Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Forschung
Arbeitsschutz
Fb 959
W. Hamacher Chr. Jochum St. Lins A. Ritter
Indikatoren und Parameter zur Be wertung der Qualität des
Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeitsschutz-
managementsysteme
- Forschung - Fb 959
W. Hamacher Chr. Jochum St. Lins A. Ritter
Indikatoren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeitsschutzmanagementsysteme
Dortmund/Berlin 2002
Systemkonzept
Gesellschaft für Systemforschung und Konzeptentwicklung mbH
Aachener Straße 68, D-50674 Köln Prof. Dr. Christian Jochum
Robert-Stolz-Straße 54, D-65812 Bad Soden Dr. Albert Ritter
Forschung • Beratung • Training (FBT) Geißberring 75, D-67697 Otterberg Verlag/Druck: Wirtschaftsverlag NW
Verlag für neue Wissenschaft GmbH
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Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Hauptsitz Dortmund:
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Alle Rechte einschließlich der fotomechanischen Wieder- gabe und des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.
ISSN 1433-2086 ISBN 3-89701-866-7
Die Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) in Organisationen wird zunehmend als Weg zur Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes disku- tiert. Erprobte Managementprinzipien, wie z. B. Zielvereinbarung, kontinuierliche Verbesserung, Mitarbeiterbeteiligung sowie regelmäßige Erfolgsermittlung werden auf den betrieblichen Arbeitsschutz übertragen und dort konsequent angewendet.
Die aktuelle Arbeitsschutzgesetzgebung, die von einem zeitgemäßen, präventiven Arbeitsschutzverständnis ausgeht, unterstützt solche Ansätze. Arbeitsschutzmana- gementsysteme sind wie alle Managementsysteme nur wirksam, wenn sie zielorien- tierte Steuerungs- und Verbesserungsprozesse enthalten. Hierfür sind qualitative In- dikatoren und möglichst auch quantifizierbare Parameter erforderlich.
Zur Entwicklung solcher Indikatoren und Parameter initiierte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin deshalb das Forschungsvorhaben „Indikatoren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeits- schutzmanagementsysteme“. Die Projektbearbeitung wäre ohne die Unterstützung und engagierte Mitarbeit der Projektgruppe AMS der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie der Teilnehmer der beiden Workshops nicht möglich ge- wesen. Die Autoren möchten an dieser Stelle allen Beteiligten danken, insbesondere den Herren Dr. Poppendick, Dr. Pieper und Wanders für die kritisch-konstruktive Be- gleitung des Projektes. Unser besonderer Dank gilt den Mitgliedern des projektbe- gleitenden Arbeitskreises, die durch ihr Engagement und ihre Sachkompetenz we- sentlich zum Gelingen des Forschungsvorhabens beigetragen haben. Mitgewirkt ha- ben:
Frau Dipl.-Ing. Heike Hanreich Herr Dipl.-Ing. Boris Biber
Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH Herr Dipl.-Ing. Harald Engelhardt
DuPont Performance Coatings GmbH & Co. KG Herr Dipl.-Ing. Michael Figgel
SIG Combibloc GmbH & Co. KG Herr Dipl.-Ing. Uwe Mirzwa Handwerkskammer Rhein-Main;
Technologie-Transfer-Stelle Herr Reinhard Reuß
Systemberatung Reinhard Reuß
(vormals beschäftigt bei Ludwig Freytag
GmbH & Co. KG Rohrleitungs- und Anlagenbau) Herr Harm Meints
Coats GmbH
Herr Klaus-Ulrich Hartung Stadtwerke Greifswald GmbH
Herr Dieter Arnold
Herr Dipl.-Ing. Klaus Pieschl Fraport AG
Herr Dipl.-Ing. Bernd Helmstetter ANDREAS STIHL AG & Co.
Herr Dipl.-Ing. Dieter Seibel Herr Dipl.-Ing. Hans-Peter Bänder BG Feinmechanik und Elektrotechnik Herr Dipl.-Ing. Jürgen Thieme
Celanese Chemicals Europe GmbH, EHSA Europe
Herr Dipl.-Ing. Klaus Ulrich Ministerium für Ernährung und
Ländlichen Raum Baden-Württemberg, Landesforstverwaltung
Herr Klaus-Ulrich Rönsch Wella AG
Köln, Frühjahr 2002 Die Autoren
Seite 1 Themenstellung, Intentionen und
Methodik des Forschungsvorhabens 16
1.1 Themenstellung des Forschungsvorhabens 16
1.2 Intentionen des Forschungsvorhabens 17
1.3 Vorgehen und Methodik des Forschungsvorhabens 18
2 Leitbild eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes 23
3 Bedeutung von Indikatoren und Parametern
im Rahmen des Arbeitsschutzmanagements 35
3.1 Arbeitsschutzmanagement 35
3.2 Funktion von Indikatoren und Parametern
im Rahmen des Arbeitsschutzmanagements 40
4 Beschreibung eines Indikatoren- und Parametersystems
zur Bewertung von Arbeitsschutzmanagement 44
4.1 Modellbildung 44
4.2 Übersicht zum Indikatorensystem 48
4.3 Systematik von Indikatoren, Parametern,
Beurteilungskriterien und Kennzahlen 50
4.4 Bilden von Kennzahlen 51
4.5 Anforderungen an Parameter und Probleme der Kennzahlbildung 55 5 Elemente des Indikatoren- und Parametersystems
zur Bewertung des Arbeitsschutzmanagements 62 5.1 Indikatoren und Parameter zur Ermittlung und Bewertung
des „Arbeitsschutzpotenzials“ einer Organisation (Potenziale) 63 5.1.1 Indikator „Geeignete Politik und Strategie
für Sicherheit und Gesundheit“ und zugehörige Parameter 67 5.1.2 Indikator „Geeignete Aufbauorganisation des betrieblichen
Arbeitsschutzes“ und zugehörige Parameter 70
5.1.3 Indikator „Bereitstellen der erforderlichen Ressourcen
für das Betreiben des AMS“ und zugehörige Parameter 73
5.1.5 Indikator „Führung“ und zugehörige Parameter 78 5.1.6 Indikator „Mitwirkung der Beschäftigten“ und zugehörige Parameter 80 5.2 Indikatoren und Parameter zur Bewertung
arbeitsschutzrelevanter Prozesse in Organisationen 82 5.2.1 Indikator „Ermitteln, Bewerten und Ausschöpfen
von präventiven Potenzialen für Sicherheit und Gesundheit
in wertschöpfenden Prozessen“ und zugehörige Parameter 97 5.2.2 Indikator „Ermitteln, Bewerten und Ausschöpfen
von präventiven Potenzialen für Sicherheit und Gesundheit
in unterstützenden Prozessen“ und zugehörige Parameter 113 5.2.3 Indikator „Organisation von arbeitsschutzspezifischen Prozessen“
und zugehörige Parameter 126
5.3 Indikatoren und Parameter zur Ermittlung und Bewertung
der Arbeitsschutzleistungen (Ergebnisse) einer Organisation 144 5.3.1 Indikator „Wirkungen auf die Arbeitsbedingungen“ und Parameter 147 5.3.2 Indikator „Wirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten“
und dazugehörige Parameter 155
5.3.3 Indikator „Wirkungen auf die Zufriedenheit der Beschäftigten
(Mitarbeiterzufriedenheit)“ und dazugehörige Parameter 165 5.3.4 Indikator „Wirkungen auf das Sicherheits- und
Gesundheitsbewusstsein der Führungskräfte und Mitarbeiter“
und dazugehörige Parameter 170
5.3.5 Indikator „Beiträge zum Geschäftsergebnis“
und dazugehörige Parameter 176
5.3.6 Indikator „Wirkungen auf die Gesundheit bei Kunden und Lieferanten (Gesundheit Dritter)“ und dazugehörige Parameter 181 5.3.7 Indikator „Erfüllung gesellschaftlicher Verpflichtungen
(gesellschaftliche Verantwortung)“ und dazugehörige Parameter 188 6 Leitlinien und Hinweise
zur Anwendung des Indikatoren- und Parametersystems 194
7 Zusammenfassende Bewertung und Ausblick 202
7.1 AMS benötigen ein Bewertungssystem 202
7.2 Stellenwert und Nutzungsmöglichkeiten der Projektergebnisse 203
7.3 Ausblick und handlungsleitende Empfehlungen 204
Anhang 1:
Indikatoren und Parameter zu Potenzialen 216 Anhang 2:
Indikatoren und Parameter zu Prozessen 225
Anhang 3:
Indikatoren und Parameter zu Ergebnissen 278
Seite Abb. 2.1 Verständnis von ganzheitlichem Arbeitsschutz 23 Abb. 2.2 Gesamtspektrum unfall- und krankheitsbewirkender Faktoren
sowie gesundheitsfördernder Faktoren 25
Abb. 2.3 Systematisches Vorgehen zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen
nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz 26
Abb. 2.4 Arbeitssystemgestaltung mit den Ansatzpunkten T – O – P 27 Abb. 2.5 Charakteristische Merkmale des Wandels
in den Auffassungen von Sicherheit und Gesundheit 34 Abb. 3.1 Arbeitsschutz als Managementsystem
- von Visionen zu messbaren Resultaten 35
Abb. 3.2 Funktionsweise eines Arbeitsschutzmanagements 38 Abb. 3.3 Bezugs-/Orientierungsgrundlagen für organisationsspezifische AMS 38 Abb. 3.4 Funktion von Indikatoren und Parametern
im Rahmen des Arbeitsschutzmanagements 42
Abb. 4.1 Zeitpunkte und Sachverhalte der Bewertung von
Arbeitsschutz und Arbeitsschutzmanagementsystemen 45 Abb. 4.2 Modell eines Indikatorensystems zur Bewertung
des betrieblichen Arbeitsschutzes bzw. Arbeitsschutzmanagements 46 Abb. 4.3 Systematik „Indikatoren, Parameter,
Beurteilungskriterien, Kennzahlen“ 51
