburg 1992 20% unter WSVO ‘95

Gesamtgasverbrauch (Referenz ohne Solar) MWh/a 1.686 4.106

Bezogen auf Wohnfläche kWh/(m2a) 114 104

Klima

Heizgradtage K d 3.837 3.717

Globalstrahlung in Horizontalebene kWh/(m2a) 978 1.177

Solaranlage

Kollektorfläche m2 3.000 5.600

Speichervolumen m3 4.500 12.000

Vor-/Rücklauftemperatur ˚C/˚C 60/30 70/40

Gasverbrauch (mit Solar) MWh/a 860 2191

Bezogen auf Wohnfläche kWh/(m2a) 58 55

Solarer Deckungsanteil % 50 47

Tabelle 2: Auslegungsdaten der Wohngebiete und Solaranlagen in Friedrichshafen und Hamburg

Abbildung 12: Anlagenschema des Projektes Neckarsulm-Amorbach – Dreileiter Verteil- und Sammelnetz

Abbildung 13: Ansicht der Grundschule in Neckarsulm-Amorbach mit 604 m2 Kollektorfläche

(8)

und so geregelt (wie in Friedrichsha- fen). Die Zuschaltung der Sekundär- pumpe erfolgt individuell wenn das Temperaturkriterium erfüllt ist; so kön- nen auch Kollektorfelder unterschied- licher Ausrichtung in die Anlage inte- griert werden, ohne daß ein Feld einen Teil der Wärme verliert, das ein anderes einsammelt.

Der Pufferspeicher entkoppelt hydrau- lisch Fernwärmenetz, Solarvorlauf und Speicherkreis und dient als Kurz- zeitspeicher, aus dem die im Netz benötigte Wärme nach kurzer Zeit wieder entnommen wird. Im Sommer wird der Erdsonden-Wärmespeicher aus dem Pufferspeicher beladen, im Winter wird die Wärme aus dem Erd- sondenspeicher über den Pufferspei- cher in das Fernwärmenetz einge- speist. Wenn die Temperatur im Puffer nicht ausreicht, wird über den Kessel zugeheizt. Eine ausführliche Beschrei- bung des Projektes Neckarsulm und erste Meßergebnisse enthalten [14]

und [15].

Das Dreileiternetz läßt sich auch ohne einen Langzeitspeicher beziehungs- weise auch in Verbindung mit einem Heißwasser-Wärmespeicher betreiben.

Die beiden in Stuttgart im Bau befind- lichen Anlagen „Burgholzhof“ (mit 1.674 m2 Kollektorfläche) und ”Brenz- straße“ (mit 1.000 m2Kollektorfläche) werden nach diesem Schema betrie- ben.

Abbildung 14: Kies-Wasserspeicher des SOLARIS Pilotprojektes in Chemnitz im Bau

Pilotprojekt „SOLARIS Chemnitz“

Ein viertes Projekt mit einem Kies/Was- ser-Langzeit-Wärmespeicher entsteht in Chemnitz (Abbildung 14). Bei die- sem Speichertyp mit 8.000 m3 Volu- men übernimmt die Kiesfüllung die tragende Funktion; daher sind keine seitlichen Betonwände erforderlich.

Die Dichtheit des Speichers wird durch eine 2,5 mm dicke „high density“ Po- lyaethylen-Folie gewährleistet. Der Speicher ist fertiggestellt, die 2.000 m2 Sonnenkollektoren werden in der zweiten Hälfte 1998 installiert und dann das Gesamtsystem in Betrieb ge- nommen [16, 17]. Die Baukosten des Kies/Wasser-Wärmespeichers liegen bei etwa 280 DM/m3 (8.000 m3 Kies/Wasser entsprechen einer Spei- cherkapazität von 5.300 m3Wasser).

6. Dank

Die in diesem Beitrag vorgestellten Projekte wurden größtenteils über das Förderprogramm „Solarthermie 2000“

des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gefördert – dafür dankt der Autor.

Literatur

[1] A. Lutz, M. N. Fisch, E. Hahne

„Kostenoptimale Kombination von sola- rer Nahwärme, rationeller Heiztechnik und verbessertem baulichen Wärme- schutz“, Proc. 9. Intl. Sonnenforum, Band 1, Stuttgart (1994) 125-132 [2] K. H. Reineck

„Erdbeckenspeicher aus Hochleistungs- beton“, Statusbericht ‘Solarunterstützte Nahwärmeversorgung – Saisonale Wär- mespeicherung’, Neckarsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

[3] M. E, Schulz, R. Kübler, M. N. Fisch, E.

