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NoWaste Strategie im Stahlwerksbereich am Beispiel der Georgsmarienhütte

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NoWaste Strategie im Stahlwerksbereich am Beispiel der Georgsmarienhütte

David Algermissen, Bernd Dettmer, Tim Rekersdrees, Henning Schliephake und Tobias Zehn

1. Stabilisierung von sekundärmetallurgischen Schlacken ...471

2. Herstellung von Agglomeratsteinen auf SEKS-Basis...473

3. Trockene Erstarrung und Wärmerückgewinnung ...474

4. Neue Märkte für Elektroofenschlacken ...476

5. Staubrezyklierung ...479

6. Zusammenfassung und Ausblick ...479

7. Literatur ...480

Die Rohstahlproduktion gliedert sich in die wesentlichen Verfahrensrouten Hoch- ofen/Konverter und Elektrostahlerzeugung. Während der Hochofen auf Eisenerz und Koks als Einsatzmaterial angewiesen ist, kann im Elektrolichtbogenofen bis zu einhundert Prozent Schrott als Einsatzmaterial genutzt werden, sodass dieser auch als Recyclingaggregat angesehen wird. Über die oben genannten Prozessrouten wurden im Jahr 2014 in Deutschland 43 Millionen Tonnen Stahl produziert [12]. Dabei wurden als Nebenprodukte zum Stahl auch z.B. Eisenhüttenschlacken mit einer Menge von 14 Millionen Tonnen erzeugt, davon etwa zwei Millionen Tonnen Elektroofenschlacken [7]. Die Hauptanwendungsgebiete in Deutschland liegen im Straßen- und Verkehrs- wegebau.

Sowohl die lange Tradition dieser Anwendung von Schlacken, als auch die physikali- schen Kennwerte zeigen, dass Naturmaterialien im Vergleich oft unterlegen sind [8].

Aufgrund geplanter gesetzlicher Änderungen [1], sowie einer daraus resultierenden erschwerten Marktsituation, kann es langfristig gesehen ein Risiko darstellen, sich von der bisher üblichen Vermarktbarkeit abhängig zu machen. Aus diesem Grund werden zunehmend Anstrengungen unternommen, die Anwendungsgebiete von Schlacken zu erweitern oder sie intern zu recyceln.

Die Georgsmarienhütte GmbH, die zu den großen Elektrostahlwerken in Deutschland zählt, arbeitet aktiv in den Bereichen Umweltschutz und Schla- ckennutzung, um auch bei diesen Themen die Vorreiter Rolle einzunehmen.

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Seit vielen Jahren engagiert sich die Georgsmarienhütte GmbH, gemeinsam mit dem FEhS-Institut für Baustoff-Forschung, im Rahmen diverser öffentli- cher und interner Forschungsprojekte, um Möglichkeiten für das werksinterne Recycling der Nebenprodukte aufzuzeigen und gleichzeitig die noch werthal- tigen Stoffe zurück zu gewinnen. Hierbei gelten zur Orientierung die vier Rs:

ReDuce, ReUse, ReCycle, ReThink.

Durch genaue Betrachtung der einzelnen Prozessschritte und Auswertung der Stoff- stromanalysen im Hüttenwerk konnte dies beispielhaft angewendet werden.

Elektrolichtbogenofen Pfannen-Öfen Vakuum-Anlage

Blockguss

Stranggießanlage (6 Stränge)

Ofen 63 Walzstraße

Wärmebehandlung FInalbetrieb

Blankstahl

Elektroofenschlacke Gießpfannenschlacke

Ofen- und Pfannen- ausbruch

Spülschlamm + Reinigungsarbeiten

Stahl-, Walzwerk

Zunder Sorte 1 Zunder Stranggießanlage Zunder Trenn-/Schleifmaschinen Zunder Sorte 2 Zunder Sorte 3

