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Vorgeschlagene Maßnahme zur Bürgerbeteiligung:

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Academic year: 2022

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Dezernat IV

BESCHLUSSVORLAGE

Az.

19.06.2020

V329/2020

Betreff

Umgang mit Straßennamen nach ihren historischen Gehalten

Beratungsfolge Sitzungstermin Öffentlichkeitsstatus Zuständigkeit 1. Hauptausschuss 29.09.2020 nicht öffentlich Vorberatung

2. Gemeinderat 06.10.2020 öffentlich Entscheidung

Stadtbezirksbezug:

17 Rheinau

Einladung an Bezirksbeirat / Sachverständige: Bezirksbeirat Rheinau

Vorgeschlagene Maßnahme zur Bürgerbeteiligung: Ja/Nein

Beschlussantrag:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, als Ad-hoc-Maßnahme für ca. zwei Jahre folgende Straßen mit einer zusätzlichen Information zu ergänzen:

1.1 Die öffentliche Verkehrsfläche mit der Benennung Gustav-Nachtigal-Straße ist an geeigneter Stelle mit folgendem aufklärenden Text zu versehen:

„Gustav Nachtigal (1834-1885) betrieb aktiv als Forschungsreisender u. Reichskommissar den gewaltsamen kolonialpolit. „Wettlauf um Afrika“. Die Straße wurde 1935 im Rahmen des NS-Kolonialrevisionismus benannt. Diese Ehrung entspricht nicht mehr den heutigen Wertevorstellungen und eine Umbenennung ist vorgesehen.“

1.2 Die öffentliche Verkehrsfläche mit der Benennung Leutweinstraße ist an geeigneter Stelle mit folgendem aufklärenden Text zu versehen:

„Theodor Leutwein (1849-1921) legte als Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika (Namibia) die Grundlagen für die rassische Privilegiengesellschaft im Gefolge des genozidalen Kolonialkriegs. Die Straße wurde 1935 im Rahmen des

NS-Kolonialrevisionismus benannt. Diese Ehrung entspricht nicht mehr den heutigen Wertevorstellungen und eine Umbenennung ist vorgesehen.“

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1.3 Die öffentliche Verkehrsfläche mit der Benennung Lüderitzstraße ist an geeigneter Stelle mit folgendem aufklärenden Text zu versehen:

„Adolf Lüderitz (1834-1886) war eine Schlüsselfigur der gewaltsamen deutschen Kolonialpolitik, insbesondere in Deutsch-Südwestafrika (Namibia). Die Straße wurde 1935 im Rahmen des NS-Kolonialrevisionismus benannt. Die Benennung entspricht nicht mehr den heutigen Wertevorstellungen und eine Umbenennung ist vorgesehen.“

1.4 Die öffentliche Verkehrsfläche mit der Benennung Sven-Hedin-Weg ist an geeigneter Stelle mit folgendem aufklärenden Text zu versehen:

„Der schwedische Forschungsreisende Sven Anders Hedin (1865-1952) positionierte sich politisch klar für deutsche Expansion u. das NS-Regime mit seiner rassistischen und antisemitischen Haltung. Die 1985 erfolgte Straßenbenennung entspricht nicht mehr den heutigen Wertevorstellungen und eine Umbenennung ist vorgesehen.“

2. Die Verwaltung wird beauftragt für alle vier unter 1. genannten öffentlichen Verkehrsflächen eine zum Taufbezirk passende neue Benennung dem Hauptausschuss zum Vorschlag der Umbenennung vorzulegen.

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BESCHLUSSVORLAGE

V329/2020

1) Welches strategische Ziel wird durch die Leistung bzw. Maßnahme unterstützt?

Begründung:

2) Welches Managementziel wird durch die Leistung bzw. Maßnahme angesprochen?

Begründung:

3) Welche Kennzahl wird direkt oder indirekt beeinflusst?

Begründung:

Falls durch die Maßnahme eine Änderung des Zielwertes erfolgt, bitte nachfolgend eintragen:

Kennzahl Zielwert bisher Zielwert neu

Die Leistung ist eine Pflichtaufgabe ja/nein

4) Welche über- bzw. außerplanmäßigen Ressourcen sind zur Durchführung der Leistung bzw.

Maßnahme erforderlich?

Ergebnishaushalt Aktuelles HH-Jahr jährlich ab xx.xx.xxxx bis xx.xx.xxxx in €

Erläuterungen

Ertrag

Personalaufwand Sachaufwand Transferaufwand Zuschüsse Saldo

Die Auswirkungen der Maßnahme auf den Teilfinanzhaushalt sind auf Seite ……

dargestellt.

