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im falschen filmfühlen sich die Aktivisten der Industriestrasse.

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im falschen film

fühlen sich die Aktivisten der Industriestrasse.

klappe, die erste

Das Drehbuch zur Neubad-Eröffnung.

Monatszeitschrift für Luzern und die Zentralschweiz mit Kulturkalender N

o

9 September 2 01 3 CHF 8.– www .null 41.ch

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Martina Kammermann kammermann@kulturmagazin.ch

voN rIsIkogEschäftEN

Die Glencore Xstrata, eines der weltweit führenden Unternehmen in der Rohstoffbranche mit Sitz in Baar, war dieses Jahr öfters in den Medien. Zuerst war da die Fusion mit dem Minenkonzern Xstrata im Mai, durch die das Unternehmen seine Stellung milliardenschwer ausbaute. Im vergangenen Monat waren es die sinkenden Rohstoffpreise, die dem Kon- zern Schlagzeilen bescherten.

Was die Geschäfte des Konzerns selbst angeht, hört man aber nur wenig. Das liegt unter anderem daran, dass der Rohstoffabbau und -handel den Konsumen- ten (vermeintlich) weniger direkt betrifft als etwa die Nahrungsmittelindustrie. Über sie empört sich die Öf- fentlichkeit schneller, wenn Kinderarbeit oder Men- schenrechtsverletzungen aufgedeckt werden – und die Marke leidet. Da hat die Glencore Xstrata weniger zu befürchten. In einem Firmenporträt zeigt Christoph Fellmann auf, wie das grösste Unternehmen in der Zentralschweiz unter Marc Rich gross wurde, wie

und in welchen Dimensionen es heute arbeitet und was es unter Zusammenarbeit mit anderen Ländern versteht. (Seite 8)

Auf internationales Terrain verschlug es auf ganz an- dere Weise den ehemaligen Nidwaldner Kantonspoli- zisten Arnold Odermatt. Die Unfallfotografien, die er in seiner Dienstzeit schoss, machten ihn nach seiner Pensionierung überraschend berühmt. Doch auch seine weniger bekannten privaten Bilder zeugen von einem aussergewöhnlichen Sinn für die Ästhetik des Alltags. Grund genug für einen Ausflug nach Nid- walden, wo diese bald zu sehen sind. (Seite 16) Stolz dürfen wir in diesem Heft den Berner Autoren Matto Kämpf bei 041 willkommen heissen. Für seine neue Kolumne bekommt der Meister der Lakonie von uns die Carte blanche. (Seite 77)

Arnold odermatt: oberdorf, 1964; copyright: Urs odermatt, Windisch; courtesy: galerie springer Berlin

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INHaLt

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PROGRAMME DER KULTURHÄUSER 48 HSLU Musik

50 Luzerner Theater / LSO 54 Südpol / Chäslager Stans 60 Kulturlandschaft

62 Romerohaus / Stadtmühle Willisau 64 Stattkino

66 Kunstmuseum Luzern

68 Museum im Bellpark / Nidwaldner Museum 70 Historisches Museum / Natur-Museum Luzern 72 Kunsthalle Luzern

schön gesagt

16 beobachter des alltags Der berühmte Polizistenfotograf Arnold odermatt stellt in seinem heimatkanton Nidwalden aus.

22 auf ins

kalte wasser Endlich öffnet das Neubad seine türen.

Eine chronik von der Idee bis zur Er- öffnung.

8 dICK IM geSCHäFt

Ein firmenporträt des grössten Unter- nehmens der Zentralschweiz.

25 WaS WIr WoLLeN

Wie das Publikum durch crowdfunding zum veranstalter werden kann.

