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INKLUSIVDIE WEIDLI-BAND UND BLIND BUTCHER

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Academic year: 2022

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Unabhängige Monatszeitschrift für die Zentralschweiz mit Kulturkalender N

O

4 April 2 01 8 CHF 9.– www .null 41.ch INKLUSIV

DIE WEIDLI-BAND UND BLIND BUTCHER

EXKLUSIV

DIE ZEHN BESTEN YOUNG-GODS-TRACKS

AGGRESSIV

DAS KULTURMARKETING VON RED BULL

FARBPOSTER ZUM HERAUSLÖSEN!

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5 OSCAR NOMINATIONEN

B E S T E R F I L M · B E S T E R E G I E B E S T E H A U P T D A R S T E L L E R I N

u. a.

Flieg los nach Hause.

Drehbuch & Regie G R E TA G E R W I G

BESTER FILM GOLDEN GLOBES GEWINNER

BESTE HAUPTDARSTELLERIN

S A O I R S E R O N A N

MUSICAL ODER KOMÖDIE

AB 19. APRIL IM KINO

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AB 19. APRIL IM KINO

finanzieren, kommunizieren, vermitteln.

DAS in

Kulturreflexivem Management

CAS in

Kulturpolitik und Kulturrecht

CAS in

Innovation und Change

CAS in

Digitalen Kulturen

MAS in

Kulturmanagement

Prägende Impulse setzen.

Start: 17. 08.18

Start: 30.11.18

Start: 30.11.18 Start: 12.10.18

Infoveranstaltung 26.04.18 18:30 Uhr

kulturmanagement.unibas.ch

Die Weiterbildung für Kulturschaffende, KulturförderInnen und KulturveranstalterInnen.

Basisjahr des MAS

IG KULTUR IMPULS:

Dienstag, 17. April 2018 Denkmalstrasse 2, 6006 Luzern

ab 14.00 Uhr, Termine müssen vorab reserviert werden.

Marc Busch, Buchhaltungen + Beratungen Luzern

Die Steuererklärung steht bevor, doch sind alle Unterlagen korrekt ausgefüllt, welche kleinen Tricks gibt es zu beachten, wie kann ich Steuern sparen?

Marc Busch gibt Tipps und Tricks in einem kurzen Beratungssetting von 30 Minuten.

Mitglieder: Fr. 35.– Nicht-Mitglieder: Fr. 50.–

Reservation eines Beratungssettings unter: laniado@kulturluzern.ch

Tipps und Tricks zur Steuererklärung

IG KULTUR IMPULS:

Wie führe ich

ein Crowdfunding erfolgreich durch?

Eintritt gratis

Dienstag, 29. Mai 2018

IG Kultur Luzern, Bruchstrasse 53, 6003 Luzern 18.30–21.00 Uhr, anschliessend Apéro

Lerne die Erfolgsfaktoren kennen, mit denen du ein Crowdfun- ding-Projekt erfolgreich finanzierst. Mit Projektbeispielen und wissenschaftlichen Insights. In Zusammenarbeit mir 100-days.net Mario Stübi gibt konkrete Beispiele anhand von realen Projekten der Vergangenheit und beantwortet Fragen der Teilnehmer zu ihren eigenen Crowdfundingplänen.

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E DI T OR I A L

Ich esse jeden Morgen im Büro Hüttenkäse. Meine Gschpändli nehmen mich hoch deswegen. Ich finde, Routine hat etwas Schö- nes. Und Verlässliches. Aber etwas anderes ist genauso wichtig wie Routine: das Neuerfinden!

Wir sind noch nicht wieder vollständig besetzt in der Redaktion, und so bin ich Redaktionsleiter ad interim. Juhui! Zusammen mit der externen Redaktion – die im Übrigen viel zu wenig wahrgenommen wird und deren Namen Sie auf Seite 75 im Impressum finden – habe ich versucht, «041 – Das Kulturmagazin» etwas anders zu gestalten.

Mit leichten Anpassungen: Platz für lange Geschichten, Mut zur Lücke und knallige Ideen waren uns dabei wichtig.

Zum ersten Mal in der Geschichte von «041 – Kulturmagazin»

haben wir ein Poster zum Herauslösen – unser Geburtstagsgeschenk ans Fischermanns Orchestra finden Sie auf Seite 40. Wir mögen es, wenn Sie aus unserem Magazin Seiten herausreissen. Das geht online nicht. Listen mögen wir auch: Unsere zehn besten Young- Gods-Tracks finden Sie auf Seite 24. Apropos online: Dieselben Tracks sind verlinkt unter null41.ch/younggods. Im redaktionellen Teil vorne lassen wir uns Zeit für grosse Geschichten.

Mit der Ablehnung der No-Billag-Initiative im März wurde die politische Routine des kontinuierlichen Staatsabbaus durchbrochen.

Und Schwyz hat uns mit der Annahme einer Juso-Initiative, welche die Offenlegung der parteipolitischen Abstimmungsgelder fordert, überrascht. Wir sollten Routinen viel öfter durchbrechen. Das war mein letzter Hüttenkäse heute. Versprochen.

Hüttenkäse

Heinrich Weingartner, Redaktionsleiter ad interim weingartner@kulturmagazin.ch

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PROGRAMME DER KULTURHÄUSER 54 Neubad / Südpol

56 HSLU Musik / Romerohaus 58 LSO / Luzerner Theater / ACT 60 Kulturlandschaft / Kleintheater 62 Stattkino

68 Historisches Museum / Natur Museum / Kunsthaus Zug 70 Nidwaldner Museum

72 Museum Bellpark / Haus für Kunst Uri KOLUMNEN

6 Doppelter Fokus: School Dance Award 8 Gefundenes Fressen: Gemüse im Abo 9 Lechts und Rinks: Service, bitte!

29 Kulturtank: Die Macht des Kulturkalenders 51 40 Jahre IG Kultur: Viele (Um-)Wege führen

zum Kulturaustausch

52 041 – Das Freundebuch: Marco Jencarelli 78 Käptn Steffis Rätsel

79 Comic: Ein Hund mit Migrationshintergrund SERVICE

35 Kunst. Sara Gassmann mal zwei

36 Architektur. Die Schweiz und Bangladesch

37 Musik. Fünf Tage Gitarre 43 Kino. Tod eines Diktators

47 Bühne. Mix aus Theater und Comic 49 Wort. Lebensmüde oder lebensfroh?

76 Kultursplitter. Tipps aus der ganzen Schweiz

77 Ausschreibungen, Notizen, Preise KULTURKALENDER

53 Kinderkulturkalender 55 Veranstaltungen 69 Ausstellungen Titelbild: Matthias Jurt

INHALT

SEITE 24

ACHTUNG, SUBJEKTIV

Unsere zehn besten Young-Gods-Tracks

Bilder: zvg/C. Hartmann/M. Jurt

SEITE 10

KULTUR FÜR ALLE

Probenbesuch bei «Blind Butcher presents: The Intergalactics»

SEITE 15

«ICH HABE FREUDE AN GESICHTERN»

Otto Heigold im Gespräch

SEITE 18 MARKETING MIT MATESCHITZ

Was hat Red Bull mit Kultur zu tun?

SEITE 40

FARBPOSTER ZUM HERAUSLÖSEN!

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SC HÖN G E SAGT

G U T E N TAG AU F G E L I S T E T

GUTEN TAG, HERR HIRSCHI

50 Jahre Alpenquai! Das Geburikonzert im KKL:

50 shades of Langeweile. Ihre Ansprache als Rektor: 15 minutes of fame. Nur für Sie! Die ganze KKL-Bühne! Sie bekommen 50 Punkte für Ihre funky «50 Dinge, die niemand über die Kanti wissen wollte und auch niemals jemand zu fra- gen wagte». Da war vom Lateinunterricht über irgendeine Kapelle bis zur «zeitlosen Modernität der Aula» alles dabei. Wer nicht dabei war: die 500 Schülerinnen und Schüler, die im KKL hocken mussten. Erst 50 Minuten Probe für «harmony and understanding» und dann noch 50 Minu- ten Ansprachen. Party! Aber leider nicht für die Schülerinnen und Schüler, sondern nur für Sie und Ihre Prorektoren- und Politikergarde. Vor- schlag: Zeigen Sie bitte am 55. Kanti-Geburi ein bisschen mehr Sym- und Empathie für Teenies.

5+0 Grüsse, 041 – Das Kulturmagazin

GUTEN TAG, KITAG

Das Gute an euch ist ja, dass ihr so offenherzig mit Geldmacherei umgeht. Wir stellen vor, Philippe Täschler, Kitag-Chef, vor zehn Jahren: «90 Prozent der Filme sind Schrott, die würde ich, ginge es nach meinem Geschmack, lieber gar nicht spielen.» Den Schrott, den Täschler nicht spielen würde, gibt es heute zu 100 Prozent überall in einem Multiplex near you. Natürlich in deutschem Originalsynchron und Dolby-Surr-Sound, zum Beispiel beim Event

«Kitag Cinemas Afterwork»: «Lass den langen Arbeitstag bei einem erfrischenden Apéro und spannendem Kinoerlebnis ausklingen!» Das ist, als würde ein Restaurant neben den normalen Tischen noch Afterwork-Tische anbieten, zum Aufpreis und mit Gratis-Getränk. Tscheggsch? Der Film spielt keine Rolle mehr, das Erlebnis zählt.

Das erklärt auch die 3-D-Brillen, die das halbe Sichtfeld verdunkeln. Aufpreis kosten. Und jedes Jahr gibt es eine neue. Tscheggsch?