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5) Die Deckung erfolgt durch Mehrertrag/Minderaufwand (Mehreinzahlung/Minderauszahlung) in der Dienststelle bzw. beim Dezernat bei

Jahr Betrag Produkt-Nr. xxxxx Projekt-Nr. /

Investitionsauftrag xxxxx 20xx

20xx

6)

Finanzhaushalt Aktuelles HH-Jahr jährlich ab xx.xx.xxxx

bis xx.xx.xxxx in € Erläuterungen Einzahlungen

Auszahlungen Saldo

Dr. Kurz Quast

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Kurzfassung des Sachverhalts

Die Verwaltung hat aufgrund der Vorlage 103/2009 alle Benennungen von öffentlichen Verkehrsflächen (Straßen, Plätze, Wege und Brücken) nach ihren historischen Gehalten überprüft und mit Auswertung des Gutachtens des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte abgeschlossen. Das Gutachten ist Anlage 1 zu entnehmen. Als Ergebnis wird die Umbenennung von vier Verkehrsflächen - Gustav- Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und Sven-Hedin-Weg - vorgeschlagen. Eine Findung und Prüfung eines neuen Namens bei Umbenennungen dauert, insbesondere wenn Anwohner

betroffen sind, ca. 2 Jahre. Aufgrund der sehr problematischen Benennung wird für die Dauer des Findungs- und Prüfungsprozesses eine Zusatzbeschilderung mit einem aufklärenden Hinweis zur historischen Einordnung der Personen vorgeschlagen, auch um die Anwohner über die Gründe der Umbenennung zu informieren und einzubinden.

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Beschlussanlage

Anlage 1: Gutachten von Dr. Bernhard Gißibl und Prof. Dr. Johannes Paulmann (Leibniz-Institut für europäische Gesichte, Mainz) zu den Namensgebern der Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und des Sven-Hedin-Weg in Mannheim-Rheinau

Anlage 2: Lageplan Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße und Lüderitzstraße

Anlage 3: Lageplan Sven-Hedin-Weg

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Gliederung des Sachverhalts und Übersicht der Anlagen

- Begründung des Beschlussvorschlags

- Anlage 1: Gutachten von Dr. Bernhard Gißibl und Prof. Dr. Johannes Paulmann (Leibniz-Institut für europäische Gesichte, Mainz) zu den Namensgebern der Gustav-Nachtigal-Straße,

Leutweinstraße, Lüderitzstraße und des Sven-Hedin-Weg in Mannheim-Rheinau - Anlage 2: Lageplan Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße und Lüderitzstraße - Anlage 3: Lageplan Sven-Hedin-Weg

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Sachverhalt

Aufgrund des Beschlusses der Vorlage 103/2009 am 24.03.2009 durch den Gemeinderat wurden alle Benennungen von öffentlichen Verkehrsflächen (Straßen, Plätze, Wege und Brücken) nach ihren historischen Gehalten überprüft. Die Überprüfung aller Straßen, Plätze und Wege wurde mit

Auswertung des beauftragten externen Gutachtens des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte abgeschlossen. Das vollständige Gutachten ist Anlage 1 zu entnehmen.

Nachfolgend seien die wichtigsten Kernpunkte des Gutachtens aufgeführt:

Zusammenfassung und Empfehlung des Gutachtens:

„Am 16. April 2019 haben wir durch MARCHIVUM – Mannheims Archiv, Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung den Auftrag erhalten, die Namensgeber von vier Straßen im Mannheimer Stadtteil Rheinau – Theodor Leutwein, Adolf Lüderitz, Gustav Nachtigal und Sven Hedin – aus

geschichtswissenschaftlicher Perspektive auf ihre Erinnerungswürdigkeit hin zu überprüfen. Nach sorgfältiger Überprüfung dieser Biographien, unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Praxis in anderen deutschen Großstädten sowie vor dem Hintergrund der bereits 2011 erfolgten Umbenennung der Karl-Peters-Straße empfehlen wir der Stadt Mannheim die Umbenennung dieser vier Straßen.“

„Theodor Leutwein war zwischen 1893 und 1904 über ein Jahrzehnt lang an führender,

beziehungsweise oberster Stelle für die kriegerische Aufrichtung und Durchsetzung des kolonialen Herrschaftsanspruchs in Deutsch-Südwestafrika verantwortlich. Seine Politik legte die Grundlagen für die rassische Privilegiengesellschaft im Gefolge des genozidalen Kolonialkriegs. Als Gouverneur war er ein herausragender Repräsentant des kolonialen Unrechtssystems. Seine Person wurde im Zuge der nationalsozialistischen Vergegenwärtigung eines deutschen Expansionsanspruchs geehrt.“

„Adolf Lüderitz zählte bereits zu Zeiten des Kaiserreichs zu den gefeierten Symbolfiguren des deutschen Weltmachtanspruches. Sein fragwürdiger Landerwerb, dessen Übernahme als

„Schutzgebiete“ durch das Deutsche Reich 1884 sowie sein früher Tod in Südwestafrika verbanden sich zu einem der wirkungsmächtigsten Gründungsmythen des imperialistischen deutschen

Kolonialismus. Vor allem der NS-Kolonialrevisionismus verklärte seinen Tod zum heldenhaften Opfertod für die koloniale Weltgeltung des deutschen Vaterlandes. Seine betrügerische

