DEUTSCHLANDS
GETREIDE-VERKEHR MIT DEM AUSLANDE
DP
tmrvarfc College Xtbrarj)
FROM THE
J.HUNTINGTON WOLCOTT FUND
GIVEN BY ROGER WOLCOTT [CLASS OF 1870]IN
MEMORY
OFHISFATHER FOR THE "PURCHASE OF BOOKSOFPERMANENT
VALUE,THEPREFERENCE TO BEGIVEN TOWORKS
OFHISTORY, POLITICALECONOMYAND
SOCIOLOGY"itized b\iGoogle
Vereins zur Förderung der Handelsfreiheit.
Nummer
IV.DEUTSCHLANDS
G ETRE I DE VE RK EH R
MIT DKM
»
AUSLANDE.
2
BERLIN.
VERLAG VON LEONHARD SIMION.
1879-
V
DigitizedbyGooglej
DEUTSCHLANDS
GETREIDE-VERKEHR
MIT DEM
AUSLANDE.
BERLIN.
VERLAG
VON'LEONHARD
STMION.1879.
öS 3. K
^oSi, AT^'t^w»
"...DigitizedbyGoogle
Im
Durchschnitt der fünf Jahre 1838/42 umfafste der Verkehr des damaligen Zollvereins mitdem
Auslande in Getreide und Mehl, Eingang undAusgang zusammengenommen,
eineMenge
von 14 182000 Ctr.; fünfunddreifsig Jahre später, im Durch- schnitt der fünfJahre 1873/77, betrug der nämlicheVerkehr des deutschen Zollgebiets71428000
Ctr.Er
hatte sichum mehr
als das Vierfache vermehrt, während die Bevölkerung
um
wenigmehr
als dieHälfte gestiegen war.Bedeutender und eingreifender, als die Ausdehnung, ist die Umgestaltung, welchedieserVerkehr
im
Laufe derletztenvierzig Jahre erfahren hat.Der
Darstellung dieser Umgestaltung sind einigeBemerkungen
über das zu Gebote stehende und benutzte Material voranzuschicken.Diedeutsche Handels-Statistik istbekanntlich schon seit einer ReihevonJahren, theilsinFolge derEntwicklung des Eisenbahn- Verkehrs, theils inFolgevonAenderungen der Zollgesetzgebung, weniger zuverlässig, als früher.
Auch
die Anschreibungen über den Getreideverkehr sind diesemMangel unterworfen, jedoch in geringerem Maafse, als diejenigen über viele andere Verkehrs- gegenstände.Denn
soweit das Getreide die Grenze aufWasser- strafsen oderEisenbahnen überschreitet—
und auf diesenWegen
erfolgt der unendlich gröfste Theil der Einfuhr und Ausfuhr
—
kann es, da seine Beförderung in ganzen Schiffs- oder
Wagen-
ladungen zu erfolgen pflegt und seine richtige Bezeichnung einer Schwierigkeit nicht unterliegt, der vollständigen Anschreibung nicht wohl entgehen. Soweit es aufLandwegen
ein- oder aus- geht, wird es sich allerdings vielfachderAnschreibungentziehen;
dieserMangel ist indefs nicht allzu hoch anzuschlagen, denn einmal kann eine Betrachtung, welche viele Millionen Centner
1*
4
zum
Gegenstände hat, über Ungcnauigkeiten selbst von vielen Tausend Centnern hinwegsehen, sodann und hauptsächlich aber darfunterstelltwerden, dafs die beiderAusfuhrnicht angeschrie- benenMengen
wenigstens nicht viel gröfser sind, als die bei der Einfuhr nicht notirten, dafs also das Vcrhältnifs der Einfuhr zur Ausfuhr von der Handels-Statistik richtigdargestellt wird.WelcherTheil des über dieGrenze ausgegangenen Getreides aus deutschem und welcher Theil aus
fremdem
Getreide bestand, oder welcher Theil des überdieGrenze eingegangenenGetreides im deutschen Zollgebiete verblieben und welcher Theil wieder ausgegangen ist, ergiebt die Handels-Statistik nicht.Während
der Hälfte der vierzig Jahre, welche zur Betrachtung vorliegen, ging das Getreide tarifmäfsig oder aus Thcucrungs-Rücksichten zollfrei ein. wurde also bei derDurchfuhr nichtanders behandelt, alsbei der Einfuhr, und während der anderenHälfte fand zwar eineverschiedeneAbfertigung desGetreides, jenachdem
dasselbe zur Einfuhr oder zurDurchfuhr erklärtwar, statt; es wurde aber nicht controlirt, ob das zurDurchfuhr angemeldeteGetreidewirk- lich wieder ausgeführt oder durch inländisches Getreidevertreten wurde. Diese Lücke der Kenntnifs würde empfindlich sein,wenn
es darauf ankäme, entweder den Geldwerth der Einfuhr und Ausfuhr oder den absoluten Nahrungswerth des im Zoll- gebiete verbliebenenfremdenunddesandasAusland abgegebenen deutschen Getreides zu berechnen, denn in beiden Fällen wäre es keineswegs gleichgültig, ob z. B. der ausgegangeneRoggen
deutsche oder russischeWaare
war. Eine Betrachtung aber, welche sichlediglichmit denMengen
beschäftigt, welche Deutsch- landvom
Ausland beziehen mufs oder an das Ausland abgeben kann,vermag
jene Lücke zu verschmerzen, denn für sie tritt inden Vordergrund, dafs die einzelnen Getreidearten in sich weit
mehr
die Natur fungiblerGröfscn haben, als die meisten anderen Waaren.Das
Getreide ist in der Handelsstatistik biszum
Jahre 1871 nach preufsischen Scheffeln,vom
Jahre 1872 ab nach Centnern angeschrieben.Um
dieGleichnamigkeit der Gröfsenherzustellen, sind die Scheffel in Centner umgerechnet, und es ist dabei das ScheffelgcwichtfürWeizen zu 85 Pfund, fürRoggen
zu 80 Pfund, für Gerste zu 70 Pfund, fürMalz und für Hafer zu 50Pfund an-genommen.
