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Netzwerke im Politikfeld "lokale Arbeitsmarktpolitik"

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Ulf Keller

Netzwerke im Politikfeld

"lokale Arbeitsmarkt- politik"

Arbeitsmarktpolitik und politische Steuerung im Landkreis Emsland

~

Eigenverlag des Deutschen Vereins

~

11

für ~ffentliche und private Fürsorge eV.

Berlln

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Sozialhilfe und Sozialpolitik (8 7) Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV, Michaelkirchstraße 17/18,10179 Berlin www.deutscher-verein.de

Gesamtherstellung:

GO Druck Media Verlag,Kirchheim unter Teck Printed in Germany 2008

ISBN 978-3-7841-1842-0

Veröffentlicht mit Förderung durch das Bundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

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Vorwort

Die 2005 durch das SGB II bzw. die als .Hartz IV" eingeführte Unterteilung der Arbeitsmarktpolitik in einen Leistungsstrang der Sozialversicherung und einen anderen in der Tradition der "so- zialen Fürsorge" hatte nicht nur eine bis heute anhaltende Dis- kussion um neue Armut,d.h. über das .Leistunqsniveau sozialer Gerechtigkeit",zur Folge.Wie das im Dezember 2007 ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt, ist die institutionelle und organisatorische Umsetzung der .Hartz IV-Reform" eine nach wie vor aktuelle, wenn auch nicht immer im Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit stehende Herausforderung.

In institutioneller Sichtweise ging es seit langem und geht es bis in die tagesaktuellen Debatten hinein um die Frage einer stär- keren .Kornrnunalisierunq" der Leistungen des SGB 11. Den Be- fürwortern ausschließlicher kommunaler Befugnisse und Zu- ständigkeiten sind die bundesweit heute 69 .Optionsmodelle"

geschuldet. In ihnen findet - wie die vorliegende, im Arbeitsbe- reich der Abteilung für Sozialpolitik und Public Policy der Leibniz Universität Hannover entstandene Arbeit herauszustellen vermag - eine genaue Trennung und Konturierung einerseits der Leistun- gen der Arbeitsagenturen für den Rechtsbereich des SGB 111 und andererseits der Leistungen der Kommunen für das SGB 11 statt.

Organisatorisch ist damit die Frage um "Konkurrenz und Ko- operation"der am Arbeitsmarkt beteiligten Behörden weitgehend beantwortet.

Zur zentralen Frage der Bewertung über Erfolg oder Nicht-Erfolg dieses sog. .Optlonsmodetls" wird jedoch die Passgenauigkeit der am Arbeitsmarkt umzusetzenden Programme und Maßnah- men werden, nicht ihre Abgrenzung voneinander. Ausgerichtet an der (Re-)Integration arbeitsloser Menschen in ein Arbeitsver- hältnis sind hier die Beweggründe und Ursachen politischer wie staatlicher Intervention und Steuerung zu sehen. Im Vordergrund steht dabei,wie problematische wirtschaftliche und gesellschaft- liche Entwicklungen zielorientiert gesteuert werden können.

Für die Politik selbst ist es dabei zum "st ilistischen Bestandteil", aus Sicht der Politikwissenschaft heraus aber zur Notwendigkeit

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und zum Kennzeichen geworden, moderne politische Steuerung in und mit "Netzwerken" arbeiten zu lassen. Als Kernelement ist dabei in der Umsetzung von Politik die Anerkennung von Ak- teuren unterschiedlicher Provenienz zu verstehen, die aufgrund ihrer Kompetenzverteilungen zu Verhandlungen und Kooperation angehalten und befähigt sind. Die vorliegende Arbeit macht sich zur Aufgabe,das Arbeiten in und mit Netzwerken lokalerArbeits- marktpolitik anhand des emsländischen Beispiels darzustellen.

