Effektive Strafverteidigung und Vertrauen
Nicolas Böhm
Die Bedeutung von Vertrauen in der Verteidigungsbeziehung unter besonderer Beachtung der Pflichtverteidigung
Nomos
Schriftenreihe
Deutsche Strafverteidiger e.V.
Herausgegeben von Deutsche Strafverteidiger e.V.
Band 49
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Nicolas Böhm
Effektive Strafverteidigung und Vertrauen
Die Bedeutung von Vertrauen in der Verteidigungsbeziehung unter besonderer Beachtung der Pflichtverteidigung
Nomos
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1. Auflage 2021
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2021. Gesamtverantwortung für Druck und Herstellung bei der Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Über- setzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Zugl.: Konstanz, Univ., Diss., 2020 ISBN 978-3-8487-7976-5 (Print) ISBN 978-3-7489-2360-2 (ePDF)
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Meinen lieben Eltern
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissen- schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Kriminologie, Prof. Dr. Hans Theile, LL.M., und lag im Sommersemester 2020 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Konstanz vor.
Die Untersuchung rückt mit „Vertrauen“ einen elementaren Aspekt ef- fektiver Strafverteidigung in den Vordergrund und soll auch als Grundla- genarbeit für ein Vertrauenskonzept der Verteidigung im Ganzen dienen.
Zu diesem Zweck konnte auch die am 13.12.2019 in Kraft getretene Neu- regelung des Rechts der notwendigen Verteidigung bereits berücksichtigt und kritisch ausgewertet werden. Die Arbeit ist nicht gegendert und ver- wendet das generische Maskulinum; eine Benachteiligung der anderen Ge- schlechter ist damit freilich nicht intendiert. Im Gegenteil: Dass im Jahre 2020 Gleichberechtigung in vielen Bereichen ein frommer Wunsch ist, stellt einen durch nichts zu rechtfertigenden Missstand dar. Wenn vorlie- gend auf eine geschlechtsneutrale Sprache verzichtet wird, ist dies einzig und allein der besseren Lesbarkeit geschuldet.
Mein Dank gilt insbesondere meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr.
Hans Theile, LL.M, mit dem ich stets vertrauensvoll zusammengearbeitet habe und der mir die Freiheit zum eigenverantwortlichen wissenschaftli- chen Arbeiten einräumte, zugleich aber jederzeit mit Rat und Tat zur Stel- le war. Herrn Prof. Dr. Andreas Popp, M.A., bin ich zu Dank für die zügi- ge Erstellung des Zweitgutachtens verpflichtet. Dem deutschen Strafvertei- diger e.V. habe ich für die Aufnahme in die Schriftenreihe zu danken. Ne- ben dem gesamten Lehrstuhlteam danke ich auch meinen Freunden Chris- tian Trube, Dominik Janson und Charlotte Semle für ihre Hilfe. Bei mei- nen Eltern möchte ich mich für ihre Unterstützung während meiner nicht immer geradlinig verlaufenden schulischen und akademischen Ausbil- dung bedanken.
Besonderen Dank gebührt schließlich Frau Saskia Volknant, die unent- wegt an meiner Seite stand und so ganz entscheidend zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. Vor allem ihr sei dieses Werk gewidmet.
Berlin/Dresden im Oktober 2020
7
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 15
Das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem: Basis effektiver und Kernstück bestellter Verteidigung
Kapitel 1:
21 Hinführung zur Problematik
A. 21
Die Pflichtverteidigung: Verfassungsrechtlicher Rahmen und das normative Leitbild
I.
21 Grundzüge
1. 21
Notwendige Verteidigung, Pflichtverteidigung und Beschuldigter
a)
21 Verfassungsrechtlicher Rahmen
b) 23
Gleichstellung der bestellten Verteidigung mit der Wahlverteidigung
c)
26 Effektive Verteidigung durch einen Beistand des
Vertrauens 2.
28 Probleme der bestellten Verteidigung unter besonderer
Berücksichtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Beschuldigtem
II.
31 Dogmatische Probleme
1. 32
Nachteile bei Begründung der Verteidigung
a) 32
Nachteile bei Beendigung der Verteidigung
b) 35
Praxisprobleme
2. 36
Das Vertrauen zwischen Pflichtverteidiger und Beschuldigtem im Fokus
3.
39 Zwischenergebnis
4. 42
Konkretisierung des Erkenntnisinteresses und der Gang der Untersuchung
B.
43 Schlussfolgerung
C. 47
9
Annäherung an den Vertrauensbegriff
A. 51
Die inhaltliche Diffusität des Vertrauensbegriffs
I. 51
Allgemeines
1. 51
Annäherung an „Vertrauen“ im Strafverfahren
2. 53
Schlussfolgerungen
3. 57
Notwendigkeit und Begründung der interdisziplinären Herangehensweise
II.
59 Inhaltliche Konkretisierung des Vertrauensbegriffs
B. 60
Interdisziplinäre Überlegungen
I. 61
Sprachgebrauch
1. 61
Psychologie
2. 62
Philosophie
3. 63
Desiderata
4. 63
Rechtssoziologische Analyse
II. 66
Systemtheoretische Perspektive
1. 67
Komplexität und Unsicherheit
a) 67
Komplexitätsreduktion, Interesse und Erwartungen
b) 71
Bedeutung von Vertrauen
2. 79
Bedeutung von Vertrauen in der Beziehung zwischen Verteidiger und Beschuldigtem
a)
79 Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen
Verteidiger und Beschuldigtem für die Legitimationsfunktion des Strafverfahrens b)
81 Inhalt von Vertrauen
3. 83
Fachliche Ebene
a) 84
Zwischenmenschliche Ebene
b) 88
Institutionelle Ebene
c) 91
Informelle Programme
d) 92
Zwischenergebnis
e) 95
Misstrauen: Verteidigung ohne Vertrauen
4. 96
Desiderata
5. 102
Schlussfolgerungen für den Fortgang der Untersuchung
III. 106
Zusammenfassung
C. 107
10
Rechtliche Konkretisierung und Einordnung des
Vertrauensverhältnisses zwischen (Pflicht-)Verteidiger und Beschuldigtem
Kapitel 3:
110 Die Grenze schutzwürdigen Vertrauens: Reichweite legaler
Interessengeltendmachung und die Rechtsstellung des Strafverteidigers
A.