Abb. 4.4 Bewerten von Stand und Entwicklung
mit Hilfe von abgeleiteten Kennzahlen 55
Abb. 5.1 Prinzipdarstellung des Indikatoren- und Parametersystems zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes
im Hinblick auf Arbeitsschutzmanagementsysteme 62 Abb. 5.2 Beispielhafte Bewertung des Parameters „Selbstverpflichtung
der Organisation bezüglich Sicherheit und Gesundheit“ 69
Abb. 5.3 Bezug der Parametertypen zueinander 87
Abb. 5.4 Beispielhafte Darstellung von Kennzahlen
zur Bewertung von arbeitsschutzrelevanten Prozessen
anhand von übergreifenden Beurteilungskriterien 92
Abb. 5.5 Arbeitsschutzrelevante Prozesse 95
Abb. 5.6 Beispielhafte Darstellung der Risikokennzahlen für einen Mitarbeiter 149
Abb. 5.8 Beispiel für Risikokennzahlen für das Gesamtspektrum
der Gefährdungsfaktoren bezogen auf eine Mitarbeitergruppe 153 Abb. 5.9 Beispielhafte Risikokennzahlen für mechanische Gefährdungen,
bezogen auf einen Arbeitsvorgang 153
Abb. 5.10 Beispiel für Risikokennzahlen für das Gesamtspektrum der
Gefährdungsfaktoren, bezogen auf Arbeitsplatzgruppe 154 Abb. 6.1 Empfohlenes Vorgehen zur Anwendung
des Indikatoren- und Parametersystems 195
Abb. 7.1 PDCA-Zyklus als zentraler Baustein von Managementsystemen 202
Seite Tab. 1.1 Arbeitsschritte im Projekt und wesentliche Inhalte 18 Tab. 1.2 Am projektbegleitenden Arbeitskreis beteiligte Organisationen 20 Tab. 1.3 Inhalte der Workshops des projektbegleitenden Arbeitskreises 21
Tab. 4.1 Gesamtübersicht nutzbarer Indikatoren 49
Tab. 4.2 Empfohlene Vorgehensweise für eine Skalierung
der Beurteilungsskala zur Bildung von qualitativen Kennzahlen 53 Tab. 5.1 Prinzip der Parametertypen zur Bewertung
arbeitsschutzrelevanter Prozesse in Organisationen 88 Tab. 5.2 Beurteilungskriterien und mögliche Kennzahlen zum Vorhandensein
und zur Qualität von Vorgehensweisen/Regelungen 89 Tab. 5.3 Bewertungsskalen für Indikatoren
arbeitsschutzrelevanter Prozesse in Organisationen 91 Tab. 5.4 Übersicht der zur Bewertung arbeitsschutzrelevanter Prozesse
verwendbaren Indikatoren 97
Tab. 5.5 Beurteilungskriterien und Kennzahlen
für Produktionsprozesse/Prozesse der Dienstleistungserstellung 100 Tab. 5.6 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
des Produktionsprozesses/Prozesses der Dienstleistungserstellung 102 Tab. 5.7 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
im Produktentstehungsprozess 104
Tab. 5.8 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
im Arbeitsvorbereitungsprozess 106
Tab. 5.9 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
bei Materialbeschaffungsprozessen 108
Tab. 5.10 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
in Prozessen der Produktionslogistik 110
Tab. 5.11 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
von Vertriebsprozessen 111
Tab. 5.12 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
von Entsorgungsprozessen 112
Tab. 5.13 Beurteilungskriterien für die Beschaffungsprozesse
technischer Arbeitsmittel 116
Tab. 5.14 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
bei Investitionen 122
Tab. 5.16 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
der Instandhaltung 125
Tab. 5.17 Beurteilungskriterien und Kennzahlen
für arbeitsschutzspezifische Prozesse 128
Tab. 5.18 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
der Gefährdungsbeurteilung 129
Tab. 5.19 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
von Begehungen 131
Tab. 5.20 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
von Sicherheitsaudits 132
Tab. 5.21 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
beim Umgang mit dem Regelwerk zum Arbeitsschutz 133 Tab. 5.22 Beurteilungskriterien für die wesentlichenProzessschritte
beim Umgang mit externen Vorgaben zum Arbeitsschutz 134 Tab. 5.23 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte im
Erste-Hilfe- und Notfallmanagement sowie der Störfallorganisation 135 Tab. 5.24 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
im Unfallmeldewesen 137
Tab. 5.25 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen 138
Tab. 5.26 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
betrieblicher Gesundheitsförderung 140
Tab. 5.27 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
spezieller Arbeitsschutzprogramme 142
Tab. 5.28 Beurteilungskriterien für die wesentlichen Prozessschritte
von Unterweisungen 143
Tab. 5.29 Beurteilungssystem zur qualitativen Einstufung des Parameters „Verletzungen“
durch eine summarische Beurteilung der einzelnen Kennzahlen 158 Tab. 5.30 Beispielhaftes Fragenset mit einer beispielhaften Beurteilungsskala
für den Ergebnisparameter „Wohlbefinden bei der Arbeit“ 162 Tab. 5.31 Beispielhafte Beurteilungsskala
für Befragungen zur Ermittlung der Zufriedenheit 166 Tab. 6.1 Beispiel für die Anwendung des Indikatoren- und Parametersystems 199
Anh. 2, Tab. 1 Prinzip der Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien
und Kennzahlen – übergreifend für alle Prozesse 227 Anh. 2, Tab. 2 Prinzip der Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien
und Kennzahlen – für alle wertschöpfenden Prozesse 232 Anh. 2, Tab. 3 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien
und Kennzahlen für Produktionsprozesse/Prozesse
der Dienstleistungserstellung 233
Anh. 2, Tab. 4 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für Produktentstehungsprozesse 239 Anh. 2, Tab. 5 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in der Arbeitsvorbereitung 241 Anh. 2, Tab. 6 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in der Materialbeschaffung 245 Anh. 2, Tab. 7 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in der Produktionslogistik 247 Anh. 2, Tab. 8 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den Vertrieb 248
Anh. 2, Tab. 9 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen bei der Entsorgung 250
Anh. 2, Tab. 10 Prinzip der Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen – übergreifend für alle unterstützenden
Prozesse 252
Anh. 2, Tab. 11 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in Beschaffungsprozessen 253
Anh. 2, Tab. 12 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in Investitionsprozessen 255
Anh. 2, Tab. 13 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in Reorganisationsprozessen 257 Anh. 2, Tab. 14 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen in Instandhaltungsprozessen 258 Anh. 2, Tab. 15 Prinzip der Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien
und Kennzahlen – übergreifend für alle arbeitsschutz-
spezifischen Prozesse 261
Anh. 2, Tab. 16 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Gefährdungsbeurteilung“ 263
„Überwachung des Zustandes der Arbeitsbedingungen“ 265 Anh. 2, Tab. 18 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Sicherheitsaudit“ 266
Anh. 2, Tab. 19 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Umgang mit dem Regelwerk zum Arbeitsschutz“ 267 Anh. 2, Tab. 20 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Umgang mit externen Vorgaben zum Arbeitsschutz“ 268 Anh. 2, Tab. 21 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Erste-Hilfe- und Notfallmanagement, Störfallorganisation“ 269 Anh. 2, Tab. 22 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Unfallmeldewesen“ 271
Anh. 2, Tab. 23 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Arbeitsmedizinische Untersuchungen “ 273 Anh. 2, Tab. 24 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und
Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Betriebliche Gesundheitsförderung“ 274
Anh. 2, Tab. 25 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Spezielle Programme/Aktionen zu Sicherheit,
Gesundheitsschutz und -förderung“ 276
Anh. 2, Tab. 26 Indikatoren, Parameter, Beurteilungskriterien und Kennzahlen für den arbeitsschutzspezifischen Prozess
„Durchführung von Unterweisungen“ 277
Anh. 3, Tab. 1 Indikatoren und Parameter zu Ergebnissen 279
Indikatoren und Parameter
zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeitsschutzmanagementsysteme
Kurzreferat
Die Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) in Organisationen wird zunehmend als Weg zur Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes gese- hen. Arbeitsschutzmanagementsysteme sind – wie alle Managementsysteme – nur wirksam, wenn sie zielorientierte Steuerungs- und Verbesserungsprozesse enthal- ten. Hierzu sind geeignete Indikatoren und Parameter erforderlich.