DigitizedbyGoogle
5
DiePreisangabensinddenVeröffentlichungen des preufsischen statistischen Bureaus entnommen. Für die Jahre von 1868 an stellen sie die Preise des
am
I. August des Vorjahres beginnen- den und mitdem
31. Juli des laufenden Jahres schliefsenden Erntejahres, für die Jahre vorher diePreise des Kalenderjahres dar. Sie genügen, da sie nur dieBewegungen
des Marktes, nicht absoluteWerthe
darstellen.Werden
nach diesenVorbemerkungen
dieErscheinungendes Verkehrs näher insAuge
gefafst, so ergiebt sich zunächst, dafs beidem
Beginne des vorliegenden Zeitraums der Zollverein zu den Getreide ausführenden, beidem
Schlufs des Zeitraums Deutschland zu den Getreide einführenden Ländern gehörte.Im
Durchschnitt von 1838/42 sindalso mehr eingegangen ausgegangen ausgegangen Getreide: Weizen . . . Ctr.
1905000 7309000 5404000 Roggen
. . . 1 1270002081000 954000
Anderes . . .389000
1180000 791000Mehl
5000 186000
181000Zusammen:
Ctr.3426000 10756000 7330000 Dagegen
betrug im Durchschnitt von 1873/77 vonderMehr- derEingang derAusgang Eingang Getreide: Weizen. . . Ctr. 11 733000
9955000 1778000
Roggen.
. . » 191020003127000 15975000
Gersteu. Malz 7295000 3048 000 4247000 Hafer . . .5717000 2455000 3262000
Anderes . .2640000 754000 1886000
Mehl i
2871000 2731000
140000Zusammen:
Ctr.49358000 22070000 27288000
Die gewaltige Umgestaltung, welche der Getreide-Verkehrin den letzten vierzig Jahren erfahren hat, springt in die Augen.
Während
in der ersten fünfjährigen Periode der Zollverein auf denKopf
seiner damaligen Bevölkerung, unterEinrechnung der Einfuhr, 27 Pfund Getreidezum
Absatz an das Ausland übrig hatte, bedurfte in der letzten Periode das Zollgebiet aufdenKopf
seiner damaligen Bevölkerung, unter
Abrechnung
seinerAusfuhr, eines Zuschusses von 65 Pfund Getreidevom
Auslande. Die Bilanz hat sichum
92 Pfund auf denKopf
geändert.6
Es verlohnt sich der
Mühe,
die Entwicklung dieser Erschei- nung beijederder Haupt-Getreidearten imEinzelnen zuverfolgen.Von
Weizen, einschliefslich enthülsetem Spelz, betrug:im Durchschnitt Eingang Ausgang Mehr-Ausg. Mehr-Eing. Preis I838/42 Ctr. 1905OOO 7
309000
5404000
8,18 Jft 1843/47 > 2 IO3OOO 5330000
3227000
8,98 >1848/p
% 1 663 OOO 7103000 5440000
7>49 » 1853/57 2IOIOOO 7726000
5625 000 12,07 »1858/62 » 5966 000 9761000 3795000 9»93 * 1863/67
7019000
10946 0003927000
9.3« "1868/72 »
8313
000 1 1 249 000 2936000
11,40 » 1873/77 117340009955000
1779 OOO 11,47 »Bis
zum
Jahre 1872 war also derAusgang
grofser als der Eingang, und zwar nicht blosim Durchschnitte der fünfjährigen Perioden, sondern in jedem einzelnen Jahre. In den Jahren 1873und 1874 tritt
zum
ersten Male ein geringer Mehreingang von397000
und214000
Ctrn. hervor, welchem imJahre 1875 wieder ein Mehrausgang von 1545 000Ctrn. folgt. Erst die Jahre 1876 und 1877 weisen beträchtliche Mchreingänge— 5935000
und 3892 000Ctr.—
auf, und auch das Jahr 1878 hat, so weit sich bis jetztübersehen läfst, mit einem Mchreingänge von ähnlicherHöhe
abgeschlossen. Mehreingänge, wie sie 1876 und 1877statt- fanden, und für 1878 wahrscheinlich sind, stellen 6 bis 9Proc.der Weizen-Production Deutschlands dar, wie solche durch die soeben abgeschlossene statistische
Aufnahme
der Ernte von 1878 ermittelt ist. Die deutschen Weizenernten der Jahre 1875, 1876 und 1877, deren Ergebnisse für denUmfang
des Mehreinganges in den letzten drei Jahren bestimmend waren, waren keineswegs glänzend und esmag
daher die Wiederkehr einer so reichen Ernte, wie der von 1874, auch wieder einen Mehrausgang, wie solcher 1875 stattfand, gestatten; schwerlich wird aber Deutschland wieder in die Reihe der Ausfuhrländer fürWeizen
eintreten.Wesentlich anders verhält es sich mit
dem
Roggen.Von
dieser Frucht gingen
imDurchschnitt ein aus mehraus mehrein Preis
1838/42 Ctr. 1127000
2081000 954000
5,53-//1843/47 1
2714OOO
II92 0OO 1522 000 7,50 * 1848 52 »I507OOO I709OOO
202000 5,45 »DigitizedbyGoogle1
7
imDurchschnitt ein aus mehraus mehrein Preis
1853/57 »
2994OOO I267OOO I727OOO
9,57185862
>62080OO 2826000 3382OOO
7,30 »l873/77 1
19101000 3127000 15974000
9,.7 »Während
der ersten vierzehn Jahre des vierzigjährigen Zeit- raums fand ein Gleichgewicht zwischen Eingang undAusgang
indem
Sinne statt, dafs es lediglich vondem
ErgebnifsseinerErnte abhing, obder ZollvereinRoggen
andasAusland abgebenkonnte, odervom
