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Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit

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VGH München, Beschluss v. 21.08.2019 – 5 ZB 18.1226 Titel:

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Normenketten:

StAG § 25 Abs. 1, § 30, § 37 Abs. 1 AufenthG § 82 Abs. 1 S. 1

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2 Leitsatz:

Eine Beweiswürdigung zulasten der Klägerseite, die sich insbesondere auf nichterfüllte Mitwirkungspflichten stützt, stellt keine Beweislastumkehr dar.

Schlagworte:

Staatsangehörigkeit, Verlust (Wieder-)Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit, Willentlicher Antrag, Mitwirkungspflicht der Beteiligten, Anscheinsbeweis, Antragstellung, Auskunft, Berufung, Beweisantrag, Beweislast, Botschaft, Erkenntnismittel, Mitwirkungspflicht, objektive Beweislast, Reisepass, Zulassung, Register, Verlust

Vorinstanz:

VG Würzburg, Urteil vom 05.03.2018 – W 7 K 18.258 Fundstelle:

BeckRS 2019, 21180  

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Der 1954 in der Türkei geborene Kläger wendet sich - wie seine Ehefrau und sein Sohn in den Parallelverfahren (Az. 5 ZB 18.1239 und 5 ZB 18.1257) - gegen die Feststellung des Verlusts seiner deutschen Staatsangehörigkeit.

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Er erwarb am 8. Dezember 2000 mit Einbürgerungsurkunde der Beklagten vom 16. November 2000 die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 21. Dezember 2000 legte er eine Entlassungsurkunde aus der türkischen Staatsangehörigkeit vor.

3

Am 10. September 2013 wurden der Beklagten Kopien türkischsprachiger Auszüge (ohne Stempel und Unterschrift) aus dem türkischen Personenstandsregister vom 6. Juli 2012 sowie eine Kopie des türkischen Personalausweises des Sohnes des Klägers anonym übersandt. Dort ist hinsichtlich des Klägers (Nr. 9) ausgeführt: „Ihm wurde gemäß dem Beschluss Nr. 2001/2860 des Ministerrats vom 20.07.2001

entsprechend dem Art. 8 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes erneut die türkische Staatsangehörigkeit verliehen“.

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Im Folgenden versuchte die Beklagte durch eine Vielzahl von Anfragen bei türkischen Generalkonsulaten in Deutschland Auskünfte zur Staatsangehörigkeit des Klägers zu erhalten. Diese wurden sämtlich unter Verweis auf Datenschutz verweigert, aber es wurde angemerkt, der Kläger selbst könne ohne weiteres

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Auskunft erhalten. Die deutsche Botschaft in Ankara bestätigte diese Vorgehensweise der türkischen Behörden, keine Auskünfte zu erteilen. Sie teilte der Beklagten mit, dass aus den Kopien der vorgelegten Registerauszüge eindeutig hervorgehe, dass der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit wiedererlangt habe.

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Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin mehrfach auf, eine aktuelle Registerauskunft, ausgestellt durch ein türkisches Generalkonsulat, vorzulegen. Dem kam der Kläger nicht nach, sondern machte geltend, dass er nicht wieder türkischer Staatsbürger geworden sei und dass er keinen Antrag auf Wiedereinbürgerung gestellt habe. Es habe in der Vergangenheit auch Fälle gegeben, in denen Entlassene ohne

entsprechenden Antrag gegen ihren Willen von der Türkei wieder eingebürgert worden seien; in der Praxis betreffe dies insbesondere männliche Bürger, die ihren Wehrdienst (noch) nicht geleistet hätten.

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Mit Bescheid vom 11. Juni 2015 stellte die Beklagte den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers fest und forderte die Abgabe von Reisepass und Personalausweis.

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In seiner Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg auf Aufhebung des Bescheids und auf Feststellung, dass er deutscher Staatsangehöriger sei, trug der Kläger vor, er habe die türkische Staatsangehörigkeit nicht wiedererlangt, insoweit sei die Beklagte beweispflichtig; sie sei ihrer Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen, insbesondere habe sie kein Amtshilfe- und Rechtshilfeersuchen an die Türkei gestellt. Die anonym übersandte Kopie reiche zum Beweis nicht aus. Darin sei auch das Geburtsdatum des Sohnes des Klägers falsch angegeben. Im Übrigen habe er auch keinen Antrag auf Wiedererwerb gestellt. Der Kläger versuche vor dem Verwaltungsgericht Hatay in der Türkei festzustellen, dass er deutscher und nicht türkischer Staatsbürger sei. Auch die am 4. April 2002 ausgestellte PEMBE-Card beweise seine deutsche Staatsangehörigkeit, da sie nur ehemaligen türkischen Staatsangehörigen ausgestellt werde. Mit

Schriftsätzen vom 9. Mai und 14. September 2017 legte er Personenstandsregisterauszüge jeweils mit Unterschrift und Siegel der Standesamtsbehörden vom 28. Februar 2017 aus Samandag sowie vom 10. Juli 2017 aus Mezitli vor; daraus ergebe sich, dass er die türkische Staatsangehörigkeit nicht erneut erworben habe.

