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G. Schwerbehinderte Menschen

Fall 15: Grad der Behinderung und Merkzeichen

K ist geboren am 2.3.1959 und leidet unter einem nicht allergischen 380

Asthma bronchiale, das als Bemfskrankheit von der zuständigen Berufsge- nossenschaft anerkannt ist. Die berufsbedingte Minderung der Erwerbsfähig-

keit (MdE) ist auf unter 20 vH geschätzt. Es besteht ein chronischer Nieren-

parenchymschaden mit Zystenbüdung rechts. Die Nierenfunküon ist normal.

K litt schon seit längerer Zeit an Kreuz- und Schulterschmerzen sowie belas- tungsabhängigen Fuß-, Knie- und Sprunggelenksschmerzen. Auf den bereits vor vier Jahren gestellten Erstantrag der K hatte das Versorgungsamt (die Bezeichnung ist in den Ländern unterschiedlich und reicht von Amt für So- ziale Angelegenheiten bis zu Zenü-um Bayern Familie und Soziales) einen

GdB von 30 festgestellt. Ein Jahr später hatte die K einen Unfall und musste

wegen eines kniegelenksnahen Oberschenkelbruchs sowie einer Fußwurzel- fraktur rechts im X-Ki-ankenhaus operativ versorgt werden. In der Folge be-

willigte der Rentenversichemngsträger der K eine Teilhabeleistung in Form

einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Die Ergebnis- se der dreiwöchigen Rehabilitationsmaßnahme auf orthopädischem Fachge- biet sind in einem Reha-Entlassungsbericht der L-Klüük festgehalten. Dieser enthält erstmals auch die Feststellung einer somatoformen Schmerzstörung.

Ein von K angestrebtes Verfahren auf Leistung einer Rente wegen vermin- derter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hatte vor

dem Sozialgericht keinen Erfolg. Gegen das Urteil hat die K keine Berufung

eingelegt. K fühlt sich in üirem Alltagsleben deutlich beeinträchtigt und steUt

beim Versorgungsamt einen Verschlimmerungsantrag. Zugleich beantragt sie die Feststellung des Merkzeichens „G". Die Anträge werden abgelehnt und der dagegen erhobene Widersprach zurückgewiesen. K sucht Rechtsschutz vor dem Sozialgericht.

(2)

154 Zeittafel

G. Schwerbehinderte Menschen

381

3.6.2008

30.7.2009 31.8-21.9.2009

23.11.2011

7.2.2012

18.4.2012/31.5.2012

Bescheid (Erstantrag); GdB 30

Unfall: Oberschenkelbruch/Fußwurzelfraktur

Reha in der L-Klinik

Urteil des Sozialgerichts im Rentenverfahren Antrag auf Neufeststellung des GdB + Merkzei- chen

Bescheid/Widerspruchsbescheid

Darum geht's

382 Schwerbehinderte Menschen verbinden mit der Feststellung eines Grades

der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und der Ausstellung eines Schwer- behindertenausweises zahlreiche Nachteilsausgleiche. Diese reichen von Steuervergünstigungen und einem besonderen Kündigungsschutz des Ai-beits-

Verhältnisses über reduzierte Eintrittsgelder und verbilligte Fahrtkosten im

Nahverkehr bis hin zur Nutzung von Behindertenparkplätzen oder zur Befrei-

ung von der GEZ-Gebühr (in Abhängigkeit von der Art der Behindenmg und

dem festgestellten Merkzeichen). Besondere Bedeutung kommt der Schwer- behinderteneigenschaft zu, wenn es um den Beginn der Altersrente geht.

Schwerbehinderte Menschen können aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine besondere Altersrente mit früherem Rentenbeginn beziehen und deshalb auch bei vorzeitiger Inanspruchnahme mit geringeren Abschlagen belastet sein

(§§ 37 S l, 37 S 2iVm77 Abs 2 S l Nr2Buchst aund § 236a SGB VI).

