INTERNATIONALES ORGELFESTIVAL INTERNATIONALES ORGELFESTIVAL 25. JUNI – 10. SEPTEMBER
25. JUNI – 10. SEPTEMBER 2022
2022
ST. MARTIN, KASSEL ST. MARTIN, KASSEL
SCHIRMHERRIN SCHIRMHERRIN ANGELA DORN ANGELA DORN
HESSISCHE MINISTERIN FÜR HESSISCHE MINISTERIN FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST WISSENSCHAFT UND KUNST KÜNSTLERISCHE LEITUNG KÜNSTLERISCHE LEITUNG
SUSANNE KUJALA & ECKHARD MANZ SUSANNE KUJALA & ECKHARD MANZ
GRUSSWORTE GRUSSWORTE
ANGELA DORN ANGELA DORN
PETRA FEIST-DIETRICH PETRA FEIST-DIETRICH
EINFÜHRUNG EINFÜHRUNG
SUSANNE KUJALA &
SUSANNE KUJALA &
ECKHARD MANZ ECKHARD MANZ
VERANSTALTUNGSKALENDER VERANSTALTUNGSKALENDER
KLANGSKULPTUR KLANGSKULPTUR CATHY VAN ECK CATHY VAN ECK
KONZERTE KONZERTE
JUNI JUNI JULI JULI AUGUST AUGUST
SEPTEMBER SEPTEMBER
ZUGABEN ZUGABEN
AKADEMIEWOCHE AKADEMIEWOCHE KINDERPROGRAMM KINDERPROGRAMM
INFORMATIONEN INFORMATIONEN
ORGELBAR & VORVERKAUF ORGELBAR & VORVERKAUF KULTURPLAT TFORM
KULTURPLAT TFORM
IMPRESSUM & FÖRDERER IMPRESSUM & FÖRDERER 4
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GRUSSWORTEGRUSSWORTE
Liebe Leserinnen und Leser,
eine Orgel ist das musikalische Herz einer Kirche – das trifft besonders auf die Rieger-Orgel in St. Martin zu: Über 15.000 Einzelteile fügen sich zu einem beeindruckenden Instrument zusammen, das im Zentrum des Festivals BRANDNEU steht. Parallel zur documenta fifteen erklingen in den kommenden Wochen Kompositionen aus allen Ländern der Europäischen Union – und unterstreichen den verbindenden Gedanken der Ausstellung.
Ich freue mich auf starke Impulse der zeitgenössischen Orgelmusik und spannende Begegnungen zwischen Komponist:innen, Interpret:innen und dem Publikum. Wir wollen erreichen, dass alle kreativen Talente sich ent- falten und einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt unserer Kunst und Kultur leisten können. Deshalb unterstützen wir als Land Hessen gern das Orgel- festival. Ich wünsche allen Beteiligten unvergessliche Stunden!
Ihre
Angela Dorn
Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst
Sehr geehrte, liebe Besucher:innen der Martinskirche in Kassel,
mit großer Freude begrüße ich Sie, auch im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte, zu diesem fulminanten Festival. Das Festival ist im besten Sinne gemeinschaftlich, zeitgenössisch und inter- national. Wir schaffen erneut Möglichkeiten der Begegnung in St. Martin, diesem herausragenden Ort in der Kasseler Innenstadt, wir setzen uns mit der besten zeitgenössischen „Kunst für die Ohren“ auseinander, und nicht zuletzt ist das Festival ein starkes Signal für Austausch und offene Begegnung mit Künstlern, Besuchern und Freunden aus so vielen Ländern. Ich begrüße und danke ausdrücklich allen Komponist:innen und Interpret:innen aus sämtlichen Ländern der EU und darüber hinaus.
Keine Veranstaltung kann ohne Förderer realisiert werden. Unser Verein, der stetig wächst, steht auf den Füßen so vieler Mitglieder, die sich hier unterschiedlich engagieren. Sie tragen das Festival. Mein besonderer Dank gilt aber auch allen Förderern, dem Land Hessen und der Stadt Kassel, der Ernst von Siemens Musikstiftung und dem Musikfonds e. V., der Gerhard- Fieseler-Stiftung und der Landgraf-Moritz-Stiftung, dem Förderverein R. D.
und nicht zuletzt und natürlich der Evangelischen Kirche. Wo gibt es sonst in Deutschland ein so kraftvolles Engagement der Evangelischen Kirche für zeitgenössische Musik!
Am Schluss gilt unser Dank des Vorstandes Euch beiden, Susanne Kujala aus Helsinki und Eckhard Manz hier von St. Martin. Ihr habt in dreijähriger Vorbereitung ein Festival entwickelt, das in allen Details durchdacht und von größter künstlerischer und menschlicher Weite geprägt ist. Trotz der erheblichen Probleme durch die Pandemie habt ihr das Festival weiter geplant und realisiert, und dafür danke ich Euch im Namen aller Mitglieder des Vereins, aller Hörerinnen und Hörer, und nicht zuletzt danke ich Euch persönlich von Herzen.
Petra Feist-Dietrich
Vorsitzende der Kulturplattform St. Martin
EINFÜHRUNGEINFÜHRUNG
WILLKOMMEN ZU BRANDNEU 2022 WILLKOMMEN ZU BRANDNEU 2022
IN KASSEL!
IN KASSEL!
Liebes Publikum, wir laden Sie sehr herzlich zu einer Entdeckungsreise in die klanglichen Gefilde der neuesten Orgelmusik ein. Kassel wird vom 25. Juni bis zum 10. September 2022 zu dem europäischen Hotspot neu- ester zeitgenössischer Orgelmusik. Kassel wird zum Interrail-Knotenpunkt auf unserer musikalischen Reise durch alle Länder der EU! In über 40 Veranstaltungen und einer täglich hör- und begehbaren Klang instal- lation werden in der Martinskirche über 30 neue Werke uraufgeführt.
Zusätzlich steht die Orgelmusik der letzten 30 Jahre im Mittelpunkt des Festivals BRANDNEU, das ein musikalisches Pendant zur gleichzeitig statt- findenden documenta fifteen, der wichtigsten Ausstellung für zeitgenössi- sche Kunst, bildet.
Die positiven Wechselwirkungen von Orgelbau und Orgelmusik werden bei BRANDNEU für Sie sichtbar, erlebbar und hörbar gemacht. Die Orgel- kompositionen aus dem gesamten europäischen Raum werden die neuesten Errungenschaften des Orgelbaus exemplarisch an der Kasseler Orgel zum Klingen bringen. Die Komponist:innen der Auftragswerke für BRANDNEU haben sich von den klanglich vielfältigen Möglichkeiten der Orgel inspirieren lassen, so wie auch die Interpret:innen, die faszinierende Programme zusammengestellt haben, die Sie klanglich in sehr unterschied- liche Kulturen und Stimmungen entführen werden.
Begegnungen auf allen Ebenen ist eines der wichtigsten Ziele von BRANDNEU. Es begann mit dem Ermöglichen der persönlichen Begegnung von Komponist:innen und Interpret:innen an der Orgel während des Kom po- sition sprozesses. In diesem Programmbuch werden Sie auch einen Einblick in den Kompositionsprozess erhalten, wenn Komponist:innen über ihre Erfah rungen mit der Orgel von St. Martin berichten. Im Zusammenhang mit den Konzerten haben auch Sie die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung mit Komponist:innen und Interpret:innen.
© M. Kytöharju © N. Klinger
Wir wünschen Ihnen anregende musikalische Stunden – beim Besuch der Klanginstallation oder den Veranstaltungen –, und dass Sie die Orgel als ebenso lebendig und inspirierend empfinden werden wie wir bei der Gestaltung dieses Festivals.
Susanne Kujala & Eckhard Manz Künstlerische Leitung
VERANST AL TUNGS VERANST AL TUNGS KALENDERKALENDER
JUNI
Sa 25.06. 19 Uhr RECITAL #1 | Eröffnung!
Musik aus Frankreich, England, Schweiz u.a.
Künstler:innen: Haas, Kujala, Manz Mi 29.06. 19 Uhr INTERACTION #1 | Orgel und Impuls
Musik aus Irland, Bulgarien u.a., Impuls Künstler:innen: Šuňavská, Brede
JULI
Sa 02.07. 19 Uhr RECITAL #2
Musik aus Portugal, Slowenien u.a.
Künstler:in: Sevšek
Mi 06.07. 19 Uhr INTERACTION #2 | Orgel und Akkordeon Musik aus Griechenland, Weißrussland u.a.
