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Studie in Ost- und Westdeutschland zu beruflichen Allergierisiken - SOLAR - (Abschlussbericht)

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Academic year: 2022

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(1)

AG Arbeits- und Umweltepidemiologie & Net Teaching Ziemssenstr. 1 • D-80336 München

Tel.: 089-5160-2400 • Fax: 089-5160-3957 E-Mail: Katja Radon@med.uni-muenchen.de

Studie in Ost- und Westdeutschland zu beruflichen Allergierisiken - SOLAR - (Abschlussbericht)

Vorlage KUM/OC – fe (00-03-13)

(2)

Autoren: PD Dr. Katja Radon Dr. Holger Dressel Sarah Hümmer Elena Riu

Prof. Dr. Dennis Nowak

Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin Klinikum Innenstadt der Universität München

AG Arbeits- und Umweltepidemiologie & Net Teaching Ziemssenstr. 1

80336 München Dr. Gudrun Weinmayr Jon Genuneit

Prof. Dr. Stephan Weiland Abteilung für Epidemiologie Universität Ulm

Helmholtzstr. 22 89081 Ulm

Dr. Christian Vogelberg Prof. Dr. Wolfgang Leupold

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Arbeitsbereich Bronchopneumologie / Allergologie Fetscherstr. 74

01307 Dresden Dr. Doris Windstetter PD Dr. Erika von Mutius

Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunersches Kinderspital Klinikum Innenstadt der Universität München

Lindwurmstr. 4 80337 München PD Dr. Jörg Kupfer

Abteilung Medizinische Psychologie Zentrum für Psychosomatische Medizin Justus-Liebig-Universität Giessen Friedrichstrasse 36

35392 Giessen

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Allergierisiken (SOLAR) - Kurzfassung... 1

Study on Occupational Allergy Risks (SOLAR) - Abstract ... 2

Étude sur les risques professionels d’allergie en Allemagne de l’Est et de l’Ouest (SOLAR) - Résumé... 3

1 Zusammenfassung ... 4

Summary ... 6

2 Einleitung... 8

2.1 Epidemiologie des Berufsasthma ... 8

2.2 Kohortenstudien zum Thema berufsbedingtes Asthma ... 9

2.2.1 Ergebnisse der populationsbezogenen Kohortenstudien zum Thema berufsbedingtes Asthma ... 10

2.2.2 Ergebnisse der berufsbezogenen Kohortenstudien zum Thema berufsbedingtes Asthma... 13

2.3 Primärpräventive Ansätze zur Verhinderung von Berufsasthma ... 17

2.4 Berufsbedingte Rhinitis... 18

2.5 Arbeitsplatzbezogene Verschlimmerung von vorbestehendem Asthma und sekundärpräventive Ansätze ... 18

2.6 Langzeitprognose von berufsbezogenem Asthma ... 18

2.7 Mögliche Forschungsansätze zur besseren Primär- und Sekundärprävention von Berufsasthma und -allergien ... 19

3 Zielsetzung ... 21

4 Methoden und Material... 23

4.1 Probandenauswahl... 23

4.2 Durchführung der ISAAC Studie... 24

4.2.1 ISAAC- Fragebogen ... 24

4.2.2 Pricktest... 25

4.2.3 Spezifisches IgE ... 25

4.2.4 Spirometrie und bronchiale Provokation... 25

(4)

4.3 Durchführung der SOLAR Studie ... 27

4.3.1 Pilotphase und Pretest Phasen ... 27

4.3.2 Zeitlicher Ablauf der Hauptstudie... 27

4.3.3 SOLAR- Fragebogen... 28

4.3.4 Dateneingabe ... 30

4.3.5 Berufscodierung ... 30

4.3.6 Freizeitverhalten ... 33

4.4 Statistische Auswertung ... 33

4.4.1 Deskriptive Daten ... 33

4.4.2 Einteilung der Symptomentwicklung über den Untersuchungszeitraum .. 33

4.4.3 Assoziation zwischen atopischen Erkrankungen und Berufswunsch... 35

4.4.4 Assoziation zwischen Beruf und Atemwegsbeschwerden / -erkrankungen ... 36

5 Ergebnisse ... 38

5.1 Teilnahmeraten... 38

5.1.1 Analyse einer möglichen Selektion durch Nichtteilnahme (Selektionsbias) ... 38

5.1.2 Vergleich der Teilnehmer an der telefonischen Kurzbefragung mit den Teilnehmern der Fragebogenuntersuchung ... 39

5.2 Deskriptive Daten ... 41

5.3 Entwicklung von Atemwegssymptomen seit 1995/96 ... 42

5.4 Berufswünsche ... 45

5.4.1 Vergleich zwischen Probanden mit Angabe eines Berufswunschs und Teilnehmern ohne Berufswunsch ... 45

5.4.2 Relative Häufigkeit asthmarelevanter Expositionen in den Wunschberufen ... 46

5.4.3 Assoziation zwischen Asthma und Allergien und der Wahl eines Wunschberufs mit erhöhtem Asthmarisiko ... 52

5.5 Berufliche Situation... 56

5.5.1 Charakterisierung der Berufstätigkeit ... 57

(5)

5.6.2 Geschlecht ... 62

5.6.3 Staatsangehörigkeit... 63

5.6.4 Schulbildung der Teilnehmer... 64

5.6.5 Schulbildung der Eltern ... 66

5.6.6 Atopische Erkrankungen der Eltern ... 67

5.6.7 Atopiestatus der Jugendlichen ... 68

5.6.8 BHR... 69

5.6.9 Rauchverhalten ... 70

5.6.10 Passivrauchexposition... 71

5.7 Berufliche Exposition und Atemwegssymptomen und -erkrankungen .... 73

5.7.1 Bivariate Analysen... 74

5.7.2 Multivariate Analysen unter Berücksichtigung potenzieller Confounder .. 83

5.7.3 Stratifizierte Analysen zur Abschätzung von Effektmodifikationen ... 94

5.8 Latenzzeit und wöchentliche Dauer der Exposition ... 100

5.8.1 Tätigkeiten mit bekannt hohem Asthmarisiko ... 100

5.8.2 Tätigkeiten mit Exposition gegenüber hochmolekularen Antigenen ... 101

5.8.3 Tätigkeiten mit Exposition gegenüber niedermolekularen Antigenen .... 103

5.8.4 Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Stoffen mit niedrigem Asthma auslösendem Potenzial ... 103

5.9 Populationsattributables Risiko des Berufs an der Inzidenz und Persistenz der betrachteten Symptome und Erkrankungen ... 104

5.10 Analyse eines möglichen verzerrenden Einflusses durch die Beantwortung des Fragebogens gemeinsam mit den Eltern ... 105

5.11 Ausserberufliche Risikofaktoren ... 107

5.11.1 Rauchverhalten und asthmatische Beschwerden... 107

5.11.2 Passivrauchexposition... 110

5.11.3 Freizeitverhalten ... 113

5.11.4 Weitere mögliche Einflussfaktoren auf den natürlichen Verlauf von Atemwegsbeschwerden... 114

5.11.5 Stress ... 116

(6)

6 Diskussion ... 121

6.1 Methodik... 121

6.1.1 Bevölkerungsbezogener Kohortenansatz... 121

6.1.2 Zeitpunkt der Untersuchung ... 121

6.1.3 Eigen- und Fremdanamnese ... 122

6.1.4 Fragebogeninstrument ... 122

6.1.5 Definition der Erkrankungen und –symptome... 123

6.1.6 Asthma-spezifische JEM ... 124

6.2 Ergebnisse ... 124

6.2.1 Selektionsbias ... 124

6.2.2 Entwicklung von Atemwegsbeschwerden und -erkrankungen sowie Dermatitiden über die Pubertät... 125

6.2.3 Berufswünsche ... 126

6.2.4 Berufliche Situation und Atemwegssymptome und –erkrankungen sowie atopische Dermatitiden... 127

6.2.5 Latenzzeit und wöchentliche Dauer der Exposition ... 129

6.2.6 Ausserberufliche Risikofaktoren und Verlauf asthmatischer Beschwerden... 129

6.3 Schlussfolgerung und Ausblick... 131

7 Literatur ... 132 ANHANG

(7)

Studie in Ost- und Westdeutschland zu beruflichen Allergierisiken (SOLAR)

Kurzreferat

Die vorliegende prospektive bevölkerungsbezogene Kohortenstudie in Dresden (n=1829) und München (n=2100) beschäftigt sich mit dem Verlauf von allergischen Erkrankungen und Atemwegserkrankungen während der Pubertät im Zusammen- hang mit dem Eintritt ins Berufsleben.

Einleitend werden die seit 1990 auf dem Gebiet des berufsbedingten Asthmas pub- lizierten Kohortenstudien zusammengefasst und Möglichkeiten der Prävention diskutiert.