383 Zur Feststellung einer Schwerbehinderung sind die bestehenden Gesund- heitsstörungen und die daraus folgenden Auswirkungen auf die Teilhabe am

Leben in der Gesellschaft zu ennitteln. Maßgeblich sind nicht nur die Ein- schränkungen im Erwerbsleben. Der GdB soll abbilden, wie sich Punktions-

beeinträchtigungen körperlich, geistig, seelisch und sozial in allen Bereichen

des täglichen Lebens auswirken. Im Sozialgerichtsprozess ist deshalb ent- scheidend, dass mittels Sachverständigengutachten nicht nur die medizüü- sehen Erkrankungen, sondern vor allem deren Auswirkungen im täglichen Leben entsprechend der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO („Versor- gungsmedizinische Grundsätze") bewertet werden. Regelmäßig bestehen ne- beneinander mehrere Gesundheitsstörungen mit vielfältigen Punktionsbeein-

trächtigungen. Der nachfolgende Musterschriftsatz empfiehlt deshalb, den

klägerischen Vortrag getrennt nach den betroffenen Punktionssystemen (sie- he dazu auch den anhängenden Merkposten) zu untergliedern.

384 Anhand des hier ausgewählten Falles soll zudem der Umgang mit Ver-

schlechterungen im Gesundheitsbild des Betroffenen und deren Auswirkun- gen (sog. „Verschlimmerungsantrag") sowie das Einbeziehen von medizmi- sehen Erkenntnissen aus anderen sozialrechtlichen Verfahren gezeigt werden.

Fall 15: Grad der Behinderung und Merkzeichen

155

Checkliste

Sachverhalt

• Entscheidungen des Versorgungsamtes nach Erstantrag und Ver- schümmerungsantrag

Beweismittel: Bescheid vom 3.6.2008 (Erstantrag)

Bescheid vom 18.4.2012 und Widerspruchsbescheid vom 31.5.2012 (Verschlimmerungsantrag)

• Entscheidungen anderer Träger der gesetzlichen Sozialversicherung Beweismittel: Bescheid der Berufsgenossenschaft

• Ärztliche Feststellungen zu den Änderungen der Gesundheitsstörun- gen nach dem Erstbescheid

Beweismittel: Befunde des Hausarztes mit Fremdbefunden

(Arztbnefe/Atteste/Laborbefunde/Röntgenbilder)

Befunde von Fachärzten (Arztbriefe/Atteste/Laborbefunde/Röntgen- bilder)

OP-Bericht des X-Krankenhauses

Entlassungsbericht der L-KUnik

Gutachten des Medizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversiche-

rung (Kopie der Verwaltungsakte des Rentenversicherungsträgers) Ärztliche Sachverständigengutachten nach Beweiserhebung durch das Sozialgencht im Rechtsstreit gegen die Rentenversicherung

o Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen

Beweismittel:Arztbriefe/Atteste/Laborbefunde/Röntgenbilder, Entlassungsbericht der L-Klinik

Gutachten des Medizinischen Dienstes der Deutschen Rentenver- sichemng (Kopie der Verwaltungsakte des Rentenversicherungsträ-

gers)/Ärztliche Sachverständigengutachten nach Beweiserhebung durch das Sozialgericht im Rechtsstreit gegen die Rentenversicherung Rechtliche Begründung

® Voraussetzungen für eine Änderung des Erstbescheides nach § 48

SGB X (wesentliche Änderung der tatsächüchen Verhältnisse)

• Maßstab für die Festsetzung des GdB nach § 30 Abs l BVG iVm den

Versorgungsmedizüüschen Grundsätzen, Anlage zu § 2 der Versor-

gungsmedizin-Verordnung iVm § 69 Abs l S 5 SGB DC

• Anspruch auf unentgeltliche Beförderung bei erheblich beeinträchtig- ler Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (§ 145 Abs l S l, § 146 Abs l S l SGB K); Feststellung der Merkmale durch die Versor- gungsverwaltung (§ 69 Abs l und 4 SGB IX).

385

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156

G. Schwerbehmderte Menschen Fall 15: Grad der Behinderung und Merkzeichen

157

Musterschriftsatz

386 An das Sozialgerlcht

Klage

In Sachen

K...