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Die Beklagte wies zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags darauf hin, die vorgelegte Kopie des Melderegisterauszugs vom 6. Juli 2012 wirke authentisch. Die äußere Form entspreche den gewohnten und bekannten Formaten; auch die deutsche Botschaft in Ankara teile diese Auffassung. Der Kläger könne durch die Vorlage eines originalen Registerauszugs den Gegenbeweis führen; als persönlich Betroffener könne er diesen ohne Schwierigkeiten erlangen, was die türkischen Behörden bestätigt hätten. Die vom Kläger vorgelegten Personenstandsregisterauszüge entsprächen nicht den Anforderungen für amtliche Dokumente der Türkei. Es bestünden auch erhebliche Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente.

Solche Urkunden müssten gemäß einer Mitteilung des türkischen Außenministeriums von ehemaligen türkischen Staatsangehörigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hätten, über die am Aufenthaltsort zuständige türkische Auslandsvertretung beschafft werden. Mit Blick auf die vorgelegten Auszüge habe die deutsche Botschaft darüber hinaus mitgeteilt, dass das Register eindeutig nicht geschlossen worden sei. Die Angabe „SAG“ werde bei aktiven Registern eingetragen, bei geschlossenen Registern stehe dort hingegen „KAPALI“. Folglich müsse es sich um einen türkischen Staatsbürger handeln.

Die Verwendung dieser Begrifflichkeiten werde auch durch eine Auskunft des türkischen Generalkonsulats in Nürnberg vom 9. Januar 2018 bestätigt.

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Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. März 2018 ab. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben habe (UA S. 19). Die vorgelegte Kopie des Registerauszugs und des türkischen Personalausweises des Sohnes des Klägers, dessen Nummer in der Kopie des Personenstandsregisters des Sohnes richtig angegeben sei, sei ein ausreichender Anlass für die Behörde gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen. Hinzu komme, dass zu diesem Zeitpunkt nach Erkenntnissen der Bundesrepublik Deutschland eine Vielzahl Betroffener mit türkischer Herkunft infolge der Rückeinbürgerung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe. Eine förmliche Zustellung der

Rückeinbürgerung sei nach der Rechtsprechung nicht erforderlich. Der Beklagten sei es unmöglich

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gewesen, ebenso wie dem Verwaltungsgericht, den Sachverhalt weiter aufzuklären, da sowohl die türkischen Behörden als auch die deutsche Botschaft in Ankara bestätigten, dass die Türkei keinerlei Auskünfte an deutsche Behörden gebe. Nach internationalem Recht sei die Türkei hierzu auch nicht verpflichtet. Die Amtsermittlungspflicht ende dort, wo die materielle Mitwirkungslast der Prozessbeteiligten beginne. Umstände, die ausschließlich oder doch überwiegend in der Sphäre eines Beteiligten lägen und deren Aufklärung notwendigerweise dessen Mitarbeit voraussetze, seien vom Gericht nicht gegen dessen Willen zu ermitteln. Grundsätzlich liege zwar die objektive Beweislast für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei der Behörde. Eine Ausnahme gelte aber für Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Ausländers dann, wenn Tatsachen derart in der Sphäre eines Beteiligten lägen, dass ihre Erforschung zwingend dessen Mitwirkung erfordere. In besonderen Fallkonstellationen könne der Behörde die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis solcher Tatsachen nicht auferlegt werden. Dies sei vorliegend der Fall, weshalb die ausdrücklich im Staatsangehörigkeitsrecht normierte Mitwirkungspflicht aus § 37 Abs. 1 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG - wenngleich eingeschränkt - nach Auffassung der Kammer wegen der besonderen Umstände auch im Feststellungsverfahren von Amts wegen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG gelte. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO sei der Kläger bei der Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen. Dies gelte insbesondere für die in seine Sphäre fallenden Tatsachen. Es handele sich dabei neben der prozessualen Pflicht zugleich auch um eine materielle Mitwirkungspflicht.

Zwar sei diese im Feststellungsverfahren von Amts wegen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG ohne nähere Anhaltspunkte nicht gegeben. Etwas anderes gelte aber dann, wenn wie hier erhebliche Anhaltspunkte dafür sprächen, dass ein Wiedererwerb einer anderen Staatsangehörigkeit erfolgt sei und ohne Mitwirkung des Betroffenen die vollständige Aufklärung der näheren Umstände des Wiedererwerbs unmöglich sei.

Diese Umstände seien im Fall des Klägers der der Behörde übersandte Personenstandsregisterauszug sowie die Kopie des türkischen Personalausweises des Sohnes des Klägers. Ein weiterer Anhaltspunkt ergebe sich daraus, dass zum Zeitpunkt des auf dem Registerauszug angegebenen Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahre 2001 eine Vielzahl Betroffener mit türkischer Herkunft infolge der Rückeinbürgerung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätte. Dieser Mitwirkungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen.