Ziel des Forschungsvorhabens war die Sammlung und Entwicklung möglichst gene- reller Indikatoren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes, die von der Art der konkreten Organisation weitgehend unabhängig sind. Die Sammlung wurde breit angelegt und umfasst alle relevanten Bereiche.
Entwickelt wurde ein Indikatoren- und Parametersystem zur Bewertung der Poten- ziale, Prozesse und Ergebnisse eines umfassenden und zeitgemäßen Arbeitsschut- zes. Es wurden sowohl Früh- als auch Spätindikatoren beschrieben. Das Indikato- rensystem stellt noch kein geschlossenes Handlungskonzept dar, das so im Ganzen anzuwenden ist. Es kann aber von Organisationen, die über hinreichende Erfahrun- gen mit Arbeitsschutzmanagement verfügen, zum Aufbau oder der Optimierung ihrer AMS genutzt werden. Die Entwicklung des Indikatoren- und Parametersystems wur- de von einem Arbeitskreis betrieblicher AMS-Experten begleitet, der insbesondere die Anwendbarkeit und Praktikabilität absichert.
Im Sinne einer ganzheitlichen Organisationsführung – und einem dafür erforderlichen ganzheitlichen Managementsystem – sind die Indikatoren und Parameter für Sicher- heit und Gesundheit kompatibel mit den entsprechenden Instrumenten zur Bewer- tung anderer Organisationsziele, wie wirtschaftlicher Erfolg, Qualität, Umweltschutz und insbesondere Anlagensicherheit.
Schlagwörter:
Arbeitsschutz, Arbeitsschutzmanagement, Arbeitsschutzmanagementsysteme, Ma- nagementsysteme, Indikatoren, Parameter, Prävention, Potenziale, Prozesse, Er- gebnisse, ganzheitliche Organisationsführung, Zielbildung, Steuerungs- und Verbes- serungsinstrumente
Indicators and Parameters
for Assessing the Quality of Occupational Safety and Health with a view to Occupational Health and Safety Management Systems
Abstract
The introduction of occupational health and safety management systems (OH&SMS) in organisations is regarded increasingly as a means of improving corporate occupa- tional safety and health. Occupational health and safety management systems are – like all management systems – only effective if they include objective-oriented control and improvement processes. For this purpose it is necessary to have suitable indi- cators and parameters.
The aim of the research project was to collect and develop as far as possible general indicators and parameters for assessing the quality of occupational safety and health, ones which are largely independent of the nature of the specific organisation. The collection was designed to be broad-based and encompasses all the relevant areas.
A system of indicators and parameters was developed to assess the potential, proc- esses and results of a comprehensive and modern occupational safety and health.
Both early and late indicators were described. The system of indicators does not yet represent a self-enclosed plan of action to be applied as a whole. But it can be used by organisations which have sufficient experience with occupational safety and health management to set up and optimise their OH&SMS. The development of a system of indicators and parameters was accompanied by a working party of corpo- rate OH&SMS experts, which in particular ensures usability and practicability.
In terms of holistic company management – and the holistic management system needed for this – the indicators and parameters for safety and health are compatible with the corresponding instruments for assessing other organisational objectives, such as economic success, quality, environmental protection and, in particular, plant safety.
Keywords:
occupational safety and health, occupational safety and health management, occu- pational health and safety management systems, management systems, indicators, parameters, prevention, potential, processes, results, holistic company management, formation of objectives, control and improvement instruments
Indicateurs et paramètres
pour l'évaluation de la qualité de la sécurité et de la
santé au travail eu égard aux systèmes de gestion de la sécurité et santé au travail
Résumé
L'instauration de systèmes de gestion de la sécurité et santé au travail (SGSS) dans les organisations est de plus en plus souvent considérée comme moyen d'améliora- tion de la sécurité et de la santé au travail. Comme tous les systèmes de gestion, les systèmes de sécurité et santé au travail ne sont efficaces que s'ils comportent des processus de commande et d'amélioration orientés sur la cible souhaitée. Cela impli- que l'application d'indicateurs et paramètres appropriés.
L'objectif du projet de recherche était la collecte et la conception d'indicateurs et pa- ramètres aussi généraux que possibles pour l'évaluation de la qualité de la sécurité et de la santé au travail, lesquels indicateurs et paramètres seraient à quelques dé- tails près indépendants du type de l'organisation concrète. La collecte a été effectuée à un large niveau et s'étend à tous les domaines importants.
On a développé un système d'indicateurs et de paramètres permettant d'évaluer les potentialités, les processus et les résultats d'un système moderne et complet de sé- curité et santé au travail. On a alors décrit aussi bien des indicateurs précoces que des indicateurs tardifs. Le système d'indicateurs ne représente pas encore un con- cept d'action fermé pouvant être réalisé tel quel dans son intégralité. Il peut toutefois être utilisé par des organisations jouissant d'une expérience suffisamment grande dans le domaine de la gestion de la sécurité et santé au travail pour mettre sur pied ou optimiser leurs SGSS. Le développement du système d'indicateurs et de paramè- tres a été accompagné par un cercle de travail d'experts en SGSS chargé spéciale- ment d'en garantir l'applicabilité et la praticabilité.
Dans le sens d'une gestion d'entreprise globale – et d'un système de gestion global à cet effet nécessaire –, les indicateurs et paramètres de sécurité et santé sont com- patibles avec les instruments correspondants d'évaluation d'autres objectifs des or- ganisations, tels que le succès économique, la qualité, la protection de l'environne- ment et particulièrement la sécurité des installations.
Mots clés:
sécurité et santé au travail, gestion de la sécurité et santé au travail, systèmes de gestion de la sécurité et santé au travail, systèmes de gestion, indicateurs, paramè- tres, prévention, potentialités, processus, résultats, gestion globale d'entreprise, éla- boration des objectifs, instruments de commande et d'amélioration
1 Themenstellung, Intentionen und Methodik des Forschungsvorhabens
1.1 Themenstellung des Forschungsvorhabens
Die Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) in Organisationen1 wird zunehmend als Weg zur Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes gese- hen. Arbeitsschutzmanagementsysteme sind wie alle Managementsysteme nur wirk- sam, wenn sie zielorientierte Steuerungs- und Verbesserungsprozesse enthalten.
Die Ziele sind dabei so zu definieren, dass der Erfüllungsgrad der Zielerreichung im Sinne einer Ergebniskontrolle ermittelt und bewertet werden kann. Hierfür sind qua- litative Indikatoren und für diese möglichst auch quantifizierbare Parameter erforder- lich.
