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Titel Die Kirchenbauten des Johann Jakob Michael Küchel

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Titel

Die Kirchenbauten des Johann Jakob Michael Küchel

Inaugural-Dissertation

in der Fakultät Geschichts- und Geowissenschaften Der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

vorgelegt von

Roland Kunzmann

aus Bamberg

Bamberg, den 22.12. 2004

Tag der mündlichen Prüfung: 07.Juni 2005, 15.00 – 16.30 Uhr

Dekan: Universitätsprofessor Dr. Ingolf Ericsson

Erstgutachter: Universitätsprofessor Dr. Franz Matsche

Zweitgutachter: Universitätsprofessor Dr. Frank Olaf Büttner

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Gliederung

Gliederung ...3

Vorwort ...5

Einleitung ...7

Küchels Stellung und Auftragslage ...9

Pfarrkirche St. Valentin in Straßgiech...10

Kapelle St. Valentin bei Unterleiterbach...42

Plan zur Valentinikapelle bei Unterleiterbach...68

Spital Hl. Geist und St. Katharina in Kupferberg...71

Plan zum Hl. Geist- und St. Katharina Spital in Kupferberg ...87

Plan zur Turmerhöhung der Pretzfelder Pfarrkirche St. Kilian ...92

Kirchenentwurf für St. Wolfgang in Kaltenbrunn...99

Entwurf zur Turmerhöhung der Pfarrkirche St. Veit in Kupferberg ...106

Turmerhöhung der Pfarrkirche St. Veit in Kupferberg ...112

Pfarrkirche St. Johann Baptista und St. Ottilie in Kersbach...115

Pläne zur Pfarrkirche St. Johann Baptista und St. Ottilie in Kersbach...133

Entwürfe zur Wallfahrtskirche Mariae Himmelfahrt in Vierzehnheiligen...140

Erster Entwurf zur Pfarrkirche St. Jakob und Martin in Nankendorf...159

Pfarrkirche St. Kilian in Pretzfeld ...166

Pläne zur Pfarrkirche St. Kilian in Pretzfeld ...183

Wallfahrtskirche Mariae Heimsuchung in Marienweiher ...192

Filialkirche St. Laurentius in Oberbrunn...204

Zweiter Entwurf zur Pfarrkirche St. Jakob und Martin in Nankendorf...216

Pfarrkirche St. Leonhard in Zeyern ...223

Filialkirche St. Georg in Roßstadt ...225

Entwürfe zum St. Katharinenspital in Forchheim ...232

Entwurf zur Pfarrkirche St. Batholomäus in Kirchehrenbach ...247

Pfarrkirche St. Aegidius in Vilseck ...253

Entwürfe zur Pfarrkirche St. Aegidius in Vilseck ...265

Pfarrkirche St. Laurentius in Lettenreuth ...279

Pfarrkirche Mariae Geburt in Pettstadt...291

Entwurf zur Schlosskapelle von Marloffstein ...305

Sanierungsmaßnahmen an den Bamberger Domtürmen und am Chordach der Oberen Pfarre ...309

Die Aberkennung Küchels als planender Architekt für die evangelische Kirche in Heiligersdorf ...311

Die Möglichkeit einer historischen und stilistischen Zuschreibung der Filialkirche St. Georg in Lembach an Johann Jakob Michael Küchel ...313

Schlosskapelle St. Sebastian in Thurn...316

Der Stil Küchels ...320

Stilistische Entwicklung ...322

Der Einfluss Maximilian von Welschs auf die Baukunst Küchels...324

Der Einfluss Balthasar Neumanns auf die Baukunst Küchels...333

Der Einfluss seiner Studienreise...340

Biographie von Johann Joachim Michael Küchel ...352

(4)

Bilderanhang 1: Profanbauten Küchels ... 367

Bilderanhang 2: Fränkische und Österreichische Sakralbeispiele ... 382

Literaturliste... 478

Register ... 505

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A USGANGSSITUATION UND M OTIVATION

Vorwort

Ausgangssituation und Motivation

Die Beschäftigung mit dem Kirchenbau Kü- chels bietet ein nahezu unberührtes Be- tätigungsfeld.

Unvollständige Beschreibungen, lückenhafte archivalische Hinweise und oberflächliche Stilkritiken geben Anlass, dem Wirken Kü- chels speziell in sakralen Bauangelegenheiten wissenschaftlich zu begegnen.

Die vorliegende Dissertation möchte einen gründlichen Einblick in dieses kunsthistorische Forschungsgebiet geben. Hierbei soll in erster Linie das Kunstwerk und weniger die Person Küchels im Vordergrund stehen.

Diese Arbeit durchleuchtet alle archivalisch oder stilistisch belegbaren Sakralentwürfe und Kirchenbauten, die unser Architekt im Laufe seiner Schaffensjahre entwarf und baute.

Eine allumfassende archivalische Aufarbeitung zu Leben und Person Küchels hätte den Rahmen meiner Bemühungen gesprengt. Die hinlänglich von Joachim Hotz 1 untersuchten Schriftquellen sollten im Falle Küchelscher Kirchenbaukunst genügen. Mögen noch viele bauhistorische Schriftstücke in Archiven der Bearbeitung harren, so verdeutlichen unver- wechselbar Bauwerk und Plan oder der Ver- gleich zwischen Entwurf und Ausführung Kü- chels künstlerische Handschrift.

Der Kern der Studie beruht auf den genauen, allen Maßstäben der Kunstgeschichte gerecht werdenden Baubeschreibungen und die daraus resultierenden stilkritischen Analysen.

Die ausführlichen und exakten Baube- schreibungen rechtfertigt der Autor mit Kü- chels komplexer Architekturauffassung. Es macht wenig Sinn einzelne Architekturglieder am Kirchenbau aufzuzählen, ohne ihre häufig weittragende Einflussnahme zur Kenntnis zu nehmen. Denn die Kunst des Bamberger Ar- chitekten besteht nicht darin, ein Bauwerk sichtbar aus logischen Einzelteilen zusammen- zusetzen und damit die statische Recht- fertigung zu stützen, sondern aus dem Ver- schleiern und Verfremden architekturhistori- scher Grundprinzipien. Das Zerfließen und Verwaschen oft miteinander verwobener Moti-

1 Hotz, Joachim : J.J.M. Küchel (1963), S. 10-99.

ve, deren Wurzeln gewiss von den Architek- turgesetzen herrühren, führt teilweise zur Un- kenntlichmachung vorgegebener Funktionen.

Nur mit einer allumfassenden Beschreibung, der parallel theoretisches Hintergrundwissen, logische Sinnzusammenhänge und tektonische Auflösungen folgen müssen, lässt sich dieses Unterfangen bewältigen. Darüber hinaus können denkmalpflegerische Veränderungen, Fehlinterpretationen, Motivverzerrungen und bauliche Schwachpunkte zur Sprache kommen.

Sicherlich kann eine schlüssige Bewertung von Küchels Kirchenbaukunst nur im Zusammen- hang mit seinen profanen Projekten geschehen.

Vergleichsobjekte aus dieser Sparte helfen, Entwicklungen innerhalb seines Oeuvres klarer heraus zu filtern.

Um ein vollends objektives Bild Küchelscher Bauweise bemüht, musste der Autor das nahe- zu gesamte Spektrum fränkischer Sakralarchi- tektur vergleichend heranziehen. 2 3 Das An- führen vieler fränkischer Beispiele veran- schaulicht Stellung und Rang des Bamberger Baumeisters gegenüber seinen fränkischen Kollegen.

In dieser Untersuchung erhalten die hier bear- beiteten und von der Fachliteratur häufig nur am Rande berührten Küchel-Werke erstmals eine wissenschaftlich publizierte und bildliche Veröffentlichung.

Als wichtigstes Medium dieser Dissertation gilt der bildliche Nachweis. Zur Handhabung der nahezu 800 Pläne, Skizzen und Fotos stehen zu Anfang die in der Objektbeschrei- bung eingebundenen Detailaufnahmen (ohne Nummerierung). Der weitere Bildnachweis un- terscheidet zwischen profaner Baukunst Kü- chels (Nummern 1 – 57) und fränkischer bzw.

süddeutscher/böhmischer/österreichischer Sa- kralbeispiele (Nummern 1001 - 1383).

Ein Rückgriff auf die damalige Zulassungsar- beit des Autors, der inhaltlich nur sechs Land- kirchen erforschte, konnte die stilistische Zu- schreibung der Roßstadter Filialkirche analy- tisch untermauern. Darüber hinaus fiel ein

2 Zwischen den Jahren 1650 und 1800 ermittelte der Autor, nach Durchforstung lokaler und regionaler Literatur, circa 1700 kleinere und größere sakrale Bauvorhaben; davon konnten mehr als die Hälfte vor Ort oder per Bildnachweis in Augen- schein genommen werden.

3 Hinweise über historische Hintergründe, Baugeschichte und

Architektenfrage, bezogen auf jede fränkische Barockkirche,

entnahm der Autor dem Handbuch der Deutschen Kunst-

denkmäler Bayern I: Franken, von Georg Dehio (1979).

(6)

A USGANGSSITUATION UND M OTIVATION waches Auge auf einen Kirchehrenbacher Kir-

chenentwurf, auf die Filialkirche Lembach und auf die Schlosskapelle Thurn, deren historische und stilistische Nähe mit dem Bamberger Hof- ingenieur in engem Zusammenhang steht.

Demgegenüber steht die Aberkennung der landläufigen Autorschaft Küchels für die Heiligersdorfer Kirche.

Dies ist nicht zuletzt dem akribischen „Se- zieren“ und wieder Zusammenfügen Küchel- scher Bauwerke und den damit verbundenen Feldforschungen zu verdanken.

Ferner lag das Bemühen in der Erforschung der Einflussnahme seines Lehrers Maximilian von Welsch und seines späteren Vorgesetzten Balthasar Neumann sowie in der Rekonstruk- tion seiner Studienreise von 1737, bei der es galt, stilistische Übernahmen an noch vorhan- denen Bauwerken auszuwerten. 4

Mit diesem Hintergrundwissen konnten in der nachfolgenden Untersuchung mehr als 100 stilistische Architekturmerkmale Küchels her- ausgearbeitet werden. Spätere wissenschaftli- che Forschungen zur Bestimmung archivalisch nicht fassbarer, aber in die Nähe Küchels ge- rückter Bauwerke verfügen nunmehr über eine große Sammlung stilkritischer Eigenschaften.