Im falschen Film, 041 – Das Kulturmagazin

«Mozart wäre wohl an der kleinen Nachtmusik verzweifelt, weil ihm Beethoven dauernd Katzenvideos an seine Facebook-Wall posten würde und sich dieser wie- derum nicht auf seine Arbeit hätte konzentrieren können, da er sich beim letzten Tinder-Date Syphilis eingefangen hätte.»

MARTIN ERDMANN, IST DAS JAZZ?, SEITE 38

Was man schon immer machen wollte – und trotzdem nie macht:

1. Weniger trinken. (Kein Alkohol ist auch keine Lösung!)

2. Den Abfall pünktlich rausstellen. (Was ma- chen all diese blauen Säcke auf der Strasse?) 3. Mit dem/der Ex einen Kafi trinken gehen.

(Aber unbedingt und definitiv und sowieso und überhaupt!)

4. Die Steuererklärung vor der Mahnung aus- füllen. (Schon wieder!)

5. WC-Papier kaufen, bevor es alle ist.

(Scheisse!)

6. Waschen, bevor die Unterhosen alle sind.

(H&M!)

7. Die Gästival-Seerose weiternutzen.

(200 Jahre Rostfreundschaft!)

8. Die ausgeliehene Rolling-Stones-Platte zurückgeben. (Sorry, Buddy!)

9. Das «Aufgelistet» vor Redaktionsschluss abgeben. (Sorry, MArt Director!)

Grosses Sortiment

einheimischer Wildblumen und Kräuter

www.wildstauden.ch

Markt 2018

Vom 7. April – 5. Mai sind wir wieder samstags auf dem Helvetiaplatz, Luzern.

KARTON

Architektur im Alltag der Zentralschweiz KARTON 42erscheint Ende April 2018 und fragt, wo nah am Wasser gebaut wird – ohne dabei etwa sentimental zu werden ...

Ich abonniere KARTONfür ein Jahr (CHF 25; inkl. Versand) und erhalte 3 Ausgaben zugestellt. Talon ausschneiden und zustellen an:

KARTON, Luzernerstrasse 71a, 6030 Ebikon.

www.kartonarchitekturzeitschrift.ch

Name, Vorname Unterschrift

Adresse

karton42_ins041_kultmag 19.03.18 12:25 Seite 1

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D O P P E LT E R F O K U S

Die beiden Luzerner Fotografen Patrick Blank und Mischa Christen zeigen zwei Blicke auf einen Zentralschweizer Anlass, den «041 – Das Kulturmagazin» nicht besuchen würde.

«School Dance Award» Kanton Luzern im KKL, Luzerner Saal, 10. März 2018 Bild oben Mischa Christen, rechte Seite Patrick Blank

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Gemüse im Abo

G E F U N D E N E S F R E S S E N

Der kleine Bauernhof lag an seinem Schulweg, der kurze Fussmarsch von seinem Zuhause in Kastanienbaum zum Schulhaus Mattli führte direkt an den Gewächshäusern vorbei. In den Sommerferien sortierte Sebi unter der Hitze der Foliendächer zusammen mit ein paar Polen für den Bauern die krummen Gurken aus, um sein Taschengeld aufzubessern. Der Betrieb produzierte für die Industrie, da war unförmiges Gemüse nicht gefragt. Diese Arbeit würde er nie wieder freiwillig tun wollen, dachte sich der Junge. Auch der damalige Besitzer wurde nicht richtig glücklich mit dem Gemüseanbau, er verlegte sich mehr und mehr auf den Handel, die Felder lagen brach, die Gewächshäuser inmitten der Wohnsied- lung begannen zu verfallen. Jahre später hatte Sebi trotz krummer Gurken Agronomie studiert, eine Lehre zum Bauern absolviert und begann auf dem Ueli-Hof in Sankt Ni- klausen zu arbeiten. Sein Arbeitgeber war eine

Inspiration für ihn und auch für seine Frau Cristina. Sie entdeckten und entwickelten gemeinsam progressivere Rollenbilder als jene, die in der traditionellen Landwirtschaft vorherrschen, begeisterten sich am Potenzial der direkten Vermarktung und machten sich schliesslich auf die Suche nach einem Ort, wo sie zusammen ihre Ideen verwirklichen konnten. Vor einem Jahr haben sie die verlas- senen Gewächshäuer und das brachliegende Gelände in Kastanienbaum gepachtet, den Betrieb auf Bio umgestellt und begonnen, Gemüse anzubauen. Nach und nach kommt wieder Leben unter die Glasdächer und auf die Felder. Die Familie bewirtschaftet in- zwischen die ganzen zwei Hektaren. Das Gemüse verkauft sie im Quai4-Markt am Alpenquai, an verschiedene Gastronomen, in ihrem Hofladen und vor allem über ihr Gemüseabo. Das Gmües-Mattli-Abo beginnt jeweils Mitte April und endet im Dezember.

In dieser Zeit wird dem Kunden wöchentlich eine reich gefüllte Kiste nach Luzern, Horw oder Kriens direkt an die Haustüre geliefert, und automatisch isst man sich so durch eine komplette Gemüsesaison. Je nach Anzahl der Mitbewohner ist das Abo in zwei Grössen zu haben. Und das Beste: In der Kiste hats auch Platz für krumme Gurken, dreibeinige Rüebli, zu grosse Kartoffeln und anderes unförmiges Gemüse. Auf dem Mattli gedeiht durchaus auch viel Konformes, aber mit dem Aussortieren von Krummem ist es vorbei.

Text und Bild: Sylvan Müller

Gmües Mattli, Kastanienbaumstrasse 246, 6047 Kastanienbaum, www.gmuesmattli.ch.

Hofladen geöffnet Montag, Donnerstag und Samstag, 9 bis 19 Uhr.

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die Grundversorgung mit Verkehr, Bildung oder Kultur. Sie überlässt die Hege und Pflege des Service public den Linksparteien.

Dabei ist ein breiter, austarierter, tiptop funktionierender öffentlicher Dienst, wie die jüngsten Ereignisse belegen, ein Kernanliegen einer breiten, austarierten, tipptopp aufgestell- ten Mitte. Das müsste eigentlich insbesondere der CVP zu denken geben. Diese Partei hat das Schweizer Staatswesen geprägt und impräg- niert wie sonst nur die alte FDP. Am gleichen Wochenende nun aber, da die Schweiz der No-Billag-Initiative eine Abfuhr erteilte, fiel die CVP in den Wahlen in Zürich, einer Stadt mit herausragender Grundversorgung, aus allen politischen Rängen und Traktanden.

Kurzum, sie ist irrelevant geworden in einem modernen, urbanen Milieu, das sich gerne ein gute öffentliche Versorgung leistet. Sie ist da und dort noch relevant in einem urchigen, bäuerlichen Milieu, das auf eine gute öffent- liche Versorgung angewiesen ist. Wenn die CVP überleben will, sollte sie dringend ihre Finanzpolitik überdenken.

L E C H T S U N D R I N K S

Text: Christoph Fellmann, Illustration: Raphael Muntwyler

Service, bitte!

Wie lieb die Schweizerinnen und Schweizer den Service public haben, das machten in den letzten Wochen zwei Ereignisse deutlich. Das war zum einen, natürlich, die Abstimmung über die No-Billag-Initiative. Fast 72 Prozent stellten sich hinter ein öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen, das sie sonst bei jeder Gelegenheit für sein Programm kritisieren.

Das zweite Ereignis war der Skandal um die Postauto AG: Das hoch subventionierte Unternehmen hatte in seiner Bilanz nicht weniger als 78 Millionen Franken Gewinn versteckt. Die enorme Empörung, welche die Öffentlichkeit erfasste, zeigt: Die Schweiz gilt nicht umsonst als das einzige Land der Welt, das einen Bus verehrt. Für den Service public – in diesem Fall für den Anschluss noch des hintersten Krachens ans Postautonetz – gel- ten besondere Massstäbe. Mit der Swissness spielt man nicht. Da optimiert man nicht den Gewinn, um ihn dann zu verstecken.

Dem «Tages-Anzeiger» in Zürich fiel dazu ein schönes Bild ein: «Ein Postauto auf einer Passstrasse, links und rechts ragt drei, vier Me- ter hoch der Schnee, und im offenen Wagen sieht man die Schar der Passagiere behütet wie in einer Schatulle – eine Schicksalsge- meinschaft, vereint durch ihr gemeinsames Ziel. Und gehört nicht auch das zur Fahrt im

gelben Wagen: die Autos, die zurückweichen?

Der Vortritt für die Mehrheit?» Der Postauto- skandal wie auch die Abstimmung über die SRG belegen, dass der öffentliche Dienst in der Schweiz unter Druck geraten ist. Hier durch die Privatisierung und Profitmaximierung.

Und da durch ein libertäres Gedankengut, das den Gesellschaftsvertrag des alten bür- gerlichen Staats durch den hemdsärmeligen Slogan ersetzt: Ich bezahle nur, was ich auch brauche.

Dass die Schleifung des Service public nicht einmal bei der SVP mehrheitsfähig ist, zeigt sich allerdings in der Politik der libertär inspirierten Rechtspartei: Die staatlich finan- zierte Swissness der Schweizer Bauernsame bleibt dort seit Jahr und Tag unhinterfragt.

Und wie populär der öffentliche Dienst auch heute noch ist, das haben das Resultat der No-Billag-Initiative und der Aufschrei über die Mauscheleien bei der Postauto AG eindrucksvoll gezeigt. Vielleicht ist dies der ideale Zeitpunkt, an dem die bürgerlichen Sidekicks der SVP – die FDP und die CVP – die Finanzpolitik hinterfragen sollten, zu der sie sich unter dem Druck der SVP immer wieder hinreissen lassen. Die bürgerliche Schulterschlusspolitik reisst in vielen Kanto- nen – besonders in Luzern – grosse Löcher in

Tra tra trallala, die SRG ist immer noch da. Was das Nein zu No-Billag und der Postautoskandal

mit der bürgerlichen Finanzpolitik zu tun haben.

