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Umgang mit neuen Werkstoffen in der Verarbeitung und im Alltag – Chancen und Risiken Carbonfaserverstärkter Kunststoffe im Automobilbau

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Umgang mit neuen Werkstoffen in der Verarbeitung und im Alltag – Chancen und Risiken Carbonfaserverstärkter

Kunststoffe im Automobilbau

Abschlussarbeit im PGS Toxikologie der Universität Leipzig

Einreichender:

Dr. Frank Nieber Diplom Biologe

Melsungen, Juni 2014

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Danksagung

Ich danke Frau Dr. Beate Kummer für die Übernahme der Betreuung dieser Abschlussarbeit und für die freundliche Vermittlung diverser Kontakte in der Automobilindustrie.

Desweiteren bedanke ich mich herzlich bei Frau Gunhild Winkler aus der Universitätsbibliothek Leipzig für die erstklassige Unterstützung bei der Literaturbeschaffung für diese Ausarbeitung.

Mein besonderer Dank gilt Frau Adelgunde Graefe, die bei organisatorische Fragen jederzeit mit Rat und Tat zu helfen wusste.

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1. Zusammenfassung

Kohlenstoff – Nanoröhren (engl. Carbon Nanotubes, CNTs) und Kohlefasern werden aufgrund ihrer guten Materialeigenschaften bei geringem Gewicht zunehmend in Komposit-Werkstoffen, sog.

kohlefaserverstärkte Kunststoffe (CFK), im Automobilbau eingesetzt. Bei der Herstellung und Verarbeitung können lungengängige Feinststäube mit Partikelgrößen ≤ 5µm entstehen. Zur Freisetzung aus Alltagsgegenständen existieren bisher keine Daten. In in vitro Untersuchungen und Tierstudien zeigen CNTs ähnlich wie Asbestfasern eine ausgeprägte Lungentoxizität, deren Merkmale die Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies, Manifestation einer Entzündungsreaktion, Granulombildung und Fibrose des Lungengewebes und der Pleura sind. Nicht-CNT Carbon Nanopartikel wie z.B. Graphit können ähnliche Wirkungen haben, jedoch weniger stark ausgeprägt.

Ein Gesundheitsrisiko für den Menschen durch (CNT-)CFK-Stäube ist bei den meisten Arbeitsschritten gering, bei einigen jedoch existent. Aufgrund unterschiedlicher Eigenschaften der verschiedenen eingesetzten Carbon-Komponenten sind Einzelfalluntersuchungen notwendig.

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2. Inhaltsverzeichnis Inhalt

1. Zusammenfassung ... 3

2. Inhaltsverzeichnis ... 4

3. Abürzungsverzeichnis ... 6

4. Zielsetzung der Arbeit ... 8

5. Neue Werkstoffe in der Automobilindustrie ... 9

5.1. Leichtbau in der Automobilindustrie... 9

5.2. Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) ... 9

5.3. Carbon Nanoröhren-haltige CFKs (CNT-CFK) ... 11

6. Gefährdungsbeurteilung ... 12

6.1. Toxizitätsbestimmende Faktoren von Nanofasern und Nanopartikeln ... 12

6.1.1. Zusammensetzung und Unreinheiten der Carbonfaser-Fragmente und CNTs ... 13

6.1.2. Größe und Form ... 14

6.1.3. Agglomeration ... 14

6.1.4. Oberflächenmodifikationen ... 15

6.1.5. Biopersistenz ... 15

6.2. Expositionswege und Verteilung von Carbonfaser- und CNT-haltigen Feinststäuben ... 16

6.2.1. Mögliche Expositionswege ... 16

6.2.2. Pulmonale Exposition ... 17

6.2.3. Epidermale und orale Exposition ... 19

6.3. Toxizitätsmechanismen von CNTs und Carbonfaser-Fragmenten / In vitro Toxizität ... 20

6.3.1. Interaktion mit Körperzellen ... 20

6.3.2. Zytotoxizität ... 21

6.3.3. Oxidativer Stress, Bildung von ROS ... 21

6.3.4. Genotoxizität ... 24

6.4. In vivo Effekte von CNTs und Carbonfaserfragmenten ... 25

6.4.1. In vivo Effekte von CNTs ... 25

6.4.2. In vivo Effekte von Carbonfaser-Fragmenten ... 28

7. Exposition zu Carbon-Nanopartikeln ... 30

7.1. Messung luftgetragener Carbon-Nanopartikel ... 30

7.1.1. Online Messmethoden ... 30

7.1.2. Offline Messmethoden ... 31

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7.2. Exposition am Arbeitsplatz ... 32

7.2.1. Exposition bei der Herstellung von Carbonfasern und CNTs ... 32

7.2.2. Exposition bei der Verarbeitung von CNTs und CNT-CFKs ... 36

7.2.3. Exposition durch Recycling und thermische Verwertung ... 39

7.3. Exposition im Alltag ... 40

8. Diskussion ... 42

8.1. Vergleich Asbest - CNT ... 42

8.2. Risikobewertung von CNT-CFK und CFK Werkstoffen im Automobilbau ... 45

8.2.1. Expositionsweg ... 46

8.2.2. Toxische Effekte ... 46

8.2.3. Ableitung eines humanen inhalativen No-Adverse-Effekt-Levels (NOAEL) für CNTs .... 47

8.2.4. Expositionsdaten ... 51

8.2.5. Risikobewertung ... 52

9. Fazit ... 55

10. Referenzen ... 56

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3. Abürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

APS Aerodynamic Particle Sizer

BImSchV Bundesimmissionsschutzgesetzt Verordnung CDC Condensation Particle Counter

CFK Carbofaserverstärke Kunststoffe

CNF Carbon Nanofaser

CNT Carbon Nanoröhren (engl. Carbon Nanotubes)

CNT-CFK Carbon Nanoröhren-haltige Carbonfaser verstärkte Kunststoffe CRP Carbon reinforced plastic

Dae aerodynamischer Durchmesser

DNA Desoxyribonucleic acid

DMA Differential Mobility Analyzer

ECHA European Chemical Agency

EPA Environmental Protection Agency

etc et ceterum

FMPS Fast Mobility Particle Sizer GFK Glasfaserverstärkte Kunststoffe

GLP Gute Laborpraxis

HipCo High pressure CO conversion

HOCl hypochlorige Säure

ICP-MS Induction Coupled Plasma - Mass Spectrometry

IL-1ß Interleukin 1ß

IL-13 Interleukin 13

LALN lungenassoziierte Lymphknoten LOAEL Lowest Observed Adverse Effect Level

LVS Low Volume Sampler

MAPK MAP-Kinase

MWCNT multi walled CNT (mehrwandige Carbon Nanoröhren)

NAS Nanometer Aerosol Sampler

NFκB nuclear factor ‚kappa-light chain enhancer‘ of activated B-cells NAEL No Adverse Effect Level

NOAEL No Observed Adverse Effect Level NSAM Nanoparticle Surface Area Monitor

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Pa Pascal = 1N/m²

PA Polyamid

PAN Polyacrylnitril

PC Polycarbonat

PE Polyethylen

RNS reaktive Stickstoff Spezies ROS reaktive Sauerstoff Spezies SMPS Scanning Mobility Particle Sizer

sog. sogenannte

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SWCNT single walled CNT (einwandige Carbon Nanoröhren)

Tab Tabelle

TNFα Tumor-Nekrose-Faktor α

UF Unsicherheitsfaktor (engl. uncertaincy factor)

z.B. zum Beispiel

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4. Zielsetzung der Arbeit

Carbon- bzw. kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK, engl. carbon fibre reinforced plastic, CRP) werden Dank ihrer außergewöhnlichen mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften bei vergleichsweise niedrigem Gewicht als Werkstoffe in den verschiedensten Bereichen zunehmend beliebter. Auch aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes werden sie zukünftig in Leichtbausegmenten der Automobilindustrie, Flugzeugindustrie und Windkraftindustrie in großen Maßstäben eingesetzt werden. Zu den genannten Vorzügen der CFKs und dem daraus resultierenden kommerziellen Potential wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt.

Die Sicherheit der CFKs in der Herstellung, Verarbeitung und im Alltagsgebrauch hingegen ist nur wenig untersucht. Bei der Herstellung und Verarbeitung von CFKs entstehen Stäube mit Partikeln im Mikro- und Nanometerbereich, denen die Arbeiter ausgesetzt sind. Ob die eingesetzten, nanoskaligen Carbon-Komponenten auch durch Verwitterung oder Benutzung aus Alltagsgegenständen, wie z.B. Bauteilen im Auto, freigesetzt werden können, ist derzeit nicht bekannt. Desweiteren existieren Bedenken aufgrund möglicher toxischer Wirkungen von Kohlenstoffnanoröhren (engl. Carbon Nanotubes) welche in einer neuen Generation von CFKs eingesetzt werden und deren Materialeigenschaften nochmals signifikant verbessern. CNTs ähneln in ihrer Struktur sehr den mineralischen Asbestfasern, welche aufgrund ihrer mechanischen Wirkung auf Lungenzellen als krebserregend eingestuft wurden. Ebenfalls können CNTs je nach Herstellungsprozess verschiedene Katalysatorrückstände enthalten, welche als Verunreinigungen toxische Effekte zeigen.

Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es daher, das Gefahrenpotential von CFKs für den Menschen anhand von verfügbaren in vitro und in vivo Daten zu bewerten. Da sowohl eingesetzte Carbonfasern als auch CNTs als freigesetzte (Nano)Partikel keine sphärische, sondern eine faserförmige Morphologie aufweisen, werden in einem Exkurs Parallelen und Unterschiede zu den bekannten Asbestfasern dargestellt.

