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Archiv "Kulturhauptstadt 2002: Goldene Mauern im Herzen Spaniens" (08.02.2002)

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V A R I A

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nter weitem Himmel breitet sich das Land aus:

hier ein Weg, der sich am Horizont verliert, dort von Olivenbäumen betupfte Hän- ge und locker übereinander geschichtete Steine. Hier eine Burg, die wie zufällig aus dem Felsen wächst und an den Wolken kratzt, dort eine Stadt, aufgetürmt auf dem Hügel, als Stein gewordener Willensakt. Salamanca ragt wie eine Sinnestäuschung aus der kargen Landschaft Kasti- liens. Als Mittelpunkt der Stadtsilhouette türmt sich die neue Kathedrale auf. In ihrer Umarmung verschwindet der vergleichsweise winzige Vor- läuferbau aus dem Mittelalter.

Zu Füßen der imposanten Kulisse hoch auf dem Berg- rücken nimmt sich die stäm- mige Römerbrücke am Río Tormes nüchtern und dies- seitsbezogen aus. Sie wurde vor knapp 2000 Jahren er- baut. Nach den Römern be- herrschten germanische Stäm- me und Westgoten die Stadt, ab 711 n.Chr. arabische Mau- ren, bis schließlich 1085 die katholische Reconquista auch Salamanca erfasste. Von der wechselvollen Ge- schichte zeugt der im- mense Reichtum an hi- storischen Bauwer- ken – Grund genug für den Titel

„Europäische Kulturhaupt- stadt 2002“, den sich Sala- manca in diesem Jahr mit dem belgischen Brügge teilt.

Salamanca, seit 1988 Weltkul- turerbe der UNESCO, aber hierzulande noch weitgehend unbekannt, wird damit ver- dientermaßen in das Ram- penlicht einer breiteren Öf- fentlichkeit gerückt. Ganz aus rötlich schimmerndem Sandstein erbaut, verströmt Salamanca ein Flair wie kaum eine andere Stadt des an Rei- zen so reichen Kastilien. Die Plaza Mayor, umgeben von Arkaden und zahllosen Ta- pa-Bars, gilt als schönster Marktplatz von ganz Spa- nien.

Dreh- und Angel- punkt von Salamanca, auch Stadt der Weis-

heit genannt, ist die Univer- sität. Von Einheimischen wird sie einfach „La Universi- dad“ genannt, obwohl es da- neben noch eine zweite Uni, die dem Vatikan unterstellte Pontificia, gibt. 1218 gründete Alfonso IX. das „Estudio Ge- neral Salmantino“. Damit legte er den Grundstein zu Spaniens erster Universität, die mit Bologna, Paris und Oxford zu den ältesten Euro- pas zählt. Das heutige Sand- steingebäude mit großem Kreuzgang, Escuelas Mayo- res genannt, wurde allerdings erst um 1415 errichtet.

Der Baubeginn der Fassa- de im Jahr 1480 fällt mit dem ersten Besuch der Reyes Católicos zusammen. Die Ka- tholischen Könige Isabella I.

aus dem Hause Trastámara und Ferdinand II. von Ara- gón sind auf dem zentralen Medaillon über dem Ein- gangsportal abgebildet. Ihrer Heirat im Jahr 1469 war die Einigung des Landes zu ver- danken. Weitere Triumphe feierte das Paar 1492, als mit der Eroberung Granadas die Reconquista nach beinahe 800 Jahren ein Ende fand. Im gleichen Jahr noch sandte Isa- bella Kolumbus aus, wurde Amerika entdeckt.

Wie eng Universität und Königshaus verbunden wa- ren, bezeugt eine griechische Inschrift, die das Medaillon der Reyes Católicos rahmt.

„Die Könige für die Univer- sität, und die Universität für die Könige“, heißt es dort.

Theologie und Philo-

Kulturhauptstadt 2002

G oldene Mauern im Herzen Spaniens

Im Patio Chico der Universität ist die Verwaltung untergebracht.

Dreh- und Angelpunkt von Salamanca, auch Stadt der Weisheit ge- nannt, ist die Universität.

logie unterstanden dem Kle- rus, der seine Pfründe tatkräf- tig zu verteidigen wusste.

Deshalb war die Universität nicht nur ein Ort der Lehre.

Immer wieder kam es dort zu politischen und religiösen Auseinandersetzungen. Die Knute der Inquisition bekam auch Fray Luis de León (1527–

1591) zu spüren, Professor für Theologie, Philosoph und Dichter. Weil er die Überset- zung einer lateinischsprachi- gen Bibel, der so genannten Vulgata, ins Spanische vor- antrieb, verbrachte er fünf Jahre im Kerker. Mit ihrem schummrigen Licht, ihren knarrenden Böden und gro- ben Holzbänken als Sitzgele- genheit sieht die Aula, in der er unterrichtete, noch ganz wie zu Zeiten des Augusti- ners aus.

Heutzutage gibt man sich großzügig: Wer an der Uni- versität studiert, darf in der hauseigenen Kapelle heira- ten. Ebenso wie die einstigen Hörsäle liegt sie direkt am

Kreuzgang mit seiner holzge- schnitzten Decke im Mudé- jar-Stil. Offenbar finden sich genügend heiratswillige Pär- chen, die historischen Charme zu schätzen wissen. Die War- telisten werden immer länger, und als Kulturhauptstadt 2002 gewinnt Salamanca wei- ter an Reiz. An den goldenen Mauern verblassen die mit Stierblut aufgemalten In- schriften frisch gebackener Magister und Doktoren aus vergangenen Jahrhunderten.

Dafür erobert jetzt eine schnell wachsende interna- tionale Studentenszene die Stadt. Sigrid Merkl Feuilleton

Informationen zu Salamanca als Kul- turhauptstadt: www.salaman- ca2002. org. Ein breit angelegtes Kulturprogramm macht Salamanca in diesem Jahr besonders attraktiv, unter anderem Ausstellungen „Ro- din“, Januar bis März; „Teppiche aus Brügge“, April bis Mai; „Die Geister, das Gold und der Schamane“ (mit Beständen des kolumbischen Gold- museums), Juni bis August 2002.

Konzertreihen: Festival für Alte und Religiöse Musik, 10. bis 27. März; Zy- klus Barockoper, ganzes Jahr 2002.

A

A378 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 6½½½½8. Februar 2002

Türme und Kuppeln über- ragen die Altstadt von Salamanca. Fotos: Sigrid Merkl

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