111 Allgemeines
I. 111
Die Abgrenzung zwischen zulässigem und strafbarem Verteidigerhandeln am Beispiel des § 258 StGB II.
113 Entbehrlichkeit der Abgrenzung?
1. 114
Annäherung an eine Antwort über Stellung und Funktion der Strafverteidigung
2.
118 Organtheorie
a) 120
Parteiinteressentheorien
b) 122
Zwischenergebnis
c) 124
Vertrauen und Legitimation als entscheidungserhebliche Kriterien d)
126 Zwischenergebnis
3. 135
Reichweite des strafprozessual berücksichtigungsfähigen Vertrauens
III.
135 Schlussfolgerungen
IV. 141
Schutzniveau und Relevanz des Vertrauensverhältnisses im Spannungsverhältnis des Strafverfahrens
B.
142 Schutz und Absicherung des Vertrauens
I. 143
Allgemein zur Bedeutung von Vertrauen im Recht
1. 143
Absicherung und Schutz des Vertrauens im Binnenverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem
2.
147 Pflichten und Rechte des Verteidigers
a) 147
Pflicht und Recht zur Verschwiegenheit
aa) 147
Folgen bei Verstößen gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit
(1)
149 Repressive Maßnahmen
(a) 149
Zivilrechtliches Haftungsrisiko
(b) 151
Strafprozessuale Berücksichtigung des Rechts zur Verschwiegenheit
(2)
153 Zeugnisverweigerungsrecht
(a) 153
Schweigerecht außerhalb von Vernehmungssituationen (b)
158
11
Interessen 166 Schutz und Absicherung des Verbots der
Wahrnehmung widerstreitender Interessen (1)
168 Zwischenergebnis
(2) 171
Schlussfolgerungen
cc) 172
Pflichten und Einschränkungen für die übrigen professionellen Verfahrensakteure
b)
173 Die Gewährung einer ungestörten und effektiven Ausübung der Verteidigung
aa)
173 Schutz der Geheimnissphäre vor staatlichen Eingriffen
(1)
173 Zwischenergebnis
(2) 177
Folgen bei staatlicher Missachtung des Vertrauensverhältnisses
bb)
178 Allgemeine und rechtspolitische
Erwägungen (1)
178 Konsequenzen bei staatlichem Fehlverhalten
(2) 181
Verfahrensrecht
(a) 181
Strafrecht
(b) 189
Zwischenergebnis
(3) 194
Schlussfolgerungen
cc) 196
Ergebnis
3. 198
Vertrauen bei der Beendigung des (Pflicht-)Verteidigungsverhältnisses II.
199 Allgemeines
1. 199
Die Pflichtverteidigung: Gründe und gesetzliche Ausgestaltung
2.
201 Gründe für eine Pflichtverteidigung und Funktion
des Rechtsinstituts a)
201 Gesetzliche Ausgestaltung
b) 205
Schlussfolgerungen
c) 207
Absetzung des Verteidigers
3. 209
Erlöschen des Verteidigungsverhältnisses wegen Ende der notwendigen Verteidigung
a)
210 Grundsatz
aa) 210
Wegfall der Voraussetzungen notwendiger Verteidigung während des Verfahrens bb)
211
12
Zwischenergebnis
cc) 214
Beendigung der Pflichtverteidigerbestellung bei Fortbestehen der notwendigen Verteidigung b)
214 Verteidigerausschluss gem. §§ 138a ff. StPO
aa) 215
Allgemeines
(1) 215
Ausschlusstatbestände und die Aufhebung der Ausschließung
(2)
218 Zwischenergebnis
(3) 224
Aufhebung der Bestellung bei Abwesenheit oder Weigerung des Pflichtverteidigers
bb)
225 Allgemeines
(1) 225
Ausbleiben oder Weigerung des Pflichtverteidigers
(2)
227 Zwischenergebnis
(3) 233
Aufhebung der Bestellung bei Vorliegen gesetzlicher Verteidigungsverbote cc)
234 Gesetzliche Grundlage für die Aufhebung
der Bestellung (1)
234 Aufhebung bei Vorliegen einer
Interessenkollision (2)
236 Aufhebung bei weiteren gesetzlichen
Verteidigungsverboten (3)
238 Zwischenergebnis
(4) 241
Aufhebung der Bestellung bei Mandatierung eines Wahlverteidigers
dd)
242 Grundsatz
(1) 242
Ausnahmen
(2) 243
Hinausdrängen des Pflichtverteidigers
(a) 243
Sicherungsverteidigung
(b) 245
Zwischenergebnis
(3) 252
Verteidigerwechsel aus wichtigem Grund
ee) 253
Präzisierung des Anwendungsbereichs
(1) 253
Aufhebung der Bestellung aus verfahrensbedingten Gründen (2)
256 Aufhebung der Bestellung bei zerstörtem
Vertrauensverhältnis (3)
259 Verteidigerwechsel aus einem sonstigen
Grund (4)
266 Ergebnis
c) 269
Schlussfolgerungen
III. 271
13
Literaturverzeichnis 285
14