4 Der Autor suchte in einer fünfwöchigen Reise die beschriebe-

nen Ziele Küchels, soweit noch vorhanden, auf.

(7)

M ONOGRAPHIEN

Einleitung

Johann Jakob Michael Küchel führte in der Li- teratur fränkischer Barockarchitektur von Be- ginn an ein Schattendasein. Die fachbezogene Wissenschaft zielte vor allem auf die „Gebrü- der Dientzenhofer“ oder auf Balthasar Neu- mann. Gerade durch die Neumannforschung ist jener „schöpferische Vertreter des deutschen Rokoko“ nachfolgend in den Vordergrund der fränkischen Kunstgeschichte getreten. 5

Monographien

Erst die von Traute Knoche angefertigte Dis- sertation „Johann Jakob Michael Küchel“ von 1937 ging intensiver auf Person und Werk Kü- chels ein. Knoche versuchte mit Hilfe von Kurzbeschreibungen nur teilweise archivalisch belegter Bauprojekte das Oeuvre Küchels zu erfassen. Dabei unterliefen ihr allerdings Feh- ler in Zuschreibung und Stilkritik, wie Richard Teufel in der hierzu verfassten Rezension von 1939 klar legte. 6

In einer weiteren, 1963 veröffentlichten Mo- nographie zum Thema „Johann Jakob Michael Küchel“ beschäftigte sich Joachim Hotz mit der genauen archivalischen Aufarbeitung des Künstlers. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit versuchte er biographisch Licht auf den Wer- degang des Bamberger Hofingenieurs zu wer- fen. In einem zweiten Abschnitt legte der Au- tor Küchels Betätigungsfeld zur Schlossbau- kunst offen. 7

Neue Erkenntnisse zur Stilentwicklung unseres Baumeisters fand Jutta Glüssing in der Auf- arbeitung des von Küchel verfassten Reisebe- richts von 1737. In der 1978 erschienenen Dissertation konnte Glüssing durch die Analy- se der „ reißbeschreibung “ Einflüsse und Strömun- gen für Küchel dingfest machen. 8

Lexikalische Literatur

Konnte Karl Lohmeyer in seinem Artikel „Kü- chel, Michael“ für Thieme-Becker nur sehr oberflächlich das Oeuvre unseres Künstlers an-

5 Teufel, Richard: Rezension zu Traute, Knoche: J.J.M. Küchel;

In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 8 (1939), S. 296 – 299.

6 Teufel Richard, Rezension zu Traute Knoche: J.J.M. Küchel;

In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 8 (1939), S. 296 – 299.

7 Hotz, Joachim: J.J.M. Küchel (1963).

8 Glüsing, Jutta: Der Reisebericht J.J.M. Küchels von 1737, Edi- tion, Kommentar und kunsthistorische Auswertung Bd. 1 und 2, (1978).

schneiden 9 , war Karl Sitzmann im Nachschla- gewerk „Künstler in Oberfranken“ bereits in der Lage, das Schaffen des Bamberger Hof- ingenieurs annähernd vollständig darzu- stellen. 10 Trotzdem übernahmen beide fälsch- licherweise Zuschreibungen für die Bauleitung in Vierzehnheiligen, für den Entwurf des dor- tigen Gnadenaltars, für die Kirchen Butten- heim, Kirchehrenbach und Scheßlitz sowie für die beiden Bamberger Projekte Rathausturm und Ebracher Hof.

Literatur des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts

Die Literatur des 19. Jahrhunderts 11 sowie des beginnenden 20. Jahrhunderts 12 fand in den vorgenannten Arbeiten ihre Berücksichtigung.

Magisterarbeiten und Aufsätze

Im Aufsatz „Die Baumeister des rheinisch- fränkischen Barock“ widmete Karl Lohmeyer dem Leben und Schaffen Küchels auf wenigen Seiten die gebührende Aufmerksamkeit. 13 Gabriele Dischinger setzte sich in der kurzen Abhandlung „Küchel contra Schröffel“ 14 mit den Folgen des Pretzfelder Kirchturmeinstur- zes auseinander und behandelt am Rande das Verhältnis zwischen Küchel, Fürstbischof, Neumann und Welsch.

In der Magisterarbeit „Zum Landkirchenbau Johann Jakob Michael Küchels“ legte der Au-

9 Lohmeyer, Karl: Küchel, Michael; In: Thieme-Becker Bd. 22 (1928), S. 44/45.

10 Sitzmann, Karl: Küchel, Michael; In: Künstler in Oberfranken (1957), S. 325 – 328.

11 Jäck, Joachim Heinrich: Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs II. (1821); Jäck, Joachim Heinrich: Leben und Werke der Künstler Bambergs (1821), S. 22; Leist, Friedrich:

Die Residenz Bambergs und der Bamberger Johann Jakob Michael Küchel, (1889), S. 24 – 31; Mayerhofer, J.: Ein Rei- sebericht über München und seine Umgebung aus dem Jahre 1737; In: Jahrbuch für Münchner Geschichte 3. Jg. (1889).

12 Weigmann, Otto Albert: Eine Bamberger Baumeisterfamilie, (1902) S. 6, 44, 89, 101 und 197; Looshorn, Johannes: Ge- schichte des Bisthums Bamberg, Bamberg Bd. VII/2 (1910), S. 44/45, S. 85 und S. 284 - 297; Spitzenpfeil, Lorenz R.:

J.J.M. Küchel und der Gnadenaltar der Wallfahrtskirche Vier- zehnheiligen; In: Bamberger Blätter I (1924), S. 56ff.; Teufel Richard: J.J.M. Küchel und der Gnadenaltar der Wallfahrts- kirche Vierzehnheiligen; In: Bamberger Blätter für fränkische Kunst und Geschichte I (1924), S. 56 – 58.

13 Lohmeyer, Karl: Die Baumeister des rheinisch-fränkischen Barock; In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte (1928), S. 185 – 188.

14 Dischinger, Gabriele: „Küchel contra Schröffel“, Balthasar Neumann und Maximilian von Welsch als Prozessgutachter;

In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 34,

(1982), S. 59 – 63.

(8)

L ITERARISCHE B EWERTUNG tor im Jahre 1990 die Weichen zur vorgelegten

Dissertation. 15 In einem weiteren Aufsatz mit dem Titel „Die Filialkirche in Roßstadt – Ein Kirchenbau Johann Jakob Michael Küchels?“

untermauerte der Verfasser historisch und sti- listisch die Autorschaft Küchels für jene Kir- che. 16

Die Aufsätze von Klara Garas 17 und Erich Hu- bala 18 greifen einzelne Ziele der Studienreise im Lichte Küchels nochmals auf.

Eine weitere Magisterarbeit aus dem Jahre 1994, verfasst von Claudia Gerold, beschäftigt sich mit „Johann Jakob Michael Küchels un- ausgeführte Pläne für die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen“. 19

Sechs Jahre später streift Peter Ruderich in seiner Baumonographie „Die Wallfahrtskirche Mariae Himmelfahrt zu Vierzehnheiligen“ die wenigen Berührungspunkte zwischen Bamber- ger Hofingenieur und jener Großbaustelle. 20 Schließlich konnte Thomas Korth in seinem Beitrag „Die Valentinikapelle in Unterleiter- bach“, dank günstiger Quellenlage, Finan- zierung, Bauvorbereitung, Ausführung und den damit verbundenen Aktionismus Küchels, spe- ziell für dieses Bauvorhaben, näher beleuch- ten. 21

Literarische Bewertung

Diese, gegenüber Balthasar Neumann eher spärliche Aufzählung fachliterarischer Werke darf nicht über Küchels Können und Wirken hinwegtäuschen. Mit der Entdeckung mancher Pläne oder Schriftstücke rückte unser Bau- meister in den Vordergrund fränkischer Ba- rockarchitektur. Er übte parallel zu Neumann

15 Kunzmann, Roland: Zum Landkirchenbau Johann Jakob Mi- chael Küchels (1990).

16 Kunzmann, Roland: Die Filialkirche in Roßstadt – Ein Kir- chenbau Johann Jakob Michael Küchels?; In: Frömmigkeit und Kunst in Franken – Festschrift für Klaus Guth (1994), S. 215 – 237.

17 Garas, Klara: Das Reisejournal des Architekten Johann Mi- chael Küchel aus dem Jahre 1737. Die Reise in Ungarn; In:

Acta Hist. Art. Hung. Tomus 22, (1976), S. 133 – 154.

18 Hubala, Erich: Johann Jakob Michael Küchels Bericht aus dem Jahre 1737 über die Prager Architektur; In: Sudetendeut- sche Akademie der Wissenschaften und Künste H. 11 (1991), S. 151 – 202.

19 Gerold, Claudia: Johann Jakob Michael Küchels unausgeführ- te Pläne für die Wallfahrtskiche Vierzehnheiligen (1993/1994)

20 Ruderich, Peter: Die Wallfahrtskirche Mariae Himmelfahrt zu Vierzehnheiligen (2000), S. 101 – 107, S. 255 - 260 und S. 288 – 292.

21 Korth, Thomas: Die Valentinikapelle in Unterleiterbach; In:

Das Dorf-Leben (2000), S. 148 – 166.

auf hohem Niveau fränkische Baukunst aus und bewies, nach dem Ausscheiden Neu- manns, den Fortbestand qualitativer Kontinui- tät.

Unser Baumeister galt zu Lebzeiten als aner- kannter Künstler. Die Autoren des 20. Jahr- hunderts bestritten diese Tatsache auch nie.

Bei der Suche nach begleitender Fachliteratur stößt der Kunsthistoriker in Zusammenhang mit Küchel immer wieder auf positive Meinungen.

