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A230 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 5½½½½2. Februar 2001 T H E M E N D E R Z E I T
as Erscheinen des neuen Statistischen Jahr- buches 2000 hat eine Menge von aktuellen Durchschnittszahlen in den Medien aus- gelöst: Da liest der Durchschnittsbürger, dass die Haushalte von Selbstständigen mit 8 470 DM mo- natlich die höchsten durchschnittlichen Nettoein- kommen erzielt haben, gefolgt von Beamtenhaus- halten mit durchschnittlich 7 977 DM Nettoein- kommen, wogegen die Haushalte von Arbeitslo- sen auf einen Monatsdurchschnitt von 2 892 DM kamen. Die überwiegende Mehrzahl der Selbst- ständigen, Beamten und Arbeitslosen stellt ent- mutigt fest, dass sie mit ihren Nettoeinkommen unter dem Durchschnitt dahinvegetieren.
Das kennzeichnet die Durchschnitte: Sie zielen an der Streubreite der Wirklichkeiten vorbei und zielen immer höher, als die Mehrheiten die statisti- schen Höhen erklettern können.
Oder: Die durchschnittliche Lebenserwartung von heute geborenen Mädchen beträgt 80,3 Jahre, von heute geborenen Jungen 74 Jahre. 1950 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung für Mäd- chen 68,5 und für Jungen 64,6 Jahre. Und die Mehrheit der Durchschnittsbürger bleibt jünger oder wird älter.
Das ist ein Merkmal von Durchschnitten: Je länger die Datenreihen werden, desto unver- gleichbarer die Umfelder, aus denen sie entnom- men und „auf Reihe gebracht“ wurden. Aber man kann die Trends erkennen. Man muss sich jedoch zur Bewältigung der Zukunft daran orientieren.
Statistisch begründete Prognosen haben bisher nur selten die evolutionären und revolutionären Schübe und Tendenzen treffend voraussagen kön- nen. Weder für die wissenschaftliche und techni- sche noch für die sozialökonomische und schon gar nicht für die Entwicklung von Zeitgeistmentalität und Moral, die der Menschen Wirklichkeit und Le- bensqualität immer einzigartig im eher weiten als engeren Umfeld der Durchschnitte platzieren! VD