Zwar kann die Effizienz der dort sehr kontinuierlichen und netz- werkartig gesteuerten lokalen Arbeitsmarktpolitik nicht "nach Maß und Zahl" beantwortet werden. Allerdings spricht vieles dafür, dass eine offensichtlich stark integrierte Arbeitsmarktpo- litik flexibler auf neue Herausforderungen (wie z.B. die Hartz IV- Reform) reagieren und vergleichsweise bessere Ergebnisse bei der Anwendung gesetzlich vorgegebener Instrumente erzielen kann. Gut sichtbar wird dadurch, dass die kommunale Ebene im Bundesstaat die Ausführung bundeseinheitlicher Programme durchaus meistern kann. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion ist jedoch anzumerken, dass die Kommunen die (bundes-)gesetz- lichen Standardinstrumente in jedem Fall an die örtlichen Gege- benheiten anpassen müssen und hierzu nicht unbeträchtlicher finanzieller und organisatorischer Spielräume bedürfen.

Prof. Dr. Bernhard Blanke,Hannover

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 7

2 Politikfelder, politischeSteuerung und

Politiknetzwerke 12

2.1 Politikfelder und Politikfeldanalyse... ... 12 2.2 Politikfelderund politische Steuerung... ... 16 2.3 Politikfelderund Politiknetzwerke 17 3 Das Politikfeld "lokale Arbeitsmarktpolitik" 22 3.1 Themen und Aufgaben... 22 3.2 Institut ionen - institutionelle Rahmenbedin-

gungen - Instrumente 30

3.3Akteure... 38

Kommunen 40

Arbeitsämter/Arbeitsagenturen 44

3.4 Prozesse und Prozessmuster 48

4 Arbeitsmarktpolitik im Landkreis Emsland 57 4.1 Wirtschaftsstru ktur und Arbeitsmarktim Emsland.. 57 4.2 Arbeitsmarktpolitische Ansätze im Landkreis

Emsland 65

"Ar beit statt Sozialhilfe" 65

Serviceagenturfür Beschäftigung. ... ... ... .. 68

ESBA 71

Arbeitsmarktkonferenzen 1999 und 2001 76 Ausbildungsinitiativedes Landkreises Emsland 79

Berufsausbildungskommission 79

Ausbildungsbörsen 80

Von den .Koordinierunqsstellen"zu den PACE... 82 Umsetzung des SGB 11... 87 4.3 Themen und Aufgaben,Institutionen,

Akteure und Prozesse ... ... ... 92 Themen und Aufgaben... ... ... 92

Institutionen 93

Akteure 96

Prozesse... ... ... ... . 99 4.4 Netz wer ke lokaler Arbeitsmarktpolit ik

und ein politischerUnternehmer 111

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Operative Netzwerke 112

Strategisches Netzwerk 115

5 Schlussbemerkung 127

6 Literaturverzeichnis 130

7 Verzeichnis der Gesprächsprotokolle 150

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1 Einleitung

Als im August 2002 der Vorsitzende der "Kommission für moder- ne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", Dr. Peter Hartz, deren Er- gebnisse präsentierte, entbrannte in Deutschland eine Diskussi- on, die nicht nur die politische Öffentlichkeit seit mehreren Jahren in Bewegung hält. Die als .Hartz I bis IV" benannten Reformen am Arbeitsmarkt rückten in gleichem Maße in den Mittelpunkt unterschiedlicher wissenschaftlicher Debatten.

Auch die politikwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem .Problernsyndrom (Langzeit-)Arbeitslosigkeit"erlebten durch die seitdem intensiv geführten Reformdiskussionen eine "Re- naissance". Zuvor waren bereits in den 1980er Jahren intensive Debatten über Möglichkeiten lokaler Arbeitsmarktpolitik geführt worden und die Wissenschaft hatte bis Mitte der 1990er Jahre die hierzu bis heute grundsätzlichen Studien vorgelegt. Nach und neben umfassenden Arbeiten dieser Zeit findet sich auch durch- gängig eine Fülle von Materialien,die sich dem Themenkomplex

"lokale Arbeitsmarktpolitik" zumeist in Form von Zeitschriften- aufsätzen, Tagungsbeiträgen oder Sammelbänden widmen. Sie sind oftmals an der Praxis lokaler Arbeitsmarktpolitik orientiert, greifen einzelne Gesichtspunkte (wie z.B. die Einführung des Fallmanagements) auf und bezeugen in einem weiten Spektrum, wie aktiv und innovativ die Praxis in vielen Fragestellungen vor- anschritt. Verstärkt seit dem Jahr 2002 befassen sich derartige Beiträge mit den Arbeitsmarktreformen,der Einführung des SGB 11 und hierdurch aufgeworfenen Fragestellungen. Es kann daher vermutet werden, dass demnächst wieder umfassendere (poli- tikwissenschaftliche) Studien zu diesem Komplex und der Zäsur durch .Hartz IV" erscheinen werden.

