• Keine Ergebnisse gefunden

Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek <WEIMAR>

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek <WEIMAR>"

Copied!
7
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek <WEIMAR>

07-2-271 Bibliographien und Kataloge der Herzogin-Anna-Amalia- Bibliothek zu Weimar / [Klassik-Stiftung Weimar, Herzogin- Anna-Amalia-Bibliothek]. Hrsg. von Michael Knoche. - Wiesba- den : Harrassowitz. - 25 cm

[9344]

Die Inkunabeln / bearb. von Eva Raffel. - 2007. - 319, [14] S. : Ill. - ISBN 978-3-447-05505-5 : EUR 78.00

07-2-272 Welt der Wiegendrucke : die ersten gedruckten Bücher der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Weimar ; [eine Ausstellung der Klassik-Stiftung Weimar anlässlich der Wiedereröffnung der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, 2. Dezember 2007 - 3. August 2008] / [Klassik-Stiftung Weimar]. Bearb. von Eva Raffel. - Leipzig : Koehler & Amelang, 2007. - 159 S. : zahlr. Ill.

; 24 cm. - ISBN 978-3-7338-0360-5 : EUR 19.901 [9451]

Gut drei Jahre nach dem verheerenden Brand vom September 2004 und den unersetzlichen Teil- und Totalverlusten in den Altbeständen präsentiert die Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar einen wissenschaftlichen Bestandskatalog ihrer wertvollsten Druckwerke, der Inkunabeln. Einige der bedeutendsten Stücke der Wiegendrucksammlung wurden zeitgleich im re- staurierten und als Ausstellungsraum neu ausgestatteten Renaissancesaal der Bibliothek ausgestellt. Für beides – die Katalogisierung und die Organi- sation der Ausstellung samt zugehörigen Publikationen – zeichnet Eva Raf- fel verantwortlich, Mitarbeiterin der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek mit Dienstort Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Handschriften- und Inkuna- belabteilung. Das von der Stiftung H. W. und J. Hector in Weinheim finan- zierte Vorhaben – die DFG fördert Bestandserschließung von Inkunabeln in Deutschland bedauerlicherweise nicht – hatte eine Laufzeit von drei Jahren (Dez. 2003 bis Dez. 2006). Nach dem seit Jahren in der Handschriftenkata- logisierung bewährten Modell wurden die Bestände nicht vor Ort katalogi- siert, sondern kamen zur Erschließung in eine größere Bibliothek, in diesem Fall nach Karlsruhe. Für die Erschließung wurde von Anfang die in Tübin- gen lokalisierte Datenbank deutscher Inkunabelbestände INKA genutzt; in der Online-Version war die Weimarer Inkunabelsammlung in ihren unter- schiedlichen Stufen der Erschließung daher schon seit längerem recher- chierbar.2

Die 427 von Raffel beschriebenen Weimarer Wiegendrucke befinden sich in (nach Auszählung der Signaturenkonkordanz) 320 Bänden. Sie waren, ebenso wie die 87 beigebundenen Postinkunabeln, Teil der Weimarer Für- stenbibliothek(en), die um 1700 erstmals greifbar werden. In der ersten Hälf- te des 18. Jahrhunderts erfuhren diese Büchersammlungen durch den (teil-

1 Im folgenden abgekürzt WW.

2 http://www.inka.uni-tuebingen.de/

(2)

weisen) Erwerb enzyklopädischer Bibliotheken (Balthasar Friedrich von Lo- gau, Marquard Gude, Heinrich Leonhard Schurzfleisch u.a.), seit der zwei- ten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch gezielte Ankäufe kleinerer Spezial- sammlungen (Johann Christoph Gottsched, David Gottfried Schöber u.a.) bedeutende Erweiterungen. Anfang des 19. Jahrhunderts kamen mit Ankäu- fen aus aufgelösten Erfurter Klosterbibliotheken auch Säkularisierungsbe- stände hinzu. In den Jahrzehnten um 1900 wurden nach und nach Einzeltei- le der fürstlichen Bücherbestände (Militaria-Sammlung, Prinz-Bernhard- Bibliothek u.a.) in die große Fürstenbibliothek integriert. Den Abschluß der Ankäufe im großen Stil markiert 1927 die Erwerbung des in Frankreich täti- gen Philologen Wilhelm Fröhner.