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Hexentanzen,

Hexentanzen,

Elviiiiira

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S TA N S E R M U S I K TAG E

Einzelprobe. Drei Musiker spielen den Song «Wolfenschiessen».

Roland Bucher und Christian Aregger alias Blind Butcher deuten schmunzelnd an, das Lied habe zuvor anders geheissen.

Daniel Murer von der Weidli-Band hat jedoch in der letzten Woche den Beginn des Songs mit einer spontanen Erzählung über Wolfenschiessen ausgeschmückt. Das gefiel dem Luzerner Duo so sehr, dass es sein Stück umtaufte. Es sei ja auch ein wahrhaft wuchtiges Wort. Wolfenschiessen. Seither hat sich wieder viel bewegt. Das Lied heisst zwar immer noch «Wolfen- schiessen», aber Daniel ist längst in der nächsten Ortschaft an- gelangt. Heute dreht sich seine Intro-Variation um Beckenried.

An Wolfenschiessen erinnern nur noch Rolands Flüsterworte, die er ins Repertoire aufgenommen hat und zwischendurch ins Mikro haucht.

Hier entwickelt sich ein Musikprojekt, dessen Aus- strahlung weit über Wolfenschiessen und Beckenried hinausreicht. Es wurde initiiert von den Stanser Musik- tagen, in Zusammenarbeit mit der Fachstelle «Kultur inklusiv» von Pro Infirmis. Bereits im September haben die Vorbereitungen begonnen, seit Ende Januar wird fast täglich geprobt. Die Musik von «The Intergalactics»

nimmt mit ins All, probiert auf künstlerischer Ebene aus, was in einem schwerelosen und unbegrenzten Raum alles möglich ist. Beteiligt sind Christian Areg- ger und Roland Bucher (Blind Butcher) sowie fünf Musikerinnen und Musiker der Weidli-Band: Daniel Murer, Ueli Weber, Nora Gander, Kevin Schaumlech- ner, Elvira Waser. Die fünf sind Künstlerinnen und Künstler mit kognitiven Beeinträchtigungen, die in der Stiftung Weidli Stans die Tagesstätte oder die Werkstätte besuchen. Das Musikprojekt lebt vom Zusammenkommen unterschiedlichster musikalischer Stilrichtungen, Erfahrungen sowie Herangehenswei- sen und wird versuchen, die Zuhörerschaft auf eine wunderbare Reise mitzunehmen.

Beckenried, Vogelgezwitscher und Kirchenglocken Daniel, Roland und Christian richten sich im Proberaum ein.

Das Leichte und Beschwingte, das von diesem frühlingshaften Tag ausgeht, ist ihnen anzumerken. Geübt wird nochmals

«Wolfenschiessen». Passend zur Stimmung beginnen Roland und Christian, Flöte zu spielen. Daniels Einsatz folgt etwas später. Sanft und bedächtig knüpft er an mit seiner Geschichte über Beckenried, Vogelgezwitscher und Kirchenglocken. Das Lied nimmt an Fahrt auf, der geflötete Klangteppich wird erweitert und Christian beginnt zu singen. Doch dann geraten sich Christians und Daniels Stimme in die Quere. «Dani, wenn Christian singt, musst du damit aufhören.» Die Instruktion im Vorfeld war deutlich, dennoch versichert sich Roland nochmals, fragt nach, ob dies auch für Daniel stimme. Man tastet sich heran, versucht sich gegenseitig zu spüren und wahrzunehmen.

Zweiter Anlauf: Wieder beginnt Daniel mit seiner Geschichte über Beckenried, gespickt mit lautmalerischen Vogelimitatio- nen, die eine meditative Stimmung erzeugen. Der zarte Sprech- gesang, getragen von Flötenklängen, geht unter die Haut. Dann gewinnt die Musik an Kraft, wird lebendiger und steckt alle an.

Christian improvisiert auf der Flöte wild drauflos und erhält ein anerkennendes Nicken von Daniel. Der wiederum beginnt in der Folge ein Schlagzeugduo mit Roland – beide hauen drauf, mal duellierend, mal sich im Rhythmus findend. Durchs Musikmachen entsteht eine intime Nähe zwischen den drei Musikern, deren positive Energie auch auf alle Zuhörenden im Raum übergeht – sie zu spüren, zu sehen und zu hören berührt tief. Daniels zufriedenes Lächeln bringt diese Kraft am schöns- ten zum Ausdruck.

Spielfeld für alle

Genau das ist das Ziel von «Kultur inklusiv»: kulturelle Teilhabe für alle. Ein Anspruch an Kulturbetriebe, der auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint. Denn Kultur wird immer auch gedacht als kreativer Raum, in dem Neues erprobt, Normen und Konventionen hinterfragt und Grenzen verschoben werden – ein Spielfeld, auf dem alle mitspielen dürfen. Kultur sieht und denkt sich gerne frei und offen für jede und jeden, funktioniert heute aber tatsächlich noch in vielen Bereichen exklusiv. Die Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur, reichen von stets beschränk- ten Ressourcen aufseiten der Kulturbetriebe hin zum sozialen Gefüge in der Bevölkerung, wo Barrieren aller

Im d iesjä hrig en P rogr amm d er S tans er M usik tage s tich t das P roje kt « Blin d Bu tche r pr esen ts: T he I nter gala ctics »

beso nde rs h ervo r. Ei n in klus ives F orma t, ex klus iv fü r das N idw aldn er F estiv al in s Le ben g eruf en. W ir erz ähle n

von d en Prob en und v om P roje kt.

Von Robyn Muffler, Bilder: Matthias Jurt

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S TA N S E R M U S I K TAG E

Art – sprachliche, bauliche, soziale, bildungspolitische etc. – immer wieder separieren und exkludieren.

Hier setzt «Kultur inklusiv» an. Die Fachstelle mit Sitz in Bern macht seit 2014 darauf aufmerksam, was gerne vergessen geht: dass unsere kulturelle Vielfalt viel weiter gehen darf und noch ganz anderes zulassen soll. Konkret setzt sich die Organisation für einen möglichst hindernisfreien Zugang zu Kulturangeboten ein. Da die Bandbreite von Organisationsstrukturen und Ressourcenlagen auch bei kulturellen Institutionen höchst divers ist, fokussiert sich «Kultur inklusiv» im Allgemeinen auf fünf Handlungsfelder. Diese sind:

kulturelles Angebot, inhaltlicher Zugang, baulicher Zugang, Arbeitsangebote und Kommunikation. Zentra- les Anliegen der Fachstelle ist die Partizipation. Es soll Menschen mit kognitiven und motorischen Schwächen möglich sein, beispielsweise eine Infotafel im Museum verstehen zu können oder mit einer Hörbehinderung dem Inhalt eines Theaterstücks zu folgen. Sie sollen aber auch auf der Bühne stehen, als Künstlerinnen und Künstler wahrgenommen werden und involviert sein als Mitarbeitende bei Veranstaltungen.

Intergalaktisch, inklusiv, intensiv

Gesamtprobe. Am Nachmittag trudelt das komplette Ensemble im Bandraum ein. Nora, Elvira, Daniel, Kevin und Ueli sorgen gleich für einen turbulenten Wechsel, es ist vorbei mit der über- sichtlichen Dreisamkeit des Morgens; zwei beginnen prompt, an den Instrumenten herumzudrücken, während Kevin ins Mikro ruft: «Bim Bim, nächster Halt Endstation!» Passend zum Durcheinander wird mit einer freien Improvisation gestartet.

Roland und Christian versuchen, die Weidli-Musikerinnen und -Musiker eine Stimmung erzeugen zu lassen, in die sie dann selber einsteigen. Musikalisch überdreht und chaotisch klingt’s, während das Zuschauen Freude bereitet. Die Gruppe beginnt an den Synthies zu hantieren und experimentiert mit Effekten.

Insbesondere der Synthesizer mit Infraroterkennung, an dessen Oberfläche mit leichten Handbewegungen Klänge erzeugt werden können und dessen Sounds sich tatsächlich anhören wie aus einer anderen Galaxie, wird ausgereizt. Weiter geht’s mit «Hexentanzen», einem Song aus dem Basis-Repertoire von Blind Butcher. Elvira, Kevin und Ueli erhalten ihre Instruk- tion: Als kleiner Chor sollen sie wiederholt die Refrainphrase singen. «Hexentanzen, Hexentanzen, Elviiiiira!»: Dani grinst über seinen Witz, nachdem er den Namen seiner Kollegin ins Mikrofon posaunt hat. Die Gruppe startet einen zweiten Ver- such. Christian begleitet auf der Gitarre, das «Hexentanzen»

kommt immer noch nicht so recht. Nun hat sich Ueli den Platz am Mikrofon ergattert, lässt die andern beiden etwas abseits stehen – «Ueli, du musst das Mikro teilen!», ruft jemand. Beim dritten Mal gelingt’s. Christian und Roland wiederholen den Sprechgesang so oft, bis die drei einstimmen. Die mantrische Wortwiederholung erzeugt Dynamik, der Song kommt in die Gänge. Plötzlich werden die Einsätze klarer, die Musik inten- siv, die Stimmen kraftvoll. Kevin beginnt wie ein Gummiball

Zwe i beg inne n pr omp t, an d en In strum ente n heru mzu drüc ken, w ähre nd K evin i ns M ikro r uft:

«Bim B im, n ächs ter H alt E ndst ation

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S TA N S E R M U S I K TAG E

umherzuhüpfen. Und tut das, was alle im Raum anwesenden Personen unterdrücken: Er lässt sich gehen zur pulsierenden Energie, die den Raum ausfüllt und zum Tanzen auffordert.