Auch die vorliegende Arbeit wurde in ihrem Entstehen durch die- se (ganz unterschiedlichen) wissenschaftlichen Diskussionen an- geregt. Sie versteht sich jedoch ausdrücklich nicht als möglicher Beitrag zur Evaluation des SGB 11, sondern verfolgt im Wesent- lichen drei Ziele: Erstens soll sie das wieder in die Aufmerksam- keit gerückte Politikfeld "lokale Arbeitsmarktpolitik" erkunden.

Zweitens soll das bisher von der Wissenschaft aufgearbeitete Spektrum "lokaler Arbeitsmarktpolitik" anhand eines aktuellen

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Fallbeispiels illustriert werden. Drittens geht die Arbeit der Fra- ge nach, vor welchen Herausforderungen politische Steuerung im Politikfeld "lokaler Arbeitsmarktpolitik" steht. Dabei macht sich die Arbeit auf die Suche nach "Netzwerken lokaler Arbeits- marktpolitik" und fragt anhand des gewählten Fallbeispiels, ob die gegenwärtig in vielen Politikfeldern vermutete "Vernetzung"

auch in der lokalen Arbeitsmarktpolitik unter dem Gesichtspunkt politischer Steuerung diskutiert werden kann.

Noch Anfang der 1990er Jahre stellten Susanne Benzier und Hubert Heinelt die Frage,"ob sich ein Politikfeld lokaler Arbeits- marktpolitik überhaupt je vollständig ausbilden kann". Diese po- litikwissenschaftliche Fragestellung greift die vorliegende Arbeit auf und sie steht daher zunächst einmal vor der Aufgabe, eine wissenschaftliche Methodik zur Bestimmung von Politikfeldern herauszuarbeiten. Ihr widmet sich der erste Teil dieser Arbeit - Po- litikfelder,politische Steuerung und Politiknetzwerke. Hier werden theoretische Annahmen und Grundlagen erläutert und mit den Politikfelddimensionen der Themen und Aufgaben, Institutionen, Akteure und Prozesse vier zentrale Kategorien der Politikfeldana- lyse entworfen, die den darauf folgenden Teilen als "Leitfaden"

dienen sollen.

Der zweite Teil der Arbeit macht sich zur Aufgabe,das Politikfeld

"lo kale Arbeitsmarktpolitik" in seiner Erscheinungsform und im

Zusammenhang aus wissenschaftlicher Perspektive darzustel- len. Hierzu greift die Darstellung die vier im vorhergehenden Teil benannten Politikfelddimensionen sowie die aufgeworfenen Fra- gen nach politischer Steuerung und Politiknetzwerken wieder auf.

Dabei kann gezeigt werden: Insbesondere die Kommunen sind als einer der zentralen Akteure lokaler Arbeitsmarktpolitik auf die Mitarbeit weiterer Akteure und die .Handlunqsressource der Koordination" angewiesen. Daher wird hier vermutet, dass Po- litiknetzwerke auch in der lokalen Arbeitsmarktpolitik eine Rolle spielen: Sie könnten dazu geeignet sein, die weit verteilten Hand- lungsmöglichkeiten und Kompetenzen lokaler Arbeitsmarktpo- litik ergebnisorientiert zusammenzuführen. Neben der wissen- schaftlichen "Vermessung" des Politikfelds stellt sich dieser Teil der Arbeit die Aufgabe, einen Leitfaden und ein Gerüst für den empirischen Teil, die Darstellung "lokaler Arbeitsmarktpolitik" im

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Landkreis Emsland,herauszuarbeiten. Daher werden einige Fra- gestellungen und manch insbesondereaktuelleAspekte des Po- litikfelds im empirischenTeil und dessen Deutung zu finden sein.