Da die für die Fürstensammlung erworbenen Privatbibliotheken die Sam- melinteressen ihrer jeweiligen Besitzer widerspiegeln, ist das heutige Er- scheinungsbild der Weimarer Wiegendrucksammlung in jeder Hinsicht hete- rogen. Fast die Hälfte der Inkunabeln stammt aus den besonders produkti- ven 1490er Jahren und damit aus der späten Inkunabelzeit. Es finden sich aber auch zwei – von Raffel für die Inkunabeln reklamierte – Blockbücher (Nr. 36 = WW, Nr. 1; Nr. 103 = WW, Nr. 2) im Bestand, dazu vier Unikate von Inkunabelausgaben. Davon sind allein drei in Leipziger Offizinen ent- standen: Neben einem bei Martin Landsberg um 1500 erschienenen Uni- versitätsdruck (Aristoteles: Parva naturalia, Nr. 33, vgl. Abb. Tf. VIII = WW, Nr. 29) sind hier herauszuheben der 1487/88 erschienene Erstdruck der La- tina ideomata des Leipziger Magisters Paulus Niavis (Nr. 445, vgl. Abb. Tf.

V) sowie ein Einblattdruck mit einer Breve Sixtus’ IV. für den Bischof von Meißen (Nr. 451, vgl. Abb. Tf. III = WW, Nr. 28). Unikat ist schließlich auch die erste oberdeutsche Version der Historia Dracole Waida aus der Nürn- berger Offizin des Wanderdruckers Marx Ayrer (Nr. 236, vgl. Abb. Tf. II = WW, Nr. 27). Ein über Jahrzehnte in Weimar nicht mehr auffindbares Frag- ment einer der mit der Type der B 42 in Mainz gedruckten 26zeiligen Donat- Ausgaben (GW 8698-8704), hier auf Pergament gedruckt, ist inzwischen wieder aufgetaucht (GW 8701; Nr. 186, vgl. Abb. Tf. I = WW, Nr. 52). Hier war erst während der Katalogisierungsarbeiten klar geworden, daß das Weimarer Fragment kein Unikat darstellt, sondern direkt an ein Fragment desselben Drucks aus dem Mainzer Gutenberg-Museum (GW 8700) an- schließt; damit fallen beide GW-Nummern zusammen.

Bedeutsam sind auch die fünfzehn Inkunabeln – nicht vierzehn (vgl. Einlei- tung, S. 16) – in griechischer Sprache und Schrift (Nr. 24; 30 - 31; 147; 184;

194; 199; 237; 249; 382; 405; 460; 475 - 477); gut die Hälfte stammt aus der Offizin des venezianischen Druckers Aldus Manutius. Entgegen früherer Annahmen ist beim Brand von 2004 sehr wahrscheinlich doch eine Inkuna- bel, eine Kölner Ausgabe von Isidors De summo bono (H 9283), verloren gegangen; glücklicherweise waren Titelblatt und Provenienzeintrag durch Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Besitz der Berliner Arbeitsstelle des GW noch zu rekonstruieren (Nr. 514; Abb. S. 232- 233).

Die Katalogisierung der Weimarer Inkunabeln folgt in der Anlage dem für die deutsche Inkunabelbestandserschließung – vor allen in den mit INKA katalogisierten Beständen – etablierten Modell. Eva Raffel hat hier eine gute Balance zwischen einer knappen Präsentation der Inhalte und der nötigen Ausführlichkeit im Detail gefunden. Eine positive Hervorhebung verdienen dabei die sorgfältige Verzeichnung des Umfangs (fallweise separat auch für Einzelteile des Drucks), der Holzschnitte sowie der Druckermarken in der

(3)

Schlagzeile sowie die Beschränkung auf die wichtigsten Bibliographien.

