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Archiv "Exlibris Der Tod als Feind des Arztes" (16.04.1999)

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A-1003 Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 15, 16. April 1999 (59)

V A R I A

ie sehen Ärzte ihr Verhältnis zum Tod?

Um diese Frage zu be- antworten, wurden aus einer Sammlung von 200 Expona- ten 60 Eignerzeichen ausge- wählt, deren Auftraggeber Ärzte waren. Dabei lassen sich die Bilder zu einzelnen Motivgruppen ordnen.

Auf den ersten Buchzei- chen tritt der Arzt in eine di- rekte Begegnung mit dem Tod, die bis zur massiven Konfrontation reicht. Sie vollzieht sich zum Teil in An- wesenheit des Patienten.

Gestik und Mimik der dargestellten Medizi- ner spiegeln auf der einen Seite die An- strengung, das Mit- leid und die Wut wi- der, zeigen an- dererseits aber außerdem die Skepsis des Behandlers.

Dazu ein Beispiel:

Dr. A. Bräuer (1957) hofft als Chirurg, den Tod mit Hilfe seiner Bücher bannen zu können. Vor zwei hilfesuchenden Patien- ten quetscht der Arzt den Knochenmann in zwei manns- große, auf dem Boden liegen- de Folianten ein. Die Figur des auf den Büchern knien- den Arztes trägt vermutlich die Züge des Eigners (Abbil- dung 1).

Auch in der Gruppe von Eignersignets, die durch ei- ne Aktdarstellung bestimmt werden, dominiert das Mo- ment der Konfrontation. An- stelle des Arztes treten dort überwiegend männliche, mus- kulöse vitale Aktfiguren als Gegner des Todes auf. Nur selten weisen Attribute wie die Schlange im Haar der

Frau in dem Exlibris für A. W.

Pietzker auf die Medizin hin.

Es wird vielmehr allegorisch der Kampf der lebenserhal- tenden Kräfte gegen den Tod

beschrieben, mit denen sich der Arzt identifiziert (Abbil- dung 2).

Die weiblichen Protagoni- sten der dritten Gruppe re- präsentieren ebenfalls das Leben. In den Bildern für Alexander von Winiwarter oder für Ernst Liebitzky tre- ten sie aber als Symbole für die letztlich im Tod endende

Hinfälligkeit des Lebens auf – Hinweis auf eine teilweise pessimistische, teilweise resignierende Grund- haltung des Bucheigners. So wählte beispielsweise Alex- ander von Winiwarter für sein Exlibris das Bild eines Ske- letts, das ein Mädchen mit Hilfe eines Stabes zu Fall bringt (Abbildung 3).

Das einschneidendste und wichtigste emotionale Erle- ben im Umgang mit dem Tod dürfte die Angst vor dem

Tod sein. Sie beschränkt sich grundsätzlich nicht nur auf den eigenen Tod, sondern schließt auch die Angst vor dem Sterben und dem Tod der Mitmenschen ein. Dieser Aspekt spielt in der Motivwahl der vorge- stellten Exlibris eine wichti-

ge Rolle.

Während in der Arzt- praxis die älteren und gebrechlichen Patienten über- wiegen, so dominieren in den Exlibris junge, attraktive Menschen als Vertreter des Lebens. Die Auseinanderset- zung mit dem Tod wird von der Welt der alltäglichen Ar- beit getrennt und anschlie- ßend auf eine sinnbildli- che Ebene verlagert.

Wenn in den Exlibris von Carl Berger ein junger Mann den Tod auf die Pi- ke nimmt oder in dem Si- gnum für Karl Knauf die Faust der Medizin den Tod vertreibt, deutet diese Mo- tivwahl darauf hin, daß die eigene Angst vor dem Tod durch Phantasien der Om- nipotenz bekämpft werden soll (Abbildung 4).

Mehr Wissen des Arztes um seine eigenen Grenzen und die eigene Todesfurcht verrät ein Buchzeichen wie das für Kuno Waehmer. Wie klein muß er sich bei seiner beruflichen Tätigkeit gefühlt haben, daß er sich selbst als Kind neben dem Todesengel sieht und hofft, diesem im günstigen Moment einige Fe- dern zu stutzen, wohlwissend, daß auch er sein Opfer sein kann (Abbildung 5).

Ein Exlibris für Julius Moeller, in dem der Landarzt den Tod auf der Wegkreu- zung trifft, will eine andere Erfahrung des Eigners ver- mitteln: Trotz aller Technik seiner Zeit bleibt der Tod FEUILLETON

Exlibris

In den Exlibris wird der Tod nie als Erlöser von Schmerz oder Leid dargestellt.

Der Tod als Feind des Arztes

Abbildung 1: Eigner: Dr. A. Bräuer (1957), Künstler: Ottohans Beier (1892 bis 1979)

W

(2)

A-1004 (60) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 15, 16. April 1999

V A R I A

dem Arzt eine entscheidende Länge voraus (Abbildung 6).

Eine Grundhaltung ist den untersuchten Exlibris bei allen Unterschieden in den Motiven gemeinsam. In allen Bildern wurde der Tod nie als Freund oder als Erlöser von Schmerz und Leid angesehen.

Noch immer werden Ärzte den Tod eines Patienten zu- weilen als persönliche Nie- derlage empfinden. Ähnlich sahen auch die auftraggeben- den Ärzte den Tod als Bedro- hung für das Leben und als di- rekten Widersacher an. Der Tod ist der Feind des Arztes, den es zu bekämpfen gilt.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers Dr. med.

Sven-Karsten Peters Donaustraße 18 64572 Büttelborn

FEUILLETON

Abbildung 2: Eigner: A. W. Pietzker (1915), Künstler: Heinrich Seufferheld (1866 bis 1940)

Abbildung 6: Eigner: Julius Moeller (zirka 1900), Künstler: W. Troitzsch (Geburts- und Todesjahr unbekannt) Fotos: Sven-Karsten Peters

Abbildung 4: Eigner: Carl Berger (zirka 1900), Künstler: Georg-Oskar Erler (1871 bis 1951) Abbildung 3: Eigner: Alexander von Wini- warter (ohne Jahr). Künstler: Armand Rassenfosse (1862 bis 1934)

Abbildung 5: Eigner: Kuno Waehmer (oh- ne Jahr), Künstler: Max Klinger (1857 bis 1920)

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