Weiter werden Untersuchungen zur Exposition von Arbeitnehmern und Endnutzern mit Feinststäuben von CFKs, bzw. CNT-CFKs (Carbon Nanoröhren-haltige CFKs), ausgewertet um die Wahrscheinlichkeit und den Grad einer möglichen Exposition zu bestimmen. Abschließend soll dann anhand des identifizierten Gefahrenpotentials und der geschätzten Exposition eine Risikobewertung für den Einsatz von CFKs und CNT-CFKs im Automobilbau vorgenommen werden.

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5. Neue Werkstoffe in der Automobilindustrie

5.1. Leichtbau in der Automobilindustrie

Im Zuge des technischen Fortschrittes streben Wissenschaftler und Ingenieure danach, immer leistungsfähigere und effizientere Maschinen und Gebrauchsgegenstände zu konstruieren. Diese Entwicklung betrifft nicht nur neue Funktionsweisen, sondern bildet sich auch in der Entwicklung und Optimierung der verarbeiteten Materialien ab. Um im Automobilbau leistungsfähigere, sicherere und zugleich leichtere und sparsamere Fahrzeuge zu entwickeln, wurden in den vergangenen Jahrzehnten Bauteile aus Stahl oder Blech zunehmend durch andere Materialien ersetzt, zunächst durch Aluminium- oder Magnesiumhaltige Metall-Legierungen und später durch entsprechende Kunststoffe. Der Vorteil des Einsatzes von Kunststoffen im Automobilbau ist ihr, im Vergleich zu Stahl und Aluminium, geringes Gewicht und ihre gute Handhabbarkeit bei vergleichbaren oder sogar besseren strukturellen Eigenschaften der Bauteile. Durch eine Limitierung des zulässigen CO2- Ausstoßes von Personenwagen in der EU auf 95g/km ab 2020 [1] ist die Einsparung von Gewicht und somit Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß ein aktuelles Thema in der Entwicklung neuer Modelle in der Automobilindustrie.

5.2. Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK)

Kunststoffe zeichnen sich durch ihre unkomplizierte Herstellung und Verarbeitung in großen Maßstäben aus. Bauteile nahezu beliebiger Form können in Extruder- und Spritzgussanlagen hergestellt werden. Um für den Einsatz im Automobil geeignet zu sein, müssen Kunststoff Bauteile allerdings verschiedene Anforderungen erfüllen: Sie müssen in ihrer mechanischen und thermischen Belastbarkeit konventionellen Materialien gleichkommen und dürfen auch in ihrer Haltbarkeit diesen nicht unterlegen sein. Faserverstärke Kunststoffe bieten diese Eigenschaften. In der Herstellung eines faserverstärkten Kunststoffes werden Fasern in eine Polymermatrix eingegossen. Hierzu werden Fasern zu langen Fäden gesponnen, zu textilen Matten verarbeitet, in eine Form gebracht und anschießend mit Kunststoff ummantelt, es entstehen sog. Laminate (z.B. Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) oder CFK). Es ist allerdings auch möglich kurzgeschnittene oder gemahlene Fasern zu dispergieren, mit einer Polymermatrix zu vermischen und anschließend als homogenes Material zu verarbeiten. Die hierbei eingesetzten Kurzschnittfasern haben Größen im Millimeter bis Mikrometerbereich. Carbonfasern bestehen aus graphitartig angeordnetem Kohlenstoffatomen (Blattstruktur hexagonal angeordneter, sp2 hybridisierter Kohlenstoffatome) (s. Abb. 2) und werden durch Pyrolyse von kohlenstoffhaltigem Ausgangsmaterial hergestellt. CFKs und GFKs sind in ihren

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Materialeigenschaften vergleichbar mit herkömmlichen im Automobilbau eingesetzten Werkstoffen, weisen jedoch ein wesentlich geringeres Gewicht auf (Tab. 1).

Werkstoff Dichte [g/cm³] Zugfestigkeit [MPa] Elastizitäts-Modul [MPa]**

Stahl 7,8 1.100 210.000

Aluminium 2,8 350 75.000

GFK* 2,1 720 30.000

CFK* 1,5 900 88.000

Tabelle 1: Werkstoffeigenschaften gängiger Werkstoffe im Automobilbau [2]

* quasiisotrope Laminate (gleiche Zugfestigkeit in jede Richtung)

** Ein hoher Elastizitätswert bedeutet ein steifes Material und umgekehrt.

CFKs sind nicht magnetisch und weisen eine geringe Röntgenabsorbtion auf. Da sie eine sehr geringe Wärmeausdehnung besitzen, eignen sie sich z.B. auch für Motorenverkleidungen, etc.. Sie besitzen aufgrund der Anordnung der Elektronen in den sp2 hybridisierten Kohlenstoffatomen eine gute elektrische Leitfähigkeit [2], was bei der Lackierung von Karosserieteilen die Möglichkeit einer sog.

online Lackierung ohne Einsatz eines Primers zur Haftvermittlung des Lackes bietet [3].

Die steigende Relevanz von CFKs in der Leichtbautechnik insgesamt wird anhand von Schätzungen zum weltweiten Bedarf an Carbonfasern aus dem Jahr 2012 des Carbon Composites e.V. (CCeV) deutlich, welche sich auf eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2011 stützen (Abb.1). Schätzungen zufolge werden im Jahr 2020 etwa 42% des weltweiten Bedarfes an CFKs im Windenergieanlagenbau anfallen, 7 % im Flugzeugbau und 6% im Automobilbau [4].

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Abbildung 1: Weltweiter Jahresbedarf an Carbonfaser

5.3. Carbon Nanoröhren-haltige CFKs (CNT CNT-CFKs repräsentieren eine neue Generation von

nicht gemahlene Carbonfaser-Fragmente, sondern Carbon Nanoröhren dispergiert und mit dem Grundpolymer des Kunststoffes vermischt werden.

ihrer Struktur einer aufgerollten Graphen

aus nur einer dieser Schichten, spricht man von "Single Walled CNTs" (SWCNT), sind es dagegen mehrere (<100) spricht man von "Multi Walled"

Abbildung 1: Weltweiter Jahresbedarf an Carbonfasern in Tonnen. Nach [4], modifiziert. * Schätzungen

haltige CFKs (CNT-CFK)

CFKs repräsentieren eine neue Generation von CFK-Kompositwerkstoffen, bei deren Herstellung Fragmente, sondern Carbon Nanoröhren, englisch Carbon Nanotubes, dispergiert und mit dem Grundpolymer des Kunststoffes vermischt werden. CNTs entsprechen in

uktur einer aufgerollten Graphen-Schicht, die einen holen Zylinder bildet. Besteht ein CNT aus nur einer dieser Schichten, spricht man von "Single Walled CNTs" (SWCNT), sind es dagegen mehrere (<100) spricht man von "Multi Walled" CNTs (MWCNT) (Abb. 2).

Abbildung 2: Schematische Darstellung Graphen Monolayer und CNTs.

b) Monolayer Graphen, c) MWCNT und d) Graphit bestehend aus mehreren Graphen Schichten. Quelle: US Patent 7071258 (erstes Patent auf Graphen), "Nano graphene plates" (Bor Jang und Wen Huang, 2002)

in Tonnen. Nach [4], modifiziert. * Schätzungen

, bei deren Herstellung , englisch Carbon Nanotubes, CNTs entsprechen in ildet. Besteht ein CNT aus nur einer dieser Schichten, spricht man von "Single Walled CNTs" (SWCNT), sind es dagegen

Abbildung 2: Schematische Darstellung Graphen Monolayer und CNTs. a) SWCNT, b) Monolayer Graphen, c) MWCNT und d) Graphit bestehend aus mehreren Graphen- Schichten. Quelle: US Patent 7071258 (erstes Patent auf Graphen), "Nano-scaled graphene plates" (Bor Jang und Wen

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CNTs werden durch Lichtbogenentladung (engl. Arc Discharge) [5], Laserablation [6], chemische Gasphasenabscheidung [7] oder das sog. HipCo Verfahren (High Pressure CO Conversion), eine Variante der Gasphasenabscheidung, [7] hergestellt. Je nach Herstellungsverfahren werden außer bei der Herstellung von MWCNTs durch Lichtbogenentladung, welche sich wegen der Abnutzung der eingesetzten Graphit-Elektroden nur bedingt zum großtechnischen Einsatz eignet, verschiedene Katalysator-Metalle eingesetzt. Auch das Laserablations-Verfahren eignet sich nur bedingt zur Massenproduktion von CNT, da der Energieaufwand zu groß ist. Das am häufigsten in der Industrie eingesetzte Verfahren ist die Gasphasenabscheidung; hierbei dient ein Kohlenstoffhaltiges Gas, z.B.

Ethin, als Kohlenstoff-Quelle. Zusammen mit Katalysatorpartikeln aus Eisen, Nickel, Cobalt, Gemischen daraus oder diversen anderen Schwermetallen wird dieses Gas in einen Reaktor/Röhrenofen geleitet, wo dann an den Katalysatorpartikeln CNTs "wachsen" [7].

CNTs teilen die Materialeigenschaften von Carbonfasern. Mit einer Zugfestigkeit von bis zu 63.000 MPa [8], einer sehr hohen Wärmeleitfähigkeit entlang der CNT-Achse [9] und einer extrem hohen Leitfähigkeit nahe des theoretischen Maximums [9] übertreffen sie diese sogar teilweise deutlich.

Ähnlich wünschenswerte Eigenschaften werden mit der Entwicklung von CNT-CFKs angestrebt - zur Zeit handelt es sich jedoch um experimentelle Werkstoffe und eine Anwendung in Marktprodukten im Automobilbau findet (außer in Prototypen) nicht zuletzt wegen der aktuell hohen Herstellungskosten noch nicht statt. Allerdings produzierte die Firma Völkl eine Serie von Tennisschlägern aus Polyethylen mit einem Anteil von 1% CNTs.