Nach einer Beschreibung der ersten Untersuchung im Jahre 1995/96 wird die Entwicklung des Fragebogens für die zweite Untersuchung im Jahre 2002/03 und die anschließende Feldarbeit dargestellt. Es folgt die Beschreibung der Zusammen- hänge zwischen atopischen Erkrankungen und der beginnenden beruflichen Tätig- keit. Dabei zeigte sich kein Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen und der Berufswahl. Ein Viertel der Jugendlichen, die bereits einmal einer Beschäftigung nachgegangen waren, gaben Tätigkeiten mit bekannt hohem Asthmarisiko an. Für diese Probanden zeigte sich eine Assoziation mit dem Neuauftreten von Rhinitiden und der atopischen Dermatitis. Das populationsattributable Risiko des Berufs am Neuauftreten einer atopischen Dermatitis lag bei 11%. Bezogen auf die Latenzzeit bis zum Auftreten rhinitischer und dermaler Beschwerden zeigte sich, dass insbe- sondere die 9 Monate nach Tätigkeitsbeginn entscheidend sind. Asthmatische Beschwerden scheinen hingegen erst nach einer längeren Expositionsdauer aufzutreten.

Die in dieser Untersuchung gefundenen Zusammenhänge zwischen beruflicher Ex- position und dem Auftreten atopischer Erkrankungen geben Hinweise darauf, dass bereits kurze Expositionszeiten maßgeblich zum Entstehen und der Persistenz der untersuchten Erkrankungen beitragen. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass die Fallzahlen in den einzelnen Berufsgruppen noch stark limitiert waren, da zum Zeitpunkt dieser ersten Follow-up Untersuchung erst ein Drittel der Probanden beru- flich tätig war. Im geplanten nächsten Schritt steht nun eine Objektivierung der ge- fundenen Zusammenhänge mittels klinischer Untersuchungen sowie objektiver Ex- positionsabschätzungen am Arbeitsplatz an.

Schlagwörter:

Berufsasthma, Berufsallergie, Kohortenstudie, Epidemiologie, Berufswahl, Jugendliche

(8)

2

Study on Occupational Allergy Risks (SOLAR)

Abstract

SOLAR is a prospective population-based cohort study of the natural history of atopic and respiratory diseases among adolescents in Dresden (n=1829) and Munich (2100). The main focus is the association between start of working life and the course of atopic and respiratory diseases.

Cohort studies dealing with occupational asthma published after 1990 are reviewed and preventive strategies are discussed.

A summary of the first survey in 1995/96 is followed by the description of the devel- opment of the questionnaire for the second survey in 2002/03 and of the field work.

The associations between atopic diseases and preferred job choice are described.

Furthermore, the relationship between actual jobs and respiratory diseases is pre- sented. A quarter of those adolescents with an employment history reported occupa- tions with a known asthma risk. In these subjects, an association between occupa- tional exposure and incidence of rhinitis and atopic dermatitis is described. The popu- lation attributable risk of job for the incidence of atopic dermatitis was 11%. The first 9 months after the start of employment seem to be important for the development of rhinitis and atopic dermatitis, while asthma symptoms only appear to occur after a longer duration of employment.

The associations between occupational exposure and the development of atopic dis- eases indicate that even very short periods of exposure lead to an increased inci- dence and persistence of atopic symptoms and diseases. One limitation of these findings is the small number of subjects in single job categories, as only one third of the study population held a permanent job. Objective clinical measurements as well as exposure assessment in specific workplaces are needed for the next follow-up of the study.

Key words:

occupational asthma, occupational allergies, cohort-study, epidemiology, choice of occupation, adolescents

(9)

Étude sur les risques professionels d’allergie en Al- lemagne de l’Est et de l’Ouest (SOLAR)

Résumé

L’étude de cohorte présentée dans ce rapport a suivi prospectivement deux cohortes d’enfants recruté dans la population générale : une à Dresden (n=1829) et une à Munich (n=2100). Elle s’intéresse au cours temporel des maladies allergiques et res- piratoires pendant la puberté dans le contexte de l’entrée dans la vie professionnelle.

Dans la première partie, les résultats d’études de cohortes qui ont été publiés sur le sujet de l’asthme professionnel sont synthétisés et les possibilités de prévention sont discutées.

Après une description de la première enquête/investigation en 1995/96, le dévelop- pement du questionnaire pour la deuxième enquête en 2002/03 et le travail de terrain sont présentés. Ensuite, les associations entre maladies atopiques et les activités professionnelles débutantes sont décrites. Aucune association entre ces maladies et le choix de profession n’a été trouvée. Un quart des adolescents, qui avaient déjà exercé une occupation, indiquaient d’avoir suivi une activité à un haut risque d’asthme. Pour ces personnes, il y avait une association entre la profession et l’incidence des rhinites et des dermatites atopiques. Pour la dermatite atopique, la fraction attributable du risque pour la population due à la profession était de 11%.

Concernant le temps de latence jusqu’à la manifestation des symptômes de rhinite et de dermatite, les premiers 9 mois suivants le début de l’activité étaient décisifs. Les symptômes asthmatiques, par contre, semblent se manifester après une durée d’exposition plus longue, seulement.

Les associations entre exposition professionnelle et la manifestation des maladies atopiques mises en évidence dans cette enquête indiquent que déjà des temps brefs d’exposition contribuent considérablement au développement et à la persistance des maladies étudiées. Cependant il faut tenir compte du fait que les nombres de cas dans les divers groupes professionnels étaient encore fortement limités, parce que un tiers seulement des adolescents exerçait déjà une activité professionnelle au temps de cette deuxième enquête.

Le prochain pas projeté prévoit une objectivation des associations trouvées à l’aide des examens médicaux ainsi que des estimations d’exposition objectives au lieu du travail.

Mots clés:

asthme professionnel, allergie professionnelle, étude de cohorte, épidémiologie, choix de profession, adolescents

(10)

4

1 Zusammenfassung

1.1 Hintergrund

Beruflich bedingte Allergien stehen seit Jahren an der Spitze der angezeigten Be- rufskrankheiten. Aufgrund des gleichzeitig wachsenden Anteils der Atopiker in der Bevölkerung und der schlechten Prognose von Berufsasthma besteht dringender Handlungsbedarf im Bereich der Primärprävention. Voraussetzung für wirksame Prä- ventionsmaßnahmen sind jedoch fundierte Kenntnisse über individuelle und berufli- che Risikofaktoren. Ziel der durchgeführten Untersuchung war daher, in einem be- völkerungsbezogenen Ansatz Jugendliche über den Verlauf der Pubertät bis zum Eintritt ins Berufsleben zu beobachten. Hierbei sollte der Einfluss atopischer Erkran- kungen auf die Berufswahl untersucht werden. Darüber hinaus sollten erste Hinweise über den attributablen Anteil des Berufs an den Erkrankungen und die Latenzzeit bis zum Auftreten von Berufsallergien gewonnen werden.

1.2 Methodik

Hierfür wurden die Teilnehmer1 der International Study on Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC) aus München und Dresden, die 1995/96 im Alter von 9-11 Jahren erstmals mittels Fragebogen und klinischer Parameter untersucht wurden, im Alter von 16-18 Jahren erneut mittels Fragebogen kontaktiert. Schwerpunkte des Frage- bogens waren neben den atopischen Erkrankungen Berufswünsche, berufliche Tä- tigkeiten, Aktivrauchen, Passivrauchexposition, Stress sowie Umweltfaktoren. Be- rufswünsche und berufliche Tätigkeiten wurden mittels asthmaspezifischer Job Ex- posure Matrix beruflichen Expositionen zugeordnet.

1.3 Ergebnisse

1.3.1 Teilnahmerate und deskriptive Daten

Insgesamt konnten 4893 Teilnehmer der ISAAC-Studie erneut angeschrieben wer- den (88%). Von diesen nahmen 2100 Probanden aus München und 1829 Teilnehmer aus Dresden an dem Follow-up teil. Der Anteil der inzidenten Fälle giemender Atem- geräusche über den Untersuchungszeitraum lag bei 13%, 27% der Probanden be- richteten erstmals über Rhinitiden, bei 6% waren erstmals Symptome der atopischen Dermatitis aufgetreten. Die Erkrankungsraten unterschieden sich nicht zwischen München und Dresden. Für alle betrachteten Symptome und Erkrankungen lag die Neuerkrankungsrate bei Teilnehmerinnen signifikant höher als bei Teilnehmern.

1.3.2 Berufswahl

58% der Jugendlichen konnten einen konkreten Berufswunsch nennen. Atopische Erkrankungen beeinflussten die Berufswahl nicht. Es kann somit nicht von einer wirksamen Berufsberatung im Hinblick auf atopische Erkrankungen ausgegangen

1 Zugunsten einer besseren Lesbarkeit des Textes umfassen die Begriffe „Teilnehmer“ sowie

„Probanden“ jeweils männliche und weibliche Jugendliche.

(11)

werden. Eine Ursache hierfür ist vermutlich das Fehlen evidenzbasierter Empfehlun- gen für die Berufswahl atopischer Jugendlicher.

