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Ökobilanz Biogas

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LANDWIRTSCHAFT UND UMWELT

96

62 LANDTECHNIK 2/2007

Kilian Hartmann, Frankfurt/M.

Ökobilanz Biogas

D

as Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) wurde im Jahr 2000 geschaffen, im Jahr 2004 novelliert und soll das Ziel einer nachhaltigen Konversion von erneuerbaren Energiequellen in elektrische Energie unterstützen. Zu den erneuerbaren Energien im Sinne dieses Gesetzes zählen Wind, Wasser, Geothermie, Sonne sowie Biomasse. Der §1 (1) EEG formuliert unter anderem als Ziele des Gesetzes eine nach- haltige Energieversorgung im Sinne des Kli- ma-, Natur- und Umweltschutzes. Weitere Ziele des Gesetzes, langfristige ökonomi- sche Stabilität und weltweite Konflikt- prävention, spielen für die hier angestellten Betrachtungen eine untergeordnete Rolle.

Biomasse soll in Zukunft eine Schlüssel- rolle bei der Versorgung mit elektrischer E- nergie in Deutschland zukommen. Insbeson- dere der Bereich Biogas soll das wichtigste Standbein der zukünftigen Elektrizitätsver- sorgung aus Biomasse werden. Allerdings hat das Image der Biogasanlagen als ökolo- gisch nachhaltige Energieerzeuger in der jüngsten Vergangenheit gelitten. Neben dem Biomasseanbau (Stichwort Maismonokultu- ren) stehen der Transport und die Ausbrin- gung der Gärreste unter öffentlicher Kritik.

Gleichzeitig gilt Biogas als umweltfreund- lich, da fossile Ressourcen geschont und Kohlendioxidemissionen im Vergleich zur Stromkonversion aus fossilen Energiequel- len gemindert werden.

Durch die Novellierung der Vergütungs- sätze des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und der Schaffung eines Vergütungs- bonus für die Verwendung von speziell für die energetische Verwertung angebauten Pflanzen im Jahr 2004 wurde ein Investi- tionsboom bei Biogasanlagen, speziell im Bereich 500 kW und größer, ausgelöst. In Verbindung mit diesem Boom wurde der An- bau von Energiepflanzen für die Biogaspro- duktion stark erweitert.

Bei dieser starken Zunahme der Anzahl sowie der installierten Leistung der Biogas- anlagen stellt sich die Frage, ob Biogasanla- gen als ökologisch nachhaltige Form der Stromkonversion im Sinne des EEG gelten können. Zur Untersuchung dieser Fragestel- lung wurde die nachfolgend vorgestellte Dissertation angefertigt.

Methode

Das Untersuchungsobjekt ist eine fiktive Biogasanlage mit einer elektrischen Leis- tung von 1,0 MW. Von diesem Ausgangs- szenario wurden mehrere Sensitivitätsanaly- sen durchgeführt. Bei den Inputstoffen wurden die Produktion verschiedener Ener- giepflanzen betrachtet und unterschiedliche Energiepflanzensilagen-/Güllemischungen und eine Bioabfall-/Güllemischung in die Bewertung aufgenommen. Bei den Strom- konversionsverfahren wurde ein Gas-Otto- Motor mit einer Brennstoffzelle verglichen.

Auf der Verwendungsseite wurden unter- schiedliche Nutzungsintensitäten der Ab- wärme untersucht. Abschließend wurde der Einfluss unterschiedlicher Gärrestaufberei- tungs- und -ausbringungsverfahren betrach- tet.

Die Untersuchung wurde in Form einer Ökobilanz gemäß EN ISO 14040 ff. durch- geführt. Als Produkt des Biogasprozesses wurde die Einspeisung elektrischer Energie in das Stromnetz definiert. Die Betrachtung der Prozesskette Biogas richtet sich an dem Produkt aus. Im Rahmen der Untersuchung wurden alle Lebenswegabschnitte der Bio- gasproduktion untersucht und die bedeu- tendsten Einflussfaktoren ermittelt.

Der Rahmen einer Ökobilanz setzt sich aus 1) der Festlegung des Ziels und des Untersu-

chungsrahmens

2) der Erstellung der Sachbilanz 3) der Wirkungsabschätzung und 4) der Auswertung der Daten

zusammen. Das Prinzip der Ökobilanz sieht sowohl Wiederholungen der vier Abschnitte (Iterationen) als auch beliebige Wechsel (vorwärts, rückwärts, quer) zwischen den einzelnen Abschnitten der Bilanz vor.

Das Ziel der Untersuchung wurde gemäß der in der Einleitung gegebenen Fragestel- lung „ist Biogas eine ökologisch nachhaltige Form der Stromkonversion im Sinne des EEG?“ definiert. Unter diesem Gesamtziel der Untersuchung wurden als Teilziele die Frage nach ökologisch besonders relevanten Abschnitten des Biogasprozesses und dem Aufzeigen von ökologischen Optimierungs- potenzialen des Gesamtprozesses definiert.