Ob so etwas auch an den Stanser Musiktagen passieren wird?

Zwischen Struktur und Freiraum

Soziale Teilhabe zu fördern stand für das Nidwaldner Festival schon immer im Vordergrund: Beispielsweise spielt die Weidli-Band jedes Jahr auf dem Dorfplatz, Musizierende und Mitarbeitende werden nach inklu- siven Kriterien ausgewählt. Dennoch hat die Part- nerschaft mit der Fachstelle «Kultur inklusiv» das Thema noch stärker ins Bewusstsein gerückt und zu einer Ausweitung der Projekte motiviert. Die Stanser Musiktage wollen sich mit ihrem Programm an eine

Vielfalt von Individuen richten und Räume schaffen.

Räume, in denen der Austausch gefördert und Hem- mungen abgebaut werden zwischen Menschen, deren Miteinander noch immer von Berührungsängsten, Vorurteilen und Unsicherheiten geprägt ist.

Zahlreiche Projekte entstehen hierbei in engster Zusammenarbeit mit der Stiftung Weidli, die fort- während und profund unterstützt. Besonders im Handlungsfeld Kommunikation nehmen die Stanser Musiktage, Labelträger von «Kultur inklusiv», eine Vorreiterrolle ein. Als Einzige der 35 Partnerinstitu- tionen präsentieren sie ihr gesamtes Programmheft in der sogenannten «Leichten Sprache». Dabei werden möglichst simple Wörter verwendet, Fremdwörter vermieden und Sätze einfach gebildet, um sprachliche

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S TA N S E R M U S I K TAG E

Laut Marc Rambold, Co-Leitung Stanser Musiktage, das vielleicht beste Bandbild der Welt: «Blind Butcher presents: The Intergalactics».

Bild: Ralph Kuehne, zvg

Stanser Musiktage, DI 10. bis SO 15. April, u. a. mit «Blind Butcher presents: The Intergalactics», FR 13. April, 21 Uhr, Theater an der Mürg. Weitere Programmpunkte und alle Informationen: www.stansermusiktage.ch

Barrieren für Menschen mit kognitiven Beeinträchti- gungen abzubauen. Das liest sich wie folgt:

Von Anfang an stand das Interesse an den Syner- gien, die aus dieser künstlerischen Zusammenarbeit entstehen, im Vordergrund. Auch für Blind Butcher war dies der zentrale Anreiz, sich auf das Projekt einzu- lassen. Nicht gerechnet hat das Duo mit der folgenden Schwierigkeit: Das Einhalten der Balance zwischen Struktur und Freiraum. Alle wollen Musik machen und gemeinsam Grenzen überschreiten, sie spüren aber immer wieder, dass es Letztere auch braucht.

Den «Intergalactics» bleibt noch ein Monat, um an Ideen zu tüfteln und sich musikalisch inner- und ausserhalb von festgesetzten Formen zu bewegen. Wer weiss, was in dieser Zeit noch alles entstehen wird.

Nach dem heutigen Probebesuch nicht zu bezweifeln ist, dass mit einem hochemotionalen, wuchtigen und intensiven Konzert gerechnet werden darf. Ein Ge- heimnis bleiben das Bühnenbild und das Tagesthema der Aufführung ...

Putzen, Samariter ... Und dann?

Letzte Woche hat Kevin nur vom Putzen gesprochen, heute beschäftigt ihn ausschliesslich der Schweizerische Samariter- bund. Bereits vor Probebeginn lässt er sich «041 – Das Kul- turmagazin» als etwas Ähnliches wie die Verbandszeitschrift der Samariter erklären. Auch seine Rap-Einlagen während der Probe sind immer wieder gespickt mit Samariter-Ver- weisen. Die Energie solcher Tagesthemen lässt sich mit etwas Glück bestens in Kunst kanalisieren. Letzte Woche entstand daraus ein fulminanter Putz-Rap. Dass Kevin aber in seiner Sprechgesangseinlage heute bei «Stille Nacht» hängen bleibt, ist für Roland und Christian dann doch zu viel des Guten:

«Das müssen wir wieder rausbringen», verkünden sie la- chend. Irgendwann verlässt Kevin den Raum, er habe ein

«dringendes Telefon zu tätigen», und ruft den Samariterbund an. Angekündigt als eine kurze Sache von zehn Minuten, er- scheint er knapp eine Stunde später leicht aufgedreht wieder.

Dann ist bereits Probeschluss. Kevin reagiert völlig überrascht:

«Fürobe, jetzt? Ond ech ha gar ned probed.» Und will sogleich zur Erklärung ansetzen, die von heiteren und schmunzelnden Gesichtern aufgenommen wird: «Es esch äbe sooo gse ...»

«Die Stanser·Musik·Tage sind ein Musik·festival.

Musiker aus vielen Ländern kommen nach Stans.

Die Musik ist ganz verschieden.

Es gibt Musik für alle.»

(Auszug aus Programmheft der Stanser Musiktage, übersetzt in «Leichte Sprache», 2017)

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O T T O H E I G OL D

Otto Heigold, am 11. April wirst du 75 Jahre alt. Magst du noch arbeiten?

Otto Heigold: Ja, ich bin sehr gut zwäg.

Manchmal bin ich schon traurig, dass alles so schnell vorbeiging. Ich muss viele Pro- jekte herunterbrechen, damit ich sie noch realisieren kann.

Du hast aktuell eine Ausstellung im KKLB in Beromünster. Der Leiter Wetz sagt bei seinen Führungen jeweils gerne:

«Ich mache als Künstler lauter unsinnige Sachen. Aber ich mache sie professionell.»

Unterschreibst du?

«Nur wer bei sich ankommt, kann etwas weitergeben»

Der Luzerner Künstler und ehemalige Kunsthochschuldozent Otto Heigold wird diesen Monat 75 Jahre alt. Im Gespräch erzählt er, warum Hauswirtschaft ein wichtiges Fach ist, wie er vom Vier-Klassen-Zimmer zur Kunst kam und welche gestalterischen Fragen ihn bis heute kein bisschen loslassen.

Von Martina Kammermann, Bilder: Christian Hartmann/KKLB, zvg

So provokativ wie Wetz würde ich es nicht sagen. Aber das leistungsorientier- te Denken in Erfolgsrechnungen, auf das er anspielt, unterstütze auch ich nicht.

Ein Beispiel: Gestern habe ich auf You- Tube einen Film geschaut über Andreas Knapp, einen promovierten Theologen und Lyriker in Leipzig. Er hat seine steile Karriere 42-jährig abgebrochen und ging nach Südamerika, wo er als Arbeitspries- ter und Strassenhändler unter den Armen lebte. Warum hat er dafür ein Studium gebraucht? Er sagt: Es hat mein Leben er- hellt, und das allein ist ein Wert. Wenn

du als Mensch einen Bezug zu dir hast, ist nichts sinnlos. Nur wer bei sich ankommt, kann etwas abstrahlen und weitergeben.

Das muss man einsehen, sonst verpasst man das Leben.

Im Zusammenhang mit deiner Kunst sprichst du oft vom Heilen. Hat Kunst für dich etwas Heilendes?

Ich glaube schon, heilend im Sinne von Zusammenbringen. Kunst ermöglicht Be- ziehungen zwischen Menschen und zu sich selbst. Den handwerklichen Aspekt finde ich dabei sehr wichtig. Menschen,

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die in ihrer Freizeit etwas Handwerkliches machen, sind danach an einem anderen Ort. Auch, weil sie ihren Auftrag selbst bestimmen.

Du hast fast vierzig Jahre als Zeichenlehrer unterrichtet, vor zehn Jahren wurdest du pensioniert. Was hat sich dabei für dich als Künstler verändert?

Für mich war das kein Bruch, denn Kunst war für mich nie ein privates Hobby oder eine Möglichkeit zur Seelenreinigung. Die Forschungsarbeit zu Hause war immer ein selbstverständlicher Teil meines Lebens und auch Vorbereitung für die Schule.

Inwiefern?

Studierende haben ein Sensorium wie Säuglinge und merken ganz genau, ob du das, was du erzählst, auch lebst. Das eige- ne Suchen danach, was abgeht, was for- muliert werden muss, gehört dazu. Dann wird auch der Unterricht greifbar und sinnlich.

Was war das Wichtigste, was du deinen Schülerinnen und Schülern im Vorkurs und an Abendkursen gelehrt hast?

Ich lehre nicht. Ich vermittle. Vermitteln heisst für mich, jemandem zu helfen, zu den eigenen Energiequellen zu finden und sie anzuzapfen. Den Stecker und die Steckdose in einem selbst finden – das ist der grösste Teil des Wegs, und diesen Pro- zess muss man aushalten. Dass man bei sich ankommt, das ist das Entscheidende.

Vermisst du deine Studentinnen und Stu- denten?

Dieses menschliche Klima an der Schule vermisse ich schon. Ich habe sehr Freude an Menschen und Gesichtern und habe immer mindestens so viel heimgenom- men, wie ich dagelassen habe, sonst wäre ich ausgebrannt. Seit ich nicht mehr an der Schule bin, gehe ich öfters an Vernis- sagen und lade Bekannte und Ehemalige ein, damit wir uns über die eigenen Arbei- ten unterhalten können.

Ich war nie bei dir in der Schule, aber ich habe den Eindruck, du warst ein Lehrer, der allen immer am liebsten eine Sechs ge- geben hätte.

Das Benoten im Bereich Gestalten ist sehr schwierig, da der relative Prozess, der ein Student macht, eine grosse Rolle spielt.

Manche Studentinnen wurden als Kind gut gefördert – andere kamen mit fast nichts, aber hatten Fragen. Und darauf kommt es an. Technik lernt man eher als Neugier.

Wie stellt man die richtigen Fragen?