Erstmals sind auch die ungedruckten Manuskriptnummern des GW mit dem Zusatz M aufgenommen; sie verweisen auf die Digitalisate der in der Ar- beitsstelle des GW vorhandenen handschriftlichen Katalogaufnahmen, die seit 2003 auch im Internet recherchierbar sind.3 Für das schmale Segment der momentan in Bearbeitung befindlichen GW-Nummern (Horatius, Nr. 239 - 244) hätte Raffel besser auch auf diese Manuskriptnummern verwiesen, nicht auf die im GW intern vergebenen Nummern nach dem Muster „GW n0014“ (zu Nr. 240), auf die sie auch in der Einleitung (S. 9 - 10) nicht ein- geht. Zu fragen ist ferner, weshalb die Autorin nicht auf das inzwischen ver- altete und bibliographisch nicht immer ausführliche und verläßliche Ver- zeichnis amerikanischer Bibliotheken (Goff) verzichtet hat, wenn sie doch den ISTC – und damit die aktualisierte Variante dieses Kataloges im Netz4 – angibt. Die gleiche Frage stellt sich für die bibliographischen Angaben aus dem – damals freilich bahnbrechenden – Freiburger Inkunabelkatalog von Vera Sack.5

Besondere Sorgfalt hat die Autorin auf die inhaltliche Beschreibung der ein- zelnen Drucke gelegt; immer wieder findet man Hinweise auf abweichende Druckzustände, auf Besonderheiten im Lagenaufbau sowie auf die alten Weimarer Signaturen (vgl. dazu Einleitung S. 11 - 12). Bei den Einbänden, für die Raffel mit Konrad von Rabenau einen der besten Kenner der Materie als Mitarbeiter hat gewinnen können (vgl. Einleitung, S. 18, Anm. 1), ist erstmals auch die Einbanddatenbank6 mit Werkstattnummern zitiert. Die Einbände sind in ihrer äußeren Erscheinung sehr detailliert beschrieben. Als Besonderheit der Weimarer Inkunabeln ist herauszuheben, daß die Inkuna- beln nicht, wie in Fürstenbibliotheken häufig, im 18. oder im 19. Jahrhundert einheitliche Einbände bekommen haben (wobei häufig auch noch die Sam- melbände zerlegt wurden). Vielmehr ist fast die Hälfte in zeitgenössischen Einbänden erhalten geblieben (vgl. Einleitung, S. 18 - 20). Dabei dominieren mit 32 Belegen aus Leipzig und mit 23 aus Erfurt die regionalen Buchbin- derzentren. Eine besondere Erwähnung verdient ein Einband aus einer bis- lang unbekannten Klosterwerkstatt im Benediktinerkloster Breitungen an der Werra (Nr. 319).

Bei der Anordnung der einzelnen Katalogisate hat sich Raffel für das in In- kunabelkatalogen inzwischen kaum noch hinterfragte alphabetischen Ord- nungsprinzip nach Autor bzw. Sachtitel entschieden. Ungewöhnlich daran ist, daß sie auch die beigebundenen Postinkunabelausgaben in dieses al- phabetische System integriert hat, freilich markiert durch eingeklammerte Nummernangaben sowie Petitdruck (im Fall der Nr. 201 sind diese Markie- rungen versehentlich weggefallen). Bei den Postinkunabeln treten bisweilen Unsicherheiten in der Titelansetzung auf, sei es, daß Autor und Titel nicht normalisiert sind (z.B. Nr. 205 und 209), sei es, daß bei normalisierter Ver- fasserangabe die Titelaufnahme nach dem Vorbild des VD 16 lediglich

3 http://www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de/

4 http://www.bl.uk/catalogues/istc/

5 Die Inkunabeln der Universitätsbibliothek und anderer öffentlicher Samm- lungen in Freiburg im Breisgau und Umgebung / beschrieben von Vera Sack. - Wiesbaden : Harrassowitz. - 30 cm. - Tl. 1 (1985) - 3 (1985). - (Kataloge der Uni- versitätsbibliothek Freiburg im Breisgau ; 2). - ISBN 3-447-02319-8.

