Mitteilungen für Freunde und Förderer der DPSG Winter 2016 / Frühjahr 2017
notiert 75
HILDEGARD
VON BINGEN
Hildegard von Bingen bezeichnete sich als eine
»Feder im Windhauch Gottes«.
Federleicht wollte sie sein, ganz vom Geist Gottes getragen und geführt. Eine Feder wird ja nicht nieder
gedrückt durch schwere Sorgen oder großen Besitz;
sie lässt sich tragen – und gemeinsam mit andern im Flügel trägt sie selbst und wärmt. Die Feder – Bild der Leichtigkeit des Seins. Ich wünsche uns und mir Stunden, Tage, Zeiten, in denen das
Leben leicht ist und getragen wird. Ich wünsche uns Beweglichkeit und Vertrauen.
Herbert Kaefer
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notiert 75 - Inhalt
INHALT
GEORGS
DPSG
Wir s pons ern d ie
PFAD FIND ER
Wir s pons ern d ie
PFAD FIND ER
»Es kommt ein Schiff geladen …« Ich habe im vergangenen Jahr dieses alte Weihnachtslied neu singen gelernt. Das kam so: Omar aus Somalia ist einer der Flüchtlinge, die bei uns im Sankt Vin- cenzstift Aufnahme gefunden haben.
Er hat mir erzählt, wie er zunächst mit dem Schlauchboot und dann mit dem Schiff über das Mittelmeer nach Euro- pa gekommen ist. Abenteuerlich, seine Fahrt übers Meer – mit dem Schiff. »Es kommt ein Schiff geladen …« Unser Lied und das Flüchtlingsschiff! Haben die bei- den Schiffe etwas miteinander zu tun?
Und ob! Der, den unser Lied besingt, hat das Los der Flüchtlinge geteilt – denken Sie an die Herbergssuche, an die Flucht nach Ägypten. Er hat sich ausdrücklich mit den Flüchtlingen identifiziert: »Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen …« (Mt 25,35).
Mancher von Ihnen wird denken: Ich mag das Wort Flüchtlinge nicht mehr hö- ren. Gibt es denn nur noch dieses Thema – in der Politik, in der öffentlichen Diskus- sion und nun auch noch in der Kirche, aus- gerechnet zu Weihnachten! – Hier geht’s nicht allgemein um Flüchtlinge, sondern um Weihnachten. In der Flüchtlingsfrage zeigt sich, was uns Weihnachten bedeu- tet: Ist es nur ein frommes Spiel, oder ist
Titelbild: Kopfausschnitt der Skulptur von Hildegard von Bingen im Museum am Strom in Bingen von Karlheinz Oswald.
Foto: Dieter Kluth
Weih ten nach
GraFiK: luis rauschhuber
3 Editorial
4 Unsere Mitglieder und Freunde
6 Hildegard von Bingen 11 Nachrichten
aus dem Bundesverband 12 Jahrestreffen 2016
auf der Ebernburg 19 Aus den Diözesen 21 Aus der DPSG 27 Wiedergefunden 28 Pfadfinder
im Spiegel der Medien 29 2 Fragen/Impressum 30 Forum »Terror«
32 Mosaik
34 Leser schreiben 36 Aus der Redaktion 37 Unsere Toten
Unsere Neuen 38 Menschen 39 Wegzeichen
Der Traum
40 Spirituelle Impulse
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Hildegard von Bingen stand im Mittelpunkt des Jahrestreffens auf der Ebernburg, ihr widmet sich auch der Thementeil dieses Heftes.
Ansichten und Einsichten zum Treffen ergänzen die Sicht auf diese große Frau.
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Taoufik Hartit hat den Bund muslimischer Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BMPPD) gegründet.
Hier zerkleinert er gerade zusammen mit Susanne Ellert aus dem DPSG Bundesamt Gemüse beim Begegnungs zeltlager 2015 in Rhens. Wir haben ihm zwei Fragen gestellt.
DPsG
Marcel Callo wur- de am 6. Dezem- ber 1921 in Rennes geboren.
Gestorben ist er am 19. März 1945 im Konzentrationslager Mauthausen.
Eine Erinnerung an den Pfadfinder, der von Papst Johannes Paul II.
selig gesprochen wurde,
zum 95. Geburtstag.
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bistum erFurt
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notiert 75 - Editorial
EDITORIAL
Liebe Freundinnen und Freunde,
auf der Ebernburg hat unsere Gemeinschaft beim Jahrestref- fen ein stimmiges Erlebnis ge-
feiert. Die kurzen Berichte zu den Aktivitäten und die Rückmel- dungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in diesem Heft reflektieren das Treffen, wollen aber vor allem alle bisher Abwe- senden im kommenden Jahr zur Teilnahme motivieren.
notiert tritt euch mit dieser Ausgabe in einer neuen Aufteilung gegenüber: Das Heft wird künftig mit einem Leitthema aufma- chen (in Ausgabe 74 haben wir das mit dem Thema Sankt Georg schon mal ausprobiert), dieses Thema wird inhaltlich mit der Ti- tel- und der Rückseite verknüpft. Die doch sehr vielen bisherigen Rubriken haben wir gestrafft und konzentriert. Die Themen aus der DPSG erfahren eine Ausweitung und Vertiefung. Die Nach- richten zu einzelnen Mitgliedern wandern in die Nähe der nun- mehr permanent für die Rubrik Wegzeichen vorgesehene dritte Umschlagseite. Wegzeichen sind es ja, die unsere Mitglieder set- zen und gesetzt haben.
Gleichzeitig treiben mich aber die zunehmende Verrohung in westlichen Gesellschaften, die »gelenkte Demokratie« etwa in Rußland und der Türkei und der neu aufbrechende ethnische Konflikt in den USA um. Von den anderen Konfliktherden von Syrien bis Süd-Sudan ganz zu schweigen. In Deutschland beför- dern unerträgliche Nationalisten und Rassisten Ausländerfeind- lichkeit und gefährden den Gedanken einer freiheitlichen Demo- kratie und Europäischer Union. Sie wollen das »Erbe der Väter«
bewahren, doch sie zerstören das Erbe der wahren Väter: Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Robert Schuman, Jean Monnet und Alcide de Gasperi, um nur einige zu nennen. Die 82. Bundesver- sammlung der DPSG hat einstimmig einen bemerkenswerten Be- schluss gegen Diskriminierung und Rechtspopulismus gefasst und eine Unvereinbarkeit der Positio-
nen der AfD mit denen der DPSG er- klärt. Bundesvorsitzender Dominik Naab stellt den Beschluss auf Seite 21 vor.
Euch eine gute Zeit,
über Rückmeldungen freuen wir uns!
es Realität in unserer Welt, in unserem Leben: Weihnachten 2015! Wie kann, wer nicht offen ist für Flüchtlinge, die Ankunft Christi erwarten? Er kommt mit Vorlie- be inkognito, in Gestalt seiner geringsten Schwestern und Brüder. Wie wir sie be- handeln, so behandeln wir ihn. Den Frem- den Herberge zu gewähren, ist durchaus riskant – aber für Christen ohne Alterna-
tive. Denn in der Gastfreundschaft für sie beherbergen wir ihn, Jesus Christus.
Verlieren wir durch die vielen zu- meist muslimischen Flüchtlinge nicht unsere christliche Identität? Dann wäre es schlecht um unsere Identität bestellt. Si- cher, unser Land wird sich verändern. Es wäre naiv zu meinen, alles bliebe beim Al- ten. Die entscheidende Frage ist, ob auch wir uns verändern? Wir werden uns ver- ändern, wenn wir die Menschen anderer Religionen kennenlernen – und sie uns.
Das kann nur gelingen, wenn wir wissen, wer wir sind und aus welchen Wurzeln wir leben. Uns fehlt ein schärferes Profil:
Warum bin ich Christ? Warum bleibe ich es? Wofür stehe ich ein, und wofür ste- he ich auf? Wir müssen uns als Christen nicht verstecken, wir dürfen uns nicht verstecken! Christen mit Profil brauchen um ihre Identität nicht zu bangen. Wenn wir Flüchtlinge aufnehmen, verlieren wir nicht unsere christliche Identität, sondern gewinnen sie. Kurz und bündig gesagt:
Die Flüchtlinge helfen uns, Christen zu werden. Zu Weihnachten!
Bischof Dr. franz Kamphaus Mitglied der Freunde und Förderer der DPSG
rhein-ZeitunG
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notiert 75 - F+F intern
UNSERE
MITGLIEDER UND FREUNDE
Bereits vor einigen Jahren hat der Ver- band Deutscher Altpfadfindergilden (VDAPG) die Georgsplakette geschaffen, die – sehr selten – an Persönlichkeiten vergeben wird, die, aus dem Pfadfinder- tum kommend, wegweisende gesell- schaftliche Aufgaben übernommen ha- ben und in der Öffentlichkeit wirken.
Bisher ha- ben die Plaket- te erhalten: Bun- despräsident a.D. Horst Köh- ler (BdP), Bun- desminister a.D.
Norbert Blüm (DPSG), Gene- ralinspekteur der Bundeswehr a.D.
Hans-Peter von Kirchbach (VCP), Ruth Schmidt (BdP) und der frühere DPSG Bundes- vorsitzende Anton Markmiller.
Nun wurde die Plakette im Rahmen einer Feierstunde im Gymnasium Johan- neum in Homburg/Saar erneut verge- ben. Anlass war eine vom VDAPG und den F+F Saarland veran-
staltete internationale Be- gegnung ehemaliger Pfad- finderinnen und Pfadfinder.