Auslande beziehen mufste. In acht Jahren überwog der Ausgang, in sechs Jahren der Eingang.Vom
Jahre1852 ab hört dieses Gleichgewicht auf.Das
Ergebnifs der eigenenErnte behält natürlich seinen Einflufs auf denUmfang
des Bedarfs an ausländischer Waare, aberin keinem Jahre reicht das eigene Er- zeugnifs zur Befriedigung des Bedarfs aus und namentlichvom
Jahre 1867 an gewinnt der zu dieser Befriedigung erforderliche Zuschufs des Auslandes an Umfang. In den Jahren 1876 und 1877 erreicht er, wie bei
dem
Weizen, seinenHöhepunkt; imver- flossenen Jahre hat er zwarunzweifelhaftabgenommen,
wirdaber schwerlich viel hinterdem
Durchschnitt der letzten fünfjährigen Periode zurückbleiben. Er betrug in dieser Periode beinahe elf Procent des für das Jahr 1878 ermittelten Ergebnisses der deut- schen Roggenernte. Mit anderen Worten: Deutschland mufste,wenn
dieses Ergebnifs als eindurchschnittliches angesehen wird, beinahe den zehnten Theil seines Roggenbedarfs ausdem
Aus- lande beziehen. Es liegt keinGrund
zu derAnnahme
vor, dafs dieser Theil in Zukunft werde geringerwerden.Die Darstellung des Verkehrs mit Mehl wird hier ihre rich- tigste Stelle finden. Leider ermangeln die statistischenAnschrei- bungen desselben der Congruenz. Bis
zum
Jahre 1857 sind die Mühlenfabrikate—
geschrotete oder geschälte Körner, Graupe, Gries, Grütze, Mehl— zusammen
mit Kraftmehl, Puder, Nudeln, Stärke angeschrieben.Von
1858 an biszum
1.Juli 1865 wur- den die Mühlenfabrikate allein, von da abzusammen
mit Bäcker- waaren und Dextrin notirt,vom
1.Juli 1868 an treten Nudeln, Sago, Sagosurrogate hinzu. Erstvom
Jahre 1872 an wird Mehl allein angeschrieben.Der
Versuch zu einer Gleichnamigkeit der Zahlen zu gelangen, ist aussichtslos; aber trotz ihrer Ungleich-1863/67 1868 72
>
6517000 3383000
»
9316000 3290000
3134000 7,17 •
6026000
8,67 »8
namigkeit sind die Zahlen von Werth, weil anzunehmen ist, dafs der überwiegende Theil der vor 1872 angeschriebenen
Mengen
aus Mehl bestand. Es sind1111111 1 **i*IiC•*Ii111
eingegangen ausgegangen mehrausg. mehreing.
183842
Ctr. 5000 185coo 180OOO184347 172000 65000 IO7OOO
184852 42000 152000 IIOOOO 1853 57 229000 366 000 137000 185862
300000
637 000337000
1863 67777000
[236000
459 000 186872 2393000 2523OOO 130000i*75 77 2871000 2731 OOO I4OOOO
Die Entwicklung dieses Verkehrs zeigt eine grofse Aehn- lichkeit mit derjenigen des Verkehrs mit Weizen. Das Ueber- wiegen des Eingangs in der zweiten fünfjährigen Periode beruht ausschliefslich aufeiner Einfuhrvonüber
600000
Ctm. russischen Roggenmehls indem
Nothjahrc 1847. Abgesehen von dieser vereinzelten, auf ganz ungewöhnlichenUmständen
beruhenden Erscheinung, überwog ununterbrochen biszum
Jahre 1866 derAusgang
aber den Eingang. In den folgenden acht Jahren war viermal der Eingang und viermal derAusgang
überwiegend und erst von 1875 ab erlangt der Eingang das Uebcrgewicht, das ihm auch im verflossenen Jahre verblieben sein wird. So wenig wiebeidem
Weizen dürfte beidem
Mehl auf eine dauernde Wiederkehr überwiegenden Ausgangs zu zählen sein.Gerste, auch gemalzte, Hafer und Buchweizen sind bis
zum
Jahre 1846 ungetrennt angeschrieben.Von
1847 aD wurden Gerste und Gerstenmalz von den beiden andern Getreidearten getrennt; den letzteren traten von 1857 ab unenthülseter Spelz undvom
r. Juli 1865 ab alle übrigen, nicht besonders ange- schriebenen Getreidegattungen hinzu.Von
1872 ab werden:Gerste, Hafer, Mais, alles übrigeGetreide, Malz besonders notirt.
Es
fehlt also auch hier an völlig congruenten Gröfsen. Dievor- stehenden Uebersichten beruhen auf der Unterstellung, dafs dasVolum
-Verhältnifs, welches nach 1846 zwischendem
Eingang undAusgang
von Gerste mit Malz unddem
Eingang undAusgang
von Hafer u.s.w. stattfand, auch vor 1846 stattgefunden habe, und dafs biszum
Jahre 1871 derEingang undAusgang
von Malz sich zudem
Eingang undAusgang
von Gerste ebenso verhaltenDigitizedbyGoogle
habe, wie von 1872 ab. Dafs diese letztere Unterstellung etwas gewagtsei, istgernzuzugeben; ihreWahl, welcheinErmangelung jedes anderen Anhaltes getroffen wurde, hat wahrscheinlich die Folge, dafs die bei der Gerste vor
dem
Jahre 1872 angegebenen Gewichtsmengen etwas hinter der Wirklichkeit zurückbleiben.Von
Gerste und Malz betrug i>rt.jstler imDurchsehn. Kingang Ausgang Mehr-Ausgang Mehr-EingangHerste183842 Ctr.
