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Hochamt für „Joschka" Fischer

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Heute auf Seite 3: Das Jenninger-Syndrom

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U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D

Jahrgang 48 - Folge 47 Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 2 2 . N o v e m b e r 1 9 9 7 Landsmannschaft Ostpreußen e.V. RROd Parkallee 84y&6, 20144 Hamburg U ODA**

G r ü n e n - P a r t e i t a g :

Hochamt für „Joschka" Fischer

R h e t o r i s c h e M e i s t e r l e i s t u n g v e r d e c k t e i n P r o g r a m m v o l l e r W i d e r s p r ü c h e Selbst altgediente G r ü n e mit lan-

gen Haaren und Rauschebart i m Stil von 1968 hatten auf der G r ü - nen-Bundesversammlung i n Kas- sel noch einmal ein Aha-Erlebnis.

Die Alternativen, bisher gegen jede Art Personenkult gefeit, lagen i h - rem eigentlichen u n d einzigen Star zu Füßen. Der Parteitag huldigte dem Bonner Fraktionsvorsitzen- den Joseph „Joschka" Fischer.

Selbst die traditionellen K r ö n u n g s - messen für Helmut K o h l auf C D U - Parteitagen verblaßten i m Ver- gleich z u den Vorgängen, die sich in der Kasseler Stadthalle abpiel- ten. War es der klassizistische Bau- stil aus Kaiser Wilhelms Zeiten, der tiefenpsychologisch auf die 750 Teilnehmer wirkte?

Minutenlang standen die G r ü - nen-Delegierten, u m Fischer („kämpfen, kämpfen, kämpfen") z u applaudieren. M ü ß t e d i e r a r t e i einen Kanzlerkandidaten aufstel- len, Fischer w ä r e an diesem Tag g e w ä h l t oder gar geweiht worden.

Die Partei folgt offenbar hastig der Spur der von ihr sonst verspotteten

„Etablierten".

Fischer hatte in seiner geschickt angelegten und rhetorisch brillant vorgetragenen Rede alle Register seines K ö n n e n s gezogen und die G r ü n e n als den eigentlichen Motor für neue Politik i n Deutschland dargestellt: „Die S P D ist i n der Lage, den Machtwechsel herbeizu- führen, aber einen echten Politik- wechsel gibt es nur mit den G r ü - nen." Fischer preist die G r ü n e n als Garanten einer friedlichen, ökolo- gischen und sozial gerechten Welt.

Grünen-Boß Jürgen Trittin, dessen

D I E S E W O C H E B r a n d e n b u r g e r S k a n d a l Minister stolpert

über Brötchen-Affäre F r a g e n z u r Z e i t Der Tod -

und was dann?

D ä n i s c h e s E c h o Volkspartei erhält Zulauf wegen Ausländerpolitik

K a p e l l m e i s t e r i n P r e u ß e n Gedenken an den Königsberger

Johann Friedrich Reichardt 7 B e h ö r d e n s c h l a g e n A l a r m

HIV-Infektionen im Königsberger Gebiet dramatisch angestiegen 13 I n t e r n a t i o n a l e B e t e i l i g u n g Hermann-Sudermann-Seminar

fand großen Anklang 31

Worte mehr an den Stil staatsmo- nopolkapitalistischer Monologe vergangener Tage erinnerten, w i r d angesichts des frenetischen Jubels für Fischer blaß und bleibt sitzen.

Fischer schießt alle Bastionen fundamentalistischer Gegner und Kritiker einer rot-grünen Koalition in Bonn sturmreif. M a n dürfe nicht versprechen, was man nicht halten, und nichts fordern, was man nicht realisieren könne, stellt er z u den umstrittensten Forderungen des Wahlprogramm-Entwurfs der G r ü n e n fest. Umstritten sind der geforderte Austritt aus der Nato und die E r h ö h u n g des Benzinprei- ses auf 4,30 D M pro Liter. Fischer erinnert Nato-Gegner, d a ß man Kompromisse mit Koalitionspart- nern machen und sich an Verträge halten müsse. Schließlich könnten die G r ü n e n nicht „ v o n Sonderpar- teitag z u Sonderparteitag hetzen", wenn Partei- und Koalitionspro- gramm nicht übereinstimmten.

Beim Spritpreis zeigt Fischer Reue. A l l e hätten Fehler gemacht - er eingeschlossen. Die 4,30 D M de- finiert Fischer kurzerhand z u m langfristigen Ziel um. Eine kluge Regie der F ü h r u n g hatte ohnehin dafür gesorgt, d a ß das Wahlpro- gramm nicht auf die Tagesord- nung kam.

Doch eine gute Rede des ergrau- enden Polit-Dinosauriers Fischer macht aus den G r ü n e n noch keinen zuverlässigen Koalitionspartner für die SPD in Bonn. Denn der Po- lit-Lyriker Fischer überdeckt alles, insbesondere Parteibeschlüsse der G r ü n e n , die es in sich haben.

„Joschka" spielt die Ökosteuer her-

unter, behauptet, 4,30 D M pro Liter Sprit seien als Schlußpunkt einer langen Entwicklung gedacht. Doch in allen Industrie- und Arbeits- platzfragen kommen die G r ü n e n bestenfalls als Wolf i m Schafspelz daher. Deutschland hat bereits heute zu hohe Energiepreise. Wer hier draufsatteln w i l l , bläst z u m Großangriff auf Arbeitsplätze.

Zwölf Milliarden Mark durch höhere Erbschafts- und eine neue Vermögenssteuer wollen die Grü- nen kassieren, u m Sozial- und A r - beitslosenhilfe durch eine „ G r u n d - sicherung" z u ersetzen, die jeder Bedürftige bekommen soll. A u c h Asylanten sollen diese Grundsi- cherung erhalten, die mit 800 Mark pro Person für Singles 27 Prozent höher als die Sozialhilfe ist. Bei Vier-Personen-Haushalten ist sie sogar 52 Prozent höher. Doch wer- den politische Illusionen nicht da- durch. Realität, d a ß eine Partei sie beschließt. Die „ G r u n d s i c h e r u n g "

w ü r d e so hoch über den niedrig- sten Lohngruppen liegen, d a ß nur noch die ganz Dummen arbeiten gehen w ü r d e n .

Im übrigen bleiben die G r ü n e n einer falschen Tradition treu und beschließen fleißig, d a ß nicht sein kann, was nicht sein darf. Ursache für mangelnde Konkurrenzfähig- keit seien überteuerte Entwick- lungswege, ineffiziente Organisa- tion und die Überbewertung der D- Mark, heißt es in einem Arbeits- marktpapier. Ein Hauptkostenfak- tor, der zu hohe Energiepreis, w i r d schlicht ausgeblendet und bleibt im ideologischen Filter hängen. H L

In Erfurt berieten unter deutschem Vorsitz zum erstenmal die A u ß e n - und Verteidigungsminister der W e s t e u r o p ä i s c h e n U n i o n i m früheren Machtbereich des Sowjetimperiums Sicherheitsfragen - zusammen mit Vertretern Norwegens, D ä n e m a r k s , der T ü r k e i sowie der mittel- und o s t m i t t e l e u r o p ä i s c h e n Reformstaaten. Foto dpa

D o p p e l b ü r g e r /

V o n E l i m a r S c h u b b e

U

nter den Wählern finden die Befürworter der doppelten Staatsangehörigkeit von Ausländern keine Mehrheit, im Deutschen Bundestag hingegen hät- ten sie leichtes Mehrheitsspiel, wenn sich nicht die Unionsparteien diesem Abenteuer versagen würden. Selbst

E i n S e n d e r a u f A b w e g e n Deutschlandfunk:

Tummelplatz für Linksaußen? 32

Eindringlicher A p p e l l an die Kultusminister

R e s o l u t i o n d e r O L V i n B r e m e n richtet s i c h g e g e n „ v e r s t e l l t e " S i c h t e n i n S c h u l b ü c h e r n W i r als Heimatvertriebene, als

Überlebende des größten Völker- mordes in der bekannten Mensch- heitsgeschichte und als deren Nachkommen - fern der Heimat Geborene - haben 1950 in der

„Charta der Heimatvertriebenen"

feierlich auf Gewalt und Rache ver- zichtet.

Wir haben unsere ganze gesell- schaftspolitische Arbeit dem Frie- den gewidmet, einem dauerhaften Rechtsfrieden in einem Europa der Menschenrechte und des Völker- rechts.

Es ist eine eherne, ethische und historische Erkenntnis, d a ß Frie- den ein Werk der Gerechtigkeit ist und Gerechtigkeit auf der Wahr- heit beruht, die uns frei macht.

Wer Völkerfrieden w i l l , m u ß sich der historischen Wahrheit stellen, die nichts verfälscht, verschweigt, verstellt oder unterschlägt.

M i t zunehmend größer werden- der Betroffenheit stellen w i r H e i - matvertriebene fest, d a ß dem euro- päischen Friedens werk dadurch Schaden droht, d a ß selektiv die h i -

storische Wahrheit verstellt wird.

Wer historische Leerräume zuläßt, schafft Freiräume für Manipulatio- nen und Mythen, welche die Wahr- heit unterminieren, die Gerechtig- keit unmöglich machen und damit einen wahrhaft dauerhaften Frie- den ernsthaft gefährden.

Wir Heimatvertriebene, denen die pflegliche Obhut des histori- schen Kulturgutes und damit der Geschichte Ostdeutschlands durch den Gesetzgeber über den § 96 des Bundesvertriebenen- und Flücht- lingsgesetzes aufgetragen worden ist, stehen in der Pflicht, Bund und Länder an die Einhaltung ihrer Verpflichtung gegenüber Ost- deutschland und seiner Geschichte zu mahnen.

M i t Besorgnis stellen w i r fest, daß in den amtlich zugelassenen Schulbüchern der Fächer Geogra- phie und Geschichte die historisch- territorialen Entwicklungen ver- stellt werden. Weder für die Lehrer noch die Schüler ist die ostdeutsche Geschichte lückenlos korrekt nach- vollziehbar. Diese Kapitulation vor dem „Zeitgeist" mag zwar Ent-

spannung und friedliches Mitein- ander vortäuschen, sie ist aber ein Langzeitgift für neuen Unfrieden und damit Unfreiheit. Die Ge- schichte kennt solch unrühmliche Beispiele; Opfer sind meist die Schuldlosen und Unschuldigen.