- Kläger! n - Proz.Bev.: RA ...

gegen

... Aktenzeichen . ..

- Beklagte -

wegen Feststellung eines höheren GdB und des Merkzeichens G zeigen wir unter Vorlage einer Vollmacht an, dass wir die Klägerln vertre- ten.

Namens und im Auftrag der Klägerin stellen wir folgende Anträge:

l. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.4.2012 in

der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.5.2012 verurteilt, den Bescheid vom 3.6.2008 abzuändern und ab dem 7.2.2012 einen GdB von mindestens 50 festzustellen sowie das Merkzeichen G zuzuerken- nen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin

zu erstatten.

Begründung:

- Die Feststellung auch weiterhin eines GdB von 30 und die Ablehnung der Feststellung des Merkzeichens G sind rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung eines GdB vonmindestens50 sowie auf Feststellung des Merkzeichens G.

Sachverhalt

388 Für die am 2.3.1959 geborene Klägerln hatte das Versorgungsamt bereits 2008 einen GdB von 30 festgestellt.

Beweis:

Bescheid der Betdagten vom 3.6.2008 (Erstantrag) In Kopie, Anlage K l

Einen Änderungsantrag der Klägerin vom 7.2.2012 hat die Beklagte mit Be- scheid vom 18.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.5.

2012 abgelehnt.

Beweis:

Bescheid der Beklagten vom 18.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-

bescheides vom 31.5.2012 (Verschlimmerungsantrag)

Jeweils in Kopie, Anlagen K ... und K ...

Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich seit der Erstfeststellung vom 3.6.2008 erheblich verschlechtert. Die damit verbundenen Funktionsbeein- trächtigungen haben die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft weiter er- schwert. Die Klägerin kann dies mit zahlreichen neuen ärztlichen Unterlagen belegen,

Funktionssystem: Haltungs" und Bewegungsorgane

Das orthopädische Gesundheitsbild der Klägerin hat sich wesentlich ver-

schlechten. Die Klägerin leidet an ständigen Kreuz- und Schulterschmerzen.

Hinzu kommen die Folgen des am 30.7.2009 erlittenen Unfalls. Neu sind Bewegungseinschränkungen und eine Belastungsminderung des rechten Bei- nes bei Zustand nach operativ versorgtem kniegelenksnahen Oberschenkel- bruch sowie operativer Versorgung einer Fußwurzelfraktur rechts.

Beweis:

Befunde des Hausarztes mit Fremdbefunden

Befunde des Orthopäden Dr. L

OP-Bericht des X-Krankenhauses

Entlassungsbericht der L-Klinikvom 21.9.2009

Gutachten des Medizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversiche- rung

Ärztliches Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. S aus dem Sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung (Az. ...)

Jeweils in Kopie, Anlagen K ... bis K ...

Es liegen neue Röntgenbilder mit Datum vom 24.1.2012 zu den Beeinträch- tigungen der Klägerin an den Knien und der Schulter vor. Diese könnten durch das Sozialgericht vom Orthopäden Dr. L angefordert werden.

Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 31.8-21.9.2009 im Rahmen ei-

ner stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der L-Klinik.

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158

G. Schwerbehmderte Menschen

• •

Die Ergebnisse der dreiwöchigen Rehabilitationsmaßnahme auf orthopädi- schem Fachgebiet sind in einem Reha-Entlassungsbericht der L-Klinik fest-

gehalten. Darin werden erhebliche Beeinträchtigungen in der Gehfähigkeit

der Klägerin beschrieben. Auch bestanden die Kreuz- und Schulterschmer- zen bei Entlassung aus der L-Klinik unverändert fort. Der Entlassungsbericht der L-Klinik enthält ausführliche Feststellungen zu den Leistungseinschrän-

kungen der Klägerin

Beweis:

Entlassungsbericht der L-Klinik vom 2 l .9.2009 In Kopie, Anlage K ...