Künstler:innen: Duo A&O Sa 09.07. 19 Uhr RECITAL #3
Musik aus Österreich, Slowenien, Ungarn u.a.
Künstler:in: Schmeding
Mi 13.07. 19 Uhr INTERACTION #3 | Orgel und Percussion Musik aus Deutschland, Kroatien u.a.
Künstler:innen: Susteck, Ishikawa Sa 16.07. 19 Uhr RECITAL #4
Musik aus Spanien, Slowakei u.a.
Künstler:in: Taléns
Mi 20.07. 19 Uhr INTERACTION #4 | Trio Improvisationen Musik aus Portugal, Ungarn, Schweden u.a.
Künstler:innen: Lindwall, Silva, Zetterberg Sa 23.07. 19 Uhr RECITAL #5
Musik aus Rumänien, Deutschland u.a.
Künstler:in: Metzger
Mi 27.07. 19 Uhr INTERACTION #5 | Orgel und Saxofon Musik aus Zypern, Estland u.a.
Künstler:innen: Krigul, Veldi Sa 30.07. 19 Uhr RECITAL #6
Musik aus Ungarn, Tschechien u.a.
Künstler:in: Fassang
AUGUST
Mi 03.08. 19 Uhr INTERACTION #6 | Orgel und Stimme Musik aus Bulgarien, Belgien u.a.
Künstler:innen: Castillo, Franck, Slinckx Sa 06.08. 19 Uhr RECITAL #7 | Halbzeit!
Musik aus Polen, Malta, Mexiko u.a.
Künstler:in: Manz
Mi 10.08. 19 Uhr INTERACTION #7 | Orgel und Cello Musik aus Russland, Belgien, Frankreich u.a.
Künstler:innen: Merckaert, Ballon Sa 13.08. 19 Uhr RECITAL #8
Musik aus Griechenland, Estland u.a.
Künstler:in: Gassiou
Mi 17.08. 19 Uhr INTERACTION #8 | Orgel und Violine Musik aus Schweden, Kroatien u.a.
Künstler:innen: Mašić, Haeberlin Sa 20.08. 19 Uhr RECITAL #9
Niederlande, Österreich, Italien u.a.
Künstler:in: Peretti
Mi 24.08. 19 Uhr INTERACTION #9 | Orgel und Trompete Musik aus Kroatien, Deutschland, Australien Künstler:innen: Javora, Plante
Sa 27.08. 19 Uhr RECITAL #10
Musik aus Italien, Lettland, Frankreich u.a.
Künstler:in: Kaczor
Mi 31.08. 19 Uhr INTERACTION #10 | Orgel und Elektronik Musik aus Slowenien, Finnland u.a.
Künstler:innen: Danksagmüller
SEPTEMBER
Sa 03.09. 19 Uhr RECITAL #11
Musik aus Österreich, Litauen u.a.
Künstler:innen: Kogert
Mo 05.09. 13 Uhr LUNCH CONCERT #1
Musik aus Mexiko von Mauricio Silva Orendain * Mo 05.09. 16 Uhr LABOR #1
Mo 05.09. 19 Uhr SOUNDSCAPE #1
Musik aus Israel & Spanien für Saxofon, Posaune & Orgel * Di 06.09. 13 Uhr LUNCH CONCERT #2
Musik aus Italien & Korea für E-Gitarre, Elektronik & 3 Orgeln *
Di 06.09. 16 Uhr LABOR #2
Interpretation und Notation als Herausforderung * Di 06.09. 19 Uhr SOUNDSCAPE #2
Musik aus Spanien & den USA für E-Gitarren, Satelliten, 3 Orgeln & Violine *
Mi 07.09. 13 Uhr LUNCH CONCERT #3
Musik aus Ungarn & Australien für Orgel, Instrumente &
Bierflaschenchor *
Mi 07.09. 16 Uhr LABOR #3
Jede Pfeife, ein Instrument – Experimentelle Klangphänomene Mi 07.09. 19 Uhr INTERACTION #11 / SOUNDSCAPE #3 | Orgel und Impuls
Musik aus Spanien, Japan, England u.a.
Künstler:innen: Hamaya, Bockmühl Do 08.09. 13 Uhr LUNCH CONCERT #4
Musik aus Finnland für Vierteltonakkordeon und Orgel * Do 08.09. 16 Uhr LABOR #4
Eine neue Ordnung der Zeit –
chaotisch-instabile Klangtexturen * Do 08.09. 19 Uhr SOUNDSCAPE #4
Musik aus Italien für Gesang, Windrad, Orgeln und
Renaissance-Bassflöte *
Fr 09.09. 13 Uhr LUNCH CONCERT #5
Musik aus der Schweiz und Deutschland für Flöte,
Peitsche und Orgel*
Fr 09.09. 16 Uhr LABOR #5
Verwandtschaften zwischen Klängen der Orgel und
elektronischen Klangerzeugern *
Fr 09.09. 19 Uhr SOUNDSCAPE #5
Konzertinstallation für Orgel, Synthesizer & Klangwürfel * Sa 10.09. 19 Uhr RECITAL #12 | Finale!
Musik aus Finnland und Deutschland
Künstler:in: Kujala
* Die Interpreten der Konzerte und Installationen sind die Teilnehmer der Akademiewoche, siehe Seite 131
Ere Lievonen
KLANGKLANG SKULPTURSKULPTUR CA THY CA THY V AN ECK V AN ECK
CATHY VAN ECK CATHY VAN ECK
DA DRAUSSEN. EINE INSTALLATION DA DRAUSSEN. EINE INSTALLATION
FÜR ACHT LAUTSPRECHER FÜR ACHT LAUTSPRECHER
täglich 10 – 17 Uhr
Beim Hineingehen nimmt man Klänge von draußen mit. Drinnen entsteht ein Rauschen aus diesen angesammelten Klängen. Manchmal bricht ein Klang aus, das Draußen übernimmt kurzzeitig das Drinnen, um dann wieder nur als ein Rauschen im Hintergrund zu erklingen.
Sängerinnen und Sänger der Chöre von St. Martin wurden gefragt, an wel- chen Orten draußen für sie besonders schöne, hässliche oder spannende Klänge vorhanden sind. An diesen Orten habe ich Aufnahmen gemacht.
Aus den Aufnahmen sind alle Klänge für diese Installation entstanden.
Sie erklingen an unterschiedlichen Orten und Zeiten in der Kirche, in immer unterschiedlichen Konstellationen, oft unerkennbar als Rauschen im Hin- tergrund, manchmal aber deutlich erkennbar als quietschende Tram, spru- delndes Bächlein im Bergpark, oder als Rufe von einem vorbei fliegendem Kranichzug. (cve)
In the process of going inside the church, one brings sounds from out side.
These collected sounds murmer inside. Sometimes a sound bursts out, and the outside noise briefly muffles the sound inside before returning to being just a murmur. Singers from the choirs of St. Martin’s were asked where they had heard particularly beautiful, ugly or exciting sounds.
I went and made recordings at these places. All the sounds for this instal
lation were created from these recordings.
They sound at different places and times in the church, always in differ
ent constellations, often unrecognisable as noise in the background, but sometimes clearly recognisable as a squeaking tram, a bubbling brook in the Bergpark, or as calls of passing cranes migrating.
Hinweise auf Orte von Sängerinnen und Sängern der Chöre der Martinskirche /
Tips about possible places were given by the singers from the choirs at St. Martin’s Church:
Simon Bretthauer, Simon Dethleffsen, Gudrun Hofrichter, Jung Hyun Meyer,
Alice Jacobi, Birgit Manz, Roswitha Ruhnke, Christian Schnittker, Ruth & Michael Sohrt,
Cathy van Eck (*1979) ist Komponistin, Klangkünstlerin und Forscherin in den Künsten. Sie ist Mitglied des Kollektiv iii (instrument inventors initia- tive). Sie interessiert sich für das Komponieren von Beziehungen zwischen Alltagsgegenständen, Darstellern und Geräuschen. Ihre künstlerische Arbeit umfasst Performances mit Live-Elektronik und Installationen mit Klangobjekten, die sie oft selbst entwirft. Sie erforscht, wie sie Gesten in ungewöhnliche und überraschende Beziehungen zu Klängen setzen kann, hauptsächlich auf elektronischem Wege. Das Ergebnis könnte als „perfor- mative Klangkunst“ bezeichnet werden, da es Elemente aus Performance, elektronischer Musik und Bildender Kunst kombiniert. Ihre Arbeit ist genre übergreifend und wird bei so unterschiedlichen Gelegenheiten wie experimentellen und elektronischen Musikkonzerten, Open-Air-Festivals, Galerien, Veranstaltungen für digitale Kunst und Festivals für Performance- Kunst präsentiert. Sie arbeitet eng mit Darstellern zusammen, um ihre Stücke zu entwickeln.