Vorgehensweise bei der Abtretung von Landrechten durch den Nama-Führer Joseph Fredericks ist als

„Meilenschwindel“ in die Geschichte eingegangen und steht symptomatisch für die Legalitätsfiktionen, mit denen der koloniale Landraub auf eine vermeintlich legale Basis gestellt werden sollte.“

„Gustav Nachtigal war eine Schlüsselfigur der heroischen Kolonialpropaganda. Der sprichwörtliche europäische “Wettlauf um Afrika” wurde von Nachtigal zunächst als Forschungsreisender und später beim Territorialerwerb als Reichskommissar ganz konkret praktiziert – unter Anwendung der

Drohkulisse von Kanonenbooten, durch Geiselnahme und in Form hochgradig asymmetrischer Verträge. Seine Biographie bot daher hinreichend Anknüpfungspunkte für die propagandistische Glorifizierung als Gründer und Märtyrer des Deutschen Kolonialreichs durch den

nationalsozialistischen Kolonialrevisionismus Mitte der 1930er Jahre.“

„Sven Hedin war ein international bekannter schwedischer Forschungsreisender, der sich politisch eindeutig für deutsche Expansionsinteressen und das nationalsozialistische Regime positionierte. Im Ersten Weltkrieg setzte Hedin sich propagandistisch für die deutsche Kriegsführung ein. Er

interpretierte Niederlage und Revolution im Sinne der Dolchstoßlegende und bedauerte den Sieg der Demokratie. In der Zwischenkriegszeit unterstützte er geopolitische Ambitionen Deutschlands. Hedin vertrat ideologisch einen nordisch-germanischen Rassismus, pflegte antisemitische Einstellungen und

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unterstützte den Nationalsozialismus einschließlich des Kolonialrevisionismus in vielfacher Weise durch Publikationen und öffentliche Auftritte. Obgleich er seine Beziehungen zur NS-Elite nutzte, um einzelnen verfolgten Personen zu helfen, sich gleichzeitig aber in anderen Fällen nicht einsetzte, war er in keiner Weise ein Gegner des Regimes, sondern im Gegenteil über 1945 hinaus bis zu seinem Tod ein Verehrer Hitlers und des deutschen Anspruchs auf Weltgeltung.“

Das Ergebnis der Prüfung ist der Vorschlag die vier Verkehrsflächen - Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und Sven-Hedin-Weg - umzubenennen.

Zu 1. Wegen der sehr problematischen Benennungen wird für die Dauer des Findungs- und

Prüfungsprozesses für eine neue Benennung eine aufklärende Zusatzbeschilderung zur historischen Einordnung der Personen vorgeschlagen. Durch die Zusatzbeschilderung kann die Stadt Mannheim zeitnah die aktive Umsetzung ihres strategischen Ziels 4 „Mannheim ist Vorbild für das

Zusammenleben in Metropolen“, bzw. des Leitbilds 2030 beweisen, da die vier Personen für

Rassismus, koloniales Unrecht und die Propaganda des nationalsozialistischen Kolonialrevisionismus stehen. Insbesondere ihre aktive Rolle im Rahmen der deutschen Kolonial- und Eroberungspolitik, der historische Kontext, der Straßenbenennungen 1935, und Sven Hedins klare Positionierung auf Seiten des NS- machen dies unverkennbar.

Zu 2. Bei der Findung und Prüfung eines neuen Benennungsvorschlags sind verschiedene Punkte zu berücksichtigen. Neben der zwingenden Sicherstellung der Ordnungs- und Orientierungsfunktion zur Gefahrenabwehr sind die Interessen von direkt betroffenen Personen (z. B. von Anwohnerinnen und Anwohner) bei der Ermessungsentscheidung zu berücksichtigen. Dieser Prozess ist mit ca. zwei Jahren zu veranschlagen. Nach § 1 der Satzung der Stadt Mannheim über die Benennung von öffentlichen Flächen und das Anbringen von Straßennamen und Hausnummern vom 26. Juni 1979 in der Fassung vom 28. September 1993 benennt der Gemeinderat auf Empfehlung des

Hauptausschusses öffentliche Verkehrsflächen. Daher sind nach Abschluss des Findungs- und Prüfungsprozesses dem Hauptausschuss die Vorschläge zu den neuen Benennungen der vier

Verkehrsflächen vorzulegen. Das Taufbezirksprinzip hat eine übergeordnete Orientierungsfunktion im Stadtraum und dient zur Identitätsbildung des Quartiers, daher ist bei der Benennung der vier

Verkehrsflächen das Taufbezirksprinzip zu berücksichtigen. In diesem Gebiet ist der Taufbezirk Entdeckungs- und Forschungsreisenden (Wilhelm-Peters-Straße, Wegenerstraße, Karl-Schwaner- Straße, Fridtjof-Nansen-Weg usw.) gewidmet. Somit erfüllt eine entsprechende Benennung zusätzlich den Sinn eines transnationalen Forschungs- und Kulturaustauschs.

Referenzen

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