Funktionssystem: Atmung

Die Klägerin leidet unter einem Asthma bronchiale. Es kommt zu regel- mäßigen Anfällen. Die Erkrankung ist als Berufskrankheit anerkannt.

Beweis:

Bescheid der Berufsgenossenschaft In Kopie, Anlage K ...

Funktionssystem: Gehirn einschließlich Psyche

Die L-Klinik hat erstmals eine somatoforme Schmerzstörung festgestellt.

Die Klägerin begab sich daraufhin in Behandlung bei dem Facharzt für Psy-

chiatrie und Neurologie Dr. R,

Beweis;

Entlassungsbericht der L Klinik vom 21.9.2009

Arztbriefvon Dr. R

Jeweils in Kopie, Anlage K ... und K ...

Die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit der Klägerin wird dadurch wesentlich

eingeschränkt. Die Somatisierung erzeugt bei der Klägerin aufgrund von vermehrtem Schmerzerleben und Atembeschwerden einen nicht unerhebli- chen Leidensdruck, der sich nicht nur in häufigen Arztbesuchen zeigt, son- dem auch in einer Beeinträchtigung ihres Tagesablaufs.

Funktionssystem: Harnorgane

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich auch das Nierenleiden verstärkt hat. Mittlerweile besteht ein chronischer Nierenparenchymscha-

den mit Zystenbildung rechts. Allerdings ist die Nierenfunktion der Klägerin

nach wie vor normal.

Fall 15; Grad der Behinderung und Merkzeichen 159 Beweis:

Befunde des Hausarztes mit Fremdbefunden Befunde des Pneumologen Prof. Dr. B Jeweils in Kopie, Anlagen K ... bis K ...

Rechtliche Begründung

Nach § 48 Abs l S l des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch (SGB X) ist ein 389

Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwal- tungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt; er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen er-

folgt (§ 48 Abs l S 2 Nr l SGB X). Eine relevante Änderung ist in einem

solchen Umfang eingetreten, dass die Verschlechterung des Gesundheitsbil- des der Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 anstelle wie bisher von 30 begründet. Auch hat die Klägerin seit dem 7.2.2012 einen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens G.

Die bei der Klägerln vorliegenden Behinderungen wurden nicht vollstän- 390 dig erfasst und zutreffend bewertet, Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 (Schwerbehinderteneigenschaft).

Zu den Funktionsbeeinträchtigungen im Einzelnen: 391

Funktionssystem: Haltungs- und Bewegungsorgane

Bei der Klägerin sind nach ihrem Unfall vom 30.7.2009 ärztlich festgestellt 392

eine posttraumatische Komplexinstabilität des rechten Kniegelenks bei Zu- stand nach offener supracondylärer Femurtrümmerfraktur rechts, eine be- ginnende Gonarthrose rechts sowie eine posttraumatische Arthrose des rechten hinteren und vorderen Sprunggelenkes rechts. Daraus folgen Bewe- gungseinschränkungen und eine Belastungsminderung des rechten Beines.

Aufgrund des Zustandes nach operativ versorgtem kniegelenksnahen Ober- schenkelbruch sowie operativer Versorgung einer Fußwurzelfraktur (Navi- kularefraktur) rechts sowie der verbleibenden Bewegungseinschränkungen im rechten Kniegelenk ist ein Einzel-GdB von 40 gerechtfertigt,

Daneben bestehen degenerative Leiden an der Hals- und Lendenwirbel- 393 säule mit einem Schulter-Arm-Syndrom beidseits. Eine Bandscheibenprotru-

sion C4/5 und eine spinale Enge C5/6 sind nachgewiesen. Der Befund hat sich

seit dem Erstbescheid verschlechtert. Die Klägerin ist dadurch in ihrer Bewe- gungsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Es bestehen häufig rezidivierende und anhaltende Bewegungseinschränkungen. Aus den Wirbelsäulenschäden folgt

ein Einzel-GdB von 20 (Teil B Nr 18.9 Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-

VO). Aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Bewegungseinschränkun-

gen des Schultergelenks ergibt sich nach Teil B Nr 18.13 der Anlage zu § 2

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160

G. Schwerbehinderte Menschen

Versorgungsmedizin-VO ein weiterer GdB von 20. Aufgrund des Zusam- menspiels der Beschwerden an der Halswirbelsäule und den Schultergelen- ken, bei denen es sich nicht lediglich um eine Ausstrahlung von der Hals- wirbelsäule handelt, erscheint eine Zusammenfassung unter einem neuen

Einzel-GdB von 30 gerechtfertigt (statt bislang GdB von 20).

