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Attributive Landnutzung (aLU) und attributive Landnutzungsänderung (aLUC)

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Academic year: 2022

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Attributive Landnutzung (aLU) und

attributive Landnutzungsänderung (aLUC)

Eine neue Methode zur Berücksichtigung von Landnutzung und Landnutzungsänderung in Ökobilanzen

Version 2.1 des ifeu paper 03/2018

Fehrenbach, Horst; Keller, Heiko Abdalla, Nabil; Rettenmaier, Nils Heidelberg, 2020

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ßen Rückmeldungen zu den Inhalten.

Kontakt:

Dipl.-Biol. Horst Fehrenbach

ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung, Wilckensstrasse 3, 69120 Heidelberg horst.fehrenbach@ifeu.de, +49-6221-4767-0

Zitiervorschlag:

H. Fehrenbach, H. Keller, N. Abdalla & N. Rettenmaier (2020): Attributive Landnutzung (aLU) und attributive Landnut- zungsänderung (aLUC) - Eine neue Methode zur Berücksichtigung von Landnutzung und Landnutzungsänderung in Ökobilanzen, Version 2.1 des ifeu paper 03/2018, verfügbar unter https://www.ifeu.de/ifeu-papers, ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, Heidelberg.

Ursprüngliche Version:

Diese überarbeitete und deutlich erweiterte Version ersetzt Version 1.0 aus dem Dezember 2018 von H. Fehrenbach, M. Schmehl, N. Abdalla & H. Keller.

Danksagung:

Für viele Anregungen, Hinweise, Diskurse und Empfehlungen möchten wir von ganzen Herzen unseren ifeu- Kolleg*innen danken, insbesondere: Mirjam Busch, Guido Reinhardt, Nils Rettenmaier und Tobias Wagner. Wir sind Meike Schmehl sehr dankbar, die zur Version 1.0 dieses ifeu paper beigetragen hat.

Titelseite, oben: © Image‘in / Fotolia Titelseite, unten: eigenes Bild

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2 Hintergrund 4

2.1 Umweltlasten der Landnutzungsänderung 4

2.2 Umweltlasten der Landnutzung 10

3 Methodischer Ansatz der attributiven Landnutzungsänderung (aLUC) 11

3.1 Berechnung des aLUC-Emissionsfaktors 11

3.2 Produktspezifische Anwendung des aLUC-Emissionsfaktors 17 4 Methodischer Ansatz der attributiven Landnutzung (aLU) 18

4.1 Berechnung des aLU-Emissionsfaktors 18

4.2 Produktspezifische Anwendung des aLU-Emissionsfaktors 19

5 Faktoren für die Normierung 19

6 Verwendung 20

7 Englischsprachige Bezeichnungen 20

8 Literatur 21

9 Anhang 22

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1 Überblick

Landnutzungsänderungen und die damit verbundenen Veränderungen an den Kohlen- stoffinventaren spielen seit vielen Jahren eine bedeutende Rolle bei Ökobilanzen zu land- und forstwirtschaftlichen Produkten. Die verbreitetsten Ansätze, Folgen von Landnutzungsänderungen (LUC) in Ökobilanzen einzelnen Produkten zuzurechnen sind die methodischen Ansätze dLUC (englisch - direct Land Use Change) und iLUC (englisch - indirect Land Use Change). Beide Methoden benötigen allerdings eine werthaltungsba- sierte Auswahl von kritischen Eingangsgrößen. Dies erschwert die Akzeptanz von Hand- lungsempfehlungen basierend auf solchen Ökobilanzergebnissen in der Praxis.

In diesem ifeu paper wird die Methode zur Berechnung von attributiver Landnutzungs- änderung (aLUC) und damit assoziierter attributiver Landnutzung (aLU) für die Verwen- dung in Sach- und Ökobilanzen beschrieben, welche diese Limitierungen adressiert.

Diese Methode wurde entwickelt, um einem Produkt wie z. B. Palmöl konkrete Inven- tardaten zur Landnutzungsänderung zuweisen zu können, unabhängig von einer wert- haltungsbasierten Auswahl von Abschreibezeiten, vom Vorhandensein von Liefer- ketteninformationen (siehe dLUC) und ungeachtet von nie eindeutig bestimmbaren marktbezogenen Treibern (iLUC).

Neben den detaillierten Hintergründen wird eingangs erläutert, was diese Methode von den vielfach diskutierten Ansätzen der direkten (dLUC) und der indirekten (iLUC) Land- nutzungsänderungen unterscheidet (Kapitel 2). Kurzgefasst werden nach dem aLULUC- Ansatz alle Emissionen aus Landnutzungsänderungen und organischen Böden in einem Bezugszeitraum und -gebiet auf alle Nutzungen des Acker- oder Grünlandes in ebendie- sem Zeitraum und Gebiet aufgeteilt. Zumeist ist es sinnvoll, eine Aufteilung nach Staa- ten und einen Zeitraum von 10 Jahre zur Mittelwertbildung (nicht aber Abschreibung) zu wählen. Dies ergibt einen Emissionsfaktor, der tatsächliche und messbare Emissio- nen in einem definierten Agrarraum (Bezugsgebiet) allen Produzenten des Agrarraums zurechnet.

In Kapitel 3 wird im Detail beschrieben, wie Emissionsfaktoren für aLUC ermittelt wer- den, in Kapitel 4 ist Entsprechendes für aLU ausgeführt. Anschließend werden Hinweise für die Normierung und die Verwendung gegeben sowie die englischsprachigen Begriffe aufgeführt (Kapitel 5 bis 7). Für die praktische Anwendung werden im Anhang länder- spezifische Emissionsfaktoren der aLULUC-Methode bereitgestellt.

2 Hintergrund

2.1 Umweltlasten der Landnutzungsänderung

2.1.1 Warum ein weiterer Ansatz zur Bestimmung von Landnutzungsän- derungen?

Unter Landnutzungsänderungen1 (im Englischen Land Use Change, LUC) versteht man die relative Änderung in der Nutzung oder Bewirtschaftung einer Fläche gegenüber ei- ner vorausgegangenen Nutzung derselben Fläche sowie die damit einhergehenden Emissionen (bzw. Emissionsvermeidung) [UBA 2018]. Diese Nutzungsänderung kann

1 Ebenfalls bekannt unter dem Begriff Flächennutzungsänderung.

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sowohl direkte als auch indirekte Folgen hervorrufen, für deren Bestimmung sich die methodischen Kategorien dLUC (englisch - direct Land Use Change) und iLUC (englisch - indirect Land Use Change) in der Praxis durchgesetzt haben. Entscheidend für die Frage, welcher Ansatz der „Richtige“ sei, ist dabei der Rahmen und der zu bewertende Unter- suchungsgegenstand. Dieser kann die Klimabilanz eines Landes insgesamt umfassen, die rückverfolgbaren direkten Folgen eines konkreten Produkts in seiner Lieferkette (dLUC) oder die indirekten Folgen einer Veränderung im Markt, z. B. ausgelöst durch gezielte Förderung eines bestimmtes Produktes wie Biokraftstoffe (iLUC). Die Implikationen be- züglich der jeweiligen Bestimmung von LUC werden in Abschnitt 2.1.2 erörtert.

Das Thema der Landnutzungsänderung und der damit verbundenen Auswirkungen u.a.

auf den Klimaschutz werden insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung von palmölbasierten Produkten diskutiert, weil der Zuwachs an Palmölplantagen in den tro- pischen Ländern mit der Rodung von kohlenstoffreichen Regenwäldern und den damit einhergehenden Emissionen an Treibhausgasen (THG-Emissionen) in Verbindung ge- bracht wird. Dieser Zusammenhang ist seit einigen Jahren Gegenstand von Ökobilanzen Betrachtung [Reinhardt et al. 2007] und bewegt auch die gegenwärtige EU- Gesetzgebung1.

Die Frage lautet: Welcher Ansatz ist für die Anwendung in der Ökobilanz geeignet, um einem Produkt wie z. B. Palmöl konkrete Inventardaten zur Landnutzungsänderung zu- weisen zu können, unabhängig vom Vorhandensein von Lieferkettendaten (siehe dLUC) und ungeachtet von politischen oder marktbezogenen Treibern (iLUC)? Hierzu wurde die Methodik des aLUC als operationalisierbare Größe entwickelt, um einem Gut oder einer Dienstleistung die durch Landnutzungsänderungen bedingten Emissionen zuord- nen zu können.

Aufgrund des engen Bezugs zur Klimaschutz-Konvention wird LUC stets im Kontext der Bilanzierung von Treibhausemissionen adressiert. Aus dem Blickwinkel der Ökobilanz wirkt Landnutzungsänderung jedoch auch in andere Umweltkategorien hinein. Insbe- sondere flächenbezogenen Kategorien (Naturraum, Biodiversität) können ebenfalls un- ter Nutzung der Sachbilanzmethode aLUC bewertet werden. Dafür wurden aber bisher noch keine Emissionsfaktoren abgeleitet.

2.1.2 Grundsätzlicher Rahmen von LUC für die THG-Bilanzierung

In der Bilanzierung der durch die Landnutzungsänderung hervorgerufenen CO2- Emissionen werden in der Regel zwischen Änderungen des Kohlenstoffbestands in der Biomasse und im Boden differenziert. In den Kohlenstoffbestand der Biomasse wird durch die Nutzungsänderung in der Form eingegriffen, dass die mit der vorherigen Nut- zung verbundene Biomasse entfernt und damit der darin enthaltene Kohlenstoff freige- setzt wird.2 Dem gegenüber gestellt wird der Kohlenstoffbestand der Biomasse, die mit der neuen Nutzung einhergeht. Ebenso wie bei der Biomasse unterscheidet sich der Kohlenstoffvorrat im Boden in Abhängigkeit von der Nutzung. Die Nutzung der Fläche als Wald oder Grünland etwa ist zumeist mit einem höheren Kohlenstoffvorrat im mine- ralischen Boden verbunden als die Nutzung derselben Fläche in Form von Ackerland (siehe hierfür [UBA 2018 p. 530]).

1 Richtlinie (EU) 2018/2001, Artikel 26 Nr. 2: Die anrechenbare Quote für Biokraftstoffe mit hohem i- LUC-Risiko wird bis 2030 auf Null reduziert; diese Vorgabe wurde durch das EU Parlament eingebracht und zielt konkret auf Palmöl.

2 Im Falle einer längerfristig stofflichen Nutzung des biogenen Kohlenstoffes in Produkte (z.B. Bauholz, Möbel) stellen sich an anderer Stelle in der Lebenswegbilanz ggf. Kohlenstoffspeicher dar.

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Die wesentlichen Ansätze zur Berechnung von Landnutzungsänderung finden sich

Im Kontext der nationalen Berichterstattung innerhalb der Klimarahmen- konvention der Vereinten Nationen, sowie

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsanforderungen der Erneuerbaren-Energien- Richtlinie [European Parliament & Council of the European Union 2009] in Form der,

‒ direkten Landnutzungsänderung (dLUC), sowie der

‒ indirekten Landnutzungsänderung (iLUC).

Die Ansätze seien in den folgenden Abschnitten kurz umrissen.

Landnutzungsänderung im Kontext der nationalen Berichterstattung

Mit dem Kyoto-Protokoll im Jahr 1997 sind erstmals Landnutzungsänderungen im Rah- men der nationalen Treibhausgasinventare thematisiert worden. Mit dem Konzept der Quellen und Senken wurden regenerativer Kohlenstoff (Kohlenstoff biogenen Ur- sprungs im Abgrenzung zu fossilem Kohlenstoff) und regeneratives Kohlendioxid (bzw.

deren Nettobilanz) in die Kategorie der klimawirksamen Gase aufgenommen.

Die im Anhang-I des Kyoto-Protokolls aufgeführten Staaten sind der Bilanzierung gemäß des im [IPCC 1996] beschriebenen Ansatzes verpflichtet. Die Landnutzungsänderungen werden auf nationaler Ebene erhoben und unter der Kategorie Land Use, Land-Use Change and Forestry (LULUCF) geführt. In Deutschland werden die jährlichen Verände- rungen des nationalen Kohlenstoffhaushalts, die durch Änderungen der Landnutzung entstehen über ein Gleichgewichtsmodell berechnet. Dazu werden nationale Flächen in Wald, Acker- sowie Grünland, (terrestrische) Feuchtgebiete, Siedlungen und sonstige Flächen unterteilt.

Die nationale LULUCF-Bilanz spiegelt damit nicht nur die offiziellen und realitätsnahen Gesamtemissionen (oder Senken) aus Landnutzung wider, sie enthält als Basis für die Berechnung auch die Daten für die Landnutzungsänderung selbst. Dabei lässt sie sich in die relevanten Landnutzungsarten Wald, Ackerland, Grünland und Rohstoffabbauflä- chen differenzieren. Der Bezug auf Produkte und Dienstleistungen ist im Rahmen der nationalen LULUCF-Bilanz jedoch nicht möglich bzw. bedarf es hierfür eines präzisen Al- lokationsansatz.

Direkte Landnutzungsänderung (dLUC)

Direkte Landnutzungsänderungen (dLUC) beziehen sich ganz konkret auf das Handeln eines Produzenten. Der Begriff hat seine Bedeutung mit der Einführung von Nachhaltig keitsanforderungen für Biokraftstoffe durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (abge- kürzt als RED, Renewable Energy Directive, RL 2009/28/EG) [European Parliament &

Council of the European Union 2009] erhalten. Danach ist für jede Lieferung eines auf die Beimischquote anrechenbaren Biokraftstoffs per Zertifizierung nachzuweisen, ob der Rohstoff von einer Fläche mit Landnutzungsänderung (nach 2008) stammt oder nicht. Wenn ja, muss das in der Treibhausgasbilanz eingerechnet werden.

Theoretisch wäre der dLUC geeignet, die tatsächlichen LUC-Emissionen durch ein Pro- dukt wie Raps-diesel genau zu bestimmen. Schließlich sind in dem von der Bundesan- stalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geführten Registersystem Nachhaltige - Bi- omasse - Systeme (NaBiSy) alle auf die Quote angerechneten THG-Emissionsdaten der Biokraftstoffe durch die Quotenverpflichteten enthalten. Für die Praxis ist dies aus mehreren Gründen dennoch nicht anwendbar: zum einen sind die aggregierten Daten im NaBiSy-System respektive der ggf. enthaltenen LUC-Werte nicht „auslesbar“ und un- terliegen dem Datenschutz. Zum anderen ist davon auszugehen, dass die in die Quo-

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tenanrechnung in Deutschland gehenden Biokraftstoffe so gut wie in keinem Fall mit einer Landnutzungsänderung bei den registrierten Landwirten verbunden sind. Im Übri- gen lägen nur für Biokraftstoffe Daten vor, da für andere Nutzungsoptionen der Feld- früchte keine Nachweisführung gilt. Somit ist dLUC nicht der geeignete Ansatz zur gene- rellen Bestimmung von Faktoren zur Flächennutzungsänderung für Produkte und Dienstleistungen.

Indirekte Landnutzungsänderung (iLUC)

Die Anrechnung einer dLUC-Last für Produkte, für die wie Beispiel der RED besondere Nachhaltigkeitsanforderungen gelten, reicht nicht aus, um Landnutzungsänderungen durch die damit verbundene Förderpolitik (Beimischquote für Biokraftstoffe) auszu- schließen. Unabhängig davon, ob als Nahrungsmittel, Rohstoff für Produkte oder für Energiezwecke genutzt, ist bei einer Steigerung des Bedarfs an Biomasse zunächst auch von einer Steigerung des Flächenbedarfs auszugehen. Der „klassische“ Weg zur De- ckung eines steigenden Flächenbedarfs ist die Umwandlung vorher nicht oder ander- weitig genutzter Fläche. Den Sachverhalt, dass durch die Herstellung eines Produkts ei- ne Landnutzungsänderung induziert wird, an anderer Stelle als dort, wo die eigentliche Produktion physisch stattfindet, versteht man als indirekte Landnutzungsänderung (i- LUC).

Mit der iLUC-Richtlinie wurde die RED novelliert. Die darin enthaltenen iLUC-Faktoren sind jedoch nicht für einzelne Lieferungen anzuwenden, sondern sollen nur in der Be- richterstattung der Kraftstofflieferanten und der Kommission eingerechnet werden. i- LUC-Faktoren werden unter Kombination von Landnutzungsmodellen mit einem öko- nomischen Gleichgewichts- oder Partialsystem errechnet und sollen die Wirkung einer gezielten bzw. schockartigen Produktionssteigerung auf die weltweite Landnutzung ins- gesamt abschätzen. Seit 2008 fanden diese Abschätzungen für Biokraftstoffe in vielfa- cher Form statt. Wie groß die Spannbreite der Ergebnisse je nach Wahl des Modells ausfällt, wurde u.a. von [Fehrenbach 2014] analysiert und beschrieben.

Der Ansatz des iLUC ist daher bereits aufgrund der Uneinigkeit der Fachszene über die Eignung und Zielsicherheit der unterschiedlichen iLUC-Modelle im Rahmen von Ökobi- lanzberechnungen nur eingeschränkt anwendbar. Entscheidender ist jedoch folgender Aspekt: Die Berücksichtigung indirekter Effekte in Ökobilanzen oder für den Kohlen- stofffußabdruck ist vor allem aus Gründen der Konsistenz von Systemgrenzen proble- matisch. Der Gedanke des indirekten Effekts setzt voraus, dass ein Produktsystem eine Wechselwirkung mit einem anderen Produktsystem (oder dem gesamten Wirtschafts- system) aufweist. Natürlich würde niemand die Existenz dieser Wechselwirkungen be- streiten, doch finden sie nicht auf physischer, sondern auf einer ökonomischen Ebene statt. Auslöser des Effekts ist immer eine von außen gesetzte Maßnahme. Bilanziert man die Effekte der Maßnahme (z. B. Einführung einer 10 % Beimischungsquote für Bi- okraftstoffe), dann errechnet man nicht die Sachbilanz eines bestimmten Biokraftstoffs, sondern die der Maßnahme. Damit erhält man eine Bewertung die als Entscheidungs- unterstützung im Rahmen z. B. von möglichen politikgestützten Produkteinführungen verwertbar ist, aber keine Information über den Status Quo. [Finkbeiner 2013] hat diese Aspekte ebenfalls sehr ausführlich erörtert.

Ein Beispiel soll diese Problematik nochmals verdeutlichen: Würde man der Sachbilanz eines Produkts Lasten aus einem anderen Produktsystem hinzurechnen, etwa indirekt verursachte Emissionen einer Landnutzungsänderung, stellt sich die Frage, welche Sachbilanz dann für das Produkt des anderen Systems gilt. Aus Konsistenzgründen wäre z. B. auf entwaldeten Flächen erzeugtes Palmöl für den Waschmittelmarkt frei von LUC, weil diese Last dem Biokraftstoff per iLUC bereits zugerechnet ist.

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Kurz gesagt: Wenn die Gesamtheit an Produkten und Dienstleistungen abzubilden ist, dann ist die konsistente Zurechnung gegenseitiger indirekter Zu- oder Abschläge aus Gründen der Systemintegrität eine nicht lösbare Aufgabe. Damit ist der iLUC-Ansatz, wie er in der Biokraftstoffpolitik weltweit zu Recht diskutiert wird und im EU-Recht um- gesetzt ist (konsequenzielle Bewertung einer Änderung), nicht für die Ökobilanzierung aller Produkte/Dienstleistungen (attributive Bewertung des Status Quo) anwendbar.

2.1.3 Das Konzept der attributiven Landnutzungsänderung (aLUC)

Mit welchem Ansatz kann LUC für Sachbilanzen angewendet werden? Eine entschei- dende Prämisse ist dabei: Landnutzungsänderungen zu Ackerland finden real statt, so- wohl in Deutschland (innerhalb der Landwirtschaft vor allem zu Lasten von Grünland [BfN 2014]) und im besonderen Maße in Ländern mit hoher Entwaldungsrate. Diese Landnutzungsänderungen sind in der Regel erfasst und die damit verbundenen Emissi- onen werden mit Daten unterlegt. Dazu gehören einmalige Emissionen vom tatsächli- chen LUC und kontinuierliche Emissionen hauptsächlich von organischen Böden, die durch LUC verursacht werden aber über viele Jahrzehnte der Landnutzung (LU) auftre- ten und nur gestoppt werden können, wenn die Landnutzung aufgegeben wird und ge- eignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

In gleicher Systematik wie reale Emissionen den Prozessen eines Lebenswegs zugerech- net (attribuiert) werden, lassen sich die realen LUC-Vorgänge den damit verbundenen Prozessen zurechnen. Aber selbst wenn Landnutzungsänderungen eindeutig bestimm- ten Agrarprodukten zugeordnet werden können, konkurrieren alle landwirtschaftlichen Produkte eines Produktionsgebiets um eine begrenzte Verfügbarkeit auf dem lokalen Markt für Ackerland. Die Reaktion der Märkte auf beispielsweise die Biokraftstoffpolitik der EU hat gezeigt, dass Feldfrüchte auf und Produkte von frisch abgeholzten Flächen (oder von „LUC-freien“ Flächen) den Kunden flexibel nach deren Präferenzen zugewie- sen werden können.

Daher ist eine marktbasierte Zurechnung von Lasten aus LULUC zu Produkten, die auf diesen Flächen produziert werden nach dem aLULUC-Konzept eine konsistentere Abbil- dung der zugrundeliegenden Prozesse als eine direkte Zurechnung, die dem dLUC Kon- zept folgt. Generell sind drei Stufen der Zurechnung für ein geographisches Gebiet mög- lich, in diesem Fall Länder, die jeweils auf verschiedenen Märkten basieren und mit ver- schiedenen Datenanforderungen verbunden sind:

Zurechnung basierend auf nationalen Produktmärkten:

Diese benötigt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einer messbaren Landnutzungsänderung und dem konkreten Endprodukt, welches den Untersu- chungsgegenstand der Ökobilanz darstellt.

Bsp.: In einem Land wird die Fläche von Plantagen für eine Feldfrucht für einen ganz bestimmten Markt zu Lasten von Waldflächen ausgeweitet (z. B. der Ausbau von Palmölplantagen in Kolumbien ausschließlich zum Zweck der Biodieselproduk- tion). In diesem Fall können LULUC-bedingte Lasten vollständig dem Produkt „ko- lumbianischer Palmöl-Biodiesel“ zugerechnet werden.

Zurechnung basierend auf nationalen Märkten für Feldfrüchte:

Diese benötigt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einer messbaren Landnutzungsänderung und einer Feldfrucht, der für die Herstellung von mehreren Produkten einschließlich des konkreten Endprodukts dient, welches den Untersu- chungsgegenstand der Ökobilanz darstellt.

Bsp.: Die Ausdehnung von Palmölplantagen in Indonesien ist datengenau erfasst und kann somit der Palmölproduktion zugerechnet werden – nicht aber flächen-

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scharf den verschiedenen Nutzungen von Palmöl (Nahrungsmittel, stoffliche Pro- dukte, Bioenergie). In diesem Fall können LULUC-bedingte Lasten auf all diese Pro- dukte gleichmäßig abhängig von deren jeweiligem Palmölbedarf verteilt werden.

Zurechnung basierend auf nationalen Märkten für Ackerland:

Dies erfordert Agrarproduktionsstatistiken auf Länderebene wie sie weltweit etwa von der FAO verfügbar sind. In vielen Fällen ist der Zusammenhang zwischen ei- nem bestimmten Agrarrohstoff und der dokumentierten Landnutzungsänderung nicht herstellbar. Dies ist in aller Regel zumindest bei annuellen Kulturen der Fall, denen aufgrund der üblichen Fruchtfolgepraxis kein spezifischer Beitrag zum LULUC zugerechnet werden kann. Auch bei mehrjährigen Kulturen erfordert eine Zurechnung von LULUC zu spezifischen Ackerfrüchten ökonomische Annahmen und Modelle, die den Anspruch haben Kausalitäten herzustellen. Diese werden komplexen sozioökonomischen und politischen Prozessen nicht notwendigerweise gerecht, die LULUC verursachen, begünstigen oder verhindern können. Somit stel- len gemäß dieser Perspektive alle Ackerfrüchte den erweiterten Verursacherkreis des LULUC dar.

Bsp.: Der Grünlandumbruch in Deutschland kann keinem der Feldfrüchte direkt zugerechnet werden. Er stellt einfach eine allgemeine (Netto-) Erweiterung der Ag- rarfläche gegenüber Grünland dar, weswegen alle Agrarprodukte (Raps, Weizen etc.) je nach ihrenr jeweiligen Flächeninanspruchnahmen an der Umlage des LULUC beteiligt werden.

Diese drei Stufen beschreiben das Prinzip der attributiven Landnut- zung/Landnutzungsänderung (LULUC), welches im Rahmen des UBA-Projekts BioEm [Fehrenbach et al. 2016] auf der Basis solcher Zusammenhänge entwickelt und für rele- vante Bioenergieträger bereits angewandt wurde.

Auch bei eindeutigen Zuweisungen von bestimmten Agrarprodukten zu tatsächlichen Landnutzungsänderungen bleibt jedoch der Sachverhalt bestehen, dass alle Agrarpro- dukte eines Produktionsraums grundsätzlich um die immer nur begrenzt verfügbare Nutzfläche konkurrieren. Für eine breite Anwendung des Ansatzes mit generalisierten aLULUC-Werten für Produkte aller Art sollte daher eine Zurechnung basierend auf den nationalen Märkten für Ackerland den Standardfall bilden.

Insgesamt stellt aLULUC eine Grundlage dar, die Ist-Situation der Landnutzung / Land- nutzungsänderung durch landwirtschaftliche Tätigkeit auf empirischer Basis abzubilden und einen allgemeinen Emissionsfaktor, der den tatsächlichen und messbaren LULUC in einem definierten Agrarraum allen Produzenten des Agrarraums zurechnet, zuliefern.