Seit 2007 unterrichtet Cathy van Eck im Studiengang Sound Arts der Hoch- schule der Künste in Bern. Sie ist regelmäßige Gastdozentin an anderen Kunst- und Musikuniversitäten. In ihrer Doktorarbeit untersuchte sie die Verwendung von Mikrofonen und Lautsprechern als Musikinstrumente. Ihr Buch Between Air and Electricity wurde 2017 veröffentlicht.
→ www.cathyvaneck.net
19 20 11 12
2 4
3
1318
14 16
17 6 5
87 9
1
1 Ysenburgstr. 26
2 51.3134884, 9.4080067 3 Alte Breite 15
4 Wasserspiele am Herkules 5 Karlskirche
6 Niestetalweg 7 St. Martin 8 Kranichszüge
9 Motorengeheul in der Stadt 10 Osannaglocke
11 Uhu
12 Zoo am Rammelsberg 13 Quietschende Trams 14 Müllabfuhr
15 Walter Fenster + Türen 16 Vogelgezwitscher 17 Leipziger Str. 99 18 Wasserplätschern 19 Kirchenglocken 20 Bf. Wilhelmshöhe
→ 10
CATHY VAN ECK CATHY VAN ECK
MUSIK FÜR STÜHLE UND LAUTSPRECHER MUSIK FÜR STÜHLE UND LAUTSPRECHER
Eine seltsame Engelin wandelte da durch eine Tiefgarage in Porto. Statt Flügeln trug sie auf dem Rücken große, gelbe, hornartig geöffnete Laut- sprecher, aus denen unförmige, so gar nicht himmlische Geräusche her- vordrangen und sich je nach Körperdrehung in den Räumen verteilten.
Das war die frühe Performance Hearing Sirens, mit der Cathy van Eck 2007 bekannt wurde. Die heute 42 Jahre alte belgische Komponistin und Klangkünstlerin gilt längst als eine der originellsten Gestalten zeit- genössischer Performancekunst. Von herkömmlichem Komponieren und Musikmachen kann man bei ihr kaum sprechen. In ihren Stücken tritt kein Musiker vor einen Notenständer, um aus der Partitur zu spielen, vielmehr beginnt das Papier selber zu rascheln …
Dabei stammt Cathy van Eck aus einer Musikerfamilie, begann mit Klavier und Oboe, studierte Komposition am Königlichen Konservatorium in Den Haag und an der Universität der Künste Berlin, aber bald wurde ihr klar, dass sie mehr als nur Noten aufschreiben wollte. „Ich begann mich immer mehr dafür zu interessieren, wie der Klang produziert wird – nicht nur von einem Instrument, sondern auch von einem Alltagsgegenstand.“
Außerdem war sie am Musiktheater interessiert, an den Umweltklängen, an Performances drinnen und draußen, mit und ohne Umweltgeräusche.
Schließlich auch an technischen Problemstellungen. Zum Thema „Mikro- fone und Lautsprecher als Musikinstrumente“ promovierte sie an der Universität Leiden. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Zürich und unterrichtet seit 2007 in Bern am Department for Sound Arts der Hochschule der Künste.
Mikrofone und Lautsprecher: Sie tauchen in fast all ihren Performances auf. Dabei werden diese Geräte auf sinnfällige Weise zu wahren Musik- instrumenten. In Empty Chairs von 2018 etwa sind drei lautsprecher- bestückte Stühle im Raum verteilt, die immer wieder neu positioniert werden. Der Klang wird durch die Bewegungen der Performer ständig weiter ausgestaltet. Eines ihrer Meisterstücke ist In Paradisum (2019):
Eine Frau tritt auf die Bühne, mitten in einen Lichtkegel, in der rechten Hand hält sie einen Apfel. Sie beißt hinein und kaut. Das Geräusch wird über ein Headset aufgenommen, verstärkt und über nicht sichtbare
Cathy van Eck — Empty Chairs
Cathy van Eck — Hearing Sirens
Lautsprecher wiedergegeben. Aber es verändert sich nach dem zweiten Biss, sodass die Frau innehält und dem neuen Geräusch nachhorcht.
Daraus nun entwickelt sich das Weitere: Die Frau horcht, erkennt, beißt wieder in den Apfel, kaut, hält bei neuerlichen Veränderungen wieder inne, horcht wieder, schaut dem Klang gleichsam nach, beißt wieder … Nach knapp acht Minuten geht sie ab. „War das nun Eva aus dem Paradies?“, fragt man sich. Performance und Musik, Alltägliches, Technisches und Mythisches treffen hier auf engstem Raum zusammen und werden zu einer Einheit, unaufdringlich, ohne großartige Gesten, witzig, d. h. auch: präzis und kurzweilig.
Cathy van Eck Performances sind nicht so schrill wie die ihrer Kolleginnen, sondern ruhiger, fast bedächtig, zuweilen innehaltend. Sowohl ihre Erschei nung als Künstlerin als auch der technische Aufwand treten ganz in den Hintergrund – auf wohltuende Weise, was dazu beiträgt, die Auf- merksamkeit zu schärfen und umzulenken. Bekannte Gesten erscheinen in einem anderen Licht, weil die Logik sich verändert.
Der Computer ist integraler Bestandteil ihrer Arbeit, aber je länger, desto stärker scheint er, wie auch der Rest des technischen Equipments, hinter der Performance zu verschwinden. Wir sehen zwar das Headset bei In Paradisum, aber es drängt sich uns nicht auf. In ihrer Klanginstallation Breeze (2015) zum Beispiel stehen fünf Notenständer in einem Halbkreis – darauf halbzerknülltes Papier. Nähert sich ihnen jemand, beginnen sie sich sanft zu bewegen und zu klingen. Je nach Position des Besuchers verändert sich der Klang, und das lässt sich nun im Gehen erkunden.
Etwas Poetisches, ja Magisches ist diesen Stücken eigen.
Jedes ihrer Stücke basiert auf einer genuin geschaffenen Situation, einem eigens gebauten Instrument und einem entsprechend eigenen Konzept.
Der Klang ist zwar zentral in ihren Performances, aber die Assoziationen ebenfalls, auch wenn sie kaum eindeutige Geschichten erzählt: „Natürlich sehe ich mich schon als eine Sirene, irgendetwas zwischen einer Ver- führerin und einer Warnerin“ (wie eine Alarmsirene), sagte sie über Hearing Sirens. „Ich bin keine Sirene über meinen Gesichtsausdruck, in der dra- matischen Linie passieren Sachen in dem Stück, die ich nicht in konkreten Worten benennen kann. Sirenen rufen bestimmte Emotionen hervor, und damit spiele ich natürlich.“ Ja, solche Emotionen sind durchaus wichtig in ihrer Klangkunst.
→ Thomas Meyer
K ONZERTE K ONZERTE
JUNIJUNI
Brian Ferneyhough (*1943)
De Ira (Parables of Lucid Dreaming 2) (2020) Beat Furrer (*1954)
angelus descendens – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung und die LandgrafMoritzStiftung
Max Reger (1873–1916)
Choralvorspiel „O Haupt, voll Blut und Wunden“
op. 135a Nr. 21 (1915) Philipp Maintz (*1977)
zwei choralvorspiele: VII o haupt voll blut und wunden (2018), Uraufführung – XIX wie schön leucht’ uns der morgenstern (2018)
Max Reger
Choralvorspiel „Wie schön leucht't uns der Morgenstern“ op. 135a Nr. 29
⇄ PAUSE
Peter Maxwell Davies (1934–2016) Sonata for organ (1982) Fabien Lévy (*1968)
Jusqu’à peu (2022) für zwei Spieler:innen – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Brian Ferneyhough
RECITAL #1 RECITAL #1
ERÖFFUNGSKONZERT!
ERÖFFUNGSKONZERT!
