Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 12|
26. März 2010 A 563 PRÄKLINISCHE TUMORFORSCHUNGMolekulare Bildgebung
Anfang 2010 ist das Kooperations - vorhaben „Forschungssatellit für eine beschleunigte Umsetzung neuer Tu- morbehandlungskonzepte (ForSaTum)“
ge startet. Ziel des Projekts ist ein Versuchsmodell zur beschleunigten Umsetzung neuer Tumorbehandlungs- konzepte. Viele onkologische Diagno- se- und Therapieansätze leiden unter hohen Entwicklungskosten und man- gelnder klinischer Effizienz. „Nicht - invasive Bildgebung ermöglicht die Erhebung physiologischer und mole- kularer Informationen, welche die Aus- sagekraft präklinischer Studien erhö- hen und die Zahl klinisch scheiternder Behandlungsansätze vermindern kann.
Zudem senkt sie signifikant Versuchs- tierzahlen und Entwicklungskosten“,
erklärte Prof. Dr. Fabian Kiessling, Inhaber des Lehrstuhls für Experimen- telle Molekulare Bildgebung an der RWTH Aachen und Leiter des Konsor- tiums. Durch ForSaTum sollen wesent- liche Komponenten der präklinischen Tumorforschung vereinigt werden: Zu- sätzlich zur Entwicklung einer tierex- perimentellen Plattform und innovati- ver molekularer Nachweismethoden stehen die molekulare Bildgebung und die IT-basierte Vernetzung der Kompo- nenten im Zentrum. Langfristig ist der Ausbau der Infrastrukturen für die kli- nische Prüfung vorgesehen. Das Pro- jekt wird in einer dreijährigen Laufzeit mit 7,6 Millionen Euro im Rahmen des EU-NRW-Ziel-2-Programms (www.
ziel2-nrw.de) gefördert. EB
QUERSCHNITTSLÄHMUNG
Gehtrainer für zu Hause
Mit einem Gehtrainer wollen Forscher aus Heidelberg und Ulm Patienten mit einer inkompletten Querschnittlähmung ein intensives Training zu Hause ermöglichen.
D
erzeit fehlt chronisch Quer- schnittgelähmten mit noch teilweise erhaltenen Funktionen die Möglichkeit, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ihre Gehfä- higkeit weiter zu trainieren. Eine Forschergruppe um Dr.-Ing. Rüdi- ger Rupp, Heidelberg, sowie Prof.Dr.-Ing. Eberhard Hofer und Dipl.- Ing. Markus Knestel von der Uni- versität Ulm hat den Prototypen des Trainingsroboters Moregait entwi- ckelt, mit dem Gehbewegungen hundertfach wiederholt werden können. Bei der Schulung im Geh- barren seien dagegen nur wenige Dutzend Schritte möglich, erläutert Rupp. Das kompakte Gerät könne von einer Person geschoben werden und sei in einem Pkw transportier- bar. Sein Funktionsprinzip ist es, intensivierte sensorische Reize zu generieren, um die zielgerichtete Reorganisation von Nervenstruktu- ren im Gehirn und Rückenmark zu fördern.
In dem Gerät nehmen die Patien- ten aus Sicherheitsgründen eine halb liegende Position ein, die Ober- und Unterschenkel werden mit Halbschalen sowie Stretchbän- dern fixiert. Kernelemente zur Er- zeugung der Beinbewegungen sind pneumatische Antriebe („künstliche Muskeln“) mit geringer Steifigkeit.
Ein wichtiger Reiz zum Training der „spinalen Intelligenz“ stellt die schrittphasenbezogene Belastung der Fußsohle dar. In dem „stimula- tiven Schuh“ wird der Fuß, ange- passt an die individuelle Anatomie, in einer Schuhzunge fixiert und Druckreize ähnlich dem Abrollvor- gang beim natürlichen Gehen auf- gebracht.
Mit Hilfe einer intuitiven gra - fischen Benutzerschnittstelle mit Touchscreen bedienen die Patienten das Gerät selbstständig, über einen Notausschalter kann das Training so-
fort unterbrochen werden. Da die aktive Teilnahme der Gelähmten für Verbesserungen unabdingbar ist, werden die Kräfte an den Gelenken während des Trainings auf dem Mo- nitor dargestellt; Smileys signalisie- ren hier Abweichungen vom norma-
len Gehmuster. Während der Studie erhalten die Behinderten Rückmel- dung über ein Telemonitoringsys- tem. Per Fernüberwachung erhält der Therapeut nach jedem Training die wichtigsten Parameter; Einstellungs- änderungen werden ermöglicht.
Erste Ergebnisse einer aktuell an der orthopädischen Universitätskli- nik Heidelberg vorgenommenen Studie zur Überprüfung der Wirk- samkeit dieser automatisierten Lo- komotionstherapie erscheinen viel- versprechend. An dem Einzelbei- spiel einer 30-jährigen Frau machte Rupp, der die Forschungsgruppe
„Neuro ortho pädie“ des Querschnitt- zentrums an der Heidelberger Uni- klinik leitet, dies deutlich. Die Pa- tientin war nach dem achtwöchigen Training im Test auf der 10-Meter- Strecke um 40 Prozent schneller oder hatte nach sechs Minuten eine um 60 Prozent längere Gangstrecke als vor dem Training zurückgelegt.
In die Studie werden Personen mit traumatischer, chronischer teilwei- ser Querschnittlähmung, aber ohne stark ausgeprägte Spastik, aufge- nommen. Das Bundesforschungs- ministerium unterstützt das Vorha-
ben seit 2005. ■
Susanne Imhoff-Hasse In halb liegender
Position trainieren die Patienten mit dem Trainings - roboter Moregait.
Foto: Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg