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Archiv "3 Fragen an… Prof. Dr. med. Oliver Brüstle, Direktor des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie der Universität Bonn" (30.11.2007)

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A3296 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 48⏐⏐30. November 2007

P O L I T I K

noch Jahre vergehen. In dieser Zeit würden dringend embryonale Stammzelllinien als Kontrolle be- nötigt, mahnt Emmrich. Darauf weist auch die Deutsche For- schungsgemeinschaft (DFG) in ei- ner ersten Stellungnahme hin. „Die neuen, durch Reprogrammierung gewonnenen Stammzellen müssen nun charakterisiert und erprobt wer- den. Dazu werden von den bereits etablierten humanen embryonalen Stammzelllinien die besten, neuen Zelllinien als Goldstandard benö- tigt“, heißt es darin.

Für die DFG belegen die jetzt er- zielten Ergebnisse „die Notwendig- keit, die deutsche Stichtagsregelung zum Import von humanen embryo- nalen Stammzelllinien zu ändern“.

Derzeit dürfen deutsche Wissen- schaftler unter Androhung von Stra- fe nur an embryonalen Stammzellli- nien arbeiten, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland hergestellt wurden.

Kritisiert wird von den Forschern, dass von den ehemals 70 gelisteten Zelllinen nur noch 20 verwendbar seien; diese besäßen zudem eine schlechte Qualität und kämen für den Einsatz beim Menschen auf- grund von Verunreinigungen mit tie- rischen Feeder-Zellen nicht infrage.

Mit ihrem jüngsten Appell an die Politik folgt die DFG dem Wunsch vieler Forscher. Sie sprechen sich

größtenteils für eine komplette Streichung des geltenden Stichtags aus. „Auch für die Reprogrammie- rungsforschung sind humane ES- Zellen als Werkzeug und Referenz- punkt unverzichtbar. Insofern haben die neuen Befunde die Notwendig- keit einer Gesetzesnovellierung weiter verstärkt“, erklärte Prof. Dr.

med. Oliver Brüstle dem DÄ.

Der Stammzellforscher hält die Stichtagsregelung für den Haupt- bremsklotz, der „enorme Einschrän- kungen in der internationalen Ko- operation mit sich bringt“. Eine einmalige Verschiebung sei extrem kurzsichtig. In den kommenden Jah- ren würden viele europäische Nach- barstaaten verbesserte Zelllinien herstellen, von denen deutsche For- scher dann wieder abgeschnitten wären. Als zweckmäßig bezeichne- te Brüstle eine Einzelfallprüfung, die sicherstellt, dass nur internatio- nal bereits verfügbare Zelllinien für die Forschung zugelassen werden.

Gestrichen werden sollte auch die Strafandrohung. „Die hochmo- tivierten jungen Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftler in diesem Feld haben es nicht verdient, auch noch in eine rechtliche Grauzone gestellt zu werden“, sagte Brüstle.

Die Erfolgsmeldung von Ya- manaka und Thomson kommt für Deutschland zu einem entscheiden-

den Zeitpunkt. Anfang nächsten Jahres will das Parlament über eine Novelle des Stammzellgesetzes be- raten. Doch ein eindeutiger Weg- weiser für die Gestaltung eines neu- en deutschen Stammzellgesetzes kann der jetzige Durchbruch nicht sein. Zu unterschiedlich sind die Interpretationen der gelungenen Re- programmierung. Während viele Forscher und die DFG nun erst recht einen freien Zugang zu neuen em- bryonalen Stammzelllinien fordern, sehen andere in den Ergebnissen das Ende der ES-Zellenforschung.

Weit auseinander gehen auch die Ansichten innerhalb des Bundesta- ges. „Die Forschung mit menschli- chen embryonalen Stammzellen hat sich als Sackgasse erwiesen“, meint Hubert Hüppe (CDU). Er forderte die DFG auf, die Finanzierung von solchen Projekten einzufrieren. Bun- desforschungsministerin Annette Schavan (CDU) will dagegen an ihrem Plan, den Stichtag einmalig zu verschieben, festhalten. Für sie ist die Arbeit mit ES-Zellen eine

„reine Übergangsforschung“.

Schavan unterstützt damit den parteiübergreifenden Antrag zur Än- derung des Stammzellgesetzes, den der Bioethik-Experte der SPD, René Röspel, jüngst vorlegte. Er plädiert für eine einmalige Verschiebung des Stichtags auf den 1. Mai 2007. In ei- nem weiteren interfraktionellen Ge- setzentwurf fordern hingegen FDP- Forschungspolitikerin Ulrike Flach und Rolf Stöckel (SPD), die bislang geltende Stichtagsregelung komplett zu streichen. Auch soll die Strafan- drohung gegen deutsche Wissen- schaftler entfallen, die sich an For- schungsprojekten mit embryonalen Stammzellen im Ausland beteiligen.

Nach dem CDU-Parteitag im De- zember wird auch der dritte inter- fraktionelle Antrag erwartet, der sich vermutlich für eine Beibehal- tung der bisherigen Gesetzeslage aussprechen wird. Anfang 2008 muss dann das Parlament entschei- den, ob die Arbeit an embryonalen Stammzellen erleichtert werden sollte, um sie möglicherweise auf lange Sicht überflüssig zu machen.

Alle Wege in der Stammzellenfor- schung sind noch offen. I Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann Halten Sie die jetzt gelungene Reprogrammie-

rung von menschlichen Hautzellen zu iPS-Zel- len für den entscheidenden Durchbruch in der Stammzellenforschung?

Brüstle:Die Ergebnisse sind in der Tat ein ent- scheidender Schritt nach vorn. Die Perspektive, aus einem menschlichen Fibroblasten eine pluri- potente Zelle zu machen, ist faszinierend und hat ein enormes Potenzial für Krankheitsforschung und Zellersatz.

Wird die Forschung an embryonalen Stamm- zelllinien jetzt überflüssig werden?

Brüstle:Nein, ganz im Gegenteil. Sie wird wichti- ger denn je werden. Der beste Beweis ist die Arbeit

von Thomson selbst. Hier war es gerade die Arbeit an humanen embryonalen Stammzellen, die es er- möglichte, neue Faktoren für die Reprogrammie- rung menschlicher Fibroblasten zu identifizieren.

Werden Sie selbst Ihre Forschung neu aus- richten?

Brüstle:Schwerpunkt unserer Arbeiten ist die Ge- winnung von Neuronen und Glia aus pluripotenten Stammzellen. Dabei ist die embryonale Stammzel- le nach wie vor der beste Ausgangspunkt. Wenn pluripotente Zellen auch über Reprogrammierung adulter Fibroblasten gewonnen werden können, macht dies unsere Verfahren nur interessanter und breiter anwendbar.

3 FRAGEN AN…

Prof. Dr. med. Oliver Brüstle, Direktor des Instituts für

Rekonstruktive Neurobiologie der Universität Bonn

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