Der umfangreichste Teil der Arbeit - Arbeitsmarktpolitik im Land- kreis Emsland - hat zum Ziel,das Politikfeld "lokale Arbeitsmarkt- politik" anhand des emsländischen Beispiels zu illustrieren und auszuleuchten. Hierzu sollen zunächst verschiedene arbeitsmarkt- politische Ansätzeim Landkreis Emsland vorgestellt werden. Die- se Abbildung des arbeitsmarktpolitischen Geschehens "vor Ort"

erhebt dabei ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt eine Auswahl dar. Im Anschluss hieran werden, auch in diesem Teil, die vier benannten Politikfelddimensionen aufgegriffen und als Leitfaden für die Umschreibung und Deu- tung der lokalen Arbeitsmarktpolitik im Emsland benutzt. Diese Herangehensweise ist nicht nur der Systematik des vorangegan- genen zweiten Teils dieser Arbeit geschuldet; sie versteht sich auch als dessen Fortsetzung.Drittens fragt auch dieser Teil nach politischer Steuerung im Politikfeld "lokale Arbeitsmarktpolitik".

Hierdurch soll geklärt werden,ob sich die Politik des Emslands der Bearbeitung von (Langzeit-)Arbeitslosigkeit annimmt und er- kennbar versucht,beabsicht igte politische Ergebnisse hervorzu- bringen. Vor diesem Hintergrund soll hier auch die Suche nach Netzwerken lokaler Arbeitsmarktpolitik aufgenommen werden.

Lassen sich im emsländischen Politikfeld "lokaler Arbeitsmarkt- politik" Formen bewusst gewählter,.vemetzter''Zusammenarbeit finden? Und wenn ja: sind sie in eine strategischeAusrichtung der lokalen Arbeitsmarktpolitik des Emslands eingebunden?

Warum wurde die Vorstellung und Aufarbeitung eines Einzelfalles gewählt? Politikfelder können wohl anhand theoretischer Über- legungen wissenschaftlich beschrieben werden und damit Ver- mutungen darüber begründen,wie verschiedenartige Konstella- tionen und Politikfelder "lokaler Arbeitsmarktpolitik" in der Praxis aussehen können und ob sie unter Umständen Politiknetzwerke hervorbringen. Eine (relative) Gewissheit darüber, welche Fak- toren im "Mikrokosmos lokaler Arbeitsmarktpolitik" wirklich wir- ken,welchen Einfluss Prozessmuster haben oder ob erkennbare Netzwerke "tätig" sind, kann jedoch letztlich nur in einer inten- siven Untersuc hung "vor Ort" erlangt werden.

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Das Emsland bot sich aus verschiedenen Gründen als "Stud ien- objekt" an: Schon auf den ersten, "flüchtigen" Blick wird sicht- bar, dass im Landkreis Emsland verschiedene Ansätze lokaler Arbeitsmarktpolitik vorzufinden sind; zudem wurde der Verfasser in mehreren Gesprächen darauf hingewiesen,dass die .Emslän- der" in der Arbeitsmarktpolitik sehr innovativ seien.' Weiterhin liegt der Landkreis Emsland innerhalb einer Region, in der sich mehrere "Optionslandkreise" finden, womit ein Ansatz für eine breiter angelegte Studie zu .Arbeitsmarktpolitik im ländlichen

Raum" gegeben wäre. Schließlich stammt der Verfasser gebür-

tig aus der an das Emsland angrenzenden Grafschaft Bentheim, womit eine gute Grundlage für das notwendige Kennenlernen der lokalen Verhältnisse gegeben war.