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Die vom Kläger vorgelegten Personenstandsregisterauszüge vom 28. Februar 2017 sowie vom 10. Juli 2017 führten zu keinem anderen Ergebnis, da konkrete Anhaltspunkte gegen die vollständige inhaltliche Richtigkeit der Auszüge sprächen. Sie seien auch nicht über das türkische Generalkonsulat eingeholt worden. Es fehle die sogenannte Apostille, die hier anstelle einer sonstigen Legalisation erforderlich sei.

Mangels Apostille habe das Gericht im Wege freier Beweiswürdigung über die Echtheit der vorgelegten Urkunden zu entscheiden. Die Urkunden seien unvollständig und verfälscht, da nach Mitteilung des Auswärtigen Amts das Register nach diesen Urkunden eindeutig aktiv und nicht geschlossen sei, wie die Angabe „SAG“ zeige. Nach einer weiteren Auskunft der deutschen Botschaft in Ankara vom 5. Februar 2008 sei ebenfalls zu beobachten, dass bei der Ausstellung solcher Personenstandsregisterauszüge die entsprechende Zeile über den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit unterdrückt werde.

Allerdings könne man häufig erkennen, dass der Betreffende türkischer Staatsangehöriger sei, da das Register noch „offen“ sei. Auch das türkische Generalkonsulat bestätige, dass das Register mit dem Vermerk “KAPALI“ geschlossen werde, wenn eine Person die türkische Staatsangehörigkeit verloren habe (Vermerk vom 11.1.2018). Das vorgelegte Auskunftsformular des Verwaltungsgerichts Hatay führe ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit werde vom Kläger vorgetragen, dass er Einsichtnahme in das Archiv des türkischen Amts beantragt habe, was ihm im Hinblick auf seine Ausbürgerung verweigert worden sei.

Das ergebe sich aber weder aus dem Auskunftsformular noch habe der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt. Für die Frage der freiwilligen Antragstellung bzw. der Ursächlichkeit für den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit stünden den Behörden und Gerichten als Erkenntnismittel lediglich die Aussagen des Klägers sowie einige allgemein bekannte Umstände der damaligen Einbürgerungspraxis der Türkei zur Verfügung. Auf Beweismittel aus der Sphäre des türkischen Generalkonsulats habe das Gericht keinen Zugriff. Da somit die Aufklärung der maßgeblichen Vorgänge ausschließlich in der Sphäre des Klägers liege, treffe ihn auch hier eine Mitwirkungspflicht. Denn die Möglichkeit, eine innere Tatsache, wie es die Freiwilligkeit sei, zu beweisen, sei für die Gegenseite beschränkt. Eine unfreiwillige Antragstellung sei ein seltener Ausnahmefall, sodass hier die Regeln des Anscheinsbeweises heranzuziehen seien. Dieser greife bei formelhaften, typischen Geschehensabläufen, in denen ein gewisser Sachverhalt feststehe, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einem bestimmten Ablauf hinweise. Der

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Beweispflichtige brauche in diesen Fällen nur diesen Tatbestand darzutun. Es sei dann Sache desjenigen, der einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Gang des Geschehens behaupte, die ernsthafte Möglichkeit eines solchen darzulegen, wobei eine bloße vage, nicht ernstliche Möglichkeit eines derart abweichenden Verlaufs den Anscheinsbeweis nicht zu entkräften vermöge.

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Die Voraussetzungen für die Annahme des Anscheinsbeweises lägen hier vor. Nach dem türkischen Recht erfolge die Wiedereinbürgerung nur auf Antrag. Dass die Wiedereinbürgerung entgegen dem gesetzlich hierfür erforderlichen Antrag des Klägers und damit von Amts wegen erfolgt sei, sei nach Überzeugung der Kammer auszuschließen. Zuverlässige Quellen bestätigten ein solches Handeln der türkischen Konsulate nicht. Praktisch auszuscheiden sei ferner, dass allein eine einzige Unterschrift sowohl die Ausbürgerung als auch die Einbürgerung gedeckt habe, weil ansonsten alle ausgebürgerten Türken (ca. 200.000) wieder eingebürgert worden wären, was nicht der Fall sei. Der Kläger habe hier keine konkreten Tatsachen für einen vom Regelfall abweichenden Geschehensablauf vorgetragen. Zu den Umständen seiner

Wiedereinbürgerung habe der Kläger keine Auskünfte vorgelegt, obwohl die Generalkonsulate und das Generaldirektorat für Einwohner- und Staatsangehörigkeitswesen den Betroffenen zeitnah Auskünfte über ihre staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse erteilten, die auch Hinweise auf etwaige

