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■ Wind in den Dünen

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B R E N N P U N K T

18 Physik Journal 17 (2018) Nr. 7 © 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

perfekt symmetrischen Hügel – be- reits auf dessen windzugewandter Seite, der Luvseite. Diese stromauf- wärts gerichtete Verschiebung des Wind maximums stellt die Grund- lage für die asymmetrische Form einer Düne dar, mit den typischen abgeflachten Luv- und steilen Lee- seiten [5].

Wird Sand am Hügelkamm abgeschieden, kann der Hügel zu einer Düne heranwachsen. Doch der Sandfluss ist dem Windpro- fil gegenüber phasenverzögert, weil die Teilchentrajektorien eine Relaxa tions länge L– auch Saturations länge genannt – benö- tigen, um sich an eine Windverän- derung anzupassen [2]. Damit sich eine Düne bildet, muss der maxi- male Sandfluss Qmax noch vor dem Hügelkamm erreicht werden – eine Bedingung, die nur Hügel erfüllen, deren Größe etwa die zwanzigfache Relaxationslänge übersteigt. Klei- nere Hügel werden vom Wind weg- erodiert [2].

Auch Rippel entstehen durch Saltation, allerdings hat deren In- stabilität einen anderen Ursprung als bei Dünen. Nach dem Splash der Sandkörner tragen viele Parti- kel aufgrund ihrer geringen Energie nicht zur Saltationswolke bei. Statt- dessen ballen sie sich in Sandhü- geln von einigen Korngrößen Höhe um die Einschlagsorte der Saltation zusammen – den Rippeln. Da die Winderosion mit der Rippelgröße zunimmt, bleiben Rippel immer Rippeln und Dünen – genau in

dem Wellenlängenbereich, den Standardtransportmodelle als ver- boten vorhersagen [2, 3]. Warum sie dennoch existieren, hat nun Marc Lämmel von der Universität Leipzig mit Kollegen erklärt. Die Ergeb- nisse zeigen auch, wie Megarippel Klimaforscher künftig unterstützen können [4].

Dünen gehen aus einer hydro- dynamischen Instabilität hervor.

Ein Sandhügel stellt für den Wind ein Hindernis dar und verursacht somit eine Störung des mittleren turbulenten Windfeldes über dem flachen Boden. Als Ergebnis der Störung verdichten sich die Strom- linien, und die Windgeschwindig- keit am Hügelkamm nimmt zu (Abb. 1). Aufgrund der Fernwirkung turbulenter Fluktuationen verlau- fen die Stromlinien jedoch nicht in Phase mit dem Hügelprofil. Ins- besondere liegt die höchste Wind- geschwindigkeit – selbst für einen

W

ind erzeugt in Wüsten- und Küstengebieten der Erde zwei Haupttypen wellenförmiger Sandstrukturen auf unterschied- lichen Längenskalen: Zentime- tergroße Rippel sowie Dünen, die mindestens zehn Meter groß sind, aber auch kilometerlang ausge- dehnt sein können. Ihnen liegt der Transportmechanismus der Saltation zugrunde: Vom Wind beschleunigt, folgen die Körner nahezu ballistischen Flugbahnen und verursachen bei der Kollision mit dem Boden einen „Splash“.

Dadurch steigt der so genannte Saltationsfluss, also der Massenfluss der Saltationsteilchen pro Zeit- und Längenskala, kaskadenförmig an [1, 2].

Rippel und Dünen teilen manch- mal die Bühne mit einer dritten Sandwellenart, deren Existenz sich Erklärungsversuchen lange entzog: so genannte Megarippel.

Ihre Größe liegt zwischen der von

Wind in den Dünen

Mit einem Modell, das unterschiedlich große Sandkörner berücksichtigt, lässt sich erklären, wie Zwergdünen entstehen.

Auf den über hundert Meter langen Dünen des brasilianischen Dünenfeldes „Lençóis Maranhenses“ befinden sich zentimetergroße Rippel.

a

≈ 10 cm

Eric Parteli

Abb. 1 Die Instabilität von Dünen beruht auf der maximalen Scherspannung des

Windes am Boden (τmax) und einem maximalen Sandfluss (Qmax).

a 0,1

Erosion

τmax Qmax

Ls

Abscheidung Wind

Erosion

τmax Qmax

Ls

Abscheidung Wind

nach [2]

(2)

B R E N N P U N K T

© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 7 19 niedriger als etwa einen Zentimeter

bei einer Wellenlänge, die zehn Zentimeter nicht übersteigt.

Neben Rippel- und Dünenbil- dung verursacht Wind einen wei- teren Vorgang, der in manchen in- dustriellen Verfahren wohlbekannt ist: die Sortierung der Teilchen nach ihrer Größe, auch Segregation genannt. Wüstensedimente sind grundsätzlich polydispers und umfassen neben Sandkörnern mit Durchmessern von d ≈ 200 μm auch millimetergroße Partikel. Die minimale Windgeschwindigkeit für die Saltation skaliert jedoch mit √__

d , sodass Sandpartikel bei durchschnittlichen Wüstenwinden weiterfliegen, während gröbere Teilchen zurückbleiben. Dadurch werden Dünen windabwärts mono- disperser [1], was die Annahme eines konstanten Durchmessers von d ≈ 200 μm in Saltationsmodellen rechtfertigt [1 – 3].