SAMSTAG SAMSTAG 25. JUNI 2022 25. JUNI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
BERNHARD HAAS, ORGEL
BERNHARD HAAS, ORGEL (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
SUSANNE KUJALA, ORGEL
SUSANNE KUJALA, ORGEL (FINNLAND)(FINNLAND) ECKHARD MANZ, ORGEL
ECKHARD MANZ, ORGEL (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
JUNIJUNI
BEAT FURRER: ANGELUS DESCENDENS
In angelus descendens erkundet Beat Furrer eine besondere Mikrotonalität im Rahmen des Möglichen der Orgel. Es entsteht eine Art akkordische Klangfarbenmelodie, die der Solist in der Registrierung erzeugt. Die gleich- stufige Temperierung der Orgel wird gleichsam mit einigen Registern hintergangen, den Oberton- oder Aliquotregistern, in deren Klang beson- dere Schwebungen entstehen – etwa in der Voix céleste, die durch ihre Stimmung besonders deutliche Interferenzen erzeugt. Vor allem geht es um plötzliche Farbwechsel, die Melodien und Mehrstimmigkeit erzeugen, aus denen ineinander verschachtelte Klangfarbenmelodien entstehen. (bf)
In ‘angelus descendens’, Beat Furrer explores a particular microtonality within the confines of the organ. A type of chordal sound colour is created by the organist through the registration that is chosen. The organ’s equal temperament tuning is “deceived” using overtone or aliqout stops, in whose sound special “beatings” are created – one example is the Voix Céleste, whose tuning creates particularly clear interferences. Primarily, it is the idea of sudden changes of colour that create melodies and harmony, from which interlocking sound colours emerge.
FABIEN LÉVY: JUSQU’À PEU
Adverbiale Wendungen im Französischen, die ich häufig als Titel verwende, haben oft die wunderbare Eigenschaft, mehrere Bedeutungen zu enthalten.
„Jusqu’à peu“ bedeutet sowohl „bis vor kurzem“ als auch „kurz vor knapp“.
Das Stück ist eine Krisenkomposition: Covid-Krise, ukrainische Krise, Klima krise. Diese Krisen, die sich seit einigen Jahren aneinanderreihen, haben vergleichbare Eigenschaften: Sie tauchen langsam auf, ohne dass sie erwartet wurden, explodieren dann unkontrolliert und hinterlassen oft einen desillusionierenden Nachgeschmack, wenn nicht Verzweiflung und Zerstörung. Die Klimakrise wird vielleicht die letzte dieser Krisen der Menschheit sein, die zur endgültigen Auslöschung führt. Das für eines der anspruchsvollsten Instrumente der menschlichen Musik geschriebene Stück bleibt auf der symbolischen Ebene dieser Krisen. (fl)
Adverbial phrases in French, which I often use as titles, often have the wonderful characteristic of containing several meanings. “Jusqu’à peu”
means both “until recently” and “until barely”. The piece is indeed a crisis composition: covid crisis, Ukrainian crisis, climate crisis. All these crises, which have been lining up at a new pace for the last few years, have comparable characteristics: They emerge slowly without being expected, and then explode in an uncontrolled way, often leaving a disil
lusioning aftertaste, if not despair and destruction. The climate crisis will perhaps be the last of these crises of human progress leading to ultimate extinction. Written for one of the most sophisticated instruments in human music, the piece remains on the symbolic level of these different crises. (fl)
JUNI JUNI
Beat Furrer studierte an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien Dirigieren bei Otmar Suitner sowie Komposition bei Roman Haubenstock Ramati. Im Jahr 1985 gründete er das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er seitdem als Dirigent verbunden ist.
Seit Herbst 1991 ist Furrer ordentlicher Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz. 2006 wurde er für FAMA mit dem Goldenen Löwen bei der Biennale Venedig ausgezeichnet.
2018 erhielt er den Ernst-von-Siemens Musikpreis für „ein Leben im Dienste der Musik“. Beat Furrer hat seit den 1980er-Jahren ein breites Repertoire geschaffen, das von Solo und Kammermusik bis zu Werken für Ensemble, Chor, Orchester und Oper reicht.
→ www.beatfurrer.com
Fabien Lévy studierte Komposition bei Gérard Grisey am Pariser Conser vatoire National Supérieur de Musique. Seine Werke wurden u. a.
vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ensemble Recherche, Neue Vocalsolisten Stuttgart und Tokyo Symphony Orchestra aufgeführt. Lévy wurde 2004 mit dem Ernst von Siemens Förderpreis ausgezeichnet. Er lehrte an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, an der Columbia University in New York sowie an der Hochschule für Musik Detmold und wurde 2017 zum Professor für Komposition an die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig berufen.
→ www.fabienlevy.net
Bernhard Haas (*1964) studierte Orgel, Klavier, Cembalo, Kirchenmusik, Komposition und Musiktheorie an den Musikhochschulen in Köln, Freiburg und Wien. Wichtige Lehrer waren Wilhelm Precker, Ludger Lohmann, Peter Neumann, Michael Schneider, Jean Guillou, Zsigmond Szathmáry, Xavier Darasse und Albert Simon. Er gewann zahlreiche Preise bei inter- nationalen Orgelwettbewerben. 1994 erhielt er eine Professur für Orgel an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, 2013 an der Hochschule für Musik und Theater München. Konzerte, Kurse, Jurytätigkeit und Aufnahmen in den meisten europäischen Ländern, Japan und Südkorea. Er gilt als einer der wichtigsten Interpreten neuer Musik weltweit.
JUNI JUNI
Susanne Kujala ist Konzertorganistin und -akkordeonistin. Die Arbeit mit ihren beiden Instrumenten, die der Tonerzeugung nach sehr nahe Verwandte sind, hat sie als Interpretin nachhaltig beeinflusst. Die Zusam menarbeit mit Komponist:innen ist ein wesentlicher Bestandteil ihres künstlerischen Schaffens. Sie hat über 50 Solo- und Kammer musik- werke, drei Konzerte sowie fünf Werke für die mikrotonale Fokker-Orgel mit 31-Tonsystem des Muziekgebouw aan t’IJ in Amsterdam uraufgeführt.
Susanne Kujala studierte zunächst Akkordeon in Berlin, dann Akkordeon und Orgel an der Sibelius-Akademie in Helsinki, außerdem promovierte sie mit dem Thema „Die Orgel – als Instrument für Neue Musik“ eben- falls in Helsinki. Sie unterrichtet seit 2009 Orgel, Kammermusik mit Akko rdeon oder Orgel, Orgelpädagogik, Geschichte der Orgelkunst und Aufführungspraxis an der Sibelius-Akademie und hat 2018 zusammen mit Tomi Satomaa die „Finnische Orgelschule für Kinder“ („Suomalainen urkukoulu lapsille“) herausgegeben.
→ www.susannekujala.com
Eckhard Manz studierte evangelische Kirchenmusik in Düsseldorf und gewann 1991 den ersten Preis im Hochschulwettbewerb Orgel der Musik - hochschule. Außerdem studierte er Cembalo in Köln, und ein Aufbau - studium in den Fächern Chor- und Orchesterleitung führte ihn nach Würzburg. Seit 1995 Dozent an der Kirchenmusikalischen Fortbildungs - stätte in Schlüchtern. Von 1998 bis Herbst 2006 war Eckhard Manz Kantor der Kreuzeskirche und künstlerischer Leiter des „Forum Kreuzeskirche e. V.“
in Essen. Regelmäßige Konzerte mit neuer Musik als Organist und Dirigent mit Werken von Rihm, Widmann, Newskij, Gerhardt, Glaus, Szathmary, Seither und vielen anderen. Seit 2006 ist er Kantor an St. Martin in Kassel und verantwortlich für den Orgelneubau in St. Martin. 2017 wurde er zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Einspielungen für Rundfunkanstalten und mit dem Label „Dabringhaus und Grimm“ mit alter und neuer Musik liegen vor.
Gráinne Mulvey (*1966)
Tenebrae – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Dimitri Schostakowitsch (1906–1975)
Präludium und Fuge B-Dur op. 87 Nr. 21
IMPULS I: Was ist Klang?
Dragomir Yossifov (*1966)
Accordemonium I. (2022) – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung
⇄ PAUSE
Dimitri Schostakowitsch
Präludium und Fuge b-Moll op. 87 Nr. 16
IMPULS II: Warum schön, laut, dunkel oder hässlich?