Als leidgeprüfte Heimatvertrie- bene appellieren w i r an Sie als die Kultusminister der Länder, aus Ih- rer politischen Verantwortung für eine nachhaltige europäische Frie- densordnung darauf achten z u wollen, d a ß nur solche Schulbü- cher amtlich genehmigt werden, die sich dem ethisch-moralischen Gebot der Wahrhaftigkeit ver- pflichtet haben und sich korrekt an der historischen Wahrheit orientie- ren.

Wir Ostpreußen betonen noch- mals - nur die Wahrheit macht uns frei, nur die Wahrheit ist Basis der Gerechtigkeit und nur die Gerech- tigkeit schafft Frieden - dies ist un- ser Vermächtnis als aus ihrer ange- stammten Heimat Vertriebene und dem Völkermord entkommene Deutsche!

Bremen, den 9. November 1997

innerhalb der Koalition neigen Ab- geordnete der Zwangseinbürgerung von Ausländerkindern und der dop- pelten Loyalität von Erwachsenen zu - die Freien Demokraten und einige zumeist dem linken Parteiflügel an- gehörende Parlamentarier der C D U .

Wenn trotzdem bisher keine ent- sprechende Änderung des Staatsan- gehörigkeitsrechtes auf die Erfolgs- spur gelegt werden konnte, so des- halb, weil für die CSU und die große Mehrheit der C D U mit Kanzler Kohl an der Spitze ein Einschwenken der FDP auf den Doppelstaatlerkurs der Grünen und der SPD den casus belli bedeuten würde. Und das Risiko ei- nes Auseinanderbrechens der Bon- ner Koalition wollen die Liberalen denn doch nicht eingehen. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß nicht doch der eine oder andere Abgeordnete aus der Reihe tanzen möchte, wenn sich dazu eine Gelegenheit böte.

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ine solche Gelegenheit dürfte sich ihnen noch vor Weihnach ten bieten, wenn die Bündnis- grünen für einen fraktionsübergrei- fenden Gruppenantrag Unterschrif- ten zu sammeln beginnen. Sollte es dem FDP-Vorsitzenden Wolf gang Gerhard nicht gelingen, seine Trup- pe zusammenzuhalten, dürfte die Koalition platzen; sollte hinwieder- um die C D U in dieser Frage ein Jam- merbild der Uneinigkeit abgeben, werden die Republikaner reiche Ern- te unter den bisherigen CDU-Wäh- lern einfahren können.

Wie sehr die Doppelstaatlerfreun- de an den Wünschen der großen Mehrheit der in Deutschland leben- den Ausländer vorbeidenken, offen- barte die kürzlich in Hessen abgehal- tene Wahl zu den Ausländerbeiräten

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(2)

Politik

Das £>rtptcuHcnbIott

22. N o v e m b e r 1997 - Folge 47 - Seite 2 der Kommunen. Sind diese auch

nicht eine unmittelbare Brücke zur deutschen Staatsangehörigkeit, so bieten sie doch A u s l ä n d e r n die Mög- lichkeit der politischen Mitwirkung.

U n d man sollte doch meinen, d a ß Ausländer, welche die deutsche Staatsangehörigkeit anstreben, dies auch desnalb tun, u m das deutsche Gemeinwesen mitzugestalten.

Hessen indes hat gezeigt, d a ß die Annahme der Doppelstaatlerfreun- de pures Wunschdenken ist: Ganze 15,4 Prozent der wahlberechtigten Ausländer sind ü b e r h a u p t z u den Urnen gegangen. In Frankfurt am M a i n waren es sogar weniger als acht Prozent. Gegenüber den Wahlen vor vier Jahren ist die schon damals k ü m - merliche Wahlbeteüigung u m ein gutes Viertel zurückgegangen. Nie- dersachsen kann auch kein größeres Interesse der Ausländer an der politi- schen Mitarbeit vermelden: Dort ging die Wahlbeteüigung von 24 auf 16 Prozent zurück.

D

en weitaus meisten Auslän- dern in Deutschland geht es offenkundig gar nicht u m die deutsche Staatsbürgerschaft, son- dern darum, erfolgreich einen Beruf a u s ü b e n z u können. Die staatsbür- gerlichen Pflichten, die mit einem deutschen Paß auf sie z u k ä m e n - wie z u m Beispiel die Ableistung des Wehrdienstes - liegen nicht in ihrem Interesse. Jenen Ausländern, die sich b e w u ß t z u m deutschen Staat beken- nen, sollte der Erwerb der Staatsan- gehörigkeit erleichtert werden - gradlinig und ohne faule Kompro- misse.

Die Zwitterlösung einer doppelten Loyalität oder die Zwangseindeut- schung erschwert nur die Integration und schadet damit dem Gemeinwe- sen, weil sie eine politische Grauzone schafft, i n welcher der Staat sich die- ser Bürger nicht sicher sein kann. Der Ausgang der A u s l ä n d e r w a h l e n ist ein ü b e r z e u g e n d e r Beweis dafür, d a ß die Initiatioren des Gruppenan- trags die politische Wirklichkeit nicnt z u erkennen v e r m ö g e n - oder b e w u ß t unserem Land ein neues Pro- b l e m b ü n d e l aufpacken wollen. V o n staatsbürgerlicher Verantwortung zeugt das nicht.

B r a n d e n b u r g :

Minister stolpert über Brötchen-Affäre

M e r k w ü r d i g e V e r w e n d u n g v o n F ö r d e r g e l d e r n i m L a n d e d e s M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n S t o l p e

^ £ ü $ D f i p r c u l h n b l a l f UNABHÄNGIGE W O C H E N - ZEITUNG FÜR D E U T S C H L A N D Chefredakteur: Elimar S c h u b b e

(Verantwortlich t. d. redaktionellen Teil) Politik, Zeitgeschehen, Feuilleton, Le- serbriefe: Peter Fischer, Hans Heckel (Freier Mitarbeiter); Kultur, Unterhal- tung, Frauenseite: Silke Osman; Ge- schichte, Landeskunde, Ostpreußen heute, Wissenschaft: Dr. Jan Heitmann;

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Ständige Mitarbeiter: Alfred v. Ameth (Wien/Bozen), Wilfried Böhm (Melsun- gen), Pierre Campguilhem (Paris), Hel- mut Kamphausen (Gartow), Eleonore Kutschke (Alienstein/Stettin), Jürgen Ma- thus (Bonn), Dr. Paul Polak (Prag), Willy Fehling (Berlin).

Anschrift für alle: Parkallee 84/86,20144 Hamburg. Verlag: Landsmannschaft Ost- preußen e.V., Parkallee 86,20144 Ham- burg. Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der Lands- mannschaft Ostpreußen. - Bezugspreis Inland 11,50 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 14,90 DM monatlich, Luftpost 21,40 DM monatlich. Abbestellungen sind mit einer Frist von einem Monat zum Quartalsende schriftlich an den Vertag zu richten.

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Brandenburgs Landwirtschafts- minister E d w i n Z i m m e r m a n n ist z u r ü c k g e t r e t e n . E r stolperte ü b e r die sogenannte Backofen-Affäre.

Subventionsbetrug, so lautet der V o r w u r f . D i e Staatsanwaltschaft Potsdam p r ü f t jetzt, ob ein Ermitt- lungsverfahren wegen des V e r - dachts des Subventionsbetruges eröffnet werden m u ß .

D i e S c h a u b ä c k e r e i w a r v o r drei Jahren als A B M - P r o j e k t g e g r ü n d e t worden. Der A u s - u n d U m b a u w u r d e mit knapp 490 000 M a r k v o m A g r a r m i n i s t e r i u m u n d seinen nachgeordneten A g r a r ä m t e r n ge- fördert. Z w e i v o n der Lebensmit- telkette Meyer-Beck gespendete Backöfen i m Wert v o n 125 000 M a r k w u r d e n i n die Backstube ein- gebaut. N a c h d e m die F ö r d e r g e l d e r an das Projekt ausgezahlt w o r d e n waren, w u r d e die S c h a u b ä c k e r e i i m Oktober 1997 i n die „ T r a d i t i o n s - u n d S c h a u b ä c k e r e i G m b H " umge- wandelt. Seit Oktober w u r d e die Bäckerei als G m b H mit Z i m m e r - manns F r a u Christel u n d Tochter M o n i q u e als Gesellschafterinnen g e f ü h r t - bei der U m w a n d l u n g steckten i n d e m Projekt u n g e f ä h r 1,1 M i l l i o n e n M a r k F ö r d e r m i t t e l u n d Spenden.

M e h r als bittere A n e k d o t e g e h ö r t aber auch folgendes z u m Gesamt- b i l d : N o c h w ä h r e n d der B r ö t c h e n - Affäre w u r d e der Dezernent i m A m t für A g r a r o r d n u n g i n Cottbus, D i r k Schmidt, fristlos gefeuert. E r habe d e n Betriebsfrieden g e s t ö r t , so der V o r w u r f , denn Schmidt habe versucht, andere Mitarbeiter auszukundschaften u n d sich so einen V o r t e i l gegen seine K o l l e - gen z u verschaffen. Der Gefeuerte sieht es genau umgekehrt: E r habe sich mit der Stasi-Vergangenheit der Mitarbeiter des Agrarfor- schungszentrums Schlieben be- schäftigt.

Schmidt entdeckte dabei: Schlie- ben w a r eine Stasi-Festung. Inter-

essant ist hier w i e d e r u m , w i e gut sich Z i m m e r m a n n u n d die alten S t a s i - M ä n n e r aus Schlieben kann- ten. W a n n i m m e r Z i m m e r m a n n m a l wieder eine Ausnahmerege- l u n g für seine Bäckerei brauchte, er bekam sie v o n seinen alten Freun- den aus Schlieben. A l s n u n D i r k Schmidt anfing, diese V e r b i n d u n g aufzudecken, gab es für i h n k e i n Pardon.

D o c h m a n sollte einmal die Frage stellen, w a r dies alles n u r ein be- dauerlicher Einzelfall? D i e A n t - wort lautet: N e i n , weder ist dies bei Z i m m e r m a n n ein Ausrutscher noch bei der Regierung insgesamt.