Schutt Gießbetriebe Filterstaub Stahlwerk

Bild 1: Stoffströme der Georgsmarienhütte

Die sekundärmetallurgische Schlacke (SEKS) besteht neben SiO2 und Al2O3 bis zu 14 Ma.-% aus MgO und bis zu 60 Ma.-% aus CaO. Dadurch besitzt sie großes metal- lurgisches Potential, um als Schlackenbildner intern recycelt zu werden. So konnten Möglichkeiten aufgezeigt werden, die Primärrohstoffe Dolomit und Kalk, welche in großen Mengen Anwendung im Primäraggregat, dem Elektrolichtbogenofen, finden, zu substituieren. Da die Hauptaufgabe der SEKS die Stahlentschwefelung in der Sekundär- metallurgie ist, wird auch der Schwefel beim Recycling im Elektrolichtbogenofen wieder mit eingetragen und muss in der Sekundärmetallurgie wieder entfernt werden, sodass es hier zu einer Aufkonzentration kommen kann. Diese Aufkonzentration kann, je nach zu produzierender Stahlgüte, den Einsatz der SEKS begrenzen oder aber auch bevorzugen.

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Die größte Herausforderung für das interne Recycling besteht im betriebsinternen Handling der SEKS. Aufgrund einer Mineralphasenumwandlung mit einhergehender Volumenexpansion bei der regulären Abkühlung im Schlackenbeet, dem sogenannten Dicalciumsilikatzerfall, zerfällt die SEKS sehr feinkörnig und jeglicher Transport kann mit Staubemissionen verbunden sein [2].

Ziel sollte es deshalb sein die SEKS entweder so zu stabilisieren, dass der Dicalciumsi- likatzerfall unterbunden wird oder sie nach dem Zerfall wieder in eine stückige Form überführt werden kann, wodurch ein reguläres Einbringen in den Elektrolichtbogenofen über den Schrottkorb erlaubt werden kann.

1. Stabilisierung von sekundärmetallurgischen Schlacken

Bei der Abkühlung der SEKS bilden sich aus der Schmelze heraus mehrere kalksilika- tische Phasen, welche sich bei weiterer Abkühlung in unterschiedliche Modifikationen umwandeln. Unterhalb von 500 °C kommt es dann zu einer Umwandlung vom mo- noklinen βH-C2S (Larnit) zum rhombischen γ-C2S (Calcio-Olivin), wodurch sich eine Volumenexpansion von etwa zwölf Prozent ergibt (Tabelle 1).

Modifikation Dichte Kristallstruktur t/m³ βH-C2S

(Larnit) 3,31 Monoklin γ-C2S

(Calio-Olivin) 2,97 Rhombisch

Tabelle 1:

Dichte der β- und γ-Modifikation des Dicalcium- silikats

Quelle: Schwiete, K.; Krönert, W.; Deckert, K.: Existenzberei- che und Stabilisierung von Hochtemperaturmodifikationen des Dicalciumsilikates, Zement-Kalk-Gips, Nr. 9, 1968, S. 359 –366

Es ist bekannt, dass der Dicalciumsilikatzerfall verhindert werden kann, indem durch die Zugabe chemischer Stoffe die Modifikationsumwandlung bei 500 °C thermodyna- misch unvorteilhaft wird und dadurch die βH-C2S-Modifikation stabilisiert wird [2].

Dazu genügt die Zugabe von einem Ma.-% Bortrioxid oder Phosphorpentoxid, welche sich in die Kristallstruktur des C2S einfügen und die wirksame Gitterenergie hemmen.

In der Betriebspraxis ist dies jedoch mit unterschiedlichen Herausforderungen ver- bunden, allen voran der homogenen Verteilung des Konditionierungsstoffes in der Schlacke. Durch prozessbedingte Schwankungen, wie beispielsweise der Temperatur, wird die Viskosität deutlich verändert und das Einmischen in die Schlacke kann teil- weise lokal begrenzt sein.

Eine andere Möglichkeit zur Stabilisierung des Dicalciumsilikats bedarf nicht des Ein- bringens von Konditionierungsstoffen, welche die Chemie der SEKS verändern. Bei erhöhten Abkühlraten wird das Kristallwachstum und damit der Zerfall gehemmt [2].

Durch die sehr niedrige Wärmeleitfähigkeit von Schlacke [3] muss die Kontaktfläche zur Abkühlvorrichtung jedoch sehr groß sein, um den erforderlichen hohen Tempe- raturgradienten und die Abkühlrate für ein möglichst großes Schlackenvolumen hoch zu halten. Ziel ist es ein feinkristallines Gefüge im gesamten Schlackenaufkommen zu realisieren.

