• Keine Ergebnisse gefunden

I Die Schmerzgrenze ist erreicht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "I Die Schmerzgrenze ist erreicht"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

© 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/13/0909-3 Physik Journal 12 (2013) Nr. 8/9 3 M E I N U N G

trotz sehr positiver Begutachtung wegen fehlender Ressourcen doch zu einer Ablehnung gekommen ist.

Etablierte Gruppenleiter sehen das möglicherweise sportlich, aber für die zunehmende Zahl von Nach­

wuchswissenschaftlern ist eine so begründete Ablehnung schwer vermittelbar.

Was sind die Perspektiven? Die Bewilligungsquote von 20 Prozent im Einzelverfahren wird uns wohl für eine Weile erhalten bleiben.

Auch die Solidarität anderer Ver­

fahren und Mittelübertragungen aus dem Bereich der Sonderfor­

schungsbereiche in die Einzelför­

derung sind dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sollen wir nun weniger oder mehr Anträge schreiben? Weniger Anträge wären fatal, da die zukünftige Fördersum­

me in jedem Fach sich aus dem Antragsdruck vergangener Jahre berechnet. Die klare Botschaft an die jeweiligen Fächer lautet also, weiterhin exzellente Anträge zu stellen und sich dem Wettbewerb der besten Ideen zu stellen. Sollen wir mehr Zeit in die Erstellung aussagekräftiger Gutachten inves­

tieren? Definitiv Ja! Die Qualität des wissenschaftlichen Systems lebt auf allen Ebenen von der gegensei­

tigen kritischen Analyse von For­

schungsplänen und Forschungs­

ergebnissen. Weiter darf die Bewil­

ligungsquote aber keinesfalls fallen, denn Ablehnungs bescheide mit der Begründung „Alea jacta est“ will keiner.

#) vgl. „Entscheidende Aussagekraft“ von J. Kühn, Physik Journal Mai 2012, S. 3

Meinung von Prof. Dr. Erwin Frey, Ludwig-Maximilians-Universität München. Der theoretische Phy- siker ist Sprecher des Fachkolle- giums 310 „Statistische Physik, Weiche Materie, Biologische Physik, Nichtlineare Dynamik“ der Deutschen Forschungsgemein- schaft.

I

m Einzelverfahren der Deut­

schen Forschungsgemeinschaft (DFG), also bei individuellen Anträgen von Wissenschaftle­

rinnen und Wissenschaftler auf Projektmittel für Personal­ und Sachkosten, hat sich die Finanzsitu­

ation erschreckend zugespitzt: Seit nunmehr zwei Jahren liegt das Ver­

hältnis der beantragten zu den be­

willigten Mitteln (die Bewilligungs­

quote) auf dem Rekordtief von nur 20 Prozent – und das, obwohl die Mittel der DFG in den letzten fünf Jahren beständig um fünf Pro­

zent pro Jahr gewachsen sind.

Was sind mögliche Ursachen?

Während früher Projektmittel häu­

fig nicht vollständig in Anspruch genommen wurden und die DFG deshalb mehr bewilligt hat als ei­

gentlich verfügbar war, fließt das Geld jetzt vollständig ab (auch Überhänge aus früheren Jahren).

Ein Gegensteuern ist nur mit we­

niger Neubewilligungen möglich.

Gleichzeitig führen die rückläufige Grundfinanzierung an den Univer­

sitäten und der dadurch beständig wachsende Drittmittelbedarf zu steigendem Antragsdruck nach Zahl und Summe.

Da die wissenschaftliche Qua­

lität der eingehenden Anträge extrem hoch ist, vielleicht sogar noch höher als in den vergangenen

„fetten Jahren“, haben die Fach­

kollegiaten als Konsequenz die sprichwörtliche Qual der Wahl.

Wie soll man die eingehenden Anträge „ranken“, welche Krite­

rien sollen eine Rolle spielen, und welche dieser Kriterien geben ge­

genüber anderen den Ausschlag?