6. Gefährdungsbeurteilung

Für die Bewertung des Gefahrenpotentials von CFKs und CNT-CFKs wird davon ausgegangen, dass das Basispolymer (Kunststoffmatrix in der Carbonfasern, bzw. CNTs eingebettet sind) sich in seinem Sicherheitsprofil nicht von herkömmlichen Werkstoffen ohne Carbon-Zusatz unterscheidet. Fokus dieser Ausarbeitung ist die Bewertung der Carbon-Zusätze in modernen Verbundwerkstoffen - daher werden die unterschiedlichen Kunststoff-Matrices nicht näher betrachtet.

6.1. Toxizitätsbestimmende Faktoren von Nanofasern und Nanopartikeln

Die in CFK verwendeten Carbonfasern sind aufgrund ihrer Größe nicht lungengängig und werden weder bei dermalem Kontakt noch bei oraler Aufnahme resorbiert und sind zusätzlich wenig reaktiv [10]. Daher werden sie im Arbeitsschutz als nicht kritisch eingestuft. Allerdings können bei der Herstellung und Verarbeitung von CFKs entweder eingesetzte Kurzschnittfasern oder CNTs freigesetzt werden oder lungengängige Splitterfasern entstehen, welche mit einer Länge L > 5 µm,

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einem Durchmesser D < 3 µm und einem Länge-zu-Durchmesser Verhältnis von 3:1 der WHO Definition von Fasern mit kritischen Abmessungen entsprechen [10]. Diese Splitterfasern und Kurzschnittfasern entsprechen in ihrer Partikelgröße groben Industrieruß (engl. Carbon Black), welcher in entsprechenden Toxizitätsuntersuchungen von kohlenstoffhaltigen Feinststäuben als Vergleichsstandard dient. Sowohl Splitterfasern von Carbonfasern als auch aus ihnen hergestellte Kurzschnittfasern kritischer Größe werden im Folgenden zur Vereinfachung als "Carbonfaser- Fragmente" bezeichnet. Da die faserförmigen Struktur, die spezifischen Zusammensetzung und die Größe der entstehenden, bzw. freigesetzten Partikel berücksichtigt werden muss, werden zunächst die toxizitätsbestimmenden Faktoren von Fasern und Partikeln mit Dimensionen im Mikro- und im Falle von CNTs im Nanometerbereich näher betrachtet.

6.1.1. Zusammensetzung und Unreinheiten der Carbonfaser-Fragmente und CNTs

Der Syntheseweg von Carbonfasern und CNTs ist entscheidend für deren Struktur, Nebenprodukte und Verunreinigungen.

Carbonfasern werden im industriellen Maßstab größtenteils durch Pyrolyse von Polyacrylnitril hergestellt (in geringerem Maße werden auch Zellulose oder Pech verwendet), wobei Eisen und Cobalt als Katalysatoren eingesetzt werden [11]. CNT werden, wie bereis oben kurz aufgeführt, größtenteils im Gasabscheidungsverfahren oder HipCo-Verfahren hergestellt, wobei die Nanoröhren auf Katalysatorpartikeln aus Eisen, Nickel, Cobalt und seltener aus Molybdän oder Yttrium während des Produktionsprozesses heranwachsen [7, 12, 13, 36, 37]. Im Falle von Carbonfasern dienen die Katalysatorpartikel lediglich zur Vermittlung von Kohlenstoff-Kohlenstoff Bindungen, werden größtenteils wieder dem Prozess entzogen und stellen somit eine relativ kleine Verunreinigung dar.

Alle CNT-Produkte sind allerdings, bedingt durch ihren Herstellungsprozess, mit Metall-Rückständen belastet, welche im Falle von SWCNT bis zu 50% des Gewichtes ausmachen können, bei MWCNT in der Regel weniger [14]. Aufreinigungsverfahren existieren zwar, arbeiten jedoch nicht zu 100%

effektiv [15]. Somit kann davon ausgegangen werden, dass keine CNT Präparation frei von verunreinigenden Metallen ist. Aktuelle Untersuchungen kommerziell verfügbarer SWCNTs zeigen, dass aus allen Produkten die entsprechenden Katalysator-Metallrückstände freigesetzt werden [28].

Schon früh wurde erkannt, dass die Toxizität von CNT maßgeblich durch die als Katalysator eingesetzten Redox-Metalle geprägt wird, und diese Metallverunreinigungen starken Einfluss auf die Entstehung oxidativen Stresses, Radikalbildung, die Ansammlung von Peroxidationsprodukten, Antioxidant-Depletion und letztendlich die Regenerationsfähigkeit betroffener Organe haben [16].

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6.1.2. Größe und Form

Carbonfaser-Fragmente, also Splitterstücke von Carbonfasern und zerschnittene oder gemahlene Carbonfasern (Kurzschnittfasern), entsprechen in ihrer Struktur der gesamten Faser, d.h. sie bestehen aus Schichten von Graphen, einem 2-dimensionalen Gitter von Kohlenstoffatomen, und bilden eine graphitartige Struktur (mehrere Schichten von Graphen übereinander) aus. CNTs bestehen aus einzelnen Schichten von Graphen, welche zu einem Zylinder gerollt sind - sie können einwandig (SWCNT) oder mehrwandig (MWCNT) sein. Während Carbonfaser-Fragmente in ihrer Größe allerdings im Mikrometerbereich liegen [10], haben CNTs wesentlich kleinere Dimensionen, mit einem Durchmesser von 0.4 - 4 nm und einer Länge von 1 nm bis 1 mm [17]. Unter optimierten Herstellungsbedingungen wurden allerdings auch schon Längen von bis zu 550 mm erreicht [39].

Dementsprechend weisen CNT eine extrem hohe spezifische Oberfläche (m²/kg) auf [18]. Die hohe spezifische Oberfläche von Nanomaterialien geht mit einer hohen biologischen Aktivität pro Gewichtseinheit einher, da sie als Kontaktfläche zwischen den Partikeln und ihrer Umwelt dient.

Diese Kontaktfläche wird üblicherweise als "Interface" bezeichnet [19].

Neben der Größe beeinflusst allerdings auch die Form der Faser/Partikel ihre Toxizität. So konnte gezeigt werden, dass z.B. bei kurzen SWCNTs mit einer Länge von 2 µm im Vergleich zu langen MWCNTs mit einer Länge von 70 µm die hohe Wahrscheinlichkeit von Interaktionen an den offenen Enden der Nanotubes in biologischen Systemen besteht, was zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von Membranschäden bei direktem Kontakt mit lebenden Zellen führen kann [20].

Ebenfalls zeigen Untersuchungen von MWCNTs, dass dünne MWCNTs in vivo und in vitro eine stärkere schädigende Wirkung auf Lungengewebe aufweisen als dicke MWCNTs (9.4 nm vs. 70 nm Durchmesser [21].

6.1.3. Agglomeration

CNTs liegen in Lösungen nur selten einzeln vor. Aufgrund von Van-der-Waals Kräften und anderen elektrostatischen Effekten tendieren sie dazu, sich aneinander zu lagern und Agglomerate zu bilden.

Etwa 20-50 Nanotubes formen ein Bündel mit einem Durchmesser von etwa 20 nm, diese Bündel organisieren sich dann zu Fasern, welche mehrere Mikrometer lang werden können und anschließend Flocken oder größere Bündel ausbilden [14]. Ein Problem in der Untersuchung der biologischen Aktivität von CNTs ist folglich die Tendenz von CNTs in Lösung heterogene Gemische zu bilden, und nicht - wie es wünschenswert wäre - stabile Dispersionen. Dasselbe gilt für größere Kohlenstoff Partikel im nanoskaligen Bereich. Untersuchungen zeigen, dass Suspensionen der selben Carbon Black Zubereitung abhängig von ihrem Agglomerationsstatus unterschiedliche oxidative

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Potentiale vorweisen und somit unterschiedliche biologische Effekte hervorrufen können [22]. Je weniger die Nanopartikel in Agglomeraten vorlagen, desto stärker war ihr Potential, in einem Assay reaktive Sauerstoff Spezies (ROS) zu erzeugen.

Als weitere Konsequenz der Agglomeration von Nanofasern und Nanotubes ist die Entstehung von verwindungssteifen Strukturen (i.e. Bündel und Stäbe aus einzelnen CNTs) zu betrachten. Diese starren Strukturen können potentiell Zellmembranen perforieren und biologische Prozessen in der Zelle stören [18].

6.1.4. Oberflächenmodifikationen

Die Oberflächenmodifikationen von CNTs oder Carbonfasern können ebenfalls großen Einfluss auf ihre toxische Wirkung haben. Diese Modifikationen können nicht-kovalenter oder kovalenter Natur sein. Nicht-kovalente Oberflächenmodifikationen basieren auf hydrophoben Wechselwirkungen oder

− -Elektronensystem-Überlappungen [23]. Kovalente Modifikationen sind in das Kohlenstoffgitter eingebrachte funktionelle Gruppen, im Fall von CNTs spricht man z.B. von modifizierten oder funktionalisierten CNTs [24]. Während nicht-modifizierte CNTs hydrophob und unter physiologischen Bedingungen nur schwer in Lösungen zu bringen sind, können Oberflächenladungen und chemische Modifikationen diese Eigenschaften beeinflussen und bestimmen somit stark die Lokalisation und Resorbtionsrate im Körper [25]. Da hydrophile Gruppen häufiger und besser mit Rezeptoren auf Zelloberflächen reagieren, können Modifikationen die die Hydrophilie der Nanopartikel erhöhen, ihre Interaktion mit Zellen und die darauf folgende biologische Reaktion verändern [26].