6 http://www.hist-einband.de/

(4)

transkribiert ist und die Zeilentrennung mit senkrechten Strichen abbildet (z.B. Nr. 195, 307 (6), 435 und 436; bei Nr. 180 sogar mit Transkription von Lang-s). In der Regel sind die Angaben für die Postinkunabeln jedoch nor- malisiert. Verbunden mit diesen Uneinheitlichkeiten im einzelnen erschließt sich der Sinn einer bestandsmischenden Erschließung von Inkunabeln und Postinkunabeln in einem einzigen Nummern- und Erschließungssystem nur sehr bedingt. Besser wäre es sicherlich gewesen, wenn die Autorin die bei- gebundenen Postinkunabeln ohne eigene Nummernzählung an das jeweilig erste Inkunabelkatalogisat angehängt hätte, oder wenn sie sich gleich zu einem gemeinsamen Katalog aller Drucke bis 1520 (Blockbücher, Inkuna- beln, Postinkunabeln) entschließen hätte können, wofür es angesichts der breiten, in den Einzelteilen das Stichjahr 1500 häufig überschreitende Sammelbandüberlieferung der Weimarer Inkunabeln sicherlich gute Argu- mente gegeben hätte.

Beim Stichwort ‚Sammelbände’ ist zu monieren, daß Raffel die beigebunde- nen Drucke mit Verweisung auf die Nummer des ersten Drucks im Samm- lungsverbund verzeichnet hat, dort aber – neben sammelbandübergreifen- den Merkmalen wie Einband und Provenienzen – die Nummern des gesam- ten Sammelbandes in numerischer, nicht in der physischen Abfolge der ein- zelnen Teile, aufzählt. Für denjenigen, der an Sammlungszusammenhän- gen von Inkunabelüberlieferung interessiert ist, erschwert dieses Verfahren den Zugriff enorm; hier bietet auch die Signaturenkonkordanz (vgl. dazu un- ten) keine wirklich befriedigende Kompensierung. Im Falle des Sammelban- des Inc 303 etwa, der nicht weniger als 48 (!) Einzeldrucke enthält, ist ein vernünftiger Überblick auf diese Weise praktisch unmöglich. Problematisch wird bei dieser Präsentation auch die Rekonstruktion des Sammlungsbe- standes der Nr. 236 (Dracole Wayda); die Rekonstruktion des auseinan- dergenommenen Sammelbandes wird hier dadurch erschwert, daß in der Beschreibung zwar auf beigebundene Drucke verwiesen wird, aber nur kurz auf den früheren Sammlungszusammenhang mit der Weimarer Handschrift Q 127; der Hinweis auf weiterführende Literatur befindet sich nicht im Kata- logisat selbst, sondern in der Einleitung (S. 26).

Hier – wie auch bei der Frage der Beidrucke (s.u.) – ist grundsätzlich die Frage zu stellen, ob das klassische, an der einzelnen Inkunabelausgabe orientierte Katalogisierungsmodell für Inkunabelbestandserschließung aktu- ell und für die Zukunft tatsächlich die einzige und adäquate Methode dar- stellt. Der amerikanische Inkunabelforscher Paul Needham hat 2001 anläß- lich einer Sammelrezension vorwiegend deutscher Inkunabelbestandskata- loge7 in diesem Zusammenhang eben diese Frage gestellt und letztlich eine Anordnung der Katalogisate nach Druckorten vorgeschlagen. Es wäre zu überlegen, ob nicht – wie in der Handschriftenerschließung üblich – eine Anordnung nach den heutigen Signaturen nicht noch zweckmäßiger wäre.