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Auf Basis von Laborversuchen wurde im Stahlwerk ein Versuchsträger im Pilotmaßstab gebaut, auf dem die SEKS abgekippt wurde und schnell erstarren konnte. Mehrere Versuchsserien brachten eine große Anzahl an Ergebnissen, durch die die Apparatur optimiert wurde und Rahmenbedingungen festgelegt werden konnten, um hohe Stabili- sierungsraten reproduzierbar in der Großserie zu erzielen. Hierbei waren insbesondere die notwendige Temperatur der SEKS sowie die maximale Schichtdicke der Schlacke auf der Abkühlvorrichtung für eine ausreichend schnelle Abkühlung relevant.

Phasenumwandlung des Dicalciumsilikats

Ba2+ K+ Sr2- Na+ Ca2+

Cr2+

Mn2+

Fe2+

Mg2+

Mn3+

Cr3+

Fe3+

As3+

Al3+

Mn4+

Si4+

Mn6+

B3+P5+Cr6+V5+

Schmelze α

α´H

α´L grobkristallin

βH

βL

γ

α´L feinkristallin 1.425 ± 10 °C

1.160

± 10 °C

680 – 690 630 °C ± 20 °C

< 500 °C

630 – 690 620 °C ± 20 °C C2S

stabilisiert stabilisiert nicht

780 – 860 °C

Bild 2: Phasenumwandlung des Dicalciumsilikats und Einfluss verschiedener Elemente auf die Stabilität der β-Modifikation [5]

Quelle: Lehmann, H.; Niesel, K.; Thormann, P.: Die Stabilitätsbereiche der Modifikationen des C2S, Tonind. Zeitung 93, 1969, Heft 6, S. 197–209

Bild 3:

Abkühlplatte mit abgekippter SEKS im Stahlwerk

Quelle: Schliephake, H.; Rekersdrees, T.; Zehn, T.; Dettmer, B.; Mudersbach, D.: Zwei Schritte zu Zero Waste, Schla- cken aus der Metallurgie, Band 3, 2014, S.  127–137

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Als Ergebnis konnte eine nahezu vollständig stabilisierte, kalkreiche SEKS hergestellt werde. Diese stückige Schlacke konnte ohne größere Staubemissionen im Elekt- rolichtbogenofen über den Schrottkorb chargiert werden und darüber hinaus den Primärkalk substituieren. Es muss jedoch beachtet werden, dass durch Einführung in die Betriebspraxis der logistische Aufwand innerhalb des Stahlwerks deutlich erhöht wird, da zusätzliche Prozessschritte notwendig werden, welche mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sind.

2. Herstellung von Agglomeratsteinen auf SEKS-Basis

Neben der Vermeidung des Zerfalls der SEKS kann auch ein anschließendes Verpressen der feinkörnigen SEKS durchgeführt werden. Zunächst erscheint der erhöhte Aufwand nachteilig, bietet jedoch die Möglichkeit weitere Stoffe in den Elektrolichtbogenofen einzubringen.

Im Rahmen eines öffentlich geförderten Forschungsvorhabens wurden Möglichkeiten entwickelt, feinkörnig zerfallene SEKS gemeinsam mit Biokohlen und Eisenträgern zu Steinen zu verpressen, welche im Anschluss in den Elektrolichtbogenofen eingebracht wurden. Da Biokohlen, im Unterschied zu fossilen Brennstoffen, aus regenerativen Biomassen erzeugt werden, besitzen diese einen definierten Emissionsfaktor von Null, sodass CO2-Emissionen gesenkt werden und sich ökologische sowie ökonomische Vorteile ergeben.

Im Gegensatz zum Einsatz von Biokohlen zur Energieerzeugung, wurde bei der Stahl- herstellung mittels Elektroofenroute dieses bisher nicht betrieblich umgesetzt. Ausge- hend von der großen Bandbreite an Eingangsstoffen für die Erzeugung von Biokohle ergaben sich sehr unterschiedliche Materialeigenschaften und Zusammensetzungen, die sich von fossiler Kohle deutlich unterscheiden. Durch diese schwankenden Ma- terialeigenschaften konnten die Auswirkungen auf den Elektrolichtbogenofenprozess bisher nicht ausreichend wissenschaftlich und technisch geklärt werden, weshalb ein betrieblicher Einsatz bisher nicht erfolgte.