Wiedereinbürgerungsanträge enthielten. Anhaltspunkte für eine irrtümliche Einbürgerung des Klägers, eine Fälschung des Einbürgerungsantrags oder dafür, dass der Kläger genötigt worden sei, seien nicht

ersichtlich. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 22. Februar 2018 pauschal vortrage, angesichts der Vielzahl der vorgelegten Dokumente im Rahmen der Ausbürgerung doch nicht gänzlich sicher zu sein, einen Antrag auf Wiedereinbürgerung nicht gestellt zu haben, sei dies, da gerade in staatsbürgerlichen Angelegenheiten gewisse Sorgfaltspflichten zu beachten seien, unbeachtlich. Grundsätzlich sei zu

verlangen, dass ein vorgelegtes Formular vor der Unterschrift durchgelesen und auf seinen Inhalt überprüft werde. Der Beweisanregung, den Kläger als Partei zu vernehmen, sei mangels entsprechenden

Sachvortrags des - in der mündlichen Verhandlung nicht erschienenen - Klägers nicht nachzugehen gewesen.

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Gegen das Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreterin des öffentlichen Interesses entgegentreten.

II.

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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) oder liegen nicht vor.

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a) Dies gilt zunächst für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Diese bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder

erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 26.7.2019 - 1 BvR 587/17 - juris Rn. 32). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v.

3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret

auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese

Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641;

Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f. m.w.N.).

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Zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts wiederholt der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag vor dem Verwaltungsgericht und bestreitet nach wie vor das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 StAG, nämlich den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit und die Stellung eines (wissentlichen) Antrags hierauf. Er verweist auf die objektive Beweislast der Behörde hinsichtlich des Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Kläger und hinsichtlich des erforderlichen willentlichen, freiwilligen Antrags des Klägers hierauf. Er verweist insbesondere auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. April 2014 (Az. 15 K 1628/09), in dem

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dieses ausführlich dargestellt habe, dass es auf den willentlichen Antrag ankomme. Die Beklagte habe sich im streitgegenständlichen Bescheid mit der gesetzlichen Beweislastverteilung nicht auseinandergesetzt.

Eine anonyme „Anschwärzung“ sei nicht ausreichend. Anfragen bei den türkischen Konsulaten und den türkischen Behörden seien dem Verwaltungsgericht vorbehalten. Dieses habe die Möglichkeit nicht wahrgenommen. Bei den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen handele es sich um Mutmaßungen aufgrund der angeblichen Nichtmitwirkung des Klägers. Für die vom Verwaltungsgericht angenommene Beweislastumkehr gebe es keinen Rechtssatz; sie widerspräche auch der Logik. Der Kläger verweist auf die von ihm vorgelegten Urkunden aus der Türkei; die Echtheit dieser Urkunden habe die Beklagte nicht substantiiert bestritten; auch habe sie keine Beweisanträge bei Gericht gestellt. Eine Apostille für die Echtheit der Urkunden sei nicht notwendig. Die Angaben des Verwaltungsgerichts zur Bedeutung der Worte SAG und KAPALI seien nicht zutreffend. Ersteres bedeute, dass die Person noch am Leben sei.

Letzteres bedeute, dass das Register aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht einsehbar sei.

Eheschließungen würden in den türkischen Registern auch von ausgebürgerten Türken erfasst. Auch die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis lägen nicht vor. Seine Feststellungsklage beim türkischen Verwaltungsgericht Hatay dahingehend, dass es keinen wirksamen willentlichen

Wiedereinbürgerungsantrag des Klägers gegeben habe, habe das Verwaltungsgericht nicht gewürdigt.

Auch das Angebot einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Parteivernehmung habe das

Verwaltungsgericht nicht angenommen. Der Kläger hätte nie Interesse an der Beibehaltung der türkischen Staatsangehörigkeit gehabt, immer in Deutschland gearbeitet, für Reisen immer den deutschen Reisepass benutzt, und sei inzwischen sehr krank. Er hätte daher keinen Grund gehabt, einen Antrag auf

Wiedereinbürgerung zu stellen. Der Kläger besäße keine MAVI-Karte für türkische Staatsbürger, sondern eine PEMBE-Karte für ausgebürgerte Türken. Die Inanspruchnahme türkischer Konsulate sei für deutsche Staatsbürger nicht zumutbar.

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Es kann offen bleiben, ob der Kläger sich zur Darlegung ernstlicher Zweifel ausreichend mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil auseinandergesetzt hat. Die 87 Seiten lange Zulassungsbegründung enthält über das oben dargestellte Bestreiten des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit hinaus überwiegend Zitate aus erstinstanzlichen Entscheidungen verschiedener Verwaltungsgerichte einschließlich deren

Entscheidungsformeln und Tatbestände, um gelegentlich anzumerken, dass das eine oder andere beim Kläger so zutreffe oder nicht zutreffe. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus einem unübersichtlichen Gesamtvorbringen herauszufiltern, was möglicherweise - bei wohlwollender Auslegung - zur Begründung eines Zulassungsantrags geeignet sein könnte (vgl. nur BayVGH, B.v. 13.11.2017 - 15 ZB 16.1885 - juris Rn. 6). Unabhängig davon bestehen nach dem o.g. Maßstab jedenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

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aa) Das Verwaltungsgericht hat nach dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, also nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, entschieden.