KoLUMNeN

6 gabor feketes hingeschaut

7 Lechts und rinks: von stillen orten 26 gefundenes fressen: heitere chriesi 45 11 fragen an: Niklaus troxler 77 kämpf/steinemann

78 käptn steffis rätsel 79 vermutungen

SerVICe

27 Bau. 100 Jahre schweizer Designge- schichte

30 Musik. Luzerns chöre spannen zusammen

33 Wort. Die neuen spoken-scripts sind da 36 Kunst. Ein Ausblick in die kunstsaison 39 Bühne. Auf in die neue spielzeit 42 Kino. von tieren und freundschaft 75 Namen / Notizen / ausschreibungen /

Impressum

76 Kultursplitter. tipps aus der ganzen schweiz

KULtUrKaLeNder 46 kinderkulturkalender 47 veranstaltungen 67 Ausstellungen

Titelbild: Mart Meyer, The Godfather

«Ich bin eine Bündnerin

und weiss, was ich will.»

sINgEr-soNgWrItErIN MArtINA LINN (sEItE 28)

Bild: Jasmin Morgan, Windisch / Illustration: Nina Steinemann

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nOcH nicHT

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guten tag aufgelistet

gute nacht, durrer sepp (fdp) Das Nidwaldner kantonsparlament sprach Ende Juni keine gelder mehr für das Nachtstern-Ange- bot. Nun hattest du als «Annahmestelle von Lot- toscheinen» (NLZ) eine gloriose Idee. Da gibt es doch diesen kulturfonds, der aus geldern aus dem schweizerischen Lotteriefonds gespiesen wird.

Und da verkehr ja irgendwie auch kultur ist, soll der bezahlen. scharf kombiniert, Watson! Weite- re vorschläge: Motorfahrzeugsteuer an freuden- häuser, hundesteuer an Invalide, kurtaxe an die Entwicklungshilfe.

Aus dem Land, wo der heisse Käse wächst, 041 – Das Kulturmagazin

einige aktions-, gedenk- und feier- tage dieses monats:

5.9. deutscher Kopfschmerztag 8.9. Welt-tollwuttag

9.9. tag des alkoholgeschädigten Kindes

10.9. Welt-Suizid-Präventionstag

11.9. tag der Wohnungslosen / Stadtfei- ertag Zürich

14.9. tag der deutschen Sprache 19.9. Sprich-wie-ein-Pirat-tag

21.9. Weltfriedenstag / Welt-alzheimer- tag

25.9. tag der Zahngesundheit 27.9. tag des deutschen Butterbrotes guten tag, JsVp luzern

Deine Initiative stellt uns vor die frage: soll eine kindergartenlehrperson im Unterricht wie bisher 33,33 Prozent, 50 Prozent oder 100 Prozent Mund- art sprechen? Analysieren wir: Mundartsprachi- gen kindern hochdeutsch nicht beizubringen, wäre nicht gut. Ausländer-kindern hochdeutsch nicht beizubringen, wäre auch nicht gut. Auslän- der-kindern die Mundart nicht beizubringen, wä- re ausgrenzend. schweizer kindern die Mundart auszutreiben, wäre unschweizerisch. Patt. Darum lass uns weiterdenken: soll eine hochdeutsch-, aber nicht-mundartsprachige Person kindergärt- ner unterrichten dürfen? soll eine mundart-, aber nicht-gut-hochdeutschsprachige Person unter- richten dürfen? Welche Akzente sollten im hoch- deutschen zugelassen sein? Und nicht zuletzt:

Wie sollten die verschiedenen schweizer Dialekte im Unterricht prozentual vertreten sein? Ja, liebe JsvP, die sache mit den sprachen ist reichlich ab- strakt und auch ganz schön komplex. so komplex, dass es dir verleidet ist, sachliche Argumente zu formulieren. Wischiwaschi, hast du gedacht und zur sicherheit einfach eine böse verschleierte Muslimin auf dein Plakat gedruckt. Diese sprache nun spricht Bände, und die finden wir, deutsch gesagt, einen fertigen kabis.

Business as usual, 041 – Das Kulturmagazin

77 kurz und schmerzlos Das sammelsurium des

tausendsassas Matto kämpf.

Ein rundgang durch aktuelle Luzerner Ausstellungen.

Bild: Jasmin Morgan, Windisch / Illustration: Nina Steinemann

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cap de creus, der östlichste Punkt spaniens: sonne, sonne, son- ne endlich!!! Und surreale Landschaften. señor Dalí ist hier in der Nähe, oder wenigstens sein geist und die berühmten Eier auf sei- ner villa. Und ich jetzt mittendrin, mein hirn knattert wie ein rasenmäher, möglichst schnell alles scannen und später auswer- ten, in skizzen, Ölbildern und fotocollagen. Dann merke ich plötzlich … ich habe doch ferien. Abschalten bitte!!!