Ein Schlüsselelement der Entschei­

dungsfindung bilden die Gutachten zu den Anträgen. Ihre Aussagekraft lebt von der fachlich detaillierten und kritischen Auseinandersetzung der Gutachter mit der jeweiligen wissenschaftlichen Zielsetzung und deren praktischen Umsetzung. Nur

zu oft sind die Gutachten zwar sehr positiv, aber auch nichtssagend

„universell“.#) Im Wettbewerb zwi­

schen den Anträgen wiegen aber konkrete fachliche Argumente stär­

ker als inhaltsleere Superlative. Das zweite Schlüssel element der Ent­

scheidungsfindung ist die Diskus­

sion der Anträge und Gutachten in den Sitzungen der Fachkollegien.

Dort ist es die Aufgabe und Ver­

antwortung der Fachkollegiaten, die Argumente der Gutachter zu prüfen und abzuwägen, aber auch die Anträge im Vergleich zueinan­

der zu bewerten und Prioritäten im Fach zu setzen. Aber was sollen dabei die Prioritäten sein? Soll man auf die Jugend setzen, auf die

„impact factors“, auf die besten in­

novativsten Ideen, oder auf die eta­

blierten Gruppen, in denen Erfolg vorprogrammiert zu sein scheint?

Als gewählte Mitglieder haben die Fachkollegiaten von ihren Kollegen das Vertrauen erhalten, genau dies zu entscheiden, nicht als Vertreter bestimmter Interessensgruppen, sondern im Sinne des wissenschaft­

lichen Fortschritts in der Physik insgesamt.

In den aktuellen Sitzungen erleben alle Fachkollegiaten, wie schwer diese Bürde der Verant­

wortung drückt. Die Auswahl der besten 30 Prozent ist in der Regel gut zu bewältigen, wenn auch nicht leicht. Aufgrund der extrem hohen fachlichen Qualität dieser ver­

bleibenden Anträge ist dann aber die Reduktion von 30 auf 20 Pro­

zent ein sehr schmerzhafter und schwieriger Prozess. Hier spielt der Vergleich zwischen den Anträgen eine zentrale Rolle und führt zu Ablehnungen mit der Begründung

„ … kann aber im Vergleich zu anderen Projekten nicht die nötige Priorität eingeräumt werden.“ Klar ist, dass den abgelehnten Antrag­

stellern eine solche Begründung nicht hilfreich erscheint, da es ja

Die Schmerzgrenze ist erreicht

Die Bewilligungsquote im Einzelverfahren der DFG liegt auf einem Rekordtief.

Erwin Frey

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ich lebe in einem der drei Freistaaten Deutschlands, was aber nur ein anderer Begriff für Bundesland ist.. Menschen

Und die größte Ungerechtigkeit für die junge Generation besteht nicht darin, dass diejenigen, die dieses Land aufgebaut haben, die es nach der Terrorherrschaft der

(Vorschläge für die externe Qualitätssicherung müssen mit dem Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (AQUA) abgestimmt werden.

Bei einer überhöhten oralen Dosis jedoch ist die Kapazität der Leber während dieser ersten Passage rasch erschöpft und ein entsprechender Teil des Nalo- xons gelangt unverändert in

Entscheidend ist zusätzlich eine etablierte Vertrauensbasis (Monsutti August 2006: 36). über erweiterte Familienbeziehungen Zugehörigkeit etablieren könnten, ihre

Doch nicht nur Abschiebungen in offensichtliche Kriegsgebiete, sondern jegliche Abschiebung, sei es in den Balkan, nach Pakistan oder in afrikanische Staaten, hat für die

Die für den kommenden Montag, den 25.02.2013 – 09.30 Uhr – in den Räumen des Verwaltungsgerichts Göttingen angesetzte Hauptverhandlung des Sozialgerichts

Insofern wird die Beklagte gebe- ten, unverzüglich nach Eingang des avisierten Erlasses diesen dem Gericht vorzulegen und vorzu- tragen, ob im vorliegenden Verfahren eine