Mauro Lanza (*1975)
INTERACTION #1 INTERACTION #1 IMPULS
IMPULS
MIT TWOCH MIT TWOCH 29. JUNI 2022 29. JUNI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
BERNADET TA ŠUŇAVSKÁ, ORGEL
BERNADET TA ŠUŇAVSKÁ, ORGEL (SLOWAKEI)(SLOWAKEI)
NOAM BREDE, IMPULSE
NOAM BREDE, IMPULSE (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
JUNI JUNI
GRÁINNE MULVEY: TENEBRAE
Tenebrae ist in erster Linie eine Studie über Textur und Farbe. Die Gele- gen heit, für dieses einzigartige Instrument zu schreiben, war selbst die Hauptinspiration; seine Fähigkeiten passen perfekt zu meinem kompos- itorischen Ansatz: extreme Register, sich allmählich entwickelnde Klang- massen, mikrotonale Beugungen, rhythmische Flexibilität und Harmonien, die von der natürlichen harmonischen Reihe abgeleitet sind. Besonders begeistert war ich von der Möglichkeit, mit reduziertem Winddruck neue, quasi unvorhersehbare Harmonien zu erforschen. Dieser Aspekt hat den Titel nahegelegt: Neben dem liturgischen Sinn – dem Lärm, der die Dun- kelheit der Kirche in der Karwoche ankündigt – gibt es den Sinn, dass das Instrument ein Schatten seiner selbst ist, dass das klare musikalische Material auf dem Blatt verwischt wird durch instabile mikrotonale Wolken.
(gm)
‘Tenebrae’ is primarily a study in texture and colour. The opportunity to write for this unique instrument was itself the prime inspiration; its capa
bilities aligned perfectly with my compositional approach: extremes of register, gradually evolving sound masses, microtonal inflections, rhyth
mic flexibility and harmonies derived from the natural harmonic series. I was particularly excited by the possibility of using reduced wind pressure, exploring new, somewhat unpredictable harmonies. It was this aspect that suggested the title: as well as the liturgical sense – the clamour that heralds the darkness of the church in Holy Week – there is the sense of the instrument being a shadow of itself, the explicit musical material on the page being blurred by unstable microtonal clouds. (gm)
DRAGOMIR YOSSIFOV: ACCORDEMONIUM I.
d. y. – Welche waren Ihre Wege zur Orgel?
D. y. – Nicht die leichtesten. Zu groß, zu schwer, historisch ziemlich belas- tet … Man verbindet das Instrument sehr eng mit einer beklemmenden stilistischen Ausrichtung usw.
d. y. – Das klingt wirklich nicht sehr ermutigend …
D. y. – Nicht so schnell, bitte! All die Schwierigkeiten weckten in mir einen
wachsenden Wunsch, den einzigen Weg für mich zum Instrument zu finden.
d. y. – Und wie?
D. y. – Ich begann mir die Orgel als eine monströs erwachsene Kinderspiel- zeugpfeife vorzustellen, wie eine quietschende, ausatmende, asthmatische und doch bedrohliche Maschine.
d. y. – Das klingt ermutigender, aber nicht so nett …
D. y. – … aber diese Vorstellung öffnete mir die Möglichkeit, etwas zu erfin- den. Sie gab mir auch die Möglichkeit, den Körper – für meine Zwecke – zu einem verletzlichen, zarten Werkzeug zu machen. Ein Werkzeug, das sich nicht auf seine unerträgliche Kraft konzentriert. (dy)
d. y. – What paths led you to the organ?
D. y. – Not the easiest ones. Too big, too heavy, historically quite bur
dened … one associates the instrument very closely with an oppressive stilistic orientation etc.
d. y. – That doesn’t sound very encouraging …
D. y. – Try not to hurry me please! All the difficulties awakened in me a growing desire to find my own personal way to the instrument.
d. y. – And how?
D. y. – I began to imagine the organ as a monstrously adult children’s toy pipe, like a squeaking, exhaling, asthmatic, yet threatening machine.
d. y. – That seems more encouraging, but not so nice …
D. y. – … but this idea opened up the possibility to invent something.
It also gave me the possibility to make the body – for my purposes – a vulnerable, delicate tool. A tool that does not focus on its unbearable strength.
Die Musik der irischen Komponistin Gráinne Mulvey (*1966) wurde welt weit aufgeführt, aufgenommen, ausgestrahlt und veröffentlicht. Sie hat mit zahlreichen Solist:innen wie der Sopranistin Elizabeth Hilliard und dem Cellisten Martin Johnson zusammengearbeitet, und ihre Musik wurde
JUNI JUNI
von Ensembles wie Concorde, ACME in Chicago, Ensemble MISE-EN und dem Crash Ensemble aufgeführt. Sie hat viele Preise gewonnen und Irland mehrfach bei den ISCM World Music Days und dem International Rostrum of Composers vertreten.
Der bulgarische Komponist und Dirigent Dragomir Yossifov (*1966) absolvierte sein Studium an der Staatlichen Musikakademie in Sofia.
Seine Werke wurden bei Musikprotokoll, Wien modern, Moscow Autumn, eYOUrope together in Essen, WDR-Konzertreihe „European new music ensembles“ (2011), dem Festival in Bitom (Polen) und „Velvet curtain“ in Lvov von Ensembles wie ensemble recherche, Agon orchestra – Prague, Moscow ensemble for new music, FACE/Contemporary, PhO – Gera, der Philharmonie Baden-Baden etc. aufgeführt. Zurzeit ist er Dirigent der Plovdiv Staatsoper und arbeitet mit dem Vokalensemble Gli Accordati zusammen.
Bernadetta Šuňavská studierte Orgel, Klavier, Cembalo und histori- sche Tasteninstrumente an den Musikhochschulen Bratislava, Freiburg sowie Stuttgart (Bernhard Haas). Ihre Aufführungen von originalen und bearbeiteten Orgelwerken von frühem bis zeitgenössischem Repertoire sind regelmäßig bei Orgelfestivals sowie bei philharmonischen Konzerten zu erleben. In der Philharmonie Essen war sie mit Niccolò Castiglionis Sinfonie guerriere et amorose (zusammen mit Bernhard Haas) zu hören und gastierte beim internationalen Orgelfestival Toulouse les Orgues. Beim Abschlusskonzert der Spielzeit 2016 der Slowakischen Philharmonie Bratislava spielte sie die Premieren eigener Bearbeitungen von Strawinskys Trois mouvements de Pétrouchka.
→ www.sunavska.de
Noam Brede ist 14 Jahre alt und besucht am Friedrichsgymnasium in Kassel in der Jahrgangsstufe 8 die Musikklasse. Er spielt seit 8 Jahren Blockflöte und seit 3 Jahren Horn. Bei „Schüler experimentieren“ hat er für sein Projekt Maskiert Musizieren statt verstecken den interdiszipli- nären Preis für das beste Projekt des Landes Hessen bekommen. Er ist seit Jahren im Schülerforschungszentrum Nordhessen aktiv und forscht u. a. über die Physik des Klanges. Betreut wird er von Guido Eckhardt, Physiklehrer der Jacob-Grimm-Schule.
JULIJULI
João Pedro Oliveira (*1959)
Persistent Particles (2021) – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Carl Luython (1557/58–1620)
Ricercar [in d]
Klaus Lang (*1971)
Marias Mantel (2005) Michaël Lévinas (*1949)
Accords Trémbles (2012)
⇄ PAUSE
Lojze Lebič (*1934)
Contraria (2016) für Akkordeon – Uraufführung der Orgeltranskription Giovanni de Macque (1548/50–1614)
Capriccio [sopra re, fa, mi sol]
Bernard Foccroulle (*1953)
Capriccio sopra RE-FA-MI-SOL (1986/2012) Keiki Okasaka (*1940)
MIYABI Eleganz Vito Žuraj (*1979)
Best-of-Five (2011): Etüden für Orgel (Auswahl)
RECITAL #2
RECITAL #2 SAMSTAGSAMSTAG
2. JULI 2022 2. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
TOMAŽ SEVŠEK, ORGEL
TOMAŽ SEVŠEK, ORGEL (SLOWENIEN)(SLOWENIEN)
JULIJULI
JOÃO-PEDRO OLIVEIRA: PERSISTENT PARTICLES
Persistent Particles basiert auf vielfältigen Heterophonien, die sich im Laufe des Stücks entwickeln, wobei mehrere Noten (Partikel) zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt werden und sich im Fluss der harmonischen Textur dauerhaft etablieren. Das Stück verwendet auch mehrere Kombinationen komplexer rhythmischer Strukturen, die einen zögerlichen Fluss in den melodischen Linien und Heterophonien erzeugen und in gewisser Weise auf die unberechenbaren Bewegungen der „subatomaren“ Teilchen verwei- sen, die bei der Spaltung eines Atoms in den Raum geworfen werden.