Entgegen dem Vortrag des Klägers in der Zulassungsbegründung hat das Verwaltungsgericht nicht darauf abgestellt, dass dem Kläger die objektive Beweislast dafür obliegt, nicht wieder die türkische

Staatsangehörigkeit angenommen zu haben. Eine solche Beweislastentscheidung läge nur vor, wenn das Verwaltungsgericht festgestellt hätte, dass die Frage, ob der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben hätte, nicht aufklärbar ist („non liquet“) und deshalb danach zu entscheiden ist, wer die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzung innehat. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr aus der vorgelegten Kopie eines Personenstandsregisterauszugs, die - abgesehen vom Geburtstag des Sohnes des Klägers - aufgrund der Vielzahl der richtigen Daten und Angaben über die dort aufgeführten Personen authentisch wirkt, aus der allgemeinkundigen und gerichtsbekannten Praxis der Türkei bei der Entlassung von türkischen Staatsangehörigkeiten im Rahmen der Einbürgerung in den deutschen

Staatsverband (vgl. BT-Drs. 16/139 vom 5.12.2005; OVG NW, B.v. 13.6.2014 - 19 E 650/14 - juris), sowie aus der nicht ausreichenden Mitwirkung des Klägers bei der Aufklärung des Sachverhalts zu der

Überzeugung gelangt, dass der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben hat. Das ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen des Gerichts auf Seite 13 des Urteilsabdrucks, in denen das Verwaltungsgericht von einer „materiellen Mitwirkungslast“ des Klägers spricht, sowie den Ausführungen auf Seite 15 unten, in denen das Gericht ausführt, dass „die fehlende Mitwirkung zu seinen Lasten zu

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berücksichtigen war“. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufklärungstätigkeit und Beweiswürdigung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit.

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(1) Entgegen der Zulassungsbegründung stellt die der Beklagten anonym übersandte Kopie eines Personenstandsregisterauszugs einen erheblichen Anhaltspunkt für den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Kläger dar, der der Beklagten Anlass zu weiteren Ermittlungen geben konnte. Sämtliche Daten und Angaben des Klägers und anderer der Beklagten bekannter Personen sind - bis auf das Geburtsdatum des Sohnes des Klägers - richtig dargestellt. Zwar kann ein derartiger Auszug von einer Person, die die Verhältnisse der dort dargestellten Personen genau kennt, ohne weiteres erstellt werden. Die Zusammenstellung eines solchen falschen Auszugs und dessen Übersendung an die

zuständige Behörde wäre jedoch sinnlos, weil die betreffenden Personen jederzeit die Richtigkeit des Auszugs durch die Vorlage eines Originalregisterauszugs der türkischen Behörden mit entsprechender Legitimation widerlegen könnten. Des Weiteren kommt die amtsbekannte damals übliche Praxis der türkischen Generalkonsulate hinzu, wonach eine große Anzahl von türkischen Staatsbürgern im Rahmen ihres Entlassungsantrags einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit gestellt hat.

Der Kläger selbst bestätigt diese ihm bekannte Praxis und stellt in seiner Klage- und

Zulassungsbegründung hauptsächlich darauf ab, dass die objektive Beweislast bei der Behörde liege und er jedenfalls keinen willentlichen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit gestellt habe, wobei das Gegenteil aus seiner Sicht ebenfalls von der Behörde zu beweisen wäre.

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(2) Angesichts derart erheblicher Anhaltspunkte für den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit wurde der Kläger zu Recht verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Das

Verwaltungsgericht hat unter Verweis auf die türkische Rechtslage und im Einklang mit den amtlichen Auskünften der türkischen Generalkonsulate in Deutschland und der Deutschen Botschaft in Ankara zutreffend festgestellt, dass es deutschen Behörden und Gerichten nicht möglich ist, Auskünfte von den türkischen Behörden darüber zu erhalten, ob ehemalige türkische Staatsangehörige nach ihrer

Einbürgerung in den deutschen Staatsverband die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben haben.

Die Beklagte hat sogar, nachdem der Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sein Einverständnis mit einem Amts- oder Rechtshilfeersuchen an die türkischen Behörden erteilt hatte, unter Vorlage dieses Einverständnisses versucht, eine Auskunft vom türkischen Generalkonsulat zu erhalten (Schreiben vom 26.5.2017 an das türkische Generalkonsulat in Mainz). Auch das war jedoch nicht erfolgreich. Vielmehr haben die türkischen Behörden darauf hingewiesen, dass nur der Kläger persönlich einen

Personenstandsregisterauszug beim türkischen Generalkonsulat beantragen kann. Das Verwaltungsgericht hat auch im Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B.v.