Die real durch die Landwirtschaft (einer definierten Region) verursachte Landnutzungs- änderungen werden allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen (und damit auch der Bio- energie) proportional zum Flächenbedarf zugerechnet. Es handelt sich somit um eine attributive Zurechnung. Diese Vorgehensweise berücksichtigt vermutete kausale Zu- sammenhänge zu einzelnen Treibern, wie sie in konsequenzieller Bilanzierung herge- stellt werden können, bewusst nicht. Auch wenn eine bestimmte Nutzanwendung wie z. B. bei Mais für Biogas als „Treiber“ für LUC vermutet wird [KLU 2013], macht der LULUC hier keine Differenzierung. Alle Agrarprodukte werden gleichmäßig belastet.

In der Regel wird als geografischer Bezugsraum ein Staat gewählt, weil Landnutzungs- änderungen zumeist auf staatlicher Ebene begrenzt werden können (oder auch nicht) und Märkte für Agrarflächen innerhalb eines Staates zumeist keine Barrieren aufwei- sen. In einigen Kontexten können auch andere Bezugsräume sinnvoll sein.

Das Vorgehen sei am Beispiel des Grünlandumbruchs in Deutschland beschrieben.

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Bestimmung der Flächengröße und Berechnung der Relation zwischen der Flächengrö- ße für LUC:

Durchschnittlich wurden im Jahr 2016 ca. 30.000 ha Grünland zu Ackerfläche um- gewandelt [UBA 2018].

Die Gesamt-Ackerfläche betrug am Ende dieses Zeitraums ca. 13,5 Mio. ha. Auf je- den agrarisch genutzten Hektar fällt somit jährlich ein Grünlandumbruchwert von 0,0022 ha.

Die Allokation auf die Einzelpfade erfolgt dabei nach dem gleichen proportionalen Vorgehen, sprich: pro Hektar erhält jede Art von Erntegut den gleichen LUC-Wert, (0,0022 ha Grünlandumbruch pro ha und Jahr genutzter Ackerfläche).

Bestimmung des LULUC-Emissionsfaktors:

Für die jährliche Berichterstattung zum deutschen Treibhausgasinventar gemäß Kyoto-Prozess ermittelt das Thünen-Institut regelmäßig Emissionsfaktoren für LULUCF in Deutschland. Nach [UBA 2018] liegt dieser für den Umbruch von Grün- land zu Ackerland bei 60 t CO2 pro Hektar im Jahr 2016. Der resultierende aLUC- Emissionsfaktor für das Jahr 2016 lautet somit 0,0022 ha / (ha ∙ a) ∙ 60 t CO2-Äq. / ha = 0,13 t CO2-Äq. pro Hektar und Jahr.

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass LUC in Konsistenz mit den Richtlinien des [IPCC 1996] ausschließlich CO2 Emissionen berücksichtigt, die durch die Änderung im Kohlen- stoffbestand bei ober- und unterirdischer Biomasse entstehen. Als Folge von Landnut- zungsänderung auftretende Emissionen von Lachgas (N2O), Methan (CH4) und CO2 aus toter Biomasse (Torf) durch die Entwässerung von organischen Böden werden unter der Kategorie „Landnutzung“ (land use) geführt (LU, siehe Kapitel 2.2).

2.2 Umweltlasten der Landnutzung

2.2.1 Bestehende Ansätze der Bewertung

Ein Teil der Umweltlasten der Landnutzung wie z. B. Auswirkungen auf Wasserknapp- heit oder Einträge von Nährstoffen sind spezifisch für die jeweils angebauten Acker- früchte und diesen somit eindeutig zuzuordnen. Dieser Teil ist mit der Standard- Ökobilanzmethodik unproblematisch abzubilden und nicht Gegenstand dieser Publika- tion.

Darüber hinaus geht die Nutzung organischer Böden zum Anbau von Feldfrüchten meist mit einer Entwässerung bzw. Drainierung der Torfböden einher. Diese Maßnahme führt vor allem zu Treibhausgasemissionen, die sich in Abhängigkeit von der Torfschicht über mehrere Jahrzehnte erstrecken können. Sie weisen in einigen Ländern eine erhebliche Bedeutung auf und sollten aus diesem Grund in den Ökobilanzen nicht vernachlässigt werden. So weist z. B. Deutschland mit einem Anteil organischer Böden an Ackerland- fläche von 3 % pro Hektar Gesamtackerfläche Treibhausgasemissionen (einschließlich N2O und CH4) in Höhe von 1 t CO2–Äq. / (ha ∙ Jahr) auf [nach UBA 2018].

Diese THG-Emissionen sind Folgewirkungen von Landnutzungsänderungen, die aber durch eine Stilllegung und Wiedervernässung der Flächen verhindert werden können, auch wenn dies in der Praxis nur sehr selten passiert. Damit werden die Umweltlasten durch die Landnutzung an sich verursacht und es besteht eine sehr ähnliche Zuord- nungsproblematik wie in Kapitel 2.1 für Landnutzungsänderungen beschrieben. Zur Bewertung bestehen direkte und indirekte Zuordnungsansätze analog zu dLUC und iLUC mit ähnlichen Beschränkungen und Problemen.

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(11)

2.2.2 Das Konzept der attributiven Landnutzung (aLU)

Wie beim aLUC Konzept werden beim aLU Konzept real stattfindende Emissionen aus organischen Böden (derzeit abgedeckt: CO2, CH4 und N2O) der gesamten Flächennut- zung zugeordnet. Da die Emissionen nicht nur von kürzlich umgewandelten Flächen stammen, sondern von allen entwässerten Flächen mit organischen Böden, liegt dem aLU ein analoges aber nicht identisches Konzept wie dem aLUC zugrunde.

3 Methodischer Ansatz der attributiven Landnutzungsänderung (aLUC)

3.1 Berechnung des aLUC-Emissionsfaktors

Der methodische Ansatz der attributiven Landnutzungsänderung wird im Folgenden für Treibhausgasemissionen detailliert vorgestellt. Es ist denkbar, auch weitere Umweltwir- kungen der Landnutzungsänderung analog zu inventarisieren. Dabei wird von der An- bausituation und Datenstruktur, wie sie für Agrarprodukte in Deutschland bzw. Europa vorliegen, ausgegangen. Das heißt, einzelnen Feldfrüchten (wie Raps oder Weizen) kann kein spezifischer LUC zugerechnet werden, da alle Kulturen einheitlich den Verursa- cherkreis von LUC bilden. Im Folgenden wird die Berechnung des aLUC für Ackerland er- läutert. Analog kann auch der aLUC für andere Flächenarten wie z. B. Grünland berech- net werden.

Wie bereits anhand des in Abschnitt 2.1.3 aufgeführten Beispiels gezeigt wurde, gehen in den aLUC-Emissionsfaktor folgende zwei Faktoren ein:

zum einen das Verhältnis von der Fläche mit einer Landnutzungsänderung, von beispielsweise Grünland oder Wald zu Ackerland, zu der gesamten Ackerfläche, und

der zu der Nutzungsänderung gehörige Emissionsfaktor, der die Änderung des Kohlenstoff-bestands in der Biomasse und dem mineralischen Boden abbildet.

Im Detail sind somit für die Berechnung des aLUC-Emissionsfaktors folgende Parameter relevant:

Gesamtackerfläche im Referenzjahr:

A mit der Einheit [ha]

Flächen mit Änderung von vorheriger Nutzung N zu Ackerland im Referenzjahr (Netto-Flächenänderung von Kategorie N zu Kategorie „Ackerland“):

LUCAN

mit der Einheit [ha/Jahr], mit N = z. B. Feuchtgebiete (F), Grünland (G) und Wald (W)

Anteil organischer und mineralischer Böden an den LUC-Flächen mit vorheriger Nutzung N:

ORGN und MINN [%], mit ORGN + MINN = 100 %

Emissionsfaktor für die Veränderung des Kohlenstoffvorrats in der Biomasse, aus- gehend von vorheriger Nutzung N:

EFNBIO [kg C / ha]

Emissionsfaktor für die einmalige Veränderung des Kohlenstoffvorrats in minerali- schen Böden durch Landnutzungsänderung, ausgehend von vorheriger Nutzung N:

EFNMIN [kg C / ha]

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Emissionsfaktor für die einmalige Veränderung des Kohlenstoffvorrats in organi- schen Böden durch Landnutzungsänderung, ausgehend von vorheriger Nutzung N:

EFNORG [kg C / ha ]

Bei organischen Böden treten vor allem jährliche Emissionen durch den Abbau der organischen Substanz nach Trockenlegung auf. Diese werden der Landnutzung und nicht der Landnutzungsänderung zugerechnet (s. Kapitel 4). Oft werden einmalige Emissionen aus organischen Böden durch Landnutzungsänderung nicht separat ausgewiesen. Diese würden in den ersten Jahren nach Landnutzungsänderung zu- meist auch nur zu unwesentlich höheren Emissionen als in den Folgejahren führen.

Daher ist in der Praxis aus Zuordnungsgründen bzw. zur Vermeidung von Doppel- zählungen zumeist EFNORG = 0.