1.3.3 Berufliche Exposition

Insgesamt 59% der Teilnehmer waren bereits einer beruflichen Tätigkeit nachgegan- gen. Ein Viertel dieser Jugendlichen war dabei in Tätigkeiten mit bekannt hohem Asthmarisiko beschäftigt. Im multiplen logistischen Regressionsmodell zeigte sich für diese Probanden eine statistisch signifikante Assoziation zwischen Tätigkeiten mit hohem Asthmarisiko und der Inzidenz von Rhinitiden (Odds Ratio 1,5; 95% CI 1,0- 2,1). Dieser Zusammenhang war primär auf Expositionen gegenüber niedermoleku- laren Antigenen zurückzuführen. Enger war die Assoziation für Symptome der atopi- schen Dermatitis (1,9; 1,2-3,0) sowie ärztlich diagnostizierter atopischer Dermatitis (2,7; 1,1-7,0). Hierbei spielten hochmolekulare Antigene, insbesondere tierische Al- lergene und Latex, die größte Rolle, aber auch irritative Stoffe waren mit atopischer Dermatitis assoziiert. Das populationsattributable Risiko des Berufs am Neuauftreten einer atopischen Dermatitis lag bei 11%. Dieser Befund bedarf einer Bestätigung mit- tels klinischer Untersuchungen, da eine Fehlklassifikation einer Kontaktdermatitis als atopische Dermatitis nicht auszuschließen ist.

1.3.4 Latenzzeit

Bezogen auf die Latenzzeit bis zum Auftreten rhinitischer und dermaler Beschwerden zeigte sich, dass insbesondere die 9 Monate nach Tätigkeitsbeginn entscheidend sind. Asthmatische Beschwerden scheinen hingegen erst nach einer längeren Expo- sitionsdauer aufzutreten. Dieser Befund gibt Hinweise darauf, dass eine Nachunter- suchung von Berufsanfängern möglicherweise erstmals bereits nach 6 Monaten er- folgen sollte, um frühe Anzeichen berufsbezogener atopischer Erkrankungen (Rhini- tis, Dermatitis) rechtzeitig zu erkennen.

1.3.5 Ausserberufliche Faktoren

An außerberuflichen Risikofaktoren zeigte sich Aktivrauchen als stark prädiktiver Faktor für das Neuauftreten asthmatischer Beschwerden. Passivrauchexposition war eng mit der Persistenz und Inzidenz von Asthmasymptomen assoziiert. Bezogen auf die Inzidenz spielte insbesondere die Passivrauchexposition am Arbeitsplatz eine signifikante, dosisabhängige Rolle.

1.4 Schlussbemerkungen und Ausblick

Die in diesem Teil der Untersuchung gefundenen Zusammenhänge zwischen berufli- cher Exposition und dem Auftreten atopischer Erkrankungen geben Hinweise darauf, dass bereits kurze Expositionszeiten maßgeblich zum Entstehen und zur Persistenz der untersuchten Erkrankungen beitragen. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass die Fallzahlen in den einzelnen Berufsgruppen noch stark limitiert waren, da zum Zeitpunkt dieser ersten Follow-up Untersuchung erst ein Drittel der Probanden beruflich tätig war. Im nächsten Schritt steht nun eine Objektivierung der gefundenen Zusammenhänge mittels klinischer Untersuchungen sowie objektiver Expositionsab- schätzungen am Arbeitsplatz an.

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6

Summary

Background

Airway diseases and allergies are frequently caused by occupational exposures. In addition, the prevalence of atopy in the general population is increasing, and the prognosis of occupational asthma is poor. Therefore, primary prevention of respira- tory diseases is exceedingly important. To prevent occupational asthma, individual and occupational risk factors need to be known. The aim of our study was to pro- spectively study occupational asthma and allergies from early childhood throughout working life. In addition, the population attributable risk of workplace exposures in the development of asthma and allergies and the latency period until onset of the dis- ease should be determined.

Methods

The study population consisted of the participants of Phase II of the International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC II) in Munich and Dresden en- rolled in 1995 and 1996. In short, parents of 3354 children aged 9 to 11 years in Mu- nich (response rate 87.5%) and 3045 children in Dresden (response rate 83.0%) re- sponded to the questionnaire providing detailed information on respiratory health, socio-economic factors, and potentially harmful environmental exposures. Clinical measurements (skin prick test, specific and total IgE, skin examination, lung function, bronchial hyperresponsiveness) were done in part of the population.

For the follow-up, all subjects were traced using population registries in each com- munity. In 2002, a questionnaire with an informed consent form and up to two re- minders were mailed to these participants (aged 16 to 18 years). The questionnaire included items on atopic diseases, preferred job choices, smoking, environmental tobacco smoke exposure, jobs including holiday jobs and vocational training, envi- ronmental factors and chronic stress. Each of the preferred job choice and of the ac- tual jobs was coded independently by two trained coders according to the ISCO-88 system. Potential exposure to specific airborne pollutants was assessed by use of an asthma-specific job-exposure matrix (JEM).

Results

Response rate and descriptive data

Overall, 4,893 respondents (88%) could be located. Of these, 2100 adolescents from Munich and 1829 adolescents from Dresden took part in the follow-up study. The in- cidence of wheezing was 13% over the study period. 27% reported new onset rhini- tis, the incidence of symptoms of atopic dermatitis was 6%. These distributions did not differ between Munich and Dresden. Young women were significantly more likely to develop symptoms than young men.

Preferred job choice

Fifty-eight percent of the 3,782 adolescents specified a preferred job choice. Of these, 28% of these subjects chose jobs with high asthma risk, 16% chose low asthma risk jobs, and the remaining adolescents indicated jobs without known

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asthma risk (reference). There was no association between current asthma, allergic rhinitis or atopic dermatitis and selecting jobs with asthma risk. Participants with cur- rent atopic dermatitis were more likely to have selected jobs with latex exposure (Odds Ratio 2.0; 95% Confidence Interval: 1.2; 3.2).

Occupational exposures

Overall, 59% of the participants reported an employment history of whom one quarter had been working in jobs with high asthma risk. In the multiple logistic regression model these jobs were associated with the incidence of rhinitis (Odds Ratio 1,5; 95%

CI 1.0-2.1). This association was primarily due to exposure to low molecular weight antigens. The association between job and symptoms of atopic dermatitis was stronger (1.9; 1.2-3.0), and the result was confirmed for doctors’ diagnosed atopic dermatitis (2.7; 1.1-7.0). The main occupational exposures associated with atopic dermatitis were high molecular weight antigens (animal dervied allergens, latex), but irritative exposures were also associated with dermal symptoms. The population at- tributable risk of the job in the development of new onset dermatitis was 11%. This result needs to be confirmed by clinical measurements to prevent misclassification of contact dermatitis as atopic dermatitis.

Latency period

In our study, the first 9 months of exposure in high risk jobs were particularly relevant for the development of rhinitis and atopic dermatitis. Asthmatic symptoms, however, mainly occured after at least 16 months of exposure. This result might indicate that regular physical examinations of newly employed workers should be done 6 months after beginning of exposure in order to detect early signs of atopic disease.

Non-occupational risk factors

Compared to other environmental exposures, active smoking was the major predictor of incident wheezing. Environmental tobacco smoke (ETS) was strongly associated with incidence and persistence of asthmatic symptoms. Workplace exposure to ETS was associated with incident wheezing in a dose-dependent manner.

Conclusion

This study suggests that early occupational exposure is associated with an increased risk of new onset and persistence of atopic diseases even after short exposure peri- ods. However, due to the fact that only a limited number of subjects were already working at the time of the follow-up survey the number of subjects in each occupa- tional category was small. Therefore, another follow-up is currently planned. This will include clinical measurements and exposure assessment at specific high risk work- places.

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8

2 Einleitung

Berufsasthma wird definiert als Asthma verursacht durch Ursachen und Konditionen am Arbeitsplatz (MALO et al., 2004). Berufsasthma ist die häufigste berufsbedingte Atemwegserkrankung in Industrieländern (CURRAN et al., 2003). Es handelt sich um eine chronische Krankheit, von der junge erwerbstätige Personen betroffen sind und die großen sozioökonomischen Einfluss hat. Definitionsgemäß handelt es sich um eine Krankheit, die verhindert werden kann, indem in Beziehung stehende Expositio- nen und Tätigkeiten identifiziert werden und entsprechende Präventivmaßnahmen ergriffen werden.