Die wesentlichste Orientierungsgrundlage für die Entwicklung und Bewertung von AMS ist in Deutschland die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA), den obersten Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer, den Trägern der ge- setzlichen Unfallversicherung und den Sozialpartnern gemeinsam entwickelten und im Bundesarbeitsblatt bekannt gemachten „Eckpunkte zur Entwicklung und Bewer- tung von Konzepten für AMS“ (BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG
1999). Die Eckpunkte verlangen in Abschnitt 8 u. a. das Ermitteln und Bewerten der Ergebnisse eines AMS. Hierzu sollen geeignete Indikatoren und Parameter benannt werden. Sowohl in der Arbeitsschutz- und Managementsystemforschung als auch in der Praxis bestehen hier jedoch deutliche Defizite.
Zur Entwicklung solcher Indikatoren und Parameter initiierte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) deshalb das Forschungsvorhaben „Indika- toren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeitsschutzmanagementsysteme“.
1 Der Begriff Organisation wird in diesem Bericht stellvertretend für Unternehmen, Betrieb, Firma, Einrichtung, Institution, Körperschaft etc. gebraucht, sowohl für den öffentlichen als auch für den privatwirtschaftlichen Bereich. Da der Begriff Organisation auch andere Interpretationsmöglich- keiten zulässt, z. B. betriebliche Ablauf- und Aufbau-Organisation, wird der Begriff Organisation in dem oben genannten Zusammenhang immer kursiv gesetzt.
1.2 Intentionen des Forschungsvorhabens
Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Sammlung und Entwicklung möglichst ge- nereller Indikatoren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf AMS, die von der Art der konkreten Organisation weitgehend unab- hängig sind. Die Sammlung sollte möglichst breit angelegt sein und alle relevanten Bereiche umfassen.
Um eine ganzheitliche Ergebnisermittlung und -bewertung von AMS zu erreichen, waren Indikatoren und Parameter zu entwickeln, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, sowohl die Gesamtorganisation als auch Teilbereiche zu bewerten. Sie sollen alle Ebenen der betrieblichen Situation, soweit sie Einfluss auf Sicherheit und Ge- sundheit bei der Arbeit haben, wirkungsspezifisch erfassen und beschreiben. Damit sind sowohl übergeordnete betriebliche Einheiten und betriebliche Teileinheiten be- troffen als auch Arbeitssysteme mit ihren technischen, organisatorischen und perso- nellen Gestaltungsfeldern. Die Indikatoren und Parameter müssen geeignet sein, mit ihrer Hilfe einen zielorientierten Verbesserungsprozess des Arbeitsschutzmanage- ments durchzuführen und aufrechtzuerhalten.
Im Sinne einer ganzheitlichen Organisationsführung – und einem dafür erforderlichen ganzheitlichen Managementsystem – sollen die Indikatoren und Parameter für Si- cherheit und Gesundheit kompatibel mit den entsprechenden Instrumenten zur Be- wertung anderer Organisationsziele sein, wie wirtschaftlicher Erfolg, Qualität, Um- weltschutz und insbesondere Anlagensicherheit.
Besonderer Wert war auf Indikatoren und Parameter zu legen, die eine proaktive Bewertung der Potenziale und Leistungen eines AMS ermöglichen. Wichtig waren betriebliche Prozesse, denen eine Schlüsselfunktion für den präventiven Arbeits- schutz zukommt.
Ziel war es, eine entsprechende Sammlung von Indikatoren und Parameter struktu- riert in einem Set zusammenzustellen. Mit den vorliegenden Ergebnissen sollte (noch) kein geschlossenes und bereits praxistaugliches Kennzahlensystem vorgelegt werden, das unmittelbar betrieblich angewandt werden kann. Dies bleibt weiteren Arbeiten vorbehalten. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens bieten hierzu die Grundlagen. Sie können auch als inhaltliche Orientierung für die Konkretisierung von AMS-Standards dienen.
1.3 Vorgehen und Methodik des Forschungsvorhabens
Die Durchführung des Forschungsvorhabens erfolgte nach den in Tab. 1.1 beschrie- benen Arbeitsschritten. Von besonderer Bedeutung für die Durchführung des Vorha- bens war eine ständige Rückkopplung in die betriebliche Praxis und die Einbindung von Vertretern von überbetrieblichen Arbeitsschutzinstitutionen und beratenden Ex- perten. Vorhandene Ansätze und Konzepte zur Bewertung von Arbeitsschutz und Arbeitsschutzmanagement sowie in verwandten Gebieten wie Gesundheitsförderung sollten in die Projektbearbeitung einfließen. Weiterhin sollten praktische Erfahrungen mit der Anwendung von Arbeitsschutzmanagement in verschiedenen Reifegraden, Ausprägungen und Anwendungsstufen eingehen. Dies wurde durch die Durchfüh- rung von zwei Workshop-Veranstaltungen und insbesondere die Einrichtung eines begleitenden Arbeitskreises betrieblicher Praktiker (s. u.) gewährleistet.
Das Vorgehen war geprägt sowohl durch eine breite Suche und Sammlung von prin- zipiell möglichen Indikatoren und Parametern als auch durch die Entwicklung der Grundzüge eines Indikatoren- und Parametersystems, das einerseits die Ordnung und Strukturierung gesammelter Indikatoren und Parameter ermöglicht und anderer- seits leitend für die Suche nach Indikatoren und Parametern war. Dabei wurde – um den Anspruch der generellen Nutzbarkeit zu erfüllen – bewusst auf eine eindeutige Festlegung auf bestehende Modelle und Konzepte verzichtet, wenn auch eine An- lehnung an solche Modelle erfolgte.
Tab. 1.1 Arbeitsschritte im Projekt und wesentliche Inhalte
Arbeitsschritte Inhalte Arbeitsschritt 1
Erarbeiten eines Grundkonzepts für ein Indikatoren- und Parametersystem
Im ersten Schritt wurde ein Grundkonzept für ein Indikatoren- und Para- metersystem entwickelt. In einem breiten Herangehen wurde zunächst ei- ne Sichtung bestehender AMS-Systeme, Indikatoren- und Parameterkon- zepte sowie Instrumente vorgenommen.
Darüber hinaus wurden hier eine erste Literaturanalyse und gezielte Ex- pertenbefragungen hinsichtlich bestehender Modelle und Ansätze durch- geführt. Neben dieser Sichtung der Konzepte wurden die bereits in der betrieblichen Praxis in Ansätzen vorhandenen Modelle, Konzepte oder Einzelindikatoren zur Bewertung von Arbeitsschutzmanagementsystemen gesammelt.
Auf dieser Basis wurde – bezogen auf Ziele und Teilziele von AMS, strukturelle Potenzialfaktoren, Management- und Geschäftsprozesse und Ergebnisse – ein erstes Grundkonzept von Schlüsselaspekten als Grundlage für ein Indikatoren- und Parametersystem erarbeitet.
Arbeitsschritt 2 Zusammentragen potenzieller Indikato- ren und Parameter
Auf der Basis des Grundkonzepts wurden bereits bekannte Indikatoren und Parameter auf ihre Eignung geprüft bzw. dort, wo es erforderlich war, neu entwickelt. Die ausgewählten bzw. erarbeiteten Indikatoren und Pa- rameter wurden beschrieben und hinsichtlich ihrer Funktion im AMS be- wertet.
Arbeitsschritt 3 Entwurf eines Indikatoren- und Parametersystems
Im Arbeitsschritt 3 wurden die Ergebnisse aus Arbeitsschritt 2 zusammen- geführt. Das Indikatoren- und Parametersystem wurde entworfen und in einer ersten Näherung Indikatoren und Parameter den Elementen des Systems zugeordnet und beschrieben.
Arbeitsschritt 4 Durchführung eines Expertenwork- shops
Ziel des Workshops war vor allem, Input für die weitere Ausgestaltung des Indikatoren- und Parametersystems zu gewinnen sowie Feedback aus der Sicht der verschiedenen Experten und Betriebspraktiker zu dem konzep- tionellen Ansatz des Indikatoren- und Parametersystems zu erhalten. Vor diesem Hintergrund erfolgte eine Auswahl der Teilnehmer für den Work- shop. Einbezogen wurden in diesen Workshop Vertreter von Arbeits- schutzinstitutionen, Fachexperten, Sozialpartner und Betriebspraktiker, die bereits Erfahrungen mit AMS haben beziehungsweise sich mit der Entwicklung und Einführung eines AMS beschäftigen. Das Workshopkon- zept wurde mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ab- gestimmt.
Arbeitsschritt 5 Weiterentwickeln, Anpassen und Be- schreiben des Indi- katoren- und Para- metersystems
In einer iterativen Schleife wurde vor dem Hintergrund der Auswertung des Expertenworkshops das Indikatoren- und Parametersystem unter in- tensiver Beteiligung des projektbegleitenden Arbeitskreises betrieblicher Praktiker (im Einzelnen siehe hierzu weiter unten) weiterentwickelt.
Arbeitsschritt 6 Workshop
„Präsentation und Diskussion der Ergebnisse“
Das Ergebnis des Arbeitsschrittes 5 wurde in einem weiteren Workshop präsentiert und mit den Experten diskutiert. Die Zielgruppe war identisch mit der des ersten Workshops.
Darüber hinaus wurden Anforderungen an die Ausgestaltung des Sy- stems nach Aspekten wie Praktikabilität, Branchenbezug, Betriebsgröße und Compliance diskutiert.
Arbeitsschritt 7 Bewerten und ggf.
Anpassen des Indi- katoren- und Para- metersystems nach Aspekten wie Prakti- kabilität, Branchen- bezug, Betriebsgrö- ße, Compliance
Das Indikatoren- und Parametersystem wurde unter Auswertung der Er- gebnisse des zweiten Workshops angepasst. Insbesondere erfolgte eine systematische Bewertung des Systems nach Praktikabilität, Branchenbe- zug, Betriebsgröße und Compliance. Die Möglichkeiten der Anwendung der Indikatoren und Parameter wurden anhand von praktischen Beispie- len exemplarisch überprüft. Hierzu erfolgte wiederum die Einbeziehung von ausgewählten betrieblichen Praktikern, mit denen vor dem Hinter- grund ihrer konkreten betrieblichen Erfahrungen, die Anwendungsmög- lichkeiten überprüft wurden.
Arbeitsschritt 8 Erstellen des Schlussberichts
Ein zentrales Element des Forschungsdesigns stellt der projektbegleitende Ar- beitskreis „Kennzahlen (Indikatoren und Parameter) im Rahmen des Arbeitsschutz-
managements“ dar. Wesentliche Intentionen der Initiierung dieses Praktikerarbeits- kreises waren:
l Einbeziehen weiterer praktischer Erfahrungen mit Arbeitsschutzmanagementsy- stemen
l Definieren von Anforderungen aus der Sicht der Praxis an ein Indikatoren- und Parametersystem als Teil eines AMS
l Beteiligung betrieblicher und betriebsnaher AMS-Experten an der Erarbeitung des Indikatoren- und Parametersystems
l Erschließung bereits verwendeter Indikatoren und Parameter
l Diskussion möglicher Indikatoren und Parameter mit betrieblichen/betriebsnahen Experten
l Eigenständige Erprobung bzw. innerbetriebliche Überprüfung der Praktikabilität möglicher Indikatoren und Parameter
l Diskussion der Vollständigkeit und Anwendbarkeit/Praktikabilität der zusammen- getragenen Indikatoren und Parameter
Als Teilnehmer konnten AMS-Experten gewonnen werden, die über praktische Erfah- rungen beim Einführen und Betreiben eines Arbeitsschutzmanagements verfügten und das Spektrum der derzeit praktizierten AMS-Konzepte weitgehend abdeckten.
Der regelmäßig tagende Arbeitskreis setzte sich aus 13 betrieblichen und betriebs- nahen AMS-Experten unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen (vgl.
Tab. 1.2), den Forschungspartnern sowie einem Vertreter der Bundesanstalt für Ar- beitsschutz und Arbeitsmedizin zusammen.
Tab. 1.2 Am projektbegleitenden Arbeitskreis beteiligte Organisationen
r ANDREAS STIHL AG & Co.
r BG Feinmechanik und Elektrotechnik
r Celanese Chemicals Europe GmbH
r Coats GmbH
r DuPont Performance Coatings GmbH & Co. KG
r Fraport AG
r Handwerkskammer Rhein-Main
r Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH
r Ludwig Freytag GmbH & Co. KG
r Ministerium für Ernährung und Ländli- chen Raum Baden-Württemberg, Lan- desforstverwaltung
r SIG Combibloc GmbH & Co. KG
r Stadtwerke Greifswald GmbH
r Wella AG
In den beteiligten bzw. von den betriebsnahen AMS-Experten betreuten Organisatio- nen werden folgende AMS-Konzepte praktiziert:
l Eigenständiges AMS basierend auf langjährig praktizierter Sicherheitsphilosophie
l Eigenständiges AMS, das sich primär an den „gemeinsamen Eckpunkten für AMS“ orientiert
l Eigenständiges AMS, das sich primär am EFQM-Modell orientiert
l Eigenständiges AMS, das sich primär an den „5 Bausteinen für einen gut organi- sierten Betrieb – auch in Sachen Arbeitsschutz“ des HVBG orientiert
l Integriertes Arbeitsschutzmanagement (Qualitätsmanagement plus ASCA-orien- tiertes AMS)
l Integriertes Arbeitsschutzmanagement (Qualitätsmanagement plus AMS gemäß SCC)
l Qualitätsmanagement mit eingebundenen Elementen eines AMS
l Integriertes Managementsystem in Kleinbetrieben (Qualitätsmanagement mit eingebundenen Elementen eines Arbeitsschutzmanagements)
Insgesamt fanden sechs ganztägige Workshops (vgl. Tab. 1.3) des Arbeitskreises statt. Zwischen den Workshops haben die Arbeitskreisteilnehmer die Anwendungs- möglichkeiten im Hinblick auf das Spektrum der durch sie repräsentierten Organisa- tionen überprüft. Die konstruktive Zusammenarbeit im Arbeitskreis war sehr erfolg- reich, insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung der Anwendbarkeit und Prakti- kabilität der entwickelten Indikatoren und zusammengetragenen Parameter.
Tab. 1.3 Inhalte der Workshops des projektbegleitenden Arbeitskreises
1. AK-Treffen r Abstimmung der Intentionen des Arbeitskreises
r Abstimmung „Verständnis von AMS“
r Praktizierte AMS und verwendete Kennzahlen
2. AK-Treffen r Abstimmung Verständnis von „Indikatoren, Parameter sowie Indikatoren- und Parametersystem“
r Anforderungen an Indikatoren und Parameter aus der Sicht der Praxis
r Erste Sammlung möglicher Indikatoren und Parameter
3. AK-Treffen r Diskussion des Entwurfs eines Indikatoren- und Parametersystems sowie erster Indikatoren und Parameter
4. AK-Treffen r Diskussion des Entwurfs möglicher Indikatoren und Parameter
für das Teilsystem „Ergebnisse“ des Indikatoren- und Parametersystems
5. AK-Treffen r Diskussion des Entwurfs möglicher Indikatoren und Parameter
für das Teilsystem „Potenziale“ des Indikatoren- und Parametersystems
r Diskussion des Entwurfs möglicher Indikatoren und Parameter
für das Teilsystem „Prozesse“ des Indikatoren- und Parametersystems 6. AK-Treffen r Diskussion der Anwendbarkeit/Praktikabilität der zusammengestellten Indi-
katoren und Parameter sowie des Indikatoren- und Parametersystems
2 Leitbild eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes
Die Entwicklung von Indikatoren und Parametern zur Bewertung des Arbeitsschutzes muss vor dem Hintergrund eines zeitgemäßen Verständnisses von Arbeitsschutz er- folgen. Arbeitsschutz umfasst Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit.2 Ein solches zeitgemäßes Verständnis ist auch gerichtet auf die Sinnhaftigkeit, dass alle Organisationen
ð
für sich selbst Ziele im Arbeitsschutz setzen, die ggf. über die Erfüllung von ein- zel- und spezialgesetzlichen Vorgaben hinaus gelten,ð
ein integriertes Arbeitsschutzmanagement betreiben,ð
über Indikatoren und Parameter verfügen, um Ziele der Organisation durchset- zen und anhand derer die erreichten Fortschritte überprüft werden können.Im einzelnen umfasst ein zeitgemäßer Arbeitsschutz die in Abb. 2.1 dargestellten Aspekte. Leitgedanke eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes ist ein umfassendes, ganzheitliches Verständnis von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.
Abb. 2.1 Verständnis von ganzheitlichem Arbeitsschutz
2 Im Sinne von § 2 ArbSchG schließt Arbeitsschutz immer die menschengerechte Gestaltung der Arbeit ein und muss im Sinne von § 3 ArbSchG die Umstände berücksichtigen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Im folgenden wird der Begriff „Arbeits- schutz“ immer in diesem umfassenden Sinne verwendet.