Das Johanneum war schon deswegen ein charmanter Ort, weil dort 800 Schüle- rinnen und Schüler unter- richtet werden, von denen gut 500 dem hausinter- nen DPSG Stamm angehö-
ren. Das ist damit der größte Pfadfinder- stamm in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa. Der Direktor, Helmut Seiwert, war mächtig stolz auf seine Pfadfinder und dankte umfänglich Pater Hans Ol- lertz, der als guter Geist seit zig Jahren hinter der Initiative stehe.
Die Verleihung richtete sich an Or- trud Krüger, genannt Wato (BdP), über 90 Jahre alt, Bildhauerin und Schöpferin der Plakette, sowie an Reinhard Klimmt, Ministerpräsident des Saarlandes a.D.
und Bundesverkehrsminister a.D., in der Jugend Mitglied im BDP, Vorläufer- verband des heutigen BdP.
Gut 200 Gäste nahmen teil und wur- den vom Vorsitzenden des VDAPG, Hel- mut Reitberger, vom Direktor des Gym- nasiums, und dem Bürgermeister von Homburg, Klaus Roth, der selbst Mitglied der DPSG im Johanneum war, begrüßt.
Den Festvortrag hielt Anton Markmil- ler zum Thema Sankt Georg, in gekürz- ter Form in Heft 74 von notiert bereits abgedruckt.
Laudator für Wato war François Rei- ser aus der Gilde Hessen, auch schon
über 85, äußerst präzise umriss er Watos Wirken in der Internationalität des Pfad- findertums. Ein Satz hat besonders be- rührt: »1951 wurde in Boston bei einem Treffen der amerikanischen Pfadfinde- rinnen für Dich als Vertreterin Deutsch- lands die Schwarz-Rot-Goldene Fahne in die Versammlung getragen. Zu der Zeit eine ganz besondere Ehre.«
Zu Klimmt sprach der saarländische Schriftsteller, Filme- und Liedermacher Alfred Gulden. In der sehr persönlich ge- haltenen Rede arbeitete er Klimmts Ver- bundenheit zur deutsch-französischen Grenzregion heraus, schließlich habe dieser u.a. ein Buch mit dem Titel »Auf dieser Grenze lebe ich« geschrieben. Wo- mit Gulden bei den Büchern war, die Klimmt zig tausendfach umgeben. Und endete: »Reinhard, du hast deinen Pfad gefunden: in den Wörtern der Bücher.«
Ebenso berührend die Antworten der beiden Geehrten. Wato beschwor die Ein- heit des Pfadfindertums, Klimmt betonte, wie wichtig ihm in der frühen Jugend- zeit zwei Bücher waren: »Der Kampf der Tertia« von Wilhelm Speyer und »Das Dschungelbuch« von Rudyard Kipling. In beiden Büchern ginge es um Gerechtig- keit und dies sei ja schließlich ein Grund- anliegen der Pfadfinderbewegung.
Ein kurzweiliger, launiger, nachdenk- licher und sehr schöner Abend.
Georgsplakette
VDaPG
Umweltauszeichnung für Marie-Therese
Becking-Henrichs und Paul Ludwig Henrichs
Das ist doch eine Freude! Unsere Mitglie- der PLH und MTBH erhielten aufgrund ihres überzeugenden Engagements für den Naturschutz eine Auszeichnung.
PLH schrieb uns: »Wir kommen gera- de von einem Flug nach Sardinien zu- rück und müssen uns dringend um die Pflege eines Feuchtbiotops des NABU kümmern, wo u.a. der Riesenbärenklau zu bekämpfen ist und wir nachschau- en müssen, ob die Orchideenstandorte noch ok sind.« Unsere Glückwünsche sind mit den beiden für diesen großen Einsatz und die Ehrung!
Georgsplakette
an Ortrud Krüger und Reinhard Klimmt
Eine gemeinsame Veranstaltung der Altpfadfindergilden und F+F im Saarland
VDaPG
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Udo Lindenberg hat gerade ein neues Al- bum veröffentlicht. Ich verfolge das, weil ich mit Udo ein erfrischendes Erlebnis teile.
1985 fanden die (kommunistischen) Weltjugendfestspiele in Moskau statt. Der Deutsche Bundesjugendring war mit eini- gen Hundertschaften progressiver – nun ja – Funktionäre dabei. Aus der DPSG wa- ren das der damalige Diözesanvorsitzende Paderborn, Hans-Jürgen Marcus, und ich.
Im Gepäck hatte die gesamte Delegation einige Alkoholika, weil KPD-Generalse- kretär Gorbatschow (genannt Mineralse- kretär) gerade die Prohibition in der So- wjetunion ausgerufen hatte. Im Gepäck hatten wir aber auch Udo Lindenberg und Band, das war ein Beitrag zum deutschen Kulturprogramm.
Ankunft Moskau: alle Alkoholika gin- gen an den Zoll. Udo sagte zu mir: »Ohne Alkohol gehe ich nicht einmal hinter, ge- schweige denn auf die Bühne.« Katastro- phe! Wir hatten ein schönes, altes Theater unterhalb des Kremls gemietet, da sollte eine Woche lang das Kulturprogramm stattfinden. Die erste Nacht konnten Udo und Band überstehen, weil die DGB-Ju- gend ein Fass Bier gerettet hatte, das wir konfiszierten. Dann stellte uns die Deut- sche Botschaft ein Auto samt Fahrer zur Verfügung und wir klapperten die Voror- te nach Sprit ab, den es dort unter dem Tisch natürlich reichlich gab. Die Auftrit- te waren gerettet.
Beim Empfang in der Deutschen Bot- schaft sagte Udo zu mir: »Und was machst du sonst so?« Antwort: »Ich bin Bundes-
vorsitzender der Georgspfadfinder«. Udo:
»Pfadfinder war ich auch mal.« Großes Er- staunen, welcher Verband, welche Grup- pe??? Udo: »Weiß ich nicht mehr, Ham- burg.« Frage: »Welches Hemd?« Udo:
»Blau«. »Halstuch?« – »Gelb-Blau«. Da war alles klar, er war im BDP.
Die Auftritte im Theater waren ein rie- sen Erfolg, die Russen und die Internationa- len drückten uns die Türen ein. Die DDR hatte auch ein Kulturzentrum, dort tru- gen betagte Literaten langweilige Texte vor.
Wir haben sie um Längen geschlagen. Al- lerdings lief Udo dann aus dem Ruder, öff- nete auf dem Roten Platz seinen Lederman- tel, zeigte ein T-Shirt mit dem Aufdruck
»Free the Soviet Union« und zog eine Bier- dose aus der Innentasche. Aufruhr, Miliz, vier Stunden Verhandlungen, damit er wie- der raus kam. Der Rote Platz wurde dann für den Rest des Festivals geschlossen, er hatte sich ohnehin zu einem völkerver- ständigenden Ort mit Adressenaustausch entwickelt. Das konnte nicht geduldet wer- den. Ein gewaltiger Umsatzeinbruch für die Schwarzhändler, die mit Schuhcreme eingefärbte Sandkörner als echten Kaviar verkauften. Ins Kaufhaus GUM wollte kei- ner, da gab es außer Sauerkraut und Gur- ken in Dosen ohnehin nichts.
Udo hat dann noch im Gorki-Theater mit einer russischen Rocksängerin, deren Name mir leider nicht mehr einfällt, ein Konzert gegeben. Auch das brach unter dem Ansturm der Massen fast zusammen.
Allerdings hat die Russin unseren Udo in Grund und Boden gesungen.
War das eine schöne Zeit. Ich denke, zum Zusammenbruch des Sowjet-Impe- riums haben wir auch einiges beigetra-
gen. AM
PinKes-Forum GettyimaGes
Das schreibt die Rheinische Post, Düsseldorf
Ihr Markenzeichen ist ein roter VW- Bus, beladen mit Plakaten, Nistkästen oder Material für Info-Stände, und ihre Leidenschaft ist der Naturschutz. Seit 30 Jahren engagiert sich das Ehepaar Paul Ludwig Henrichs und Marie-The- rese Becking-Henrichs aus Hellerhof für Flora und Fauna. Nun erhielten die beiden NABU-Mitglieder (Natur- schutzbund Deutschland) den zehnten Auenkauz, eine Auszeichnung der Bio- logischen Station Haus Bürgel für her- vorragenden ehrenamtlichen Einsatz im Naturschutz. Verliehen wurde die Bronze-Plastik - ein kleiner Steinkauz - im Rahmen der Veranstaltung »Aktuel- les aus der Arbeit der Biostation.«
Es habe sich sozusagen aufgedrängt, die beiden mit dieser Auszeichnung zu würdigen, sagt Elke Loepke, Leiterin der Biologischen Station. »Als Laien verfügen sie über ein enormes Wis-
sen, das sie gerne an andere vermit- teln.« Der Vorstand von Haus Bürgel habe richtig erkannt, so Paul Ludwig Henrichs bei der Verleihung, dass der Preis ihm und seiner Gattin gemein- sam gebühre. »Ohne meine Frau hät- te ich das alles nicht bewerkstelligen können«, sagte der 84-Jährige. »Das al- les« umfasst gebündelt zahlreiche Ak- tivitäten bescheiden im Hintergrund.
Ob Aufbau oder Betreuung von Info- ständen, das Verteilen von Nistkästen, Hand anlegen beim Wiesenmähen und Heckenschneiden - das Ehepaar Hen- richs, beide in den Achtzigern, scheut weder Zeit noch Mühe. Auch die Ver- pflegung der Helfer bei den Einsätzen und Berichte zum Naturschutz haben sie sich zu Eigen gemacht. (bgw)
Der mit dem blauen Hemd auf dem Roten Platz
rheinische Post
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HILDE GARD von Bingen
Hildegard empfängt eine göttliche Inspiration und gibt sie an ihren Schreiber weiter.