215000 654000 439000
4,70c//[843/47 34OO0O 552OOO 2I2000 6,44 »
1848 52 >
219OOO I433OOO
I214OOO 4,85 »l&53 57 570000
1328000 758000
8,151858 62
1035000 1909000 874000
6,76 »1863/67
[869000 2478000 609000
6,61 »186872
3654000 2783000 — 871000
7,8« »1873/77 •
7295000 3048000 4247000
8,83 »«Im
Laufe der neunundzwanzigJahrevon 1838bis 1866wurde nur dreimal—
1847, 1854 und 1855—
dieAusfuhr von derEin- fuhr überstiegen, und zwar nurum
verhältnifsmäfsiggeringeMen- gen.Umgekehrt
ist in den elfJahren von 1867—
1877 mit einerAusnahme —
1869—
dieEinfuhr gröfscr gewesen, als dieAus- fuhr, und zwar in beinahe ununterbrochen steigernder Proportion.Das
verflossene Jahr scheint einendem
Durchschnitt der fünf- jährigen Periode mindestens gleichkommenden Mehreingang ge- habt zu haben.Der
Mehreingang in dieserPeriode setzte sichzusammen
aus 3742000Ctr.Gersteund505000Ctr.Malz. Letztererepräsentiren etwa 631000Ctr. Gerste, der Bedarfan ausländischer Gerste be- trug also4373000
Ctr. oder etwa 9Proc. des Ergebnisses der für das Jahr 1878 ermittelten deutschen Gerstenernte.Von
Hafer und anderen Getreidearten sind Preis im Durehschn. eingegangen ausgegangenmehrausg. mehreing. desIlafers1838/42 Ctr. 174000 525000 35[OOO
—
4,64.//184347
2750OO 443OOO
I68000 6,00 J(,1848/52
95O0O 6070OO
512OOO 4,73 »l853 57
622000 1010000
388000 7,47 1858/62 »1042000 995000 47000
6,52 >186367
[510000 1839000 329000
6,40 »186872
2681000 2466000 215000
7,54 >1873 77 »
8357000 3209000 5148000
8,63 »10
In den ersten dreifsigJahren war der Eingang nur dreimal
—
1858, 1859 und 1864—
gröfser, als der Ausgang, und zwar im Jahre 1859 in sehr starkem Mafse. In den letzten zehn Jah- ren fand dreimal—
1868, 1869 und 1871—
einMehrausgangstatt; von 1872 ab steigt derMehreingang fast fortdauernd und das verflossene Jahr wird wahrscheinlich eine weitere Steigerung aufweisen.
Unter
dem
Mehr-Eingang in der letzten füntjährigenPeriode sind2064000
Ctr.Mais enthalten, esbleibenalso anHafer,Buch- weizen u.s.w.3084000
Ctr. Buchweizen und anderes nicht be- sondersgenannteGetreidehatte eineMehrausfuhr von 177000Ctr.esberechnetsich also fürHafer derMehrcingangauf3261 000Ctr.
oder nahe an drei Procent der dir 1878 ermittelten Haferernte Deutschlands.
Der
Rückblick aufdie vorstehend in ihren charakteristischenZügen
geschilderte Verkehrsentwickelung zeigt beijedem einzel- nen Gegenstande dieses Verkehrs die Wiederholung der näm- lichenErscheinung.Das
anfänglicheUebergewicht desAusgangsnimmt
allmäligab undschlägt,nachdem
dieWaage
eineZeitlang zwischen Eingang undAusgang
geschwankt hat, in das Ueber- gewicht desEingangsum. Verschiedensindnurdie Zeitabschnitte, inwelchen sich dieseErscheinung beideneinzelnen Getreidearten vollendet. Beidem Roggen
liegt das Uebergewicht des Aus- gangs schonjenseits des vierzigjährigen Zeitraums—
im Durch- schnitt von 1832 37 betrug es etwa 1 Millionen Scheffel—
mitdem
Beginn desselben fängt die Periode des Schwankens derWaage
an und bereits mitdem
Jahre 1852 ist derUmschlag
zu Gunsten des Eingangs vollzogen. Bei der Gerste gewinnt, nach kurzem Schwanken, mitdem
Jahre 1870, beidem
Hafer, nach längeremSchwanken, mitdem
Jahre 1872 derEingangdasUeber- gewicht. Bei Weizen und Mehl ist die Periode des Schwankens vielleicht noch nicht abgeschlossen.Es ist unerläfslich, nach den Ursachen dieserErscheinung zu forschen.
Seit
dem
Jahre 1838 hat sich das Zollgebiet sehr erheblich ausgedehnt.Von
den Anschlüssen kleiner Gebietstheile abge- sehen, sind hinzugetreten: Braunschweig, Luxemburg, Hannover, Oldenburg, Schleswig-Holstein,Lauenburg, Mecklenburg, Lübeck, Elsafs-Lothringen, und es liegtdieFrage nahe, ob etwa das Ver-DigitizedbyGoogle
1 1
hältnifs der Getreide-Production dieser Länder oder einzelner der- selben zu deren Getreidebedarf ungünstigersei, als in
dem
alten Zollverein, ob also die Gebietsausdehnungauf die Verminderung des Ausgangs und dieVermehrung
des Eingangs einen Einflufs ausgeübt habe. Schon eine allgemeine Kenntnifs von den wirth- schaftlichen Verhältnissen jener Länder wird genügen, diese Fragefüralle,mitAusnahme
Luxemburgs, zu verneinen, undzum
Ueberflufs ergiebt die Agrar-Statistik von 1878, dafs dieselben zwar an Gerste etwas weniger, an allen übrigen Getreidearten aber sehr erheblichmehr