Inwieweit sich der Bamberger Hofingenieur über die Ideen der „großen Architekten“ hin- wegsetzte, belegte Hans W. Hegemann in sei- nem Aufsatz über „Küchels Meisterwerk in Pommersfelden“. 22 23 Er bewies, dass der ge- wiegte Architekturkenner Friedrich Karl von Schönborn den Entwürfen Küchels zur Treppenanlage im Schlossgarten das Placet vor den Plänen Balthasar Neumanns und Johann Lucas von Hildebrandts gegeben hatte.

Und so verwundert es auch nicht, dass Jo- hannes Spengler in seinem Werk „Johann Va- lentin Anton Thomann“ bei der Aufzählung der besten deutschen Spätbarockarchitekten neben Balthasar Neumann, Johann Valentin Anton Thomann, Johann Conrad Schlaun, Friedrich Joachim Stengel auch Johann Jakob Michael Küchel mit einschloss. 24

22 Hegemann, Hans W.: Küchels Meisterwerk in Pommersfel- den; In: Fränkische Blätter 1. Jg. Nr.14 (1948/1949), S. 53 - 55.

23 Morper, Johann J.: Die Gartenarchitektur in Pommersfelden;

In: Fränkische Blätter 1. Jg. Nr. 20 (1949), S. 79.

24 Spengler, Johannes: Johann Valentin Anton Thomann (1987),

S. 32.

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K ÜCHEL EIN O PFER SEINER Z EIT

Küchels Stellung und Auftragslage Küchel ein Opfer seiner Zeit

Johann Jakob Michael Küchel genoss bereits zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn die Gunst seines großen Auftraggebers, des Bamberger Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn.

Dies lag zum einen an der fundierten Ausbil- dung 25 beim Mainzer Militär und der damit verbundenen Fürsprache seines Mentors Maxi- milian von Welsch; andererseits wusste man um das Talent Küchels, nicht zuletzt nach Ein- schätzung Balthasar Neumanns 26 , Bescheid.

Gerade die von Friedrich Carl von Schönborn initiierte und für Küchel organisierte Studien- reise beweist, dass sich der Fürstbischof seiner sicher sein konnte, für den richtigen Mann wei- terbildend investiert zu haben.

Somit genoss der an Schaffenskraft überlegene- re Küchel stets vor Hofbaumeister und Konkur- rent Justus Heinrich Dientzenhofer 27 den Vor- zug.

Küchels Karriere hing fortwährend von Staats- finanzen oder politischen Umständen ab.

Neue architektonische Großprojekte im Hoch- stift Bamberg blieben aus oder bearbeitete be- reits Balthasar Neumann. Infolge dessen be- stand für Küchel nur die Möglichkeit, jene Großbaustellen als untergeordneter Mitarbeiter zu besetzen oder zu vollenden.

Hinzu kam der siebenjährige Krieg, der Kü- chels Wirken einschränkte und in den Nach- wirren stellenweise lähmte. Sein kritischer Ge- sundheitszustand in der letzten Dekade seines Lebens ließ schließlich den Aktionismus ande- rer Architekten erstarken.

Das Arbeitsfeld seiner Baukunst beschränkte sich zeitlebens auf einfache Landkirchen, Pfarr- und Amtshäuser, städtische Anwesen oder Landschlösser. Oft leitete er nur Um- oder An- bauten, bei denen es galt, auf den Bestand Rücksicht zu nehmen.

25 Hotz, Joachim: J.J.M. Küchel (1963), S. 12. „Kriegs-Übungen, Geometrie und Architectura Civili et Militari“; Quellenangabe:

Anm. 12, S. 240.

26 Hotz, Joachim: J.J.M. Küchel (1963), S. 17. „…kann dabey unterthänigst versichern dass er capabl(e) ist, undt wirdt es werden alß mehrers zu thuen, undt guthe dinste verrichten wirdt können“ Quellenangabe: Anm. 19, S. 242.

27 Korth, Thomas: Justus Heinrich Dientzenhofer und sein Ver- hältnis zu Balthasar Neumann; In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 39 (1979), S. 125 - 137.

Die große Stadt- oder Wallfahrtskirche, einheit- liche Kloster- oder Schlosskomplexe genauso wie feudale Stadtpalais, blieben ihm als kom- plette Eigenschöpfung bis auf wenige Ausnah- men versagt.

Viele gut gemeinte Entwürfe verschwanden häufig aus Geldnot in der Schublade. Die bei- den Entwurfsblätter zum Bau der Wallfahrtskir- che Vierzehnheiligen bestätigen das enorme Po- tential an Ideenreichtum und architekturtheore- tischem Wissen. Hiermit hätte Küchel, gesetzt Genehmigung seines Vorschlags, den An- schluss an Architekten wie Neumann, Hilde- brandt und Fischer von Erlach finden können.

Neben seiner künstlerischen Tätigkeit als Ar- chitekt galt Küchel in hohem Maße als Entwer- fer exquisiter Inneneinrichtungen und sakraler Möblierung.

Zu seinen Aufgabenbereichen zählten weiterhin die ingenieurmäßige Beschäftigung mit der Ausstellung statischer Gutachten, Maßnahmen der Gartenbaukunst, Reparaturen, Straßen- und Brückensicherungen sowie Uferbefestigungen oder wassertechnische Leistungen.

Küchel war ein Kind seiner Zeit, einer auslau-

fenden Epoche des politischen Umbruchs, dem

unser Künstler auf Kosten seiner unausge-

schöpften Begabung Rechnung tragen musste.

(10)

B AUGESCHICHTE

Pfarrkirche St. Valentin in Straß- giech

Baugeschichte

Die Filialkirche St. Valentin in Straßgiech, ein Bauwerk aus dem Jahre 1686, erfuhr bereits einundfünfzig Jahre später nach Entwürfen Kü- chels erweiternde Umbaumaßnahmen. Die Pla- nung hatte der Baumeister bereits im Jahre 1736 dem Vikariat vorgelegt.

Als Bauführer nennen die Scheßlitzer Pfarrak- ten Paul Mayer und Joseph Gruber.

Mit dem Neubau von Chor und Sakristei ver- größerte Küchel das Gebäudevolumen; in der Folge einer Langhauserhöhung um fünf Schuhe sollten auch größere Fenster den Raum er- hellen. Die Einziehung eines Backsteingewöl- bes diente nicht nur ästhetischen, sondern auch brandschutztechnischen Gründen. Besondere Sorgfalt in der Ausarbeitung ließ Küchel an der für ihn charakteristischen Dachreiterfassade walten. 28

Erst 1739 nahmen die Rohbauarbeiten ein vor- läufiges Ende. 29 Von der eigentlichen Fertig- stellung und Neueinweihung existieren nach bisherigem Sachstand keine aktenkundigen Be- lege. Der Forschung liegen auch keine der Bau- geschichte dienlichen Rechnungen oder Verträ- ge vor.

Nur Johann Looshorn veröffentlichte Zahlen zur Gesamtfinanzierung und der damit verbun- denen Geldnot: Er nennt eine Barschaft von 1700 fl., gekündigte Kapitalien von 1000 fl.

und gegen Zins geliehene 1000 fl. Im Dezem- ber 1739 baten auch die Kirchenpfleger zu Giech, Johann Rephan und Georg Loch, zu die- sem Zwecke um Holzgeld-Nachlass für ihre Kirche. Die Rechnungssumme betrug 248 fl. 15 Kr. 30 31 32 33

28 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 14.

29 Hotz, Joachim: J.J.M. Küchel (1963), S. 20.

30 Loshorn, Johann: Geschichte des Bistums Bamberg (1907), Bd. 7/1; S. 286.

31 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 14. Knoche machte noch auf die Existenz einer zugehörigen Planung im Pfarrar- chiv Scheßlitz aufmerksam, welche nunmehr als verschollen gilt.

32 Hotz, Joachim: J.J.M. Küchel (1963), S. 244. Quellennachweis für das Kirchenprojekt Straßgiech unter der Anmerkung 26.

33 Zenk, Hans: Straßgiech und Wiesengiech (Zulassungsarbeit der Uni Bamberg) (1980), S. 68 – 71.

Eine letzte großangelegte Innenrenovierung fand im Jahre 2004 statt.

Standort

Der Umbau der Filialkirche St. Valentin im et- wa sieben Kilometer nordöstlich von Bamberg gelegenen Dorf Straßgiech 34 , sollte für Küchel die erste eigenständige, sakrale Bauaufgabe be- deuten.

Von der neuen Bundesstraße kommend erahnt der Durchreisende, nach Überwindung der letz- ten, etwas erhöhten Biegung 35 , im Blickfeld des dörflichen Häusergewirrs eine kaum einsehbare Kirchenfassade.

Der Künstler musste aus Kostengründen die vorhandene Gebäudesubstanz in die Planung mit aufnehmen. Nach Fertigstellung der Um- baumaßnahme tritt der Bestand nur noch unwe- sentlich in Erscheinung.

In der Fortsetzung der leicht angewinkelten Häuserflucht erstrahlt die durchgestaltete Fassade leider nur aus nächster Nähe, da Grenz- bebauung und enge Dorfstruktur eine gezielte Fernwirkung vereiteln.

Der hinter der Fassade weit ins Grundstück ge- zogene Saalbau gräbt sich nach sanfter Gelän- deanhebung um circa einen Meter ins Erdreich.

Sicherlich hätte die dekorative Fassadenarchi- tektur mit einem platzschaffenden Rückbau ge- genüber der Dorfstraße an gestalterischer Kraft gewonnen. Der Bestand und der dahinter liegende Friedhof zwangen zu dieser straßenna- hen Lösung, zumal die Baumaßnahme eine Ge- bäudeverlängerung zum Anlass hatte.

34 Zusammen mit Wiesengiech eine Pfarrei bildend.

35 Von Memmelsdorf kommend.

Straßgiech, Umgriff

(11)

A UßENARCHITEKTUR

Durch die Verbreiterung der Dorfstraße und dem Hinzustoßen der Kirchgasse aus südlicher Richtung kann trotzdem von einer exponierten Situation gesprochen werden, die freilich wenig Rücksicht auf die sakrale Inszenierung nimmt.