Die vorliegende Arbeit versteht sich nicht als Bestandteil der ge- genwärtigen und umfassend am Vergleich orientierten Begleit- forschung zur Umsetzung des SGB 11. Das Ziel dieser Arbeit ist es nicht, aufzuzeigen, warum und in welchem Ausmaß einzelne Politiken im Emsland erfolgreich sind und zu erklären,warum - im direkten Vergleich - solche Politiken in anderen ländlichen Regi- onen wirksamer oder weniger wirksam sein könnten. Ihr Ziel ist es,das lokale arbeitsmarktpolitische Spektrum eines ausgewähl- ten Politikfeldes in der Tiefe darzustellen und aufzuzeigen,warum hier bestimmte Wege der Arbeitsmarktpolitik eingeschlagen und

weiterentwickeltwerden. Den Leser mag es auf den ersten Blick

verwundern, warum z.B. in der Darstellung gänzlich auf Zahlen und Daten über die Vermittlungstätigkeit des Landkreises ver- zichtet wurde. Dies hat seine Ursache darin,dass mit der vorlie- genden Arbeit keine quantitativen Fragestellungen und Vergleiche im Vordergrund standen.

Kann im Sinne von Benzier und Heinelt von einem Politikfeld loka- ler Arbeitsmarktpolitik gesprochen werden? Wenn ja,welche Ge- stalt besitzt es im Emsland? Wo liegt sein Zentrum? Ist politische Steuerung erkennbar und wie sieht sie aus? Sind Politiknetzwerke

1So z.B. mit Blick auf die Juge ndbüros /PACE. von deren im Emsland vermuteten Ursprüngen der Verfasser im Gespräch mit dem örtlichen Bundestagsabgeordneten und einem Beamten des Niedersächsischen Sozialministeriumserfuhr.

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lokaler Arbeitsmarktpolitik erkennbar? Diese und andere Frage- stellungen stehen im Vordergrund dieser Arbeit und daher wurde in der Methodik der Untersuchung auf die Auswertung schrift- licher Quellen und die Führung von Hintergrundgesprächen zu- rückgegriffen. Hierzu muss angemerkt werden: Die Quellenlage zur Arbeitsmarktpolitik des Landkreises ist zwar gut, außerhalb der Kreisverwaltung finden sich jedoch kaum für die Arbeit ver- wertbare Dokumente. Auch auf die ausdrückliche Bitte des Ver- fassers hat kein weiterer Akteur für den Forschungsgegenstand wesentliche Dokumente bereitstellen können bzw. bereitgestellt.

Zur .Verortunq" der emsländischen Arbeitsmarktpolitik wurden daher nicht standardisierte Hintergrundgespräche mit exempla- risch ausgewählten Mitgliedern des emsländischen "Beirats zur Umsetzung von Hartz IV" geführt. Sie fließen an geeigneter Stelle in die hier vorgenommenen Beschreibungen des Politikfelds "lo- kaler Arbeitsmarktpolitik " im Landkreis Emsland ein.

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2 Politikfelder, politische Steuerung und Politik- netzwerke

2.1 Politikfelder und Politikfeldanalyse

Politikfelder gelten als einer der wesentlichen Untersuchungs- gegenstände der Politikwissenschaft und versuchen als wissen- schaftliche Kategorie, verschiedene Politiken anhand nomineller Kriterien (z.B. Verkehrs-, Wirtschafts- oder Außenpolitik) inhaltlich zu ordnen und voneinander abzuqrenzen." Sie werden zunächst häufig entlang jener parlamentarischen und exekutiven Institutio- nen und Strukturen beschrieben, die als "Ressorts" eine Politik- materie prägen. Hierzu gehören regelmäßig die entsprechenden parlamentarischen Ausschüsse,Ministerien und öffentlichen Ver- waltungen.

Politikfelder sind jedoch keine statischen Gebilde. In ihnen fin- den ständig politische Prozesse statt und sie verändern sich in ihrer inneren Zusammensetzung, ihrem Umfang und der Abgren- zung zu anderen Politikfeldern.Die "Vermessung" von Politikfel- dern und auch ihrer Veränderungen im zeitlichen Verlauf ist eine der wesentlichen Aufgaben der Politikfeld-Forschung. Welche der in ihnen handelnden Akteure entscheiden letztendlich über welchen Inhalt von Politik und welche können es nicht? Tauchen neue Akteure im Politikfeld auf, wann und warum? Wie sehen die Strategien der Akteure aus? Haben die Konstellationen der Akteure zueinander Einflüsse auf die Ergebnisse von politischen Entscheidungen? Diese und viele andere Fragen werden aufge- worfen, wenn man sich dem Begriff .Politikfeld" annähert.