Miniatur aus dem Rupertsberger Codex
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»Im Jahre des Herrn 1141 der Menschwerdung Je- su Christi, als ich zwei- undvierzig Jahre und sie- ben Monate alt war, sah ich ein überaus stark funkelndes Licht aus dem geöffneten Him- mel kommen. Es durchström- te mein Gehirn, mein Herz und meine Brust ganz
und gar, gleich einer Flamme, die jedoch nicht brennt, sondern erwärmt. Es erglühte mich so, wie die Sonne einen Gegen- stand erwärmt, auf den sie ihre Strahlen ergießt.
Und plötzlich hatte ich
die Einsicht in den Sinn
und die Auslegung des Psal-
ters, des Evangeliums und
der anderen Schriften des Al-
ten und Neuen Testamentes.«
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notiert 75 - Orientierung
Hildegard in einem Brief an ihn eindeutig Stellung, bekannte sich zu Papst Alexander III. und schrieb freimutig: »Gib acht, dass der höchste König dich nicht zu Boden streckt!«
»Kraftvoll protestiert« hat Hildegard »gegen Bischöfe und Papst«, wie Papst Benedikt XVI. 2006 sagte. Sie hatte einen ex- kommunizierten Edelmann, der sich aber mit der Kirche wie- der ausgesöhnt hatte, auf dem Rupertsberg in geweihter Erde begraben; der Bischof von Mainz verlangte, dass er ausgegra- ben und auf den Schandacker geworfen werde. Hildegard aber schrieb ihm, dass sie seiner Aufforderung nicht nachkommen werde, denn die Gerechtigkeit stehe über dem Gehorsam. Da- rauf verhängte der Bischof das Interdikt, wonach keine Sak- ramente mehr gespendet werden durften, so dass ihr ganzes Kloster von jeder sakramentalen Handlung ausgeschlossen war. Hildegard blieb dennoch bis zu ihrem Tod dem Grund- satz treu, »denn es brannte in ihrer Brust eine Liebe, die kei- nen Menschen ausschloss«, so Hildegards Biograf, der Mönch Gottfried Theoderich.
Das Schrifttum und weiteres Wirken
Ihr erstes, 1141 bis 1147 verfasstes visionäres Werk »Liber Sci- vias Domine« schrieb Hildegard zusammen mit Propst Volmar, den sie »Symmista«, Miteingeweihten, nannte. Das schwer ver- ständliche Buch ist durchweg prophetisch und mahnend in der Art von Ezechiel und der Offenbarung des Johannes gehalten.
Hildegard schlägt einen großen heilsgeschichtlichen Bogen von der Schöpfung der Welt und des Menschen über das Werden und Sein der Kirche bis zur Erlösung und Vollendung am Ende der Zeiten. Die ewige Geschichte von Gott und Mensch, von Abkehr und Hinwendung des Menschen zu seinem Schöpfer, wird in immer neuen Bildern anschaulich gemacht.
Hildegard war auch Dramaturgin, Dichterin und Komponis- tin, verfasste Texte und Melodien zu 77 Liedern und das Sing- spiel »Ordo Virtutum« (Spiel der Kräfte), in dem sie den ewi- gen Kampf zwischen Gut und Böse in dramatischen Dialogen zur Darstellung bringt. Musik war für Hildegard eine beson- dere Gabe Gottes zur Unterstützung des Heilsweges des Men- schen. Theologisch brachte sie dieses Thema in ihrem zwei-
D
as schreibt Hildegard von Bingen im Vorwort zu ihrem ersten Buch »Liber Civias Domini« (Wisse die Wege Gottes). Geboren wurde Hildegard um 1098 in Ber- mersheim als zehnte Tochter des rheinfränkischen Edelfreien Hildebert von Bermersheim-Alzey und seiner Frau Mechthild.Schon als kränkliches Kind hatte sie Visionen; sie behielt die- se prophetische Gabe, Vorauszusehen und Gegenwärtiges im Blick auf die Zukunft richtig zu deuten, ihr Leben lang.
Auf dem Disibodenberg
Hildegard wurde ab ihrem achten Lebensjahr bei ihrer Ver- wandten Jutta von Sponheim in deren Klause erzogen, aus der dann das Benediktinerinnenkloster Disibodenberg wuchs.
Der uns etwas seltsam anmutende Name des Klosters geht zurück auf den irischen Mönch Disibod (619-700), der dort mit weiteren Mönchen eine Zelle errichtete, aus der nach sei- nem Tod das Kloster entstand. Auch hier war Hildegard im- mer wieder krank, kaum fähig zum Gehen, oft auch durch Sehbehinderungen eingeschränkt. Nach Juttas Tod 1136 wur- de Hildegard deren Nachfolgerin als Priorin, entschied aber, 1147/48 ihr eigenes Kloster über dem Grab des Rupert von
Bingen zu gründen.
Auf dem Rupertsberg
Hildegard zog 1151 mit 18 Schwestern in dieses heute nicht mehr vorhandene Kloster auf den Rupertsberg bei Bingen und war die Äbtissin. Männer und Frauen aller Stände des Volkes suchten sie in ihrem Kloster auf oder baten schriftlich um ihren Rat; mit Kaiser Friedrich Barbarossa führte sie einen ausführ- lichen Briefwechsel. Da sie selbst nicht perfekt Latein konnte, diktierte sie alle ihre Schriften. 1165 gründete sie das heute noch bestehende Tochterkloster Eibingen.
Hildegard war Künstlerin und Wissenschaftlerin, Mysti- kerin und Ärztin, Dichterin und darüber hinaus politisch en- gagiert, dennoch von zartem und gebrechlichem Wesen und dies in einer von Männern dominierten Welt. Ihre Regeln für eine gesunde Lebensführung klammerten auch die Sexuali- tät nicht aus, ihre Gedanken zur Rolle der Frau waren mutig und richtungsweisend. Unter dem ständigen Druck der über sie kommenden Gesichte begann Hildegard 1141, ihre Visio- nen schriftlich festhalten zu lassen; dabei half ihr der Mönch Volmar, der sie schon bei ihrer Ausbildung im Kloster als Ma- gister begleitet hatte.
Hildegard als Predigerin und Mahnerin
Hildegard predigte auch auf dem Marktplatz in Trier und öf- fentlich auf vier Reisen, sie beriet Kaiser Barbarossa in Ingel- heim am Rhein, ritt noch in hohem Alter in die Klöster Maul- bronn und Zwiefalten, von innerem Licht beauftragt, ihre himmlische Belehrung mitzuteilen. Nach Aufstellung des drit- ten Gegenpapstes, Callistus III., durch Kaiser Barbarossa bezog
Kloster Rupertsberg
WiKiPeDia
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»Causae et Curae« (Ursachen und Behandlung) und ihrer »Phy- sica« (Naturkunde), wird deutlich, dass Heil und Heilung des kranken Menschen allein von der Hinwendung zum Glauben ausgehen kann, denn der Glaube allein bringt gute Werke und eine maßvolle Lebens-Ordnung hervor. In ihren über Jahrzehn- te bis zu ihrem Tod geschriebenen Büchern »Liber Simplicis Medicinae« und »Liber Compositae Medicinae« hat Hildegard 280 Pflanzen und Bäume katalogisiert und nach ihrem Nut- zen für Kranke aufgelistet. Der Rupertsberg wurde das Zen- trum der Kranken, Hilfe- und Ratsuchenden des ganzen da- maligen Rheingaus.
Mahnerin gegen Verweltlichung
Hildegards seelsorgliche Arbeit galt vor allem dem Klerus, der damals zu verweltlichen drohte. Alle, die ein Vorsteher- amt zu verwalten hatten, warnte sie vor Härte und empfahl Barmherzigkeit und Maßhaltung. In Köln sprach sie öffent- lich zum Klerus: »Ihr seid eine Nacht, die Finsternis ausat- met, und wie ein Volk, das nicht arbeitet. Ihr liegt am Bo- den und seid kein Halt für die Kirche, sondern ihr flieht in die Höhle eurer Lust. Und wegen eures ekelhaften Reich- tums und Geizes sowie anderer Eitelkeiten unterweist ihr eure Untergebenen nicht. Ihr solltet eine Feuersäule sein, den Menschen vorausziehen und sie aufrufen, gute Werke zu tun.« Das erinnert doch stark an Papst Franziskus.
Der Tod und die schwierige Frage der Kanonisierung
Hildegard stirbt am 17. September 1179 auf dem Ruperts berg.
Schon Papst Gregor IX. leitete um 1235 ein Heiligspre- chungsverfahren ein, das aber nie zu Ende geführt wurde, weil das Bistum Mainz immer wieder Widerstand leistete; es ging dabei um die damals noch nicht endgültig geklärte Fra- ge, ob der Bischof oder nur der Papst für die Kanonisation zu- ständig ist. Ein letztes ordentliches Kanonisationsverfahren unter Papst Innozenz IV. führte 1244 deshalb auch zu kei- nem Ergebnis. Dennoch wurde sie 1584 ins Martyrologium Romanum aufgenommen.
1979 leitete die AG Katholischer Frauenverbände und -grup- pen eine neue Initiative ein. Die Deutsche Bischofskonferenz stellte in Rom den Antrag, Hildegard als Kirchenlehrerin an- zuerkennen; Voraussetzung dafür wäre aber eine offizielle Hei- ligsprechung. Deshalb wurde wieder eine Prüfung eingeleitet.