Außenarchitektur

Die straßenseitige Fassadenwand ragt über die dahinter liegende Dachfläche und findet im leicht zurückversetzten Dachreiter ihre gestalte- rische Vollendung.

Über drei Fensterachsen reicht der verputzte Saalbau, der ohne Choreinziehung mit einer Fünfachtelwandfolge schließt.

Diesem Gebäudegrundriss folgen das verschie- ferte Langhaussatteldach und die dreiseitige Chorabwalmung.

Küchel positionierte den rechteckigen Sa- kristeikubus an die Kirchennordwand zwischen letzter Fensterachse und Chorschräge. Ihr ver- schiefertes Walmdach ordnet sich auf Grund geringerer Bauhöhe der Kirchentraufe unter.

Farbkonzept - Außen

Die Farbgestaltung unterscheidet, gestärkt durch die generelle Ziehung eines schwarzen

"Begleiters", zwischen Wandfläche und erha-

bener Architekturgliederung: So tragen die glatten Putzflächen einen blassen, ockergelben Anstrich, während die zum großen Teil aus Sandsteinen herausgearbeiteten Gliederungs- elemente 36 in rosaroter Farbe erstrahlen. Die Außenkantenlisenen müssen sich einer beson- ders malerischen Behandlung unterziehen, da diese, dank horizontal übereinander angeordne- ter, schwarzer Linien, den Eindruck einer bandrustizierten Steinquaderung vermitteln.

Fassade

Küchel entwickelte seine Fassadenwand aus einem hohen Erdgeschoss, unterbrach dessen Höhenentwicklung mit einem Gurtgesims und stellte darauf ein Giebelgeschoss, dessen Em- porstreben nicht ohne den darüber ragenden Dachreiter auskommt.

Die Vertikale zählt drei Achsen, wobei Küchel das architektonische Geschehen hauptsächlich auf den leicht nach vorne tretenden Mittelrisalit konzentrierte.

Die Fassade ruht auf einem hohen 37 Sockel, der durch ein einfaches, weniger erhabenes Sockel- gesimsband (eine Sandsteinreihe) plastisch zu- rückfällt.

Optischen Halt vermittelt das rahmende Außenkantenlisenenpaar, dessen Existenz le- diglich auf Architekturmalerei beruht. Schwar- ze Horizontallinien suggerieren eine idealisierte

36 Sockel, Lisenen, Gesimse, Architrav, Portal- und Fenster- rahmung, Risalit.

37 Zwei Sandsteinreihen.

Straßgiech, Lageplan Quelle: Stadt Scheßlitz

Straßgiech, Fassade

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F ASSADE Steinquaderung. Diese aufgemalten Lisenen

reichen, ohne Verkröpfungen auszulösen, von der Sockelzone bis zum Gurtgesims. In den Wandflächen des vertikalen Seitenachspaars sucht man vergebens nach Dekor oder Gliede- rungselementen. Aus der etwas missverständli- chen Beschreibung von Traute Knoche geht

allerdings hervor, dass die Fassadenflügel im Vorkriegszustand ein feingliedriges Aussehen besaßen. 38 Höchstwahrscheinlich belebten vor der zerstörenden Restaurierung eingerückte Spiegel die Seitenachsflächen. Frau Knoche be- zeichnete diese mit „Felderöffnungen“, wäh- rend sie mit den „füllenden Platten“ gewiss Putzkissen meinte.

Das isoliert integrierte Binnenlisenenpaar streift den Einzugsbereich der zentralen Mittelachse.

Nach einleitendem Sockel unterlaufen diese Li- senen den Architrav, dauern im Fries fort und provozieren am Gurtgesims eine bis zur Tropf- leiste reichende Teilverkröpfung.

Die Einflussnahme der risalitartigen Wandvor- lage auf die nächste Umgebung gestaltete Kü- chel weitaus intensiver: Denn an ihr ver- kröpfen nicht nur Sockelgesims, Architrav und Fries, sondern auch das gesamte Gurtgesims- profil.

Mit der Aufnahme von Hauptportal und Fassadenfenster bleibt wenig Risalitwand-

38 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 15. „Die Vertikal- lisenen, die wie aus dem Sockelstreifen herausgeschnitten sind und auch die Kehlen des Abschlussgesimses überlagern, rah- men die längsrechteckigen Felderöffnungen, aus denen schmä- lere und kürzere Platten zur Füllung herausmodelliert sind.“

fläche übrig. In einem schwachen Streifen, der bis zum Sockelgesims reicht, schiebt sich der Mittelrisalit zwischen Portal und Seitenachse.

Das Portal erreicht der Kirchenbesucher über eine dreistufige, fünfseitig begehbare Treppe, in deren Podest der Handwerker einen Metall- schmutzrost einließ. Diese mit Kunststein- platten belegte Treppenanlage wie auch die an der Fassadenwand befestigten Handläufe, stellen Veränderungen des 20. Jahrhunderts dar.

Küchel gliederte den Portalbereich horizontal in Sockel, Rahmung und Verdachung.

Ersteren staffelte er in zwei Schichten, vergaß aber nicht, diese der Fassadensockelhöhe anzu- passen bzw. dem Portalrahmungsprofil an- zugleichen. Nur die Oberkante des Sockelge- simses fällt zur Portalöffnung leicht schräg ab.

Die eigentliche erste Rahmung der Portal- öffnung wirbt mit scharrierter Zweifachfas- zierung und dazugehöriger Kehl/Wulst/Steg- kombinierter Profileinfassung. Indem der Steinmetz den abschließenden Steg ebenfalls scharrierte, übernimmt das erhabene Kehl/Wulstprofil eine optisch trennende Funk- tion. Das Portalrahmungsprofil gewinnt im Kämpferbereich an Breite, so dass Ohren aus- kröpfen, die unwillkürlich die Spannweite der Sturzrahmung ausweiten.

Ein breiter, hinterlegter Scheitelstein markiert die Sturzmitte, verweist auf die eingemeißelte Hausnummer "Nro. 1a." und sorgt für Ver- kröpfungen in der darüber liegenden Architek- tur.

Straßgiech, Portalsockel

Straßgiech, Hauptportal

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F ASSADE

Die zweite, weniger erhabene Portalrahmung, greift um Erstere und tritt nur als stegein- gefasste Wandvorlage in Erscheinung. Dieser scharrierte Steg entwächst einer oberschlächtig einrollenden Basisvolute, die am Sockelgesims aufliegt. Mittels schräg geschwungener Gegen- bewegung nimmt die Einfassung einen vertika- len Verlauf; erst ab Kämpferhöhe schlägt diese rechtwinkelig zur ersten Portalrahmung ein.

Ein weiteres, aus erhabener Kehle und Wulst zusammengesetztes Kämpferprofil betont diese Situation und bietet damit der darüber liegen- den Wandvorlage notwendige Auflagermög- lichkeiten. Vom Kämpferprofil bis zur Ver- dachung reichende Vertikalstege begrenzen je- ne sturzangepasste Wandvorlage; eine scheitel- steinabhängige Verkröpfung hinterlässt nicht nur an oben genannter Wandvorlage, sondern auch an der Portalverdachung ihre Spuren. Jene Verkröpfung durchdringt die gesamte Ver- dachungsprofilierung, hält aber mit der Schei- telsteinhinterlegung vor der letzten Ver- dachungskehle inne.

Das fein durchgearbeitete Verdachungsprofil leitet mit einem beidseitig steggerahmten Wulst ein und springt in ein lesbisches Kyma über.

Die gering vorkragende Tropfleiste endet ohne Nase in einem kehlartigen Ablauf und unter- fängt damit zwei gestaffelt vortretende Ab- schlussstege. Die Portalverdachung assimiliert ohne ausreichende Spannweite den Segmentbo- gen des Portalsturzes. Deshalb setzt links und rechts der Verdachung eine horizontale Bogen- erweiterung an, die die Portalrahmung um eini- ge Zentimeter übergreift. Diese Horizontalfort-

sätze laufen, entsprechend der Verdachungs- profilierung, treppenartig aus. Ein einfaches Blechdach schützt die vorkragende Verdachung vor Regen.

Das zweiflügelige Holztürelement bietet ein sturzüberformtes Oberlicht mit zweigeteilter, wabenartiger Bleiverglasung an. Die einfachen Türblattrahmen umschließen jeweils eine zwei- geteilte Füllung. Ein kissenbesetzter Spiegel füllt das sohlbankunterstützte obere Zweidrittel- feld profiliert gerahmt aus. Darunter schließt ein lastabtragendes, kanneliertes Brüstung- kissen an. Die oberlichttrennende Halbsäule ruht auf einem spiegelbesetzten Postament, das an einem kreuzreliefierten Scheitelstein Ent- lastung sucht. Dieser dem Türkämpfer aufge- legte Scheitelstein gewinnt in der Zusammen- schau mit dem rechten Türblattfalz, bestehend aus Sockel, Halbsäule und Kapitell, eine pi- lasterähnliche Form.

Oberhalb der Portalzone wirft ein nahezu quadratisches Korbbogenfenster Licht in den Kirchensaal. Eine bemerkenswert bogenge- formte Sohlbank drängt, unterstützt von schrä- gen Anschwüngen, in die Öffnung. Das aus zwei Faszien und einem angekehlten Ab- schlusssteg entwickelte Rahmungsprofil trägt eine scharrierte Oberfläche. Mit der erweiterten Sturzrahmung entstehen ab Kämpferhöhe automatisch Ohren. Ein hinterlegter Scheitel- stein, der oben wie unten jeweils in Architrav und Fensteröffnung einbricht, betont die Sturz- mitte. Gerade mal zwei gekreuzte Metallbänder stabilisieren die wabenartige Bleiverglasung.

Straßgiech, Portalverdachung

Straßgiech, Fassadenfenster

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F ASSADE Optischen Halt vermittelt das risalitrahmende

Binnenlisenenpaar, dessen Darstellungsweise wiederum der Architekturmalerei unterliegt.