Der Untersuchungsrahmen der Bilanz soll gemäß der Normvorgabe den Lebensweg

Erneuerbare Energiequellen, da- runter Biogas, gelten allgemein als umweltfreundlich. Ziel der Arbeit ist es, verschiedene Gesamt- und Teilprozesse der Biogaserzeugung bezüglich ihres Einflusses auf das ökologische Gesamtergebnis des Prozesses sowie untereinander zu vergleichen. Für die Vergleiche werden Ökobilanzen gemäß ISO 14040 ff. durchgeführt. Die Ergeb- nisse der Sachbilanz werden auf die erzeugte Energiemenge bezo- gen und mit dem Eco Indicator `99 Verfahren bewertet. Es zeigt sich, dass die Produktion von nach- wachsenden Rohstoffen der ökolo- gisch bedeutsamste Teilprozess ist, gefolgt von den Emissionen der Ausbringung der Gärreste und des BHKW. Steigert man die Effizienz der Energiekonversion und -nut- zung, so sind bedeutende ökologi- sche Einsparungen zu realisieren.

Wirtschaftsingenieur Dr. Kilian Hartmann ist Projektleiter im Fachzentrum Land- und Ernährungs- wirtschaft der DLG e.V., Eschborner Landstr. 122, 60489 Frankfurt; e-mail: k.hartmann@dlg.org

Schlüsselwörter

Biogas, Ökobilanz, Erneuerbare Energien

Keywords

Biogas, LCA, renewable energies

Foto Schmack Biogas AG

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des Produkts so vollständig als möglich ab- bilden. Daher wurde die Prozesskette Biogas vom Anbau der Energiepflanzen über den Transport, die Erstellung und den Betrieb der Biogasanlage bis zu dem Abriss der Bio- gasanlage und der Verwertung der Gärreste definiert. Mit dem Untersuchungsrahmen wurde die funktionelle Einheit der Untersu- chung, ein Terrajoule eingespeiste elektri- sche Energie, definiert. Alle Daten innerhalb der Betrachtung sind auf diese funktionelle Einheit bezogen.

Da die Untersuchung allgemeine Aussa- gen über die ökologischen Aspekte der Bio- gaserzeugung liefern soll, wurden für die Sachbilanz soweit als möglich Durch- schnittswerte vergleichbarer Inputstoffe/

Prozesse und Verfahren verwendet. Wo die- ses nicht möglich war oder nur Daten einer Quelle verfügbar waren, etwa bei der Brenn- stoffzellentechnologie, wurde von dieser Methode abgewichen.

Für die Wirkungsabschätzung wurde die Methode des Eco indicator `99 (H) verwen- det, so dass die Gesamtergebnisse der unter- suchten Verfahren miteinander zu verglei- chen sind. Bei dem Eco indicator `99 handelt es sich um ein Bewertungs- und Gewich- tungsverfahren, das die Ergebnisse der Sach- bilanz Wirkungskategorien zuordnet, nor- malisiert und gewichtet. Sodann werden die gewichteten Ergebnisse über ein gesonder- tes Bewertungsschema miteinander vergli- chen. Die Ergebnisse werden auf eine ge- meinsame Einheit (Eco Punkte) bezogen.

Bei Verwendung anderer Bewertungsschlüs- sel können die Ergebnisse abweichen. Erfas- sung, Gruppierung, Bewertung und Auswer- tung der Daten erfolgte durchgängig mit der Ökobilanzsoftware Sima Pro (Version 6.0).

Alle Ergebnisse wurden mit der Eco Indi- cator `99 (H) Methode ermittelt. Dadurch werden alle Ergebnisse der einzelnen Wir- kungskategorien auf eine gemeinsame Ein- heit (Eco Punkte) aggregiert und in dieser Form dargestellt. Die Einheit ist dimen-

sionslos und für den ökologischen Vergleich verschiedener System entwickelt.

Ergebnisse

In dem Standardszenario (maisbasierte E- nergiepflanzen-/Güllemischung, Gas-Otto- BHKW, keine externe Wärmenutzung, Gär- restausbringung gemäß Guter Fachlicher Praxis (GFP)) zeigten sich die in Tabelle 1 dargestellten Resultate bezogen auf die ein- zelnen Module.

Den stärksten Einfluss auf das Gesamter- gebnis hat in diesem Szenario die Produk- tion der Energiepflanzen für das Inputmate- rial mit einem Anteil von rund 83,5 % des Gesamtergebnisses. Die Emissionen des BHKW tragen zu 11,3 %, der Strombezug für den Betrieb der Aggregate mit 4,5 %, die Transporte zu 4,8 % und der Bau und der Ab- riss der Biogasanlage zu 1,0 % bei. Die Aus- bringung der Gärreste (Schlechtschrift für Emissionen der Ausbringung und Gutschrift für Nährstoffrücklieferung) verbessert das ökologische Gesamtergebnis um 2,9 %.