Zuerst mal darf man keine Angst haben vor der Sprache und den Menschen. Es braucht ein gewisses Selbstbewusstsein.

Das braucht Übungszeit und Prozesse.

Umso bedenklicher finde ich es, dass in der Schule heute so wenig Wert auf Kön- nen gelegt wird.

Wie meinst du das?

Nehmen wir die Hauswirtschaft, ein aus meiner Sicht elementares Fach, das aber überall auf der Abschussliste steht. Hier lernt man, etwas zu kochen. Das ist ein einfacher Prozess, den man sich nur aneig- nen kann, wenn man ihn sich selbst erar- beitet, wiederholt, verfeinert. Reden reicht nicht immer, man muss es auch tun.

Hast du diesbezüglich eine Unterrichtser- innerung?

Sehr gut weiss ich noch, wie ich als jun- ger Primarlehrer vier Klassen im gleichen Raum die Josephsgeschichte vermitteln durfte. Wir spielten sie als Theater ohne Requisiten. Die Kinder waren begeistert, jedes wollte Joseph sein und deswegen konnten es dann alle. Am nächsten Tag liess ich sie die Geschichte zur Wiederho- lung auf Blätter zeichnen. Das hat wahn- sinnige Bilder gegeben, richtige Archety- pen, einfach unglaublich! Noch heute ha-

be ich eine halbe Bananenschachtel dieser Zeichnungen im Keller.

Du hast Zeichnungen von ehemaligen Primarschülern im Keller?

Ja, ich kann dir nachher gern ein, zwei Hefte zeigen. Auch von der Moses-Ge- schichte mit den sieben Plagen. Ha, wie die Kinder diese schaurigen Heuschrecken aufs Blatt geschmettert haben (klatscht in die Hände)! Da bekam ich Hühnerhaut!

Es war einfach wunderbar.

Erzähl mir mehr davon.

An einem Regensonntag im Mai 1964 war ich am Unterricht vorbereiten. Ich woll- te eine Geschichte, die ich erzählt hatte, repetieren, und entwarf ein didaktisches Design: Für jede Etappe der Geschich- te wollte ich eine Figur zeichnen. Ein Schlüsselbild. Mit dem Bild-Impuls sollten die Kinder die Geschichte nacherzählen.

Ich probierte also, Figuren zu zeichnen – aber ich konnte es nicht. Bald darauf mel- dete ich mich bei der Kunstgewerbeschule für einen Abendkurs an und begann dann bald die Zeichenlehrerausbildung.

Dann wurdest du also Zeichenlehrer. Der Weg hin zum Zeichen, dem Zentrum deiner Arbeit, ging aber weiter. Gab es eine Art Initialmoment?

Es gab eine Phase, da zeichnete ich wie ein Verrückter Baustellen. Ich ging immer tiefer hinein, in die Löcher, zum Matsch.

Mich interessierte nicht die Ansicht, son- dern die Einsicht. Dann wollte ich die Zeichnungen im Shoppingcenter drucken lassen, doch meine Frau Roswitha sagte:

Warum, du kannst doch selber drucken.

Eine Woche später habe ich angefangen, Veloschläuche zu zerschneiden und da- raus Stempel zu machen. Mit den Stem- peln konnte ich meine Zeichnungen noch- mals filtern, weiter herunterbrechen. Weg vom Gegenstand hin zur Bildsprache. Der Druckvorgang wirkte wie ein Katalysator.

Ich fühlte mich völlig frei.

In den letzten 30 Jahren hast du über 2500 Bildstempel geschaffen. Das hat schon etwas Obsessives.

Ja, ohne geht es nicht. Ich habe mittler- weile eine gewaltige Sammlung an Bild- O T T O H E I G OL D

«Technik lernt man

eher als Neugier.»

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zeichen und über sie konnte ich für mich vieles speichern. Ich habe sie immer zur Hand, kann neu anordnen und neue Ge- schichten damit erzählen. Wenn ich skiz- ziere, geht das fast so schnell wie schreiben.

Kannst du das etwas erklären?

Bildzeichen sind kollektive Zeichen, Ar- chetypen, aufs Maximum reduzierte Zeichnungen. Anders als bei einem Pik- togramm muss man deren Bedeutung nicht lernen. Wenn man ein Bildzeichen sieht, muss man bereit sein, aufzumachen und die Zwischenräume mit der eigenen Biografie zu füllen. Bildzeichen sind an keine Sprache und keinen Ausbildungs- stand gebunden, sondern sie verbinden die Menschen durch deren Assoziationen.

Durch die Betrachter kommen Dinge zum Klingen, die der Erzähler gar nicht beab- sichtigt hat.

Im KKLB machst du deinen Sohn David zum Erzähler. Er hat deine Bildzeichen an- geordnet. Warum?

Meine Bildzeichen, die ich auch «Otto- gramme» nenne, funktionieren ja wie Module. Mit ihnen kann jede Person, die ein bisschen wach ist, einen eigenen Bild- text schreiben. Ich weiss, dass David ein grosses Gespür für Bild, Klang und Raum

hat und habe ihm das einfach zugemutet.

Das Grundraster der Hängung war durch die Wände bereits vorgegeben.

Mit deinem Bilderuniversum schaffst du eine persönliche Gegenwelt. Ist das ein Rückzug?

Nur flüchten geht nicht. Aber in unserer normierten, engen Welt will ich mir schon Gegenwelten ausdenken können, wo ich frei bin und die heilsam sind. Nicht nur für mich, sondern auch für die, die sie lesen. Es ist kein Zufall, dass sich in der Kunst oft früh etwas abzeichnet, das die Politik erst später merkt. Man kann nicht nur im Hier kleben bleiben, sondern kann auch mal etwas vorauswerfen, projizieren.

Um dann wieder zurückzuschauen. Der Schnittpunkt ist die Gegenwart. Wenn ich arbeite, arbeite ich in diesem Schnitt- punkt, aber ich vergesse ihn gleichzeitig, wie ein Kind, das spielt.

Mit dem Alter verändert sich ja der eigene Blick in die Welt. Wie hat sich deine Beziehung zu deinen Arbeiten verändert?

Ich frage mich noch stärker als früher:

Was hat das mit mir zu tun? Und: Wo muss ich herunterbrechen, damit alles noch elementarer wird? Seit ich nicht mehr so viel am Hals habe, nehme ich

mir auch mehr Zeit, Arbeiten anzuschau- en. Ich mag es sehr, jüngere und ältere Arbeiten nebeneinanderzustellen und zu schauen: Mögen sie einander die Stange halten? Verbindet sie die Qualität?

Und, wie hat sich dein Werk in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Ich denke gut. Wichtig ist für mich, dass ich meine Freiheit habe. Oben im Est- rich habe ich meine «Raumstation», mein Denkzentrum und lebendiges Archiv. Im Keller in der «Erdstation» drucke ich, in- tegriere ich. Zwischen diesen beiden Polen bewege ich mich, das ist mein Lebensmo- dell. Es gibt kein A oder B, nichts ist ein- deutig. Die Aussenform, die Binnenform, das Umfeld, alles ist im Fluss.

Zur Person

Otto Heigold ist 1943 in Eschenbach (St. Gallen) geboren. Er machte das Lehrerpatent in Zug und wurde Primarlehrer im Oberfreiamt. Ab 1964 absolvierte er in Luzern die Ausbildung zum Zeichenlehrer und war von 1970 bis 2008 als Dozent in verschiedenen Abteilungen der Hochschule Luzern – Design & Kunst (ehemals Kunstgewerbeschule) aktiv. Parallel betrieb er als Künstler Forschungsarbeit im eigenen Atelier und stellt regelmässig aus. Seine Lehrtätigkeit unter- brach er mit mehreren Aufenthalten zur Weiterbil- dung im In- und Ausland.

Zur Ausstellung

In der Rauminstallation «Bildschrift Schriftbild»

in der Kunsthalle 3 im KKLB hat Otto Heigolds Sohn David im Januar 2018 die neusten 228

«Ottogramme» seines Vaters inszeniert. Die Ausstellung wird noch bis Ende Jahr zu sehen sein und es werden verschiedene Interventi- onen stattfinden. Am 11. November etwa wird der Musiker Christian Hartmann die Zwischen- räume mit dem Kontrabass erspüren und zum Klingen bringen.

Die Ausstellung «Bildschrift Schriftbild» läuft noch bis Ende 2018, KKLB, Beromünster, mit einer Führung jeden Sonntag um 14 Uhr.

O T T O H E I G OL D

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RU BR I K T I T E L

Ein Stier sieht

rot-blau

«Wir haben keine Angst, was kostet die Welt?» Ein Zitat von Dietrich Mateschitz, Führer der Red Bull GmbH. Das milliardenschwere Unternehmen erschafft Kunst, Sport, Musik. Auch in der Zentralschweiz. Näher, als man denkt. Und bleibt dabei erstaunlich verschlossen. Eine Geschichte über Mateschitz, Marketing, Macht und Tod.

Von Heinrich Weingartner

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R E D BU L L

beim Kosmetikunternehmen «T. C. Pharmaceuticals Industries Ltd.».

Es vertreibt «Krating Daeng», «Roter Stier» auf Thailändisch. Der Eigentümer des Kosmetikunternehmens und Mateschitz gründen gemeinsam die «Red Bull Trading GmbH».

Während des Feldversuchs veranstaltete Mateschitz gemeinsam mit anderen Aussendienstkollegen Energydrink-Partys: «Die Wirkung war sensationell. Sogar nach einem 18-Stunden-Flug fühlte man sich sofort wieder wohl.» Wer davon ein Wort glaubt, hat das System Red Bull nicht verstanden.