6.1.5. Biopersistenz

Carbonfaserfragmente oder CNTs bestehen größtenteils aus kristallinem Kohlenstoff. Sie sind unter neutralen oder mild sauren pH Bedingungen nicht löslich und haben daher das Potential, biopersistent zu sein [27]. In Studien mit SWCNT [29] und MWCNT [30] in Mäusen wurden nach einer einmaligen Instillation von CNTs in den Rachenraum (engl. "pharyngeal aspiration") entsprechende Effekte bis zum Ende der anschließenden Beobachtungszeiträume von 60 bzw. 56 Tagen beobachtet.

In einer 90-Tage Studie in Ratten, bei der MWCNTs inhalativ verabreicht wurden, fanden sich allerdings auch Hinweise auf einen möglichen Abbauprozess [31]. Auf elektronenmikroskopischen Aufnahmen konnte elektronendichtes Material in membranständigen Vesikeln von Makrophagen dargestellt werden, welches als Abbauprodukt der eingesetzten MWCNTs interpretiert wurde. Da ein

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enzymatischer Abbau des Kohlenstoffgitters der Fasern nicht möglich erscheint, wurde eine Degradation über hypochlorige Säure (HOCl), welche von dem in Neutrophilen vorkommenden Enzym Myelenoperoxidase synthetisiert wird, postuliert [32]. Die Theorie unterstützend konnte ein Enzym-CNT-Komplex modelliert werden, und mit Myelenoperoxidase vorbehandelte CNT zeigten im Tierversuch eine verminderte Toxizität. Andererseits wurden in Tierversuchen in denen verschiedene Kohlenstoffnanomaterialien inhalativ verabreicht wurden SWCNT ein Jahr post Exposition nahezu unverändert in der Lunge der Tiere gefunden [34]. CNT mit bestimmten kovalenten Oberflächemodifikationen (z.B. COOH-CNTs oder PEG-CNTs) scheinen aufgrund der Störung des Kristallgitters durch die Modifikationen anfälliger für hypochlorige Säure und somit Biodegradation zu sein als nicht-modifizierte CNTs. Entsprechend zeigen diese im Vergleich zu nicht modifizierten CNTs verminderten in in vitro und in vivo Versuchen eine verminderte Toxizität [33].Dies legt die Schlussfolgerung nahe dass zumindest CNTs ohne entsprechende Oberflächenmodifikationen, auch wenn sie langsam abgebaut werden können, lange im Gewebe verbleiben und somit biopersistent sind.

6.2. Expositionswege und Verteilung von Carbonfaser- und CNT-haltigen Feinststäuben Für eine Beurteilung der Gefährdung durch Carbonfaser- und CNT-haltige Feinststäube ist eine Evaluation der möglichen Aufnahmewege in den Körper und der weiteren Verteilung im Körper notwendig. Somit lassen sich wahrscheinlich auftretende Expositionen abschätzen und exponierte Körpergewebe identifizieren.

6.2.1. Mögliche Expositionswege

Als mögliche Aufnahmewege für Partikel im Nanometerbereich kommen generell die Haut, der Verdauungstrakt und die Lunge in Frage, bei medizinischer Anwendungen ebenfalls die direkte Injektion der Partikel [35] (Abb. 3).

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Abbildung 3: Mögliche Aufnahme- und Verteilungswege von Nanopartikeln im Körper [35].

Im Falle von Verbundwerkstoffen kann davon ausgegangen werden, dass diese nicht injiziert werden.

Plausible Expositionswege sind somit hauptsächlich das Einatmen von Stäuben, die während der Verarbeitung oder Benutzung entsprechender Materialien entstehen, sowie die Benetzung der Haut und versehentliche orale Aufnahme durch z.B. belastete Nahrungsmittel oder ähnliches. Eine untergeordnete Rolle spielt wegen der effizienten Reinigung durch Tränenflüssigkeit die Aufnahme von Stäuben über die Augen. Wässrige Suspensionen von CNTs zeigten in einem Draize-Test keine reizende Wirkung [50]. Ebenfalls untergeordnet ist die Aufnahme von Nanopartikeln über die Riechkolben (lat. bulbus olfactorius). Die nasopharyngeale Aufnahme über die Riechkolben wurde aufgrund des möglichen, direkten Zugangs für Nanopartikel über den Riechnerv zum zentralen Nervensystem kritisch untersucht [51]. Zwar wurden in mit 13C markierten Kohlenstoffnanopartikeln (< 100 nm) behandelten Ratten Anhaftungen an den Riechkolben gefunden, es konnte jedoch keine signifikante, auf die inhalative Exposition zurückzuführende Belastung im zentralen Nervensystem festgestellt werden.

6.2.2. Pulmonale Exposition

Bei allen Expositionswegen, insbesondere aber bei der inhalativen Aufnahme spielt die Größe der aufgenommenen Partikel eine kritische Rolle. Abhängig von ihrer Größe erreichen die Mikro- und

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Nanopartikel unterschiedliche Teile der Lunge. Während Partikel mit Größen im Bereich über 5 µm sich hauptsächlich in den oberen Atemwegen niederschlagen, erreichen Partikel ab einer Größe von etwa 2,5 µm - 5 µm ebenfalls die unteren Atemwege, die alveolaren Regionen [38] (Abb. 4).

Abbildung 4: Pulmonale Partikeldisposition in Abhängigkeit von der Partikelgröße bei gesunden Personen [38].

Im Vergleich zu sphärischen Nanopartikeln stellt sich die Frage, wie Fasern mit Längen von 50 µm und mehr die unteren Atemwege und die Alveolarregion der Lunge erreichen können. Die Verteilung von nanoskaligen Partikeln in der Lunge korreliert mit ihrem "aerodynamischen Durchmesser" (Dae) [40]. Fasern unterscheiden sich von sphärischen Partikeln dadurch, dass ihr Dae maßgeblich von ihrem Durchmesser abhängt, nicht von der Länge [41]. So entspricht der Dae einer nicht-verbogenen, geraden Faser etwa 3x ihrem Durchmesser. Damit lässt sich erklären, dass Fasern mit einem Durchmesser < 1 µm unabhängig von ihrer Länge bis in die Alveolen vordringen können. Im Gegensatz zu den oberen Atemwegen, welche mit dem Flimmerepithel ausgekleidet sind, und in denen Fremdkörper durch den mukoziliären Apparat effizient beseitigt werden, verfügen die unteren Atemwege und Alveolen nicht über einen derartigen Mechanismus. In diesen Zilien-freien Regionen der Lunge können eingetragene Partikel - sofern sie nicht wasserlöslich sind - ausschließlich durch Fresszellen, sog. Makrophagen, beseitigt werden [42]. Makrophagen nehmen die Partikel normalerweise durch Phagocytose in sich auf und versuchen sie abzubauen. Misslingt dies, transportieren sie die aufgenommenen Partikel zu den Lymphknoten, und kapseln sich dort ab. Die Partikel verbleiben so über Monate und Jahre im Lungengewebe [43], was auch die in Kapitel 4.1.5

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beschriebenen Beobachtungen zur Verweildauer im Gewebe erklärt. Zur systemischen Verfügbarkeit von Carbon-Nanopartikeln nach inhalativer Exposition existieren wenig belastbare Daten. Auch wenn aktuelle Reviews die mögliche Translokation von CNTs aus den Atemwegen in die Blutbahn postulieren [18], zeigten Studien in Ratten keine systemische Verfügbarkeit von inhalierten SWCNTs [46].

6.2.3. Epidermale und orale Exposition

Epidermale und orale Exposition zu Feinststäuben aus Carbonfasern-Fragmenten oder CNTs spielen im Alltag eine eher untergeordnete Rolle. Es konnte in in vitro Versuchen gezeigt werden, dass humane epidermale Keratinozyten (hornbildende Hautzellen der Epidermis) in der Lage sind, MWCNTs aufzunehmen und in intrazellulären Vakuolen einzulagern [44]. Als Folge wurde eine erhöhte Produktion und Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interleukin-8 (IL-8) aus den Zellen festgestellt. Da die Epidermis aus einem mehrschichtigen, verhornten Plattenepithel besteht, ist ein Vordringen von Carbon Nanopartikeln zu den aktiven Keratinozyten bei epidermaler Exposition gesunder und unverletzter Haut unwahrscheinlich, aber nichtsdestotrotz möglich. Studien an haarlosen Mäusen und künstlicher Haut demonstrierten eine lokale Entzündungsreaktion und Verdickung SWCNT-exponierter Haut durch neu entstehendes Bindegewebe [45]. Eine systemische Verteilung wurde in den Mäusen nach epidermaler Exposition wurde ebenfalls nicht beobachtet.

Die orale Aufnahme von CNTs ist nach der derzeitigen Datenlage beurteilt relativ unkritisch. Studien in Ratten zur akuten Toxizität von oral aufgenommenen MWCNTs erreichten bei der maximalen Dosierung von 2000 mg/kg keine letale Dosis, ebenfalls wurden keinen nennenswerten pathologischen Veränderungen bei den Versuchstieren festgestellt [47]. Eine systemische Verteilung von oral aufgenommenen CNTs konnte bisher nicht gezeigt werden. Es ist bekannt, dass sog. M- Zellen (von engl. "microfold"), welche sich in der Schleimhaut des Dünndarms an bestimmten Orten, genannt "Peyer-Plaques" (lat. folliculi lymphatici aggregati), befinden aufgrund ihrer ausgeprägten Fähigkeit zur "Transzytose", also dem aktiven Partikeltransport durch die Zelle hindurch, als möglicher Eingang für Nanopartikel aller Art fungieren können. Es wurde gezeigt, dass M-Zellen Partikel < 1 µm aus dem Darmlumen aufnehmen und zur basalen Seite der Zellen transportieren [48].