2.1 Epidemiologie des Berufsasthma

5 bis 10% der Allgemeinbevölkerung sind von Asthma betroffen. Der Anteil der Asth- mafälle, die beruflicher Exposition zuzuschreiben sind, ist unbekannt, er variiert je nach Angabe von 2 bis 37% (ARIF et al., 2002; BLANC, 1987; FRIEDMAN-JIMENEZ et al., 2000; JOHNSON et al., 2000; KARJALAINEN et al., 2001; KOGEVINAS et al., 1999; MILTON et al., 1998; NORDMAN, 1994; REIJULA et al., 1996; ROSS et al., 1997; VENABLES et al., 1997). In den letzten Jahren konnte ein Anstieg von Präva- lenz und Inzidenz des Berufsasthmas beobachtet werden (GAUTRIN et al., 2003;

REIJULA, 1996). Die Entstehung von Berufsasthma in einer Bevölkerung wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, u. a. durch Arbeitsbedingungen, Umweltbe- dingungen, gesellschaftliche Faktoren (einschließlich Tabakkonsum), genetische und andere medizinische Faktoren (virale Infektionen, bronchiale Hyperreaktivität und Medikamente wie Betablocker...).

Die meisten epidemiologischen Studien, die sich bislang mit dem Thema Berufs- asthma beschäftigten, sind Querschnittsstudien (GAUTRIN, 2003). Bevölkerungsbe- zogene Studien (ARIF, 2002; FISHWICK et al., 1997; JOHNSON, 2000;

KOGEVINAS, 1999) schätzen die Prävalenz dieser Krankheit in verschiedenen Län- dern ein. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Querschnittsstudien, die in be- stimmten Berufsgruppen mit hohem Asthmarisiko durchgeführt wurden(CULLINAN et al., 1994; LISS et al., 2003; NG et al., 1995; SMEDLEY et al., 1996). Mit Hilfe dieser Studien wurde gezeigt, welche Tätigkeiten und Expositionen mit einem erhöhten Ri- siko für Asthma einhergehen. Sie lieferten zudem erste Hinweise zu möglichen prä- ventiven Ansätzen. Die Gefahr der Exposition wurde jedoch in der Regel unter- schätzt, da von einem Selektionsbias im Sinne des Healthy Worker Effektes auszu- gehen ist. Wie groß dieser in Bezug auf einen Healthy Hire Effekt und den Healthy Worker Survivor Effekt ist, läßt sich aus diesen Studien nicht abschätzen, da Be- schäftigte, die durch ihre Arbeit gesundheitlich beeinträchtigt werden mit hoher Wahrscheinlichkeit schon vor Durchführung dieser Studien ihren Arbeitsplatz wech- selten bzw. eine solche Tätigkeit erst gar nicht aufnahmen(ARNAIZ et al., 2002).

(15)

2.2 Kohortenstudien zum Thema berufsbedingtes Asthma

Insbesondere bevölkerungsbezogene Kohortenstudien liefern einen besseren Auf- schluss über die Häufigkeit von Berufsasthma, da die Verzerrung durch Selektion aus dem Beruf auf ein Minimum reduziert wird, außerdem ermöglichen sie ein besse- res und genaueres Verständnis der Krankheit und ihrer Diagnostik, wobei diese Stu- dien wesentlich teurer und zeitaufwändiger sind.

In der Literatur findet man seit einigen Jahren Ergebnisse aus Melderegistern für be- rufsbedingte Atemwegserkrankungen für einzelne Länder(AMEILLE et al., 2003;

MCDONALD et al., 2000) sowie aus nationalen Krankheitsregister(KARJALAINEN et al., 2000; TOREN, 1996) für Berufsasthma. Der eigentliche Zweck der erst genann- ten ist versicherungsmedizinischer Natur. Sie dienen dazu, risikoreiche Tätigkeiten zu identifizieren, um ein Präventions- und Kompensationssystem zu etablieren. Dar- über hinaus liefern sie gute Datensätze für Forschungszwecke und geben Hinweise auf die Inzidenz einer Krankheit.

Neben diesen populationsbezogenen Kohortenstudien wurden auch Längsschnitt- studien an Personen in Berufen mit bekannt erhöhtem Asthmarisiko durchgeführt. In jüngerer Zeit gab es einige Veröffentlichungen zu Studien bei Auszubildenden mit dem Vorteil, dass sie bessere Abschätzungen der Inzidenz und des natürlichen Ver- laufs von Berufsasthma erlaubten (ARCHAMBAULT et al., 2001; EAGAN et al., 2002; EL-ZEIN et al., 2003; GAUTRIN et al., 2001).

Im nachfolgenden werden die seit 1990 auf dem Gebiet des berufsbedingten Asth- mas publizierten Kohortenstudien systematisch zusammengefasst. Für diesen sys- tematischen Review wurden insgesamt 352 Zeitschriftenartikel gesichtet (Tab. 2-1).

Hierbei wurden folgende Selektionskriterien zu Grunde gelegt:

Kohortenstudien (prospektiv oder retrospektiv) Publikationsdatum ab 1990

Erschienen in deutscher, englischer oder spanischer Sprache

Angabe von Inzidenzen oder Inzidenzratenverhältnissen (IRR) für Berufsdaten bzw. die Rohdaten, um diese zu berechnen

Angabe einer klaren und vergleichbaren Definition von Berufsasthma Mindestens 50 Teilnehmer

Für mehrfache Publikationen aus einer Kohorte wurde jeweils die aktuellste Ver- öffentlichung gewählt.

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10 Tab. 2-1 Ausgewählte Publikationen

Ausgeschlossene Publikationen 324

Übersichtsartikel 51 Querschnittsstudien 59

Kasuistiken 1 Interventionsstudien 9

Mortalitätsstudien 10 Publiziert in anderer Sprache 7

Andere Erkrankungen 110

Umweltexposition 9

Methodik 49 Population mehrfach publiziert 19

Eingeschlossene Publikationen 28

GESAMT 352

Insgesamt erfüllten 28 Artikel die vorab festgelegten Kriterien. Diese Studien unter- gliederten sich in drei Hauptgruppen:

1. Kohortenstudien in der Allgemeinbevölkerung, die sich auf Melderegister für berufsbedingtes Asthma verschiedener Länder stützen. Aus diesen wurde die Inzidenz von Berufsasthma in der Allgemeinbevölkerung abgeschätzt und ver- sucht, Risikogruppen sowie alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede abzugrenzen (n=8 Studien).

2. Prospektive oder retrospektive Kohortenstudien, die in Risikoberufen durchge- führt wurden. Diese lieferten Aufschluss über

• die Inzidenz von Berufsasthma in verschiedenen Berufsgruppen (n=12).

• das Verhältnis der Inzidenzraten (Incidence Rate Ratio = IRR) in risiko- reichen Tätigkeiten verglichen mit Referenzpopulationen ohne berufli- che Exposition mit erhöhtem Asthmarisiko (n=8)

Zunächst war geplant, die Risikoabschätzungen der ausgewählten Artikel in einer Meta-Analyse zu kombinieren. Diese Vorgehensweise war jedoch aufgrund der gro- ßen Heterogenität der Artikel nicht möglich.

2.2.1 Ergebnisse der populationsbezogenen Kohortenstudien zum Thema berufsbedingtes Asthma

Die 8 ausgewählten Artikel sind in Tab. 2-2 zusammengefasst. Vier Artikel berichte- ten, dass die Daten mit Hilfe eines nationalen Krankheitsregisters gesammelt wur- den, die anderen vier beziehen sich auf Melderegister aus Regionen eines Landes.

Größtenteils basierte die Definition von Asthma, und ob es sich dabei nach jeweiliger nationalen Auffassung um eine Berufskrankheit handelt, auf der Diagnose eines Arz- tes, der den Fall meldete. In den meisten der Länder ist der Arzt jedoch nicht zur Meldung einer Berufskrankheit verpflichtet. Nur in Finnland erfordert die Diagnose von Berufsasthma eine objektive Bestätigung. Im Gegensatz dazu ist in Schweden die Selbstmeldung des Patienten ausreichend. Diese muss jedoch vom Arbeitgeber bestätigt werden, um in das nationale Register einzugehen. Berufskrankheitenfälle aus Deutschland konnten nicht mit eingeschlossen werden, da hier Rhinitis und Be-

(17)

rufsasthma gemeinsam über die Berufskrankheitennummer 4301 entschädigt werden und die Berufskankheitennummer 4302 ihrerseits nur einen Teil des Asthmagesche- hens abbildet, zudem auch berufsbedingte COPD-Erkrankungen beinhaltet.

Tab. 2-2 Populationsbezogene Studien

*jährliche Rate pro 1 Millionen Beschäftigter

Das Programm aus Finnland fand die höchste jährliche Inzidenz von Berufsasthma mit 174 Fällen/ 1 Millionen Berufstätiger, Südafrika dagegen berichtete die niedrigste Inzidenz mit 17,5 Fällen/ 1 Millionen. Die übrigen Studien fanden Inzidenzen zwi- schen 20 und 80 Fällen pro 1 Millionen Beschäftigter.

Bei geschlechtsstratifzierter Auswertung, zeigte sich im Allgemeinen eine leicht hö- here Inzidenz für Männer (Abb. 2-1).