Die Welt von Mateschitz ist seit Anbeginn eine Welt des Marke- tings, eine Welt der Oberfläche. Diese Oberfläche überzieht seit den 1990er-Jahren den Globus und glättet alles. Auch das Land der Alpen.

Gähnen ist unmenschlich

Seppli und seine Kuh Lisi geniessen die warme Vormittagssonne. Lisi weidet, Seppli döst. Plötzlich hören sie aus der Ferne ein dumpfes Brummen. Das Brummen wird zum Dröhnen und dann fräsen 1000 Töffli-Enthusiasten vor den Nasen von Seppli und Lisi durch. Das ist nicht die Schweizer Delegation der Hells Angels, sondern es sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des «Red Bull Alpenbrevet», dieses Jahr am 21. und 22. Juli in Sarnen, Obwalden. Es ist die neunte Ausgabe.

Die Route führt ab dem Dorfplatz Sarnen über den Glaubenberg ins Entlebuch, über die Panoramastrasse von Sörenberg nach Giswil und von dort in Richtung Flüeli-Ranft zurück nach Sarnen. Das schönste Töffli wird Miss Alpenbrevet. Und es gibt die Töffligang of the Year.

Camping und Afterparty inklusive. #epic #funny #motorradsport.

U

nangenehmes Herzflattern und einen klebrig-trockenen Mund. Das verleiht Red Bull. Eine ausgeklügelte Marketing- maschine vernebelt seit Jahrzehnten diesen Fakt. Dietrich Mateschitz hat die Maschine konzipiert, gebaut und ölt sie seitdem.

Dank dieser glaubt die Welt, sie brauche Red Bull.

Marketing-Direktor der internationalen Division der «Unilever»- Tochter «Blendax»: So lautet Mateschitz’ Berufsbezeichnung Anfang der Achtzigerjahre. Ansehnliches Salär, perfekt sitzender Anzug.

Er jettet um die Welt, vertritt Zahnpaste, Seife und Haarshampoo.

Mateschitz ist trotzdem unzufrieden: «Alles, was ich sehen konn- te, waren dieselben grauen Flugzeuge, dieselben grauen Anzüge, dieselben grauen Gesichter.»

Mateschitz sitzt in der Bar des Hotels «Mandarin Oriental» in Hongkong und blättert in einer Ausgabe der Zeitschrift «Newsweek».

Das Magazin druckt ein Ranking der besten japanischen Steuerzah- ler. Platz eins: «Taisho Pharmaceuticals», Produzent eines Getränks namens «Lipovitan».

«Lipovitan» bringt Farbe in die graue Welt von Mateschitz. Das blau-rote Fläschchen, seit 1963 international erfolgreich vertrieben, enthält als Hauptwirkstoff C2H7NO3S. Bürgerlicher Name: Taurin.

Fel tauri, lateinisch, Stiergalle. Tauros, griechisch, Stier. Der Wirk- stoff konnte 1827 erstmals aus Ochsengalle isoliert werden, daher der Name. Der Mensch produziert selber Taurin, eine Zufuhr über Nahrungsmittel ist nicht nötig.

Die Erzählung, japanische Ärzte hätten während des Zweiten Weltkriegs ihren Piloten Taurin verabreicht, um ihre Sehkraft zu verbessern, beflügelt Mateschitz.

Er jettet weiter, trinkt sich durch den Energydrink-Markt Ostasi- ens: «Yakult», «Pocari Sweat», «Ramune». Fündig wird Mateschitz

Ein Stier sieht

rot-blau

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R E D BU L L

männlichen «Musketeers», hierarchisch höher gelegene Promoter, auf frische «Wings» bei Mitarbeiteranlässen.

In der Welt von Mateschitz sind die Hierarchien klar abgesteckt.

Nicht gähnen dürfen – für einen Energydrink-Konzern ist dies vielleicht nicht weiter verwunderlich. Allerdings fügen sich solch amüsante Details nahtlos ins Gesamtbild von Red Bull. Es geht stets um wacher, besser, schneller, weiter, mehr, gefährlicher, grenzüber- schreitender. Extremsport, BMX, Wingsuit, Fallschirmspringen, Cliffdiving, Skateboarding. Red Bull schuf in den 1990ern dem Extremsport-Underground eine Plattform und wurde so zur coolen Kultmarke. Diese Anfänge sind bis heute spürbar. Es geht um Erfolg, Männlichkeit, Schnelligkeit, Aggression.

Schnelligkeit. Als Mateschitz 2001 gefragt wurde, weshalb er mit Red Bull beim Formel-1-Team von Sauber aussteigt, sagte er: «Wir brauchen den sportlichen Erfolg. Mit einem Loser-Image können wir nichts anfangen. Und wenn die Gefahr besteht, dass wir in diese Ecke gedrängt werden, müssen wir reagieren.»

Aggression. 2005 stieg Red Bull beim Fussballclub SV Austria Salzburg mit 100 Prozent Anteilen ein. Aus «SV Austria Salzburg»

wurde «FC Red Bull Salzburg». Die lila Vereinsfarben und das Wappen wurden abgeschafft. Fans, die immer noch Lila trugen, erhielten Stadionverbot. In einer Presseerklärung erläuterte man das Ausradieren der Vereinsgeschichte: «Keine Kompromisse. Das ist ein neuer Klub. Es gibt keine Tradition, es gibt keine Geschichte, es gibt kein Archiv.»

Ein jüngeres und lokales Beispiel: Als die Urner Kleinbrauerei

«Stiär Biär» auf ihrer Sorte «Äs Roots» einen roten Stier abbildete, meldete sich eine Juristin von Red Bull. Dieses Logo sei sofort zu Das «Red Bull Alpenbrevet» ist eines der unzähligen Events und

Veranstaltungen von Red Bull. «Red Bull Escape Room WM», «Red Bull Flying Bach», «Red Bull Flying Illusion», «Red Bull X-Row»,

«Red Bull Paper Wings», «Red Bull Music Academy», «Red Bull Homerun», «Red Bull Wings for Life», «Red Bull Music Gondeli»,

«Red Bull Weekender», «Red Bull BC One». Mit dem «Red Bull Media House» hat Red Bull sein eigenes Medienunternehmen, «Servus TV» und «Benevento» heissen der hauseigene Fernsehsender und der Buchverlag. 2015 erschien bei Benevento «Ethik ist wichtiger als Religion». Autor: der Dalai Lama.

Mateschitz investierte in der Anfangsphase seine gesamten Er- sparnisse: 350 000 Euro. Einen Grossteil floss in Entwicklung und Umsetzung des Marketing-Konzepts. Das ist bis heute das Credo:

Produktion, Abfüllung, Logistik auslagern, ein Grossteil des Umsatzes in Marketing und Vertrieb fliessen lassen. Denn: Gibt es in der Welt keinen Platz für Energydrinks, dann musst du diese Welt erschaffen.

Content Marketing heisst das. Die Menschen müssen dein Produkt nicht wollen. Sie müssen nur glauben, dass sie es wollen.

Sie würden niemals die Nähe von Red Bull suchen? Keine Angst, Red Bull kommt zu Ihnen. Rot-blaue Mini Cooper mit einer übergros- sen Red-Bull-Dose auf dem Dach fahren durch die Zentralschweiz.

Hauptsächlich an Red-Bull-Events, aber nicht nur. Bevorzugt bei Ansammlungen von Testosteron wie militärischen Anlässen oder Fitnessconventions.

Fun Fact: Für das Promo-Sampling werden ausschliesslich junge, attraktive Frauen angestellt. «Wings» genannt. Männliche Chauffeure in den Mini Cooper sind verboten. Gerüchten zufolge dürfen «Wings»

hinter dem Steuer nicht gähnen. Gerüchten zufolge freuen sich die

«Keine Kompromisse. Das ist ein neuer Klub. Es gibt keine Tradition, es gibt keine Geschichte, es gibt kein Archiv.»

Red Bull

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R E D BU L L

aus der Stratosphäre auf die Erde, gesponsert von Red Bull – die Parallele ist verblüffend.

Ein guter Technokafi

Die Studie «Wertewandel in der Schweiz 2030», in Auftrag gegeben von der Schweizerischen Vereinigung für Zukunftsforschung, ent- wirft vier Szenarien. Eines davon ist das Ego-Szenario. Unter Punkt

«Kultur» heisst es: «Der Kulturbetrieb funktioniert rein ökonomisch – eine ’Protektion’ durch den Staat existiert nicht mehr. Die einst im deutschsprachigen Bildungsbürgertum beliebte Einteilung in U- und E-Kultur ist einer globalen Unterhaltungskultur gewichen.» Kultur = Unterhaltung. Unterhalten können nur Gewinner. Gewonnen haben diejenigen, die Geld haben.

Die kulturelle Hegemonie wird schleichend erkämpft, unbemerkt.

Als Red Bull vor einem Jahr die Medienausstellung des Verkehrshau- ses in Luzern von der SRG übernahm, gab es keinen Aufschrei. Das jahrelange Frontalmarketing wirkt, Red Bull ist selbstverständlich geworden. Die SRG übergab wegen Sparmassnahmen. «Media World» ist zwar weiterhin markenlos. Die Frage stellt sich trotzdem:

Ist es unproblematisch, wenn wissensbegierige Aufwachsende im Verkehrshaus mit einem Konzern in Kontakt kommen, bei dem Kon- sumentenbindung und nicht Wissensvermittlung im Zentrum steht?

Red Bull ist näher, als man denkt. Radio 3fach-Studio, Steinen- strasse, Stadt Luzern. Draussen Saukälte, drinnen Mittwochmor- genstimmung. Leere Kaffeetassen, ein angefangenes Müesli steht auf dem Sitzungstisch. Daneben ein Red-Bull-Kühlschrank, leer.