Bei d e m robusten u n d selbstbe- w u ß t e n B a u e r n - F ü h r e r sei n u r an die Affäre u m die Tierkadaver-Be- seitigungsanlage u n d an die pleite gegangene Landgesellschaft erin- nert. Letztere w a r eigentlich der A u s l ö s e r , der aber schon b a l d v o r der Backofen-Affäre v e r b l a ß t e . H e m m u n g s l o s u n d weitgehend unkontrolliert w u r d e da mit staat- lichen F ö r d e r g e l d e r n umgegan- gen.

A b e r auch für die Stolpe-Regie- r u n g insgesamt ist die Z i m m e r - mannsche H a n d l u n g s w e i s e nicht fremd. Erst A n f a n g dieses Jahres sagte Brandenburgs M i n i s t e r p r ä s i - dent Manfred Stolpe, d a ß das der- zeitige (Bonner) „ S y s t e m " ohnehin fallen werde. D a z u läßt der M i n i - s t e r p r ä s i d e n t keine Gelegenheit aus, u m d e m Westen die kalte Schulter z u zeigen. D i e Bonner Re- p u b l i k ist der Regierungsmann- schaft i n Potsdam fremd u n d z u w i - der, Stolpe pocht darauf, auch die Lebensleistungen i n der D D R an- zuerkennen, die D D R - B ü r g e r sol- len z u ihren Biographien stehen k ö n n e n .

G e n a u das ist der K n a c k p u n k t . W e r soviel Sympathie für die real- existierende sozialistische O r d - n u n g u n d so w e n i g V e r s t ä n d n i s für das neue, vereinigte Deutschland

hat, der w i r d ü b e r jede F ö r d e r - mark, die m a n d e m b ö s e n Bonner System abgegaunert hat, froh sein.

Bei dieser Geisteshaltung w i r d m a n auch nicht a l l z u streng auf die Einhaltung der F ö r d e r r i c h t l i n i e n achten.

Manfred Stolpe u n d E d w i n Z i m - m e r m a n n zeigten sich jedenfalls noch bei der R ü c k t r i t t s e r k l ä r u n g uneinsichtig. N a c h i h r e m V e r - s t ä n d n i s ist Z i m m e r m a n n das O p - fer einer M e d i e n - V e r s c h w ö r u n g geworden - n a t ü r l i c h v o n westli- chen Zeitungen, die den aufrech- ten Brandenburger zerbrechen wollten. Immerhin, Z i m m e r m a n n s t ü r z t nicht ins finanzielle A u s . N o c h sechs M o n a t e kassiert er sein Gehalt i n H ö h e v o n r u n d 21 000 M a r k , d a n n 84 M o n a t e (!) lang noch die Hälfte. H a g e n Netttelbeck

H e s s e n :

Minister warnt vor Fahndern

Hessens Finanzminister Karl Starzacher m u ß sich w a r m anziehen:

Der Wiesbadener Oberstaatsanwalt ermittelt gegen ihn wegen Straf Verei- telung i m A m t u n d Anstiftung zur U r k u n d e n u n t e r d r ü c k u n g . Hinter- grund: Genosse Starzacher hat die öffentlich-rechtlichen Sparkassen Hessens vorab ü b e r eine Razzia der Steuerfahndung informiert - nicht jedoch die Privat- u n d Genossen- schaftsbanken. Die Steuerfahnder wollten dem Verdacht nachgehen, d a ß einige K u n d e n hessischer Geld- institutebeträchtliche Mengen Deut- scher M a r k am Finanzamt wobei nach Luxemburg geschafft haben k ö n n t e n . Die vorab informierten Sparkassen konnten ihre Kunden rechtzeitig warnen. Kommentar des Anwalts eines betroffenen Kunden einer anderen Bank: „ G e n a u s o könn- te man dem Besitzer eines Rausch- gift-Depots den Polizeibesuch an- k ü n d i g e n . " P« T.

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Südosten Europas will ziisammeiniicken

D i e a c h t B a l k a n s t a a t e n s t r e b e n n u n m e h r e i n e g e m e i n s a m e W i r t s c h a f t s z o n e a n A c h t B a l k a n l ä n d e r w o l l e n ge-

meinsame Anstrengungen z u r S t ä r k u n g der Sicherheit u n d Stabi- lität i n der Region unternehmen.

Dies e r k l ä r t e n die Teilnehmer des ersten Balkangipfels z u m A b - s c h l u ß ihrer Beratungen i n H e r a - kleon auf der griechischen M i t t e l - meerinsel Kreta. Bei d e n zahlrei- chen bilateralen Treffen d ü r f t e es nur w e n i g Fortschritte gegeben haben. T e i l n e h m e r l ä n d e r der z w e i t ä g i g e n Konferenz waren A l - banien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, die B u n - desrepublik Jugoslawien (Serbien, Montenegro), M a z e d o n i e n , R u m ä - nien u n d die T ü r k e i . Das n ä c h s t e Treffen der acht Staats- u n d Regie- rungschefs soll i m k o m m e n d e n Jahr i m Oktober i n der t ü r k i s c h e n Stadt A n t a l y a stattfinden.

D i e Regierungschefs der Balkan- staaten haben sich i m Grundsatz auf eine H a r m o n i s i e r u n g ihrer G e - setzgebung u n d eine engere Z u - sammenarbeit i n der Wirtschafts- politik v e r s t ä n d i g t . A u ß e r d e m be- kräftigten die Regierungschefs z u - d e m inr Vorhaben, eine gemeinsa- me Wirtschaftszone z u errichten.

A l s Gastgeber rief der griechische M i n i s t e r p r ä s i d e n t Costas Simitis z u r Ü b e r w i n d u n g der Spannun- gen auf d e m Balkan auf, u m den A n s c h l u ß an die E i n i g u n g Europas nicht z u verpassen. „ W i r stehen an einem historischen Scheideweg,

u n d ü b e r k o m m e n e s Verhalten w i e Feindseligkeiten u n d G e g e n s ä t z e f ü h r e n uns i n die Niederlage", sag- te Simitis. Weiter betonte Simitis, es sei nicht das Z i e l gewesen, eine neue Organisation z u g r ü n d e n , sondern gemeinsame politische Richtungen z u erarbeiten u n d die erforderlichen Schritte einzuleiten.

D i e A u ß e n m i n i s t e r w ü r d e n aller- dings i n den k o m m e n d e n M o n a t e n

S e r b i s c h e P r o v i n z b e l a s t e t d i e B e z i e h u n g e n

die E i n r i c h t u n g eines s t ä n d i g e n Sekretariats als Koordinationsstel- le untersuchen. A u f Kreta sei ein guter A n f a n g i n diese Richtung

G

emacht w o r d e n . Das Treffen u n d ie bilateralen G e s p r ä c h e h ä t t e n z u r Verbesserung des K l i m a s ge- führt. D i e T e i l n e h m e r l ä n d e r be- kannten sich z u r W a h r u n g der ter- ritorialen Integrität u n d Unverletz- lichkeit der G r e n z e n sowie z u r L ö - sung v o n Meinungsverschieden- heiten mit friedlichen M i t t e l n . A u - ß e r d e m vereinbarten sie gemeinsa- me Strukturen z u r V e r s t ä r k u n g i h - rer Zusammenarbeit. A u f die E i n - richtung eines s t ä n d i g e n Sekretari- ats konnten sich die Teilnehmer vorerst nicht einigen. D i e Regie- rungschefs der T ü r k e i u n d G r i e -

chenlands, Y i l m a z u n d Simitis, k a - m e n bei der L ö s u n g ihrer z w i - schenstaatlichen Probleme nicht voran. Y i l m a z l u d Simitis nach A n k a r a ein. D e r griechische Regie- rungschef n a h m die E i n l a d u n g an, sagte aber, ein Besuch m ü s s e g r ü n d l i c h vorbereitet sein. Es sei noch k e i n T e r m i n genannt w o r d e n . Simitis sagte nach d e m Treffen: „ E s gibt nichts, was die D i n g e v e r ä n - dert, aber i c h betone, d a ß das Tref- fen trotzdem sehr n ü t z l i c h w a r . Das derzeitige kontroverse K l i m a n ü t z t n i e m a n d e m . " D e r Streit ü b e r die Hoheitsrechte u n d d e n Fest- landssockel i n der A g ä i s solle v o r d e m internationalen Gerichtshof i n D e n H a a g g e k l ä r t w e r d e n . A m Rande der Konferenz hatten die Bundesrepublik, Jugoslawien u n d A l b a n i e n a n g e k ü n d i g t , ihre Bezie- hungen normalisieren z u w o l l e n . Der jugoslawische P r ä s i d e n t Slo- b o d a n M i l o s e v i c u n d der albani- sche Premier Fatos N a n o sprachen v o n einer „ h i s t o r i s c h e n Begeg- n u n g " . Konkrete Ergebnisse w u r - den nicht bekannt. Das P r o b l e m der serbischen U n r u h e p r o v i n z K o - sovo belastet die Beziehungen massiv. E t w a 90 Prozent der Be- w o h n e r der P r o v i n z K o s o v o s i n d ethnische A l b a n e r . Seit der A u f h e - b u n g der A u t o n o m i e des K o s o v o d u r c h Milosevic" i m Jahr 1989 w i r d die P r o v i n z v o n Belgrad mit bruta- ler Polizeigewalt regiert. Milosevic"

hat die extrem schwierige Lage

w i e d e r h o l t z u r Entfesselung extre- m e n serbischen N a t i o n a l i s m u s ge- nutzt.

Das Treffen M i l o s e v i c - Nano stellte an sich eine Sensation dar.