Quelle Land Zeit- raum

Meldeprinzip n Fälle IR* 95%CI (KARJALAINEN,

2000) Finnland 1989-95 Meldepflicht 2602 174 168-182 (TOREN, 1996) Schweden 1990-92 Selbstmeldung 1010 80 70-90

(AMEILLE, 2003) Frankreich 1996-99 Freiwillig 2178 24 22-25 (MCDONALD,

2000) UK 1986-91 Freiwillig 1528 19 18-20 (MCDONALD,

2000) UK 1992-97 Freiwillig 5859 38 34-41 (PROVENCHER

et al., 1997)

Kanada:

Quebec 1992-93 Freiwillig 287 68 58-75 (CONTRERAS et

al., 1994)

Kanada:

British Co-

lumbia 1991 Freiwillig 124 92 76-108 (ROSENMAN et

al., 1997)

USA:

Michigan 1988-94 Meldepflicht 672 29 27-32 (ESTERHUIZEN

et al., 2001) Südafrika 1997-99 Freiwillig 324 17,5 16-19

(18)

12

10 100 1000

Karjalainen,men Karjalainen, wo

men

Toren,men Toren, wome

n

Ameille,m en

Ameille , wome

n

McDo

nald '91,men McDo

nald '91, women

McDonald '97,men McDo

nald '97, women Provencher

,men

Provencher, wo men

Abb. 2-1 Geschlechtsstratifizierte jährliche Inzidenz von Berufsasthma pro 1 Millionen Beschäftigter. Logarithmische Darstellung.

Bei der Stratifizierung nach Alter ergaben sich konstant höhere Inzidenzen für neu- diagnostiziertes Berufsasthma in den höheren Altersgruppen (Tab. 2-3).

Tab. 2-3 Inzidenz des Berufsasthma stratifiziert nach Altersgruppen /1 Mill. x Jahr <44 J. >44 J (KARJALAINEN, 2000), m 147 217 (KARJALAINEN, 2000), w 142 249 (TOREN, 1996), m 75 117 (TOREN, 1996), w 56 93

<30 J 30-44 J. >44 J.

(AMEILLE, 2003) 30 20 25 (MCDONALD, 2000), m 15 23 29 (MCDONALD, 2000), w 11 11 14 (MCDONALD, 2000), m 30 43 53 (MCDONALD, 2000), w 23 25 23 (PROVENCHER, 1997) 55* 57 62

*<24, J=Jahres, m=männlich, w=weiblich

In drei der populationsbezogenen Studien zeigte sich für Bäcker die höchste Beruf- sasthmainzidenz. Die jährlichen Raten schwankten für sie zwischen 683 und 4.400 Fällen pro Million (Tab. 2-4). Mechaniker, industrielle Arbeiter, Spritzlackierer und Beschäftigte in der Holzindustrie waren weitere Berufsgruppen mit erhöhten Inziden- zen. Bezogen auf die berufliche Exposition waren Isozyanate durchgehend am häu- figsten mit Berufsasthma assoziiert, sie standen bei fast 20% der Berufsasthmafälle in 6 verschiedenen Studien in Verdacht, die Ursache der Erkrankung zu sein. Andere Substanzen, die häufig mit Berufsasthma in Verbindung gebracht wurden, waren Mehl, Tierproteine, Latex, Platin, Salze und Holzstäube.

(19)

Tab. 2-4 Am häufigsten von Berufsasthma betroffene Berufsgruppen und am häufigsten mit Berufsasthma in Verbindung gebrachte Substanzen in den einzelnen Studien

Land Berufe Inzidenz Substanzen

Finnland Bäcker 4400

Tierische Proteine (38%), Mehl, Ge- treide

Schweden Bäcker 774 -

Frankreich Bäcker 683 Mehl (20%), Isozyanate (14%) UK Spritzlackierer 729 Isozyanate (22%) UK Spritzlackierer 1474 Isozyanate (15%) Kanada

(Quebec) Holzindustrie 691

Isozyanate (17%), Mehl (11.5%), Holz

Kanada

(British C.) -

Rotzedern (42%),Chemikalien, Iso- zyanate

USA(Michigan) Prod. Gewerbe 167 Isozyanate (20%), Kühlmittel Südafrika Mechaniker 69

Isozyanate (17%), Latex, Mehl, Ge- treide

Jährliche Inzidenz pro 1 Millionen Beschäftigter, Prod. Gewerbe: produzierendes Gewerbe

2.2.2 Ergebnisse der berufsbezogenen Kohortenstudien zum Thema be- rufsbedingtes Asthma

Insgesamt wurden zwanzig verschiedene Kohorten, die elf Berufsgruppen umfass- ten, in die Analyse eingeschlossen. Diese wurden wie oben dargestellt in Studien, die die Inzidenz in den Berufen ohne nichtexponierte Vergleichspopulation darstellten (Tab. 2-5) und Untersuchungen, die das relative Risiko mit Hilfe eines Vergleichskol- lektivs abschätzten, unterteilt (Tab. 2-6).

Bei den erst genannten Studien handelte es sich primär um Studien bei Berufsan- fängern bestimmter Beschäftigungszweige. Die höchste jährliche Inzidenz mit 41.000 Fällen pro 1 Millionen Beschäftigter fand sich dabei an neuangestellten Bäckern aus Großbritannien. Finnisches zahnärztliches Personal, das gegenüber Latex, Methylac- rylaten und Chloraminen exponiert war, zeigte die niedrigste jährliche Inzidenz mit 230 Neuerkrankungen pro 1 Millionen Beschäftigter.

(20)

14

Tab. 2-5 Beschreibung der Hochrisikohorten, die Inzidenzen in einzelnen Berufsgruppen untersuchten

Referenz Arbeit / Exposition

P/R Meldeprinzip BA-

Definition

IR BA* 95%CI (DRAPER et

al., 2003)

Labor,

tierische Prot. R

Nationale Reg-

ister Arzturteil 1560 1000-2300 (KRUIZE et

al., 1997) Labor,

tierische Prot. R

Einstellungs- untersuchun-

gen F. 8300 2500-14000 (GAUTRIN,

2001)

Labor,

tierische Prot. P Lehrlinge F +M+PT 27000 17000-37000 (CULLINAN

et al., 2001) Bäcker P Berufsanfänger F. 41000 27600-54400 (SMITH et al.,

1999) Bäcker R

Nationales Register

Arzturteil

+PF+PT 500 100-900 (OTT et al.,

2000)

Isozyanate

(TDI) R Mitarbeiter-

befragungen Arzturteil 1100 600-1600 (KENNEDY et

al., 1999)

Kühlschmier-

stoffe P Lehrlinge F 36000 7000-65000 (WANG et al.,

1994) Schweißer R Mitarbeiter-

befragungen F+ M. 8300 1000-15600 (EL-ZEIN,

2003) Schweißer P Neue Lehrlinge F +M 24700 5000-44000 (NIEZBORAL

A et al., 1996) Platin-

Raffinerie P

Neue Ange-

stellte Arzturteil 38320 15000-62000 (ARCHAMBA

ULT, 2001) Latex P Neue Lehrlinge F + M+PT 18000 2200-34000 (PIIRILA et

al., 2002)

Latex, Acry-

late R Nationale Re- gister

Arzturteil +

PT+ SIT 230 150-215

P/R= Prospektiv / Retrospektiv, BA=Berufsasthma, F=Fragebogen, PT=Prick Test, PF=Peak flow, M=Methacholintest, SIT=Spezifischer Inhalationstest, *IR = jährliche Inzidenzrate pro 1 Millionen Beschäftigter

(21)

Tab. 2-6 Beschreibung der Hochrisikokohorten mit nichtexponiertem Referenzkollektiv

Referenz Arbeit / Exposition P/

R

Meldeprinzip Asthmadefinition (KARJALAINE

N et al., 2002a)

Reinigungspersonal R Meldepflicht durch Arzt Arztdiagnose + S

(BRISMAN et al., 1995)

Bäckers R Aufzeichnungen Be- triebsarzt

Arztdiagnose (ALBIN et al.,

2002)

Friseure R Aufzeichnungen Be- triebsarzt

Arztdiagnose (LEINO et al.,

1997)

Friseure R Statistiken Arztdiagnose (KATZ et al.,

1999)

Soldaten P Einstellungs- untersuchung

Arztdiagnose + S (TOREN et

al., 1994)

Papierproduktion R Exponierte Arbeiter Fragebogen (ANDERSSO

N et al., 2003)

Papierproduktion R Exponierte Arbeiter Fragebogen (GLINDMEYE

R et al., 2003)

Papierproduktion R Exponierte Arbeiter Fragebogen

P/R= Prospektiv / Retrospektiv, S=Spirometrie

Studien, die relative Risiken für Berufsasthma berechneten, waren meist retrospektiv und stützten sich auf Aufzeichnungen von Lehrlingen in Berufsschulen, Mitarbeiter- befragungen in der Industrie oder nationalen Registern. Die Erfassung der Asthma- fälle erfolgte in erster Linie per Fragebogen. Als nicht-exponierte Referenzgruppen diente primär Büropersonal. Es konnten drei Studien in die Analyse eingeschlossen werden, die Inzidenzen bei Arbeitern in der Papier- und Faserstoffindustrie unter- suchten. Hierbei ergab sich ein erhöhtes Asthmarisiko für Arbeiter, die häufiger ge- genüber kurzzeitigen Spitzenexpositionen an Chlorgas und Schwefeldioxid exponiert waren, bei geringen Fallzahlen. Für männliche Bäcker ergab sich in einer retrospek- tiven Studie von Brisman ein zweifach erhöhtes Asthmarisiko, dieser Zusammen- hang galt nicht für weibliche Bäcker. Insgesamt ergab sich in allen Studien eine er- höhte IRR (Abb. 2-2).