Ein zeitgemäßes präventives Arbeitsschutzverständnis ist durch die folgenden Merk- male charakterisiert:
r Arbeitsschutz ist kein zusätzliches betriebliches Aufgabenfeld, sondern integra- ler Bestandteil aller betrieblichen Aufgaben und Funktionen. Es handelt sich um ein ethisches, humanitäres, betriebswirtschaftliches und ökologisches Grundanliegen.
Arbeitsschutz ist Bewahrung von Leben und Gesundheit in Verbindung mit der Arbeit. Er umfasst
−
den Schutz vor arbeitsbedingten Verletzungen (Arbeitsunfällen) und arbeits- bedingten Erkrankungen (Berufskrankheiten und „andere arbeitsbedingte Er- krankungen“),−
die aktive Gesundheitsförderung im Sinne der Einflussnahme auf körperli- ches, geistiges und soziales Wohlbefinden – hierzu gehören auch eine men- schengerechte Gestaltung und ständige Verbesserung der Arbeit bzw. sichere und gesundheitsgerechte Arbeitssysteme, damit diese insgesamt den körper- lichen und geistigen Leistungsvoraussetzungen der Beschäftigten entspre- chen.r Ganzheitlicher Arbeitsschutz erfordert, die Gesamtpalette aller Faktoren, die zu arbeitsbedingten Verletzungen und arbeitsbedingten Erkrankungen führen kön- nen, zu beherrschen. Dabei sind alle Gefährdungen mit hohem Stellenwert zu sehen und risikoabhängig zu bekämpfen. Es geht zugleich um ein Erschließen der gesundheitsfördernden Faktoren. Das Grundverständnis hierzu enthält Abb. 2.2.
An die Stelle monokausaler Betrachtung rückt die Beachtung des multifaktoriel- len Bedingungsgefüges der Wirkungen aller Faktoren auf den Menschen. Multi- faktorielle Betrachtungen arbeitsbedingter Erkrankungen erfordern eine komple- xe Beachtung arbeitsbedingter Ursachen und der persönlichen Leistungsvoraus- setzungen der Menschen. Gerade für arbeitsbedingte Erkrankungen sind solche Kategorien wie Arbeitsorganisation und soziales Bedingungsgefüge mit ent- scheidend. Leitgedanke einer komplexen Gefährdungsbeurteilung ist nicht der naturwissenschaftliche Detailnachweis, sondern stärker der plausible Beleg, dass z. B. arbeitsbedingte Erkrankungen möglich sind.
Abb. 2.2
Gesamtspektrum unfall- und
krankheitsbewir- kender Faktoren sowie gesund- heitsfördernder Faktoren
Erforderlich sind systematische Gefährdungsermittlungen und Risikobeurteilun- gen für vorhandene, aber auch im Vorfeld neu zu schaffender Bedingungen und Situationen (wie Planungen von Bauvorhaben, Beschaffung von Arbeitsmitteln, Umgestaltung von Arbeitsplätzen). Prävention erfordert die Ermittlung und Beur- teilung von Gefährdungen in Planungs- und Beschaffungsphasen.
r Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen und eine entsprechende Dokumentation nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz sind ein Handlungsinstrument, um schwer- punktorientiert die Bedingungen im Betrieb schrittweise zu verbessern. Ausge- hend von der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung) hat der Arbeitgeber die für seinen Betrieb erforderlichen Maßnahmen des Arbeits- schutzes zu bestimmen und durchzuführen. Diese Beurteilung muss tätigkeitsbe- zogen erfolgen. Hieraus sind Ziele für Veränderungen abzuleiten, die den Soll-
Zustand beschreiben, und zwar sowohl im Einzelfall als auch für den Gesamtbe- trieb. Bei der Festlegung der Maßnahmen sind allgemeine Grundsätze (vgl. § 4 Arbeitsschutzgesetz) zu beachten. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist zu über- prüfen. Die Maßnahmen sind bei Veränderungen am Arbeitsplatz, von Abläufen usw. erforderlichenfalls anzupassen. Ziel ist es, eine systematische Arbeits- schutzpolitik der kontinuierlichen Verbesserung zu betreiben. In diesem Sinne ist auch die Gefährdungsbeurteilung als Prozess zu verstehen (BARTH U. A. 2001;
BARTH 2001).
Die Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz ist als Konzept zum Han- deln zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit aufzufassen. Das syste- matische Vorgehen wird mit Abb. 2.3 charakterisiert. Das zentrale betriebliche Präventionsinstrument hierfür ist die zu schaffende Gesamtübersicht über die Ar- beitsbedingungen für den Gesamtbetrieb und hieraus abzuleitendes Handeln. So wird das Verbessern der Arbeitsbedingungen auf die entscheidenden Schwer- punkte gelenkt. Die Zielführung für gesamtbetriebliches Handeln kann so be- gründbar und effektiv gesteuert werden.
Dokumentieren
Fortschreiben Ermitteln
Überprüfen Beurteilen
Durchführen Ziele setzen
Festlegen Vorbereiten
Abb. 2.3
Systematisches Vorgehen zur Beurteilung der Arbeits- bedingungen nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz r Sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen sind durch ganzheitliche
Gestaltung zu gewährleisten. Zentrales Betrachtungs- und Gestaltungsobjekt ist das Arbeitssystem mit seinen Gestaltungsfeldern Technik, Organisation und Per- sonal in ihrem Zusammenhang und in ihrer Wechselwirkung. Die Komplexität der Gestaltungsbereiche wird mit Abb. 2.4 deutlich. Erst aus dem Wechselspiel der
verschiedenen Ansatzpunkte entstehen sichere und gesundheitsgerechte Bedin- gungen.
Die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit muss sich an der Hierarchie der Ziele und Maßnahmen entsprechend der Reichweite zur Gefahrenverhütung orientieren (Rangfolge der Schutzmaßnahmen im Sinne von § 4 ArbSchG).
Es sind ganzheitliche Gestaltungsansätze zu verfolgen, die auch Anlagensicher- heit (Schutz vor Störfällen), Umweltschutz u. a. Aspekte einbeziehen.
Abb. 2.4 Arbeitssystemgestaltung mit den Ansatzpunkten T – O – P
r Als Bestandteil des Arbeitsschutzes ist zweckdienliche Gesundheitsförderung in die Gesamtkonzeption der Gestaltung von Arbeitssystemen einzuordnen. Ge- sundheitsförderung ist ein Prozess der Gesundheitserhaltung und -stärkung als Mobilisierung der Herstellung von Bedingungen, die positives Denken und Füh- len und ein optimales Maß an körperlicher Be- und Entlastung erlauben (BUNDES-
VEREINIGUNG FÜR GESUNDHEITSERZIEHUNG E.V. 1991).
„Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassendes körperliches, see- lisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, dass sowohl der einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. sie
verändern können. ... Gesundheit steht für ein positives Konzept, das die Be- deutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Tätigkeiten.“ (OTTAWA-CHARTA 1986)
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung sind Prozesse
−
der Stärkung der körperlichen, seelischen und sozialen Leistungsvorausset- zungen des Menschen, die Verhalten und Verhältnisse gleichermaßen be- rücksichtigen,−
die Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter einbeziehen, Mitwirkungsmöglich- keiten an der Gestaltung des betrieblichen Umfeldes zulassen,−
die zur Verbesserung der Bewältigungsmechanismen beitragen,−
die die sozialen Beziehungen und gegenseitige Unterstützung der Mitarbeiter fördern.Maßnahmen der Gesundheitsförderung umfassen vorrangig technische und or- ganisatorische Maßnahmen der Arbeitssystemgestaltung sowie auch Maßnah- men zur bewegungsbezogenen und verhaltensbezogenen Gesundheitsförde- rung. Es handelt sich um Maßnahmen, mit denen die Menschen auf die Fakto- ren, die ihre Gesundheit beeinflussen, aktiv und selbstverantwortlich Einfluss nehmen können.