aufdenKopf
derBevölkerungerzeugen, als dieLänderdes alten Zollvereins.Das Mehr
ist so bedeutend, dafs auch die vielleicht bevorstehende Berichtigung der Erträge Elsafs-Lothringens die Bilanz nicht verschieben kann.Was
aberLuxemburg
anlangt,wo
die Verhältnisse weniger günstigliegen, so leuchtet ein, dafs der Getreidebedarfvon wenig über200000
MenschenaufdenGetreideverkehreinesGebietesvon 42Millionen Einwohnern einen bemerkbaren Einflufs nicht haben kann.Die
Ausdehnung
des Zollgebietes führt von selbst aufdas- jenigeMoment,
in welchem die entscheidendeUrsache der vor- liegenden Erscheinung zu suchen ist, die natürlicheVermehrung
der Bevölkerung.Um
dieBedeutung diesesMoments
ins Klare zu stellen, wird es einiger Bemerkungen bedürfen.Nach
der Agrar-Statistik von 1878 betrug die in diesem Jahre an Weizen, Spelz, Roggen. Gerste, Hafer und Buchweizen geernteteMenge
rund 379 Millionen Centner.Der
Mehr-Eingang an den nämlichen Getreidearten im Jahre 1878 ist auf nicht weniger als 27 Millionen Centner anzunehmen. Es ergiebt sich hieraus für das verflosseneJahr eineGetreidemenge von 406Mil- lionen Centnern oder etwa 9,5 Centner auf den
Kopf
der Be- völkerung, einBetrag, in welchem derBedarffürAussaat, Futter und technischeVerwendungen
mit begriffen ist. Für dieLänder des alten Zollvereins berechnet sich die Erntemasse auf311, der Mehreingang nachdem
Verhältnifs der Bevölkerungauf 23, diegesammte
Getreidemenge also auf334Millionen Centner, oder 9,2 Centner auf den Kopf.Wird
unterstellt, dafs im alten Zoll- verein in den Jahren 1838/42 für denKopf
der damaligen Be- völkerung von27217000
der gleiche Betrag vorhanden sein mufste, so waren damals 250 MillionenCentnererforderlich.Der
Bedarfwürde also im Laufe dervierzigjährigen Periode lediglich12
inFolge dernatürlichen
Vermehrung
derBevölkerungum
84Mil- lionenCentner gestiegen sein. Hiervon wären 7MillionenCentner durch den Wegfall des früheren Mehrausgangs und 23 Millionen Centner durch Mehreingang, also 30Millionen Centner durch die Bilanz des Verkehrs mitdem
Auslande, dagegen 54 Millionen CentnerdurchVermehrung
dereigenen Production gedeckt worden.Diesen Zahlen soll ein absoluter
Werth
keineswegs beigelegt werden. Die im vorigen Jahre ausgeführteAufnahme
der Ernte war die erste ihrer Art, und von jeder erstenAufnahme
sind Fehler unzertrennlich, welche erst durch die Ergebnisse wieder- holterAufnahmen
ihre Berichtigung erhalten. Ueber die Erntenin den Jahren 1838/42 liegen keinerlei
Aufnahmen
vor und die Unterstellung, dafs damals ebenso viel Getreide auf denKopf
der Bevölkerung zur Verfügung gestanden habe als jetzt, ist an- fechtbar. Die aus diesen Quellen herrührenden Fehler können indefs andem
fiir die vorliegende Untersuchung zunächst wich- tigen Ergebnifs nichtsändern, dafsderMehrcingangausländischen Getreides, so grofs er auch war, nicht ausreichte,um
den Bedarf der durch natürlicheVermehrung
gestiegenen Bevölkerung auch nurzum
gröfseren Theile zu decken.Denn
eine Ermäfsigung der für 1878 ermittelten Zahlen, soweit sie gegenüber einer, un- zweifelhaft mit Sorgfalt vollzogenenAufnahme
zulässig wäre, würde eine Verminderung des berechneten Mehrbedarfs nur inbeschränktem Mafse zur Folge haben können, und unzulässig wärees, einesolcheVerminderungaus derBehauptungherzuleiten, dafs der Bedarf, auf den
Kopf
der Bevölkerung gerechnet, vor vierzig Jahren gröfser gewesen sei alsjetzt.Zwar mag
dieAus- saat jetzt einen geringeren Theil des Ernteertrages in Anspruchnehmen
alsdamals, jede ausdieserQuelle herrührende Ersparnifs wird aber unzweifelhaft überwogen durch die später nachzu- weisende, dieZunahme
der Bevölkerung weit übersteigende Zu-nahme
derVerwendung
von Getreide zu technischen Zwecken unddiefreilichdurchZahlennichtnachweisbare, jedochzweifellose Steigerung des Getreideverbrauchs fürdie menschliche Nahrung.Bleibt also das Ergebnifs bestehen, dafs der Mehreingang ausländischen Getreides nicht genügte,
um
den Bedarf der ge- stiegenenBevölkerung auch nurzum
gröfseren Theile zu decken, so ergiebt sichvonselbst, dafs esunzulässigist, aus derZunahme
dieses Mehreinganges auf einen
Rückgang
der deutschen Land-DigitizedbyGoogle
»_3
wirthschaftzu schliefsen.