Denn hier wäre – gerade für die Sammelbände – erstmals die Möglichkeit gegeben, die historischen Zusammenhänge übersichtlich darzustellen. Frei- lich müßten in diesem Fall Register den klassischen Einstieg über Autor und Sachtitel auffangen, aber im Falle von Beidrucken (sowie Beiträgern und

7 Copy descripton in incunable catalogues : review essay / Paul Needham. //

In: Papers of the Bibliographical Society of America. - 95 (2001),2, S. 173 - 239).

(5)

Kommentatoren) kommt man ja auch im klassischen Modell – das hat Needham überzeugend gezeigt – an seine Grenzen.

Die Merkmale und Besonderheiten der Weimarer Inkunabeln sind durch ein Hauptregister (S. 237 - 257) sowie drei Spezialregister (Provenienzen, S.

258 - 272; Drucker und Verleger, S. 273 - 277; Buchbinder und Einband- gruppen, S. 278 - 281) sowie durch drei Konkordanzen (Einbandliteratur, S.

282 - 283; aktuelle bzw. ältere Signaturen, S. 284 - 290 bzw. 317 - 320; In- kunabelverzeichnisse, S. 291 - 316) aufgeschlossen. Da im Hauptregister nur zum kleinsten Teil Sachen bzw. Angaben zu beigebundenen Titeln er- wähnt sind, es im übrigen jedoch lediglich eine Kumulation von Angaben aus dem Katalogteil (Verfasser, anonyme Sachtitel) und aus den Spezialre- gistern darstellt, erscheint ein Großteil der Lemmata als Suchhilfe in unnöti- ger Doppelung. Autoren und Sachtitel, sofern sie nicht beigedruckt sind, wird man direkt im alphabetisch sortierten Katalog suchen, Vorbesitzer, Drucker und Einbände in den Spezialregistern selbst. Hier erscheinen ein Spezialregister „Besonderheiten“ (zu buchkundlichen Merkmalen) und ein weiteres Register zu den beigedruckten Titeln sowie zu Beiträgern sinnvol- ler, sofern man sich nicht entschließen kann, die alphabetische Anordnung der Katalogisate zugunsten einer Beschreibung nach Signaturen auf- zugeben (siehe dazu oben), und alle Angaben zu den Werken in einem ge- sonderten Register zu erfassen.

Im Gegensatz zum Hauptregister gehören die Spezialregister zu den ge- winnbringenden Teilen im Weimarer Katalog. Das gilt vor allem für das Pro- venienzenregister. Man muß es Raffel zugute halten, daß sie sich dazu ent- schlossen hat, das von Vera Sack im Freiburger Katalog eingeführte Modell der (bio)bibliographisch kumulierenden Provenienzlemmata anzuwenden.

Bei größeren Provenienzgruppen liegt der Vorteil auf der Hand: Der Beschreiber erspart sich so Wiederholungen bei den einzelnen Inkunabel- katalogisaten, auch wenn man zugeben muß, daß der Rechercheaufwand für die einzelnen Einträge häufig beträchtlich ist. Der Benutzer des Katalogs hingegen bekommt auf einen Blick alle (bio-)bibliographischen Informatio- nen zu Vorbesitzern und Institutionen samt weiterführender Literatur; für die Rekonstruktion zeitgenössischer Büchersammlungen läßt sich hier viel wertvolles Material gewinnen. Aus der Fülle interessanter Einzelprovenien- zen herausgegriffen werden sollen hier nur ein Donatdruck aus dem Besitz des Basler Frühhumanisten Johann Heynlin (Nr. 187) sowie ein Blockbuch und vier kanonistische Postinkunabeln aus der Bibliothek des Breslauer Re- formators Johannes Heß (Nr. 103, 346, 348 - 349). Ein kleiner inhaltlicher Fehler hat sich beim Eintrag ‚Plettener, Tilemann aus Stollberg/Harz’ (!) ein- geschlichen (S. 268, zu Nr. 465), und zum Eintrag ‚Lößer, Thammo’ (S. 265, zu Nr. 83) ist zu ergänzen, daß er nicht nur als „Kanonikus in Meißen“ be- zeugt ist, sondern auch als Student und Jurist an den Universitäten Ingol- stadt, Basel und Leipzig sowie als kursächsischer Rat und als Kanoniker am Wittenberger Allerheiligenstift.8