Andererseits konnte in einem Zellmodel humaner Enterozyten (Zellen des Dünndarmepithels, welche für die Resorption von Nährstoffen verantwortlich sind) keine Aufnahme von MWCNTs nachgewiesen werden [49]. Das eine Resorption jedoch möglich ist, wurde in Tierstudien gezeigt, in denen nach oraler Gabe CNTs im Urin der Tiere gefunden wurden [83]. Es ist daher wahrscheinlich, dass freie

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CNTs und Carbonfaser-Fragmente im Nanometerbereich - wenn auch in geringem Maße - im Darm resorbiert werden können.

Insgesamt ist das Einatmen von CNT- und Carbonfaser-Fragment-haltigen Feinststäuben und die Deposition derselben in der Lunge der am häufigsten vorkommende und zugleich der am kritischsten zu bewertende Expositionsweg. Die dermale Exposition kann zwar ebenfalls vorkommen und lokale Reaktionen zur Folge haben, kann aber durch einfache Schutzmaßnahmen verhindert, bzw. durch Waschen der betroffenen Körperstellen behoben werden. Orale und okulare Expositionen sind nicht hinreichend untersucht, sind allerdings nach ersten Ergebnissen unkritisch und sollten im Kontext von CNT-CFKs und CFKs im Automobilbau keine große Relevanz haben.

6.3. Toxizitätsmechanismen von CNTs und Carbonfaser-Fragmenten / In vitro Toxizität Es ist bekannt, dass Nanopartikel im Allgemeinen bei Aufnahme in die Lunge oxidativen Stress verursachen, zur Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) beitragen und Entzündungsreaktionen, also die Aktivierung der körpereigenen Entzündungs-Signalwege, hervorrufen können [52]. Vor einer Betrachtung der toxischen Effekte von CNTs und Carbonfaser- Fragmenten wird im Folgenden auf die möglichen Mechanismen der Toxizität eingegangen. Da keine Studien mit Carbon-Kurzschnittfasern oder Carbon Splitterfasern kritischer Größe publiziert sind, werden mit Graphit-Staub der Korngröße 1 µm – 3 µm oder Graphen-Nanoplatelets durchgeführte Studien zitiert.

6.3.1. Interaktion mit Körperzellen

Die Interaktion von CNTs mit den Zellen eines Gewebes spielt bei denen den toxischen Effekten zu Grunde liegenden Mechanismen eine wichtige Rolle. In der Fachliteratur werden zwei Hauptmechanismen für die Interaktion von CNTs mit Zellen genannt: Die Aufnahme über Endocytose und „Nanopenetration“, d.h. das mechanische Durchdringen der Zellmembran [54]. Die Endocytose von CNTs kann entweder direkt erfolgen, oder nach Komplexbildung der CNTs mit Proteinen aus der vorhandenen biologischen Matrix (z.B. dem Flüssigkeitsfilm in den Alveolen) [55]. Nach Echtzeit- Untersuchungen lebender Zellen zufolge scheint es, als würden CNTs hauptsächlich über Endocytose aufgenommen [55]. Während die Endocytose einen aktiven Prozess darstellt, handelt es sich bei der Nanopenetration um einen energieunabhängigen, passiven Prozess [54]. Die Diffusion über Zellmembranen hinweg wurde zuerst während der Interaktion von CNTs mit humanen Keratinozyten

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beobachtet. In dieser Studie konnten die eingesetzten MWCNTs zeitabhängig in den Vakuolen oder im Zytoplasma der Zellen nachgewiesen werden [44]. Weitere Untersuchungen in verschiedenen Zelllinien zeigten, dass sowohl SWCNT als auch MWCNTs die Membran der Zellen und der Zellorganellen inklusive des Zellkerns durchdringen können [56].

In mit Graphit-Staub durchgeführten Studien wurde keine Penetration von Zellen beschrieben [75].

Allerdings ist aufgrund der potentiell geringen Größe eine Aufnahme der Partikel über Endocytose wahrscheinlich.

6.3.2. Zytotoxizität

In in vitro Experimenten wurde eine dosisabhängige cytotoxische Wirkung von CNTs beobachtet [57].

So bestätigten mikroskopische Aufnahmen, dass SWCNTs in humane Zelllinien aufgenommen werden, bis in den Zellkern gelangen, und so essentielle Prozesse in der Zelle stören [57]. Als Grund hierfür wurde eine Störung des Zytoskeletts postuliert. Aktin Filamente bilden normalerweise ein strukturiertes Netz an der Innenseite der Plasmamembran der Zellen. Das Aktin-Netz dient dazu, die äußere Form der Zelle zu stabilisieren und zu steuern sowie Membranproteine an ihrem Platz zu halten [58]. Obwohl SWCNT selber keine Schädigung verursachen, scheint ihre Anwesenheit die Ausbildung von Aktin-Bündeln zu stimulieren, was eine Störung des natürlichen Aufbaus darstellt und die Funktion der Zelle stark beeinträchtigen kann. Als Konsequenz kann die Zelle ihre Funktion nicht mehr ausüben und wird apoptotisch, d.h. startet einen programmierten Zelltod [54, 59]. In aktuellen Reviews wird ebenfalls die Möglichkeit diskutiert, dass CNTs durch direkte Interaktion mit dem Spindelapparat während der Zellteilung zu Fehlern führen und somit den Untergang der betreffenden mitotisch aktiven Zelle verursachen [42].

In denen mit Graphit-Staub durchgeführten Studien wurden in hohen Dosen lediglich leichte zytotoxische Wirkungen beschrieben [75]. Die Autoren beurteilten diese jedoch nicht als reale zytotoxische Wirkung, sondern vielmehr als sekundäre, aufgrund des hohen Fremdmaterialeintrages auftretende Reaktion.

6.3.3. Oxidativer Stress, Bildung von ROS

Die Bildung von ROS und die darauf folgende Entzündungsreaktion sind die am häufigsten beobachteten Reaktionen auf die Inhalation von CNTs. Hierbei existieren zwei Kategorien von ROS:

Zum einen die durch die physikalischen Eigenschaften der CNT selber gebildeten (exogenen) ROS,

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zum anderen die durch die Reaktion der Zellen auf die fremden Partikel gebildeten (endogenen) ROS [60].

Für die erste Kategorie spielen die zur Herstellung der CNTs eingesetzten Katalysator-Metalle eine große Rolle [61]. Wie oben beschrieben, bestehen CNT Präparation bis zu 50% aus Metall- Verunreinigungen, die selbst die effizientesten Aufreinigungsverfahren nicht komplett beseitigen können [14, 15]. Diese mit den CNTs in die Zellen eingebrachten Metalle können als Elektronenüberträger fungieren und so zur Bildung von ROS beitragen [61]. Als besonders potent in Hinblick auf die Generation solcher exogenen ROS erwiesen sich hier Eisen, Kobalt und Nickel, an denen im Zytoplasma sog. Haber-Weiss und Fenton-Reaktionen ablaufen können und signifikant zur Menge der gebildeten ROS beitragen können [62].

Der größere Teil der ROS wird jedoch endogen gebildet. In den betroffenen epithelialen Zellen können die aufgenommenen CNTs – insbesondere die verunreinigenden Metalle – in den Mitochondrien eine „Entkopplung“ der Atmungskette verursachen [67]. Die nun auflaufenden Elektronen können nicht mehr auf Sauerstoff zur Bildung von Wasser übertragen werden. Die Folgen sind eine weitere Schädigung der Mitochondrien Membran durch Lipidperoxidation, die Depolarisation der Mitochondrien-Membranen sowie die massive Produktion von ROS in den

„kurzgeschlossenen“ Mitochondrien.

Außerhalb der epithelialen Zellen sind die gebildeten ROS jedoch zum Teil die physiologische Reaktion auf Fremdkörper. In den Zilien-freien Regionen der Lunge nehmen Makrophagen Fremdpartikel auf [42] und bilden zur Bekämpfung der potentiellen Angreifer ROS aus [63]. Die Menge der gebildeten ROS wird jedoch stark erhöht, wenn eine der Fresszellen den identifizierten Fremdkörper nicht vollständig aufnehmen kann. Ab einer Länge von etwa 15 µm kann eine einzelne Fresszelle faserförmige Partikel nicht mehr umschließen, man spricht hier von einer „frustrierter Phagozytose“ [42, 64]. Die gebildeten ROS werden freigesetzt und wirken als Signal für weitere Makrophagen sich zu dem Fremdkörper zu bewegen und mit der Phagozytose zu beginnen. Da im Falle von CNTs auch die zusätzlichen Makrophagen das Objekt nicht umschließen können, verstärkt sich so der Effekt. Es wurde beobachtet, dass die so „aufgespießten“ Makrophagen sich nicht mehr fortbewegen können, und somit für eine stationäre Entzündungsreaktion sorgen bis sie zu Grunde gehen, man spricht von einem "phagocytic oxidative outburst" [42]. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die von den Makrophagen abgesonderten Entzündungsmediatoren TNFα und Interleukin-1ß (IL-1ß) und Interleukin-13 (IL-13) [65]. Diese Mediatoren wirken als Lockstoff für Neutrophile Granulozyten, welche sich zum Entzündungsherd bewegen und mit Hilfe des Enzyms

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Myelenoperoxidase weitere ROS in dem Versuch fremde Struktur chemisch zu zersetzen ausschütten [32].