Am 10. Mai 2012 hat Papst Benedikt XVI. schließlich angeord- net, dass sie ohne förmliches Verfahren in den Heiligenkalen- der aufgenommen werde; dies ist aber keine Heiligsprechung im üblichen Sinn, denn dazu bräuchte es einen liturgischen Akt in einem Gottesdienst; der Papst hat also eigentlich nur angeord- net, was seit 1584 gilt.
Am 7. Oktober 2012 wurde sie von Papst Benedikt XVI.
zur Kirchenlehrerin erhoben.
Quelle: Ökumenisches Heiligenlexikon.
ten großen Hauptwerk, dem »Liber Vitae Meritorum« (Buch des verdienstlichen Lebens), verfasst 1158 bis 1163, noch ein- mal zur Sprache. Der Mensch, so Hildegards Grundanliegen, ist frei geschaffen und sein Leben lang in die Entscheidung ge- stellt, seiner in der Schöpfung grundgelegten Gottesebenbild- lichkeit zu entsprechen.
Betrachtung der Natur aus dem Licht des Glaubens
Ihr letztes, 1163 bis 1170 entstandenes Werk war das »Liber Divi- norum Operum« (Buch der göttlichen Werke), eine Betrachtung der Natur im Licht des Glaubens, ein gewaltiges, den gesamten Kosmos betrachtendes Werk. Hildegard lässt die Welt als Kunst- werk Gottes aufstrahlen; der Mensch erscheint als Mikrokosmos, der in all seinen körperlichen und geistigen Gegebenheiten die Gesetzmäßigkeiten des gesamten Makrokosmos widerspiegelt.
Alles ist aufeinander bezogen, wechselseitig mitein ander verbun- den und in Gott untrennbar vereint. »O Mensch«, ruft Hildegard aus, »schau dir doch den Menschen richtig an: Der Mensch hat ja Himmel und Erde und die ganze üb- rige Kreatur schon in sich selber und ist doch eine gan- ze Gestalt«.
Der Gedanke der Einheit und Ganzheit ist auch der Schlüssel zu Hildegards natur- und heilkundli- chen Schriften.
Krankheit ist für sie ein Defizit oder Ungleichgewicht, Gesundheit da- gegen das Gleich- gewicht der Seele.
In ihren Werken Ruine des Klosters Disibodenberg
WiKiPeDia
»Die wahre Dreiheit in der wahren Einheit«
aus dem Rupertsberger Codex.
Die Abbildung deckt sich mit der Anschau- ung klassischer Zen-Gärten.
WiKiPeDia
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notiert 75 - Orientierung
W
enn wir ans Mittelalter den- ken, fügen wir gerne die Be- zeichnung »finster« hinzu.Wir halten das finstere Mittelalter für eine rückständige Zeit, in der die Frau unselbständig und unterdrückt war, in der man von Naturwissenschaften keine Ahnung hatte, und in der die Kirche als mächtige Institu- tion die Gläubigen in Angst und Gehorsam hielt. Daran ist wahr- scheinlich manches zutreffend.
Desto mehr kann uns das Leben einer Frau aus dem 12. Jahrhun- dert überraschen: das Leben der Hildegard von Bingen.
»Typisch« Mittelalter
Hildegard kam schon als junges Mäd- chen ins Kloster und hatte keine richtige Ausbildung – die war Männern vorbe- halten. Trotzdem wird sie zu einer he- rausragenden Persönlichkeit ihrer Zeit;
sie schreibt und redet mit Kaiser und Papst, mit Bischöfen, Fürsten und Pro- fessoren – und sie ist für tausende so- genannte kleine Leute und Kranke da.
Sie beschäftigt sich mit Theologie und geht auf Predigtreisen. Am Rande: Vor einigen Jahren hat Rom verboten, dass Frauen in der Messe predigen. Finste- res Mittelalter?
Hildegard als Predigerin
Und wie Hildegard predigte! Offen kriti- sierte sie Missstände in der Kirche. Hier ein Stück Originaltext aus einer Predigt an die Priester: »Ihr halsstarriges Volk, das vor lauter Wohlstand nicht mehr im Licht lebt. Ihr tut und lasst nur, was euch gerade gefällt. Ihr habt nicht einmal Au- gen im Kopf. Mit eurem leeren Getue ver- scheucht ihr bestenfalls im Sommer ei- nige Fliegen. Des ekelhaften Geldes und Geizes wegen bildet ihr nicht einmal eu- er Volk aus und braucht alberne Ausre- den.« So Hildegard. Als vor 38 Jahren eine junge Frau aus dem BDKJ beim Be- such von Papst Johannes Paul II. in Mün- chen vorsichtig kritische Fragen stellte, wurde das als ungeheuerlicher Vorgang bezeichnet. Soviel zum freien Wort in der Kirche damals und heute.
doch von sich selbst: »Immer ist zittern- de Furcht in mir. Ich werde mich schon zu behaupten wissen. ER möge mich hal- ten, in dessen Hand alle Zeit liegt, der al- les zum Heil führt.« Ihr Mut gründete also in einem tiefen Glauben, nicht im Vertrauen auf eigene Kräfte.
Medizin für
den ganzen Menschen – Leib und Seele
Bekannt ist Hildegard heute be- sonders durch ihre Medizin. Sie sammelte Erkenntnisse der grie- chisch-römischen Medizin und der Volksheilkunde. Sie hatte Ah- nung von den Kräften der Natur, von Heilpflanzen und ihren Wirkungen.
Aktuell finde ich, wie sie betonte, dass man stets den ganzen Menschen sehen müsse. Heilung und Heil geschieht nach ihrer Überzeugung durch ein glaubens- gemäßes, maßvolles Leben. Hat die soge- nannte Schulmedizin nicht oft den gan- zen Menschen aus den Augen verloren und sieht und behandelt nur einzelne Or- gane? Zudem dürfte Hildegards natürli- che Medizin nicht ganz so teuer gewesen sein wie die heutige Schulmedizin.
Es war Hildegard ein zentrales An- liegen: stets das Ganze zu sehen: den ganzen Menschen, Leib und Seele, Geist und Sexualität, Gott und Schöp- fung. Mensch, Tier und Pflanzen gehen aus der einen Schöpfung hervor und al- les ist eingebettet in einen großen Heils- plan, wörtlich: »Jedes Geschöpf ist mit den andern verbunden, und jedes We- sen wird durch ein anderes gehalten.«
Auch der Mensch ist eingebunden. Er hat eine besondere Stellung und trägt Verantwortung für sich und die gesam- te Schöpfung. Alle sind verantwortlich, dass es Hoffnung gibt für viele, die sonst verzweifeln. Kein noch so kleines Be- mühen ist dabei umsonst. Nichts geht verloren oder ist unwichtig. Jedes gute und heilsame Wort, jede gute und auf- bauende Tat, »jedes Salböl der Barmher- zigkeit und Liebe« hat Auswirkungen auf das Ganze und lässt das Angesicht der Erde wieder ein Stück menschlicher erscheinen.
Gewissen geht vor Autoritäten
Besonders beeindruckt mich, wie Hilde- gard ihrem Gewissen mehr gehorchte als kirchlichen Autoritäten, wie es in der Epi- sode mit dem jungen Adeligen zum Aus- druck kommt, als sie sich dem Bischof
von Mainz nicht unterwarf. Er verhäng- te das Interdikt, eine Kirchenstrafe, nach der keine Gottesdienste gestattet waren.
Hildegard widerstand zwei Jahre lang.
Nach zähem Ringen wurde das Inter- dikt aufgehoben. Soviel zum Gehorsam im Mittelalter: zuerst kam für Hildegard der Gehorsam gegenüber Gott und ihrem Gewissen.
Mut und zitternde Furcht
Auseinandersetzungen hatte Hildegard vielfältig: ihre Rechtgläubigkeit wurde überprüft und mit Politikern stritt sie we- gen Verschwendung des Geldes für militä- rische Rüstung. Sie war mutig – und sagt
Hildegard von Bingen:
Eine mutige Frau mit Visionen
Chor der Engel, die Gott loben und die Welt beschützen, aus dem Rupertsberger Codex.
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notiert 75 - Orientierung Gott hat uns aus der Liebe
heraus geschaffen
Das Leben sah Hildegard als umgeschul- detes Geschenk Gottes. Aus Liebe sind wir geschaffen, sagt sie, und diese Lie- be lässt uns geborgen sein in der Hand Gottes. Unsere unzerstörbare Herkunft von Gott ist der Grund dafür, dass wir Hoffnung haben dürfen.
Bei allem Gottvertrauen war Gott selbst für Hildegard allerdings unbe- greiflich. »Die Gräslein können den Acker nicht begreifen, aus dem sie sprie- ßen.« Aber in der Schöpfung sah sie den Schöpfer: »Der gläubige Mensch richtet sein Trachten immer auf Gott, dem er in Ehrfurcht begegnet.« Sehr schön fin- de ich auch ihr Wort: »Wenn ich mit offe- nen Augen betrachte, was du, mein Gott, geschaffen hast, besitze ich hier schon den Himmel. Ruhig sammle ich
im Schoß Rosen und Lilien und alles Grün, während ich deine Werke preise.«
Das innere Sehen
Das Sehen ist für sie ein zen- trales Thema – damit meine ich ihren kritischen Blick auf gesell- schaftliche Verhältnisse, auf die Menschen und die Schöpfung, aber das Sehen spielte auch in ihrem Verhältnis zu Gott eine wichtige Rolle: sie hatte – so sagt sie selbst – Visionen. In ihrem
Innern sah sie manchmal Gott und die Welt. Ich weiß nicht, wie das geschah.