Hahne

„Pilotprojekte zur solar unterstützten Nahwärmeversorgung – Zentrale solar- unterstützte Brauchwassererwärmung im Neubaugebiet Ravensburg“, Proc. 8.

Intl. Sonnenforum, Band 1, Berlin (1992) 262-267

[4] M. N. Fisch, R. Kübler, E. Hahne

„Solar unterstützte Nahwärmeversor- gung – Heizen mit der Sonne“, Proc. 8.

Intl. Sonnenforum, Band 1, Berlin (1992) 242-253

[5] M. Schulz, R. Kübler, M. N. Fisch, E.

Hahne

„Solar unterstützte Nahwärmeversor- gung mit und ohne Langzeit-Wärme- speicher“, Statusbericht ‘Thermische En- ergiespeicherung’, Akademischer Verlag München, ISBN 3-929115-27-1 (1993) 35-40

[6] M. N. Fisch, R. Kübler, E. Hahne

„Solare Nahwärme – Stand der Projekte in Deutschland“, Proc. 9. Intl. Sonnenfo- rum, Stuttgart, Band 1 (1994) 292-299 [7] M. N. Fisch, R. Kübler, E. Hahne

„Solare Nahwärme – Stand der Projekte in Deutschland“, VDI-Tagung ‘Fort- schrittliche Energiewandlung und -an- wendung’, Essen, VDI Berichte 1182 (1995) 711-723

[8] M. Schulz, H. Seiwald, M. N. Fisch

„Central solar heating plants with seaso- nal storage – The first pilot plants in Ger- many“, 4th EU Conf. on Solar Energy in Architecture and Urban Planning, Berlin, März 1996, H.S. Stephens & Associates, United Kingdom (in print)

[9] M. Guigas, R. Kübler, A. Lutz, M. E.

Schulz, M. N. Fisch, E. Hahne

„Solar unterstützte Nahwärmeversor- gung mit und ohne Langzeitwärmespei- cherung“, Forschungsbericht zum BMBF-Vorhaben 032-8867 C, Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik, Universität Stuttgart

(9)

[10] R. Kübler

„Solar unterstützte Nahwärmeversor- gung in Deutschland - eine Zwischenbi- lanz“, OTTI-Technologie-Kolleg, Ta- gungsband 7. Symp. Therm. Solarener- gie (1997) 235 ff

[11] M. Ebel

„Solarunterstützte Nahwärmeversor- gung Hamburg-Bramfeld“, Statusbericht

‘Solarunterstützte Nahwärmeversorgung – Saisonale Wärmespeicherung’, Neck- arsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

[12] B. Stanzel.

„Betriebserfahrungen mit der solaren Nahwärmeversorgung in Friedrichshafen /Wiggenhausen-Süd“, Statusbericht ‘So- larunterstützte Nahwärmeversorgung – Saisonale Wärmespeicherung’, Neckar- sulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998) [13] M. Schulz, B. Mahler

„Solare Nahwärmeversorgung mit Lang-

zeitwärmespeicher in Friedrichshafen- Wiggenhausen und Hamburg-Bram- feld“, Statusbericht ‘Solarunterstützte Nahwärmeversorgung – Saisonale Wär- mespeicherung’, Neckarsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

[14] S. Effenberger

„Nahwärmeversorgung Neckarsulm- Amorbach – Demonstrationsanlage Sai- sonaler Erdwärmespeicher Amorbach II – Erfahrungen bei Bau und Betrieb“, Sta- tusbericht ‘Solarunterstützte Nahwärme- versorgung – Saisonale Wärmespeiche- rung’, Neckarsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

[15] H. Seiwald, B. Mahler

„Erdsonden-Wärmespeicher für die so- larunterstützte Nahwärmeversorgung in Neckarsulm – erste Meßergebnisse“, Statusbericht ‘Solarunterstützte Nahwär- meversorgung – Saisonale Wärmespei- cherung’, Neckarsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

[16] M. Pfeil, H. Koch, E. Hahne

„Solaranlagen mit Langzeitwärmespei- cher zur Heizungsunterstützung und Brauchwassererwärmung“, OTTI-Tech- nologie-Kolleg, Tagungsband 7. Symp.

Therm. Solarenergie (1997) 350 [17] T. Urbanek, U. Schirmer

„Solarunterstützte Nahwärmeversor- gung – Pilotanlage SOLARIS Chemnitz“, Statusbericht ‘Solarunterstützte Nahwär- meversorgung – Saisonale Wärmespei- cherung’, Neckarsulm, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (1998)

Kollektorfelder auf den Mehrgeschoß- Gebäuden der Wohnsiedlung „Brenz- straße“ in Stuttgart

Referenzen

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