Neben der oben beschriebenen, schädigenden Wirkung auf die Mitochondrien durch Lipidperoxidation und der Etablierung einer Entzündungsreaktion durch Makrophagen („phagocytic oxidative outburst“) können ROS noch weitere Folgereaktionen auslösen. So sind neben direkter Schädigung der DNA und der Zellmembranen auch Störungen der Zellteilung durch Schädigung des Spindelapparates und somit die Bildung von Micronuclei möglich [62]. Ferner kann sich ein lokaler Entzündungsherd ausbilden, woraufhin Bindegewebszellen, Fibroblasten, zu den Entzündungsherden wandern und versuchen, diese durch Ausbildung einer Bindegewebsschicht abzukapseln [65]. In letzter Konsequenz werden chronisch inflammatorische Signalwege wie z.B. der „nuclear factor

‚kappa-light chain enhancer‘ of activated B-cells (NFκB) Signalweg oder der MAP-Kinasen (MAPK) Signalweg aktiviert [62]. Abbildung 5 fasst die möglichen Folgen erhöhter ROS-Konzentration und somit der Exposition zu CNTs zusammen (Abb. 5).

Abbildung 5: Mögliche Konsequenzen erhöhter ROS Konzentration infolge der Exposition zu Nanopartikeln [62]. NP: Nanopartikel, ROS: reaktive Sauerstoffspezies, ECM: Extrazelluläre Matrix

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Erhöhte ROS Produktionen nach Applikation von Graphit-Staub wurden nicht berichtet [75]. Es existieren allerdings Daten zu Graphen-Nanoplatelets (Plättchen aus einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen), welche im in vitro Versuch in humane Zellen eindringen konnten, und zu leicht erhöhten ROS-Werten führten [76]. Es ist allerdings anzumerken, dass diese mit einer Größe von 20 bis 100 Nanometern wesentlich kleiner als Graphit-Staub und Carbonfasern-Fragmente waren.

Folglich kann nicht ausgeschlossen werden, dass hinreichend kleine Faserbruchstücke aufgenommen werden und ebenfalls die Produktion von ROS anregen könnten.

6.3.4. Genotoxizität

In in vitro Experimenten konnte gezeigt werden, dass MWCNTs nach Zugabe zu einer Kultur von Ratten-Lungenzellen zur Aberration von Chromosomen (dem Verlust von Chromosomen während der Zellteilung) führten und clastogene Effekte wie DNA Doppelstrangbrüche hervorriefen [68]. Die Autoren schlossen daraufhin auf eine direkte Interaktion der MWCNTs mit der DNA als Grund für die beobachteten Effekte. Studien mit Hamsterzellen [69] oder Mauszellen [73] konnten hingegen keine solchen Effekte belegen, zusätzlich wird kritisiert, dass die erstgenannte Studie nicht nach gültigen OECD und GLP Vorgaben durchgeführt wurde [70]. Weiter wurden in durchgeführten Ames Tests keine mutagenen Effekte beobachtet [69]. Mit SWCNT nach OECD und GLP durchgeführte Ames Tests, Chromosomen Aberrations-Tests und Mikronuleus-Tests zeigten außer einer leichten Wachstumsverzögerung keine genotoxischen Effekte [71]. Somit wird in aktuellen Reviews immer noch die Möglichkeit diskutiert, dass CNTs durch ihre Anwesenheit in der Zelle eventuell den Spindelapparat während der Mitose behindern können [42]. Andere Autoren sind allerdings der Meinung, dass eine mögliche Genotoxizität vielmehr durch indirekte Effekte hervorgerufen werden könnte [72]. Somit liegt kein klarer Beweis für oder gegen eine genotoxische Wirkung von CNTs vor, allerdings kann sie nicht ausgeschlossen werden. Neben der direkten Störung der Abläufe während der Zellteilung stellen die oben beschriebene Schädigung der DNA durch nach CNT Exposition gebildeten ROS [62] und – wie kürzlich gezeigt wurde - reaktive Stickstoff Spezies (RNS) [74] mögliche genotoxische Mechanismen von CNTs dar. An dieser Stelle ist anzumerken, dass möglicherweise verunreinigende Metallrückstände in den CNT-Präparationen nicht weiter betrachtet wurden.

Um die mögliche Genotoxizität von Carbonfaser-Fragmenten zu bewerten, kann man entsprechende, mit zermahlenem Graphit durchgeführte Studien betrachten. Die nach OECD und GLP durchgeführten Ames Tests, Chromosomen-Aberrations-Tests und Gen-Mutationstests zeigten alle keine genotxische oder mutagene Wirkung des Graphit-Staubes [75]. Daher ist davon auszugehen,

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dass auch Carbonfaser-Fragmente keine oder allenfalls eine über ROS vermittelte, indirekte genotoxische Wirkung haben könnten.

6.4. In vivo Effekte von CNTs und Carbonfaserfragmenten 6.4.1. In vivo Effekte von CNTs

a. Folgen inhalativer Exposition

Die einmalige Inhalation von MWCNTs (10 mg/m³ und 241 mg/m³) über 6 Stunden führte in Ratten, außer zu leichten Atembeschwerden in der Gruppe mit der höchsten technisch erreichbaren Konzentration (241 mg/m³), zu keinen klinischen Symptomen. Keines der Tiere verstarb, weshalb die inhalative LD50 mit > 241 mg/m³ angegeben wurde. Toxische Effekte wurden in histopathologischen Untersuchungen während der 3-monatigen Beobachtungsphase nach der Exposition nach 7, 28 und 90 Tagen untersucht. An allen Testzeitpunkten nach der Exposition war eine irreversible Entzündungsreaktion in den Lungen der Tiere zu beobachten (Einwanderung polymorphkerniger Granulozyten), die in der Hochdosisgruppe stärker ausgeprägt war. Zusätzlich konnte eine Entfärbung der Lungen sowie eine Vergrößerung der lungenassoziierten Lymphknoten (lung- associated lymph nodes, LALN) beobachtet werden. Cobalt, welches als Verunreinigung der MWCNTs mit verabreicht wurde, wurde ebenfalls an allen Messpunkten mit gleichen Konzentrationen in den Lungen gefunden. Da der Entzündungseffekt aber nach sieben Tagen am ausgeprägtesten war, schlossen die Autoren, dass die Reaktion auf der Struktur der MWCNTs und nicht der Co-Exposition mit Cobalt beruhen müsse [77].

In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass nach einer einmaligen Inhalation von MWCNTs (1mg/m³ oder 30 mg/m³) über 6 Stunden bereits einen Tag nach der Exposition Akkumulationen von Granulozyten in der Pleura (Brustfell, dünne seriöse Haut die die Lungen überzieht und die Brusthöhle von innen auskleidet ) auftraten, und dass MWCNTs innerhalb von Makrophagen in den sich bildenden Granulomen in der übrigen Pleura vorhanden waren. Innerhalb von 2 bis 6 Wochen nach der Exposition wurde eine zunehmende Vernarbung der Pleura (Fibrose) in der Hochdosisgruppe beobachtet [78]. Interessanterweise trat keiner dieser Effekte in mit Industrieruß (Carbon Black Nanopartikeln) behandelten Kontrollgruppen auf.

Die subchronische, inhalative Exposition mit MWCNTs wurde in einer 13-Wochen Studie in Ratten untersucht, in der die Tiere über 6 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche MWCNT Konzentrationen von 0.1, 0.4, 1.5 oder 6 mg/m³ ausgesetzt wurden. Während in der Kontrollgruppe und in der 0.1 mg/m³

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keine signifikanten Veränderungen festgestellt werden konnten, zeigten die höher dosierten Gruppen eine Vergrößerung der lungenassoziierten Lymphknoten. Konzentrationsabhängig wurden in diesen Gruppen die Einwanderung von Makrophagen und eine Verdickung der Septen beobachtet.

Schwarze Partikel - interpretiert als Makrophagen, die MWCNTs aufgenommen hatten - konnten sowohl in den Alveolen als auch im Interstitialraum ausgemacht werden. Als Granulom-ähnlich beschriebene Entzündungsherde sowie eine einsetzende Fibrose wurden direkt nach der Behandlungsphase beschrieben. In den beiden am höchst dosierten Gruppen wurde zusätzlich eine Verdickung der viszeralen Pleura festgestellt, die auf durch die Entzündungsprozesse verursachte Collagen-Einlagerungen zurückzuführen war. Nach einer 6-monatigen Erholungsphase waren die schwarz pigmentieren Makrophagen weiterhin in allen exponierten Gruppen sichtbar. Die beobachteten Entzündungsreaktionen hielten immer noch an und hatten nicht signifikant nachgelassen. In der 6 mg/m³ Gruppe wurde eine zunehmende reaktive, multifokale bronchio- alveolare Hyperplasie (übermäßige Neubildung von Zellen) beobachtet. Abgesehen von der Vergrößerung der LALN wurden keine extrapulmonalen Effekte beobachtet. Anhand der erhobenen Daten legten die Autoren die einen NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) von 0.1 mg/m³ für eine nasale und pulmonale Entzündungsreaktion nach MWCNT Exposition als toxikologischen Endpunkt fest [79].

Eine Studie in Mäusen, bei der die Tiere an jedem zweiten Tag für 30 oder 60 Tage für jeweils 6 Stunden am Tag mit MWCNTs (32.61 mg/m³) behandelt wurden zeigte keine offensichtlichen Entzündungsreaktionen in der 30 Tage Gruppe, jedoch eine ausgeprägte pulmonale Toxizität nach 60 Tagen Behandlung [80]. In einer weiteren Studie in Mäusen , bei der die Tiere für 7 oder 14 Tage für 6 Stunden am Tag 0.3, 1 oder 5 mg/m³ MWCNTs ausgesetzt wurden, fanden sich in den Lungen aller exponierter Tiere schwarz pigmentierte, mit MWCNTs beladene Makrophagen. Nach 14 Tagen Exposition wurde in allen Expositionsgruppen eine systemische Immunosuppression festgestellt, diagnostiziert anhand einer Verminderung der T-Zell Aktivität und Proliferationsrate. Auch wurden erhöhte Expressionslevel von Entzündungsmediatoren (Interleukin-10, IL-10) in der Milz nachgewiesen [81]. Ähnliche Effekte wurden ebenfalls in Ratten beobachtet; nach inhalativer Exposition konnte die Aktivierung des Tumor-Nekrose-Faktors α (TNFα) und diversen Interleukinen beobachtet werden [52, 53].