Die Brennwerte der meisten Biokohlen liegen unterhalb des Brennwertes von fossiler Anthrazitkohle. In Bezug auf die chemische Zusammensetzung und den Ascheanteil sind Biokohlen nachteilig zu bewerten, so dass eine allgemeine Aussage über die wirt- schaftliche und reproduzierbare Nutzung nicht getroffen werden konnte.

Ein besonders relevanter Parameter zur Bewertung von Biokohlen ist die Reaktivität.

Die Reaktivität wird als das chemische Verhalten von Koks gegenüber gebundenem Sauerstoff (CO2, H2O) oder freiem Sauerstoff (O2) bei hohen Temperaturen definiert [9].

Damit ist die Reaktivität ein Maß für die Reaktionsfähigkeit eines Stoffes im Rahmen einer chemischen Reaktion.

Basierend auf den Ergebnissen aus zahlreichen Laboruntersuchungen, konnten so geeignete Biokohlen ausgewählt werden und erste Agglomeratsteine mit unterschied- lichen Rezepturen, bei niedrigem Bindemittelgehalt, wurden hergestellt. Nachdem

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das Aufschmelzverhalten dieser Prototypen analysiert wurde und keine Temperatur- bereiche aufwies, welche gegen einen betrieblichen Versuch sprechen, wurden etwa sechzig Tonnen dieser Agglomeratsteine hergestellt und in mehreren Kampagnen in den Elektrolichtbogenofen chargiert.

0 °C Fläche: 100 % Höhe: 100 % Eckwinkel links: 105 °C Benetzwinkel links: 84 °

00:00:00 Formfaktor: 0,748 Breite: 100 % rechts: 109 ° rechts: 86 °

1.311 °C Fläche: 52,3 % Höhe: 67,7 % Eckwinkel links: 116 °C Benetzwinkel links: 74 °

03:09:10 Formfaktor: 0,796 Breite: 84,3 % rechts: 118 ° rechts: 69 °

1.343 °C Fläche: 29,8 % Höhe: 33,2 % Eckwinkel links: 182 °C Benetzwinkel links: 22 °

03:15:30 Formfaktor: 0,799 Breite: 156 % rechts: 182 ° rechts: 23 °

- 1 - - 34 -

Erweichungs- punkt

- 45 - Fließpunkt

V1 V2 V3 V4 V5

°C

Erweichungstemperatur 1.326 1.288 1.326 1.299 1.311

Fließtemperatur 1.402 1.352 1.348 1.359 1.343

Bild 4: Bestimmung des Aufschmelzverhaltens mittels Erhitzungsmikroskop

Bei der Auswertung der Prozessdaten konnte gezeigt werden, dass während der Ver- suchskampagnen die Parameter, wie beispielsweise der spezifische Energiebedarf, im Rahmen der betrieblichen Schwankungsbreiten lagen und es keine erkennbaren, negativen Einflussfaktoren gab.

Für einen dauerhaft betrieblichen Einsatz muss jedoch eine sichere Bezugsquelle gefunden werden, um den gesamten Prozess unter ökonomischen und logistischen Gesichtspunkten bewerten zu können.

3. Trockene Erstarrung und Wärmerückgewinnung

Neben den bereits erwähnten Vorteilen führen sowohl die Stabilisierung der SEKS als auch das Verpressen zu Agglomeratsteinen zu einem Prozess, welcher ohne direkten Wasserkontakt mit der Schlacke auskommt und die notwendige Wasserwirtschaft reduziert.

Obwohl in Deutschland sowohl Elektroofenschlacke (EOS) als auch SEKS gemäß gülti- gem Regelwerk als nicht wassergefährdende Stoffe eingestuft sind [4], ist man auch aus ökonomischer Sicht bestrebt, das für die Abkühlung benötigte Wasser zu reduzieren.

Da mengenmäßig deutlich größere Mengen EOS als SEKS erzeugt werden, ist es von besonderem Interesse eine trockene Abkühlung für die EOS zu realisieren, wodurch sich gleichzeitig die Möglichkeit der Wärmerückgewinnung bietet. Dabei ist die größte

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Metalle

Herausforderung die Logistik und die Handhabung der EOS, die im Gegensatz zur Hochofenschlacke – für die bereits Anwendungen bekannt sind – vollkommen andere Anforderungen an eine trockene Erstarrung und Wärmerückgewinnung stellt.