Die Politikfeldanalyse versucht, Gemeinsamkeiten und Unter- schiede, jeweils spezifische Ausprägungen von Politikfeldern und auf sie einwirkende Vektoren zu erkennen. Es geht darum zu erklären, welche Auswirkungen ihre innere Zusammensetzung auf das Tun und Lassen von Regierungen und anderen Akteuren

2Vgl. Windhoff-Heritier, S.17.

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sowie auf die materiellen Ergebnisse und Inhalte von Politik hat."

Die Lösung dieser Aufgabe kann daher nicht von der Beschrei- bung und Untersuchung einzelner Politikinhalte getrennt werden:

Weder ergibt ein Politikfeld ohne Politikinhalte einen Sinn, noch ist es ergiebig, einzelne Politiken ohne eine Analyse der sie um- gebenden und bedingenden Faktoren zu beschreiben und zu vergleichen. Beide als analytische Kategorien zu unterscheiden erfährt seine Begründung darin, dass Politikfelder der abstrak- tere, umfassendere und allgemeinere Gegenstand sind und Poli- tikinhalte die konkreteren und speziellenGegenstände. Das enge und wechselseitige Verhältnis von Politikfeldern und Politikinhal- ten hat zur Folge, dass sich die Systematik der Untersuchung beider Gegenstände sehr stark ähnelt, und zwar sowohl in der Herangehensweise als auch hinsichtlich der benutzten politikwis- senschaftlichen Instrumentarien.

Die gewinnbringende Analyse und Beschreibung von Politikfe l- dern muss nach der hier vertretenen Auffassung vier Dimensi- onen berücksichtigen: die (im Regelfall benenn- und daher be- grenzbaren)Themen und Aufgaben,dieInstitutionen,dieAkteure und die Prozesse bzw. Prozessrnuster.' Als politische Themen oder abgrenzbare (öffentliche) Aufgaben des Politikfeldes wer- den hier diejenigen Inhalte und Gegenstände bezeichnet, weI- chen sich das Politikfeld in seiner Gesamtheit widmet und wid- men darf. Politische Themen und Probleme wirken stark auf die Zielsetzungen,Aufgaben und Inhalte der Politikfelder ein und sind damit ein integraler Bestandteilzur ihrer Beschreibung.Sie wer- den dort für das Politikfeld relevant, wo sie auf dessen Akteure einen politischen Handlungs- oder Lösungsdruck ausüben und in der Folge zwischen diesen eine größere Kommunikationsdichte entsteht." Wie im Verlauf dieser Arbeit gezeigt wird, spielen z.B.

im Politikfeld der "lokalen Arbeitsmarktpolitik" bestimmte The- men und Aufgaben immer wieder eine Rolle,wohingegen andere von der politischen Agenda und Bearbeitung nicht aufgenommen werden.Insofern kann vermutet werden,dass sich der mögliche Radius der politischen Themen und Aufgaben in einer Wechsel-

3Vgl. FaustiLauth ,S. 289 f.

4 Vgl. FaustiLaut h,S.290,undSchubert,S.222.

5Vgl.Gruno w (2003), S.23 f.

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wirkung stark an den institutionellen Möglichkeiten des Politik- feldes orientiert. Letztendlich hat dies zur Konsequenz, dass die Akteure eines Politikfeldes nicht .Jrqendein" Thema als zu erledi- gende Aufgabe auf die politische Agenda "hieven" können.

Die Beschreibung der Institutionen eines Politikfeldes orientiert sich an den Handlungsspielräumen der Akteure, die ihnen durch

"dauerhafte Verhaltensweisen" (Max Weber) gesetzt sind. Hierzu gehören in erster Linie die Verfassung und Verfasstheit eines po- litischen Systems, die das Politikfeld bestimmenden und berüh- renden Normen und Gesetze, formelle und etablierte informelle Verfahrensregeln und Mechanismen, die Verteilung von Kompe- tenzen und Zuständigkeiten sowie überlieferte Arbeitsteilunqen."