8 Zentren der Petrarca-Rezeption in Deutschland (um 1470 - 1525) : rezepti- onsgeschichtliche Studien und Katalog der lateinischen Drucküberlieferung / von Jürgen Geiß. - Wiesbaden : Reichert, 2002. - XI, 481 S. ; 25 cm. - Zugl.: München, Univ., Diss., 1998. - ISBN 3-89500-271-2 : EUR 72.00 [7218]. - Rez.: IFB 03-1- 162. - Hier S. 173 (Nr. 381.

(6)

(vgl. dazu Jürgen Geiß: Zentren der Petrarca-Rezeption in Deutschland (um 1470 – 1525). Rezeptionsgeschichtliche Studien und Katalog der lateini- schen Drucküberlieferung. Wiesbaden 2002, S. 173 (Nr. 381)).

Es bleibt unklar, wie Raffel die im Vorwort zum Register (S. 258) verspro- chenen Verweisungen von Orten auf Personen verstanden wissen wollte, denn Verweisungen dieser Art fehlen. Gleiches gilt auch für das Spezialre- gister zu den Einbänden, so daß zu vermuten ist, daß Raffel mit „Verwei- sungen“ Einreihungen unter die betreffenden Orte verstand. Das Spezialre- gister zu Druckern und Verlegern verzeichnet ungewöhnlicherweise auch die Postinkunabeln, und das, obwohl Raffel dies in der Einleitung zu diesem Register ausdrücklich ausschließt (S. 273).

Wegen der oben beschriebenen Inkonsistenzen in der Anlage des Katalogs (v.a. bei den Sammlungsverbünden) kommt den Konkordanzen in Raffels Katalog eine besondere Rolle zu. Nicht ganz klar ist jedoch, weshalb sie die Angaben zu den heutigen von den älteren Signaturen separiert hat (s.o.).

Ob man das neue und alte Verzeichnis der Einblattdrucke (VE 15 bzw.

Einbl) für eine einzige Nummer (Nr. 451) mit eigenem Konkordanzeintrag wirklich erwähnen muß, sei dahingestellt. An zwei Stellen (S. 293) sind mit

„GW 1060920“ und „GW 252910N“ zwei offensichtlich falsche Nummern angegeben.

Nicht nur datenbanktechnisch (mit der Erschließung über INKA), sondern vor allem ausstellungstechnisch – mit einer „Vernissage“ in Karlsruhe im Spätsommer 20059 und einer „Finissage“ in Weimar an dessen Ende – hat Eva Raffel neue Maßstäbe bei der Erschließung von Inkunabelbeständen gesetzt. Der anläßlich der Weimarer Ausstellung erschienene Katalog ge- stattet mit 60 Katalognummern einen sehr informativen Überblick über alle Aspekte des frühen Buchdrucks einschließlich ihrer wissenschaftlichen Er- schließungsmethoden in einem ausgesprochen ansprechenden Erschei- nungsbild (übersichtliches Layout, zahlreiche Farbabbildungen). Beschrie- ben sind nicht nur die beiden Blockbücher im Bestand (WW, Nr. 1 - 2) son- dern auch kontrastiv eine Handschrift (WW, Nr. 3), mehrfach Einbände bzw.

Einbandabreibungen von Inkunabelbänden (WW, Nr. 5, 15 - 16, 41), zwei Lesezeichen (WW, S. 51) sowie ein inkunabel-imitierendes Beispiel aus der Cranach-Presse in Weimar von 1928/29 (WW, Nr. 38). Obwohl ein Teil der bemerkenswerten Stücke bereits auch im Katalog abgebildet ist, rundet der Ausstellungskatalog mit einer Reihe zusätzlicher Abbildungen die Beschrei- bungen des wissenschaftlichen Katalogs sehr schön ab.