Prozessbedingt ist es unvermeidlich, dass im Schlackenkübel neben der EOS auch Metall vorliegt. Die hohe Wärmeleitfähigkeit des Metalls stellt eine besondere Herausforderung dar, weil letzteres nicht feuerfeste Abkühlvorrichtungen zerstören kann. Andererseits behindern feuerfeste Materialien den Wärmeabfluss, weshalb diese für eine Abkühl- einrichtung kontraproduktiv sind. Weiterhin wird die EOS batchweise abgeschlackt, sodass kein (semi)kontinuierlicher Prozess, wie bei der Hochofenschlacken, möglich ist und so die Realisierung einer Wärmerückgewinnung erschwert wird.

Gemeinsam mit einem nationalen Konsortium wurde ein Verbundvorhaben zur Erforschung eines Verfahrens zur gezielten Erstarrung von schmelzflüssiger EOS, kombiniert mit einer Wärmerückgewinnung, initiiert. Ziel war es, die verfahrens- technischen Grundlagen sowie ein abgestimmtes Konzept zu erarbeiten, um die beim Abstich etwa 1.600 °C heiße EOS trocken zu erstarren und die thermische Energie der Schlacke für eine weitere Nutzung zurück zu gewinnen. Im Gegensatz zu anderen Wärmerückgewinnungsverfahren ist bei dem vorliegenden Verfahren die Erhaltung einer definierten Korngröße von mindestens 32 mm das Ziel. Diese ist Bedingung für eine weitere Vermarktung im Straßenbau.

Bild 5:

Betriebsversuche am Elektro- lichtbogenofen

Nach einer Vielzahl theoretischer Vorüberlegungen wurde mit ersten Betriebsversuchen begonnen. Dazu wurde eine Kupferplatte gebaut, welche die Wärme aus der Schlacke schnell abführen sollte. Damit die aufgebrachte Schlacke keine isolierende Schicht bildet, über welche die frische Schlacke ungekühlt herüberfließt, wurde die Kupferplatte auf ein Vibrationsgestell montiert. Die Schlacke wurde auf diese Weise nach dem Erstar- ren aufgebrochen, um neue Oberflächen für einen schnellen Wärmeabtransport zu schaffen und eine isolierende Schicht zu unterbinden. Die Schichtdicke, und damit die Korngröße, sollten jedoch aus zuvor genannten Gründen bei mindestens 32 mm liegen.

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Im Kilogramm-Maßstab wurde ihm Rahmen mehrerer Kampagnen diese Kupfer- Rüttelplatte mit EOS beschickt, welche mittels Löffel aus dem Elektrolichtbogenofen entnommen wurde. In die Platte eingebaute Thermoelemente brachten eine Vielzahl an Daten, welche für den Bau eines Versuchsträgers im Pilotmaßstab herangezogen werden konnten.

Dafür wurde eine Kupferplatte von zwei Meter mal ein Meter mit eingebauter Wasser- kühlung gebaut, welche auf ein großes Vibrationsgestell montiert wurde und für eine Schlackenmenge im Tonnenmaßstab ausgelegt ist.

Bild 6:

Betriebsversuche im Pilotmaß- stab am Schlackenbeet

Ziel war es die EOS schnell und trocken erstarren zu lassen, sodass sie zum einen handhabbar war und zum anderen eine hohe thermische Energie beinhaltete. In der Folge sollte dieses Zwischenprodukt in einem konventionellen Wärmetauscher genutzt werden können, um ein Trägermedium, wie beispielsweise Luft, aufzuheizen. Die so genutzte Wärmeenergie könnte an anderen Stellen Energie substituieren und CO2 einsparen. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wird dieser Aspekt theoretisch berechnet.