Doch die jüngste Arbeit aus Leipzig hat gezeigt, dass der Schlüs- sel zum Verständnis der Mega- rippel im äolischen Sieben des polydispersen Wüstensandes liegt [4]. Die Teilchensegregation führt zu einer Ansammlung der für die Saltation zu trägen Partikel auf der Oberfläche: Tatsächlich sind Megarippel mit millimetergroßen Teilchen bedeckt (Abb. 2a, b), die Bedeutung dieser grobkörnigen Panzerung für die Physik hinter den Megarippeln blieb jedoch lange unterschätzt. Angetrieben von den Saltationsstößen vollführen die gro- ben Teilchen kleinere, aber sichere Sprünge windabwärts. Diese Minia- turform der Saltation heißt auch Reptation (Abb. 2c) So verringern die größeren Partikel die äolische Satu-

rationslänge und damit auch die Mindestgröße der Dünen.

Die Forscher erweiterten da- her das Transportmodell um die beobachtete Polydispersität und zeigten, dass Megarippel sich mor- phologisch und dynamisch iden- tisch wie kleine Reptationsdünen verhalten. Megarippel sind also eigentlich „Zwergdünen“ [4]. An- ders als bei einem Rippelzug wan- dern sie mehr oder weniger isoliert voneinander. Ihre Physik lässt sich deshalb wie bei Dünen anhand ihrer Basislänge beschreiben und nicht durch den Abstand zweier Megarippelkämme. Weiterhin sind Megarippel instabil gegen konstante Windrichtung [6] – ebenfalls eine Eigenschaft der Dünen [7] – und nehmen bei geringer Verfügbarkeit von Sand die typische sichelförmige Dünenform an.

Während Sanddünen sich jedoch robust gegenüber Variationen der Windstärke verhalten, zeigen sich Megarippel hier extrem anfällig.

Heftige Stürme versetzen alles in Saltation und zerstören ihre grob- körnige Panzerung binnen Sekun- den. Deshalb können Megarippel nur dort entstehen, wo die geo- logische Zeitskala für die Bildung ihrer grobkörnigen Struktur den Abstand zweier Stürme nicht über- schreitet [4].

Diese Entdeckungen schreiben ein neues Kapitel der äolischen For- schung und sind für verschiedene Disziplinen von Bedeutung. Für die Klimaforschung ist besonders wich- tig, dass Megarippel sensibel auf Windschwankungen reagieren. Än- derungen der Verhältnisse spiegeln sich in der korngrößenabhängigen Schichtung von Megarippeln wider

– ähnlich wie sich das Klima aus den Jahresringen von Bäumen re- konstruieren lässt [4]. Außerdem ist damit das Rätsel um den Ursprung der so genannten Transverse Aeolian Ridges gelöst – der Sand- gebilde auf dem Mars [8]. Das neue Modell ergibt, unter Einbeziehung der Marsatmosphäre, dass Trans- verse Aeolian Ridges aus der Repta- tionsdüneninstabilität stammen. Sie sind also die Gegenstücke irdischer Megarippel auf dem Mars [4]. Diese Schlussfolgerung wurde kurz da- rauf anhand hochaufgelöster Unter- suchungen der Morphologie der Transverse Aeolian Ridges bestätigt [8]. Damit öffnen sich neue Türen zur Erforschung des Klimas und der Geologie des Roten Planeten.

Polydispersität ist eine in- trinsische Eigenschaft äolischer Partikelsysteme, welche die Sand- transporttheorie lange nicht be- rücksichtigt hat. Ein Fehler, zeigen doch schon die erwähnten ersten Anwendungen des neuen Trans- portmodells außergewöhnliche Erfolge.

Eric Parteli [1] I. Livingstone und A. Warren, Aeolian

Geomorphology, Longman, Essex (1996)

[2] K. Kroy et al., Phys. Rev. E 64, 031305 (2002)

[3] F. Charru et al., Ann. Rev. Fluid Mech.

45, 469 (2013)

[4] M. Lämmel et al., Nature Physics, DOI: 10.1038/s41567-018-0106-z [5] E. Parteli, Physik Journal, September

2016, S. 22

[6] H. Yizhaq et al., Geology 40, 459 (2012) [7] E. J. R. Parteli et al., Phys. Rev. Lett. 107,

188001 (2011)

[8] D. C. Berman et al., Icarus 312, 247 (2018);

Dr. Eric Parteli, De- partment Geowis- senschaften, Univer- sität zu Köln, Poh- ligstr. 3, 50969 Köln Abb. 2 Megarippel, wie hier in der israe-

lischen Negev-Wüste, entstehen durch die Polydispersität von Sand (a). Eine grobkörnige Panzerung (rot) bedeckt die

feineren Teilchen unter der Oberfläche (blau). Die Teilchen an der Oberfläche sind millimetergroß und bewegen sich durch Reptation (b, Vergrößerung: c).

Stöße kleinerer Sandteilchen treiben die Reptationspartikel an, die sich in Saltati- on bewegen. Die Windgeschwindigkeit nimmt mit der Höhe logarithmisch zu.

b c

Reptation Saltation

Höhe

Windge- schwindigkeit

6 cm

a aus [4]

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