394 Die im Erstbescheid bereits berücksichtigten belastungsabhängigen Fuß-, Knie- und Sprunggelenksschmerzen bestehen unverändert fort (GdB von

20).

Funktionssystem: Atmung

395 Das bei der Klägerin festgestellte Asthma bronchiale ist bislang zu Un- recht nicht in die Feststellung der Behinderungen aufgenommen worden.

Nach Teil B Nr 8.5 der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-VO folgt auf- grund der Hyperreagibilität mit leichten Anfällen ein GdB von 20.

Funktionssystem: Gehirn einschließlich Psyche

396 Für die neu diagnostizierte somatoforme Störung ist ein Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Ein GdB von 30 bezeichnet gemäß Teil B Nr 3.7 der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO eine stärker behindernde Störung mit we- sentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Die Somati- sierung erzeugt bei der Klägerin aufgrund von vermehrtem Schmerzerleben und Atembeschwerden einen nicht unerheblichen Leidensdruck, der sich nicht nur in häufigen Arztbesuchen zeigt, sondern auch in einer Beeinträch- tigung des Tagesablaufs.

Funktionssystem: Harnorgane

397 Der Nierenparenchymschaden mit Zystenbildung rechts ist aufgrund der nach wie vor normalen Nierenfunktion wie bisher mit einem GdB von 10 zu

bewerten (Teil B Nr 12.1.1 Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO).

Gesamtwürdigung der Funktionsbeeinträchtigungen

398 Da bei der Klägerin verschiedene Beeinträchtigungen am Leben in der Ge-

sellschaft vorliegen, ist der GdB gemäß § 69 Abs 3 SGB IX nach den Auswir-

kungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr 3 c der Anla- ge zu § 2 Versorgungsmedizin-VO ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB zunächst von der Funktionsstörung auszugeben, die den höchsten Einzel- GdB bedingt. Unter Berücksichtigung aller weiteren Funktionsbeeinträchti- gungen ist dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Be-

hinderung größer wird. Nach Teil A Nr 3 a der Anlage zu § 2 Versorgungs-

medizin-VO verbietet sich eine Addition der einzelnen Werte. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen

Fall 15: Grad der Eehinderung und Merkzeichen

161

voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken (vgl Teil A Nr 3 der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO).

Für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 7.12.2012 ist der Gesamt- 399

GdB auf 50 festzusetzen. Die Gehbehlnderung, die Einschränkungen an der Wirbelsäule mit Schulter-Arm-Syndrom, der Nierenschaden sowie die so- matoforme Störung betreffen verschiedenste Bereiche und Abläufe im tägli- chen Leben. Die Klägerin hat sich wegen der somatoformen Störung bereits aus dem sozialen Leben zurückgezogen und ihre Außenkontakte reduziert.

Der einzusetzende Einzel-GdB von 40 für die unfallbedingten Bewegungsein- schränkungen ist unter Berücksichtigung aller weiteren Behinderungen auf einen Gesamt-GdB von mindestens 50 anzuheben.

Merkzeichen G

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Feststellung des 400

Merkzeichens G.

Gemäß § 145 Abs l S l SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die 401 infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im

Nahverkehr. Über das Vorliegen der damit angesprochenen gesundheitti- chen Merkmale treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsge-

setzes zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs l und 4 SGB IX). Nach § 146 Abs l S l SGB IX ist in seiner Bewegungsfähig-

keit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Ein-

schränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder

nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken Im Ortsverkehr zu- rücfczulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.