«Die sind schon lange nicht mehr vorbeigekommen», sagt Samuel Konrad, Programm- und Redaktionsleiter des Radios. Das ist ein entfernen, sonst würden rechtliche Schritte eingeleitet. Red Bull

versteht auch bei Kantonswappen keinen Spass.

Erfolg und Männlichkeit. Acht Ex-tremsportler sind für Red Bull gestorben. Toriano Wilson beispielsweise verunglückte mit seinem Motorrad tödlich beim «Red Bull AMA U. S. Rookies Cup».

Er wurde 14 Jahre alt.

Der Autor und Dokumentarfilmer Helmar Büchel wollte 2013 in «Die dunkle Seite von Red Bull» wissen, ob Extremsportler für Red Bull Risiken eingehen, die sie sonst nicht eingehen würden. Er hätte sich die Mühe sparen können. Felix Baumgartner, Red-Bull- Maskottchen, Stratosphärenspringer (für Red Bull) und Fan der Identitären Bewegung Österreich: «Je grösser die Veranstaltung, desto mehr gehst du auf Risiko.» #adrenaline #norisknofun #lifegoals

#redbullverleihtflüüüüügel.

Das Gute an Red Bull: Man muss sich nicht mehr über Schleich- werbung aufregen. Product Placement mit Red-Bull-Dosen in der Hand ist überflüssig, die Akteure selber sind die leeren Hülsen, die mit Red-Bull-Energie aufgeladen und als Hochleistungsselbstdar- steller über die Bühne hüpfen, die Red Bull zur Verfügung stellt.

Es geht, wie Georg Seesslen im Buch «Kapitalismus als Spektakel»

schreibt, nicht mehr «um die ’Kultivierung’ einer Marke wie Red Bull, sondern um die Redbullisierung kultureller Institutionen». Und Redbullisierung heisst: Dominanz, Spektakel, Glanz und Oberfläche werden zur Hauptform gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Diese Entwicklung nahm David Fincher im Film «Fight Club»

von 1999 vorweg: «When deep space exploration ramps up, it’ll be the corporations that name everything, the IBM Stellar Sphere, the Microsoft Galaxy, Planet Starbucks.» Felix Baumgartner springt

«Wenn du mit dermassen viel Geld in die Kulturszene reinfräst, hinterlässt das bei den Kulturkonsumenten ein völlig falsches und verzerrtes Bild.»

Raphael Spiess

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R E D BU L L

gesucht.» Mehrfach habe man sich mit der Zentralschweizer Delegation des Konzernriesen ausgetauscht.

«Eine Kooperation mit einem solch grossen Lieferanten birgt viele Chancen für Sponsoring, Veranstaltungen oder die Finanzierung von Projekten. Die Red Bull Music Academy hätte damals dem Projekt Neubad viel Bekanntheit beschert. Und grössere, sowieso kostenin- tensive Künstlerinnen und Künstler nach Luzern gebracht», sagt Chenaux. Geld spielt bei Red Bull nie eine Rolle. Womöglich hätten sie auch eine Snowboard-Rampe in den Pool des Neubads gebaut.

Relevant? Egal. Gut? Egal. Kultur? Egal. #epic #fun #redbullim- neubad #becausewecan.

Das Sponsoring war für Chenaux verlockend. «Eine Zusam- menarbeit hätte unsere Sponsoring-Richtlinien nicht verletzt.» Im Gegenzug hätte das Neubad das Getränk verkaufen müssen. Der Entscheid des gesamten Teams fiel schliesslich dagegen aus, weil:

«Wir mögen das Getränk Red Bull einfach nicht. Das Produkt

‹verthebt› nicht.» Das weiss der Konzern auch. Die Gesellschaft wird umweltbewusster, nachhaltiger, die Zielgruppe muss man sich trotzdem erhalten. Das funktioniert, wenn die Dose immer mehr in den Hintergrund tritt. Und der Name nach vorne. Wenn «Red-Bull-Strasse» oder «Red-Bull-Stadt» keine Fight-Club-schen Fantasien mehr sind. Der Name ist längst mehr wert als das Produkt.

Pop-up, Vollgas

Vom Neubad kann man dank dem Velo- und Fussgän- gerweg «Freigleis» direkt in den Südpol radeln oder watscheln. Auf der Eingangsterrasse steht Raphael Spiess und raucht. Der 36-jährige Clubchef des Südpols ist unter dem Pseudonym «Kackmusikk» erfolgreicher DJ, Produzent und Organisator. Spiess trägt auffallend viele Tattoos an Armen und auf der Brust. Es ist vielleicht eine Art, die Vergangenheit einzuordnen. Er ist ein Genrefresser, Hip-Hop fasziniert ihn gleichermassen wie Metal. Gerade schraubt er an einem 80er-Retro- Elektro-Album herum. «Musst du gleich wieder weg, oder hast du nen Moment Zeit? Das Thema Red Bull ist so interessant!»

Wer Red Bull sagt, muss auch «Red Bull Music Academy» sagen. Spiess wurde 2011 für die Aus- gabe in Madrid ausgewählt. Die Red Bull Music Academy reist von Metropole zu Metropole und veranstaltet fünfwöchige Musik-Workshops für ausgewählte Talente aus der ganzen Welt. Als Schweizer ausgewählt zu werden, ist eine Ehre.

«Raphael Spiess war bei der Red Bull Music Academy 2011 dabei. Sein Tipp: Bewerbt euch für Tokio!» steht auf www.redbull.com. Im Interview auf www.redbull.com mit Red Bull schwärmt er über die «Red Bull Music Academy»: «Es war cooler, als ich mir je hätte ausmalen können.»

Jetzt ist er voll im Südpol-Tagesge- schäft, in ein paar Stunden muss er den Singer-Songwriter für heute Abend Marketing-Ding von Red Bull: die Welt

mit vollen Red-Bull-Kühlschränken zu überstellen. Regelmässig kontrollieren sie, ob diese voll sind und die Dosen frontal stehen. Hier ist es eine Weile her.

Im Rahmen des Gratisfestivals «Funk am See» hatte Radio 3fach 2016 mit Red Bull einen Deal. Eine riesige Red-Bull-Bar zierte die Afterparty, Verkauf von Red Bull an allen anderen Bars war Pflicht. Für die Afterparty gab’s dafür die begehrten Red- Bull-Kopfhörer mit Tieffrequenzverstärkung.

Laut Konrad war die Erfahrung «relativ mühsam und fordernd», dauernd hat hier und dort etwas nicht gestimmt mit den Stellwänden der Bar, der Red-Bull-Musketier ist ständig herumgehöselt, und er ist sich sicher: «Unse- re Verbindungsperson muss auf Kommission angestellt gewesen sein.» Red Bull setzt darauf, dass man sich in der Hierarchie raufschaffen will, komme, was wolle. Aus dem Stellenbeschrieb:

«Mit ihrem ausgeprägten Organisationstalent und ihrer Begeisterungsfähigkeit treten die Red-Bull- Musketiere als echte Botschafter der Marke Red Bull auf und erarbeiten sich in der lokalen Szene ein bullenstarkes Netzwerk. (…) Dabei geben sie immer alles.» Und: «Wirf dich in der On-Premise-Szene für Red Bull in die Schlacht und kurble den Konsum an.»

Bullenstark in die Schlacht werfen.

Vor genau einem Jahr hat der Luzerner Über-Rapper Mimiks ein exklusives Konzert gegeben, im Wasserturm.

Gesponsert und organisiert von Red Bull. Radio 3fach durfte exklusiv vom Konzert berichten. Und erhielt von Red Bull Bildmaterial. Auf jedem Foto war die Marke un- auffällig und doch gestochen scharf platziert. Das gefuchste Radio 3fach bearbeitete die Bilder so, dass die Marke nicht mehr zu sehen war. Und erhielt prompt Post von Red Bull:

Es sei schade, dass auf den Bildern das Logo fehle.

Konrad findet das Sponsoring durch Red Bull grund- sätzlich unproblematisch: «Wenn jemand wie Mimiks von der Musik leben möchte und Red Bull ihm diese Chance bietet, dann soll er das doch tun. Er kann die Risiken ja selber abschätzen. Stellst du deine Videos auf YouTube, dann ordnest du dich auch einer Marke unter.» Wenn Red Bull die einzige Möglichkeit ist, gesponsert zu werden, dann finde er das schlimm. Davon sei Red Bull aber noch weit entfernt. Trinkt der Geschäftsleiter von Radio 3fach selber Red Bull? «Eher weniger, aber es ist ein guter Technokafi.»

Quer durch die Stadt Luzern, vom 3fach ins Neubad. Dominic Chenaux ist etwas erkältet, wollte am Wochenende eigentlich ausspannen, hat es aber nicht geschafft. Die Veranstaltungen und das Bistro im Neubad laufen.

«Als der Umsatz im Neubad eine relevante Grösse angenommen hatte, meldete Red Bull Interesse an einer Aufnahme ins Sortiment an. Sie haben zudem eine Lokalität für die Red Bull Music Academy

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mag das nicht erschüttern. Bei dieser Denkweise denken aber alle nur an sich. Nicht an die anderen, die dann auch nicht mehr ohne Red Bull können. Und an diejenigen, die Red Bull nicht will. Zwischentöne, Subtilität, Schwäche, Misserfolg, Ruhe rentieren nicht. Diese allzu menschlichen Eigenschaften passen weder zum Ego von Dietrich Mateschitz noch zu Red Bull.

Und zum Schluss möchte man noch den Elefanten zu Wort kommen lassen. Der Riese, der bis jetzt stumm im Raum stand.

Leider wollte sich niemand von Red Bull für ein persönliches Gespräch zur Verfügung stellen.

