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Archiv "Universitätsklinikum Giessen/Marburg: Abschreckendes Beispiel" (05.08.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 31–32

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5. August 2013 A 1461

D

ie relevanten Institutionen der deutschen Hoch- schulmedizin haben ein für die Rhön-Klinikum AG verheerendes Urteil gefällt: Die Erfahrungen am Klinikum Gießen/Marburg hätten gezeigt, dass die von dem privaten Unternehmen geforderten Renditeerwar- tungen mit den Aufgabenfeldern eines Universitätskli- nikums nicht in Einklang zu bringen seien, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin, in der sich die Bundesärztekam- mer, der Deutsche Hochschulverband, der Marburger Bund, der Medizinische Fakultätentag, die Arbeits - gemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sowie die Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht zusammengeschlossen haben. So wisse man heute, dass die von Rhön getätigten umfang - reichen Investitionen an beiden Standorten vom Uni- versitätsklinikum selbst aus dem laufenden Haushalt refinanziert werden müssten, wozu dieses aber nicht in der Lage sei. Zudem stünden die dienenden Aufgaben eines Universitätsklinikums in Forschung und Lehre in einem natürlichen Spannungsverhältnis zur Erwirt- schaftung einer möglichst hohen Rendite. Fazit: „Die Universitätsmedizin sollte grundsätzlich als Teil der staat lichen Daseinsfürsorge öffentlich-rechtlich organi- siert sein.“

Die Antwort der börsennotierten Klinikkette ließ nicht lange auf sich warten. Die Darstellung sei nicht sachgerecht und stimme nicht mit den objektiven Er- gebnissen aus den Bereichen der Forschung, Lehre und Krankenversorgung überein, schreibt Vorstands- chef Dr. Dr. Martin F. Siebert in einem offenen Brief an die Arbeitsgemeinschaft. Forschung und Lehre in Gießen und Marburg leisteten einen „herausragenden Beitrag“ zur Fortentwicklung und Verbesserung der medizinischen Versorgung. Zwar sei das Universitäts- klinikum wegen der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser und hier insbesondere der Hoch- schulmedizin 2012 in eine schwierige wirtschaftliche Lage geraten, inzwischen habe man aber mit McKinsey einen Entwicklungspfad beschrieben, der das Klini-

kum bis Ende 2014 wieder wirtschaftlich konsolidie- ren solle.

Bei der Bilanzpressekonferenz Ende April hatte Sie- bert freilich noch eingeräumt, dass die schwierige Lage in Gießen und Marburg nicht nur auf die politischen Rahmenbedingungen zurückzuführen sei: „Auch die Rhön-Klinikum AG hat einen Beitrag zu dieser uner- freulichen Entwicklung geleistet, etwa durch die zahl- reichen Wechsel in der Geschäftsführung oder durch die offensichtliche Unterschätzung dessen, was man im Zusammenhang mit der erstmaligen Privatisierung ei- ner Universitätsklinik in Deutschland vielleicht gar als einen gesellschaftspolitischen Kulturkampf bezeichnen könnte“, sagte der seit Januar 2013 amtierende Vor- standschef damals vor der Presse in Frankfurt am Main.

Als das Land Hessen das zuvor fusionierte Univer - sitätsklinikum Gießen/Marburg vor sieben Jahren an Rhön verkaufte, gingen viele Beobachter davon aus, dass das Beispiel Schule machen werde. Schließlich belasten die Defizite von Hochschulkliniken auch an- derenorts die Landeshaushalte. Doch bis heute ist das Universitätsklinikum in Mittelhessen das einzige in pri- vater Hand; zu groß war und ist der Ärger vor Ort, als dass eine weitere Landesregierung eine Privatisierung wagen würde. Die Einzigen, die diese Entwicklung bedauern, dürften die privaten Klinikträger sein.

UNIVERSITÄTSKLINIKUM GIESSEN/MARBURG

Abschreckendes Beispiel

Jens Flintrop

Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik

S E I T E E I N S

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