Seit d e m letzten G i p f e l zwischen d e m d a m a l i g e n jugoslawischen Staats- u n d Parteichef T i t o u n d sei- n e m albanischen Counterpart En- ver H o d s c h a 1948 gab es n u r weni- ge K o n t a k t e z w i s c h e n d e n beiden Staaten. D e r f r ü h e r e jugoslawische M i n i s t e r p r ä s i d e n t M i l a n P a n k hat- te i m F r ü h j a h r 1992 einen Blitzbe- such i n T i r a n a absolviert, konkrete Ergebnisse s i n d ausgeblieben. A m Rande der U n o - V o l l v e r s a m m l u n g ist es k ü r z l i c h z u e i n e m ersten Tref- fen der b e i d e n A u ß e n m i n i s t e r ge- k o m m e n . Das Treffen Milosevic - N a n o ist v o m griechischen A u ß e n - minister T h e o d o r a s Pangalos wo- chenlang vorbereitet w o r d e n . In T i r a n a w u r d e n d i e gespannte Si- tuation i m K o s o v o u n d d i e Imple- mentation des i m Vorjahr z w i - schen M i l o s e v i c u n d R u g o v a er- zielten A b k o m m e n s ü b e r die Nor- m a l i s i e r u n g des Schulwesens im K o s o v o als H a u p t t h e m e n der Ge- s p r ä c h e a n g e k ü n d i g t . N a n o ließ unterdessen w i s s e n , d a ß er sich b e i m G e s p r ä c h m i t M i l o s e v i c für Direktkontakte z w i s c h e n Belgrad u n d d e n K o s o v o - A l b a n e r n einset- J f 5 w e r d e . R u g o v a m ü s s e mit M i l o s e v i c ohne V e r m i t t l e r i n d i - rektem K o n t a k t stehen, findet N a n o . A l f r e d v . A r n e t h

(3)

22. November 1997 - Folge 47 - Seite 3

ÖU5 DfiprfuStnblaii

Im B r e n n p u n k t

D

er Fall Phillipp Jenninger hat 1997 in der b a d e n - w ü r t - tembergischen Landes- hauptstadt Stuttgart eine Neuauf- lage erfahren. Der Unionspolitiker galt als aussichtsreicher Kandidat für das A m t des Präsidenten bei dem i n Stuttgart ansässigen „Insti- tut für Auslandsbeziehungen"

(ifa). O b w o h l Jenningers Qualifi- kationen als langjähriger Spitzen- politiker u n d als Diplomat in Bonn nicht bestritten werden, zog er sei- ne Kandidatur - auch zur Erleich- terung eines Teiles der eigenen Par- teifreunde - kurzfristig wieder z u - rück.

In den Tagen zuvor m u ß t e der ehemalige B u n d e s t a g s p r ä s i d e n t wegen seiner angeblich belasteten politischen Vergangenheit ein wei- teres M a l ein politisches Kesseltrei- ben gegen die eigene Person erdul- den, ohne d a ß i h m aus den eigenen Reihen ein angemessener Schutz zuteil geworden w ä r e .

K n a p p ein Jahr vor der Bundes- tagswahl wollten einflußreiche

halten hatte, bei der noch w ä h r e n d des Vortrages ein Eklat inszeniert wurde. Jenningers Rede wurde i n Reihen von G r ü n e n , SPD, linken Künstler- und Intellektuellenkrei- sen so umgedeutet, als wolle der CDU-Politiker die Judenverfol- gung i n der Nazizeit verharmlo- sen.

Diese unhaltbare, böswillige Auslegung wurde von einem gro- ßen Teil der Medien willfährig ü b e r n o m m e n und multipliziert.

Allenfalls k ö n n t e man Jenninger einen ungeschickten Vortrag nach- sagen, weil er ellenlange Zitate aus der Nazizeit verwendete. Nach Lektüre des Manuskriptes w ä r e aber jedem Leser klar gewesen, d a ß der Redner Ausgleich und Versöh- nung fördern wollte.

Das Nachlesen hätte für man- chen Kampagnejournalisten das bestehende und sorgfältig gepfleg- te Feindbild v o m w ü r t t e m b e r g i - schen „Stahlhelmpolitiker" durch- einander gewirbelt. Seit Jenninger 1976 i n den R ä u m e n der Bonner

das Exempel statu- iert. Phillipp Jen- ninger war poli- tisch kaltgestellt.

Selbst „Unions- freunde" wollten nach Möglichkeit nicht mit i h m ge- meinsam gesehen oder genannt wer- den. Es liegt in der menschenverach- tenden Logik der von Kampagnen- journalismus und Seilschaften ge- prägten politi- schen Unkultur, daß Persönlichkei- ten, die einmal ge- brandmarkt sind, trotz erwiesener Unschuld auf dem

E

olitischen Parkett eine neue Chance erhalten. Dabei ge- hört die Tatsache zum politischen

Allgemeinwissen, Willige Vollstrecker gibt es stets zuhauf: Anti-Filbinger-Demo 1978 Foto dpa

K a m p a g n e n :

D a s J e n n i n g e r - S y n d r o m

W i e e i n linkes N e t z w e r k unbescholtene P o l i t i k e r beliebig z u F a l l b r i n g t

D i e V o r g ä n g e u m d a s S t u t t g a r t e r I n s t i t u t f ü r A u s - K u l t u r i n D e u t s c h l a n d u n d f ü r d i e F o l g e n , d i e r u f - l a n d s b e z i e h u n g e n h a b e n d i e T r a g i k d e r H e t z k a m p a - m ö r d e r i s c h e K a m p a g n e n h i n t e r l a s s e n k ö n n e n . W i r g n e g e g e n P h i l l i p p J e n n i n g e r n o c h d e u t l i c h e r h e r v o r - b e l e u c h t e n d e n F a l l J e n n i n g e r u n d z e i g e n P a r a l l e l e n t r e t e n l a s s e n . D e r F a l l d e s e h e m a l i g e n B u n d e s t a g s - z u d e n F e l d z ü g e n g e g e n d i e M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n P r ä s i d e n t e n i s t e i n L e h r b e i s p i e l f ü r d i e p o l i t i s c h e H a n s F i l b i n g e r u n d L o t h a r S p ä t h a u f .

V o n U L R I C H L E G D E N E R

Kreise i m ifa u m den g r ü n e n Bundestagsabgeordneten R e z z o Schlauch, der das Auslandsinstitut d o m i n i e r e n d e n u n i o n s n a h e n Mehrheit demonstrieren, d a ß sie sich keineswegs einen Konservati- ven als P r ä s i d e n t e n vorsetzen las- sen. Der mißliebige Jenninger war das ideale Opfer, u m Stärke u n d eine vermeintlich „politisch kor- rekte" Gesinnung z u demonstrie- ren. Jenningers politische Freunde wollten vor der Bundestagswahl keinen s p e k t a k u l ä r e n Dauerstreit, agierten mutlos u n d verstiegen sich auf taktische Spiele. In dieser Situation erwies Jenninger seiner eigenen Partei einen unverdienten Dienst, indem er sie von der „Last"

seiner Kandidatur befreite.

A u f der Strecke bleibt dabei we- niger die Person Phillipp Jenninger als vielmehr die politische Kultur in Deutschland. W ä h r e n d die PDS-

E r w a r d a s i d e a l e O p f e r

G r ö ß e n Hans M o d r o w oder Gre- gor G y s i i m Deutschen Bundestag einvernehmlich mit Joschka F i - scher u n d Rudolf Scharping gegen die u n i o n s g e f ü h r t e Bundesregie- rung anrennen k ö n n e n und die SED-Nachfolgepartei seit Jahren bestimmt, d a ß Sachsen-Anhalt von einem SPD-Ministerpräsidenten regiert w i r d , gelten Jenninger und andere Kampagneopfer in der Poli- tik als „ U n b e r ü h r b a r e " .

Jenninger g e h ö r t e seit 1969 dem Deutschen Bundestag an und war von 1984 bis 1988 Präsident des Parlaments. V o n diesem A m t m u ß - te er am 11. November 1988 z u - rücktreten, nachdem er am Vortag i m Bundestag eine Rede zur soge- nannten „Reichskristallnacht" ge-

Parlamentarischen Gesellschaft ohne Genehmigung aufgehängte, ehrverletzende Agitationsplakate des linken Politgrafikers und SPD- Wahlhelfers Klaus Staeck abge- h ä n g t hatte, stand er ohnehin auf der „Abschußliste". Dabei hatte er als Hausherr lediglich seine Pflicht erfüllt.

Die Fanfaren der E m p ö r u n g über die vielgescholtene Rede p a ß t e n nur z u gut i n das Schubladenden- ken der rot-grünen Medienseil- schaften. Über Nacht wurde der Unionspolitiker, der

sich zuvor u m das d e u t s c h - i s r a e l i s c h e Verhältnis verdient gemacht hatte, mit ei- ner Schmutzlawine aus Leitartikeln und Schlagzeilen wie „Jen- ninger v o m Faschis- mus fasziniert",

„ Z u m Verzweifeln",

„Jenningers Versa- gen" oder „Schämen Sie sich, Herr Präsi- dent?" überrollt. In- nerhalb kürzester Zeit war der Bundestags- präsident für seine Partei z u einer politi- schen Last geworden, die es abzuwerfen galt. Noch Tage nach dem Rücktritt strick- ten „Spiegel" und

„Zeit" an dem Bild des „ewiggestrigen"

Deutschen. So titelte

der „Spiegel" am 14. November 1988 geschmacklos „Mit Knobelbe- chern durch die deutsche Ge- schichte". U n d in der „Zeit" er- schien ein Aufsatz des sozialdemo- kratischen Rhetorikers Jens unter der künstlich e m p ö r t e n Über- schrift „Ungehaltene Worte über eine gehaltene Rede". Damit war

daß die Geheimdienste des War- schauer Pakts systematisch an der Verbreitung v o n Desinformatio- nen ü b e r politische Persönlichkei- ten aus dem Westen arbeiteten.

Die führende Rolle spielte dabei der Staatssicherheitsdienst (Stasi) der DDR, durch den gezielt Falsch- informationen i n die Medien lan- ciert wurden.

Inzwischen offengelegte Stasi- Akten u n d Veröffentlichungen einstiger Täter belegen, wer sich i m Westen b e w u ß t oder leichtgläubig

Wurde erneut Opfer v o n L ü g e n u n d Verdrehungen: Phi lipp Jenninger

zum Helfer der Desinformations- maschine aus Ost-Berlin machen ließ. Z u den nützlichen Sprachroh- ren zählten Journalisten bei öffent- lich-rechtlichen Rundfunkanstal- ten, bei „Spiegel" und „Stern" so- wie die stramm linken Schriftstel- ler Bernt Engelmann, Klaus Wall- raff und Jürgen Hochhut. Die ge-

nannten Medien und Publizisten sind i n zahlreiche weitere Kessel- treiben verwickelt, bei denen eine Stasi-Beteiligung nicht nachgewie- sen werden Kann.