Im
Gegenthcil, die deutsche Landwirth- schaft hat es verstanden, den gröfseren Theil des Mehrbedarfs ihrerseits zu befriedigen und die Betheiligung des Auslandes 7,ubeschränken. Dafs sie dies vermocht hat, gewinnt an Bedeutung durch die Thatsachc, dafs ein Thcil der,
dem
Getreidebau ge- widmeten Bodenflächen allmälig für denAnbau
anderer Früchte verwendet ist.Durch
Zahlen ist dieseThatsachc nachzuweisen inBeziehung auf denAnbau
der Zuckerrübe. In den Jahren 1838/42nahm
diese Cultur etwa 8000 HektareninAnspruch, in den letztenfünf Jahren bedeckte sie etwa 148OOOHektaren. Essind also allmälig etwa 140000 Hektaren, und zwar des besten Bodens,
dem
Ge- treidebau entzogen, eine Fläche, auf welcher 31u bis 4 Millionen Centner Weizen hätten geerntet werdenkönnen.Durch Zahlen nicht nachzuweisen,
darum
aber nicht minder gewifsist die, indem
gedruckten Verwaltungs-Bcrichte desHerrn Ministers Friedenthal als Ergebnifs der Berichte der landwirth- schaftlichen Vereine bezeugte Thatsachc, dafs in Preufsen der Getreidebau zu Gunsten des Futter- und KartofTclbaus zurück- gegangen ist. Die Viehzucht, welcher durchweg eine erhöhte Sorgfalt zugewendet wird, fängt unter geeigneten Verhältnissen an besser zu lohnen, als der Getreidebau—
eine Erscheinung, welche inEngland längsthervorgetretenist—
unddieFabrication von Spiritus, Stärke und Stärkezuckernimmt immer
gröfsereMengen
von Kartoffeln in Anspruch. Indem
Branntweinsteuer- Verein von 1833, welcher Preufsen in seiner alten Begrenzung mit den ihm angeschlossenen kleineren Gebieten, Sachsen und Thüringen umfafste, wurden in den ersten Jahren des vierzig- jährigen Zeitraums durchschnittlich etwa 22 Millionen Scheffel oder20018000
Ctr. Kartoffeln in den Brennereien verarbeitet;in denselben Ländern wurden in den letzten Jahren jenes Zeit- raums für den gleichen
Zweck
durchschnittlich etwa 23 Millionen Hektoliter oder 37790 OOOCtr.dieserFrucht verwendet. Für den Brennerei-Betrieb wurden also allein in den genannten Gebieten zuletzt etwa 108000 Hektarenmehr
inAnspruch genommen
als damals. Ueber dieVerwendung
von Kartoffeln zur Darstellung von StärkeundStärkezuckerfehlen leider nähereAngaben
; dafs sie sehr erheblichzugenommen
hat, wird kein Sachkundiger be- streiten.H
Der
deutschen Landwirthschaft wurde die Beschaffung ihres Beitrags zudem
mit der Bevölkerungszunahme steigenden Ge- treidebedarfnoch dadurch erschwert, dafs dieVerwendung
von Getreide zu technischenZwecken
inweitstärkeremMafse zunahm,als die Bevölkerung. In
dem
alten Brennsteuergebiete, von wel-chem
soeben dieRede
war, wurden an Getreide zur Branntwein- brennerei verwendet im BeginndesvierzigjährigenZeitraumsrund 31/aMillionenScheffel oder 24/
5Millionen Centner, zu
Ende
dieses Zeitraums 39IO Millionen Hektoliter oder 5*3 Millionen Centner.In Preufsen in seiner alten Begrenzung, in Bayern, Sachsen und Thüringen wurden an Malz zur Bierbereitung verwendet im Be- ginn des vierzigjährigen Zeitraums rund 515 Millionen Ctr., zu
Ende
dieses Zeitraums 11
1
3MillionenCtr. Die
Verwendung
von Getreide zur Branntwein- und Bierbereitung hat alsoum
etwa 100 Procentzugenommen,
während die Bevölkerung der bethei- ligten Gebiete sichum
etwa 38 Procent vermehrt hat.Die bisherigeUntersuchung läfstkeinen Zweifel darüber, dafs die Getreide-Production Deutschlands erheblichgestiegen ist. In welchem Mafse diese Steigerung Urbarmachungen, in welchem Mafse sie Culturverbesserungen zu verdanken ist, mufs dahinge- stellt bleiben; dafs die letzteren den besten Theil an
dem
Ergeb- nifs haben, wird nicht zu bestreiten sein. BeideMomente
wer- den auch ferner wirksam sein und ihre Wirksamkeit wird zur Folge haben, dafs ein Theil des mit derZunahme
der Bevölke- rung zunehmenden Getreidebedarfs auch ferner durch die eigene Production seineDeckung
rinden wird.Aber
diebisherige Unter- suchung läfst auch darüber keinen Zweifel und die in anderen alten Culturländern gemachten Erfahrungen bestätigen, dafs nicht daran zu denken ist, die eigene Production werde jemals den steigenden Bedarf voll befriedigen oder die,dem
Ertrage vonmehr
als einer Million Hektaren entsprechende Lücke ausfüllen können, welche schon jetzt durch ausländisches Getreide gedeckt werden mufs.Denn
derzum
Getreidebau geeigneteBoden
wird in Zukunft, so wenig als bisher, einer willkürlichenAusdehnung
fähig sein und Culturverbesserungen werden in Zukunft, wie bis- her, sich daher viel langsamer vollziehen, als sie sich vollziehen müfsten,
wenn
ihre Ergebnisse mit derZunahme
des Bedarfs gleichen Schritt halten sollten. In der Unterschätzung dieser natürlichen und unaufhaltsamenZunahme
liegt der HauptgrundDigitizedbyGoogle
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der Irrthümer, welche die Urtheile über den Getreide-Verkehr
inweitenKreisen beherrschenund in derAuffassung gipfeln, dafs,
wenn
es mit rechtenDingen zuginge, derDeutsche nur deutsches Getreide verbrauchen müsse.Die Frage der Getreidezölle als Schutzzölle wäre durch die vorstehenden Betrachtungen
von
selbst erledigt,wenn
unterSchutz- zoll heute noch dasNämliche verstanden würde, was vordreifsig und vierzig Jahren darunter verstanden wurde.Damals
wurde unterdem
Schutzzoll das Mittel verstanden, durch welches die inländische Production in den Stand gesetzt werden sollte, den inländischen Bedarf zu befriedigen.Es
wurde dabei vorausge- fetzt, dafs, wie dies bei den meisten Gewerbserzeugnissen der Fall ist, dieErreichung des Zwecks ohne gewaltsame Einschrän- kung desVerbrauchs überhaupt möglich sei, und dafs dasMittel nach Erreichung des Zwecks aufzuhören habe.Nun
istdie Be- friedigung des Getreide-Bedarfsvon Deutschland durch die eigene Production ohne gewaltsame Beschränkung des Verbrauchs nicht möglich, also nach der früheren Auffassung ein Schutzzoll für Getreide verwerflich.Dieneuere Theorie geht von einer anderen Auffassung aus.