Schriftliche Fragen zum Kulturbegriff, den Förderkriterien, der Kulturzukunft von Red Bull und Aussagen der erwähnten Luzerner Kulturschaffenden wurden wie folgt beantwortet: «Red Bull Music vereint die Initiativen, die seit 20 Jahren im Bereich Musik gemacht werden. Dabei handelt es sich um ein Programm, das die Musik und deren Kultur zelebriert. Mit mehreren Festivals, Musik-Workshops, Kollaborationen mit Künstlern und weiteren Initiativen unterstützt Red Bull Music Künstler und die lokalen Musik-Szenen auf der ganzen Welt. Weitere Informationen dazu finden Sie hier: www.redbullmusic.com.

Die Red Bull Music Academy ist Teil des Programms von Red Bull Music. Die Red Bull Music Academy fördert seit 20 Jahren Kreativität in der Musik, indem sie mit jenen kollaboriert, die die musikalische Landkarte prägen und Räume kreiert, in welchen MusikmacherInnen dazuler- nen und sich in die Thematik vertiefen können. Weitere Informationen zur Red Bull Music Academy finden Sie hier: www.redbullmusicacademy.com. Darüber hinaus kommunizieren oder kommentieren wir keine unter- nehmerischen Überlegungen oder Ziele.»

Zudem wird gewünscht, diese allgemeinen Un- ternehmensinformationen weder als Zitat noch als Paraphrasierung einer einzelnen Person zuzuordnen.

Und das von einem Konzern, der sich «Individua- lität» und «Nonkonformismus» auf die Stierstirn schreibt. Individualität und Nonkonformismus nur, solange diese innerhalb der Schranken stattfinden, die Red Bull vorgibt.

Diese Nicht-Kommunikation ermöglicht es Red Bull, für sich selber zu definieren, was Begriffe wie «Transparenz», «Wahrheit», «Kul- tur» und «Gesellschaft» bedeuten. Genau wie Mateschitz´ kürzlich gegründete Alternativ- medienplattform «Addendum», welche die angeblich von den Mainstream-Medien un- terschlagenen Informationen zum Asyl-, Gesellschafts- und Politwesen verbreiten will. Das Format wurde jüngst mit Stephen Bannons «Breitbart News» verglichen. «Ad- dendum» wird finanziert mit Mateschitz´

Red-Bull-Milliarden. Red Bull: Am besten eiskalt. Eiskalt den Rücken runter.

empfangen. Es sind der xte Kafi und die xte Zigarette. Aber er mag Gesprä- che, Austausch, Differenzierung. «Ich kann die Red Bull Music Academy jedem Künstler und jeder Künstlerin empfehlen.

Das heisst aber nicht, dass ich alles an Red Bull gut finde.»

Das Erstaunliche: Die Red Bull Mu- sic Academy passt so gar nicht zum Rest von Red Bull. Gemacht von Freaks und Kennern, gemacht für Freaks und Kenner.

Unter anderem von ehemaligen Mitarbei- terinnen und Mitarbeitern der Musikzeit- schrift «Spex». Sie wissen, was sie veranstalten.

Wen sie einladen. Und worüber sie reden. Die

«Academy» fördert ausgewählte Jungtalente mit finanzieller Unterstützung, Lectures und Workshops in Highend-Studios, mit Highend- Namen wie Sessionschlagzeuger Bernard Purdie, Jay-Z-Studioingenieur Young Guru oder der US- amerikanischen Soul-Sängerin Erykah Badu.

Spiess: «Die Idee einer Red Bull Music Academy ist eigentlich fantastisch. Das Netzwerk, die Un- terstützung ist super für Leute, die mit Musik über die Runden kommen wollen. Und Red Bull geizte in Madrid nicht: zehn Musikstudios, samt Caféteria und Büros. Pop-up, Vollgas.» Und nach den fünf Wochen?

Spiess’ Freundin reiste zufällig einige Jahre später nach Madrid. Er bat sie darum, nachzuschauen, was aus den Studios geworden ist. «Nix mehr da. Das fand ich unnachhaltig. Es wäre schön gewesen, wenn die Studios hätten weiterbetrieben werden können.» Geld kann man daraus keins mehr ziehen. Also zieht der Bulle weiter.

Wobei Spiess anmerkt: «Es kann durchaus sein, dass Red Bull Anstrengungen unternommen hat, diese von der Stadt Madrid aber nicht unterstützt wurden.»

Auch den Red Bull Weekender in Zürich betrachtet Spiess eher kritisch: «50 Events in Zürich, ein riesiger Zirkus, Kon- zerte und DJs der Crème de la Crème, überall steht Red Bull.

Ich dachte mir: Das kann doch nicht nur gut sein.» Weshalb?

«Wenn du mit dermassen viel Geld in die Kulturszene reinfräst, hinterlässt das bei den Kulturkonsumenten ein völlig falsches und verzerrtes Bild. Kleinere Veranstalter können damit niemals mithalten. Red Bull sagt dir so eigentlich: Ohne uns geht nichts.

Das Verquere daran ist, dass es Red Bull bei diesem Event nicht mal um Geld geht. Die pumpen da so viel rein, weil sie es schon haben und an einem anderen Ort wieder reinholen können. Es geht vor allem um Präsenz.»

Raphael Spiess betont nochmals, dass seine Überlegungen zur Strategie von Red Bull reine Vermutungen sind. Und dass sie keine Knebelverträge machen. Deshalb könne man die Risiken und Nebenwirkungen einer Partnerschaft als Einzelkünstlerin oder Einzelkünstler relativ gut abschätzen.

Jeder und jede hat sein oder ihr Projektli. Und wenn das Geld fehlt, eine Partnerschaft mit Red Bull, wieso nicht? Die eigenen Grundsätze

R E D BU L L

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T H E YOU NG G OD S

«ENVOYE» (ALBUM: «THE YOUNG GODS», 1987)

«Envoye» ist mein Must-Hear-Song von den Young Gods. Als ich sie zum ersten Mal im Sedel live gesehen habe, war dies der Song, der meine langen Haare vom Kopf weggeblasen hat. Dies haben nicht mal Motörhead geschafft. Seither trage ich mein Haar kurz und sah die Götter bereits 15 Mal.

Roman Pfaffenlehner, Musiker

«Davon bekommt man nie genug. Nie.»

The Young Gods, gegründet 1985 in Fribourg und immer noch aktiv. Sie gelten als wegweisende Band für Industrial, Noise und Alternative Rock. Am 26. April spielen Franz Treichler, Bernard Trontin und Cesare Pizzi im Südpol in Luzern. «041 – Das Kulturmagazin» hat zehn Must-Listens parat.

«LUCIDOGEN» (ALBUM: «SECOND NATURE», 2000)

Auch wenn ich für Industrial aus den 1980ern lebe, bin ich für Götter aus den 2000ern zu haben. Mir scheint, als ob das Album «Second Nature» die experimentierfreudige Seite von The Young Gods so zum Vorschein bringt, dass der Sound auch für «engstir- nige» Musikhörerinnen und Musikhörer zugänglich bleibt. Ich mag das. Es wirkt nicht so überheblich. Der Track «Lucidogen» zeigt The Young Gods so, wie ich sie gern habe.

Impulsiv. Bestialisch. Roh und grausam. So energiegeladen, dass es beim Hören schon fast einer Folter gleicht, still am Bürotisch sitzen bleiben zu müssen.

Ilayda Zeyrek, Moderatorin «Stromstoss» auf Radio 3fach

«ASTRONOMIC» (ALBUM: «SECOND NATURE», 2000)

«Astronomic» ist auf «Second Nature» zu finden, dem fünften Album: Im Kern noch immer Young Gods, aber deutlich geprägt vom technoiden Puls und dem elektroni- schen Soundgeflitter, die sich damals der Musik bemächtigten. Die 1990er-Jahre sind und bleiben mit Abstand das interessanteste Jahrzehnt für Electronica. Mit «Second Nature» infiltrierten The Young Gods – ganz auf der Höhe der Zeit – auch dieses Techno- und Electronica-Feld. Ihr rauer Industrial-Power der frühen Jahre hatte mich 1987 am Festival Landenberg in Sarnen begeistert. Aber dann zogen der Sog des psychedelisch- dubbigen «Astronomic» sowie die Kicks der technoideren Tracks wie «Supersonic» und

«Lucidogen» in meine Ohren. In diesem pulsierenden Drive flashten noch immer eine gute Portion Rock und Treichlers monotone Flüsterstimme mit.

Pirmin Bossart, Journalist

«ATTENDS» (ALBUM: «SECOND NATURE», 2000)

Ich hatte und habe keine Ahnung von den Young Gods. Mein Vater hat mich als klei- ner Junge an ein Konzert von ihnen geschleppt. Im Kindesalter widerwillig akzeptiert, habe ich es bis heute nicht bereut. Ein Song ist besonders hängen geblieben: «Attends»

vom Album mit dem Action-Painting-Cover, «Second Nature». Wenn schon immer vom Einfluss der Young Gods auf Nine Inch Nails gesprochen wird: Da hört man´s. Ei- ne kratzige, monotone Feedback-Bassline das ganze Stück hindurch und effektgefickte Ambient-Sounds, von links nach rechts, zurück und direkt in die Synapsenmaschine.

Heinrich Weingartner, Redaktor «041»

«DID YOU MISS ME» (ALBUM: «THE YOUNG GODS», 1987)

Vier sich wiederholende Synthie-String-Töne und gleichzeitig synkopierend ein Synthie-Horn, das zugleich auch Basslinie ist. So beginnt «Did You Miss Me». Dann setzt ein humorlos vorgetragener 4/4-Beat ein und es beginnt wie von Zauberhand zu grooven. «Hello, oh hello, it´s good to be back, good to be back» singt Franz Treichler im Refrain – hoffentlich nicht das letzte Mal.

Stefan Zihlmann, Journalist

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