In Baden-Württemberg fielen nacheinander gleich zwei M i n i - sterpräsidenten dem Zusammen- spiel von Politik und Medien z u m Opfer. Seit 1966 regierte Hans F i l - binger i n Stuttgart und verschaffte der C D U mit einem „Freiheit oder Sozialismus"-Wahlkampf 1972 die absolute Mehrheit. Z u Fall ge-

bracht wurde Filbin- ger nicht durch die po- I H H y mische Opposition

sondern durch eine Kampagne des „Spie- gel", an die sich weite- re Medien angehängt hatten. A l s der M i n i - sterpräsident am 7.

August 1978 seinen Rücktritt erklärte, war eine beispiellose Ruf- mordkampagne über ihn hinweggefegt, die in dieser A r t z u m da- maligen Zeitpunkt noch nicht dagewesen war und die den Rück- halt in der eigenen Par- tei z u m Schwinden ge- bracht hatte. A u s - gangspunkt war F i l - bingers Tätigkeit als Marinerichter i m Zweiten Weltkrieg.

Der „Spiegel" veröf- fentlichte dazu erst- mals 1972. Das Magazin verwen- det bei der Berichterstattung Zeu- genaussagen, die Filbinger vor Ge- richt erschüttern konnte. Das The- ma köchelte dennoch weiter.

1978 veröffentlichte der Schrift- steller Rolf Hochhuth am 17. Fe- bruar i n der „Zeit" einen A u s z u g

aus einer noch unveröffentlichten Erzählung und stellte einen Bezug zum Ministerpräsidenten von Ba- den-Württemberg her, den er als

„furchtbaren 'Juristen'" stilisierte.

Filbinger entschied sich erneut für eine Klage und bewirkte damit selbst, d a ß die Medienseilschaften von „ S p i e g e l " , „Stern" und „Zeit"

mit wesentlicher U n t e r s t ü t z u n g des Fernsehmagazins „ P a n o r a m a "

eine beispiellose Kanonade gegen ihn entfesselten. Vier Monate lang verwendete allein der „Spiegel" 16 Ausgaben und 60 Seiten für die moralische Hinrichtung. In der Landespartei wurde die Unterstüt- zung für den Ministerpräsidenten schwächer. A u f der H ö h e der K a m - pagne r ä u m t e auch noch Stuttgarts CDU-Oberbürgermeister Manfred Rommel öffentlich ein, daß sich F i l - binger „taktisch nicht geschickt"

verhalten habe.

Filbingers Nachfolger Lothar Späth, der soeben als glücklicher

„Mr. Industrie Ost" seinen 60. Ge- burtstag beging, wurde 1991 eben- falls von den Medien zur Aufgabe gezwungen. Wieder war es der

„Spiegel", der dabei die maßgebli- che Rolle spielte. Doch i m Unter- schied z u den konservativ profi- lierten Politikern Jenninger und Filbinger, profilierte sich das noch

S p r a c h r o h r e d e r S t a s i ? heute von seinen ehemaligen Lan- deskindern liebevoll „Cleverle"

genannte Politiktalent als undog- matischer Politiker, der sich ganz auf die Verbesserung des wirt- schaftlichen Standortes konzen- trierte. Späth unterhielt zunächst äußerst fruchtbare Beziehungen zum „Spiegel" und wurde von den Hamburger Blattmachern als Kohl-Herausforderer aufgebaut.

Als das Cleverle diese Rolle aber nicht spielen wollte, senkte „Spie- gel"-Chef Augstein den Daumen.

Woche für Woche wurde Späth wegen firmenfinanzierter Dienst- flüge, geschenkter Urlaubsreisen und seiner Bekanntschaften z u In- dustriellen angegriffen. A l s auch die Reiterferien seiner Tochter und damit seine Familie z u m Gegen- stand der Angriffe gemacht wur- den, trat Späth kurzentschlossen zurück. Kurz darauf begann er sei- ne neue berufliche Laufbahn als Sanierer des DDR-Industriegigan- ten Carl-Zeiss-Jena und heute an- erkannter Vorstandsvorsitzender der wirtschaftlich gesunden Jenop- tik A G , die 1998 an die Börse gehen w i l l . Ob die linken Seilschaften von 1991 dann wieder gegen Lothar Späth zuschlagen?

(4)

P o l i t i k

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22. N o v e m b e r 1 9 9 7 - Folge 4 7 - S e i t e 4

F D P ;

Klares Ja

zur Wehrpflicht

M i t einem kläglichen Ergebnis für den n o r d r h e i n - w e s t f ä h s c h e n FDP-Landesvorsitzenden J ü r g e n M ö l l e m a n n u n d den l i n k e n Partei- flügel endete die parteiinterne A b - s t i m m u n g ü b e r die Wehrpflicht.

Gegen den a u s d r ü c k l i c h e n W i l l e n des F D P - V o r s i t z e n d e n Wolfgang G e r h a r d erwirkten M ö l l e m a n n u n d die Gegner der Wehrpflicht einen Mitgliederentscheid. Ihnen gelang es jedoch nicht, die Basis z u mobilisieren. N u r gerade 20 Pro- zent der 70 000 Parteimitglieder beteiligten sich. D a m i t verfehlten die Initiatoren des Entscheids weit das vorgeschriebene Q u o r u m v o n einem Drittel. V o n denen, die ihre Stimme abgaben, sprachen sich 57 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus.

Diese Niederlage erspart der F D P u n d der Bundesregierung eine neue Vertrauenskrise, denn w i e Verteidigungsminister V o l k e r R ü h e hat aucn Bundeskanzler H e l - mut K o h l nie einen Zweifel daran gelassen, d a ß für die U n i o n die Wehrpflicht nicht z u r Disposition steht. Das Scheitern des Entscheids k a n n innerparteilich die Position des liberal-konservativen Reform- flügels u m den f r ü h e r e n General- bundesanwalt Alexander v o n Stahl u n d den aus der Landtags- fraktion i n Hessen a u s g e s t o ß e n e n Abgeordneten Heiner K a p p e l stär- ken.

In Berlin stehen i m F r ü h j a h r Vorstandswahlen an. Der links- profilierte Landesvorsitzende M a r - tin M a t z hatte sich g r o ß für den M i t g l i e d e r e n t s c h e i d e n g a g i e r t . V o n Stahl, der schon bei den letzten Vorstandswahlen M a t z i n Be- d r ä n g n i s brachte, tritt diesmal mit R ü c k e n w i n d gegen i h n an. Berlin k ö n n t e für die F D P S i g n a l w i r k u n g haben. E . S.

H a m b u r g :

Rechtsstaat auf der Flucht

D i e S t a d t e n t w ä s s e r u n g v o n Hamburg-Bergedorf ergreift die Flucht. D i e Abwasser-Ubergabe- stelle für täglich 50 Laster u n d die V e r w a l t u n g werden i n andere Stadtteile verlegt. Es ist eine K a p i - tulation vor den i n n ä c h s t e r N ä h e angesiedelten 95 Zigeunern aus d e m Stamm der R o m a . Jahrelang w u r d e den Fahrzeugen i m m e r wieder die Zufahrt versperrt, i n die R ä u m e eingebrochen u n d z e r s t ö r t , was nicht z u stehlen war. Sogar ge- schossen w u r d e bereits auf ein Ent- w ä s s e r u n g s f a h r z e u g .

W i r k s a m e M a ß n a h m e n gegen die Bewohner des Containerdorfs bleiben aus. „Es traut sich d o c h gar keiner konkret z u sagen: D a w i r d jetzt m a l mit einer Elle gemessen, die für jeden Deutschen gilt. D i e Schlagzeilen w i l l keiner", meint K r i p o - C h e f Horst Bohnert. U n d i n der Tat, das „ H a m b u r g e r A b e n d - blatt", das den F a l l aufgriff, ver- weist eindringlich auf die „ L a s t der Geschichte", die ein Eingreifen of- fenbar verhindert.

D o c h was w i r d ein z. B . 16jähri- ger Deutscher denken, der wegen weit geringerer Delikte v o r Gericht landet u n d zusehen m u ß , w i e hier offene K r i m i n a l i t ä t geduldet w i r d , w e i l es sich u m Nichtdeutsche han- delt. D i e Last der Geschichte ist i h m i m Z w e i f e l k e i n M a ß s t a b für sein Alltagsleben, sein n a t ü r l i c h e s Rechtsempfinden hingegen u m so mehr. Dies w i r d d u r c h derlei V o r - fälle auf das Schlimmste unter- h ö h l t , u n d nicht nur seines. Es k a n n nicht sein, d a ß die entsetzlichen Taten, die d e m Untergang des ver- gangenen deutschen Rechtsstaats folgten, als A l i b i herhalten für die Z e r r ü t t u n g des g e g e n w ä r t i g e n .

H a n s Meckel

Otto v o n H a b s b u r g feierte a m 20.

N o v e m b e r seinen 85. Geburtstag.