Die dosis- und zeitabhängige Ausbildung von Effekten nach CNTs Exposition wurde in einer Studie untersucht, in der Mäusen über pharyngeale Aspiration 10, 20, 40 oder 80 µg MWCNTs verabreicht wurden [82]. Die pharyngeale Aspiration stellt eine alternative Methode zur inhalativen Exposition dar. Die in den Schlund der Tiere verbrachten Partikel werden durch den Atemstrom in die Lunge

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verbracht. Obwohl vergleichbare Dosen von CNTs bei Inhalation stärkere Effekte hervorrufen als bei pharyngealer Aspiration, unterscheiden sich die Effekte nicht [83]. Bei der Studie in Mäusen rief diese Applikationsart die bekannte Entzündungsreaktion hervor, der Verlauf wurde bis 56 Tage nach der Exposition beobachtet. Bis auf die 40 µg Gruppe, in der eine signifikante Erhöhung weiter bestand, fielen alle Entzündungswerte wieder auf die Grundwerte zurück. MWCNTs wurden sowohl in den Alveolen als auch in der Pleura gefunden. Interessanterweise wurden auch hier granulomatöse Fibrosen beobachtet, die bereits nach sieben Tagen aufgetreten waren, im Gegensatz zu den Entzündungsreaktionen jedoch bis zum Ende der Beobachtungsphase fortbestanden und sogar tendenziell stärker wurden [82].

Weiter existieren zahlreiche Studien, die Teilaspekte der genannten Symptome nach CNT Inhalation untersuchen. Sie weichen größtenteils nicht von den zitierten Ergebnissen ab und sind in aktuellen Reviews zusammengefasst [42].

b. Folgen oraler Exposition

CNTs weisen eine relativ geringe akute und sub-chronische orale Toxizität auf. Obwohl, wie weiter oben beschreiben, eine Resorption theoretisch möglich ist, führte eine akute Exposition von 2000 mg/kg in Ratten zu keinen klinischen Symptomen, auch bei 5000 mg/kg kam es außer kurzzeitigen Verdauungsstörungen zu keinen Symptomen innerhalb der 14-tägigen Beobachtungsperiode [70]. Es existiert ein isolierter Bericht von granulomatösen Veränderungen im Leberparenchym und den interlobulären Räumen in der Leber nach einmaliger oraler Exposition, allerdings konnte keine Dosisabhängigkeit gezeigt werden [83]. In einer subakuten, 28-tägigen Studie mit täglicher Schlund- Fütterung von 0.05 oder 5 mg/kg MWCNTs wurden in der hohen Dosisgruppe dieselben, granulomatösen Veränderungen in der Leber festgestellt. Es kam jedoch zu keiner Steanose, oder irgend einer anders gearteten Beeinträchtigung der Leberfunktion, auch konnten histologisch in keinem Gewebe MWCNTs nachgewiesen werden. Alle anderen Organsysteme waren unauffällig.

Durch den Nachweis von MWCNTs im Urin konnte allerdings die Aufnahme von CNTs über den Darm gezeigt werden [83].

c. Folgen epidermaler Exposition

In akuten Expositionstudien führten 2000 mg/kg bei Ratten zu keinen feststellbaren Symptomen [70].

Dass CNTs jedoch wie bereits beschrieben mit epidermalen Zellen interagieren können, wurde in in

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vitro Versuchen gezeigt [44]. Auch konnten in besonders sensiblen Mausstämmen lokale Entzündungs- und Vernarbungsreaktionen durch Auftrag von CNTs auf die Haut hervorgerufen werden [45]. In Kaninchen und Meerschweinen führte die Exposition mit diversen SWCNT und MWCNT bis auf ein einziges getestetes MWCNT Produkt zu keiner feststellbaren Haureizung [87]. An künstlichen Modellen menschlicher Haut konnten ebenfalls keine reizende Wirkung festgestellt werden [70]. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich in den Versuchen mit epidermalen Zellen um eine Wirkung des spezifischen eingesetzten Produktes handelt oder aber die Zellkultur wesentlich sensibler reagiert als Haut. Letztendlich liegen derzeit für eine Beurteilung der Relevanz des epidermalen Expositionsweges für Menschen keine ausreichenden Daten vor. Die epidermale Exposition mit CNTs wird jedoch aufgrund der guten Vermeidbarkeit (Schutzkleidung, Waschen) als relativ unkritisch angesehen.

6.4.2. In vivo Effekte von Carbonfaser-Fragmenten

Wie bereits im Kapitel zu den Mechanismen der Toxizität von CNTs und Carbonfaser-Fragmenten werden zur Gefährdungsbeurteilung der Effekte von Carbonfaser-Fragmenten kritischer Größe stellvertretend mit Graphit, Graphen Nanoplättchen und anderen Carbon-Nanopartikeln durchgeführte Untersuchungen herangezogen.

a. Folgen inhalativer Exposition

Die akute Exposition von Ratten und Mäusen mit über Funkenentladung hergestellten, nicht näher spezifizierten Carbon-Nanopartikeln (ca. 60 nm, 4 Stunden, 152 µm/m³ Ratten, 142 µg/m³ Mäuse) führte in beiden Spezies zu keiner messbaren Entzündungsreaktion oder Änderung im genetischen Expressionsmuster [84].

Die toxische Wirkung von kristallinen dispergierten Graphen-Nanoplättchen wurde in einer weiteren Studien mit der verschiedener Präparationen von Graphen und oxidiertem Graphen verglichen.

Mäusen wurden jeweils 50 µg der Teststoffe direkt in die Luftröhre appliziert. Interessanterweise wurde bei Graphen-Oxid, jedoch nicht bei kristallinem Graphen die Bildung von mitochondrialen ROS beobachtet. Entsprechend wurden auch nur bei den Graphen-Oxid behandelten Mäusen Entzündungsreaktionen und eine Fibrose des Lungengewebes festgestellt, welche auch 21 Tage nach Behandlung noch fortbestand [85]. Da Carbonfaser-Fragmente ebenfalls eine kristallinen Form des Kohlenstoffes darstellen, ist dies ein Indiz für eine eher niedrige akute Toxizität.

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In einer vergleichenden Studie, wurden Ratten über fünf Tage jeweils für 6 Stunden 0.5, 2.5 oder 10 mg/m³ Graphen, Graphit Nanoplättchen oder feinem Carbon Black ausgesetzt. Ebenfalls wurden drei weitere Gruppen von Tieren mit 0.1, 0.5 oder 2.5 mg/m³ MWCNT behandelt. Keine der Testgruppen zeigte klinische Symptome. In allen behandelten Tieren wurden alveoläre Makrophagen gefunden, welche die Testpartikel in sich aufgenommen hatten. Für MWCNT zeigte sich eine auf die Lunge begrenzte Entzündungsreaktion, was in wesentlich schwächerem Maße auch für Graphen in der höchsten Dosierung zutraf. Graphit-Nanoplättchen und Carbon Black riefen keine solche Reaktion hervor [86]. Da Carbonfaser-Fragmente in ihrer Struktur theoretisch der von Graphit-Nanoplättchen entsprechen, deutet auch dieses Ergebnis ebenfalls eher auf eine niedrige Toxizität hin.

Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass Carbonfaser-Fragmente inhalativ aufgenommen CNT-ähnliche Reaktionen hervorrufen können, wenn auch wesentlich weniger ausgeprägt als CNTs. Dies trifft besonders auf das einlagige Graphen zu, welches in seinen toxikologischen Eigenschaften den CNTs sehr ähnlich scheint. Graphit-Nanopartikel hingegen, welche in ihrer Struktur am ehesten den Carbonfaser-Fragmenten kritischer Größe entsprechen, weisen keine messbare toxische Wirkung auf.

b. Folgen oraler Exposition

Zur oralen Exposition mit Carbonfaserfragmenten kritischer Größe konnten keine publizierten Daten ermittelt werden. Auch Studien zu ähnlichen Stoffen sind nicht verfügbar. In einer Studie zur akuten Toxizität, wurde Ratten feingemahlenes Graphit (Partikelgröße ca. 30 µm) oral verabreicht. Bis zur Maximaldosis von 2000 mg/kg konnten keine klinischen oder histopathologischen Symptome identifiziert werden. Die orale LD50 wurde somit mit > 2000 mg/kg angegeben [75].

Somit ist davon auszugehen, dass die orale Exposition zu Carbonfaserfragmenten ebenfalls relativ unkritisch ist. Eine Resorption im Dünndarm kann allerdings bei hinreichend kleiner Bruchstückgröße nicht ausgeschlossen werden.

c. Folgen epidermaler Exposition

In einer Studie zur akuten dermalen Exposition von Ratten mit Graphit (Partikelgröße ca. 30 µm) wurden 2000 mg/kg auf die Haut der Tiere aufgetragen. Bis auf eine schwarze Färbung der Haut durch Anhaftung wurden weder klinische noch histopathologische Symptome festgestellt [75].

Ähnlich wie bei der epidermalen Exposition zu CNTs liegen derzeit für eine Beurteilung der Relevanz

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des epidermalen Expositionsweges für Menschen keine ausreichenden Daten vor. Die epidermale Exposition mit CNTs wird jedoch ebenfalls aufgrund der guten Vermeidbarkeit (Schutzkleidung, Waschen) als relativ unkritisch angesehen.

