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Teil 1: Museumsbesuch

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Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

Teil 1: Museumsbesuch

Herr Thies, im Passauer Museum Moderner Kunst sind immer wieder Ausstellungen namhafter Künstler zu sehen – noch bis Mitte Februar zum Beispiel die Foto-Ausstellung Da-Da-Dalí. Lohnt es sich aber in Zeiten des Internets und der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken überhaupt noch, in ein Museum zu gehen?

Es lohnt sich auf jeden Fall – und zwar aus verschiedenen Gründen. Erstens kommt man auf diese Weise mit interessanten Menschen zusammen. Vor den vielen Bildschirmen, die unser Leben heute bestimmen, sitzen wir allein; sogar dann, wenn wir diese Geräte zur Kommunikation nutzen. Dagegen ist eine Vernissage oder ein Documenta-Besuch immer auch ein soziales Ereignis. Wir stehen beieinander, richten unsere Aufmerksamkeit gemeinsam auf einen Gegenstand, kommen ins Gespräch. Vorbereitung und Wissen sind hier meist gar nicht nötig. Über gute Kunst kann man immer reden. Die eine Person bemerkt dies, die andere das. In der spontanen Unterhaltung verfertigen sich die Gedanken.

Zweitens haben Kunstwerke eine eigentümliche Kraft, die sich verliert, wenn man nicht das Original betrachtet. Gewiss: Es gibt die berühmte These von Walter Benjamin, dass Kunstwerke im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit ihre Aura verloren hätten.

Früher musste man nach Paris fahren, um die Mona Lisa zu sehen, heute lächelt sie uns fast jeden Tag irgendwo in Zeitungen, der Werbung oder dem Internet entgegen. Trotzdem liegt Benjamin falsch! Er wollte eigentlich auch nur sagen, dass sich unsere ästhetische Wahrnehmung historisch verändert.

Allerdings gibt es viel schlechte Kunst. In einer normalen Ausstellung sagt mir ein Drittel meist gar nichts, ein zweites Drittel provoziert lediglich, ist banal oder überladen. Das restliche Drittel braucht Zeit. Oft ist es ein einziges Bild, das die besagte Faszination ausübt.

Aber steht man einmal vor dem Fronleichnamsmorgen von Ferdinand Georg Waldmüller (Belvedere Wien), einem Black Painting von Ad Reinhardt (etwa in der Staatsgalerie Stuttgart) oder innerhalb einer Video-Installation von William Kentridge (z. B. The Refusal of Time bei der letzten Documenta), dann kann man Erfahrungen machen, die sonst nicht möglich sind. Lassen Sie sich vor allem nicht durch Zeitungsberichte, Wikipedia-Einträge oder Hinweiszettel irritieren. Vielmehr gilt: Haben Sie Mut, sich Ihrer eigenen Augen zu bedienen!

Drittens sind Museen in der heutigen Zeit einer der wenigen Orte, an denen es nicht laut ist, nicht voll und nicht hektisch. Ein Leben in Würde bedarf einer solchen Kultur der Stille (Peter Bieri). Welch ein Kontrast zwischen der großen Straße, an der so viele bedeutende Museen liegen, und den kleinen, feinen Räumen in deren Innerem! Kunst sollte nicht einer heiligen Ergriffenheit dienen, aber Kontemplation und Meditation sind für moderne Menschen in schönen Museen eher möglich als in Kirchen.

Selbstverständlich ist nicht jede Ausstellung für jeden Geschmack geeignet – doch gerade in Mitteleuropa gibt es so viele hervorragende Museen wie nirgendwo sonst, nicht zuletzt auch in Passau. Und deren Besuch ist – womit wir bei viertens wären – viel billiger als ein Konzert, ein opulentes Abendessen oder gar eine Urlaubsreise.

(PASTA!, Februar 2016, S. 34/35)

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