Aber schon das Alte Testament erzählt von einem blinden Seher, der tiefer sah als die damals Mächtigen. Die Evange- listen brauchen das Wort »sehen« oft in einer doppelten Bedeutung, wenn es z.B.
in der Emmausgeschichte heißt: Ihre Au- gen waren gebunden, bis Jesus das Brot brach. Da fiel es wie Schuppen von ihren Augen und sie erkannten ihn, aber er war nicht mehr zu sehen. Man sieht nur mit dem Herzen gut, sagt der Fuchs zum Kleinen Prinzen. Genug, um deutlich zu machen: Es gibt ein inneres Sehen, das tiefer sieht als die Augen. Hildegard sah in ihren Visionen Gott, die Welt und sich selbst. Von ihr stammt das geheimnis- volle Wort: Im Angesicht Gottes erken- ne der Mensch sich selbst.
Ich möchte dieses Wort so weiterfüh- ren: Im Angesicht einer Heiligen wie Hil- degard sehe ich mich neu, erkenne, wie klein und ängstlich ich bin, wie kleinka- riert kirchliches und politisches Handeln heute oft ist, wie eingebildet und blind.
Menschen, die aus dem Glauben leben, haben Mut und eine tiefere Sicht der Din- ge, der Welt und der Menschen.
Das Wunder entdecken und staunen
Natürlich war Hildegard ein Mensch ihrer Zeit. Wer mehr von ihr und über sie liest, kann Worte und Meinungen entdecken, über die wir heute den Kopf schütteln.
Aber ich bin vorsichtig geworden: Man- ches, was vor 50 Jahren als verstaubt galt, wird heute neu gesehen. Und auch wir sind Menschen unserer Zeit. Dennoch: In unserer Zeit müssen wir unsern Weg gehen – hoffentlich einge- bettet ins Ganze der Schöpfung.
Und wenn wir Gott nicht be- greifen, so finde ich Hildegards Wort tröstlich vom Gräslein, das den Acker nicht begreift. Und nicht nur Gott, die ganze Schöp- fung, das Leben und vieles an- dere bleibt für mich ein Wun- der, das mit jeder Entdeckung größer wird und über das ich immer nur staunen kann.
pfarrer Dr. herBert Kaefer,
Gemünd
Bereits im September 2015 wurde in der Sitzung von Vor- stand und Beirat und in Abstimmung mit dem Bundesvorstand der DPSG beschlossen, 2017 im Bundeszentrum Westernohe wieder einen Treffpunkt anzubieten. Aus An- lass von 110 Jahren Pfadfinden laden die Freunde und Förderer der DPSG – Bundesverband – und die Bundeslei- tung der DPSG alle aktiven und ehe- maligen Pfadfinderinnen und Pfadfinder
am 9. September 2017 nach Westernohe ein. Es wird ein Tag der Begegnung der Generationen und des Ge-
dankenaustausches sein. Erste Ideen zur Programm- gestaltung wurden entwickelt und mit Georg
Jansen (Aachen) ein Mitorganisator gefunden, der früher im Bundesamt und beim BDKJ in Verantwortung war und über vielfäl-
tige Erfahrungen mit der Durchfüh- rung von Veranstaltungen im Bundes- zentrum verfügt.
Save the date: 9. September 2017 in Westernohe. Weitere Informationen und wichtige Hinweise finden sich in »notiert« und im Internet.
Treffpunkt Westernohe für 2017 geplant
Wie sich die Bilder gleichen: Chor der Engel in der Kirche Debre Berhan Selassie (Kirche der Dreifaltigkeit auf dem Berge des Lichts) in Gondar, Äthiopien (18. Jhd.).
WiKiPeDia
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AUS DEM BUNDES- VERBAND
So waren die Zeiten
1907 hält Robert Baden Powell das erste Zeltlager auf Brownsea Island an der Süd- küste Großbritanniens ab. Mit 22 Jungen aller sozialen Schichten erprobt er erst- mals sein Konzept einer Pädagogik des Erlebens und der Verantwortung für den Einzelnen und die Gruppe. Der 1. August, der Tag nach dem ersten Lagerfeuer, gilt als Gründungstag der Weltpfadfinderbe- wegung. 1956 rufen die Georgsritter (heu- te Rover) zu einem bundesweiten Sozial- werk auf: In Westernohe im Westerwald entsteht in vielen Stunden Eigenarbeit ein Zeltlagerplatz und ein Ferienheim für be- hinderte Menschen – das heutige Bundes- zentrum der DPSG.
Zwei Daten – ein Zusammenhang
2017 erinnern wir uns an 110 Jahre Pfad- finderbewegung und 61 Jahre Bundeszen- trum Westernohe. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Die Pfadfinder- bewegung basiert auf den Prämissen der Erlebnispädagogik, des sozialen Engage- ments, des Erlernens von Verantwortung und der Internationalität. All das manifes- tierte sich auf Brownsea Island und prägt heute das pfadfinderische Leben in Wes- ternohe und allen anderen Zentren der Bewegung, vom kleinen Gruppenraum über die Zeltplätze und Zentren der Stäm- me, Bezirke, Diözesen, des Bundes – und das weltweit. Auf Brownsea Island wurde nicht nur ein Lagerfeuer entzündet, son- dern ein Feuer in den Herzen von jungen Menschen, das bis heute brennt und wei- tergegeben wird.
Brennen für die Zukunft
Wer Pfadfinder ist, der blickt nach vorn, hat aber auch die Vergangenheit im Blick. Denn die Gestaltung der Zukunft ist nicht möglich, ohne die Errungen- schaften und die Katastrophen des Ver-
gangenen einzubeziehen. Gerade weil Pfadfinderinnen und Pfadfinder die Welt von heute und morgen mitgestalten wol- len, müssen sie aus Vergangenem Leh- ren ziehen. Das gilt insbesondere für uns Deutsche nach den Verbrechen des 20.
Jahrhunderts. Dass wir als deutsche Pfad- finder gleich nach 1945 wieder Aufnah- me in eine internationale Gemeinschaft – zu nennen sind hier vor allem die Be- züge zu den Boy Scouts of America, den Scouts de France und der israelischen Pfadfinderbewegung – gefunden haben, ist ein Beweis internationaler Solidari- tät. Das ist ein Auftrag für die Gestal- tung der Zukunft.
Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind eindeutig
Ich sage was ich tue und tue was ich sage. So einfach und doch hochkom- pliziert ist die Logik eines aufrichtigen Lebens. In den Gruppen und Stämmen wird diese Logik altersgemäß vermittelt, daraus erwächst im verbandlichen Zu- sammenhang eine eindeutige Positio- nierung in der Ablehnung jeglichen Ras- sismus und Nationalismus sowie eines Eintretens für Unterdrückte und Men- schen in Armut und Not.
Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind vielfältig
Der gelebte Gedanke einer internatio- nalen Jugendbewegung ist faszinierend.
Wer einmal an einem internationalen Treffen der Pfadfinderbewegung teilge- nommen hat, wird das glühend bestä- tigen können. Über alle Ethnien, Reli- gionen, Nationalitäten, Genderspezifika hinweg finden sich Menschen zusam- men – junge und alte – die eines ver- bindet: das Engagement für eine Welt in Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
Warum 2017 in Westernohe?
Die zwei Jubliäumsdaten sind nur ein Aufhänger. Viel, viel wichtiger ist es,
dass wir jetzt zusammenstehen müs- sen, wenn das Zusammenleben auf die- ser Welt von autoritären Systemen be- droht wird, der Terror um sich greift, die Feindlichkeit gegenüber allem Fremden zunimmt. »Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf«, schreibt der Römer Titus Mac- cius Plautus bereits im 3. Jhd. n. Chr., und das ist auch heute noch zutreffend. Also müssen wir Position für unsere Überzeu- gungen beziehen und auch Perspektiven für eine men- schenwürdige, gute Zukunft entwerfen. Das macht die Pfad- finderbewegung weltweit seit ihrer Gründung.
Sich darauf zu versichern und am Diskurs teil- zunehmen, da- zu laden wir für den 9. Septem- ber 2017 nach Westernohe ein.
Treffpunkt Westernohe – 9. September 2017
Pfadfinder – eindeutig vielfältig
am
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D
ie Ebernburg in Bad Münster am Stein, erbaut 1338, ist ein Juwel. Hoch thront sie wie eine Krone über dem Nahetal und sieht un- einnehmbar aus, doch wurde sie sowohl im 16. als auch im 17. Jhd. zerstört, aber immer wieder aufgebaut. Heute ist sie evangelische Bildungsstätte und beher- bergte das Jahrestreffen 2016 und die 45.Mitgliederversammlung des Vereins.
Blick nach vorn
Über 70 Teilnehmerinnen und Teilneh- mer kümmerten sich um die Belange des Verbandes, wandelten auf den Spuren der Hl. Hildegard von Bingen und interes- sierten sich für den regionalen Weinbau.
Natürlich kam das »weißt du es noch?«
nicht zu kurz, aber unsere Treffen zeu- gen doch von perspektivischer Diskus-
sionskultur. Und es ging ganz wesent- lich um die Zukunft des Vereins. Die Zusammenarbeit mit den korporativ an- geschlossenen Verbänden hat gute Fahrt aufgenommen. Mit den Einzelmitglie- dern wird es schwieriger, der Alterungs- prozess schreitet voran und es ist deshalb unumgänglich, neue Mitglieder zu wer- ben, wozu eine Arbeitsgruppe eingerich- tet wurde. Selbstverständlich wird das in enger Kooperation mit der DPSG er- folgen, nur gemeinsam kommen wir hier zu tragfähigen Ergebnissen. Wir werden die Zwischenschritte der AG in notiert und im newsletter dokumentieren, so
dass ihr alle mitdiskutieren könnt. Den Blick nach vorn hat die Versammlung auch dadurch freigemacht, dass sie den Vorstand einstimmig entlastete.