Sie will, dafs derVerbraucher einer
Waare dem
einheimischen Producenten der letzteren daueriwP"l3enjenigen Betrag vergüten soll,um
welchen demselben die Production derWaare
angeblichmehr
kostet, alsdem
ausländischen Producenten der nämlichen Waare,mag
diesesMehr
in derHöhe
der directen Steuern, des Arbeitslohns, des Betriebs-Capitals oder des Anlagc-Capitals be- ruhen. Für diese Auffassung ist es folgerichtig völlig gleich- gültig, ein wie grofserTheil des einheimischen Bedarfs durch die einheimische Produktion gedeckt werden kann, und deshalb die Erhebung eines Schutzzolles für Getreide allein durch die That- sache gerechtfertigt, dafs Getreide inRufsland, Ungarn, den Ver- einigten Staaten u. s.w. wohlfeiler hergestellt werden kann, als in Deutschland.Es
wäre sehr überflüssig, hier in eine wiederholte Unter suchung über dieBerechtigung dieserAuffassung einzutreten. Esmögen
indessen einigeWorte
über das Ergebnifs gestattet sein, zu welchem dieselbe in ihrerAnwendung
auf den deutschen Ge- treideverkehr für die Finanzen des Reichs und die wirtschaft- licheLage
der Bevölkerung führen würde.16
Wie
hoch der Gctreidezoll sein müsse,um dem
deutschen Landwirth dasMehr
an Steuern, Arbeitslöhnen und Kapitalzinsen zu vergüten, mit welchem derselbe gegenüber den Landwirthen desAuslandes belastetsein soll, darüberscheint unter den Inter- essenten noch kein rechtesEinverständnifs zu herrschen. Für die nachfolgende Betrachtung, welche nur aufGrund
einerbestimmten Zahl anschaulich werden kann, ist deshalb der,dem
früheren Tarifsatz des Zollvereins ungefähr entsprechende Betrag von 50 Pfennigvom
Centner gewählt worden. Ks ist dies lediglich ein Beispiel für die Rechnung.Wird
ein Zollsatz von 1 Jt vor- gezogen, so bedarfes nur einer Verdoppelung der Zahlen.DerErtrag desZolls für dieRcichskasse kannnuraufGrund- lage des
Mehr
Einganges, nicht auf Grund des, die Durchfuhr mit enthaltendenGesammt-
Einganges berechnet werden.Denn
entweder wird, nach Einführung des Getreidczolles, die Getreide- Durchfuhr zollamtlich ebenso behandelt, wie sie im Zollvereine seitAufhebung
der Durchgangs-Abgaben
behandelt wurde, und dann wird als wirkliche Einfuhr nur der jetzigeMehr
-Eingang übrig bleiben, oder es wird auch die Durchfuhrdem
Zoll unter- worfen, und dann werden zwar die preufsischen Ostseehäfen den gröfsten Theil ihres Gctreidehandels und die deutschen Eisen- bahnen den gröfsten Theil ihrer internationalen Getreide- Trans- porte verlieren, für dieReichskasse wird aber, in Ermangelung erheblicherDurchfuhrmengen, weniggewonnen
sein, und es wird auch in diesem Falle als Gegenstand der Besteuerung in der Hauptsache nur die durch den Mehreingang ausgedrückte Gc- treidemenge übrig bleiben, welche Deutschland fürseinen Bedarf ausdem
Auslande beziehen mufs. Dieser Mehreingang betrug, wie oben berechnet worden, im letzten fünfjährigen Durchschnitt rund 27 Millionen Centner, ein Zoll von 50 Pf. würde also 1312MillionenMark
ergeben, gewifs eine recht ansprechende Einnahme. Es fragt sich aber, was dasLand
aufbringen mufs,um
dieseEinnahme
zu beschaffen.Die Frage nach der
Wirkung
eines Eingangszolls für eine Waarc, welche auch imInlande erzeugtwird, aufdeninländischen Preis dieserWaare
istinihrerAllgemeinheitnichtzu beantworten.Denn
dieseWirkung
hängt davon ab, ob und in welchem Mafse es möglich ist, das vor Einführung des Zolls vorhandene Preis- niveau, sei es durchVermehrung
des inländischen Angebots, seiDigitizedbyGoogle
17
es durch Verminderung der inländischen Nachfrage aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen, unddieseMöglichkeit hängtvon thatsachlichen Voraussetzungen ab, welche beijeder
Waarc
ver- schieden sind. Beidem
Getreide ist, wie früher nachgewiesen worden, eineVermehrung
des inländischen Angebots, welche mit der Nachfrage Schritt halten, geschweige denn den bisher ausdem
Auslande bezogenen Bedarf beschaffen könnte, unbedingt ausgeschlossen. Beidem
Getreide ist ferner eine Verminderung der inländischen Nachfrage nur unter ganz ausnahmsweisen Ver- hältnissen denkbar, denn bevordieNation dahinkommt,
dafs sie ihren Bedarf an täglichem Brote, an Aussaat oder Futter, selbst an Material zur Bier-undBranntwein-Bereitung in fühlbarerWeise vermindert, müfsten die Getreidepreise eineHöhe
erreicht haben, welche,wenn
überhaupt, doch nur ganz ausnahmsweise eintreten kann. Die oben neben dieAngaben
der Ein- und Ausgangs-mengen
gestelltenPreisangaben lassen ersehen, dafs inderletzten fünfjährigen Periode, in welcherdie gröfsten Einfuhren erfolgten, diePreise höher waren, als seit den letztenzwanzigJahren.Und
eine fühlbareVerminderung desBedarfs würde es sein,
wenn
die Nation ihren Getreideverbrauchdem
Betrage des jetzigen Mehr- eingangs entsprechend beschränkte, denn der Mehreingang von 27 MillionenCtr. macht aufdenKopf
der Bevölkerung 64Pfund, also etwa 634Proc. des oben berechneten Gesammtbedarfs von 950Pfd., und derMehreingang an Roggen, der für die mensch- licheNahrungwichtigstenGetreideart,von 17 MillionenCtr. macht auf denKopf
der Bevölkerung 38 Pfd. oder g,7 Proc. des auf 392 Pfd. sich berechnenden Gesammtbedarfs. Ist aber beidem
Getreide weder aufeine,
dem
BedarfentsprechendeVermehrung
des inländischen Angebots, noch aufeine Verminderung der in- ländischen Nachfrage zu rechnen, so wird, nach Auflegung des Getreidezolls, das bisherigePreisniveau nicht aufrecht zu erhalten sein, also der inländischeGetreidepreis sich etwaum
den Betrag des Zolls erhöhen.Der
Preis der oben für das Jahr 1878 be- rechneten Getreidemenge von 406 Millionen Ctr. würde daher,wenn
auch nichtum
volle 203 MillionenMark, so dochum
einen von dieserSumme
nicht allzu entferntenBetragsteigenund dieser Betrag wäre derPreis, welchendieNation unmittelbar odermittel- bar aufzubringen hätte, damit 1312 MillionenMark
der Reichs- kasse zugeführt werden.Aber
nicht einmal dieseSumme
würdeIS
der Reichskasse bleiben.