(22)

16

0 12 3 45 6 78 109

Karjalainen, Cleaners,F Brisman, Bakers, M

Brisman, Bakers, F Albin, Hairdressers,F

Leino, Hairdressers,F Katz, Soldiers,M

Toren, paper mi ll

Andersson,paper (N G)

Andersson,paper (G )

Glindm eyer,paper (N

G)

Glindm eyer,paper (G

)

Abb. 2-2 IRR für Hochrisikoberufe

M/F=Männlich / Weiblich, G/NG=mit / ohne kurzzeitige Gasexposition

Übersichtsarbeiten anderer Autoren schätzten das mediane bevölkerungsbezogene attributable Risiko für Berufsasthma auf 9% (BLANC et al., 1999). Allerdings wurden in diese Übersichtsarbeit Artikel mit stark abweichendem Design und unterschiedli- chen Berufsasthmadefinitionen eingeschlossen. Meredith und Nordman (MEREDITH et al., 1996) verglichen die Häufigkeit von Berufsasthma in 4 Ländern (Finnland, UK, Kanada und USA). Hierbei ergaben sich starke Abweichungen hinsichtlich der Ursa- chen und der Häufigkeit von Berufsasthma. Diese können teilweise auf die wirt- schaftlichen und rechtlichen Unterschiede in diesen Ländern zurückgeführt werden.

In der hier dargestellten Übersicht ergab sich ebenfalls eine weite Spannbreite der Inzidenz von Berufsasthma in den einzelnen Ländern. Dieser Unterschied mag teil- weise auf wirkliche Unterschiede in der Inzidenz in diesen Ländern aufgrund unter- schiedlicher Arbeitspraktiken und -bedingungen zurückzuführen sein. Der größte Un- terschied liegt allerdings vermutlich in der Verschiedenheit der Berufskrankheitenre- gister. Ein großer Nachteil dieser Surveillance- und Entschädigungssysteme ist die Gefahr der Unterschätzung der tatsächlichen Berufsasthmainzidenz, da sie nicht alle Fälle enthalten können (KARJALAINEN et al., 2002b).

Insgesamt zeigen diese Studien aber eine hohe Inzidenz des Berufsasthma in allen Ländern und obwohl ihre Vergleichbarkeit limitiert ist, zeigen sie das hohe Risiko be- stimmter Berufsgruppen auf. Sowohl die bevölkerungsbezogenen Studien mit Hilfe von Surveillance Daten als auch die Studien in Hochrisikoberufen zeigen die Not- wendigkeit eines besseren Verständnis der Inzidenz, Ätiologie und des natürlichen Verlaufs von Berufsasthma. Keine der Studien beinhaltet Daten aus der Kindheit der Probanden, so dass die Unterscheidung zwischen neu entstandenem und durch den Beruf verschlimmertem Asthma in ihnen kaum gemacht werden kann.

(23)

2.3 Primärpräventive Ansätze zur Verhinderung von Beruf- sasthma

Im Rahmen des europäischen Workshops “The high prevalence of airway allergy:

implications for working life” zur Vorbereitung der schwedischen Präsidentschaft in der EU im Jahr 2001 wurden von 13 europäischen Experten2 aus dem Bereich der pneumologisch-allergologischen Arbeitsmedizin Ziele für die zukünftige Erforschung der Prävention von Berufsallergien formuliert. Als notwendiger Schwerpunkt der zu- künftigen Forschungsaktivität wurde dabei die Ermittlung von individuellen Risikofak- toren genannt. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, dass beim Bekanntsein von relevanten individuellen Risikofaktoren die standardisierte Untersuchung aller Perso- nen vor Beginn einer Ausbildung auf derartige Risikofaktoren eingeführt werden soll- te. Dies steht bisher im Gegensatz zur derzeit in Deutschland durchgeführten Unter- suchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, die nur Jugendliche unter 18 Jahren betrifft, und der Untersuchung nach G23 zur Vermeidung obstruktiver Atemwegser- krankungen, welche nicht rechtsverbindlich vorgeschrieben ist. Weiterhin sollte nach Ansicht dieser Expertengruppe die Ermittlung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen für sensibilisierende Arbeitsstoffe weiterverfolgt werden.

Aufgrund der hohen Zahl allergischer Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung und der hohen Zahl von Berufen mit Sensibilisierungspotential gegenüber beruflichen Allergenen ist es ein wichtiges Gebiet der präventiven Arbeitsmedizin, die Zahl der Neuerkrankungen an berufsbedingten Allergien und Asthma zu senken. Während für Asthma durch Isozyanate, Rotzeder, Enzyme und einige andere Stoffe gezeigt wer- den konnte, dass Expositionsminderung zu einer Verringerung der Asthmainzidenz geführt hat (BAUR et al., 1998b; HEEDERIK et al., 2001), fehlen solche Daten noch für die meisten anderen Arbeitsstoffe mit Sensibilisierungs- oder chemisch-irritativem Potential.

Im Allgemeinen wird empfohlen, dass Beschäftigte mit einer Berufsasthmadiagnose den Arbeitsplatz wechseln sollten, um eine langfristige Verschlechterung der Lungen- funktionsparameter zu verhindern(MALO, 2004). Eine Selektion der Beschäftigten (preemployment screening) kann – allerdings nur im Einzelfall, wenn eine weitere Minderung der Exposition nicht möglich ist oder keine wissenschaftlich fundierten Grenzwerte gefunden werden können – ebenfalls eine primärpräventive Maßnahme darstellen. Hierbei gilt es, Personengruppen mit besonders hohem Risiko für die Entwicklung eines Berufsasthma zu erkennen. Dies ist bislang nur in unzureichen- dem Maße möglich. Es ist nach wie vor fraglich, ob Atopie einen guter Marker für die Selektion von ansonsten asymptomatischen Personen im Rahmen von Einstellungs- untersuchungen zur Prävention von Berufsasthma darstellt (CULLINAN et al., 2003;

HENDRICK, 1994). Neben den ethischen Implikationen wurde gezeigt, dass dieser Ansatz sehr ineffzient ist (CHAN-YEUNG, 1995; CULLINAN, 2003; DE ZOTTI et al., 1995; GAUTRIN et al., 2000; HENDRICK, 1994).

Infolge der hohen Prävalenz von Atopien in der Allgemeinbevölkerung könnte es zu- dem schwierig werden, eine ausreichende Anzahl von Personen für bestimmte Beru-

2 Teilnehmer: Josep Anto, Sherwood Burge, Paul Cullinan, Frederic de Blay, Cinzia Di Pede, Dick Heederik, Antti Karjalainen, Francine Kauffmann, Per Malmberg, Christina Mapp, Ben Nemery, Henrik Nordman, Katja Radon, Giovanni Viegi

(24)

18

fe zu finden, wenn Atopiker von Tätigkeiten mit erhöhtem berufsbedingtem Sensibili- sierungspotential generell ausgeschlossen würden.

2.4 Berufsbedingte Rhinitis

Während Personen, deren Asthma nicht im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsplatz steht, zu 74% auch Symptome einer Rhinitis aufweisen, sind es Literaturangaben zufolge bei Personen mit berufsbedingtem Asthma bis zu 92%(MALO et al., 1997).

Besonders bei beruflichen Expositionen gegenüber hochmolekularen Antigenen ist Rhinitis meist ein Vorbote des Asthmas(HELLGREN et al., 2003; KANERVA et al., 1993; MALO, 1997). Bislang gibt es keine Untersuchungen zu der Fragestellung, ob Selektion von Berufsbewerbern basierend auf verschiedenen Kriterien effizient ist, um berufsbedingte Rhinitiden zu vermeiden (GILMORE et al., 1996; HELLGREN, 2003).