Wahlen
Leider ist es nicht gelungen, eine Vor- sitzende und einen Vorsitzenden zu wählen. Das ist noch nicht existentiell bedrohend, da Alexander Michel als Schatzmeister und Robert Seifert als Schriftführer in den Vorstand wieder- gewählt wurden und eine einstimmig be- schlossene Satzungsänderung die recht- liche Absicherung ermöglicht. So kann es aber nicht weitergehen, wir müssen wieder zu einem vollständig besetzten Vorstand finden. Auch ist die Arbeitsbe- lastung für die Verbliebenen sehr hoch, es wird ja alles ehrenamtlich gemacht.
Jahrestreffen 2016
auf der
Ebernburg
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alexanDer michel
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Abschied ein leicht schelmischer Blick auf etymologischer Grundlage.
Gunhild. Kein sehr gebräuchlicher Name bei uns. Im Norden Europas aber schon. Der Name ist altnordisch,
»gunnr« bedeutet der Kampf, »hildr« die Schlacht. Andere Lexika sprechen auch von »der Kämpferin« und »der Zauberin, die mit dem Stab kämpft«.
Wir sind schon recht nahe an der Sa- che, denn intellektuelle Schlachten um Wie schon bisher, ist Dominik Naab als
Bundesvorsitzender der DPSG geborenes Mitglied im Vorstand.
Beirat und Verabschiedungen
Zum Glück ist der Beirat erneut kompe- tent besetzt worden, es wirken mit: Pe- ter Kurtscheid, Peter Bleeser, Albert Fast- ner und Georg Jansen. Susanna Kersting und Robert Bachmann sind ausgeschie- den und wurden verabschiedet. Verab- schiedet wurde aber auch Gunhild Pfeif- fer, die nach neun Jahren als Vorsitzende aus beruflichen Gründen nicht mehr kan- didierte. Dominik Naab dankte Gunhild nicht nur für die Vorsitzendentätigkeit bei den F+F, sondern auch für ihr lang- jähriges Engagement um den gesamten Verband, gerade auch als Diözesanvorsit- zende in Berlin. Gunhild freute sich sehr über die überreichten drei Säulenapfel- bäume, die im überaus charmanten Ber- liner Schrebergarten unterkommen wer- den. Schon die Sorten verströmen Poesie:
Rhapsodie, Rondo und Sonate. Da gelingt das Leben in der Laube.
Mit Volldampf gen 2017
Für das kommende Jahr richtet sich die geballte Energie unseres Verbandes auf Westernohe: Jahrestreffen vom 28. Ap- ril bis zum 1. Mai in Rehe bei Westerno- he und dann der Treffpunkt Westernohe am 9. September zum Thema 110 Jah- re Pfadfinderbewegung weltweit. Nicht zu vergessen auch der DPSG-Großtermin
»Pfingsten in Westernohe« vom 2. bis
Bildlegenden zu der unteren Bildleiste:
1 Der Vorstandstisch. Staatstragend und freundlich-kooperativ-solidarisch-stringent.
2 Während die anderen ihre Stimmzettel ausfüllen, halten Gunhild und Harry einen kleinen Plausch.
3 Die Wahlurne wandert an der Hand von Susanne durch den Saal. Nie haben wir eine passende Urne parat, da muss schon mal der Papierkorb herhalten.
4 Gut beschirmt und fröhlich, nur der Papi guckt so ernst…
Ein kleiner Text
für Gunhild und Bernhard
Ein Novum war es, als Gunhild 1982 erste weibliche Diözesanvorsitzende der DPSG wurde, ein Amt, das sie bis 1988 ausübte. Schon vorher war sie Di- özesanreferentin Wölflingsstufe in Ber- lin, von 1976 bis 1982. 2007 wurde Gunhild erste F+F Vorsitzende. Dass das damals noch Stellvertretende Vor- sitzende hieß, kann man vernachlässi- gen, Gunhild war immer Vorsitzende, nix mit Stellvertretung
Also Gunhild. Katholisch, das hat in Berlin durchaus einen Migrantensta- tus, die meisten Katholiken waren ja aus Schlesien eingewandert. Ausgesprochen freundlich. Kompetent und Kooperativ.
Pragmatisch zupackend. Hart in der Sa- che, verbindlich im Ton. Pädagogische Qualifikation. Hat ein ausgeprägtes Früh- warnsystem für Konflikte. Bietet Lösun- gen an und verhandelt diese. Beste Vo- raussetzungen für Leitungsämter. Zum 6. Juni, F+F sind dort immer mit einem Info-Stand vertreten. Empfehlung der Re- daktion notiert: Termine schon mal ein- tragen und Teilnahme einplanen!
Unser Bundeszentrum thront auch wie eine Krone über den Hügeln von Kirschbaum, Altenberg und Gallpüsch im rauen Westerwald, anders als die Ebernburg ist es unkaputtbar, auch wenn da jedes Jahr zigtausende Pfadfin- derinnen und Pfadfinder einfallen.
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rotrauD KilGer
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Gunhild, wie wir sie kennen: in Äktschn, wie nicht nur der Berliner sagt. Aus dem Hintergrund heraus sagt die Hl. Hildegard das Wesentliche.
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Mittelalters gewidmet. Zentrales Anlie- gen ist es, Hildegard von Bingen als his- torische Person in der Lebenswirklichkeit des 12. Jahrhunderts erkennbar werden zu lassen. Zudem wird besonderes Au- genmerk auf die Wahrnehmung Hilde- gards durch die Zeiten vom Mittelalter bis zur Gegenwart gerichtet. So will das Museum seinen Beitrag zur Verbreitung eines von legendenhaften Zügen befrei- ten, historisch fundierten Hildegard-Bil- des leisten.
Das gelingt auch gut über Schaubil- der, Vitrinen, Fotos, Filme, Anschau- ungsgegenstände und der ehemals tech- nische Raum hat ja auch durchaus etwas Sakrales. Das war bei den frühen Indus- triebauten durchaus gewollt, hier dient es nun dem Erscheinungsbild der Hil- degard-Ausstellung (so hatten es sich die technikgläubigen und wahrschein- lich laizistischen Erbauer sicher nicht gedacht).
Der Hildegarten
Die ganzheitliche Schau des Lebens der Hl. Hildegard erschließt sich dann aber im Klostergarten, liebevoll »Hildegarten«
genannt. Wir stehen zwischen üppig wu- chernden Kräuterbeeten, Sträuchern und Bäumen, jedes Gräslein und Kräuter- chen hat seinen Namen und seine Be- stimmung. Sie alle verweisen auf ihren Anteil an einer gesunden Lebensweise.
Man kann sehen, anfassen, schmecken und es duftet herrlich dort, so dass al- le Sinne angesprochen werden, denn auch das Gehör wird durch das Brum- die Zukunft unserer DPSG haben wir
genügend geschlagen. Eigentlich nie gegeneinander, sondern immer für unse- re gemeinsame Sache. Es waren, genau genommen, auch keine Schlachten, son- dern Diskurse. Du warst immer eine kri- tisch-solidarische Partnerin, um die DPSG weiter zu entwickeln und die im Pfadfin- dertum leider implizit angelegte Streiterei in vernünftige Bahnen zu lenken. Das hat schon was von der »Zauberin«.
Es war auch keine leichte Aufgabe, den Diözesanverband Berlin auf dem Weg zu halten. Erst die eingekesselte Si- tuation im ummauerten Berlin, absolute Diaspora, dann der Aufbruch in eine va- ge Zukunft nach der Wiedervereinigung.
Plötzlich umfasste das Erzbistum Berlin, Brandenburg und Vorpommern. Es war ein guter Schritt, mit dem Diözesanzen- trum in Grenz, bei Prenzlau, einen eige- nen Ort der DPSG im Erzbistum zu schaf- fen. Das bringt Identifikation, das bringt Erlebnis- und Erfahrungsfelder für junge Menschen. Und »dankbare Aufgaben«, wie Hans Fischer zum Erhalt von Wester- nohe sagte, und dieses unser Bundeszen- trum liegt Dir ja auch stets am Herzen.
Da gibt es dann ja auch den Bernhard, Ehegespons, Berater, tatkräftiger Helfer.
Er trägt einen althochdeutschen Namen, der kommt von »bero« – der Bär – und
»hard«, das heißt stark, hart, kühn. Al- so meint der Name: »stark wie ein Bär«.
Dass das stimmt, davon konnten wir uns auf dem langjährigen gemeinsamen Weg, überzeugen. Auch dafür großen Dank, insbesondere für Deinen unermüdlichen
Einsatz. Wenn andere bei Anfragen zuck- ten, hast Du immer »hier« gerufen.
Nun noch kurz zum Verbindenden.
Familienname Pfeiffer. Pfeiffer ist ein Gattungsname, der eine Berufsbezeich- nung vorstellt, Pfeiffer waren die hoch angesehenen Spielleute und Musikanten, für Hofhaltung und Militär unabdingbar.
Dann fällt uns aber auch das Pfeiffer- sche Drüsenfieber ein, auch Kusskrank- heit genannt. Offensichtlich hat sich da was verbandelt, was auf Dauer angelegt war und ist. Das ist schön, ihr beide habt euch immer ge- und unterstützt. Für die DPSG, die F+F, für Grenz und Wester- nohe, die Liste ließe sich fortsetzen, war und ist das ein immenser Gewinn.