r Das Arbeitsschutzgesetz formuliert als Grundpflicht des Arbeitgebers in § 3 Abs. 1:
„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeits- schutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.“
Damit werden die Arbeitgeberpflichten so ausgeweitet, dass eine prinzipielle Pflicht zur Prävention in Eigenverantwortung der jeweiligen Organisation besteht. Leitbild für die Gestaltung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeits- systeme sind nicht ausschließlich Gesetze, Verordnungen und andere Vorschrif- ten. Zu berücksichtigen sind der Stand der Technik sowie die sich entwickelnden sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse. Entsprechend des zeitgemä- ßen erweiterten Verständnisses des Arbeitsschutzes sind Problemkreise einbe- zogen, zu denen es derzeit keine Vorschriften und Normen gibt (z. B. Arbeitsor- ganisation, Arbeitsinhalt). Maßstäbe hierfür muss sich die Organisation selbst setzen. Die Organisation soll für die jeweilige spezifische Situation unter Beachtung des Vorschriften- und Regelwerkes tätig werden. Das eigene An-
spruchsniveau sollte bei der Formulierung einer organisationsspezifischen Ar- beitsschutzpolitik – in Übereinstimmung mit den relevanten Vorschriften – fest- gelegt werden, aber nicht nur auf Vorschriften gestützt. Der Betrieb sollte sich ständig über neue Erkenntnisse und neue Vorgehensweisen informieren, und zwar in Bezug auf Analyse und Bewertung von Gefährdungen und salutogenen Faktoren sowie auch hinsichtlich neuer Gestaltungskonzepte.
r Die Organisation darf sich nicht mit einem einmal erreichten Niveau sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitssysteme zufrieden geben, sondern muss die Ar- beitsbedingungen systematisch und kontinuierlich verbessern, seine Arbeit also prozessorientiert anlegen (Nutzen des KVP-Prinzips auf den Arbeitsschutz).
Der Arbeitgeber ist mit § 3 des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet worden,
„... die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er (der Arbeitgeber) eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzu- streben.“
Die Organisation sollte sich ständig über neue Erkenntnisse und neue Vorge- hensweisen informieren, und zwar bezüglich der Erkenntnisse über Gefährdun- gen und Belastungen und deren Bewertung einerseits und bezüglich neuer Lö- sungskonzepte andererseits.
r Arbeitsschutz erfordert eine konsequent präventive Ausrichtung der Tätigkeit. Prävention umfasst alle Maßnahmen, Mittel und Methoden, die eine solche vor- beugende (vorgreifende) Gestaltung der Arbeitsbedingungen umfassen, dass vorausschauend (prophylaktisch) arbeitsbedingte Gesundheitsschäden verhütet und Gesundheitsförderung beachtet werden. Prävention beinhaltet im Sinne ei- ner Rangfolge
−
vorausschauende (planende und konzeptionelle) Einflussnahme auf sichere und gesundheitsgerechte Arbeitssysteme,−
kontinuierliche Verbesserung der vorhandenen Arbeitsbedingungen,−
ständige Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit entsprechend den sich permanent ändernden Gegebenheiten der Arbeitsbedingungen.r Prävention ist als durchgängiges Leitprinzip in allen betrieblichen Aufgaben- feldern und entsprechendem Handeln der Funktionsträger zu verfolgen. Das betrifft die Verankerung in unternehmerischen Zielsetzungen und Strategien, die Erfüllung der Fürsorgepflicht durch ständiges Wahrnehmen der Verantwortung
durch Führungskräfte in der Linie und auch die Integration des Arbeitsschutzes in dispositive betriebliche Aufgabenfelder. Umfassendes Präventionsverständnis bedeutet, bei einer systematischen Einordnung der Arbeitsschutzerfordernisse in die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation anzusetzen. So werden voraus- schauend Defizite in den Arbeitssystemen vermieden bzw. eingeschränkt.
Der Arbeitgeber unterliegt einer allgemeinen Organisationspflicht, der er in unter- schiedlicher Art und Weise mit einem breiten Ermessensspielraum und unter Nutzung verschiedenster Managementinstrumente nachkommen kann. Dies be- trifft auch die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes. Das Arbeitsschutz- gesetz formuliert in Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG als Grund- pflicht des Arbeitgebers in § 3 Abs. 2 u. a., dass er
„... Vorkehrungen zu treffen (hat), dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen be- achtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.“
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber mit § 3 Abs. 2 generell, für eine geeignete Organisation zu sorgen. Es gehört somit zu den Management- pflichten, dass die Arbeitgeber Voraussetzungen für die Durchführung von Prä- ventionsmaßnahmen erfüllen müssen.
r Arbeitsschutz ist nicht isoliert durch spezielle Experten zu handhaben, son- dern zu verschmelzen mit der Aufgabenerfüllung der verschiedenen Funktion- sträger.
Das Wesen eines modernen betrieblichen Arbeitsschutzsystems besteht in ei- nem integrierten Arbeitsschutzsystem. Das bedeutet vereinfacht: Jeder muss an jedem Arbeitsplatz und bei jeder Tätigkeit an Arbeitsschutz denken und je nach Erfordernis hiernach handeln (Eigenverantwortung auf allen Ebenen). Ar- beitsschutz muss in allen betroffenen Funktionen einer Organisation, die Einfluss auf die Qualität des Arbeitsschutzes haben, ein zu beachtender Gesichtspunkt sein. Insofern geht integrativer Arbeitsschutz auch über formale Aufgaben- und Kompetenzzuweisungen hinaus, erfordert seine Einordnung in die verschiedenen Managementsysteme, wie insbesondere dem Prozess-, Technologie-, Personal-, Produktmanagement, aber auch dem Qualitäts- oder dem Umweltschutzmana- gement. Alle Organisationsbereiche müssen hinsichtlich des Arbeitsschutzes sensibilisiert sein, selbstständig Handlungserfordernisse erkennen und daraus abgeleitet im eigenen Auftrag tätig werden. Arbeitsschutz muss Bestandteil des betrieblichen Alltagshandelns sein.
r Ein zeitgemäßer Arbeitsschutz geht von der Kritikfähigkeit und Selbstbestim- mung der Beschäftigten aus. Insofern geht es darum, den Beschäftigten nicht eingeengt als zu schützendes Objekt zu behandeln, sondern ihn als Träger eige- ner Gesundheitskompetenzen zu betrachten und ihn als Experten an seinem Ar- beitsplatz einzubeziehen. Betroffene sind zu Beteiligten zu machen. Damit ist ein Verständnis verbunden, das die Beschäftigten nicht nur als Adressaten sieht, sondern deren Erfahrungswissen akzeptiert und nutzt. Aktives Einbringen der Betroffenen ist dabei nicht schlechthin als Nutzung des Expertenwissens der Be- schäftigten zu sehen, sondern auch als mögliche Maßnahme, Gesundheit un- mittelbar zu stärken und zu fördern. Beteiligungsaktivitäten wirken direkt auf das psychische Wohlbefinden.
r Integrativer Arbeitsschutz in Organisationen erfordert eigene Kritikfähigkeit der Organisation, eine hieraus entwickelte ständige Verbesserung des integrierten Arbeitsschutzsystems und entsprechende Weiterentwicklung des Handelns im Arbeitsschutz im Sinne einer selbstlernenden Organisation. Der Stand der be- trieblichen Arbeitsschutzarbeit soll kontinuierlich analysiert werden mit dem Ziel, Strategien zur weiteren Verbesserung zu entwickeln. Neben der Arbeit mit Ge- fährdungsbeurteilungen soll auch analytische Arbeit zum Niveau und zur Ent- wicklung des Arbeitsschutzes im Betrieb insgesamt erfolgen. Hier eingeschlos- sen soll eine Analyse der Integration des Arbeitsschutzes in das Management und die Führungsaktivitäten sein. Hieraus entsteht ein anpassungsfähiges inte- gratives Arbeitsschutzsystem.
Wer Arbeitsschutz ausschließlich wegen des gesetzlichen Zwanges realisiert, wird nur einen rudimentären Arbeitsschutz haben. Dies nicht etwa, weil die Ge- setze rudimentär wären, sondern weil Arbeitsschutz immer sehr konkret ist und diese Konkretheit durch die Vorschrift nicht erreicht werden kann. Zunehmend setzt der Gesetzgeber geradezu auf den Spielraum der Organisationen. Die Vor- schriften liefern keine Rezepte für vielfältige Gestaltungsanforderungen. Arbeits- aufgabengestaltung, viele Anforderungen an den Arbeitsablauf, sichere Zusam- menarbeit zwischen unterschiedlichen Beschäftigten – dies alles ist nicht regle- mentiert. Die Organisationen haben einzelfallgerechte Ermessensspielräume und sollen die Anforderungen im Zusammenhang mit den gesamten Prozessabläufen und unter Würdigung der Prozessparameter bestimmen. Die Organisation hat ei- nen Freiraum, um für den Arbeitsschutz nach betrieblichen Gegebenheiten den besten Weg zu finden. Notwendig sind eine situationsbezogene Risikobeurtei- lung und eine hierauf abgestellte konkrete Gestaltung des Arbeitsschutzes.