In der Untersuchung lokaler Politik müssen spezifisch lokale insti- tutionelle Einflüsse berücksichtigt werden. Sie resultieren z.B. aus den jeweiligen Landes- und Kommunalverfassungen, den Traditi- onen und Ausprägungen der kommunalen Selbstverwaltung so- wie den kommunalen (finanziellen) Handlungsmöglichkeiten und Kompetenzen.'

Die bestimmbaren Akteure eines Politikfeldes sind mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur im parlamentarischen oder adminis- trativen Bereich anzusiedeln. Viele Politikfelder werden maßgeb- lich durch das Mit- und Zusammenspiel weiterer Akteure geprägt, die sich gegenseitig als solche anerkennen und in verschieden- artigen Beziehungen zueinander stehen." Sie sind oftmals in Verbänden organisiert und Träger gesellschaftlicher bzw. öffent- licher Interessen und Aufgaben unterschiedlichster Bandbreite.

Auch für die Akteurslandschaft eines Politikfeldes kann vermutet werden, dass sie und die jeweiligen Institutionen und Aufgaben sich wechselseitig beeinflussen und bestätigen. Dies hat seine Ursache nicht nur darin, dass Akteure und ihre Interessen "den Rohstoff" für politische Willensbildungs- und Entscheidungs- prozesse bilden." Sie sind in zahlreichen Politikfeldern moderner

6Vgl. Schneider/Janning, S. 65.

7Vgl. Naßmacher/Naßmacher, Kap. 1 und 3 sowie die Kap. 2 und 5 in Woll- mann/Roth.

8Vgl. Korte/Fröhlich, S.174 f.

9Vgl. Rudzio, S.67.

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Industriegesellschaften nicht nur an der Formulierung, sondern auch an der Festlegung und Umsetzung von Politiken beteiliqt.'?

Insbesondere in zahlreichen Studien zur lokalen Sozialpolitik in Deutschland kann immer wieder detailgetreu aufgezeigt werden, dass sich in Politikfeldern oftmals seit langem überlieferte und verfestigte Muster der Arbeitsteilung zwischen Akteuren finden, die ihrerseits auf die Inhalte und Ergebnisse (lokaler) Politiken rückwirken."

Innerhalb von Politikfeldern finden politische Prozesse statt: So werden bspw.Konflikte und Streit ausgetragen,es werden Koa- litionen gebildet und es finden Konsensbildungs- und Entschei- dungsprozesse statt. Politikfelder befinden sich in ständiger Be- wegung und politische Steuerung, wie sie weiter unten thematisiert wird, wird sich also ständig verschiedenster Techniken bedienen müssen, um gewünschte Ergebnisse zu erreichen: verhandeln, moderieren, koordinieren, entscheiden und kommunizieren." In der Politikfeldanalysegeht es jedoch nicht darum,sämtlicheiden- tifizierbaren politischen Prozesse innerhalb eines Politikfeldes zu erfassen.Aufgabe ist es vielmehr, für ein Politikfeld signifikante Prozessmuster erkennbar zu machen und herauszufiltern . Sie kennzeichnen situationsübergreifend und in Regelmäßigkeit die Art und Weise, in der Handlungen und Verhandlungen innerhalb des Politikfelds geführt werden." Dabei entfalten sie erkennbare und nachhaltige Rückwirkungen auf die Akteure und deren poli- tisches Handeln und Verhalten - man kann hier von politischen Konventionen und eingeübten Verfahren, von politischer Kultur und politischem Stil sprechen. Oder man könnte sagen: Prozess- muster"färben" die politischen Prozesse eines Politikfeldes in ih- rer Gesamtheit ein und die Aufgabe der Politikfeldanalyse ist es, dieseFarben zu erkennen und zu beschreiben.

10Siehe Newton/van Deth,S.174.

11Vgl. verschiedene Beiträge in Dietz/E ißel/Naumann sowie Wollmann/

Roth,Kap.6.2 undim Überblick Gernert.

12Vgl.Korte/Fröh lich,S.17f.und Kap. 5.

13Vgl. Schneider/Jann ing,S.64ff.und Benzler/Heinelt ,S. 389 f.

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