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Parallele Welten – gegenläufige Ziele: Wie Rüstungspolitik die Agenda 2030 unterwandert Von Regine Mehl, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

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Parallele Welten – gegenläufige Ziele:

Wie Rüstungspolitik die Agenda 2030 unterwandert

Von Regine Mehl, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 30.05.2016

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Parallele Welten – gegenläufige Ziele:

Wie Rüstungspolitik die Agenda 2030 unterwandert

Bonn, 30.05.2016. Am 29. Mai erinnerte UN- Generalsekretär Ban Ki-moon an das 60-jährige Beste- hen der bewaffneten UN-Friedenssicherungs- missionen. Ihr erster Einsatz erfolgte im Mai 1956 in der SuezKrise. Er erwähnte auch, dass diese UN- Einrichtung 1988 den Friedensnobelpreis erhalten hat – beides von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Der seit 1989 jährlich im Dezember erscheinende Rüs- tungsbericht des Stockholm International Peace Re- search Institute (SIPRI) zeigt: Rüstungsproduktion und Rüstungsexport sind die großen Bremser für erfolgrei- che und Grenzen überwindende globale und nachhalti- ge Friedensstrategien. Neben vielen anderen Proble- men in den politischen Beziehungsstrukturen der Staa- ten und Gesellschaftswelt sowie Debatten darüber in unzähligen Foren haben sich die rüstungspolitischen Dynamiken in einer Parallelwelt verankert, die von der breiten Öffentlichkeit kaum mehr, bestenfalls mit ei- nem Schulterzucken, wahrgenommen wird.

Die Verwirklichung vieler der 17 Ziele der Agenda 2030 hängt jedoch davon ab, dass Staaten neben „gesun- den“ (korruptionsfreien) und „funktionstüchtigen“

(effektiven) Governance-Strukturen nachhaltige Wirt- schaftskreisläufe ebenso aufbauen und nutzen können, wie sie (globale) politische Beziehungen zum Wohle Ihrer Bevölkerungen entwickeln und pflegen sollen.

Ganz konkret fordert das Ziel „Frieden und Gerechtig- keit“ der Agenda 2030 dazu auf, friedliche und inklusi- ve Gesellschaften zu fördern. Von diesem hehren Ziel ist die Mehrzahl der Länder weit entfernt. Dies hat viele Gründe. Einer davon ist eine im globalen Maßstab sehr dynamische Rüstungspolitik. Sie ist wesentlicher Be- standteil eines fatalen gegenläufigen Trends.

Fünf Staaten haben im Sektor „Rüstungspolitik“– vor allem in den vergangenen etwa 15 bis 20 Jahren – herausragende Fähigkeiten entwickelt. Sie führen die Tabelle der fünf größten Rüstungsproduzenten und Rüstungsexporteure in dieser Reihenfolge an: USA, Russland, China, Frankreich und Deutschland; fünf weitere folgen auf den Plätzen sechs bis zehn: Großbri- tannien, Spanien, Italien, Ukraine und die Niederlande.

In dieser Rangfolge befinden sich immerhin sieben

„lupenreine“ Demokratien, deren Rüstungspolitik und Vergaben von Rüstungsaufträgen einer parlamentari- schen Kontrolle unterliegen. Jedoch verfügt die Rüs- tungsindustrie in diesen sieben Demokratien über sehr erfolgreiche Lobbystrukturen, die weit in die Parlamen- te hineinreichen und deren „Mantra“, bei Ablehnung von Rüstungsaufträgen tausende von Arbeitsplätzen zu gefährden, Kernbestandteil ihrer „Politikberatung“

ist.

Auf der anderen Seite haben die „Tabellenführer“ eine

sehr lukrative Einnahmequelle entwickelt, die erhebliche Rückflüsse in die eigene Staatskasse garan- tiert: Regierungen – ob mit oder ohne parlamentari- sche Zustimmung – verkaufen Lizenzen eigener Pro- duktlinien und lassen die Rüstungsgüter direkt vor Ort in Krisenländern von Lizenznehmern produzieren. Par- lamente und Ausfuhrkontrollbehörden zeigen sich gegenüber dieser Praxis in vielen Fällen äußerst groß- zügig und zustimmungsbereit.

Staatlich verantwortete Rüstungspolitik forciert indi- rekt einen kompletten Kontrollverlust über den „End- verbraucher“ der gelieferten Waffen. Denn jenseits der stets (noch) legalen Rüstungsgeschäfte und Lizenzver- gaben hat sich durch Zweit und Drittverkäufe von Rüstungsgütern eine Parallelwelt illegaler Rüstungsdy- namiken entwickelt, die in den meisten Krisenregionen dieser Erde dazu führt, dass mit Waffen aus den Be- ständen parlamentarisch-demokratischer wie auch autokratischer Staaten Konflikte gewalthaltig ausge- tragen und heiße Kriege geführt werden.

Dieses „Setting“ aus wachsender, politisch gesteuerter und subventionierter Rüstungsproduktion sowie einer global verflochtenen Rüstungswirtschaft hat seit Jahr- zehnten gewalthaltige Konflikte immer wieder ange- heizt: Die Einsätze von UN-Friedensmissionen an den

„Hotspots“ heißer Konflikte, die Einsätze der Länder- missionen der Organisation für Sicherheit und Zusam- menarbeit in Europa (OSZE) sowie anderer regionaler Staatenverbünde in Konflikten, um Gewalt zu beenden, weist eine nicht sehr optimistisch stimmende Bilanz auf.

Alle 17 Ziele der Agenda 2030 erfordern eine hoch effiziente, gerechte und gleichzeitig ökologisch nach- haltige Ressourcenallokation. Dies ist eine Chance für die Zivilgesellschaft, die ja ausdrücklich aufgefordert ist, an der Umsetzung der Agenda aktiv mit zu wirken.

In der Rüstungspolitik gegenüber der Staatenwelt Transparenz einzufordern, dürfte jedoch zu einem der schwierigsten Unternehmen bis zum Jahr 2030 wer- den. Denn die fatalen Folgen von Rüstung und Rüs- tungspolitik verkaufen sich in der Öffentlichkeit nicht gut. Auch könnten bei zu viel öffentlichem Augenmerk auf die nationalen Rüstungspolitiken die politisch- diplomatischen Beziehungen der zehn größten Rüs- tungsexportländer untereinander leiden.

Am 24. Mai eröffneten die Vereinten Nationen in Bonn das „Kampagnenbüro für die Umsetzung der nachhal- tigen Entwicklungsziele“. Hoffen wir, dass dieses Büro zu einem relevanten Faktor und Akteur für die Zivilge- sellschaft und damit auch zu einem Ausgangspunkt wird, endlich weltweit die globalen Rüstungsdynami- ken in den öffentlichen Blick zu nehmen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 30.05.2016

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