D e r ä l t e s t e S o h n des letzten K a i - sers v o n Ö s t e r r e i c h ( K a r l I.) u n d K ö n i g s v o n U n g a r n g e h ö r t z u d e n herausragenden p o l i t i s c h e n G e - stalten der A l t e n W e l t . A l s P r ä s i - dent der c h r i s t l i c h - k o n s e r v a t i v e n P a n e u r o p a - U n i o n , als H i s t o r i k e r , P u b l i z i s t u n d aktiver P o l i t i k e r

^atte s i c h Otto ü b e r Jahrzehnte m w e g f ü r d i e Menschenrechte, d i e B ü r g e r f r e i h e i t e n u n d das Selbstbestimmungsrecht der M e n s c h e n i m sowjetisch-be- herrschten T e i l Europas einge- setzt u n d z u g l e i c h f ü r die Z u s a m - menarbeit der freien Staaten u n - seres K o n t i n e n t s . Seit 1979 ist Otto deutscher A b g e o r d n e t e r i m E u r o p ä i s c h e n Parlament u n d dort allseits anerkannter A n w a l t der V ö l k e r jenseits des e i n g e s t ü r z t e n E i s e r n e n V o r h a n g s . A n dessen Z u s a m m e n b r u c h hat Otto v o n H a b s b u r g entscheidend mitge- w i r k t : A m 19. A u g u s t w a r er V e r - anstalter jenes Paneuropa-Pick-

n i c k s beiderseits der ö s t e r r e i - chisch-ungarischen G r e n z e b e i O d e n b u r g / S o p r o n , w o seine Tochter W a l b u r g a d e n E i s e r n e n V o r h a n g zerschnitt u n d d a m i t ü b e r 700 D e u t s c h e n aus der k r i - s e n g e s c h ü t t e l t e n D D R das T o r z u m Westen ö f f n e t e . D i e u n g a r i - sche R e g i e r u n g l i e ß d e n Stachel- drahtzaun nicht m e h r f l i c k e n m i t der Folge, d a ß jene breite F l u c h t - w e l l e einsetzte, die s c h l i e ß l i c h d e n M a c h t h a b e r n der S E D i n M i t - teldeutschland d e n B o d e n unter d e n F ü ß e n w e g s p ü l t e . Seit d e m E i n s t u r z der k o m m u n i s t i s c h e n Herrschaft sieht Otto s e i n H a u p t - aufgabe d a r i n , d e n Staaten M i t t e l - u n d Ostmitteleuropas den E i n t r i t t i n d i e Gemeinschaft der freien Staaten Europas z u erleichtern.

D i e s e m Z i e l d i e n e n auch s e i n S o h n K a r l als ö s t e r r e i c h i s c h e r A b - geordneter des E u r o p ä i s c h e n Par- laments u n d s e i n S o h n G e o r g als Sonderbotschafter U n g a r n s b e i d e n e u r o p ä i s c h e n Institutionen.

Foto Europäisches Parlament

M i c h e l s S t a m m t i s c h Die jungen Leuteam Stammtisch im Deutschen Haus waren sauer. Bun- deskanzler Kohl hatte öffentlich nicht nur „eine neue Kultur der Selbstän- digkeit" eingefordert, um die Wende am Arbeitsmarkt zu erreichen, son- dern dabei „besonders die jungen Leu- te" ermahnt, mehr Risiken einzugehen und sich zu engagieren. Kohl: „Mit Vollkasko-Mentalttät ist das nicht zu machen."

Der Stammtisch-und nicht nur sei- ne jungen Leute - meinte hingegen, diese „Vollkasko-Mentalität" herrsche wohl eher bei den Etablierten in den Chefetagen von Staat, Großunterneh- men und Banken, wo lukrative Pensio- nen, Abfindungen und Tantiemen das persönliche Risiko minimieren. Vor- bilder an Risikobereitschaft seien da jedenfalls nicht zu entdecken. „Versu-

chen Sie einmal, bei den Banken einen Kredit für ein junges Unternehmen zu erhalten, und Sie werden erleben, wo Risikofreude und Engagement heute liegen" hieß es, und: „Selbst peanuts gibt's doch eher für Leute wie Schnei- der ..."

Hochschulabsolventen, junge Mei- ster und Gesellen werden statt dessen von einer „Vollkaskogesellschaft" um die Hälfte der Bruttobezüge aus ihren ersten Jobs erleichtert und für einen falsch angelegten, mittlerweile zur Ideologie erstarrten „Generationen- vertrag", für versicherungsfremde Leistungen und für Zahlungen in alle Welt abkassiert. Durch die „Steuer- Schlupflöcher", einst allesamt von Po- litikern als Instrument moderner Fi- nanzpolitik geschaffen, aber neuer- dings von eben diesen Politikern leb- haß beklagt, können die jungen Leute auch nicht flüchten. Das bleibt denen vorbehalten, die, von routinierten Bankern beraten, sogar das Risiko des Steuerzahlens zu vermeiden trachten.

Ob es da nicht auf der Hand liegt, wo die „Mentalität" nicht stimme, fragte man am Stammtisch.

G e d a n k e n z u r Z e i t : G l o s s e :

Der Tod - und was kommt danach? | Verzweiflung statt Vermittlung

D i e W e l t l i e b t e s n i c h t , a n s E n d e z u d e n k e n / V o n P . L o t h a r G r o p p e S J A m letzten Sonn-

tag i m Kirchen- jahr begeht die evangelische K i r - che den Toten- sonntag, der man- cherorts auch als E w i g k e i t s s o n n - tag b e z e i c h n e t w i r d , u m an das Leben nach dem Tode z u erinnern.

Jedoch die Welt liebt es nicht, an den Tod z u denken. Ihre Devise heißt:

Freut euch des Lebens! Dennoch ist der Tod eine unausweichliche Reali- tät, der w i r nicht entrinnen können.

Der Herr spricht mehrmals v o m Ende und verbindet damit stets die Mahnung, wachsam z u sein. Die ka- tholische Kirche mahnt am Ascher- mittwoch: „Gedenke, o Mensch, d a ß d u Staub bist und z u m Staube z u - rückkehren wirst."

Es ist nicht Lebensfeindlichkeit, wenn uns die Kirchen bisweilen an den Tod erinnern, sondern ihre Sor- ge, w i r könnten über dem Diesseits, das wesentliche Vorbereitung auf ein Leben mit Gott ist, das Jenseits ver- gessen. Wie denken die Menschen unserer Tage über den Tod? Martin Heidegger schreibt darüber:

„Die Öffentlichkeit des alltägli- chen Miteinander kennt den Tod als ständig vorkommendes Begebnis, als /Todesfall'. Dieser oder jener ,stirbt', Unbekannte sterben täglich oder stündlich. Der Tod begegnet uns als bekanntes innerweltliches

Ereignis. A l s solcher bleibt er i n der für das alltäglich Begegnende cha- rakteristischen Unauffälligkeit. Das M a n hat für dieses Ereignis auch schon eine Auslegung gesichert. Die ausgesprochene oder auch meist ver- haltene ,flüchtige' Rede d a r ü b e r w i l l sagen: man stirbt am Ende auch ein- mal, aber zunächst bleibt man selber unbetroffen ... Das ,man stirbt' ver- breitet die Meinung, der Tod treffe gleichsam das M a n . . . "

W ä h r e n d viele unserer Zeitgenos- sen jeglichen Gedanken an den Tod v e r d r ä n g e n , setzen sich bisweilen ganz junge Menschen mit i h m aus- einander, wenn sie von unheilbarer Krankheit gezeichnet sind. So Petra Kuntner. A l s sie zwölf Jahre alt war, befiel sie ein Krebsleiden, das v o m Rachen- und Nasenraum ausging und allmählich den ganzen Körper erfaßte. Trotz furchtbarer Schmerzen blieb sie stets offen und liebenswür- dig. Besonders ihre drei letzten Jahre lebte sie b e w u ß t aus dem Glauben.

Ihren Besuchern sagte sie:

„Ich habe mich nie aufgegeben, weil ich in der Bibel gelesen habe:

,Werft alle eure Sorgen auf ihn.' Seid nicht traurig! Wenn ich z u Gott heim- gehe, dann bin ich euch n ä h e r denn je. Lebt ein erfülltes Leben, aufgebaut auf Christus! Betet viel füreinander, segnet einander! Seid gut zueinan- der! Ich lege meine Schmerzen, mei- ne Gebete, mein Ringen in Gottes Hand und spüre: Der ganze H i m m e l freut sich mit mir."

A l s Petra zehn Tage nach ihrem 16.

Geburtstag starb, bereiteten ihr die Heimatgemeinde u n d ihre Mitschü- lerinnen ein ergreifendes Begräbnis.

Eine Mitschülerin sprach z u m A b - schied: „Petra, w i r waren dir in dei- ner langen Krankheit, die viel Schmerz und sicher auch viel D u n - kelheit gebracht hat, immer ganz nahe. W i r versuchten, mit dir z u tei- len und z u tragen, so, wie es dein Wunsch war. Doch dein tiefes Ge- heimnis ganz z u erfassen waren w i r nicht imstande. D u , ein lebensfroher, junger, liebenswerter Mensch, ge- zeichnet schon früh v o m Tode, hast dich immer durchgerungen z u ei- nem Ja ... Das kam nicht von unge- fähr, denn d u warst geprägt von der Ü b e r z e u g u n g , d a ß Gott mit dir geht, d a ß er auch i m Leid dir nahe ist. U n d so bist d u immer mehr in Gott hinein- gereift. Das Gebet war dir Kraft und Stütze. D u bist uns ein Vorbild ge- worden, d a ß Leid, auch schweres Leid, das Leben nicht z u brechen braucht, sondern d a ß die Hoffnung immer das Letzte ist. Danke, Petra.

W i r möchten dich in dieser Erinne- rung behalten. D u bist nun glücklich bei Gott. Denk an uns."

W i r alle haben Angehörige und Freunde, die uns in die Ewigkeit vor- angegangen sind. Der Totensonntag sollte uns daran mahnen, ihrer i m Gebet zu gedenken, d a ß der Herr ih- nen ein gnädiger Richter sei. Die H l . Schrift nennt es einen heiligen und frommen Gedanken, für die Verstor- benen zu beten.

„ M e l d e n Sie offene Stellen d e m Arbeitsamt. Seine V e r m i t t l u n g s - b e m ü h u n e e n haben fast i m m e r E r - folg". So ärmlich t ö n t es d e m Fern- sehzuschauer s e l b s t b e w u ß t entge- gen. D a fügt es sich doch g l ü c k l i c h , d a ß ein junger Unternehmer aus H a m b u r g eine Bürokraft einstellen m ö c h t e . G e r n auch älter. Eine v o n den Arbeitssuchenden also, die be- sonders schwer auf d e m Arbeits- markt z u vermitteln s i n d . O p t i m i - stisch meldet er die offene Stelle d e m Arbeitsamt. Angesichts des Millionenheeres v o n Beschäfti- gungslosen rechnet er damit, die Stelle innerhalb weniger Tage be- setzt z u haben. F r o h narrt er der Dinge, die da k o m m e n m ö g e n . Es k o m m t - nichts!