2.5 Arbeitsplatzbezogene Verschlimmerung von vorbestehen- dem Asthma und sekundärpräventive Ansätze

Noch stärker limitiert ist unser Wissen zur Primärprävention von beruflicher Aggrava- tion von vorbestehendem Asthma. Die American Thoracic Society hat hierzu kürzlich empfohlen, dass von einer Einstellung von Asthmatikern in bestimmten Berufen ab- geraten werden sollte, wenn der Bewerber gegenüber bestimmten Allergenen am Arbeitsplatz bereits sensiblisiert ist (American Thoracic Society, 2004). Adverse Fak- toren im Beruf für die Prognose des vorbestehenden Asthmas können in diesem Kontext berufliche Expositionen gegenüber spezifischen Antigenen aber auch ge- genüber unspezifischen Irritantien sein. Darüber hinaus sollten auch extreme klimati- sche Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit), Arbeit in extremen Höhen oder unter extremen atmosphärischem Druck, hohe körperliche Belastung und hohe venti- latorische Anforderungen sowie die mögliche Unerreichbarkeit von geeigneten Medi- kamenten (z.B. beim Tauchen) in der Berufsberatung für Asthmatiker berücksichtigt werden (American Thoracic Society, 2004). Ähnlich hat auch das britische Health and Safety Executive darauf hingewiesen, dass berufliche Expositionen das Auftre- ten von Asthmasymptomen in ähnlicher Weise beeinträchtigen können wie Kälte, körperliche Belastung und Luftverschmutzung (CURRAN, 2003). In einer aktuellen Übersicht kommen Cullinan et al. (CULLINAN, 2003) zu dem Schluss, dass es unter ethischen Aspekten vertretbar sein kann, Patienten mit mittelgradigem bis schwerem Asthma im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen von Berufen mit hohem Risiko für eine Exposition gegenüber Asthma-Auslösern abzuraten, während dieses Vorgehen auf Basis der bislang verfügbaren Literatur für Patienten mit einer Asthmaanamnese oder milden Asthmasymptomen nicht gerechtfertigt sein könnte.

2.6 Langzeitprognose von berufsbezogenem Asthma

Im Fall der Entwicklung eines berufsbezogenen Asthmas ist die Prognose häufig schlecht. Bei der Mehrzahl der Personen mit Berufsasthma persistierten in verschie- denen Studien die Symptome 6 Monate bis 11 Jahre nach Beginn der Expositionska- renz(BAUR et al., 1998a; MAGHNI et al., 2004; MALO, 2004). Daher müssen neben der Grenzwertfindung für Stoffe mit hohem Sensibilisierungspotential dringend indivi- duelle Risikofaktoren mit einem höheren positiven prädiktiven Wert gefunden wer- den. Nur so kann in dem Fall, dass eine ausreichende Reduktion der Exposition oder

(25)

die Verwendung eines Ersatzstoffes nicht möglich ist, Personen mit einem solchen Risiko für die Entwicklung einer obstruktiven Atemwegserkrankung von den entspre- chenden Berufen mit wissenschaftlich fundierter – und daher ethisch akzeptabler – Begründung rechtzeitig, d.h. vor der Stellensuche, abgeraten werden. Diese Mög- lichkeit könnte einerseits die Kosten für Umschulungen und Renten senken, anderer- seits die Anzahl der Personen mit bleibendem gesundheitlichem Schaden so gering wie möglich halten.

Solange noch keine wissenschaftlich fundierten Daten hierzu vorliegen, erscheint es ethisch sinnvoll, Schüler mit atopischen Erkrankungen vor der Berufswahl beratend zu unterstützen(CULLINAN, 2003; DE ZOTTI, 1995; LUTSKY et al., 1983;

WALUSIAK et al., 2002). Verantwortlich für diese Beratung könnte zum einen der Hausarzt sein. Eine evtl. aber schon zu späte Gelegenheit für diese Berufsberatung wäre auch die in einigen Ländern durchgeführte Jugendarbeitsschutzuntersuchung vor Tätigkeitsbeginn(DE ZOTTI, 1995) (Jugendarbeitsschutzgesetz). Zudem gibt es bislang keine Daten, die die Durchführung einer Berufsberatung durch die Hausärzte oder die Befolgung der Ratschläge durch die Jugendlichen untersuchen. Problema- tisch bei dieser Frage ist auch, dass es bislang keine evidenzbasierten Empfehlun- gen zur Berufsberatung gibt.

2.7 Mögliche Forschungsansätze zur besseren Primär- und Se- kundärprävention von Berufsasthma und -allergien

Um zuverlässige Angaben sowohl über allergische Erkrankungen, bronchiale Hyper- reaktivität und Atemwegssymptome bereits im Kindesalter, alle Berufstätigkeiten seit Ausbildungsbeginn und die Gründe für evt. Berufswechsel zu erfassen, müsste eine prospektive Kohortenstudie mit Beginn im Kindesalter durchgeführt werden. Bei dem internationalen Expertentreffen der Europäischen Union (vgl. S. 17) wurde es auf- grund unserer eigenen Anregung für hochgradig wünschenswert erachtet, z.B. die International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC) (WEILAND et al., 1999a; WEILAND et al., 1999b) fortzuführen. Diese Studie leistete bereits einen ent- scheidenden Beitrag zur Beschreibung der weltweiten Prävalenz von Asthma und Allergien im Kindesalter. Sie untersuchte 1994/1995 die Prävalenz von Symptomen asthmatischer und allergischer Erkrankungen bei 6-7 und 13-14 Jahre alten Kindern mittels eines einheitlichen Elternfragebogens in 56 Ländern. Über 460000 Jugendli- che im Alter von 13-14 Jahren und über 250000 Kinder im Alter von 6-7 Jahren ha- ben an dieser ersten Phase der Untersuchung teilgenommen (ASHER et al., 1998;

WEILAND, 1999b). Bei der Untersuchung lag Deutschland an dritthöchster Stelle der angegebenen Asthmaprävalenzin Mittel- und Nordeuropa. Im zweiten Teil der Unter- suchung wurden 1995/1996 nochmals Stichproben von Kindern im Alter zwischen 5 und 7 Jahren sowie zwischen 9 und 11 Jahren gezogen, um bei diesen auch objekti- ve Marker für Sensibilisierungen und allergische/ asthmatische Erkrankungen (Prick- Test, spezifisches IgE, Lungenfunktionsuntersuchung, bronchiale Hyperreaktivität, zusätzlich α1-Antitrypsin) sowie die Allergenexposition individuell multizentrisch zu erfassen. In Deutschland nahmen zwei Zentren (München, Dresden) an der Untersu- chung teil (WEILAND, 1999a). Mit Hilfe der Erhebung der Prävalenz anderer Atem- wegserkrankungen, der Passivrauchexposition in der häuslichen Umgebung, der Er- fassung von Verkehrsdaten am Wohnort, sowie des α1-Antitrypsin Spiegels und der Genotypisierung der α1-Antitrypsin-Allele konnten darüber hinaus mögliche Einfluss- faktoren auf die Entstehung von Allergien und Asthma, aber auch auf die Entwick-

(26)

20

lung von chronischer Bronchitis und Emphysem im Kindesalter erfasst und mögliche Zusammenhänge untersucht werden.

Vorteil des Untersuchungskollektivs der ISAAC-Studie ist die genaue Beschreibung der Studienteilnehmer bereits im Kindesalter einschließlich objektiver Daten wie z.B.

Lungenfunktionsbefunde und Ergebnisse des Prick-Tests in der zweiten Phase der Untersuchung. Eine longitudinale Beobachtung der Studienteilnehmer eröffnet welt- weit erstmalig die Möglichkeit, Langzeitprognosen zu ermitteln und spezifische Risi- kofaktoren zu erforschen. Ein solcher Untersuchungsansatz würde somit helfen, Maßnahmen zur Primärprävention von Allergien und Asthma am Arbeitsplatz zu ent- wickeln. Wichtig ist zudem, dass durch die Wahl eines Zentrums in den neuen Bun- desländern und eines Zentrums in Westdeutschland neben den schon bekannten Unterschieden in der Allergieprävalenz auch Unterschiede in der Inzidenz untersucht werden können. Zudem können die Auswirkungen von immer noch vorhandenen un- terschiedlichen Arbeitsplatzbedingungen auf die Entstehung von Allergien und Asth- ma in den Studienzentren vergleichend ermittelt werden.

(27)

3 Zielsetzung

Ziel der Untersuchung war es, die 1995/1996 in Dresden und München untersuchten Kollektive über den Start ins Berufsleben hinaus zu untersuchen. Mit Hilfe dieses prospektiven, erstmals auch bevölkerungsbezogenen Ansatzes an einem schon im Kindesalter sehr gut charakterisierten Kollektiv sollte

a) der Einfluss von Atopie, Allergien und Asthma in der Anamnese auf die Berufs- wahl untersucht werden

b) der attributable Anteil der durch den Beruf neu entstandenen Allergien, bronchia- ler Hyperreaktivität, der atopischen Dermatitis und des Asthma zuverlässig fest- gestellt werden

c) die Latenzzeit bis zur Entwicklung von Berufsallergien, berufsbezogener allergi- scher und chemisch-irritativ bedingter bronchialer Hyperreaktivität und Berufs- asthma ermittelt werden

d) individuelle Risikofaktoren mit hohem prädiktivem Wert für die Entstehung einer Berufsallergie gefunden werden

e) die Prognose von sensibilisierten Personen, die im Beruf verbleiben, erfasst und individuelle Risikofaktoren für die Prognose ermittelt werden.

f) ermittelt werden, für welche Allergene Schwellenkonzentrationen ermittelbar sind und wenn es solche gibt, ob diese für Atopiker und Nichtatopiker verschieden sind. Mit diesen Schwellenkonzentrationen sollen Empfehlungen für mögliche Grenzwerte für Arbeitsstoffe mit Sensiblisierungspotential abgeleitet werden.