Der regions- und jahresspezifische aLUC-Faktor setzt sich aus den spezifischen Emissio- nen für die jeweiligen vorangegangenen Nutzungen N zusammen und berechnet sich aus:

𝑎𝐿𝑈𝐶𝐽𝑎ℎ𝑟𝑅𝑒𝑔𝑖𝑜𝑛 [kg 𝐶𝑂2 / (ha ∙ Jahr)] =4412 ( 𝑀𝐼𝑁𝑁𝐴 ∙ 𝐿𝑈𝐶 𝐴𝑁∙ 𝐸𝐹𝑀𝐼𝑁𝑁 + 𝑂𝑅𝐺

𝑁 ∙ 𝐿𝑈𝐶𝐴𝑁

𝐴 ∙ 𝐸𝐹𝑂𝑅𝐺𝑁 + 𝐿𝑈𝐶𝐴𝐴𝑁∙ 𝐸𝐹𝐵𝐼𝑂𝑁 )

𝑊

𝑁=𝐹

Dabei werden alle CO2-Emissionen aufgrund einer Änderung des Kohlenstoffvorrats in ober- und unterirdischer Biomasse dem Jahr zugerechnet, in dem die Nutzungsände- rung erfolgt. Eine Abschreibung über z. B. 20 oder 100 Jahre erfolgt nicht. Obwohl gera- de der Abbau der unterirdischen Biomasse und somit die CO2-Freisetzung je nach Randbedingungen durchaus erst nach einigen Jahre abgeschlossen sein kann, sollte der Großteil der Emissionen in den ersten 1-2 Jahren stattfinden. Damit liegt der aLUC- Ansatz wesentlich näher an realen Emissionszeitpunkten als der Abschreibungsansatz.

Der durchschnittliche aLUC-Emissionsfaktor für eine Region soll im Idealfall das Mittel der vorangegangen 10 Jahre (z. B. 2007 – 2016) abbilden, um eventuelle Extremereig- nisse von Flächenumwandlungen in einzelnen Jahren einzubeziehen.

Primär bevorzugte Quelle für die Parameterwerte ist der für die Umsetzung der Klima- rahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls erforderliche Nationale Inventarbericht, in dem die jährlichen Treibhausgasemissionen eines Staates bilanziert und erläutert wer- den. Zu dieser Berichterstattung sind alle Staaten verpflichtet, die das Kyoto-Protokoll unterschrieben haben. Alternativ ist die Datenbank FAOSTAT [FAO 2018] heranzuzie- hen, deren Emissionsfaktoren zumindest, wenn auch in vereinfachter Stufe, ebenfalls auf dem IPCC-Ansatz [IPCC1996] basieren. Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass nach FAOSTAT lediglich die Flächenumwandlung in der Kategorie Wald berichtet wird, wohingegen die Inventarberichterstattung alle unter Kapitel 2.1.2 aufgelisteten Flä- chenkategorien wie z. B. Grünland berücksichtigt.

In den folgenden Abschnitten wird auf die Ermittlung der einzelnen Parameter im Detail eingegangen.

3.1.1 Gesamtackerfläche A

Die gesamte in einem bestimmten Jahr und einer bestimmten Region ackerbaulich ge- nutzte Fläche bezieht sich auf die landwirtschaftliche Fläche, die zur Produktion von an- nuellen und perennierenden (ein- und mehrjährigen) Ackerkulturen genutzt wird. Grün- landfläche fällt nicht darunter.

Glg. 1

(13)

Für Länder, die gemäß des Kyoto-Protokolls ihre jährlichen Treibhausgasinventare be- richten, kann als Quelle für die Gesamtackerfläche die Landtransitionsmatrix, welche der CRF (englisch - Common Reporting Format, einheitliches Berichterstattungsformat) – Tabelle 4.1 entspricht, herangezogen werden. Die Gesamtackerfläche entspricht hier- bei der sogenannten Verbleib- und der zu Ackerland umgewandelten Fläche, die in der Summe als ‚Final area‘ benannt wird. D.h., dass Fläche, die in dem betrachteten Jahr von Ackerland zu anderen Nutzungen, wie z. B. Siedlungen, umgewandelt wurde, sprich Verluste an Ackerland, berücksichtigt sind.

Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Landtransitionsmatrix des Jahres 2016 für Deutsch- land. Von der Ausgangsackerfläche in Höhe von 13.491 Kilohektar (kha) (Spalte: „Initial area“) werden 52,5 kha (3 + 21 + 0.5 + 28.5 mit Rundungsdifferenz) in andere Nutzungs- formen (Zeile: „FROM: Cropland(2)“) überführt. Demgegenüber wird eine Fläche von 52 kha (Spalte: „TO: Cropland“) in Ackerland umgewandelt, so dass für das Jahr 2016 eine Nettoabnahme von 0,5 kha Ackerfläche und eine Gesamtackerfläche von 13.490 kha (Zeile: „Final area“) zu verzeichnen sind.

Abbildung 1: Ausschnitt der CRF-Tabelle 4.1 Landnutzungsmatrix für Deutschland und das Jahr 2016 (NO: englisch - not occurring, deutsch - nicht vorkommend; IE: englisch - included elsewhere, deutsch - anderweitig angegeben)

Als weitere Datenquelle für die Ackerlandfläche kann die Datenbank FAOSTAT [FAO 2018] verwendet werden.

Da die Flächenwerte einer bestimmten Nutzungskategorie in Abhängigkeit von der hin- terlegten Methode und Nomenklatur variieren, ist es für die Ermittlung des aLUC- Wertes wichtig, bei der Berechnung der Flächenverhältnisse (siehe Glg. 1) dieselbe Da- tenquelle zu nutzen.

(14)

3.1.2 Flächen mit Landnutzungsänderung zu Ackerland

Im aLUC-Emissionsfaktor sollen die Flächen eingehen, die netto zu einer positiven Ver- änderung einer bestimmten Nutzungskategorie zu der Kategorie Ackerland in dem Be- trachtungsjahr führten. Die Netto-Flächenveränderung berücksichtigt, dass auch Acker- land für eine andere Nutzung umgewandelt wurde. Die Flächenwerte können anhand der im Rahmen der Klimaberichterstattung übermittelten Transitionsmatrix (CRF- Tabelle 4.1, siehe Abbildung 1) abgeleitet werden.

Für Deutschland wird beispielsweise im Jahr 2016 berichtet, dass 20,81 kha Ackerland zu Grünland und 50,59 kha Grünland zu Ackerland umgewandelt wurden. In der Netto- Betrachtung bedeutet dies, dass 29,78 kha Grünland zu Ackerland umgewidmet wur- den.

Landtransitionsmatrizen liegen nur für ausgewählte Länder vor, die sich der Klimabe- richterstattung verpflichtet haben. Für den aLUC-Wert der Länder, für die keine aus- führlichen Flächenänderungen zwischen den Nutzungskategorien vorliegen, wird alter- nativ auf die Datenbank FAOSTAT zurückgegriffen. Wie bereits oben erwähnt, sind in FAOSTAT allerdings lediglich die umgewandelten Waldflächen verfügbar, die in dem Fall des aLUCs in einem vereinfachenden Ansatz im vollen Ausmaß der Ackerlandumwand- lung zugesprochen werden.

3.1.3 Anteil organischer Böden

Aufgrund des unterschiedlichen Emissionsverhaltens von organischen und minerali- schen Böden bei Nutzungsänderung (siehe auch Abschnitte 3.1.5 und 3.1.6) ist es erfor- derlich, den Anteil organischer Böden bzw. mineralischer Böden der umgewandelten Fläche zu bestimmen.

Die Anteile organischer Böden an den umgewandelten Flächen können den sektoralen Hintergrunddaten der CRF-Tabellen (Table 4.B Cropland) in den Treibhausgasinventare der berichtenden Länder entnommen werden. In diesen Flächenwerten ist berücksich- tigt, dass die umgewandelte Fläche für eine Übergangszeit von 20 Jahren kumuliert in dieser Kategorie geführt wird. Diese Vorgangsweise entspricht zwar nicht dem Ansatz des aLUCs, die jeweiligen Flächenänderungen in dem betrachteten Jahr abzubilden, ge- stattet aber eine gute Annäherung für den Anteil organischer Fläche der umgewandel- ten Fläche in dem betrachteten Jahr.

Stehen die Anteile der organischen Böden der umgewandelten Fläche nicht zur Verfü- gung, was auch bei nach dem Kyoto-Protokoll berichtenden Ländern festzustellen ist, kann alternativ die Datenbank FAOSTAT herangezogen werden, die Daten zu organi- schen Böden unter Grün- und Ackerland ausgibt. Auch wenn sich diese Fläche auf die Nutzung und nicht auf die Nutzungsänderung bezieht, genügen die Flächenwerte für eine erste Näherung.