Insgesamt wird der Flächenverbrauch für den Energiepflanzenanbau als bedeutendster Einfluss auf das Gesamtergebnis erkannt (62,3 % innerhalb des Moduls Inputmateria- lien, 52,0 % bezogen auf das Gesamtergeb- nis). Hierbei sind allerdings methodische Fragen zu berücksichtigen, die dieses Ergeb- nis einschränken. So ist kritisch zu hinterfra- gen, in wieweit das verwendete Hemeroby- Konzept zur Bewertung der Flächennutzung ein geeignetes Verfahren für landwirtschaft- liche Produktionssysteme darstellt. Werden die direkten Effekte der Flächennutzung aus der Bewertung genommen (es verbleiben 1 150 Eco Punkte für indirekte Effekte), re- duziert sich der Beitrag des Energiepflan- zenanbaus auf 3 780 Eco Punkte oder 67,6%

des Gesamtergebnisses von dann nur noch 5 590 Eco Punkten. Aufgrund dieser starken Gewichtung der Flächeninanspruchnahme besitzen Energiepflanzen mit hohen Flä- chenerträgen (Mais, Rüben) ökologische Vorteile vor Pflanzen, die weniger Biomasse bilden. Die aktuellen Züchtungsbemühun- gen gehen in diese Richtung, der Masseer- trag pro Flächeneinheit stellt also das Ziel der züchterischen Bemühungen dar.

Da Abfälle als Input der Biogasproduktion ohne ökologischen Rucksack zu bilanzieren sind, werden hierdurch die ökologischen Be- lastungen der Vorkette der Biogasproduktion auf die Transportaufwendungen reduziert

und die Biogasbilanz um den Anteil des Energiepflanzenanbaus (83,5 % des Gesamt- ergebnisses) verbessert. Aufgrund der Ver- fügbarkeitssituation werden erhöhte Trans- portaufwendungen (517 statt 463 Eco Punk- te) angenommen.

Durch die Nutzung der Brennstoffzellen- technik im Vergleich zum Gas-Otto-BHKW können sehr niedrige Emissionen (204 statt 1 090 Eco Punkte) und höhere Wirkungsgra- de erreicht werden. Diese höheren Wir- kungsgrade führen zu anteiligen Einsparun- gen in den vorgelagerten Prozessabschnitten Energiepflanzenanbau und Transport. Das Gesamtergebnis dieses Szenarios liegt bei 6 990 Eco Punkten (27,4 % Reduktion ge- genüber dem Standardszenario), dabei 6 160 Eco Punkte für die Energiepflanzenproduk- tion.

Die Abwärmenutzung kann bedeutende ökologische Gutschriften erzielen, wenn hierdurch der Verbrauch fossiler Ressourcen eingeschränkt wird. In dem untersuchten Szenario wurde eine Nutzung von 23,7 % der gesamten anfallenden Wärmeenergie als Al- ternative für den Betrieb von Erdgasheizun- gen für Mehrfamilienhäuser unterstellt.

Durch die Einsparungen fossiler Energieträ- ger kann das Gesamtergebnis um 1 490 Eco Punkte verbessert werden. Die Schaffung neuer Wärmeabnehmer, etwa Hackschnit- zeltrocknung, führt zu keinem Einsparpo- tenzial und bedingt daher keine ökologi- schen Vorteile.

Werden die Gärreste nicht gemäß GFP, sondern per Prallteller und ohne direkte Ein- arbeitung ausgebracht, werden die NH3- Emissionen expotenziell gesteigert. Dies verschiebt die Effekte aus der Gärrestnut- zung von einer ökologischen Gutschrift im Standardszenario zu einer Schlechtschrift in Höhe von 1 890 Eco Punkten. Ursache hier- für sind die erhöhte Emission versauernd und eutrophierend wirkender Substanzen so- wie der Verlust von Nährstoffen.

Fazit

Es kann festgehalten werden, dass der öko- logisch wichtigste Bereich des Untersu- chungsobjekts der Flächen- und Energiebe- darf der Biomasseproduktion ist. Die BHKW- und die Gärrestemissionen haben einen spürbar negativen Einfluss auf das Ge- samtergebnis. Das ökologische Ergebnis kann verbessert werden, wenn höhere Flächenerträge erzielt oder biogene Abfälle anstatt Energiepflanzen als Input genutzt werden. Die Nutzung der Abwärme des BHKW zur Einsparung fossiler Energieträ- ger ermöglicht bedeutende Gutschriften.

Werden alle Optimierungsmöglichkeiten ge- nutzt, verursacht Strom aus Biogas sehr ge- ringe ökologische Effekte.

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Modul Gesamt Input BHKW- Strom- Transport Gärrest- BGA

Emission bezug nutzung

Punkte 9630 8040 1090 436 463 -275 98

Tab. 1: Resultate Standardszenario (Eco Punkte) Table 1: Results of standard scenario

Referenzen

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