Der darüber verlaufende Architrav tritt zwei- fach fasziert und mit angekehltem, fries- trennendem Steg vertikal scharriert in Er- scheinung. Er überspannt verkröpfend die Mittelachse und reicht bis zum risalitflan- kierenden Lisenenpaar. Eine Verunklärung der Lisenen-Architrav-Überschneidung entsteht durch das lisenenebene Verschwinden der unte- ren Faszie und durch dessen unmotiviertes En- den vor der Lisenenaußenkante. Sicherlich sorgte eine unsachgemäße Restaurierung für diese gestörte Situation.

Ungeachtet der schmalen, schmucklosen Fries- zone dringen die mittelrisalit- und lisenen- verursachenden Verkröpfungen bis zur Gurtge- simstropfleiste vor.

Die Trennung zwischen Erd- und Giebelge- schoss gelingt mittels vorkragendem Gurtge- simsprofil. Ihre gegenüber der Portalver- dachung anders geartete Zusammensetzung be- ginnt mit einer stegrahmenden Kehle. Nach einem Wulst, der ins Profil einkerbt, unterstützt ein schwacher Steg die weit vorkragende Tropf- leiste. Das mit einer Tropfnase ausgestattete Leistenband überfängt abläufig die bekrönende Sima. Den mächtigen Überstand deckt, den Niederschlägen trotzend, ein einfaches Schie- ferpultdächchen ab.

Die darüber aufsteigende Attika, deren Bauwei- se dem Gebäudesockel ähnelt, womit vor allem auf das oberste, zurückgenommene Gesimsband hingewiesen sei, bildet die Basis für das nach- folgende Giebelgeschoss. Bereits hier stimmt die giebelübergreifende Dreiachsfortsetzung mit einer Risalitverkröpfung an.

Die beiden Giebelflügel formen ein recht- winkeliges Dreieck, dessen Hypotenuse eine nach oben schwingende Aussenkante nach-

zeichnet. Das mit erhabener Kehlscharrierung und abschließendem Steg besetzte Rahmungs- profil bildet die Form einer Doppelvolu- tenspange. Die große, quadratisch anmutende Basisvolute schwebt leicht angehoben über dem

Attikaausläufer. Die zur Giebelmitte gewandte Volutenschnecke öffnet die äußere Windung an der darüber fortlaufenden Flügelaußenkante und zieht mit dem gesamten Rahmungsprofil diagonal hochschwingend Richtung Risalit.

Erst unterhalb des Giebelarchitravs tangiert der rahmende Abschlusssteg die Mittelachse und rollt in einem Versatz als kleine Volute risalit- seitig ein. Eingefasst in Volutenspange, Attika und Mittelrisalit bleibt der eigentlichen Giebelwandfläche jegliche Architekturgliede- rung verwehrt.

Der an Breite und Erhabenheit erdgeschossglei- che Giebelrisalit endet, gebremst durch ein schwaches Gesims, kurz vor dem Dachreiter.

Den Architekturgesetzen gehorchend über- nimmt dieses erhabene Kehl/Wulst-Gesims, die Aufgabe eines Architravs, der um die Giebel- außenkanten greift und damit konsolartige Un- terstützung von den beiden rahmenden Kleinvo- luten erhält. Damit übt folgerichtig der darüber befindliche Wandstreifen die Funktion eines schmucklosen Frieses aus. Warum die neue Frieszone eine hellbeige Wandfarbe statt des ihr zustehenden Risalitrots trägt, liegt womöglich an der Oberflächlichkeit der letzten Renovie- rungsmaßnahme.

Das Profil des Dachreiterkranzgesimses formte der Steinmetz aus einem einleitenden Karnies, das in einen Wulst überläuft, ehe eine Kehle die

Straßgiech, Gebälk

Straßgiech, Giebelflügel

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D ACHREITER

überhängende Tropfleiste vorbereitet. Abläufig stößt das Tropfband zur überhängenden Sima vor.

Selbst im Giebelgeschoss blieb Küchel seiner Architektursprache treu, dem Risalit große Bauglieder einzuverleiben: Die Motivreihe be- gann im Erdgeschoss mit Portal und Fenster und gipfelt nunmehr im nischen- und ziffer- blattbesetzten Dachreitergiebel.

Von einer Breitbandrahmung umsäumt steht die Konchennische unmittelbar auf dem Attikage- sims; demzufolge verzichtete Küchel auf eine Sohlbank. Während der hinterlegte Scheitel- stein die Mitte des Rundbogensturzes akzentu- iert, überzieht ein schmales, horizontales Kämpferband Rahmung und Nischenrücken.

Nur die viel zu kleine Valentinsfigur aus dem Jahre 1754 trägt Schuld daran, dass, gemäß den Größenverhältnissen, Mauerwerk den unteren Nischenbereich ausfüllt. Dieser Versuch der proportionalen Angleichung scheiterte zu Un- gunsten der nochmals auf einem Postament ste- henden Kleinplastik. Sicherlich war mit der un- vermauerten Nische die Aufstellung eines grö- ßeren Bildwerks beabsichtigt.

Das oberhalb der Nische montierte Zifferblatt mit vergoldeten, römischen Zahlen auf schwar- zem Hintergrundband und weißer Kreis- innenfläche, mag, zumal der Bezug zur archi- tektonischen Umgebung fehlt, als nachträgliche Zutat erscheinen. Deutlich verweisen die gold- gefassten, herzförmig ausgeschnittenen Zeiger- spitzen auf die gegenwärtige Zeit.

Dachreiter

Den Dachreiteranschluss bewältigte Küchel mit einer weit vorkragenden Kranzgesimsprofi- lierung. Er lenkte dieses Gesims kantenüber- greifend auf beide verschieferte Dachreitersei- tenwände.

Liegende Rechteckfenster in Wandmitte er- hellen das Innere des Dachreiterunterbaus.

Der Rechteckgrundriss des auf dem Langhaus- satteldach aufsitzenden Unterbaus erfährt ost- wärts zwei Kantenabfasungen; diesem Umstand passt sich auch das Kranzgesims an.

Darüber strebt ein schwacher, pyramidaler Dachansatz geschwungen nach oben und be- ginnt, an den vier Außenkanten dank kleiner, sphärischer Dachflächendreiecke, auf das mit Abfasungen versehene Grundrissquadrat der Laterne hinzuwirken. Eine weitere Gesims- vorkragung markiert kantengefast den nach- folgenden Laternengrundriss und die damit ver- bundene Aufstellung von vier Holzstützen. Kü- chel belegte jene diagonal zueinander stehenden Stützen mit kantenumgreifenden Wandvorla- genpaaren. Genau diese Wandvorlagen verursa- chen am laterneneinschnürenden, dreifach fas- zierten Architrav sowie am schmucklosen Fries Verkröpfungen. Unterhalb der Gebälkzone bleibt zwischen jedem Laternenstützenpaar Platz für eine korbbogige Schallöffnung. Aus deren schmalen, aber dreifach faszierten Rahmung schnitzte der Zimmermann einen höl- zernen Scheitelstein, dessen Architravnähe eine Verkröpfung hervorruft. Die zweiflügeligen Lamellenläden schützen das Laterneninnenle-

Straßgiech, Heiligennische Straßgiech, Dachreiter

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L ANGHAUS ben vor Niederschlägen und Vögeln. Der

Zwickel zwischen Korbbogen, Architrav und Wandvorlage buchtet als sphärisches Dreieck- kissen aus. Das der „Glockenstube“ gegenüber vorstehende Laternenkranzgesims trägt mit zwei unterschiedlichen Wülsten auf, welche eine einfache Tropfleiste unterkeilen. Zwischen Tropfleistenband und auslaufender Sima schal- tete der Zimmermann ein weiteres Wulstprofil.

Jenes Laternenkranzgesims bildet die Basis für einen hochschwingenden Dachansatz, dessen Emporstreben nur eine einschnürende Profi- lierung unterbricht. Darauf lagert die sehr ge- drückte, bauchige Zwiebel, an der, ungeachtet der Verschiefung, immer noch das quadrati- sche Grundrissprinzip der abgefasten Kanten abzulesen ist. Ein weiteres, vorkragendes Holz- gesims kappt die Zwiebelspitze zu Gunsten eines kelchfußähnlichen Schieferdächchens, das übergangslos in ein goldenes Rohr mit aufge- setzten Wulstringen ausläuft. Der darauf mon- tierte fassförmige Dachreiterknauf besteht, ge- trennt durch einen hinterlegten Horizontalwulst, aus Schale und Deckel. Darüber ragt das mit Dreipässen an den Balkenenden und mit diago- nalen Strahlenbündeln an beiden Kreuzungs- punkten belegte Kardinalskreuz gen Himmel.

Langhaus

Die drei Fensterachsen zählende Langhauswand greift die fassadenvorgebende Sockelgliederung auf und funktioniert das frontale Gurtgesims in ein Traufgesims um.

Die genutete Rahmungslisene der Kirchenfront kehrt kantenübergreifend am Fassadenwand- haupt wieder. Damit zeigt jene Lisene dem An- schein nach die Fassadenwandstärke an, rahmt aber auch gleichzeitig das Langhaus.

Küchel versah jedes der drei hohen Fenster mit einem flachen Korbbogensturz, mit einer zwei- fach kehlartig faszierten und stegab- schließenden Rahmung sowie mit einem daran

"eingehängten", hinterlegten Scheitelstein.

Eine gesonderte Ausarbeitung erfuhr das Sohl- bankprofil, das mit einem erhabenen, kehlab- laufenden Breitband einleitet und über einen dazwischen geschalteten, schmalen Steg in einem kräftigen, die Fensterrahmenbreite durchbrechenden Wulst endet.

Unter dem mittleren Fenster der südöstlichen Langhauswand behauptet sich ein Seitenportal.