Wir brauchen euch auch weiterhin!
AM
Bingen am Rhein – Museum am Strom
Das ist natürlich schon ein gelungener Name: Museum am Strom. Draußen rauscht der Strom Rhein (eher gemäch- lich) dahin, drinnen wurde viele Jahre elektrischer Strom erzeugt (eher knis- ternd). Man nennt das Gebäude auch
»Kathedrale des Fortschritts« mit sei- ner großen Maschinenhalle, den neogo- tischen Fenstern und einer kühnen De- ckenkonstruktion aus dem Jahr 1898.
Historie des Lebens der Hl. Hildegard
Die größte Abteilung des Hauses ist der heute wohl berühmtesten Klosterfrau des
Das Museum am Strom und unter Strom.
museum am strom
Wir im Hildegarten.
alexanDer michel
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men der Käfer und Hummeln angeregt.
Der Garten zeigt Pflanzen, die Hildegard in ihrer »Physica« beschrieben hat. Dort hat sie beinahe 300 Kräuter, Sträucher und Bäume mit ihrer (Heil-) Wirkung auf den Menschen aufgelistet. Das Werk ist nur in spätmittelalterlichen Abschriften überliefert, so dass niemand mehr den
»Originaltext« kennt. Anders als in vie- len populären Schriften zur so genann- ten »Hildegard-Medizin«, die das ignorie- ren, wird dieses Problem im Hildegarten thematisiert: Der von Steinmetzen der Bildhauer- und Steinmetz-Innung Rhein- hessen gestaltete »Quellenbrunnen« am Eingang setzt sich künstlerisch mit der Quellenüberlieferung der »Physica« aus- einander. Da fließt einiges zusammen, anderes aber auch wieder ab oder versi- ckert. Eine geniale Umsetzung von Lite- ratur, Überlieferung und Weltschau.
Alle Infos hier: http://www.bingen.de/
tourismus/kulturelle-einrichtungen-und- museen/museum-am-strom
Einkehr bei St. Rochus
und Johann Wolfgang von Goethe bei besinnlichen Worten und kleiner Orgeluntermalung
Die St.-Rochus-Kapelle ist eine Wall- fahrtskirche auf dem Rochusberg, südöst- lich von Bingen. Romantisch umgeben von ausgedehnten Laubwäldern zeigt sie sich in ihrer neugotischen Gestalt wun- dersam eingefügt in eine ideale Natur.
Rochus ist der Pestheilige, seiner Fürsprache versicherten sich die Men- schen, als die Pest halb Europa heim- suchte, denn Rochus heilte viele Pest- kranke. Er, schließlich selbst an der Pest erkrankt, zog sich in eine einsame Klau- se im Wald bei Piacenza in Oberitalien zurück. Ein Quell bot ihm Wasser, der Hund eines Barons brachte täglich Brot.
Diese heilige Geschichte für Zeitgenos- sen erlebbar zu machen, darum geht es bei derartigen Ensembles. Wer sich dort- hin auf die Wallfahrt macht, lebt das Wir- ken des Heiligen nach und kann sich sei- ner Fürbitte sicher sein.
Auch Goethe wusste das, er hat die Kapelle in einem Werk über den Rhein-,
Main- und Neckargau beschrieben. Und er hat eine Skizze zu einem Gnadenbild gefertigt, das von der Malerin Louise Seidler 1816 ausgeführt wurde. Noch heute hängt das Bild in der sogenannten Goethekapelle und man sagt, der darge- stellte Hl. Rochus sei Goethe selbst. Es mag wohl sein. Denn bei seinem Ego ist es nachvollziehbar, dass er sich in die Skizze hinein gezeichnet hat. Die beiden Knaben werden mit Gaben be- dacht, Perlen, Silbergeschirr und Mün- zen. Rochus verlässt gerade seine Hei- mat, das Hündchen, das ihm folgen will, symbolisiert die Treue, aber auch die Warnung vor dem frühen Tod.
Rochus zeigt in der Regel auf Bildern und Statuen die Pestbeule auf dem rech- ten Oberschenkel vor. Im Goethebild wird das nur zart angedeutet, indem die Kutte, leicht erhoben, das Untergewand freilegt. Hier wird schon eine Abwen- dung von den drastischen Darstellungen christlicher Märtyrer und Heiliger deut- lich – es geht jetzt mehr um das Innerli- che, das Bild ist eine Manifestation der Aufklärung.
Unser Kurat, Pfarrer Peter Bleeser, hat eine schöne Einstimmung gehal- ten, der Pfarrer der Wallfahrtskirche, Pater Elmar Theisen OMI, hat launig die Eigenheiten der Kapelle erläutert und der Bundesorganist Tony hat das Ganze mit einer Passacaglia umrahmt.
So geht’s, wenn Freunde und Förderer auf Exkursion sind.
Verkostung im Weingut Schlossmühle Dr. Höfer in Rümmelsheim/Burg Layen
Sturzflutartig ergießen sich die himm- lischen Wasser über uns, als wir zur Weinprobe in der Schlossmühle ein- treffen. Eng an eng, nahe der Nahe, im Trollbachtal, nehmen wir einen Will- kommenstrunk entgegen, kredenzt vom Chef des Weinguts, Dr. Thomas Höfer.
Wir stehen unter Zelten, gottlob, dann geht es in die labyrinthischen Kelleran- lagen. Dort reift so manches Tröpfchen und lädt zur Verkostung. Wir haben mit dem Winzer gesprochen.
»Nicht wir pflegen den Keller, der Keller pflegt uns!«
notiert: Herr Dr. Höfer, Trollbachtal klingt sehr romantisch, wie es die Ge- gend hier ja auch ist. Wo kommt der Name her? Laufen hier Trolle durch die Wälder? (weiter Seite 18)
Die Wallfahrtskapelle auf dem Rochusberg.
alexanDer michelWiKiPeDia
Der Hl. Rochus in der Gestalt des Johann Wolfgang von Goethe.
Lauter gestandene Demokraten und doch eine Königin dabei. Die Weinkönigin von Rheinland-Pfalz, Julia Krenn. So lassen wir uns Monarchie gefallen.
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1 eintrafen, sah Als wir auf der Ebernburg ich Daniel im Rollstuhl sitzen, begriff dann, dass das nicht einer seiner lieben Späße war, und wurde sehr traurig.
2 Im hübschen Garten der Kelterei, in der für uns eine Weinprobe sorgfältig vorbe- reitet war, pladderte ein hef- tiger Regen auf das über uns gespannte Zeltdach, und da kam mir plötzlich in den Sinn, dass unser F&F weiter le- ben wird, weil wir Pfadfinder selbst im Alter bei Unwettern fröhlich bleiben, und freute mich.
Alexa Berg, München
1 Ich freue mich, dass die Jahresta- gung quer durch Deutschland im-
mer an einem an- deren Ort erfolgt
– meist in Gegenden, die ich sonst nicht besuchen würde.
2 Das diesjährige Studienthe- ma: »Auf den Spuren der Hl. Hil-
degard« mit dem Besuch der entsprechenden Orte, hat mir be-
sonders gefallen.
Pfarrer Peter Bleeser, Koblenz 1 Frische
Gedanken waren not-
wendig: Gut war deshalb
der Beschluss, die Satzung für die Arbeit des Vorstands zu ändern.
2 Hildegard von Bingen war ihrer Zeit weit voraus, ähnlich wie
es die Aufgabe der Pfadfinder sein sollte: hätten wir uns an die-
sem Treffen nicht doch einem ak- tuelleren Thema entsprechend
der Lage in Deutschland und Europa widmen sollen?
Bis zum nächsten Treffen mit lie- ben Grüßen! Rotraut Kilger, Ulm
1 Schön, al- te Weggefähr- ten wieder zu treffen und über damals, heute und morgen zu sprechen.
2 Es ist eine spannende Erfah- rung, wie in der Vergangenheit empfundene Verbundenheit wie- der da ist und sich dies auch zu gemeinsamen Sichtweisen auf eine sich verändernde Welt er- streckt.
Georg Jansen, Aachen
1 Schönes Rahmenprogramm mit toller Weinprobe.
2 Vom Arbeitsprogramm habe ich nicht viel mitbekommen, aber die gemeinschaftlichen Aktionen waren sehr schön.
Gabi Kurtscheid, Wetzlar
1 und Ablauf Unterkunft waren unse- rem Alter an- gemessen; auch die Liederzet- tel bei der Ab
schieds- runde wurden
nicht vergessen.
2 Die erneute B
eschäftigung mit Hildegard v
on Bingen (nach dem Jahrestreffen
in Oberwesel) führte zu gewinnbringender
Vertiefung.
Günter Am
mann, Dohr
Aus der großen Schar der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am diesjährigen Jahrestreffen hat ein Zufallsverfahren des Redakteurs »zwölf Apostel« ausgewählt.
Die Aufgabe: Zwei Sätze zum Treffen abliefern, samt Foto. Hier sind die Einlieferungen. Einen großen Dank an alle Beteiligten!
Apostel
beim Jahrestreffen 2016
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1 Hil- degard
von Bin- gen – ein
wahr lich höchst
aktueller
Ansporn, den selbst ernannten Mächtigen in
Kirche und Gesellschaft die Leviten zu lesen!
2 F+F – Wohin geht die Reise? Josef Niehaus, Lippstadt 1 Wie in
all den Jah- ren habt Ihr
für unsere traditio-
nelle, jährliche Zusammenkunft einen herrlichen Ort ausgesucht,
der das persönliche Wiederbe- gegnen und den intensiven Ge-
dankenaustausch wunderbar unterstützt und damit das Tref-
fen wieder zu dem erwarteten Erlebnis gemacht.