22.5.2008 - 5 B 27/08 - juris Rn. 7) und des Senats (vgl. nur BayVGH, B.v. 22.9.2008 - 5 ZB 07.1031 - juris Rn. 11) dargestellt (UA S. 13), dass sich aus internationalen Übereinkommen kein Anspruch deutscher Behörden ergibt, derartige Auskünfte von türkischen Behörden zu erhalten. Hierzu verhält sich die Zulassungsbegründung nicht. Der klägerische Verweis darauf, dass Gerichte ein entsprechendes

Rechtshilfeersuchen an die türkischen Behörden stellen könnten, reicht zur Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht aus. Einen dahingehenden Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts, zu der er im Übrigen nicht persönlich erschienen ist, nicht gestellt. Angesichts der mangelnden Erfolgsaussichten eines solchen Amts- oder Rechtshilfeersuchens auch durch ein deutsches Gericht musste sich dem Verwaltungsgericht eine solche Beweiserhebung auch nicht aufdrängen.

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Ebenfalls in Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats und anderer Gerichte hat das Verwaltungsgericht (UA S. 14 f.) ausgeführt, dass die ausdrücklich im Staatsangehörigkeitsrecht normierte Mitwirkungspflicht aus § 37 Abs. 1 Satz 2 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch im

Feststellungsverfahren von Amts wegen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG gilt. Das Verwaltungsgericht hat auch auf § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO verwiesen, wonach der Kläger bei der Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen ist. Da es nur den ehemals türkischen Staatsangehörigen möglich ist, durch einen persönlich gestellten Antrag einen Personenstandsregisterauszug von den zuständigen türkischen Behörden zu erhalten, ist die Vorlage eines solchen im Rahmen der dargestellten Mitwirkungspflicht auch geschuldet, wenn - wie hier - erhebliche Anhaltspunkte für den Wiedererwerb der türkischen

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Staatsangehörigkeit bestehen. Dieser Mitwirkung ist der Kläger hier aus nicht näher substantiierten Gründen nicht nachgekommen, so dass in der Zusammenschau auch diese fehlende Mitwirkung für die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts maßgeblich sein konnte. Hat der Kläger tatsächlich nach seiner Einbürgerung die türkische Staatsangehörigkeit nicht wiedererworben, ist es schlicht nicht nachvollziehbar, warum er sich zwar die Mühe macht, mehrere in der Türkei ausgestellte türkische Urkunden vorzulegen, dort sogar eine Klage angestrengt haben will, aber den nach türkischem Recht vorgesehenen Weg, einen Personenstandsregisterauszug mit entsprechender Legitimation eines türkischen Generalkonsulats in Deutschland einzuholen, nicht beschreitet. Die Argumentation, es sei einem deutschen Staatsangehörigen unzumutbar, sich an die türkischen Behörden zu wenden, ist durch keine plausible Begründung untermauert und damit nicht tragfähig, vor allem, wenn es darum geht, einen

Personenstandsregisterauszug zu erhalten. Sowohl das Auswärtige Amt als auch die türkischen Generalkonsulate bestätigen, dass ehemalige türkische Staatsangehörige einen

Personenstandsregisterauszug nur über das örtlich zuständige türkische Generalkonsulat einholen können.

Der Kläger trägt weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Zulassungsverfahren vor, dass er versucht hätte, vom zuständigen türkischen Generalkonsulat einen Personenstandsregisterauszug zu erhalten; auch liegt kein entsprechendes ablehnendes Schreiben der Konsulate vor.