3.1.4 Emissionsfaktor Biomassekohlenstoff

Der Emissionsfaktor EFNBIO quantifiziert die Freisetzung oder Bindung biogenen Kohlen- stoffs, die mit dem veränderten Kohlenstoffbestand in der Biomasse durch die Landnut- zungsänderung einhergeht. Im Fall der Landnutzungsänderung von Grünland zu Acker- land wird biogener Kohlenstoff freigesetzt, weil in der Biomasse des Grünlands mehr

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(15)

Kohlenstoff gebunden ist, als in der des Ackerlands. Der Biomasse-Kohlenstoff von Ackerland wird bei annuellen Kulturen sogar gleich Null gesetzt, weil der Kohlenstoff durch das Erntegut innerhalb eines Jahres von der Fläche abgeführt wird und somit kein Biomassezuwachs zu verzeichnen ist. Der Biomasse- und somit auch der Kohlenstoff- vorrat auf Grünland variieren jährlich in Abhängigkeit von den Wachstumsbedingungen.

Demzufolge ist der Emissionsfaktor EFNBIO für jedes Jahr variabel und wird z. B. von Deutschland im Rahmen der Klimaberichterstattung auch jahresspezifisch berichtet.

Für die Länder, die nationale Treibhausinventare bereitstellen, können über die Berich- te und die CRF-Tabellen die Emissionsfaktoren für die spezifischen Landnutzungsände- rungen bestimmt werden.

Für die Länder, die sich nicht der Berichterstattung ihrer Treibhausgasinventare ver- pflichtet haben, sind die Emissionsfaktoren der FAO-Datenbank FAOSTAT zu entneh- men. Auch hier beziehen sich Emissionsfaktoren ausschließlich auf die Nutzungsände- rung bezüglich Wald.

3.1.5 Emissionsfaktor Bodenkohlenstoff aus mineralischen Böden

Der Emissionsfaktor für die Änderung des Bodenkohlenstoffs aufgrund der Landnut- zungsänderung kann ebenfalls den CRF-Tabellen der Treibhausgasinventare entnom- men werden. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Emissionen im Rahmen der Klimaberichterstattung auf die gesamte Übergangszeit von 20 Jahren ver- teilt bzw. darüber abgeschrieben werden, in der die Fläche in der Kategorie der Land- nutzungsänderung berichtet wird.1 Im Rahmen der aLUC-Ermittlung muss dieser Emis- sionsfaktor somit mit dem Faktor 20 multipliziert werden, um alle Emissionen dem Umwandlungsjahr zuzurechnen.

3.1.6 Emissionsfaktor Bodenkohlenstoff aus organischen Böden

Bei der Ermittlung des Emissionsfaktors für die organischen Böden ist zunächst zwi- schen den Emissionen aufgrund der Nutzung und aufgrund der Landnutzungsänderung zu differenzieren. Da der aLUC-Wert speziell auf die Auswirkungen durch die Landnut- zungsänderung abzielt, werden in diesem Sinne bewusst die Emissionen aufgrund der Nutzung dränierten organischen Bodens nicht einbezogen. Diese werden über den aLU erfasst (s. Kapitel 4). Der Emissionsfaktor EFNorg ergibt sich dagegen aus der Differenz der Emissionen aus kürzlich in Ackerland umgewandelten Flächen und solchen, die schon länger Ackerland waren. In den CRF-Tabellen werden hier häufig identische Wer- te angegeben, vermutlich weil die zusätzlichen LUC-bedingten Emissionen neben den mittelfristig deutlich höheren LU-bedingten Emissionen nicht separat erfasst werden oder erfasst werden können.

Des Weiteren bezieht sich der EFNorg analog zur RED alleinig auf die Änderung des Koh- lenstoffbestands und der damit verbundenen Kohlendioxidemissionen. Andere Treib- hausgase wie Lachgas (N2O) oder Methan (CH4) werden explizit nicht berücksichtigt, da sie dem aLU zugerechnet werden.

Die Emissionsfaktoren für die Nutzung organischen Bodens sollten in der Regel in den CRF-Tabellen berichtet werden, liegen allerdings nicht für alle Länder, die ihre Treib- hausinventare berichten, vor. Alternativ können die Emissionsfaktoren für die Nutzung

1Nach Umwandlung verbleibt eine Fläche für 20 Jahre per Definition in der neuen Nutzungskategorie.

(16)

von Ackerland und Grünland der Datenbank FAOSTAT entnommen werden, die auf dem Ansatz des IPCC basieren.

3.1.7 Kohlenstoffbestand in mehrjährigen Kulturen

Die Kohlenstoffvorräte von Flächen mit mehrjährigen Kulturen können viel höher sein als bei einjährigen Kulturen. Dies muss für eine korrekte Zurechnung des LUC zu den Kulturen berücksichtigt werden. Zwei Eigenschaften machen eine Zurechnung schwie- rig:

Die Kohlenstoffvorräte variieren je nach mehrjähriger Kultur stark. Bei Beeren- sträuchern sind die Bestände z. B. nur geringfügig höher als die durchschnittlichen Bestände auf einjährigen Anbauflächen, und die Lebensdauer der Plantagen ist vergleichsweise kurz, während die Situation z. B. bei Kokospalmen völlig anders ist.

Dadurch entsteht ein Kontinuum von Landnutzungstypen. Ihre Anlage und Rodung kann sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Klimawandel und andere Um- weltauswirkungen haben. In einigen Fällen kann dies eher als vorübergehende Än- derung der Landbewirtschaftung und in anderen eher als Änderung der Landnut- zung angesehen werden.

Die verfügbaren Daten und ihre Dokumentation sind sehr heterogen, was den Koh- lenstoffgehalt des Ackerlandes betrifft, der als Basis für die Berechnung der ge- meldeten Treibhausgasemissionen aus Landnutzungsänderungen berücksichtigt wird. Selbst wenn die Quellen über ein- und mehrjähriges Ackerland getrennt be- richten, sind die Anteile der einzelnen mehrjährigen Kulturen am gesamten mehr- jährigen Ackerland meist nicht verfügbar. Daher ist teilweise unklar, ob die wie oben beschrieben berechneten aLUC-Faktoren, die die Umwandlung anderer Flä- chen in " durchschnittliches " Ackerland abdecken, die Kohlenstoffvorräte der mehrjährigen Kulturen berücksichtigen. In jedem Fall ergibt diese Berechnung nur einen aLUC-Faktor, unabhängig davon, ob es sich um eine mehrjährige oder ein- jährige Kultur handelt.

Um diese Punkte auf Basis der verfügbaren Daten zu adressieren, haben wir spezi- fische aLUC-Faktoren für mehrjährige Pflanzen eingeführt, die in fünf Klassen an- hand der Kohlenstoffbestände der Plantagen und ihrer Nutzungsdauer unterteilt sind (siehe Tabelle 1).

(17)

Tabelle 1: Nutzungsdauern und Kohlenstoffbestände von Plantagen mehrjähriger Pflanzen eingeteilt in fünf Klassen. Diese werden zur Festlegung von aLUC-Faktoren für mehrjährige Pflanzen verwendet.

Beispiele t C/ha

Endertrags- phase

Erreicht nach x Jahren

Plantagen- dauer

t C/ha im Mittel über Plantagen-

dauer

t CO2/ha im Mittel

1 Wie annuell Beeren (auch Sträucher), Traube

0 - - - -

2 Strauchartig Tee, Kaffee, Apfelplanta- gen (schwachwüchsige Spindel)

5 5 20 4,375 16

3 Klein- / halbwüchsig

Papaya, Banane / Koch- banane

10 5 20 8,75 32

4 Baum, klein Apfel, Orange, Birne (jeweils Hochstamm), Kakao

30 10 20 22,5 83

5 Baum, groß Palmen, Mango, Kokos, Kautschuk

70 20 20 35 128

Diese Faktoren ordnen die durch mehrjährige Kulturen neu erzeugten Kohlenstoffvorrä- te, die auf in Ackerland umgewandelten Flächen gebildet werden, nur ebendiesen mehrjährigen Kulturen zu (Tabelle 1). Dieser Ansatz kann in einigen Fällen zu einer Un- terschätzung des LUC durch mehrjährige Kulturen führen, da dieser Kohlenstoffbe- stand, wie oben beschrieben, in einigen Ländern bereits in der Berechnungsgrundlage für anuelles Ackerland enthalten sein kann. Dennoch sind wir der Ansicht, dass der an- gepasste aLUC von mehrjährigen Kulturen wesentlich näher an der realen Situation bei mehrjährigen Kulturen liegt, als der aLUC für einjährige Kulturen. Letzterer kann je nach Ziel der Studie zusätzlich in einer Sensitivitätsanalyse verwendet werden.