2 Mit dem Spiel in der Bastion und den Eindrücken auf der Ex- kursion durften wir unser Bild über Hildegard von Bingen mit
neuen Erlebnissen vertiefen, ob- wohl ich meinte, durch frühere Wanderungen, Vorträge mit Dis-
kussionen im Freundeskreis und manche Bücher viel über Hilde-
gard zu kennen.
Fred Kannengießer, Eschborn
Drei schöne Tage in zwei Sätzen:
1 Die Ebernburg als Domizil bei gutem Wetter mit traumhaf- ten Ausblicken war Grundlage für einen erholsamen Aufenthalt in der Gemeinschaft alt vertrau- ter Menschen und der Freude des Wiedersehens beim abendlichen Zusammensein mit dem steinigen Porphyr-Riesling aus den Nahe- Weinbergen.
2 Bei der Exkursion zur Hildegard von Bingen, der höchst emanzi- pierten Frau des Mittelalters, folg- ten wir ihren Spuren, per Bus und auch zu Fuß – in Bingen, an der Nahemündung und drum herum, ohne und auch mit Gewitter - im Museum, dem Kräutergarten, im Kloster von Hildegards Nachfah- ren, in der Rochuskapelle und bei Hildegards Verkörperung durch die Schauspielerinnen der Gruppe
»Filia«, abends oben auf der Burg:
Das waren die Höhepunkte im zweiten Satz, gefolgt vom Dank an alle fleißigen Veranstalter.
Gerda Kurrath-Lies, Castrop-Rauxel
1 Ich war dabei auf der Ebernburg. Es
war wieder eine gute Mischung
zwischen Bildung, Ver- einsleben und geselligem
Beisammensein.
2 Ich habe wieder viele Freun- de und gute Bekannte getroffen.
Schade, dass meine Frau nicht mehr dabei sein kann. So Gott
will, bin ich das nächstemal – in Westernohe – wieder dabei.
Klaus-Peter Paar, Berlin
1 So viele nette Leu- te, die sich um mich gekümmert haben, und so viel gutes Essen . . .
2 Aber am meisten haben mich die Katzenaugen an Daniels Roll- stuhl fasziniert! Warum ist Papa eigentlich immer so spät ins Bett gegangen? Er weiß doch, dass er morgens fit zum Kuscheln sein muss! Tja, manchmal muss man eben Prioritäten setzen . . .
Lena Zwecker (1½ Jahre), Karlsruhe (aufgezeichnet von Hanne und Martin Zwecker)
1 Das Stu- dienthema
in all sei- nen Facet- ten war für mich berei- chernde, spannen- de Auseinandersetzung mit einem Thema und einer Region, mit denen ich in anderen Bezü- gen kaum etwas zu tun habe – Anregung zur persönlichWeiterentwicklung. en 2 Wohltuend fand ich die Be- gegnung und die vielen Ge- spräche mit Menschen, die durch die gleiche Lebensauf- fassung und doch völlig unter- schiedliche Erfahrungen ge- prägt sind, besonders natürlich auch mit den Menschen, die mir im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen sind; aber auch die Erinnerungen an liebe Men- schen, die nun nicht mehr da sind, wurden beim Jahrestref- fen lebendig – Bereicherung meines Alltags.
Gunhild Pfeiffer, Berlin
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HÖFER: Unsere Gegend wurde im 30jährigen Krieg durch die Schweden besetzt, sie belagerten Mainz und Bad Kreuznach. Man sagt, sie hätten ihre mythologischen Fabelwesen, die Trolle, mitgebracht, die dann an dem munte- ren Bach hausten. Wir kredenzen einen Trollwein, der heiter und beschwingt daher kommt und die Lebenslust anre- gen soll.
notiert: 1775 haben die Höfers das Erb- lehen der Schlossmühle übernehmen können, 27 Jahre später konnten sie das Anwesen kaufen. Eine beeindruckende Familiengeschichte. Waren die Höfers damals schon Winzer?
HÖFER: Im 18. Jhd. war der Weinbau doch eher ein Nebengeschäft zur Land- wirtschaft, er diente zur Selbstversor- gung, aber auch zum Tausch in der bäuerlichen Gemeinschaft. Vor etwa 80 Jahren haben sich die Höfers dann mit dem Weinbau selbständig gemacht.
Heute haben wir Weinberge in sieben Gemeinden, 60% des Ertrages ist klassi- fiziert. Die Einordnung der Anbaulagen erfolgte bereits 1901 durch das Kataster- amt, das die besten Lagen kartographier- te. Die Finanzbehörde hat das dann gerne übernommen, da brachten die Steuerein- nahmen mehr Ertrag.
notiert: Auf Ihrer Homepage teilen Sie mit, dass einige Geheimnisse des Wein- baus strenger gehütet würden, als das Rezept von Coca-Cola. Geht es da um Zucker und andere Treibstoffe?
HÖFER: Was Sie bei uns genießen, ist ein natürliches Produkt, ohne irgendwel- che Zutaten. Die Geheimnisse beziehen sich mehr auf das Prozedere des Ausbaus des Weines und des sogenannten Ver- schnitts zu einem Cuvée. Dabei werden verschiedene Rebsorten miteinander ge- keltert, um eine bestimmte Geschmacks- note zu erhalten. Das Ergebnis wird bei Blindverkostungen im Keller getestet, der beste Wein setzt sich durch.
notiert: 800 Jahre ist der Burgkeller alt, in dem der Wein heranreift. Wie pflegt man ein so altehrwürdiges Gemäuer?
HÖFER: Der Keller ist 1125 zum ers- ten Mal urkundlich erwähnt und eigent- lich pflegt der Keller uns und unseren Betrieb. An den Wänden befindet sich der sogenannte Kellerschimmel, das ist ein dicker, graugrüner bis fast schwar- zer Schimmelpilz. Er bildet sich beson- ders in Kellern, in denen viele Holzfäs- ser lagern, und ernährt sich von den flüchtigen Stoffen des Weines. Er ist sehr erwünscht, denn er reguliert die Luft- feuchtigkeit, sein Vorhandensein zeigt optimale Bedingungen an. Ist die Feuch- tigkeit zu hoch, saugt er sie auf, ist sie zu niedrig, gibt er Feuchtigkeit ab. Er lebt mit dem Wein zusammen.
notiert: Unser Mitglied Albert Fastner war zehn Jahre lang Bürgermeister von Rümmelsheim/Burg Layen. War er ein guter Bürgermeister?
HÖFER: Also, ich habe keinen besseren erlebt. Bertel war mit Herz und Seele bei der Sache und hat sich als gewissen- hafter Fürsprecher der Gemeinde en- gagiert und sich damit hohes Ansehen erworben.
notiert: Lieber Herr Dr. Höfer, herzli- chen Dank für das Gespräch!
Wir haben viel gelacht an diesem späten Nachmittag und die immer wieder her- abfallenden Sturzbäche passten irgend- wie zur Nahe, denn schließlich bedeutet der indogermanische Wortstamm »rei- ßender Fluss«. Wir ließen uns aber eher vom Höfer’schen Nahewein fortreißen.
Bis uns dann Alex Michel in den Bus riss, pardon, trieb.
Alle Infos hier: https://weingut-hoefer.de/
Filia – die Tochter
Ein später Nachmittag in der Bastei auf der Ebernburg. Enge Sitzreihen im Halbrund der ehemaligen Befestigungs- anlage, eine kleine Bühne, Kerzen bren- nen, auf einem rustikalen Tisch steht ein Krug mit Wasser. Ein wenig grego- rianische Musik, dann treten auf: Hil- degard von Bingen, ihre Lehrerin Jut- ta von Sponheim, Richardis von Stade und Hildegards Schwester Clementia.
Alle im Habit der frommen Frauen vom Disibodenberg.
Schnell wird klar, fromm waren die Frauen zweifelsohne, aber sie wussten sich auch zu behaupten, und das in einer von Männern dominierten Welt.
Und sie waren theologisch firm und so- zial engagiert. Im diffusen Licht der Bas- tei, das aus kleinen Fenstern einfällt und von den rußenden Kerzen nur wenig an- gereichert wird, zerfließen die Abstän- de zwischen dem 12. Jhd. der Hl. Hilde- gard und dem hier und heute. Hildegard und ihre Begleiterinnen sprechen zu uns und vermitteln die Botschaft: das Heil ist denen gegeben, die es aus der Hand des Vaters – der bei Hildegard im- mer auch als Mutter verstanden werden muss – annehmen.
Der Nachmittag klingt aus, wir Zu- schauer und Zuhörer bleiben nachdenk- lich zurück, während die frommen Non- nen der vorzüglichen Theatergruppe Filia um Brigitte Nikolai sich lachend in die Burgschänke aufmachen, um einen kleinen Umtrunk zu sich zu nehmen.
Und das ist auch richtig so, denn La- chen befreit. Im Mittelalter der Hl. Hil- degard sollten die Priester an Ostern die Gemeinde zum Lachen bringen, Risus Paschalis, das Ostergelächter, nannte man das. Und es bezieht sich auf den Psalm des AT: »Die Könige der Erde ste- hen auf, die Großen haben sich verbün- det gegen den Herrn ... Doch er, der dem Himmel thront, lacht.« (Ps 2,2.4). Das hat sie praktiziert, die Hl. Hildegard, Fi- lia Gottes und unsere Schwester Informationen zur Theatergruppe
»Filia« hier: www.filia-nikolai.jimdo.com Die Hl. Hildegard aus dem 21. Jhd. mit den Schwestern auf dem Disibodenberg.
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