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(3) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den vom Kläger vorgelegten Urkunden vom 28. Februar 2017, ausgestellt in Samandag, und vom 10. Juli 2017, ausgestellt in Mezitli, mangels ausreichender Legitimation (Apostille) nicht den Beweiswert öffentlicher Urkunden nach deutschem Prozessrecht (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 437 f. ZPO) zuerkannt, sondern im Wege des Freibeweises gewürdigt. Auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 17 f.) wird verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Auch hierzu verhält sich die Zulassungsbegründung nicht, sondern trägt nur vor, die Beklagte habe die Echtheit der Urkunden nicht bestritten und hinsichtlich der Unrichtigkeit der Urkunden keinen Beweisantrag beim Verwaltungsgericht gestellt. Auch an der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts betreffend diese Urkunden hat die Zulassungsbegründung ernstliche Zweifel nicht aufgezeigt. Zunächst fällt bereits auf, dass türkische Behörden einem - vermeintlich - deutschen Staatsbürger Urkunden ausstellen, während das türkische Recht eine Ausstellung durch das örtlich zuständige Generalkonsulat im Wohnsitzland vorsieht (vgl. die Veröffentlichung des Auswärtigen Amts zur Beschaffung von Personenstandsurkunden, Urteilen und Apostillen). Die deutsche Botschaft in Ankara merkt an, es sei zu beobachten, dass in solchen, von türkischen Behörden vor Ort ausgestellten Urkunden die Zeile über den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit unterdrückt werde. Die deutsche Botschaft sowie das türkische Generalkonsulat bestätigen im Übrigen, dass die Eheschließung ehemals türkischer Staatsangehöriger in das türkische Personenstandsregister aufgenommen wird, soweit sie den türkischen Behörden bekannt wird, weil auch ehemalige türkische Staatsangehörige zu einer solchen Meldung verpflichtet seien. Diese Kenntnis über die Eheschließung des Sohnes des Klägers haben die türkischen Behörden hier schon deswegen, weil er eine türkische Staatsangehörige geheiratet hat, die den Namen des Sohnes des Klägers angenommen hat, sodass jedenfalls in das Personenstandsregister der Ehefrau des Sohnes des Klägers die Eheschließung einzutragen war, womit den türkischen Behörden auch die Eheschließung des Sohnes des Klägers bekannt wurde. Die vom Kläger vorgelegten Urkunden enthalten diese Eheschließung des Sohnes des Klägers nicht.

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Darüber hinaus wird sowohl nach allgemeiner und hier im Einzelfall erteilter Auskunft der Deutschen Botschaft in Ankara (vgl. Veröffentlichung vom 2.5.2007: Erläuterungen eines türkischen

Personenstandsregisterauszugs sowie E-Mail vom 21.11.2017) als auch nach Auskunft türkischer Generalkonsulate in Deutschland (vgl. auch den Aktenvermerk über ein Telefongespräch mit dem türkischen Konsulat in Nürnberg vom 11.1.2018) bei einem ausgebürgerten Türken in der zweiten Zeile nach dem Wort „OLÜM“ die Angabe „KAPALI“ angebracht, was bedeute, dass das Register - wegen Ausbürgerung - geschlossen sei, während bei nicht geschlossenen Registern der Ausdruck „SAG“

angebracht werde, was bedeute, dass der Betreffende noch türkischer Staatsangehöriger sei. Die vom Kläger vorgelegten Personenstandsregisterauszüge von türkischen Behörden weisen jedoch nach dem Wort „OLÜM“ die Angabe „SAG“ auf. Wie es dem Kläger gelungen ist, gleich mehrere Registerauszüge von verschiedenen Gemeinden in der Türkei direkt zu erhalten, wird auch nicht weiter erläutert.

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bb) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts sind auch insoweit nicht dargelegt bzw. liegen nicht vor, als das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung kam, dass der

Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Kläger auf einen Antrag des Klägers im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG zurückzuführen ist. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil (UA S. 19 ff.) verwiesen werden (§ 122 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Der Kläger stellt in seiner Zulassungsbegründung auch insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage, sondern betont auch hier nur, dass die objektive

Beweislast insoweit bei der Behörde liege. Von letzterem ging auch das Verwaltungsgericht aus (UA S. 20), hat dann jedoch die Regeln des Anscheinsbeweises herangezogen. Dieser greift bei formelhaften,

typischen Geschehensabläufen, in denen ein gewisser Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 86 Rn. 20 m.w.N.). Einen solchen Fall hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung angenommen. Es ist davon ausgegangen, dass der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit nach türkischem Recht (vgl. Art. 11 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes) einen Antrag des Betroffenen voraussetzt und dass das türkische Recht den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit von Amts wegen nicht vorsieht. Zudem hat das Verwaltungsgericht die in den Jahren bis etwa 2003/2004 übliche Praxis der türkischen Konsulate in Deutschland, Entlassungsbewerbern eine doppelte Antragstellung anzuraten (Entlassung und Wiedererwerb), zugrunde gelegt. Dem tritt der Kläger nicht entgegen, sondern verweist vielmehr sogar noch in der Zulassungsbegründung (S. 17 und 33) darauf, dass er aufgrund der Fülle der zu unterzeichnenden Formulare nicht sicher wissen könne, ob er nicht - unbewusst - einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit gestellt hat. Jedenfalls nach seiner Erinnerung habe er keinen derartigen Antrag gestellt. Ferner ist kein Fall bekannt, in dem türkische Konsulate eine Wiedereinbürgerung von Amts wegen vorgenommen hätten. Der Kläger gehört auch nicht zu dem Personenkreis, der noch für den Militärdienst infrage käme. Der Kläger hat keine Umstände oder Tatsachen benannt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Geschehensablaufs im konkreten Fall ergibt.

24

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v 12.12.2007 - 5 B 07.2785 - juris) hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass sich auch hier der Kläger insbesondere entgegenhalten lassen müsse, dass er bislang keine Auskünfte von türkischer Seite zu den Umständen seiner Wiedereinbürgerung vorgelegt habe, obwohl die Generalkonsulate und das Generaldirektorat für Einwohner- und Staatsangehörigkeitswesen den Betroffenen zeitnah Auskünfte über ihre staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse erteilten, die auch Hinweise auf etwaige Wiedereinbürgerungsanträge enthielten.