‘Persistent Particles’ is based on multiple heterophonies that develop throughout the piece, where several notes (particles) are reiterated at different points in time, becoming persistent in the flow of the harmonic texture. The piece also uses several combinations of complex rhythmic structures, creating a hesitant flow in the melodic lines and heteropho
nies, somehow referring to the uncertainty of the movements of the “sub
atomic” particles that are projected in space when an atom is split. (jpo)
JULI JULI
Der portugiesische Komponist João-Pedro Oliveira (*1959) erhielt über 50 internationale Preise weltweit, zum Beispiel den Ersten Preis Destellos Competition Argentinien 2018, Goldmedaille für Spezialeffekte Latitude Film Awards 2018, Erster Preis Monaco Electroacoustic Music 2016, Giga-Hertz Special Award ZKM und SWR Studios 2008. In seinen Kompositionen sucht der Komponist häufig die Vernetzung instrumentaler und elektroakustischer Musik. Er ist Professor für Komposition an der Aveiro Universität in Portugal und in derselben Funktion an der Federal University of Minas Gerais in Brasilien. Außerdem veröffentlichte er ein Buch zur Musiktheorie des 20. Jahrhunderts (Gulbenkian).
Tomaž Sevšek, slowenischer Organist und Cembalist, deckt ein breites künstlerisches Spektrum von der Spät-Renaissance bis zur musikalischen Avantgarde des 20. und 21. Jahrhunderts ab. Er konzertiert regelmäßig als Solist mit den Orchestern des Slowenischen Rundfunks unter der Leitung von namhaften Dirigent:innen wie Ari Rasilainen, Hartmut Haenchen, Marko Letonja oder Grete Pedersen. Er studierte Orgel bei Zsigmond Szathmáry und Cembalo bei Robert Hill an der Hochschule für Musik Freiburg. Tomaž Sevšek hat seit 2005 zahlreiche Werke uraufgeführt und aufgenommen, wie etwa Musik von Vito Žuraj, Lojze Lebič, Zsigmond Szathmáry oder Uroš Rojko.
Carsten Hennig (*1967)
Statuette Berichterstattung IV (2018) Oxana Omelchuk (*1975)
… die Bäume wachsen in den Himmel nicht … Gerald Resch (*1975)
Ricercar 6: TENEBRAE (Dunkelheit) Anna Pidgorna (*1985)
Stream Light-play through curtain holes (2016) Ana Szilágyi (*1971)
Töne Formen Farben (2021)
⇄ PAUSE Duo A&O
GemeinsamImprovisation on the poem of Rose Ausländer Gemeinsam
Ana Szilágyi (*1971)
Das Wiedersehen (2020) Lina Tonia (*1985)
The Sound of Ganymede (2022) – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Knut Müller (*1963)
INTERACTION #2 INTERACTION #2 AKKORDEON AKKORDEON
MIT TWOCH MIT TWOCH 6. JULI 2022 6. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
DUO A & O DUO A & O
KERSTIN PETERSEN, ORGEL
KERSTIN PETERSEN, ORGEL (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
EVA ZÖLLNER, AKKORDEON
EVA ZÖLLNER, AKKORDEON (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
ROSE AUSLÄNDER (1901–1988): GEMEINSAM Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam besteigen Berge pflücken Himbeeren lassen uns tragen von den vier Winden Vergesset nicht es ist unsre gemeinsame Welt die ungeteilte ach die geteilte die uns aufblühen läßt die uns vernichtet diese zerrissene ungeteilte Erde auf der wir
gemeinsam reisen
(aus: Rose Ausländer: Ich höre das Herz des Oleanders. Gedichte 1977–1979, 1984)
LINA TONIA: THE SOUND OF GANYMEDE
The Sound of Ganymede basiert auf einem Weltraum-Klang. Das Ton ma- terial, das für dieses Stück verwendet wurde, stammt aus dem natürlichen Klang von Ganymed. Ganymed umkreist Jupiter und ist der größte und massereichste Mond des Sonnensystems. Aufgrund des Magnetfeldes, das um diesen Mond existiert, gibt es elektromagnetische Wellen, die Fre quenzen erzeugen. Bei der Analyse des Klangs fand ich 146 Akkorde, die sich aus den Frequenzen des Magnetfelds zusammensetzen. In dieser Komposition habe ich 51 dieser Akkorde verwendet, um ihre Struktur
JULI JULI
aufzubauen. Der Ablauf der Harmonik entsteht durch den natürlichen Ablauf der Akkorde, wie sie im natürlichen Klang Ganymeds vorkommen.
Es gibt Klangmassen, die durch Cluster und vielfältige Bewegungen erzeugt werden, was zu einer reichhaltigen farbigen Klangumgebung führt. Der Ein satz von Instrumentaltechniken ermöglicht kontinuierlich transfor- mierte Klangfarben. Es ist das erste Mal in der Musik, dass ein natürlicher Raumklang Ganymeds für Musikinstrumente arrangiert wird.
‘The Sound of Ganymede’ is a work based on the sound of space. Specif
ically, the tone material used in this piece derives from the natural sound of Ganymede. Ganymede orbits Jupiter and is the largest and most massive moon of the Solar system. Due to the magnetic field that exists around this moon, there are electromagnetic waves that produce fre
quencies. While analysing the sound, I discovered 146 chords built from the frequencies of the magnetic field. In this composition I used 51 of these chords to build its structure. The process of the harmony is cre
ated through the natural process of the chords as they appeared on the natural sound of Ganymede. There are sound masses produced through clusters and multiple movements which lead to a richly colored sound environment. The use of instrumental techniques enlarges the oppor
tunity to create continuously transformed timbres. This is the first time that Ganymede’s natural space sound has been orchestrated for musical instruments. (lt)
Lina Tonia (*1985) studierte Komposition am musikalischen Institut der Aristoteles-Universität in Thessaloniki bei Professor Christos Samaras, an der Universität der Stadt Edinburgh (2008 – 2012) bei Professor Nigel Osborne und Michael Edwards und an der Wiener Universität bei Michael Jarrell (2012 – 2013). Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie für ihre Kompositionen bedeutende Auszeichnungen und Stipendien. Lina Tonia lehrt Komposition an der Universität von Mazedonien in Thessaloniki.
→ www.linatonia.com
Kerstin Petersen, Organistin, widmet sich insbesondere neuen Facet- ten und Spielweisen. Ihr Schwerpunkt ist das Repertoire des 20. und 21.
Jahrhunderts. In den letzten Jahren entstanden in Zusammenarbeit mit Komponist:innen aus aller Welt zahlreiche Orgelwerke, die das Instrument mit besonderen künstlerischen Themen in Berührung bringt. Aktuelle Duos sind A&O Akkordeon–Orgel (siehe unten), PanTaïs Blockflöte–Orgel, Klarinette–Orgel, Sopran–Orgel, Percussion–Orgel, Gong–Orgel. Film- projekte und Uraufführungen aktueller Musik initiierte sie u. a. zum Barlach- Jahr 2020 sowie zum Bach-Geburtstag 2021 mit Unterstützung von Musikfonds Berlin.
→ www.kerstin-petersen.org
Eva Zöllner studierte klassisches Akkordeon in Köln und Kopenhagen.
Als international gefragte Künstlerin präsentiert sie weltweit Projekte, die von der experimentellen Solo-Performance bis hin zur Zusammenarbeit mit namhaften Orchestern reichen. Die enge Zusammenarbeit mit Kom- ponist:innen ihrer Generation ist ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit. Daraus resultierend hat sie in den letzten Jahren mehr als 250 Werke uraufgeführt.
Besonders interessiert sie dabei die Kombination ihres Instruments mit neuen Medien.
→ www.eva-zoellner.de
Gemeinsam treten Eva Zöllner und Kerstin Petersen seit 2009 als Duo A&O auf. In Konzertsälen und Kirchen präsentieren sie europaweit die expres- siven, vielfarbigen KlangmöglichWkeiten ihrer Instrumente und initiieren immer wieder neue Kompositionen für diese Besetzung. Regelmäßige Uraufführungen, u. a. von Thomas Beimel, Matthias Drude, Carsten Hennig, Knut Müller, Oxana Omelchuk oder Ruta Paidere. Das Duo wird regelmäßig zu Festivals und Hochschulen wie Orgelpark Amsterdam, orgelARTmu- seum Rhein-Nahe, Lübecker Dom, Symposium Vision Kirchenmusik &
Orgelakademie Stade, Festival Orfeo / Organeum, Orgelstadt Hamburg, Festival blurred edges, TONALi, Internationale Orgelakademie Göteborg u. a. eingeladen.