7. Exposition zu Carbon-Nanopartikeln

Wie in Kapitel 6.2.2 und 6.4.1 dargestellt, stellt die inhalative Aufnahme den kritischsten Expositionspfad für Carbon-Nanopartikel dar. Da besonders die durch CNTs hervorgerufenen Effekte eine Dosisabhängigkeit aufweisen, spielt der Grad der Exposition eine wichtige Rolle in der Beurteilung des mit Carbon-Nanopartikeln verbundenen Risikos für Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung. Ein grundlegendes Problem stellt jedoch die Messung der realen Belastung dar, da es technisch aufwendig ist, Carbon-Nanopartikel von anderen luftgetragenen Nanopartikeln zu differenzieren. Daher werden im folgenden Kapitel die verfügbaren Messtechniken - mit Fokus auf der Partikelmessung in der Luft - sowie Daten zu real auftretenden und geschätzten Expositionen mit Carbon-Nanopartikeln behandelt.

7.1. Messung luftgetragener Carbon-Nanopartikel

Im Projekt CarboSafe des Innovationsnetzwerkes InnoCNT wurde die Sicherheit von CNT-Werkstoffen untersucht. Dazu wurden unter anderem zuerst vorhandene Messtechniken für Feinststäube auf ihr Potential zur Messung von luftgetragenen CNTs hin bewertet [89].

7.1.1. Online Messmethoden

Es wurden verschiedene Online Messmethoden in Laborversuchen getestet, um die Belastung der Luft mit zuvor aerosolisierten CNTs zu erfassen. Die Methoden basieren auf den verschiedenen elektrischen Mobilitäten (Beweglichkeit im elektrischen Feld abhängig von der Masse, Dae und der elektrischen Ladung (je nach Detektionsmethode)) der Partikel in der Luft.

So werden zum Beispiel in einem Scanning Mobility Particle Sizer (SMPS) Partikel definiert elektrisch aufgeladen und anhand ihrer elektrischen Mobilität im sog. "Differential Mobility Analyzer" (DMA) fraktioniert. Durch eine kontinuierliche Veränderung der Spannung im DMA können so die einzelnen Fraktionen zu einem "Condensation Particle Counter" (CPC) geführt und die einzelnen Partikel erfasst

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werden. So können Partikel mit einem elektrischen Mobilitätsdurchmesser von 3 nm - 1000 nm vermessen werden [90].

Ein Fast Mobility Particle Sizer (FMPS) basiert auf dem selben Trennungsprinzip, allerdings ist eine feste Spannung im DMA angelegt, wodurch die Partikel auch aufgrund ihrer mechanischen Mobilität abgelenkt werden. Durch 16 verfügbare Messkanäle können so die verschiedenen Größenfraktionen von 5.6 nm - 560 nm in Auflösung von je einer Sekunde parallel vermessen werden [91].

Eine Messung nach Dae erfolgt in einem Aerodynamic Particle Sizer (APS). Hierbei werden die Partikel durch einen Luftstrom nach ihrer Trägheit getrennt, es können Größen von 0.5 µm bis 20 µm analysiert werden [92]. Wie oben erwähnt, korreliert der Dae von Fasern jedoch lediglich mit ihrem Durchmesser, nicht aber mit ihrer Länge. Somit eignet sich diese Methode nur bedingt zur Charakterisierung von faserförmigen Partikeln.

Die Oberfläche von Nanopartikeln lässt sich mit Hilfe eines Nanoparticle Surface Area Monitors (NSAM) bestimmen. Das Verfahren ähnelt einem Orbit-Trap Massenspektrometer und basiert auf einer Aufladung der zu messenden Partikel durch Ionen, das Entfernen einzelner Partikel durch eine Ionenfalle und Detektion an einem empfindlichen Elektrometer [93]. Es stellte sich jedoch im Rahmen des CarboSafe Projektes heraus, dass sich CNTs aufgrund eines ähnlichen Aufladungsverhaltens nicht von sphärischen Partikeln differenzieren lassen [90].

Bei der Untersuchung von Luftproben in Laboren sowie an Arbeitsplätzen wurde deutlich, dass immer nur ein geringer Anteil der luftgetragenen Partikel aus CNTs bestand. Da, wie oben angeführt, eine Diskriminierung zwischen den Partikeln mittels online-Methoden nicht möglich ist, stellt zurzeit die elektronenmikroskopische Analyse von Sammelproben den einzigen direkten Nachweis dar [90].

7.1.2. Offline Messmethoden

Offline Methoden beschreiben das Sammeln von Proben auf einem Filter (Low Volume Sampler, LVS [94]) oder die Präzipitation auf einem Silizium- oder Glas-Kohlenstoff-Träger (Nanometer Aerosol Sampler, NAS [95]). Nach der Sammlung werden die Proben mit Hilfe von Elektronenmikroskopen analysiert und ausgezählt. Die Analyse der elementaren Zusammensetzung kann über Röntgenfluoreszenz-Spektroskopie erfolgen. Der Vorteil dieser Methode ist der direkte Nachweis von Partikeln verschiedener Morphologien - der Nachteil ist der große Aufwand von Zeit und Ressourcen, der zur Analyse notwendig ist.

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Für eine quantitative Analyse luftgetragener CNTs bietet sich auch eine stellvertretende Analyse der Katalysatormetalle an, welche normalerweise in der Umwelt selten vorkommen. Ist zum Beispiel der Cobalt-Gehalt eines Produktes bekannt, so lässt sich durch die Analyse eines Filters mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS), bei einer Sammelzeit von einer Stunde eine Konzentration von 0.003 µg Cobalt pro m³ nachweisen - was bei einem Co-Gehalt von 0.4 % einer Nachweisgrenze von 0.75 µg/m³ des gemessenen Produktes (Baytubes®) entspricht [90].

7.2. Exposition am Arbeitsplatz

Die Wahrscheinlichkeit einer Exposition mit einem bestimmten Werkstoff ist naturgemäß während seiner Produktion und Verarbeitung bzw. Recyclings besonders hoch. Im Falle von CFKs bedeutet dies, dass die Herstellung der Carbon-Komponenten selber, ihre Einbettung in die entsprechende Polymer-Matrix sowie die mögliche Freisetzung bei der Verarbeitung des Werkstoffes (Beschichtungen, Bohren, Schleifen, Rühren, Extrudieren, Schreddern, etc.) kritisch betrachtet werden müssen.

7.2.1. Exposition bei der Herstellung von Carbonfasern und CNTs

Carbonfasern werden, wie bereits oben beschrieben, in industriellem Maßstab häufig durch Pyrolyse von Polyacrylnitril (PAN) hergestellt. Dies geschieht in geschlossenen Anlagen, die die entstehenden Fasern vollautomatisch reinigen und zu fertigen makroskopischen Fasern bzw. textilen Gelegen verarbeiten. Durch die effiziente Reinigung der Abgase entstehen unter Einhaltung aller gültigen Emissionsrichtlinien keine signifikanten Stäube von einzelnen Fasern oder Carbonfaser-Fragmenten (Abb. 6)[88].

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Abbildung 6: Links: Schematischer Aufbau einer PAN basierten Herstellungsanlage für Carbonfasern [88]. Rechts:

Endprodukt, aufgewickelte Carbonfaser [Quelle: www. presseportal.de]

CNTs werden durch Gasabscheidung (incl. HipCO), Laser Ablation oder Lichtbogenentladungs- Verfahren hergestellt. Diese Prozesse erfolgen in Reaktoren oder Rohröfen und sind nicht automatisiert, d.h. nach einem Synthesevorgang muss der entsprechende Reaktor oder Ofen geöffnet werden um das Reaktionsprodukt zu entnehmen. Somit stellt die Herstellung bereits den ersten kritischen Punkt dar, an dem potentiell eine Freisetzung luftgetragener CNTs stattfinden kann.

Zur Untersuchung der Freisetzung von CNTs bei der Herstellung von CNT-CFKs im Labormaßstab wurden an der Technischen Universität Hamburg-Harburg zwei Prozesse untersucht: Zum einen die Herstellung von CNTs in einem Rohrofen und zum anderen die Weiterverarbeitung der CNTs durch Einkompoundieren in eine Polymermatrix [89].

Bei der Herstellung im Rohrofen erfolgte die Synthese durch Gasabscheidung auf einem Siliziumwafer. Bis zur Entnahme des Wafers nach der Synthese blieb der Ofen geschlossen, die CNTs wurden durch Abschaben mit einer Klinge vom Wafer gewonnen. Das Reinigen des Ofens durch Ausbrennen wurde ebenfalls mit erfasst. Um den Aufbau herum wurden online Messgeräte (SMPS, APS, FMPS,NSAM) sowie offline Messgeräte (NAS, LVS) platziert. Auf eine Entlüftung wurde verzichtet um möglichst alle entstehenden Stäube zu detektieren die vor, während und nach der Synthese freigesetzt wurden. Die Messungen wurden zusätzlich über Nacht und zwei Stunden vor Beginn der Arbeiten durchgeführt, um einen Vergleichshintergrund zur erhalten. Als signifikant erhöhte Partikelfreisetzungen wurden gemäß der zurzeit gültigen Standardarbeitsanweisungen Verhältnisse von Arbeitsplatzkonzentration zu Hintergrundkonzentration angesehen, die größer als 3 waren [96, 97]. Die Messung der Partikelkonzentrationen verschiedener Größenklassen von Partikeln zeigte, das mit dem Start des Ofens, dem Öffnen, der Gewinnung der CNTs vom Wafer und dem

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