Höhenprobleme trugen sicherlich dazu bei, die

Straßgiech, Langhauswand

Straßgiech, Langhausfenster

Straßgiech, Seitenportal

(17)

C HOR UND S AKRISTEI

Türrahmung direkt unter die Fenstersohlbank zu stellen, so dass der Steinmetz deren unteres Profilband schwächen musste. Situationsbe- dingt darf die Vermutung geäußert werden, dass hier am Seitenportal eine nachträgliche Bau- maßnahme stattfand. Unterstützung erhält die- ser Verdacht durch die recht frisch scharrierte Portalrahmenoberfläche. Außerdem unterbricht jene Rahmung anteilnahmslos den Längswand- sockel und verzichtet selbst auf einen verstärk- ten Basisfuß. Das zweifach faszierte, mit einem Abschlusssteg versehene Rahmungsprofil, formt ein stehendes Rechteck, dessen breiter gestalteter Horizontalsturz Kämpferohren er- zeugt.

Je ein kreuzaussteifender Rahmen stabilisiert die Türblätter der zweiflügeligen Anlage. Und je drei kleiner werdende, nach außen geschobe- ne Kissen füllen ineinander gesetzt die hieraus entstehenden Felder aus.

Chor und Sakristei

Wie schon weiter oben angeklungen verzichtete Küchel auf eine Choreinziehung. Dieser Um- stand ist sicherlich auf die schmale Bestandsar- chitektur zurückzuführen.

Es findet also nur eine Fortsetzung der beiden Langhauswände statt, in denen sich die erste Chorfensterachse ohne optische Trennfuge be- haupten muss.

Weitere Übernahmen rufen Traufgesims und Sockel hervor, wobei Letzterer einen Höhen- versatz an der Chorlängswand in Kauf nehmen muss. Die Geländeanhebung zwang Küchel zu dieser Maßnahme, da ansonsten der Sockel in der Umgriffebene verschwunden wäre.

Genauso unspektakulär vollenden die lisenen- gerahmten Dreiachtelchorschlusswände den Gebäudekubus. Die kantenumgreifenden Li- senen verursachen keine Verkröpfungen und

tragen, an die Fassade erinnernd, schwarz auf- gemalte Nutungen. Küchel überließ jeder Chor- wandachse, nach Vorgabe des Langhauses, ein Fenster. Nur die Sakristeiverdachung vereitel-

te an der Nordwand einen Fensterdurchbruch.

Eine Beeinträchtigung erfuhr auch das in der unteren Öffnungshälfte zugesetzte Chorstirn- fenster, welches als Folge der Hauptaltararchi- tektur und der damit verbundenen Licht- steuerung an Fläche einbüßte. Am Firstende des dreifach abgewalmten Schieferdachs thront ein

Kreuz, das auf einem halterungsrohrunter- bauten Turmknauf steht und dessen Ausgestal- tung dem des Dachreiterkreuzes gleich kommt.

Straßgiech, Sockelerhöhung

Straßgiech, Chor

Straßgiech, Sakristei

(18)

I NNENARCHITEKTUR Den Formenapparat der Kirche übertrug Küchel

in etwas abgewandelter Weise mit einfachem Sockel, mit kehlbetontem Traufgesims 39 und aufgemalten Lisenen auf den Sakristeianbau.

Einem breitbandgerahmten Fenster im Osten steht ein separates Portal mit Oberlicht gegen- über. Auf der geschlossenen Stirnwand erinnern zwei eingelassene Gedenktafeln mit den Jahres- zahlen 1686 sowie 1735 an beide Baumaßnah- men.

Innenarchitektur Langhaus

Der rechteckige Saal des Langhauses reicht über drei Fensterachsen. 40 Die beiden Eckab- rundungen der Chorbogenwand beeinträchtigen die klare Strenge der Raumatmosphäre. Tief

ausgeschnittene, segmentbogige Fenster- öffnungen unterbrechen die schmucklosen, un- gegliederten Wände. Ein weit vorkragendes, stark profiliertes Gesims signalisiert die klare Trennung zwischen Wand und Spiegelgewölbe.

Dieses horizontale, saalumgreifende Gesims von dreifach gewulsteter und zweifach gekehl- ter Profilierung 41 weicht dem Chorbogen ge- schwungen aus und bleibt vor dem Fassaden- fenster stehen.

Darüber kippt eine große, raumabschließende Voute in den Langhaussaal, was gleichsam ein Schmälern der zu überwindenden Spannweite des Spiegelgewölbes bedeutet.

39 Einleitender Steg und erhabene, breite stegauslaufende Groß- kehle.

40 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 14. Knoche spricht von einer 1: 1 – Proportionierung (Breite : Höhe).

41 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 13.

Längs- und Quervoute stoßen im Emporenbe- reich gehrungsgeschnitten aufeinander; demge- genüber entstehen an den abgerundeten Chor- bogenecken sphärische Wölbungen. Küchel schied, mittels profilierter Rahmung, die Vou- tenkehle vom eigentlichen Deckenspiegel. Die

übergeordnete Rechteckform des Deckenspie- gels erfährt an den Ecken eingerückte Viertel- kreisaussparungen und an den beiden Längssei- ten je zwei langgestreckte Ohren. Im Scheitel der viertelkreisförmigen Deckenspiegelaus- sparungen umgreifen vegetabile Feston- halterungen die Rahmung. In diesem Spiegel

bettete der Künstler ein ovales Deckenfresko, dessen profilierte Rahmung an der Spiegelum- randung mit Hilfe zweier vegetabiler Stuckver- zierungen tangierend Halt findet. Die ovale Längsachse beansprucht ein weiteres Stuckde- korpaar gleicher Gattung.

Straßgiech, schematischer Grundriss

Straßgiech, Saal gegen Chor

Straßgiech, Decke nach Sanierung 2004 mit veränderter Farb-

gebung

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C HOR

Weit ragt die Orgelempore in den Saal und verwehrt damit dem Kirchenbesucher vorerst den innerräumlichen Gesamteindruck. Ihre auf Hermenstützen 42 stehende und an den Außen- wänden aufliegende Holzkonstruktion über- spannt die gesamte Saalbreite und erstreckt sich über zwei balkonartig vorstoßende Seitenarme bis zur zweiten Fensterachse. Der Brüstungs- verlauf der Hauptempore buchtet am Mittelteil leicht nach vorne. An deren Ausläufern und an der abgerundeten Aussenkante eines jeden Sei- tenarms steht ein kantiges Hermenstützenpaar.

Vier grün marmorierte, sturzbogeneingerückte Spiegel verdrängen die eigentlich weinrot mar- morierten Stützflächen. Das weinrot marmorier- te Emporenbrüstungsskelett, bestehend aus pro- filiertem Unterzugbalken, darauf stehenden sechs Stützen 43 und dem profilierten Handlauf, bildet den Rahmen für fünf grün marmorierte Füllungsbretter. Während der Fassmaler den vier Seitenarmfüllungen je zwei Gold umrande- te, eingerückte Rechteckspiegel in weinroter Marmorierung zugestand, gliedern drei form- verfremdete Spiegel die breitere Mittelfüllung der Hauptempore: So erhält der mittlere Spiegel vier Aussenkantenohren, während die beiden flankierenden Felder Abfasungen erkennen lassen. Der Orgelprospekt in der Emporenmitte verdeckt das Fassadenfenster und beeinträchtigt

42 Seltsamerweise diagonal zum Raum ausgerichtet.

43 Die Stützenstandorte des Geländers legte der Schreiner auf Außenwände, Aussenkanten und Ecken fest.

damit nachhaltig den Lichteinfall. Die Zer- rissenheit zwischen Außenarchitektur und Em- porenmöblierung lässt den Schluss einer ver- änderten Innenorganisation zu. Zwei in die westlichen Langhausecken gedrängte Holz- treppen führen viertelgewendelt zur eigent- lichen Emporenebene hoch. Das Treppengelän- der rückt mit den lebhaften Bretterbalusterum- rissen von der bisher angewandten Formenspra- che ab.

Tritt der Kirchenbesucher vollends in den Saal wandern seine Blicke auf die beiden Seiten- altäre, die im Grundriss wie in der Dimension den abgerundeten Ecklösungen der Chorbo- genmauerbacken nacheifern. Die Altararchitek- tur übernimmt vordergründig dieses Rundmotiv und tritt bewusst mit wenigen Dekorspitzen über die Chorbogen- bzw. Fensteröffnungs- laibung. Der Strahlenkranz im Altarauszug wagt es allerdings nicht, das profilierte Decken- gesims zu schneiden. Mit diesen wenigen Be- obachtungen spürt der Kunstsinnige ein mö- blierungsbedingtes Planungskonzept. Die Al- tarentwürfe könnten demnach speziell für diese Kirche aus der Hand Küchels stammen. Zu die- ser Formensprache gehört neben der Kanzel, die an der nördlichen Langhauswand zwischen zweiter und dritter Fensterachse hängt, auch der Hauptaltar in der Chormitte. Allen Einrich- tungsgegenständen gemeinsam bleibt, gestei- gert durch diverse Goldakzentuierungen, der farbliche Überzug von weinroter und grüner Marmorierung.

Chor

Beide Chorbogenmauerbacken ersetzen im Kir- cheninneren die am Außenbau nicht existente Choreinrückung. Die aus dieser Wand ausge- schnittene Korbbogenöffnung verkleinert rah- mend das Blickfeld und schafft räumliche Dis- tanz zur Kirchengemeinde. Mit der chorbogen-

Straßgiech, Empore - während der Sanierung 2004

Straßgiech, Saal gegen Empore

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F ARBGEBUNG - I NNEN breiten Stufenerhöhung verlässt der Gläubige

den Betraum. Er betritt das geistliche Zentrum des Gotteshauses, dessen Raumgrundriss Chor- längsachse mit Dreiachtelchorschluss verbindet.

Bis auf die Nordachse teilte Küchel jedem Wandbereich eine korbbogige, dekorlose Fensteröffnung zu. Die in der Mitte stehende Hauptaltararchitektur fordert nur am Glo- riolenauszug nach rückwärtigem Tageslicht.

Die flache, grundrissangepasste Wölbung re- agiert an jeder Fensterachse mit einer autarken Stichkappe. Dieser Kunstgriff ermöglicht es, die Öffnungen über den Gewölbeansatz zu zie- hen. Aufmerksamkeit erlangen die Stich- kappen durch ihre profilierte Rahmung, die ver- einfacht auch um den Stichbogenrand verläuft.