4. Neue Märkte für Elektroofenschlacke

In Deutschland findet EOS mit etwa 75 % hauptsächlich Anwendung als Baustoff [7], wie beispielsweise im Straßen-, Wege- und Erdbau. Dort besitzt Sie gegenüber Naturmaterialien viele technische Vorteile, welche den Nutzungszeitraum deutlich verlängern. Jedoch wird die Vermarktung aufgrund neuer geplanter Regelwerke und der daraus resultierenden Marktsituation zunehmend schwieriger. Deshalb ist es von großer Bedeutung alternative, hochwertige Anwendungsbereiche zu erschließen, auch wenn dazu chemische und mineralogische Änderungen der EOS notwendig wären. Die Idee Stahlwerksschlacken so zu konvertieren, dass diese hydraulische Eigenschaften aufweisen, ist nicht neu, wurde jedoch bisher nie in die Betriebspraxis überführt. Solch ein Prozess kann es ermöglichen alle Hüttennebenerzeugnisse und Hüttenreststoffe in- tern zu nutzen ohne diese extern zu verwerten oder auf Deponien entsorgen zu müssen.

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Im Ternärsystem wird deutlich wie sehr die Schlacke konditioniert werden muss um als hydraulisches Bindemittel genutzt zu werden. Hauptsächlich ist dies mit einer Ei- senreduktion verbunden, da EOS üblicherweise Gehalte an oxidischen Eisen von bis zu 50 Ma.-% beinhaltet. Zudem müssen weiterhin Kalkträger der Schlacke hinzugegeben werden, um chemisch in den Bereich des Portlandzementklinkers zu gelangen.

Durch eine Vielzahl an Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass für die Reduktion Kohlenstoff am geeignetsten ist, da es im Gegensatz zu Aluminium auch für Elemente wie beispielsweise Chrom(III)oxid eine ausreichende Reduktion aufweist und im Ge- gensatz zu Silizium die C/S-Basizität, für die Erzeugung eines Klinkers, nicht negativ beeinflusst.

In weiteren Versuchen wurden zusätzlich zur Kohlenstoffreduktion auch Kalkträ- ger hinzugegeben, um die gesamte Konvertierung der EOS in einem Prozessschritt durchzuführen. Es zeigte sich jedoch, dass aufgrund der stark ansteigenden Viskosität, bedingt durch die Kalkzugabe bei gleichzeitiger eisenarmer Schmelze, die Schlacke nicht mehr handhabbar war. Ein Anheben der Schmelztemperatur auf 1.700 –1.800 °C, wie es für aktuelle Entwicklungen zur LD-Schlacke beschrieben wird [6], schied aus ökonomischen Gründen aus. Deshalb wurde der Prozess in die zwei Schritte Reduktion und Konditionierung unterteilt, um auch unter großtechnischen Bedingungen bei etwa 1.600 °C ein Einfrieren der Schlacke zu verhindern.

Als Aggregat zur Durchführung des Konditionierungsschrittes hat sich bereits in an- deren Industriebereichen der Drehrohrofen etabliert, indem die Materialien homogen vermischt und durch Temperaturen um die 1.300 °C gesintert werden.

0 %

0 %

0 % 100 %

Kieselsäurereiche Flugasche (W) 50 %

50 % Al2O3+ Fe2O3

50 %

CaO SiO

2

100 %

100 %

Kalkreiche Flugasche (V)

Hüttensand (S)

Portlandzementklinker (K) Laborreduktion

EOS

Bild 7:

Ternärsystem zur notwendigen Konditionierung von Elektro- ofenschlacke

in Anlehnung an: Tänzer, R.; Stephan, D.:

Portlandzementfreie Bindemittel – auch in der Baustoffindustrie werden Alterna- tiven gesucht! Die Aktuelle Wochenschau zu Bauen und Chemie, Gesellschaft Deut- scher Chemiker, Woche 18, 09.05.2011

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Metalle

Im Labor konnte gezeigt werden, dass durch eine anschließende schnelle Abkühlung klinkertypische Mineralphasen gebildet wurden. Auch eine anschließende zementtech- nische Untersuchung des Materials zeigte vergleichbar gute Festigkeitswerte zu einem Referenz-Portlandzementlinker (Normalklinker).

Transformationen von oxidierter EOS zu einem Portlandzementklinker mit einer zwischenzeitlichen Reduktion und einer anschließenden Konditionierung

Gleichstrom

Wechselstrom

Schlacke

Reduktion Konditio- nierung

PZK

FeSi, C, usw. CaO, GPS, usw.