N a c h einer Woche wagt der fro- he Unternehmer eine vorsichtige Anfrage. O b etwas schief gelaufen sei oder das A m t etwa weitere In- formationen b e n ö t i g e . N e i n , nein, t ö n t es i h m entgegen, die z u s t ä n d i - ge Sachbearbeiterin sei i m U r l a u b , u n d der Fall k ö n n e daher erst nach ihrer R ü c k k e h r bearbeitet werden.

Diese unglaubliche A u s k u n f t s t ü r z t den Unternehmer i n tiefe Nachdenklichkeit. Sollten die ho- hen Arbeitslosenzahlen etwa nur eine billige L ü g e der M a s s e n m e d i - en sein? W i r d der brave B ü r g e r v o r s ä t z l i c h in die Irre g e f ü h r t ? A n - ders kann er sich die Tatsache k a u m e r k l ä r e n , d a ß dringende V e r m i t t l u n g s f ä l l e unbearbeitet bleiben, nur w e i l eine Mitarbeite- r i n des Arbeitsamtes U r l a u b

macht. D i e Lage auf d e m A r b e i t s - markt k a n n d e m n a c h gar nicht so hoffnungslos sein. O d e r sollten die Herrschaften b e i m A r b e i t s a m t ein- fach n u r dickfällig sein?

D o c h d a zeigt sich unerwartet ein Silberstreif a m H o r i z o n t . D e r mitt- lerweile nicht m e h r frohe Unter- nehmer hat d u r c h Z u f a l l erfahren, d a ß eine i n e i n e m benachbarten Stadtteil wohnhaftige D a m e mit der g e w ü n s c h t e n Q u a l i f i k a t i o n auf Arbeitssuche ist. Ü b e r g l ü c k l i c h tut er die gute N a c h r i c h t d e m Arbeits- amt k u n d , erwartet er d o c h seitens der wackeren Arbeitsvermittler Begeisterung ob dieses s c h ö n e n Erfolgs. D o c h der D ä m p f e r ist fürchterlich. So einfach sei das ja n u n auch w i e d e r nicht, w i r d d e m Fassungslosen beschieden. D i e A r - beitssuchende sei s c h l i e ß l i c h i n ei- n e m anderen Arbeitsamtsbezirk als das U n t e r n e h m e n a n s ä s s i g . So- mit habe er das für i h n z u s t ä n d i g e Arbeitsamt z u bitten, das für die Arbeitssuchende z u s t ä n d i g e A r - beitsamt auf d e m W e g der A m t s - hilfe z u bitten, die Arbeitssuchen- de z u bitten, sich bitte bei i h m vor- zustellen. W i e bitte?

Der U n t e r n e h m e r fragt sich, ob m a n nicht einfach die A r b e i t s ä m t e r

11?$ di e L e i s t un g s a b t e i l u n g e n s c h l i e ß e n sollte. A l l e r d i n g s w ü r d e die Z a h l der A r b e i t s l o s e n d a d u r c h noch weiter anwachsen, d e n n wer stellt schon jemanden ein, der vor- her b e i m A r b e i t s a m t beschäftigt w a r . . .

(5)

22. November 1997 - Folge 47 - Seite 5

Das ßfiprcutfcnblaii

A u s aller Welt

In Kürze

G e s e t z e s ä n d e r u n g

Rund 2,5 Millionen Spätaussiedler kamen seit 1985 aus Mittel- und Ost- europa i n die Bundesrepublik Deutschland. U m die Bildung von Aussiedlerballungsräumen z u ver- meiden, hat der Bundestag jetzt eine bedenkliche Änderung des Wohn- ortzuweisungsgesetzes beschlossen, wonach den seit 1. März 1996 aufge- nommenen Aussiedlern Eingliede- rungs- und Sozialhilfe nur noch ge- währt wird, wenn sie bis zum 15. Juli 2000 an den ihnen zugewiesenen Wohnorten in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben.

F l u c h t w e l l e

Rund 1,2 Millionen Menschen warten in Osteuropa auf die Gele- genheit, nach Deutschland zu gelan- gen. Nach Erkenntnissen des B N D wird als Fluchtweg u. a. die Ostsee favorisiert. Dort könnte sich eine Lücke auftun, sobald die Bundesre- publik Deutschland den baltischen Staaten Lettland, Estland und Litau- en eine Visabefreiung einräumt.

Insgesamt sind i n diesem Jahr bereits rund 50 000 Asylbewerber von Schleuserbanden illegal einge- schleust worden.

K e n n e d y - L e g e n d e

Eine jetzt i n Amerika von Sey- mour Hersh unter dem Titel „Die d ü s t e r e Seite des Camelot" erschie- nene Biographie ü b e r den 1963 er- mordeten John F. Kennedy geht davon aus, d a ß er Mitglied der Mafia gewesen sei und sich zudem reihenweise Prostituierte ins Wei- ße Haus bringen ließ. A u ß e r d e m w i r d i h m eine Affäre mit der Gattin des bundesdeutschen Militäratta- ches nachgesagt.

D ä n e m a r k :

Ungewohnt radikale Töne

A u s l ä n d e r p o l i t i k u n d z u n e h m e n d e K r i m i n a l i t ä t h a b e n B e v ö l k e r u n g v e r ä r g e r t

Zitate • Zitate

B e r i c h t i g u n g

Durch einen Übermittlungsfehler ist in Folge 46/97/Seite 4 die Bischö- fin der Nordelbischen Kirche, Maria Jepsen, nicht dem Rat der E K D zuge- rechnet worden. Tatsächlich aber wurde sie bei der Wahl als Ratsmit- glied berücksichtigt.

Die Dänen, die sich selbst gern als ein gemütliches, harmloses kleines Völkchen darstellen, werden böse:

Immer mehr Ausländer strömen in ihr Land und wollen von den Seg- nungen des dänischen Sozialsy- stems zehren. N a h m man das bis- her eher murrend hin, formiert sich jetzt die Abwehr. Nach den in Dä- nemark beliebten und höher als i n Deutschland bewerteten Befra- gungen der Bevölkerung durch Meinungsinstitute ist i n den letz- ten Wochen die Dänische Volks- partei auf fast 15 Prozent der W ä h - lerstimmen hochgeschnellt. Damit nimmt die junge Partei den zwei- ten Platz unter den Oppositions- parteien ein. Ihr weiterer Aufstieg scheint sicher. U n d das kann alle bisherigen Erwartungen für die Folketingswahlen, die bis z u m September des nächsten Jahres ab- gehalten werden müssen, über den Haufen werfen.

Die Dänische Volkspartei, die man weder rechts noch links ein- ordnen kann, sondern auf die eher der Begriff der nationalen Partei paßt, ist eine Abspaltung der vor 25 Jahren v o n Mogens Glistrup ge- g r ü n d e t e n Fortschrittspartei. Sie fühlte sich damals als Steuerpro- testpartei, doch wurde Glistrup immer mehr z u einem Politclown, bis er aus der eigenen Partei ausge- schlossen wurde. A u s ihr ging dann die Dänische Volkspartei ner- vor unter der rhetorisch begabten und auch äußerlich attraktiven Pia Kjaersgaard, deren Hauptpro- grammpunkt i m Slogan „Däne- mark den Dänen!" zusammenge- faßt ist. Damit kämpft sie sowohl gegen das zunehmende Eindrin- gen v o n A u s l ä n d e r n nach Däne- mark als auch gegen die Gefähr- dung des D ä n e n t u m s durch ein vereintes Europa.

In D ä n e m a r k stellen die neu ein- gewanderten A u s l ä n d e r bislang 4,5 Prozent der Gesamtbevölke-

rung. Z u m Vergleich: in Deutsch- land beträgt der Ausländeranteil etwa neun Prozent. Die legal oder illegal eingewanderten Ausländer, die ü be rw i eg en d behaupten, es gäbe für sie G r ü n d e , u m in Däne- mark u m A s y l z u bitten, ballen sich in den größeren Städten wie K o - penhagen, Odense oder Esbjerg; es gibt Stadtteile, in denen jeder zwei- te Bewohner aus dem Ausland kommt. Parallel dazu steigt die K r i - minalität i n D ä n e m a r k rapide.

Zwischen Jugendlichen aus Däne- mark u n d aus dem Ausland schwelt ein permanenter Banden- krieg.

Die Regierung reagierte darauf nach Meinung vieler D ä n e n viel z u spät. Zwar k ü n d i g t e die Innenmi- nisterin Birte Weiss vor einigen Wochen an, nunmehr dürften aus-

Versucht seit l ä n g e r e r Zeit e i n Gegengewicht gegen den anglo- a m e r i k a n i s c h e n W i r t s c h a f t s - block z u b i l d e n : Präsident Jaques Chirac. Inzwischen hat er auch 15 afri- kanische Staaten in das Planspiel Euro-Zone einbezogen Foto dpa

ländische Flüchtlinge in D ä n e m a r k nur dann auf Dauer bleiben, wenn sie die Landessprache lernten und regelmäßig Steuern zahlten, doch war das nach einer so langen Zeit des Zauderns für viele Dänen nicht mehr glaubhaft. So m u ß t e der sozi- aldemokratische Ministerpräsi- dent Rasmussen die Innenministe- rin entlassen.

Der neue Innenminister Simon- sen verstärkte innerhalb kürzester Zeit die Polizei. Er schickte eine Spezialeinheit i n das Hinterland der deutsch-dänischen Grenze, u m eingesickerte Ausländer abzufan- gen u n d den organisierten M e n - schenschmuggel z u bekämpfen.

Darüber hinaus werden 300 M i l l i o - nen Kronen der dänischen Polizei zur Verfügung gestellt, damit der Reichspolizeichef jederzeit bei ei- ner Zuspitzung der Lage die Bewa- chung der Grenzen verstärken kann. Der Menschenschmuggel ist j für die Gangster z u einem einträg- lichen Geschäft geworden. Bis z u 30 000 Mark zahlen die angeblich in ihrer Heimat Verfolgten, u m ille- gal nach Mittel- und Nordeuropa z u gelangen.