Den Übergang Wand/Gewölbe akzentuiert ein profiliertes Kämpfergesims, auf dem die Stich- kappenrahmungen aufsitzen. Eine vierpassför- mige Rahmenprofilierung verschleiert die eigentliche Chorgewölbemitte, da sie sich mit dem nach hinten verschobenen Chorschlussgrat nicht deckt. Denn in der Fortsetzung der Wand- ecken treffen die vier schwachen Gratführungen auf die Achsmitte, die wiederum den gerahmten Gewölbevierpass dezentral schneidet.

Farbgebung - Innen

Im eher gemäßigten Farbdreiklang der Innenar- chitektur dominiert hauptsächlich ein hellgrauer Wandgrundton. In vornehmer Zurückhaltung leuchten in weißer Farbe Gesimse und Rah- menprofilierungen des Deckenbereichs, teilwei- se pointiert von acht rosa, rot bis beige getränk- ten Vegetabildekoren. 44 An der Decke taucht nur das Fresko in kräftigere Farben ein. Kon- trastierend hebt sich die Kirchenmöblierung mit

44 Die Innenrestaurierung von 2004 reduzierte den Farbkanon des Vegetabildekors auf die Farbe Gelb.

Vergoldungen und weinrot/grüner Mar- morierungen von den kahlen Wänden ab.

Stilkritische Analyse

Die Filialkirche St. Valentin in Straßgiech gilt nach dem heutigen Forschungsstand als erster, selbständiger Sakralbau Küchels. Sein Entwurf muss, chronologisch betrachtet, vor seiner Stu- dienfahrt 45 stehen. Reiseeindrücke hätten ihn aber dazu bewegen können, nachträgliche Pla- nungsänderungen vorzunehmen. Zweifelsohne keimt aus diesem Kirchenbau eine sakrale Ar- chitektursprache, die Küchel während seiner gesamten Schaffensphase immer wieder auf- griff. Viele Details nahmen hier ihren Anfang, wurden weiter transportiert, ergänzt und spiele- risch wieder eingesetzt. Darüber hinaus steckte er bereits an diesem Kirchlein seine feingliedri- ge Rahmenarchitektur 46 ab, der er bis zuletzt treu blieb.

Diese stilkritische Analyse beschäftigt sich ein- gehend mit der Architektursprache Küchels.

Neben eigenwilligen Besonderheiten stehen aber auch landläufige Architekturmotive im Vordergrund, ohne die Küchels Formenapparat keinen Bestand hätte.

Weiter warten bei dieser Untersuchung Fragen der Proportion, der Statik, des Materials, der Nutzung, des Auftraggebereinflusses, der Kos- ten, des Standorts und des Farbkonzepts auf Antwort.

Die Archivarbeit beschränkte sich lediglich auf den Kern dieser Untersuchung: Auf verwirk- lichte Kirchenbauten, deren Planung sowie auf unausgeführte Sakralentwürfe. Ein gesamt- historisches und archivalisch untermauertes Forschen hätte den Rahmen dieser Dissertation gesprengt. Deshalb müssen hierzu auch einige Fragen offen bleiben.

Im Vordergrund dieses Abschnitts stehen, be- zogen auf das Werk Küchels, die stilkritische Analyse, der Vergleich mit zeitgenössischen, fränkischen Kirchenprojekten und die damit einhergehende systematische Beschreibung aber auch die direkte Einflussnahme anderer Architekturgrößen sowie seiner Studienfahrt.

45 Mai bis August 1737.

46 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1737), S. 14/15.

Straßgiech, Chorraum

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S TILKRITISCHE A NALYSE

Fassadengliederung

Küchel beanspruchte ein klares Fassadenraster, welches nahezu jedem seiner Landkirchen an- haftet.

Vertikal gliederte er die Straßgiecher Fassade in drei Achsen. Der Mittelachse gestand er eine breitere Risalitlösung zu, deren zusätzliches In- teresse übereinanderliegende Bauglieder wie Portal, Fenster, Nische, Uhr und Dachreiter wecken. Horizontal differenzierte Küchel gurt- gesimstrennend zwischen hohem Erdgeschoss und aufgesetztem Giebel.

Die enorme Erdgeschosshöhe kann nicht feh- lendem Proportionsempfinden angelastet wer- den; vielmehr verweist der Fassadenaufbau auf die innenarchitektonische Raumdimension.

Gleichzeitig lenkte der Baumeister das Gurtge- sims geschickt über die Außenkanten zur Wei- terverwendung als Traufgesims der hohen Langhauswand.

Diese zum Prototyp avancierende Straßgiecher Fassade verwirklichte Küchel an vielen nach- folgenden Sakralprojekten; auf Kirchen wie Marienweiher, Kersbach, Pretzfeld, Ober- brunn, Vilseck (Nordfassade) und Roßstadt wird nachfolgend noch einzugehen sein.

In etwas abgewandelter Weise klingt jene Glie- derung auch an Fassaden der Spitalkirchen Kupferberg und Forchheim, oder an den Gotteshausentwürfen Nankendorf, Kirchehren- bach und Kaltenbrunn an.

Im Vierzehnheiligenentwurf und bei Kirchen wie Lettenreuth, Vilseck (Westfassade) und Pettstadt erweiterte Küchel seine Fassadenglie- derung auf fünf teilweise fließend übergehende Achsen. Die Unterleiterbacher Kapellen- fassade verfügt lediglich über eine Achse.

Küchel gehorcht in den meisten Fällen einer Tradition, die bis in den italienischen Frühba- rock zurückreicht und dessen Ursprung aus der Dreischiffigkeit mittelalterlicher Kirchen her- rührt. Daher gilt der Straßgiecher Fassadenauf- bau als allgemein überliefertes Grundgerüst ba- rocker Sakralarchitektur.

Schon Johann Baptist van der Driesken machte bei seiner Würzburger Karmelitenkirche (1662 – 1669) (Abb. 1001), als ersten barocken Sakralbau Frankens, von diesem Fassadensys- tem Gebrauch. Die Nähe zu Neumannschen Einturmfassaden kleiner Landkirchen (z. B.

Kirche Retzbach, 1736) (Abb. 1002), aber auch die eigentümliche Wandbehandlung Kü-

chels sollen in nachfolgenden Kapiteln an Klar- heit gewinnen.

In Franken bleiben einachsige Barockfassaden vornehmlich kleineren Kapellen vorbehalten (z. B. Siebenschläferkapelle Stegaurach, 1696, Bonaventura Rauscher) (Abb. 1003).

Der Hauptanteil vertikaler Fassadengliederung liegt in der Dreiachsigkeit (z. B. Gaukönigsho- fen 1724 – 1730) (Abb. 1004).

Eher selten, und dann nur im städtischen oder klösterlichen Bereich aber auch im Wallfahrts- wesen, erweiterte die Architektenschaft die Zahl auf fünf Achsen (z. B. Maria Limbach, 1751 – 1755, Balthasar Neumann) (Abb. 1005).

Nur eine Attika kann die ortsübliche Zweige- schossigkeit durchbrechen und ein zusätzliches Turmgeschoss den Wandaufbau überhöhen. 47 Einfacher, erhabener Sockel mit leicht zurückgesetztem Abschlussgesimsband Küchels Gebäude ruhen zumeist auf einem er- habenen, einfachen Sockel, der abschließend in ein Gesimsband zurückfällt. Dieses Gesims nimmt dem Sockel die starke Erhabenheit, leitet optisch zur Gebäudewand über, trennt aber auch gleichzeitig Sockel und Mauerwerk.

Viele Küchelkirchen tragen dieses Gesimsband:

Angefangen bei der Filialkirche Straßgiech führt die Motivsuche von Unterleiterbach, Kupferberg (Spitalkapelle), Kersbach, Pretz- feld, Oberbrunn und Roßstadt bis zu den Ent- würfen von Kirchehrenbach und Kaltenbrunn.

Zum Großteil tragen selbst seine Profanbauten diesen Sockeltypus: Dafür stehen neben den Seehofer Torhäusern 48 49 (Abb. 1), der Dompfisterei (Abb. 2), dem Kronacher Pfarr- hof (Abb. 3) auch die Bamberger Palaisbauten von Rotenhan (Abb. 4) und Hebendanz (Abb. 5).

47 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel (1937), S. 14/15. „Die Fassade des einfachen Baues, obschon sie in ihren Grundelementen den Typus der Neumannschen Einturmfassaden kleiner Landkir- chen beibehält, ist in einer völlig unneumannschen Weise als eine feingliedrige Rahmenarchitektur gebaut. Wie bei Neu- manns Kirchen beherrscht die dreigeschossige Turmachse mit der Übereinanderordnung von Portal, Fenster, Statuennische, Uhr, Glockenstuhlfenster und Turmhaube die Fassade.“

48 Kämpf, Margarete: Das Fürstbischöfliche Schloß Seehof zu Bamberg, mit einem Quellenanhang unter Mitarbeit von Wil- helm Biebinger; In: 93/94. Bericht des Historischen Vereins Bamberg (1954/55), S. 25 - 254.

49 Teufel, Richard: Beiträge zum fränkischen Barock - 2. Die

Torhäuser von Schloß Seehof bei Bamberg; In: Zeitschrift für

Kunstgeschichte, Bd. 12 (1949), S. 60 - 66.

(22)

S TILKRITISCHE A NALYSE Sicherlich kann dieses Stilmerkmal nicht allein

für Küchel in Anspruch genommen werden.

Der fränkische Kirchenbau des 17. und 18. Jahrhunderts kennt neben der Küchelschen Variante (z. B. Unterneuses, 1756) (Abb. 1006) noch vier weitere Möglichkeiten:

1. Gebäude ohne Sockel (z. B. Kreuzkapelle Machtilshausen, 1730) (Abb. 1007).

2. Gebäude nur mit einfachem Sockel (z. B.

Igensdorf, 1685/87, Johannes Trost) (Abb. 1008).