Stahlpfanne Pfannenofen Drehohrofen Quenche

für Schlackenpfanne Schlacken-

pfanne anstatt Topf/Kübel

TSchlacke/Oxid : 1.600 °C / 1.600 °C / 1.450 °C / 1.300 °C / 200 °C

Bild 8: Schematische Darstellung eines Reduktions- und Konditionierungsprozesses

Mörteldruckfestigkeit MPa

60

40

30 50

10 20

Normalklinker (Laborofen)

0 7 21 28 35

Alter Tage 14

CEM I + 50 % inert KS9-3 EOS 1 KS20-1 EOS 1 0

Mischung: 50 % Klinker + 50 % Normalklinker (Betrieb)

Bild 9: Mörteldruckfestigkeiten von EOS-Klinker und Referenzklinker

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Metalle

Zur Substitution des Primärkalks als Konditionierstoff wurden auch die anderen Nebenerzeugnisse der Hütte untersucht, dessen Einbringen einen Vorteil für den Prozess an sich und für die nicht mehr benötigte externe Verwertung haben. Bis auf den Feuerfestausbruch, welcher durch seinen hohen MgO-Gehalt die Klinkerqualität negativ beeinflussen würde, könnten in einem o.g. Prozess nahezu alle Nebener- zeugnisse und Reststoffe der Hütte eingebracht werden. Die Gehalte an oxidischem Eisen würden reduziert, in das Metall überführt und könnten dem Prozess intern zurückgeführt werden.

C Si Mn P S Cu Sn Cr Mo Ni V Nb W Zr

Ma.-%

6,0 0,22 6,04 0,42 0,008 0,03 0,002 3,6 0,01 0,03 0,24 0,05 0,06 0,12 Tabelle 2: Mittelwerte der Metallzusammensetzung aus neun Laborreduktionsversuchen

Da in diesem Reduktionsmetall jedoch auch Stahlschädlinge wie Phosphor und Kupfer enthalten sind, kann das erzeugte Reduktionsmetall den Einsatzschrott damit nur zu einem kleinen Teil substituieren.

5. Staubrezyklierung

Stäube aus dem Elektrolichtbogenofen enthalten neben Eisenoxiden insbesondere auch Blei- und Zinkoxide, welche insbesondere bei höheren Gehalten eine sekundäre Rohstoffquelle darstellen. Das Zink kann beispielsweise im Drehrohrofenprozess zurückgewonnen werden. Für eine möglichst effektive Zinkrückgewinnung ist es Betriebspraxis geworden, den Filterstaub in den Elektrolichtbogenofen zurück zu blasen, wodurch der Staub an Zink angereichert und gleichzeitig das Gesamtstau- baufkommen verringert wird. Auf diese Weise wird ein qualitativ höherwertiger Sekundärrohstoff erzeugt, da das Zink dieses angereicherten Staubes unter besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückgewonnen und an die Zinkindustrie vermarktet werden kann.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Der vorliegende Artikel beschreibt unterschiedliche Möglichkeiten für die interne und externe Verwertung von Hüttennebenprodukten und Hüttenreststoffen. Es werden Verfahren zur Behandlung von Schlacken und Stäuben vorgestellt und Ergebnisse diskutiert. Alle vorgestellten Verfahren bedeuten einen wirtschaftlichen Mehraufwand gegenüber dem Status quo. Insbesondere die Entwicklungsarbeiten zur Behandlung oder Konditionierung von Schlacken aus der Stahlherstellung zei- gen jedoch in Abhängigkeit der sich zukünftig entwickelnden Rahmenbedingungen sowohl ökologische als auch ökonomische Potenziale, die derzeit aber noch nicht vollständig erschlossen sind.

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Alle vorgestellten Verfahren sind Bestandteil der kontinuierlichen Arbeiten der Ge- orgsmarienhütte GmbH zur Vereinbarung von wirtschaftlichen und umwelttechni- schen Herausforderungen am Standort Deutschland sowie der Ambition, das erste Elektrostahlwerk in Europa zu werden, dem eine betriebliche Umsetzung der NoWaste Strategie gelungen ist.

Danksagung

Ein besonderer Dank gilt den Fördermittelgebern, welche die dargestellten Projekte mit seinen Projektpartnern unterstützt haben:

Der Forschungsvereinigung VDEh-Gesellschaft zur Förderung der Eisenforschung mbH, über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Ge- meinschaftsforschung und -entwicklung (IGF), dem zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) der AiF und dem Projektträger Jülich (PTJ), welche die Projekte durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert haben. Ebenso gilt der Dank der deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Projektförderung.