Darüber hinaus soll

g) der Einfluss eines relativen α1-Antitrypsin Mangels auf die Entwicklung von chro- nisch-obstruktiven Atemwegserkrankungen bei Personen mit und ohne berufliche Exposition gegenüber Stäuben und / oder chemisch-irritativ oder toxisch wirken- den Gasen beobachtet werden.

Der hier vorgestellte Teil der Untersuchung war insbesondere wichtig, um den Ver- lauf von Atemwegsbeschwerden und/oder Allergien über den Zeitraum der Pubertät zu erfassen und Berufswünsche sowie Ausbildungsziele zeitnah zu erfragen. Außer- dem sollten genaue Daten zum wichtigen Risikofaktor Rauchverhalten erhoben wer- den. Weiterhin war diese nochmalige Befragung unbedingt notwendig, um den Kon- takt zu den Probanden nicht zu verlieren und somit im Verlauf der Untersuchung ein möglichst vollständiges Follow-up zu gewährleisten.

(28)

22

Mit diesen Daten können nun erste Ergebnisse zum Einfluss von Asthma und atopi- schen Erkrankungen auf die Berufswahl berichtet werden und erste Angaben zum attributablen Anteil des Berufs an in diesem Alter neu entstandenen Symptomen so- wie zur Latenzzeit bis zur Entwicklung von Berufsasthma und atopischen Erkrankun- gen gemacht werden.

Die verbleibenden Fragestellungen sollen in der im Anschluss an diese Studienpha- se zweiten Nachfolgeuntersuchung beantwortet werden. Hierbei ist geplant, 2005 (Alter der Probanden 18-20 Jahre) nochmals in einem vollständigen Follow-up Fra- gebogenuntersuchungen, Spirometrien, bronchiale Provokationen und Allergietes- tungen (Prick, spezifisches IgE, Gesamt-IgE) sowie ggf. Allergenmessungen an den Arbeitsplätzen der Probanden durchzuführen.

(29)

4 Methoden und Material

Die SOLAR-Studie bezog ihre Daten aus dem ersten Follow-up der ISAAC II Studie (Interational Study of Asthma and Allergies in Childhood). In dieser Untersuchung wurden 1995/96 Kinder aus München und Dresden im Alter von 9-11 Jahren anhand ausführlicher Elternfragebögen, Hautpricktests, Blutuntersuchungen und Lungen- funktionsmessungen untersucht. Die Studie war ursprünglich als reine Querschnitts- studie geplant. Um jedoch den Verlauf von allergischen Erkrankungen und deren Einfluss auf die Berufswahl und Atemwegserkrankungen im Beruf zu untersuchen, wurde im Jahre 2002/03 eine Follow-up Studie (SOLAR) durchgeführt. Hierbei wur- den die Teilnehmer der ISAAC II Studie erneut mit einem Fragebogen kontaktiert.

Für die vorliegende prospektive Kohortenstudie war es nötig, die Ergebnisse der Fragebögen beider Studien zu verknüpfen.

Der zeitliche Untersuchungsablauf der beiden Erhebungen ist in Abb. 4-1 dargestellt.

SOLAR-I

Vor / zu Beginn des Berufslebens

(16-18 Jahre)

Fragebogen -Arbeitsanamnese -Wunschberuf

-Aktiv-/Passivrauchen -Stress

-Umweltfaktoren

t1 (2002-2003) t2 t

ISAAC

Vor Beginn der Pubertät (9-11 Jahre)

Elternfragebogen Lungenfunktion Kochsalzprovokation Allergietests

t0 (1995/96)

SOLAR-I

Vor / zu Beginn des Berufslebens

(16-18 Jahre)

Fragebogen -Arbeitsanamnese -Wunschberuf

-Aktiv-/Passivrauchen -Stress

-Umweltfaktoren

t1 (2002-2003) t2 t

ISAAC

Vor Beginn der Pubertät (9-11 Jahre)

Elternfragebogen Lungenfunktion Kochsalzprovokation Allergietests

t0 (1995/96)

Abb. 4-1 Zeitlicher Untersuchungsablauf

4.1 Probandenauswahl

Für die ISAAC II Studie wurden Grundschulen in Dresden und München zufällig aus- gewählt und jeweils die betreffenden Schüler der Klassenstufe 4 zur Teilnahme ein- geladen. So erhielt man eine repräsentative Auswahl von Personen der entspre- chenden Altersgruppe (im Durchschnitt 9-11 Jahre), die in diesen beiden Städten wohnhaft waren. Ausgeschlossen waren Schulen für körperlich oder geistig behin- derte Kinder. Des weiteren wurden Schulen mit einem Ausländeranteil von über 80%

nicht mit in die Studie aufgenommen, da man primär Kinder mit deutscher Nationali- tät untersuchen wollte, um genetische und Lebensstil-Faktoren als Einflussgröße zu minimieren.

Für das Follow-up 2002/03 war es notwendig, die Adressen der Mitglieder der Basis- population zu ermitteln. Über die Einwohnermeldeämter und mit Hilfe der örtlichen Telefonbücher wurden alle verfügbaren Adressen aus der ISAAC II Studie auf ihre Gültigkeit überprüft. Insgesamt konnten 4893 Probanden erneut aufgefunden wer- den.

(30)

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4.2 Durchführung der ISAAC Studie

Die “International Study of Asthma und Allergies in Childhood“ (ISAAC) wurde durch- geführt, um die weltweite Prävalenz von Asthma und Allergien im Kindesalter zu be- schreiben. Sie untersuchte 1994/95 in einer ersten Phase die Prävalenz von Sym- ptomen allergischer und asthmatischer Erkrankungen bei 6-7 und 13-14 Jährigen mittels eines einheitlichen Elternfragebogens in 56 Ländern und 119 Studienzentren weltweit. An dieser ersten Phase nahmen 460000 Jugendliche im Alter von 13-14 Jahren und 250000 Kinder im Alter von 6-7 Jahren teil.

Die Phase II der internationalen ISAAC Studie wurde 1995/96 durchgeführt. In Deutschland nahmen drei Zentren teil (München, Dresden und Leipzig). Erneut wur- den Stichproben von je 3000 Kindern der Altersgruppen 5-7 und 9-11 in München und Dresden gezogen. Zusätzlich zu einem ausführlichen Elternfragebogen wurde bei einem Teil der Probanden durch klinische Untersuchungen (Prick-Test, Lungen- funktionsmessung, spezifisches IgE, alpha1- Antitrypsin, bronchiale Hyperreaktivität) objektive Marker für Sensibilisierungen und allergische Erkrankungen individuell er- fasst. Im Weiteren wurden Daten zu Umweltfaktoren, häuslicher Umgebung, Exposi- tion gegenüber Passivrauch und genetischen Faktoren erhoben, um mögliche Ein- flussfaktoren bei der Entstehung von Asthma und Allergien zu erkennen.

Als Studienorte wurde eine Stadt in den neuen Bundesländern (Dresden) und in Westdeutschland gewählt (München) gewählt. Damit wurde die historisch einmalige Gelegenheit genutzt, zwei genetisch identische Populationen, die über die letzten 40 Jahre verschiedenen Lebensumständen und Umweltfaktoren ausgesetzt waren, mit- einander zu vergleichen.

4.2.1 ISAAC- Fragebogen

Der Elternfragebogen der ISAAC Phase II enthielt 103 Fragen.

Unter anderem waren folgende Module enthalten:

Soziodemographische Daten (z.B. Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörig- keit, Bildungsstatus der Eltern/ Erziehungberechtigten);

Standardisierte Fragen aus ISAAC Phase I zur Prävalenz von Giemen, Asthma, Rhinitis und Ekzemen sowie zu sonstigen Atemwegserkrankungen des Kindes und deren medikamentöse Behandlung;

Angaben zu früheren Erkrankungen des Kindes, zur Geburt und zu durchgeführ- ten Impfungen;

Fragen zur Gesundheit der Familie – speziell zum Auftreten von allergischen- und asthmatischen Erkrankungen;

Exposition gegenüber Autoabgasen in der Umgebung der Wohnung;

Angaben zur Ernährung des Kindes;

Art der Energiequelle, die für Heizung und Kochen benutzt wird;

Exposition gegenüber Allergenen und Irritanzien im Wohnbereich (z.B. Milben, Zigarettenrauch...).

Referenzen

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