3. Gebäude mit einfachem Sockel und profilier- tem Gesims (z. B. Reckertshausen, 1764, Jo- hann Bader) (Abb. 1009).

4. Gebäude mit Sockel, Gesimsband und profi- liertem Gesims (Schlosskapelle Gleisenau, 1772, Johann Jakob Vogel) (Abb. 1010).

Küchel machte nur selten von dieser Auswahl Gebrauch: Sockellos behandelte er lediglich die Forchheimer Kommandantur (Abb. 6).

Den einfachen Sockel wählte er für die Nan- kendorfer Kirchenentwürfe sowie für die Bam- berger Anwesen Fischgasse 8/9 (Abb. 7), für den Schlossentwurf Truppach (Abb. 8) und für das Forchheimer Stadtkommandantenhaus (Abb. 9).

Die nächste Steigerung, einen einfachen Sockel mit einem profilierten Gesims zu ver- edeln, bleibt nur Küchels profanem Bereich vorbehalten. Das Anwesen Vorderer Bach 6 (Abb. 10) in Bamberg, das Elisabethenspital in Pottenstein (Abb. 11), der Neue Kastenhof in Kronach (Abb. 12) und das Propsthaus in Forchheim (Abb. 13) liefern über eine lange Zeit seines Schaffens ein Bild bewährter Motiv- treue.

Mit seinen späten Sakralbauten Lettenreuth und Pettstadt verfolgte Küchel die letzte Sockelva- riante, bei der eine zusätzliche Abschluss- profilierung das Sockelgesimsband aufwertet.

Küchel bestritt in Straßgiech mit der Kombina- tion eines gesimsbandabschließenden Sockels einen Mittelweg und pendelte damit im Land- kirchenbau zwischen Zweckmäßigkeit und Repräsentation.

Außenkantenlisenen

Wenn auch nur gemalter Weise dargestellt, flankieren Außenkantenlisenen die Straß- giecher Kirchenfassade.

Hiermit vermied Küchel ein Auseinander- brechen der Wandstruktur; ebenso bleiben der

optische Lastabtrag und die klare Abgrenzung zur Umgebung gewahrt.

Im Grunde genommen gibt Küchel zwei Mög- lichkeiten des Lisenenstandorts vor:

1. Lisenen, die an den Außenkanten anliegen.

2. Lisenen, die gegenüber den Außenkanten einrücken.

Erstere Variante überwiegt und findet bei einem Großteil seiner Kirchen aber auch im profanen Bereich, Anklang. Kirchen wie Kupferberg (Spitalkapelle), Marienweiher, Kersbach, Oberbrunn, Vilseck, Lettenreuth, Zeyern und Roßstadt zeichnen sich mit außen- kantenanliegenden Lisenen aus; gleiches ver- folgen die Entwürfe zur Kupferberger Turmer- höhung, zur Kirchehrenbacher und Kalten- brunner Kirche sowie zum Forchheimer Spital.

Dem gegenüber steht die eingerückte Spielart, die im Küchelschen Sakralbereich den Kirchen Pretzfeld, Vilseck (nur Übergang Nord/West- fassade) und Pettstadt sowie dem zweiten Kir- chenentwurf für Nankendorf anhängen.

Dessen ungeachtet ersetzen Pilaster in Unterlei- terbach und Vierzehnheiligen die eingerückte Außenkantenbetonung.

Im zweiten Vilsecker Kirchenentwurf (West- wand) tauschte Küchel die Außenkantenlisenen gegen eingerückte, breite Wandvorlagen.

Im Profanbau schenkte der Bamberger Bau- meister der eingerückten Standortwahl weniger Aufmerksamkeit: Mit den Wohntrakten des Kupferberger Spitals, den Seehofer Torhäusern (Abb. 1), der Vierzehnheiligenpropstei (Abb. 14), dem Bamberger Rotenhanpalais (Abb. 4) und den beiden Gartenhäusern der Bamberger Residenz (Abb. 15) bzw. des Schlosses Thurn (Abb. 16) finden zu dieser Un- tersuchung nur sechs Projekte Erwähnung.

Die spielerische und damit seltenere Form der eingerückten Außenkantenbetonung trat im fränkischen Einzugsbereich sakraler Bauweise über das 18. Jahrhundert verteilt nur in geringer Zahl hervor. Die chronologische Bandbreite reicht von Kleinbardorf (1709 - 12, Christian Gruber) (Abb. 1011), Trappstadt (1717 –15, Joseph Greising) (Abb. 1012), Bütthard (1769 - 71, Johann Philipp Geigel) (Abb. 1013) bis hin zu Neustadt an der Saale (1794 – 1801, Alois Heinrich Geigel 50 ) (Abb. 1014).

50 Geigel Neumann, Franz G.: Zwei Nachfolger Balthasar Neu-

manns, Johann Philipp Geigel und Heinrich Alois Geigel,

(1927).

(23)

S TILKRITISCHE A NALYSE

Dies gilt in erster Linie für die Lisene und in noch seltenerer Weise für den Pilaster (z. B.

Bundorf 1731, Bierdümpfel/Danzer) (Abb. 1015).

Küchel rustizierte, wie in Straßgiech bereits an- gedeutet, einen Großteil seiner Außenkantenli- senen.

Im sakralen Bauwesen tragen Kirchen wie Lettenreuth und Zeyern, aber auch die Forch- heimer Spitalentwürfe, diese Wandvorlagen- struktur.

Besondere Durchschlagskraft entwickelten die rustizierten Wandvorlagen bei Küchels profaner Bauweise. Eine kleine Auswahl von Beispielen wie der Forchheimer Kommandantur (Abb. 6), dem Bamberger Rotenhanpalais (Abb. 4) oder dem Kronacher Neuen Kastenhof (Abb. 12), soll hierzu genügen.

Lisenenlose Außenkanten treten bei Küchel nur am Rittergut Breitenreuth (Abb. 17) und am Entwurf zur Pretzfelder Turmerhöhung in Er- scheinung.

Bleibt zu erwähnen, dass die fränkische Kir- chenarchitektur der Barockzeit im Normalfall nicht ohne Außenkantenlisenen auskommt.

Unbedeutende Kirchen wie Herzogenreuth (1716) (Abb. 1016) oder einfache Kapellen wie Breitbach (1757) (Abb. 1017) scheiterten hin- sichtlich des finanziellen Aufwands. Eine Son- derstellung zu diesem Thema nimmt die Kirche Herlheim (1717 – 23, Joseph Greising) (Abb. 1018) ein, bei der Greising, trotz einer hochwertig durchkomponierten Fassade, be- wusst auf Außenkantenlisenen verzichtete.

Neben der rahmenden Verpflichtung überneh- men Außenkantenlisenen häufig die Aufgabe der optischen Lastabtragung. Viele der Kü- chelischen Wandvorlagen treten mit dieser Doppelfunktion an. Die Profanarchitektur bleibt davon unberührt.

Das enorme Gewicht schwerer Vasen oder gro- ßer Basisvoluten am Giebelflügelaußenbereich verlangt nach einer Wandverstärkung, die zur statischen Übertreibung reizt. 51 Lediglich die Nankendorfer Entwürfe und die Kirchen von

51 Knoche, Traute: J.J.M. Küchel, (1937), S. 15. „Doch all das setzt sich nicht aus den überlieferten alten Architekturteilen mit Basen, Pilastern und Kapitellen zusammen, sondern all diese Formen sind zu einer mit der Wand verknüpften und diese durchbrechenden Rahmenarchitektur geworden, deren flach modellierte Lisenen und Stäbe mit den schlanken Felder- öffnungen zusammen ein zartes Relief ergeben.“

Vilseck, Lettenreuth und Pettstadt fallen aus diesem Raster.

Innenliegende, risalitflankierende Fassadenlisenen

Oberflächliche Restaurierungsmaßnahmen ver- unklärten an der Kirche Straßgiech das Merk- mal innenliegender Fassadenlisenen. Trotzdem gelingt das Zusammenspiel von Lisene, Risalit und Gebälk: Der Architrav bindet das innenlie- gende Lisenenpaar an die Risalitarchitektur.

Das unachtsame Eindringen der Lisene in die erste Faszienebene des Architravs hätte mit einer Verkröpfung vermieden werden können.

Oder sollte die Lisene hier ursprünglich nur in gemalter Weise „Aufstellung“ finden? Nichts- destotrotz überbrückt die Lisene den Fries und verursacht am Gurtgesims eine Teilver- kröpfung.

In den nachfolgenden Projekten führte Küchel dieses Binnenlisenenpaar immer näher an die Risalitwand heran. Sehr leicht nachvollziehbar geben die Kirche Kersbach oder die Nanken- dorfer Entwürfe sowie die zwei Forchheimer Spitalplanungen hierüber Auskunft.

Das Motiv verkümmert schließlich zur einseiti- gen Risalithinterlegung. Die Kirchen Unterlei- terbach, Pretzfeld, Oberbrunn und Vilseck, aber auch der Kaltenbrunner Entwurf, mögen hier- von Zeugnis ablegen.

Der Entwurf zur Dompfisterei (Abb. 18) und die Torbauten von Schloss Ullstadt (Abb. 19) leisten motivbezogen ein profanes Gegenge- wicht. Hinter dieser Entwicklung steckt das Zugeständnis, dem Risalit mehr Plastizität ver- leihen zu wollen.

Im fränkischen Barockkirchenbau verrät dieses Motiv vor allem die Handschrift Küchels.

Mittelrisalit

Den Mittelrisalit an turmlosen Kirchenfassaden bereiteten in Franken mehrere Kirchenprojekte vor: St. Martin 52 (1686 - 93, Georg Dientzenho- fer) (Abb. 1019) und St. Michael in Bamberg (1700 ff., Johann Leohard Dientzenhofer) (Abb. 1020), die Sophienkirche in Bayreuth (1705/11, Gottfried von Gedeler) (Abb. 1021) und die Stadtpfarrkirche Höchstadt an der Aisch (1729/30, Anselm Franz von Ritter zum Groenesteyn) (Abb. 1022) stehen im städti- schen und damit finanzkräftigeren Einflussbe-

52 Schnell, Hugo: Bamberg St. Martin (Kirchenführer) (1935).

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