25

Aus den vorgelegten Unterlagen zu dem gerichtlichen Verfahren beim Verwaltungsgericht Hatay und den klägerischen Erläuterungen hierzu ergibt sich nichts anderes. Der Kläger verweist zwar auf die inzwischen sehr lange Laufzeit bei gerichtlichen Verfahren in der Türkei, trägt jedoch nicht vor, warum er sich auch insoweit nicht an das örtlich zuständige türkische Generalkonsulat in Deutschland wendet, bei dem er den Antrag auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit gestellt hat.

26

Soweit der Kläger andeutet, dass er einen Antrag auf Wiedereinbürgerung unwissentlich gestellt haben könnte, ist dieser Einwand ohnehin unbeachtlich. Da gerade in staatsbürgerlichen Angelegenheiten gewisse Sorgfaltspflichten zu beachten sind (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2006 - 2 BvR 1339/06 - NVwZ 2007, 441;

BayVGH, B.v. 12.12.2007 - 5 C 07.2785 - juris), ist grundsätzlich zu verlangen, dass ein vorgelegtes Formular vor der Unterschrift durchgelesen und auf seinen Inhalt überprüft wird. Sollte der Kläger einen Wiedereinbürgerungsantrag beim türkischen Generalkonsulat anlässlich des Antrags auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit „blind“ unterschrieben haben, so muss er sich an dem Inhalt dieser mit seiner Unterschrift legitimierten Erklärung festhalten lassen und kann sich nicht nachträglich auf fehlendes Erklärungsbewusstsein berufen (BayVGH, B.v. 13.10.2005 - 5 C 05.2107 und B.v. 6.12.2005 - 5 C 05.2583 - beide juris). Der Beweisanregung des Klägers, ihn als Partei zur Frage, ob er einen solchen Antrag - nach seiner Erinnerung - gestellt habe, zu vernehmen, war daher schon aus diesem Grund nicht zu folgen.

27

(9)

b) Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache) wird zwar in der Zulassungsbegründung benannt, aber nicht näher ausgeführt. Der Kläger legt nicht dar (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), inwiefern sich die Rechtssache in ihrem Schwierigkeitsgrad von dem üblichen Spektrum verwaltungsrechtlicher Streitfälle unterscheiden solle.

Das ist auch nicht der Fall.

28

c) Gleiches gilt für den ebenfalls lediglich benannten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 - 14 ZB 16.1867 - juris Rn. 15 m.w.N.). Dergleichen ist der Zulassungsbegründung nicht zu entnehmen.

29

Im Übrigen stellen sich hier auch keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkungspflicht des Klägers im Rahmen einer Entscheidung nach § 25 StAG beruht hier auf besonderen Umständen des Einzelfalls, weil der Kläger die naheliegende Möglichkeit der Einholung eines Personenregisterauszugs beim zuständigen türkischen Generalkonsulat in der Bundesrepublik Deutschland nicht wahrnahm, sondern Wege beschritten hat, die in Zustandekommen und Ergebnis zweifelhaft sind, und so den Verdacht nähren, dass sie eher der

Verschleierung des Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Kläger dienen.

30

d) Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) wird eingangs der

Zulassungsbegründung zwar angesprochen, aber nicht weiter ausgeführt. Es wird insbesondere nicht dargelegt, von welchem Rechtssatz eines in der Vorschrift bezeichneten Obergerichts das Urteil des Verwaltungsgerichts abweichen soll.

31

e) Der geltend gemachte Verfahrensverstoß (Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass es entgegen der Ansicht des Klägers nicht von der Entbehrlichkeit einer Apostille hinsichtlich der vom Kläger vorgelegten Nachweise ausgehe.

32

Die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt jedoch auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, grundsätzlich keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte

Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und rechtlich bewertet, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (vgl.

nur BVerwG, B.v. 15.9.2016 - 9 B 13.16 - NVwZ 2017, 409 Rn. 10 m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon gilt zwar dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Anforderungen an den Sachvortrag oder auf sonstige rechtliche Gesichtspunkte stützen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer

Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2011 - 5 B 11.11 - juris Rn. 3 m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Die Frage der Notwendigkeit einer Apostille wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zwischen den Parteien mehrfach schriftsätzlich erörtert (vgl.

Klagebegründung vom 24.6.2015, Klageerwiderung vom 24.7.2015, Schriftsätze der Beklagten vom 30.5.2017 und 24.11.2017). Von einer Überraschungsentscheidung kann daher insoweit keine Rede sein.

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3,

§ 52 Abs. 1 GKG (s.a. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 in Eyermann, a.a.O., Anhang S. 1433).

34

(10)

3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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