Denn
die Reichsmilitairverwaltung braucht jährlich über 5 Millionen Ctr. Getreide, die Marinever- waltung bedarf für die Verpflegungam Lande
und aufdem
Schiff beträchtlicher Getreidemengen und auf die Bilanz der Rcichspost-Venvaltung sind die Haferpreise nicht ohne Kinflufs.
Werden
die Mehrausgaben, 7u welchen diese drei Reichsverwal- tungen durch die Steigerung des Getreidepreises genöthigt sein werden, von der Zolleinnahme inAbzug
gebracht, so möchtenkaum mehr
als elfMillionen wirklicherEinnahme
übrig bleiben.DieNationhätte,
um
dieseKinnahme
zubeschaffen, vielleichtdas fünfzehnfache des Betrages derselben aufzubringen, und es würde deshalb der Getreidezoll,vom
finanziellen Standpunkt betrachtet, sichdem
Ideal einerAbgabe
nähern, wiesie nicht sein soll.Indessen ist jader finanzielleStandpunkt hier nur als neben- sächlich anzusehen: der Getreidezoll soll in erster Linie Schutz- zoll sein und als solcher bleibt er noch zu betrachten.
Ein Theil der
Wirkung
des Getreidezolles fällt aufdie Land- wirthe selbst zurück, dennwenn
es ihnen auch gelingen mag, dieVertheuerung der bedeutenden, zur Aussaat, zur Futterung und zur Brennerei erforderlichen Getreidemengen sich durch den Preisihrer Producte erstatten zu lassen, so ist es doch unwahr- scheinlich, dafs es ihnen gelingen werde, die Vertheuerung der für sie selbst und fürihreArbeiter erforderlichen Nahrungsmittel in gleicherWeiseabzuwälzen. Unzweifelhaftund mit vollerLasttrifft diese Vertheuerung alle übrigen Klassen der Bevölkerung,
und zwar im umgekehrten Vcrhältnifs ihrer Leistungsfähigkeit.
Wie
die täglicheErfahrung lehrt und dieErgebnisse der früheren Mahl- und Schlachtsteuer inPreufsen bestätigen,nimmt
drr Ver- brauch von Brot mit derZunahme
des Fleischverbrauchs ab, mit andern Worten: Derjenige, welcher sich eine reichliche Fleisch- nahrung gönnen kann, also der Wohlhabende, hat einen gerin- gerenVerbrauch vonBrot, als derminder Wohlhabende, welcher sichjenen Genufs nur in beschränktemUmfange
zu verschaffen vermag.Der
Getreidezoll trifft alsoam
stärksten die wirthschaft- lich Schwächsten, und die heutigen Verhältnisse sind nicht dazu angethan, eineAbwälzung
dieser neuen Last aufwirthschaftlich Stärkere wahrscheinlich zu machen. In einer Beziehung wird allerdings eine Ausgleichungeintreten. Die Mehrausgabefürdas theurer gewordene Brot mufs durch Ersparnisse an anderenAus-DigitizedbyGoogle
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gaben gedeckt werden unddieGegenstände, durch deren Minder- verbrauch solche Ersparnisse zuerst erzielt werden können, sind dieGewerbs-Erzeugnissc. Eine Verminderung derNachfrage nach Gewerbs-Erzeugnissen wird also die weitereFolgedes Schutzzolls für Getreide sein.
Die vorstehenden Betrachtungen haben das reiche
Thema
nicht erschöpft, aber zu einigen Ergebnissen geführt, welche fiir
die Beurtheilung der an den Getreideverkehr mit
dem
Auslande sich anknüpfenden Fragen von Bedeutungsind. Es hatsich er-geben, dafs die deutsche Getreide -Production, trotz ihrer bedeu- tenden Steigerung, nicht vermag, der durch die natürlicheVer-
mehrung
der Bevölkerung herbeigeführten Steigerung des Bedarfs an Getreide zu folgen, und dafs dieses Unvermögen, welches, unterWiederkehr der nämlichen Erscheinungen, seitlängereroder kürzerer Zeit bei fast allen Getreidegattungen zurEvidenz ge-kommen
ist, die Ausfüllung der Lücke durch den Bezug auslän- dischen Getreides zu einer, für die Wirthschaft der Nation unab- weisbaren Nothwendigkeit macht. Es hatsich ergeben, dafs die Belegung dieses ausländischen Getreides mit einem Emgangszolle den Preis auch des inländischen Getreidesum
einen,dem
Zoll- satze nahekommenden
Betrag erhöhen würde, und dafs diedurch dieseErhöhung
der Nation aufgelegte Last aufserjedemVerhält- nifs zu der finanziellenWirkung
desZolls stehen, denwirtschaft- lich schwächsten Theil der Nationam
stärksten treffen und eine Beschränkung indem
Verbrauche gewerblicher Erzeugnisse zur tinmittelbaren Folge haben würde.'••< *Holl»«»»InRotlU,SW„7.\w?ir.tr. <H.
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