Große Verägerung hat in der dä- nischen Bevölkerung die Tatsache hervorgerufen, d a ß es in vielen Fäl- len nur schwer möglich ist, aufge- griffene Ausländer in die Heimat- länder abzuschieben, weil diese sich weigern, sie wieder aufzuneh- men. So wurde in Versammlungen der Dänischen Volkspartei der Ruf laut, man m ö g e die illegal eingerei- sten Scheinasylanten mit Fallschir- men ausrüsten und sie dann über ihren H e i m a t l ä n d e r n aus Flugzeu- gen abwerfen...

Diese für D ä n e m a r k ganz unge- wohnten radikalen Töne sind ein Zeichen für die Verbitterung vieler D ä n e n über die verfehlte Auslän- derpolitik ihrer Regierung.

Hans Joachim v. Leesen

Langersehnter Friedensvertrag kommt

D a s S c h i c k s a l d e r K u r i l e n - I n s e l n b l e i b t n o c h o f f e n / V o n A l f r e d v . A r n e t h Japan u n d R u ß l a n d haben eine

engere Wirtschaftszusammenar- beit vereinbart. Das ist eines der konkreten Ergebnisse des zwang- losen Treffens zwischen dem russi- schen P r ä s i d e n t e n Jelzin u n d dem japanischen Regierungschef H a - shimoto i n der sibirischen Stadt Krasnojarsk. Tokio w i l l M o s k a u ei- nen Verzicht auf die Inselgruppe der Kurilen offenbar mit Finanzhil- fe schmackhaft machen. Schon 4,5 Milliarden US-Dollar wurden an russische Firmen vor allem i n den Bereichen High-Tech sowie für die E x p o r t f ö r d e r u n g i n Form von Kre- diten vergeben.

Jelzin u n d Hashimoto einigten sich i n Sibirien auch auf eine besse- re Zusammenarbeit in der Grenzsi- cherung. Hashimoto sicherte Ruß- land die U n t e r s t ü t z u n g Japans für eine Aufnahme ins Asiatisch-Pazi- fische Wirtschaftsforum (APEC) zu. Der A P E C - G r u p p e gehören 18 Staaten an, darunter China, Kana- da, Japan u n d die U S A . „ W e n n R u ß l a n d ein demokratisches Land bleibt, so wie es jetzt ist, dann m u ß es eine größere Rolle spielen", sag- te Mutsuyoshi Nishimura v o m ja- panischen A u ß e n m i n i s t e r i u m . „Es sollte an regionaler Zusammenar- beit mitwirken, u n d das A P E C ist das bedeutendste regionale Fo- r u m . " Der „Hashimoto-Jelzin-

P l a n " diene dem Zweck, die rus- sisch-japanische Wirtschaftsko- operation z u verbessern. Der Plan sehe die U n t e r s t ü t z u n g der Wirt- schaftsreformen in Rußland durch Japan ebenso vor wie die Zusam- menarbeit i m Handel bei Investi- tionen, der Energieversorgung u n d der Ausbildung.

Beide Politiker kamen auch über- ein, gemeinsame Militärmanöver abzuhalten, u m etwa bei Naturka- tastrophen wirkungsvolle Ret- tungseinsätze z u organisieren. Z u - dem wollen künftig beide über ei- nen heißen Draht i n Verbindung stehen, u m direkt verhandeln z u können. Japan hofft auf die Unter- s t ü t z u n g Kußlands für seine Kan- didatur u m einen Sitz i m Uno-Si- cherheitsrat.

Die russische Nachrichtenagen- tur ITAR-TASS zitierte einen Spre- cher Hashimotos mit den Worten, die Beziehungen zwischen beiden Staaten näherten sich einem Wen- depunkt. Die erfolgreichen Refor- men i n Rußland hätten eine neue A t m o s p h ä r e geschaffen. Das Tref- fen i m sibirischen Krasnojarsk sei als historisch z u bezeichnen.

Hashimoto sprach von der größten Chance, die Beziehungen z u Ruß- land z u normalisieren und die Pro- bleme zwischen den Staaten noch in diesem Jahrhundert z u lösen. Ihr

politischer Hauptstreitpunkt ist seit vielen Jahren die Frage der Zugehörigkeit der südlichen K u r i - len-Inseln. Japan betrachtet sie als seine Territorien. Jetzt bahnt sich eine Lösung des Problems an: Bei- de Seiten wollen sich über die poli- tische Zukunft der südlichen K u r i - len bis z u m Jahr 2000 einigen, wie Jelzin u n d Hashimoto i m sibiri- schen Krasnojarsk bekanntgaben.

Bis dahin wollen Rußland und Ja- pan ihren formalen Kriegszustand beenden u n d den langerwarteten Friedensvertrag unterzeichnen.

Ein konkreter Termin dafür stehe noch nicht fest, sagte Jelzin. Über den künftigen Status der umstritte- nen Kurilen-Inseln machte der rus- sische Staatschef keine Angaben.

Zunächst einmal w i r d Jelzin i n dieser Frage aber wohl auf sein ei- genes Land blicken müssen. Beson- ders aus der v o n Kommunisten und Nationalisten beherrschten Duma, mit der Jelzin und die Re- gierung i n den vergangenen W o - chen harte Kämpfe auszutragen hatte, dürfte harsche Kritik an dem geplanten Friedensvertrag kom- men. Denn die Frage nach dem künftigen Status der umstrittenen Kurilen w i r d nun wieder ange- heizt. „Es ist klar, d a ß diese Kern- frage i n Krasnojarsk nicht gelöst werden kann, aber es kann ein kon-

struktives Herangehen an die Lö- sung umrissen werden, was übri- gens v o n der Opposition i n der Duma absolut nicht akzeptiert w i r d " , schrieb die Wochenzeitung

„Delowoi M i r " (Moskau).

Jelzin aber ist sich seiner starken Stellung bewußt: „Der Beschluß (über den Friedensvertrag) mag nicht gefallen, aber der Präsident hat entschieden." Wie das Problem der Kurilen, die Japan zurückfor- dert, letztendlich gelöst werden soll, bleibt vorerst i m Dunkeln.

Noch am Freitag hatte die Duma eine Erklärung verabschieden wol- len, die die territoriale Integrität der Russischen Föderation fest- schreibt, wie sie i m übrigen auch in der Verfassung festgelegt ist. Der Kreml wies angebliche Pläne z u - rück, wonach die Kurilen aus dem Gebiet Sachalin herausgetrennt und direkt der Präsidentenverwal- tung unterstellt werden sollen.

In Moskau hofft man offenbar drauf, d a ß Tokio nicht zuletzt aus geopolitischen Aspekten z u m Ein- lenken bereit sein wird. „Man sagt, d a ß Japan eifersüchtig auf China ist und deshalb bereit ist, seine harten Positionen zu den russisch-japani- schen Angelegenheiten z u über- denken", schrieb die Zeitung „Is- westija".

„Ein Freund fragte nach dem Ein- druck der Erscheinung u n d des Gesprächs. Ich sagte: ein Bezaube- rer und Gezeichneter. Eine zerisse- ne Natur, die den Riß nicht spürt; er geht dem Verhältnis entgegen. Der Mann, dem ich dies in der höchsten Blüte wilhelminischer Ära sagte, ein Kenner der Menschen, erstaun- te nicht u n d hat i n der langen Glanzzeit bis z u m Kriege mir das Wort nicht vorgehalten. A l s der Krieg begann, begegneten w i r uns, beide v o m schlimmen Ausgang überzeugt. Abermals widersprach er mir nicht, als ich sagte: N i e w i r d der Augenblick kommen, w o der Kaiser, als Sieger der Welt, mit sei- nen Paladinen auf weißen Rosen durchs Brandenburger Tor zieht.

A n diesem Tage hätte die Weltge- schichte ihren Sinn verloren. Nein!

Nicht einer der Großen, die in die- sen Krieg ziehen, w i r d diesen Krieg ü b e r d a u e r n . " Walther Rathenau

Deutscher Außenminister, über seinen ersten Eindruck von Kaiser Wilhelm II.

„Niemals ist, solange es Weltge- schichte gibt, drei Staaten und i h - ren politischen H ä u p t e r n , Wilson, Clemenceau u n d Lloyd George, eine solche Macht verliehen wor- den. Niemals, solange es Weltge- schichte gibt, ist das Sein oder Nichtsein eines ungebrochenen, gesunden, begabten, arbeitsfrohen Volkes und Staates von einem ein- zigen Entschluß verantwortlicher M ä n n e r abhängig gewesen. Wenn in Jahrzehnten u n d Jahrhunderten die b l ü h e n d e n deutschen Städte verödet und verkommen, das Er- werbsleben vernichtet, der deut- sche Geist i n Wissenschaft u n d Kunst verebbt, die deutschen M e n - schen z u Millionen von ihrer hei- matlichen Erde losgerissen und vertrieben sind: w i r d dann vor dem Tribunal der Geschichte und vor dem Richterstuhl Gottes das Wort Geltung haben: Diesem Volk ist recht geschehen, und drei Män- ner haben dieses Recht vollzogen?

W i r d diese Gewalttat eine Segens- zeit der Völker einleiten?... Was uns angedroht wird, was der H a ß uns anzutun vorschlägt, ist die Ver- nichtung. D i e Vernichtung des deutschen Lebens jetzt und i n alle Zukunft..." Walther Rathenau

Genug gemeistert nun

die Weltgeschichte!

Die Sterne, die durch

alle Zeiten tagen, Ihr wolltet sie mit frecher H a n d

zerschlagen U n d jeder leuchten

mit dem eignen Lichte.

Doch unaufhaltsam rücken die Gewichte, V o n selbst die Glocken

von den T ü r m e n schlagen, Der alte Zeiger, ohne euch

zu fragen, Weist flammend auf die Stunde

des Gerichts.

O stille Schauer, wunderbares Schweigen, Wenn heimlich flüsternd sich

die Wälder neigen, Die Täler alle geisterbleich

versanken, U n d in Gewitter von den

Bergesspitzen der Herr der Weltgeschichte

schreibt mit Blitzen - Denn seine sind nicht

euere Gedanken Joseph von Eichendorff

„Mahnung"

„Man umgrenze den Menschen, wie man wolle, so schaut er doch zuletzt i n seiner Zeit umher; u n d wie kann er die begreifen, wenn er nicht einigermaßen weiß, was vor- gegangen ist?"

joliann Wolfgang von Goethe

Referenzen

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