Der angepasste aLUC für mehrjährige Kulturen wird wie folgt berechnet:

𝑎𝐿𝑈𝐶𝐽𝑎ℎ𝑟𝑅𝑒𝑔𝑖𝑜𝑛,𝐾𝑙𝑎𝑠𝑠𝑒 𝑚𝑒ℎ𝑟𝑗.𝐾𝑢𝑙𝑡𝑢𝑟𝑒𝑛

[kg 𝐶𝑂2

ha ∙ a] = 𝑎𝐿𝑈𝐶𝐽𝑎ℎ𝑟𝑅𝑒𝑔𝑖𝑜𝑛,𝑒𝑖𝑛𝑗.𝐾𝑢𝑙𝑡𝑢𝑟

44

12∑ ( 𝐿𝑈𝐶 𝐴𝑁

𝐴 ∙ 𝐾𝐺𝐾𝑙𝑎𝑠𝑠𝑒 𝑚𝑒ℎ𝑟𝑗.𝐾𝑢𝑙𝑡𝑢𝑟𝑒𝑛)

𝑊

𝑁=𝐹

wobei KG für jede Klasse von mehrjährigen Pflanzen der Kohlenstoffbestand ist, der den Kohlenstoffbestand des einjährigen Ackerlandes im Durchschnitt über eine typische Plantagenlebensdauer übersteigt (siehe Tabelle 1).

3.2 Produktspezifische Anwendung des aLUC-Emissionsfaktors

Das aLUC Konzept ordnet jedem Hektar und Jahr der Landnutzung in einem Bezugs- raum (zumeist einem Land) die Lasten der in dem Jahr stattfindenden Landnutzungsän- derung im gleichen Bezugszeitraum zu. Für die produktspezifische Anwendung des aLUC-Emissionsfaktors innerhalb von Sach- und Ökobilanzen wird also die länderspezifi- sche beanspruchte Ackerlandfläche (𝐴 𝐿𝑎𝑛𝑑) benötigt, welcher es je nach Stufe (siehe Abschnitt 2.1.3) zur Herstellung eines Produktes (z. B. einem Liter Rapsbiodiesel) be-

Glg. 2

(18)

darf. Die gesamten auf aLUC zurückzuführenden Emissionen eines Produktes werden folgendermaßen ermittelt:

𝑎𝐿𝑈𝐶𝑃𝑟𝑜𝑑𝑢𝑘𝑡 [kg 𝐶𝑂2− Äq. ] = ∑ (𝑎𝐿𝑈𝐶𝐿𝑎𝑛𝑑 𝑎 ∙ 𝐴 𝐿𝑎𝑛𝑑 𝑎+ 𝑎𝐿𝑈𝐶𝐿𝑎𝑛𝑑 𝑏∙ 𝐴 𝐿𝑎𝑛𝑑 𝑏 + ⋯ )

Länderspezifische aLUC-Emissionsfaktoren sind in Tabelle 4 im Anhang aufgelistet.

Am Beispiel von Raps für Biodiesel wird das Vorgehen in vereinfachter Form beschrie- ben. Pro GJ Biodiesel gehen 0,013 ha Ackerfläche in Deutschland in die Bilanz ein. Die- ser Fläche sind für die attributive Landnutzungsänderung Emissionen in Höhe von 0,21 t CO2 / (ha * Jahr) zuzuteilen (siehe aLUC für Deutschland in Tabelle 4 im Anhang).

Für das Produkt Biodiesel aus Raps sind somit pro GJ zusätzlich 2,7 kg CO2 aufgrund der attributiven Landnutzungsänderung anzurechnen.

Innerhalb des BioEm-Projektes wurden für verschiedene Bioenergieträger aLUC-Werte erarbeitet (siehe Tabelle 8 in [Fehrenbach et al. 2016]). Dabei waren aus datentechni- schen Gründen teilweise Vereinfachungen notwendig, weswegen diese Zahlen als Ori- entierungsgrößen zu verstehen sind.

4 Methodischer Ansatz der attributiven Landnutzung (aLU)

4.1 Berechnung des aLU-Emissionsfaktors

Der methodische Ansatz der attributiven Landnutzung wird im Folgenden wiederum exemplarisch für Treibhausgasemissionen detailliert vorgestellt. Dabei wird von der An- bausituation und Datenstruktur, wie sie für Agrarprodukte in Deutschland bzw. Europa vorliegen, ausgegangen. Das heißt, einzelnen Feldfrüchten (wie Raps oder Weizen) kann kein spezifischer LU zugerechnet werden, da alle Kulturen einheitlich den Verursacher- kreis von LU bilden.

In den aLU-Emissionsfaktor gehen folgende zwei Faktoren ein:

zum einen das Verhältnis von der Ackerfläche mit organischen Böden zu der ge- samten Ackerfläche, und

der zu der Nutzung organischer Böden gehörige Emissionsfaktor.

Im Detail sind somit für die Berechnung des aLU-Emissionsfaktors folgende Parameter relevant:

Anteil der Ackerfläche mit organischen Böden an der gesamten im Referenzjahr genutzten Ackerfläche: ORGges [%]

Emissionsfaktor für alle kontinuierlichen Treibhausgasemissionen aus organischen Böden, die als Acker genutzt wurden (hier CO2, N2O und CH4):

EFkontORG [kg CO2-Äq. / (ha∙Jahr)]

Der regions- und jahresspezifische aLU-Faktor berechnet sich aus:

𝑎𝐿𝑈𝐽𝑎ℎ𝑟𝑅𝑒𝑔𝑖𝑜𝑛 [kg 𝐶𝑂2Äq./ (ha ∙ Jahr)] = ORG𝑔𝑒𝑠∙ 𝐸𝐹𝑂𝑅𝐺𝑘𝑜𝑛𝑡

Glg. 3

© foto_tech / Fotolia

Glg. 4

(19)

In diesem Ansatz wird vereinfachend der Einfluss der Bewirtschaftungsmethode auf den Abbau der organischen Böden nicht betrachtet. Dieser könnte jedoch relevant werden, wenn z. B. einjährige und mehrjährige Kulturen sowie Grünland auf organischen Böden verglichen werden sollen. Bei klar trennbaren Flächenkategorien wie Ackerland und Grünland sollten daher separate aLU Werte berechnet werden.

Im Folgenden wird auf die Ermittlung der einzelnen Parameter im Detail eingegangen.

Zunächst ist es erforderlich, den Anteil organischer Böden ORG an der gesamten Acker- fläche zu bestimmen. Dann muss ein zur Festlegung des Anteils organischer Böden kon- sistenter Emissionsfaktor EForg ermittelt werden. Dieser enthält alle Treibhausgasemis- sionen, die aus den entwässerten organischen Böden entstehen. Er enthält neben CO2

auch relevante Beiträge der Treibhausgase Lachgas (N2O) und Methan (CH4).

Bei einem Quellenvergleich der zwei umfassendsten verfügbaren Quellen, den nationa- len Inventarberichten (NIR) nach dem Kyoto-Protokoll und der Datenbank FAOSTAT [FAO 2018], lassen sich teilweise erhebliche Abweichungen der resultierenden aLU- Faktoren feststellen (s. Tabelle 5 im Anhang). Dabei wurden veraltete Emissionsfakto- ren, die in [FAO 2018] eingegangen sind, durch aktuellere aus [IPCC 2014] ersetzt. Diese sind zum größeren Teil auf unterschiedliche Eingangsdaten zu Flächenanteilen organi- scher Böden in den jeweiligen Ländern zurückzuführen. Nationale Bodeninventare, auf denen im Regelfall die NIR-Daten beruhen, verwenden dabei zumeist andere Kriterien als die FAO, z. B. ab welchem Kohlenstoffgehalt und welcher Mächtigkeit Böden als „or- ganische Böden“ zählen. Diese unterscheiden sich auch in vielen Fällen von Land zu Land. Außerdem berücksichtigen manche NIRs bei der Berechnung des EForg nur CO2, andere auch N2O und wenige ebenfalls CH4.

Eine detaillierte Analyse für mehrere Länder ergab, dass die in den NIR berichteten Da- ten die reale Situation vor Ort besser widerzuspiegeln scheinen. Wir empfehlen daher die Verwendung von NIR-Daten anstelle von FAO/IPCC-Daten, wenn die Datenqualität im Einzelfall besser ist.

4.2 Produktspezifische Anwendung des aLU-Emissionsfaktors

Die Anwendung der aLU-Emissionsfaktoren erfolgt identisch zu der in Kapitel 3.1.7 für den aLUC beschriebenen Vorgehensweise. Dies ist möglich, weil sowohl die aLUC als auch die aLU Emissionsfaktoren für einen Hektar und Jahr der Nutzung einer Ackerflä- che in einem Bezugsraum (zumeist Land) ausgewiesen werden.

Länderspezifische aLU-Emissionsfaktoren sind in Tabelle 3 im Anhang aufgelistet.