JULI JULI
Zsigmond Szathmáry (*1939) Feuertaufe (2014) Toshio Hosokawa (*1955)
Cloudscape (2000) Vito Žuraj (*1979)
Etude V (2011) Jan Esra Kuhl (*1988)
Stumme Schreie (2009) Otfried Büsing (*1955)
Polychromie (2013)
⇄ PAUSE
Klaus Lang (*1971)
montes fluentes (2021) – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Johannes Kalitzke (*1959)
… mit gänzlich fremder ähnlichkeit … (2002):
I. Flügel und Schatten – II. Umarmungen – III. Spiegelkampf Akira Nishimura (*1953)
Vision in flames (1996) Hans-Joachim Hespos (*1938)
RECITAL #3
RECITAL #3 SAMSTAGSAMSTAG
9. JULI 2022 9. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
MARTIN SCHMEDING, ORGEL
MARTIN SCHMEDING, ORGEL (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
KLAUS LANG: MONTES FLUENTES
Wenn wir an Berge denken, denken wir gewöhnlich an massive, unverän- derliche Felsmassen, doch in Wirklichkeit sind auch sie in ständigem Fluss:
Die Alpen wachsen 1,8 Millimeter pro Jahr. Bewegung oder Stillstand sind nur eine Frage der Perspektive: Was fest gegründet erscheint, kann von einer anderen Warte aus gesehen fließen wie ein lallender Quell. (kl)
When we think about mountains, we usually envisage unchanging masses of rock, but in reality they too are in a continuous state of flux: the rate of growth in the Alps is 1.8 millimetres per year. Being in motion or being at a standstill is only a question of one’s perspective: what appears to be fixed in position can be seen to flow like a babbling spring when looked at from another perspective.
JULI JULI
Der österreichische Komponist Klaus Lang (*1971) studierte bei Beat Furrer und Younghi Pagh-Paan, er ist seit 2006 Professor für Komposition in Graz und war 2008 Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. Lang komponiert Werke für alle Gattungen, insbesondere für die Oper. Er erhält regelmäßig von allen führenden Musikinstitutionen Kom- positionsaufträge und wird weltweit von allen renommierten Ensembles gespielt. Der Komponist wurde u. a. mit dem Andrzej-Dobrowski- Preis ausgezeichnet.
→ www.klang.mur.at
Martin Schmeding studierte Kirchenmusik, Musikerziehung, Blockflöte und Orgel, Dirigieren, Cembalo und Musiktheorie. Er erhielt u. a. acht 1. Preise beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. 2004 – 2015 Professor für Orgel an der Hochschule für Musik Freiburg, seit Herbst 2015 Professor für Orgelliteratur an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig. Darüber hinaus wirkt er seit 2018 als Visiting Guest Professor am Royal Birmingham Conservatoire. Zahlreiche Aufnahmen für Fernsehen, Rundfunk und CD; 2009, 2017 und 2020 Preis der deutschen Schallplattenkritik (Bestenliste), 2010 „Echo Klassik“.
Dominik Susteck (*1977)
Spur-Kerbe (2013) für Schlagzeug und Orgel John Patrick Thomas (*1936)
Cage 3: Variants (2011) für Schlagzeug solo
⇄ PAUSE
Margareta Ferek-Petrić (*1982)
CZAR.SHOULD.NOT.BE – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Younghi Pagh-Paan (*1945)
Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch (1996/2007) für Schlagzeug und Orgel
INTERACTION #3 INTERACTION #3 PERCUSSION PERCUSSION
MIT TWOCH MIT TWOCH 13. JULI 2022 13. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
DOMINIK SUSTECK, ORGEL
DOMINIK SUSTECK, ORGEL (DEUTSCHLAND)(DEUTSCHLAND)
YUKINOBU ISHIKAWA, PERCUSSION YUKINOBU ISHIKAWA, PERCUSSION (JAPAN)(JAPAN)
JULIJULI
MARGARETA FEREK-PETRIĆ: CZAR.SHOULD.NOT.BE.
Das Stück ist als Spiel konzipiert, bei dem der Organist verschiedene Ebenen von musikalischem Material durchläuft und frei über die Richtung aller gegebenen Möglichkeiten entscheiden kann. Der Titel verweist in dieser Version auf die Idee eines obersten Herrschers als absurd und behandelt Vorstellungen von diktatorischer Macht als nutzlos. Das Wort „Czar“ („Zar“) kann in Zukunft durch jedes beliebige Thema ersetzt werden. Durch diesen Ansatz wird dem Interpreten oder sogar dem Veranstalter die Möglichkeit gegeben, den Raum der Inspiration den persönlichen oder offiziellen Bedür fnissen anzupassen. Die schriftlich niedergelegten musikalischen Objekte und ihre Ergebnisse agieren in ständiger Co-Abhängigkeit. Dieses Konzept stellt das Verhältnis „Titel – Komponist – Interpret“ kritisch in Frage und verneint auf der metaphorischen Ebene die Notwendigkeit von Selbstherrlichkeit und Allmachtstendenzen.
The piece is designed as a game during which the organist goes through different levels of musical materials and is free to decide the direction of all given possibilities. The title in this version refers to the idea of a supreme ruler as absurd and treats concepts of dictatorial power as useless. The word “Czar” can in the future be replaced by any subject of interest. Through this approach, the possibility to adjust the space of inspiration according to the personal or official needs is given to the performer or even organizer. The written musical objects and their results act in constant codependency. This concept critically questions the relationship “title – composer – performer” and on the metaphorical level, denies the necessity of self importance and omnipotence tenden
cies. (mfp)
JULI JULI
Die Musik von Margareta Ferek-Petrić (*1982) wird als farbenreich, humorvoll und tiefgründig beschrieben, wie sie auch absurde Klangbilder erstehen lässt. Der kompositorische Ansatz basiert auf der ironischen Behandlung traditioneller Musikästhetik, dem Einsatz lebendiger rhyth- mischer Impulse, der Umwandlung von theatralischen Gesten in Timbre und dem Ausloten der Intensität von erweiterten Spieltechniken. Die Inspiration bezieht die Komponistin aus Literatur, Kunst, Filmen, Wissen- schaft, Politik und Philosophie, aber auch durch außergewöhnliche Men- schen oder bizarre Lebenssituationen. Neben ihrer Tätigkeit als Kompo- nistin ist Ferek-Petrić die künstlerische Leiterin der Musikbiennale Zagreb.
→ www.margaretaferekpetric.com
Dominik Susteck (*1977) studierte Kirchenmusik, Komposition, Musik- theorie und Orgel an den Hochschulen in Essen, Köln und an der Saar.
Seit August 2021 leitet er den Fachbereich Kirchenmusik im Erzbistum Paderborn. Er kuratierte zahlreiche Konzerte und Festivals. Neben Lehr- tätigkeit an Hochschulen in Essen, Düsseldorf, Weimar und Köln spielt Susteck Improvisationskonzerte und zahlreiche Uraufführungen. Seine CDs erhielten zweimal den Preis der Deutschen Schallplattenkritik.
Yukinobu Ishikawa aus Yokohama (Japan) begann 2007 sein Studium im Fach Schlagzeug an der Hochschule für Musik Detmold sowie am Orchesterzentrum NRW in Dortmund. Beim 64. „Concours de Genève“ erreichte er das Halbfinale. 2012 studierte er am Conservatoire National Supérieur Musique et Danse in Lyon. Als Schlagzeugsolist gibt er Solo-Konzerte in Deutschland und Japan. Er organisiert zudem Kammermusikprojekte.
Ignacio Ribas (*1963)
Cantos de órgano (1995) Ľubica Čekovská (*1975)
Toccata lacerta (2022) – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Ignacio Ribas
Pasacalle glosado (2011)
⇄ PAUSE
Petr Eben (1929–2007)
Campanae gloriosae (1999) Ignacio Ribas
In campo aperto (2008) – Version für zwei Orgeln,
RECITAL #4
RECITAL #4 SAMSTAGSAMSTAG
16. JULI 2022 16. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
IGNACIO RIBAS TALÉNS, ORGEL
IGNACIO RIBAS TALÉNS, ORGEL (SPANIEN)(SPANIEN)
ĽUBICA ČEKOVSKÁ: TOCCATA LACERTA
Toccata Lacerta wurde durch die Dynamik und das komplexe Verhalten einer kleinen, lebhaften Eidechse inspiriert. Die rhetorische Figur zu Beginn der Komposition stellt die energiegeladene Bewegung des Schwanzes der Eidechse dar, eine Figur, die allmählich alle Register der Oberfläche der Musik durchläuft, sich entwickelt und bis zu einem Ruhepunkt verlang- samt, bevor sie zu ihrer charakteristischen eidechsenhaften Lebhaftigkeit zurückkehrt.