Die in Teil D Nr l d der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO beschriebe- nen Voraussetzungen liegen vor. Die Behinderungen der Klägerin an den un- teren Gliedmaßen wirken sich auf die Gehfähigkeit besonders ungünstig aus.

Die Klägerin ist nicht in der Lage, eine Strecke von etwa zwei Kilometern in

etwa einer halben Stunde zurückzulegen (Teil D Nr l b).

Unterschrift

Rechtsanwältin

(6)

162

G. Schwerbehinderte Menschen Fall 15: Grad der Behinderung und Merkzeichen

163

402

403

404

Noch gut zu wissen:

Grad der Behinderung

Wichtigster Maßstab bei der Ermitüung des GdB sind die „Versor-

• gungsmedizinischen Grundsätze" in der Anlage zu § 2 Versorgungs- medizin-VO. Entscheidend ist, wie sich die Folgen einer Gesundheitsstö- rung, also die Funktionsbeeinträchtigungea in allen Lebensbereichen aus- wirken. Im Schwerpunkt werden die folgenden Funktionssysteme zu- sammenfassend beurteilt:

D Sehorgan

D Hör- und Gleichgewichtsorgan

D Atmung

D Herz-Kreislauf

D Verdauung

D Hamorgane D Geschlechtsorgane

D Haut

D Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem

D innere Sekretion und Stoff Wechsel

D Haltungs- und Bewegungsorgane

D Gehirn einschließlich Psyche

Es empfiehlt sich diese Untergliederung für den Sachvortrag zu überneh- men. Als Beweismittel werden in der Regel Sachverständigengutachten auf internistischem, orthopädischen und neurologisch/psychiatrischem Pachgebiet erforderlich sein. Liegen mehrere Punktionsbeeinträchtigun- gen vor, so dürfen alle Funktionsbeeinträchtigungen nicht addiert oder mathematisch ermittelt werden. Für einen Gesamt-GdB wird regelmäßig von der Funktionsbeeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-Grad ausge- gangen und sodann die Auswirkung der anderen Funktionsbeeinbrächti- gungen gewertet. Als Vergleichmaßstab dienen die Auswirkungen von Gesundheitsschäden, die in der Tabelle der Anlage zu § 2 der Versor- gungsmedizin-VO mit festen GdB-Werten beschrieben sind.

B Funktionsbeeinträchtigungen können unabhängig voneinander ver- schiedene Bereiche des tägüchen Lebens betreffen.

8 Fuaküonsbeeinträchtigungen können sich auf andere besonders nach- teilig auswirken, zB bei paarigen Organen wie Augen.

a Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden.

s Punktionsbeeinträchtigungen können sich gegenseitig verstärken.

Vorsicht ist geboten bei Heranziehung von ärztlichen Feststellungen aus anderen soziakechtlichen Verfahren. Jedes Gutachten wird nach den be- sonderen, von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen abhängigen Beweisfragen erstellt. So kann beispielsweise ein zur Prüfung der Voraus- setzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Auftrag

gegebenes Sachverständigengutachten, das zum beruflichen Leistungs-

vermögen Stellung nimmt, nicht die Funktionsbeeinträchtigungen in allen

Lebensbereichen begründen. Dennoch sollten insbesondere aktuelle Gut- achten in das Schwerbehindertenverfahren eingeführt werden. Darin ent-

halten sind neben ärztlichen Diagnosen nämlich auch die Ergebnisse der

durchgeführten Tests, Punktions- und Beweglichkeitsprüfungen. Die Ge- sundheitsstörung muss über eine Dauer von mehr als sechs Monaten be- stehen, um nach dem Schwerbehindertenrecht anerkannt zu werden. An-

ders als ein von der Unfallversicherung festgestellter MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) berücksichtigt der GdB nach dem SGB JX nicht nur

die konkrete Leistungsbeeinträchtigung im Erwerbsleben, sondern eine Beeinträchtigung in allen Lebensbereichen. Ein festgestellter MdE kann

daher nicht automatisch in einen GdB in gleicher Höhe übertragen wer-

den.

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