5 Faktoren für die Normierung

In zahlreichen Ökobilanzen werden die Ergebnisse für Produktvergleiche anhand von normierten Werten dargestellt. Eine übliche Bezugsgröße für die Normierung sind Ein- wohnerdurchschnittswerte, die auch im Rahmen dieses Positionspapieres vorgeschla- gen werden.

aLUC und aLU sind primär Methoden zur Erstellung einer Sachbilanz, auch wenn sie derzeit vorrangig für Treibhausgase angewendet werden. Daher sind je nach Anwen- dungsfall und Wirkungsabschätzungsmethode die jeweiligen Normierungsfaktoren der entsprechenden Wirkungskategorie wie z. B. Klimawandel anzuwenden.

© gabe9000c / Fotolia

(20)

6 Verwendung

Die Methode der attributiven Landnutzung / Landnutzungsänderung eignet sich für je- de ökobilanzielle Studie, deren Untersuchungsgegenstand direkt oder indirekt mit einer Inanspruchnahme bzw. Belegung von Fläche verbunden ist. Eine Einbindung der länder- und produktspezifischen aLU / aLUC-Werte in bestehende Ökobilanz-Software ist in der Regel ohne großen Aufwand umzusetzen. So kann etwa in der Ökobilanz-Software UM- BERTO® ein Material oder eine Informationsgröße, welche den aLU / aLUC eines Pro- duktes berechnet, angelegt und gesondert ausgewiesen werden (s. Abbildung 2). Wie eingangs betont, geht die Anwendungsmöglichkeit über die Kategorie Klimaschutz auch hinaus und kann – wie im laufenden UBA-Projekt „Flächenrucksack“ bearbeitet – auch in andere Kategorien wie z. B. „Landnutzung“ oder „Biodiversität“ einfließen.

Projekte, die die Methode erfolgreich angewendet haben bzw. derzeit in der Modellie- rung berücksichtigen sind beispielsweise:

BioEm [Fehrenbach et al. 2016]

Seemla [Rettenmaier et al. 2018]

KEEKS https://www.klimaschutz.de/projekt/keeks-klima-und-energieeffiziente- kuche-schulen

COSMOS http://cosmos-h2020.eu/

Blauer Engel BioStoff [Hennenberg et al. 2018]

HIGH [Wagner et al. 2020]

Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland [Rein- hardt et al. 2020]

Wir empfehlen, den Anteil des aLU / aLUC an den gesamten Lasten in einer Wirkungs- kategorie (wie zum Beispiel klimarelevanten Emissionen) der Produktsysteme separat, z. B. im Rahmen einer Sensitivitäts- oder Dominanzanalyse, auszuweisen.

Abbildung 2: aLUC als Emission (rot) und Informationsgröße in UMBERTO® (Vers. 5.6)

7 Englischsprachige Bezeichnungen

In englischsprachigen Studien wird die Methode mit

attributional Land Use (aLU) / attributional Land Use Change (aLUC) bezeichnet.

Die zu den aLU/aLUC-Emissionsfaktoren gehörige Einheit ist bei der Anwendung in der Wirkungskategorie Klimawandel mit

t CO2-eq / (ha · year) anzugeben.

(21)

8 Literatur

BfN (2014): Grünland-Report - alles im grünen Bereich? BfN (Bundesanstalt für Natur- schutz),

http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/presse/2014/PK_Gruenlandpapier_30.06.

2014_final_layout_barrierefrei.pdf.

European Parliament, Council of the European Union (2009): Directive 2009/28/EC of the European Parliament and of the Council of 23 April 2009 on the promotion of the use of energy from renewable sources and amending and subsequently repealing Directives 2001/77/EC and 2003/30/EC. Official Journal of the European Union, No.L 140/16.

Faber, S., Rundquist, S., Male, T. (2012): Plowed Under: How Crop Subsidies Contribute to Massive Habitat Losses. Environmental Working Group, Washington DC, USA.

https://static.ewg.org/pdf/plowed_under.pdf.

FAO (2018): FAO Statistics Database. Statistics Division of the Food and Agriculture Orga- nization of the United Nations, Rome, Italy. www.fao.org/faostat/.

Fehrenbach, H. (2014): ILUC und Nachhaltigkeitszertifizierung - (Un-)Vereinbarkeit, bleiben- de Lücken, Chancen. In: Biokraftstoffe zwischen Sackgasse und Energiewende - Sozial- ökologische und tansnationale Perspektiven, oekom Verlag, München.

Fehrenbach, H., Köppen, S., Markwardt, S., Vogt, R. (2016): Aktualisierung der Eingangsda- ten und Emissionsbilanzen wesentlicher biogener Energienutzungspfade (BioEm). Institu- te for Energy and Environmental Research Heidelberg (IFEU), Heidelberg.

Finkbeiner, M. (2013): Indirekte Landnutzungsänderungen in Ökobilanzen - wissenschaftli- che Belastbarkeit und Übereinstimmung mit internationalen Standards. Studie im Auftrag von OVID und UDB, Berlin.

Hennenberg, K., Fehrenbach, H., Wiegmann, K., Köppen, S., Detzel, A., Schlecht, S. (2018):

Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien für die stoffliche Nutzung von Biomasse im Rahmen des Blauen Engel. In: UBA Bericht FKZ.

IPCC (1996): Revised 1996 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories: Refe- rence Manual. IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), Bracknell.

IPCC (2014) 2013 Supplement to the 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas In- ventories: Wetlands, Hiraishi, T., Krug, T., Tanabe, K., Srivastava, N., Baasansuren, J., Fukuda, M. and Troxler, T.G. (eds). IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), Switzerland

KLU (2013): Biogaserzeugung und -nutzung: Ökologische Leitplanken für die Zukunft. KLU (Kommission Landwirtschaft beim Umweltbundesamt)

http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/biogase rzeugung_und_-nutzung_oekologische_leitplanken_fuer_die_zukunft.pdf.

Reinhardt, G., Gärtner, S., Wagner, T. (2020): Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland, ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidel- berg.

Reinhardt, G., Rettenmaier, N., Gärtner, S., Pastowski, A. (2007): Regenwald für Biodiesel?

Ökologische Auswirkungen der energetischen Nutzung von Palmöl. Studie im Auftrag des WWF Deutschland, Heidelberg.

Rettenmaier, N., Schmehl, M., Gärtner, S., Reinhardt, G. (2018): Final report on environmen- tal assessment covering LCA & LC-EIA. In: SEEMLA project reports, supported by the EU’s Horizon 2020 programme under GA No. 691874, IFEU - Institute for Energy and Environ- mental Research Heidelberg, Heidelberg, Germany.

(22)

UBA – Umweltbundesamt (2018): Submission under the United Nations Framework Conven- tion on Climate Change and the Kyoto Protocol 2018. National Inventory Report for the German Greenhouse Gas Inventory 1990 – 2016. Dessau-Roßlau.

Wagner, T., Gärtner, S., Hemmen, M., Reinhardt, G. (2020): CO2-Fußabdrücke ausgewählter Lebensmittel in Europa und Afrika, im Auftrag des Heidelberger Instituts für Global Health (HIGH) des Universitätsklinikums Heidelberg, ifeu - Institut für Energie- und Umweltfor- schung Heidelberg.

9 Anhang

Dieser Anhang enthält den aktuellen Stand bisher ermittelter Emissionsfaktoren für die Klimawirkung von Landnutzung und Landnutzungsänderung nach dem aLU / aLUC- Konzept für ausgewählte Länder (Tabelle 2 - Tabelle 4). Diese können zur Bewertung der Nutzung von Ackerland in Ökobilanzen verwendet werden und werden derzeit dazu in ifeu-Studien verwendet. Zur Vereinfachung sind auch aLULUC-Faktoren als Summe von aLU und aLUC angegeben. Die Tabellen sind als Excel-Datei verfügbar unter:

https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/A1_ifeuPaper_03_2018_aLULUC.xlsx

Für den aLUC werden wie in Kapitel 3.1 angegeben bevorzugt Werte basierend auf den nationalen Inventarberichten (NIR) nach dem Kyoto-Protokoll und alternativ Werte ba- sierend auf Daten aus der Datenbank FAOSTAT [FAO 2018] verwendet. Für den aLU werden wie in Kapitel 4.1 diskutiert Werte standardmäßig basierend auf [FAO 2018] er- gänzt durch [IPCC 2014] angegeben, sofern in Einzelfällen keine besseren Daten aus den NIR verfügbar sind. Exemplarische Vergleiche von Werten basierend auf den NIR und FAO sind in Tabelle 5 dargestellt.

Abbildung

Tabelle 1: Nutzungsdauern  und Kohlenstoffbestände  von Plantagen mehrjähriger Pflanzen eingeteilt in fünf Klassen
Abbildung 2: aLUC als Emission (rot) und Informationsgröße in UMBERTO® (Vers. 5.6)
Tabelle 2: Übersicht zu ausgewählten länderspezifischen aLULUC-Faktoren (aLU + aLUC) für auf Ackerland angebaute ein- und mehr- mehr-jährige Kulturen
Tabelle 3: Übersicht zu ausgewählten länderspezifischen  aLU-Faktoren für auf Ackerland angebaute ein- und mehrjährige Kulturen
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Referenzen

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