The composition ‘Toccata Lacerta’ found its inspiration in the dynamism and complex behaviour of a small lively lizard. The rhetorical figure at the beginning of the composition represents the energetic movement of the lizard’s tail, a figure which gradually passes through all the registers of the composition’s surface, evolving and slowing to a point of rest before returning to its characteristic lizardly briskness. (ľč)
Die slowakische Komponistin Ľubica Čekovská (*1975) studierte in Bratislawa und London. Neben Preisen der Royal Academy of Music erhielt sie den Ján-Levoslav-Bella-Preis (2004). Die vom Bärenreiter-Verlag ver- tretene Komponistin hat Werke für zahlreiche Gattungen, u. a. auch für das Musiktheater, vorgelegt. Neben Neuer Musik komponiert sie regelmäßig Film- und Theatermusiken und erhielt einen Auftrag für die Bregenzer Festspiele. Sie ist Mitglied im Kunstrat des Musikfestivals Prager Frühling.
→ www.cekovskalubica.com
Ignacio Ribas Taléns schloss sein Klavier-, Cembalo- und Orgel- studium am Konservatorium von Barcelona ab. Meisterkurse bei Guy Bovet (iberische Musik) und Zsigmond Szathmáry (zeitgenössische Musik) ergänzten die Ausbildung. Als Solist konzertiert er regelmäßig an den wichtigsten Konzertorten in Europe, Kanada und den USA. Er leitete zahl- reiche Meisterkurse über hispanische Musik des 16. bis 21. Jahrhunderts.
2003–2008 war er Leiter des Internationalen Kurses für zeitgenössische Orgelmusik in Andorra. Seit 2018 ist er Künstlerischer Leiter der Jornades d’orgue ibèric (la Massana).
→ www.amicsdelsorgues.com
JULI JULI
Santos Silva, Zetterberg & Lindwall
Do you have a charger? – Concrete – The Watcher – Time Being
Márton Illés (*1975)
Vier Aquarelle für Orgel – Uraufführung
→ Kompositionsauftrag der Kulturplattform St. Martin e. V., gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung
⇄ PAUSE
Hampus Lindwall (*1976)
Brace for Impact (2020) for organ & electronics Santos Silva, Zetterberg & Lindwall
My Opinion – The Other Moon – Electricity –
INTERACTION #4 INTERACTION #4
TRIO IMPROVISATIONEN TRIO IMPROVISATIONEN
MIT TWOCH MIT TWOCH 20. JULI 2022 20. JULI 2022 19.00 UHR 19.00 UHR
HAMPUS LINDWALL, ORGEL
HAMPUS LINDWALL, ORGEL (SCHWEDEN/FRANKREICH)(SCHWEDEN/FRANKREICH)
SUSANA SANTOS SILVA, TROMPETE
SUSANA SANTOS SILVA, TROMPETE (PORTUGAL)(PORTUGAL)
TORBJÖRN ZET TERBERG, KONTRABASS
TORBJÖRN ZET TERBERG, KONTRABASS (SCHWEDEN)(SCHWEDEN)
MÁRTON ILLÉS: VIER AQUARELLE FÜR ORGEL
In den letzten Jahren habe ich mehrere Aquarelle für unterschiedliche Kammermusikbesetzungen und für Soloinstrumente komponiert. Was diese Stücke auszeichnet, ist eine besondere Flexibilität im Umgang mit den musikalischen Strukturen und mit den Instrumenten selbst. Die Texturen sind pastellen, transparent und oft bewegt durch filigrane, unter- schiedlich schattierte Linien und sprechende, intensive Gesten. Es ist mir in letzter Zeit immer klarer geworden, dass sich die Inhalte meiner Musik am natürlichsten zwischen den festen Tonhöhen oder gar ganz unabhän- gig von ihnen entfalten können. Vielleicht ist das der Grund, warum ich bis jetzt nie für Orgel komponiert habe. Die Kasseler Rieger-Orgel ist ein einzigartiges Instrument mit einem riesigen farblichen und technischen Flexibilitätspotenzial, sie ist eine überwältigende „Persönlichkeit“, die betö- rende Klangmöglichkeiten bietet und zugleich eine glückliche Legierung jener mechanischen und digitalen Errungenschaften des traditionellen und des modernen Orgelbaus darstellt, die dem Komponisten bislang unbe- kannte Welten eröffnet. (mi)
In recent years I have composed several “watercolors” for different chamber music ensembles and for solo instruments. What distinguishes these pieces is a particular flexibility in dealing with the musical struc
tures and with the instruments themselves. The textures are pastel, transparent, and often moved by delicate, variously shaded lines and speaking, intense gestures. It has become increasingly clear to me lately that the content of my music can unfold most naturally between fixed pitches, or even quite independently of them. Perhaps this is the reason why I have never composed for organ until now. The Kassel Rieger organ is a unique instrument with a huge potential for color and technical flexibility; it is an overwhelming “personality” that offers beguiling sound possibilities and at the same time represents a happy alloy of those mechanical and digital achievements of traditional and modern organ building that opens up hitherto unknown worlds to the composer.
Der ungarische Komponist Márton Illés (*1975) studierte in der Schweiz und in Deutschland, u. a. bei Wolfgang Rihm. Der von Breitkopf und Härtel vertretene Illés komponiert nahezu für alle Gattungen, einschließlich
JULI JULI
dem Musiktheater. Namhafte Preise wie der Orchesterpreis des SWR Sinfonieorchesters (Donaueschingen 2017), der Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung (2007) und das Jahresstipendium in der Villa Concordia Bamberg (2011) bestätigen seine erfolgreiche Karriere. Seine Werke wurden bisher in nahezu allen europäischen Ländern an bedeuten- den Orten wie Wittener Tage für Neue Kammermusik, Teatro Olimpico Rom oder Mixtur Barcelona gespielt.
→ www.martonilles.com
Hampus Lindwall (*1976 in Stockholm) ist ein musikalischer Künstler, Organist der zeitgenössischen Musik / des 20. Jahrhunderts sowie krea- tiver Improvisator und Komponist. Er war Schüler von Rolande Falcinelli und ist Titularorganist in Saint-Esprit, Paris. Hampus Lindwall konzertiert in ganz Europa, in den USA, Kanada und China. Er hat spielt regelmäßig Uraufführungen von Künstlern wie Cory Arcangel, Noriko Baba, Raphaël Cendo, John Duncan, Leif Elggren, Mauro Lanza, Jesper Nordin, Studio For Propositional Cinema, Emily Sundblad und anderen. Als E-Gitarrist trat er in verschiedenen Rock-, Metal- und Jazzbands auf.
→ www.hampuslindwall.com
Susana Santos Silva studierte zunächst Jazztrompete am Musikkolleg in Porto und der Hochschule für Musik Karlsruhe und anschließend Jazz Performance am Rotterdams Conservatorium. Sie spielte im Orquestra Jazz de Matosinhos, im European Movement Jazz Orchestra, im Trio LAMA, im Fire! Orchestra, mit Torbjörn Zetterberg und mit ihrer Formation SSS-Q.
All About Jazz bezeichnet Santos als eine der originellsten und artikulier- testen Stimmen des europäischen Avant-Jazz und nicht-idiomatischen Musik.
Torbjörn Zetterberg studierte an der Kungliga Musikhögskolan in Stockholm Bass bei Jan Adefelt. 1998–2013 gehörte er dem Quartett des Saxofonisten Jonas Kullhammar an. Daneben leitete er seit 2000 die
„Torbjörn Zetterberg Hot Five“, mit denen zwischen 2002 und 2005 drei Alben veröffentlicht wurden; weitere Alben mit verschiedenen Musikern folgten. Zetterberg zog sich 2010 für mehr als ein Jahr in einen buddhis- tischen Tempel zurück. 2014 legte er das Album Och den Stora Fråga vor sowie später Om Liv & Död.