Diese Selbstverantwortung ist zugleich auch der entscheidende Antrieb für Initia- tive, Kreativität und Aktivität im Arbeitsschutz.
r Arbeitsschutz hat eine proaktive Funktion.
Arbeitsschutz darf nicht stehen bleiben bei einer Reaktion auf veränderte Anfor- derungen. Die Chancen genereller Entwicklungen müssen erschlossen werden.
Hierin liegt gerade die Möglichkeit, neue Erkenntnisse nutzbar zu machen für ei- ne ständige Vervollkommnung der Arbeitsbedingungen, wie dies im § 3 des Ar- beitsschutzgesetzes vom Arbeitgeber gefordert wird. Neuartige Wirkprinzipien, moderne Informations- und Kommunikationstechnologien müssen zur Innovation und auch zur Verbreitung von Arbeitsschutzlösungen genutzt werden. Überwin- den von Arbeitsschutzdefiziten kann auch zum Innovationsschub im Betrieb durch technische und organisatorische Veränderungen, durch Flexibilisierung der Arbeitszeit usw. führen. Proaktiv heißt, dass der Arbeitsschutz auch Förderer neuer Anstöße zur Entwicklung in Technik und Organisation, auch im Manage- ment sein kann und sein sollte. Indem der Arbeitsschutz die Integration seines Anliegens in betriebliche Managementkonzepte verfolgt, kann er zugleich Motor völlig neuartiger Organisationsstrategien sein, gibt er unter Umständen Impulse für neuartige Herangehensweisen an die betriebliche Organisation und die Re- strukturierung von Organisationen.
r Arbeitsschutz ist nutzenorientiert zu betreiben.
Arbeitsschutz leistet durchaus Beiträge zur Innovation der Organisation. Dies nicht nur in Bezug auf das Suchen neuer Lösungen, sondern auch als markter- weiterndes Feld. Kundenservice verbunden mit der Sicherheitsqualität der Pro- dukte und Leistungen können zu entsprechenden Aufträgen führen, Zusatzange- bote für die Integration von Erzeugnissen in die Arbeitssysteme des Kunden un- ter kundenbezogener Beachtung von Arbeitsschutzlösungen und anderes mehr stehen auf der Tagesordnung.
Proaktiver Arbeitsschutz ist aber auch zugleich das Erschließen von Beiträgen des Arbeitsschutzes zur Wertschöpfung. Hierin zeigt sich, dass Arbeitsschutz mehr ist als Vermeiden von Verlusten und Fehlzeiten. Wertschöpfung und Ver- meiden unnötiger Kosten durch Beiträge zur Anlagensicherheit, durch geschlos- sene Stoffkreisläufe und hieraus resultierendem Vermeiden von Abfällen, durch zusätzliche kundenorientierte Angebote für Abnehmer und anderes bieten hier Ansatzpunkte, die längst nicht erschlossen sind. Der Arbeitsschutz ist kein ein- seitiger kostentreibender Faktor, sondern trägt direkt zur Wirtschaftlichkeit in der Wertschöpfungskette bei.
r Arbeitsschutz ist vernetzt durchzusetzen.
Das Aufgabengebiet des Arbeitsschutzes ist so vielseitig, dass es im Prinzip kei- ne betriebliche Aufgaben gibt, die den Arbeitsschutz nicht berühren. Sicher- heitsfachliche Fragestellungen sind nicht isoliert zu behandeln, sondern in das Geflecht betrieblicher Ziele und Aufgaben, in sachlich-fachliche Gesamtzusam- menhänge einzuordnen. Aus sehr unterschiedlichen Anlässen muss die Organi- sation sehr viele verschiedene Aufgaben erfüllen. Selbstverständlich ist der Ar- beitsschutz hierbei nicht der Nabel des betrieblichen Handelns. Es bestehen un- terschiedliche Ansatzpunkte für die betriebliche Organisation, auch aus Sicht unterschiedlicher Fachgebiete oder Wissenschaftsdisziplinen.
Aus diesen verschiedenen Ansätzen heraus müssen in der Organisation Aufga- ben zugewiesen, Prozesse organisiert, Verfahrensabläufe geordnet, Beauftragte eingesetzt werden usw. So heißt vernetztes Durchsetzen einerseits, die sicher- heitsfachlichen Anliegen verständlich und überzeugend im Betrieb zu vermitteln.
Es heißt aber andererseits auch, Fachkunde und Verantwortung für die Gestal- tung der Arbeitsbedingungen durch kooperatives Handeln zusammenzubringen.
Die Vielschichtigkeit der fachlichen Anforderungen ist nur durch kooperatives Herangehen zu beherrschen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
Das Leitbild eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes geht von einem ganzheitlichen Ver- ständnis von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit aus, betont die Eigenverant- wortung einer Organisation, der Führungskräfte und der Mitarbeiter, betont die Füh- rungsaufgabe „Arbeitsschutz“, bindet Führungskräfte verstärkt in den Arbeitsschutz ein, setzt auf regelmäßige Bewertung mit dem Ziel der kontinuierlichen Verbesse- rung, integriert Arbeitsschutz in die betrieblichen Prozesse und betrachtet ihn als Prozess.
Der Wandel hin zu einem zeitgemäßen Verständnis von Sicherheit und Gesundheit lässt sich wie folgt skizzieren (siehe Abb. 2.5):
Dynamischer Wandel in den Auffassungen
von hin zu
Berücksichtigung aller Regelwerke führt zu Sicherheit
r Regelwerke allein reichen nicht
r Handeln basierend auf selbst erarbeiteten Arbeitsschutzzie- len, die die öffentlich-rechtlichen Vorgaben sowie neue Er- kenntnisse und Erfahrungen berücksichtigen
r konkrete Situation beachten
r auch handeln, wenn keine spezielle Vorschrift vorhanden ist Arbeitsschutz = Aufgabe
der Fachexperten r Arbeitsschutz = praktizierte Führungsaufgabe, die von Fachexperten unterstützt wird
Monokausale Betrachtung
von Gesundheitsschäden r komplexes (multifaktorielles) Bedingungsgefüge von physi- schen und psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen
Technik als Hauptansatz- punkt der Gestaltung
r Ansatz beim Arbeitssystem mit den Elementen Technik, Or- ganisation und Personal
r positive Ansätze nutzen durch Aufdecken von Faktoren, die die Gesundheit stärken
Maßnahmenkonzepte ausschließlich erfahrungs- bezogen; reaktiv abgeleitet von beweisbaren Gefahren
r Maßnahmenkonzepte erfahrungsbezogen, ergänzt um die Bewertung von Risiken
r aktiv abgeleitet aus Verdachtsmomenten Problemfindung durch
Beobachtung
r Problemfindung durch differenzierte Analysen, beginnend in Planungs- und Konzeptphasen unter Einbeziehung der Be- schäftigten
Maßnahmenansatz bei vorliegenden Symptomen
r Maßnahmenansatz auch bei Strategien, Konzepten, Pla- nungen, Beschaffungen; Forschung und Produktentwicklung so beeinflussen, dass sichere und gesundheitsgerechte Herstellung und Anwendung möglich ist
Beschäftigte als
Schutzobjekt (Betroffener) r Beschäftigte als Subjekt und als Akteur (Beteiligter, Mitwir- kung als Experte)
Gesundheitsschäden durch Unfall und Berufskrankheit
r Gesundheit als physische und psychische Unversehrtheit sowie als psycho-mentales und psychosoziales Wohlbefin- den einschließlich Gesundheitsförderung
Orientierung am
„Durchschnittsmenschen“
r zielgruppenorientierte Konzepte
r Beachtung des tätigen Individuums Arbeitsschutz verursacht
Kosten
r Verzicht auf Arbeitsschutz verursacht Kosten
r Arbeitsschutz ist, wie alle betrieblichen Aktivitäten, mit Auf- wand aber auch mit Nutzen verbunden
Abb. 2.5 Charakteristische Merkmale des Wandels in den Auffassungen von Sicherheit und Gesundheit