Angesichts der von Eva Raffel in der kurzen Laufzeit von nur drei bzw. vier Jahren zu bewältigenden Aufgaben drängt sich der Eindruck auf, daß man beim wissenschaftlichen Katalog – und damit beim Kernstück des ganzen Unternehmens – vielleicht ein wenig zu sehr auf die Segnungen datenbank- technischer Erschließung vertraut hat. Einiges, wie z.B. die Frage der Sor- tierung der Katalogisate und ihrem Zusammenspiel mit den Registern, wird man auch im Zusammenhang mit anderen INKA-Unternehmungen in Zu- kunft diskutieren müssen. Anderes – und damit sind kleinere Fehler und In- konsistenzen gemeint, die mit Sicherheit beim Auslesen aus der Datenbank und beim Umsetzen in Buchform entstanden sind – hätte leicht ausgemerzt

9 http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2005/inkunabeln.php

(7)

werden können, wenn Raffel nicht auch noch zwei Ausstellungen (samt Pu- blikationen10 im Internet und in Buchform) hätte schultern müssen. Offen- kundig ist ein erheblicher Zeitdruck für den Abschluß von Projekt, Katalogen und für die Vorbereitung der Ausstellungen durch die Wiedereröffnung der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Ende 2007 entstanden, nicht immer zum Besten der Inhalte des wissenschaftlichen Katalogs. Andererseits wiegen die Fehler und Ungenauigkeiten im Detail nicht so viel, wie in der kritischen Rückschau möglicherweise der Eindruck entstanden sein könnte. Vielmehr verdient Eva Raffel großen Respekt, im Falle der Weimarer Wiegendruck- sammlung die Vielzahl von Aufgaben, die man im Projektmanagement „Alt- bestandserschließung“ heute offensichtlich erbringen muß, zum Nutzen der wissenschaftlichen und sonstig interessierten Öffentlichkeit letztlich gemei- stert und zu einem guten Abschluß gebracht zu haben.

Jürgen Geiß QUELLE

Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft

http://ifb.bsz-bw.de/

10 Der erste fand in Karlsruhe statt: Illustre Gäste : die Weimarer Inkunabelsamm- lung in der Badischen Landesbibliothek ; Katalog zur Ausstellung vom 30. August bis 1. Oktober 2005 in der Badischen Landesbibliothek / Badische Landesbiblio- thek Karlsruhe. Eva Raffel. - Karlsruhe : Badische Landesbibliothek, 2005. - 111 S. : überw. Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-89065-055-4 Pp. : EUR 18.00.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

10.3 Ideengenetische Exempel: Anlässe für soziale Erfindungen. und die Entwicklung von

Dazu vergleicht er politikdidaktische Ansätze, Politikbegriffe sowie Politikvorstellungen von Lehrenden und Lernenden und führt in Unterrichtsmethoden, Lehr-Lern-Probleme,

Bei einem Wirtschaftswachstum zwischen sechs und sieben Prozent lässt sich in der öffentlichen Debatte jedoch nur schwer für eine andere Politik eintreten; für die

8 Staatsanwaltschaft Erfurt, Aktenzeichen 902 UJs 106458/04q, a) zum Nachteil der Stiftung Weimarer Klassik wegen Brand- stiftung, Aktenvermerk zur Auswertung der Ausdrucke

2 Des Königs Schrift De la Littérature allemande, des défauts que’on peut lui reprocher, quelles en sont les causes, et par quels moyens on peut les

Bekannte Namensträgerin: Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar..

antwortete auf unser Gesuch: «Beim zerstörerischen Brand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar wurden auch viele wertvolle und bedeutende Bücher mit Schweizer Herkunft

Präsentation von Originalen aus den Gartenbibliotheken Herzogin Anna Amalia Bibliothek | Vulpius­Galerie ››› S. Präsentation von Originalen aus den Gartenbibliotheken