Auch allen an den Untersuchungen beteiligten Personen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Namentlich hervorzuheben ist dabei Herr Dr.-Ing. Dirk Mudersbach, heute MAU – Max Aicher Umwelt GmbH, der durch seine hohe fachliche Kompetenz und überdurchschnittlichen Einsatz ganz erheblich zum aktuellen Verständnis der techni- schen Konvertierungsmöglichkeiten beigetragen hat.

7. Literatur

[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Verordnung zur Festle- gung von Anforderungen für das Einbringen oder das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzbaustoffen und zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlas- tenverordnung, Stand: 23.07.2015

[2] Drissen, P.; Mudersbach, D.; Schulbert, K.; Zehn, T.: Stabilisierung sekundärmetallurgischer Schlacken aus der Qualitätsstahlerzeugung, Report des FEhS – Institut für Baustoff-Forschung e.V., 19. Jahrgang Nr. 1, 2012, S. 10–14

[3] Goto, K.; Gudenau, H.; Nagata, K; Lindner, K.-H.: Wärmeleitfähigkeiten von Hochofenschlacken und Stranggießpulvern im Temperaturbereich von 100–1.550 °C

[4] http://webrigoletto.uba.de/rigoletto/(Kennnummern 9147, 9148)

[5] Lehmann, H.; Niesel, K.; Thormann, P.: Die Stabilitätsbereiche der Modifikationen des C2S, Tonind. Zeitung 93, 1969, Heft 6, S. 197–209

[6] Ludwig, H.-M.; Wulfert, H.: Aufbereitete Stahlwerksschlacke als reaktiver Zementhauptbestand- teil, 18. Int. Baustofftagung ibausil, Weimar, 12. – 15.09.2012 [7] Merkel, Th.: Eisenhütten- schlacken im Jahr 2014 – Erhebungen zu Produktion und Nutzen, Report des FEhS – Institut für Baustoff-Forschung e.V., 22. Jahrgang Nr. 1, 2015, S. 24

[7] Merkel, Th.: Eisenhüttenschlacken im Jahr 2014 – Erhebungen zu Produktion und Nutzen, Report des FEhS - Institut für Baustoff-Forschung e.V., 22. Jahrgang Nr. 1, 2015, S. 24

[8] Proceedings 6th European Slag Conference 2010, Ferrous Slag – Resource Development for an Environmentally Sustainable World, Beiträge

[9] Ruhrkohlen-Handbuch, 7. Edition, Verlag Glückauf, Essen, 1987

(13)

Metalle [10] Schliephake, H.; Rekersdrees, T.; Zehn, T.; Dettmer, B.; Mudersbach, D.: Zwei Schritte zu Zero

Waste, Schlacken aus der Metallurgie, Band 3, 2014, S. 127–137

[11] Schwiete, K.; Krönert, W.; Deckert, K.: Existenzbereiche und Stabilisierung von Hochtempera- turmodifikationen des Dicalciumsilikates, Zement-Kalk-Gips, Nr. 9, 1968, S. 359 –366 [12] Stahlinstitut VDEh; Wirtschaftsvereinigung Stahl: Beitrag der Stahlindustrie zu Nachhaltigkeit,

Ressourcen- und Energieeffizienz, 2015

[13] Tänzer, R.; Stephan, D.: Portlandzementfreie Bindemittel – auch in der Baustoffindustrie werden Alternativen gesucht! Die Aktuelle Wochenschau zu Bauen und Chemie, Gesellschaft Deutscher Chemiker, Woche 18, 09.05.2011

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Luciano Pelloni

Waste Management Recycling Composting Fermentation Mechanical-Biological Treatment Energy Recovery from Waste Sewage Sludge Treatment Thomé-Kozmiensky und PelloniWASTE MANAGEMENT

2

Thomé-Kozmiensky und Pelloni

Karl J. Thomé-Kozmiensky

Volume 3 Recycling and Recovery

WASTE MANAGEMENT

Stephanie Thiel

WASTE MANAGEMENTThomé-Kozmiensky und Thiel

3

2

1

, Thiel

5

WASTE MANAGEMENT Volume 2

KARL J. THOMÉ-KOZMIENSKY STEPHANIE THIEL HRSG.

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Referenzen

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