HINgeSCHaUT

Mit dem Geiste Dalís

Aber ich kann nicht, ich bin noch nicht in Pension und werde es auch nie sein, no, no! Der Bruchteil einer sekunde, in meinem Augenwinkel diese Aussicht und eine reihe von staunenden tou- risten, Auslöser. Yes! Meine kamera summt leise wie eine verflos- sene Uhr von salvador.

Bild und Text Gabor Fekete

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Standortfaktoren stinken nicht

Von Christoph Fellmann, Illustration: Mart Meyer sie fügen sich «städtebaulich und architek-

tonisch optimal» in die Umgebung ein. sie

«überzeugen», vermitteln «Identität» und sind für die stadt ein «Imagegewinn». Nur folgerichtig, dass «die Qualität klar vor der Quantität» steht. Weil dies ein kulturma- gazin ist, denken sie nun vermutlich, es gehe um kulturhäuser, aber das ist falsch.

Die Zitate stammen aus dem «Masterplan öffentliche Wc-Anlagen», den das Parla- ment der stadt Luzern im März 2010 ge- nehmigt hat.

seit drei Jahren werden die damals auf 40 seiten festgeschriebenen Massnahmen umgesetzt. Und dabei ist festzustellen, dass die stadt Luzern, was ihre öffentlichen toiletten betrifft, zwar über einen Master- plan verfügt, nicht aber über Menschen- verstand, gesunden zumal. Das hin und her um die Wcs beim Löwendenkmal und auf der Ufschötti fügt sich nahtlos in die heillose Aufregung um kinderspielgerät und ruhebänkli, welche die stadt den gan- zen sommer beschäftigt hat. Die politische kleinkariertheit ist mal wieder ausser rand und Band.

Nun, das ist vermutlich die logische folge, wenn mittlerweile auch öffentliche Wcs image- und identitätsstiftend wirken müssen. Ein standortfaktor stinkt nicht, da ähnelt er kaum zufällig dem geld. Und also werden «Einzelinteressen nicht be- rücksichtigt», wie es im Masterplan weiter heisst.

Altmodisch, wer da denkt, so ein stuhl- drang sei doch ein berechtigtes Einzelinte- resse (womöglich sogar das letzte). Und so wurde nicht nur das öffentliche Wc beim Löwendenkmal geschlossen, auch die häuschen auf der Ufschötti wurden verrie- gelt –natürlich immer gemäss Masterplan:

von heute 45 öffentlichen toiletten sollen 2015 nur noch 21 übrig bleiben, acht neue

sollen dazu kommen. Und es ist ja nicht auszuschliessen, dass die eine oder andere dieser alten Anlagen heute kein, pardon:

dringendes Bedürfnis mehr ist. Aber dass an zentralen freizeit- und touristenstand- orten wie der Ufschötti oder dem Löwen- denkmal die Wcs geschlossen werden, be- vor Ersatz da ist: Das ist so absurd, dass es sogar dem Masterplan widerspricht, wo es nämlich heisst: «Die Wc-standorte sind auf die grossen Publikumsströme und Nutzungsüberlagerungen im öffentlichen raum auszurichten.»

Es brauchte dann eine Nutzungsüberla- gerung der besonderen Art, bis die stadtre- gierung im sommer wenigstens halbwegs zur Einsicht kam: Nachdem ein tourist sei- nen Darm in den Museumsräumen des Al- pineums entleert hatte, dämmerte es der verwaltung offenbar, dass gut zugängliche toiletten nun mal zum service public einer touristenstadt gehören. Zuerst wurden

beim Löwendenkmal zwei toi-toi-häus- chen, dann ein Wc-Wagen installiert. Die fügen sich seither zwar nicht optimal ins stadtbild ein, erfüllen aber ihren Zweck.

Bzw. stiften keine Identität, aber Erleichte- rung.

Bleibt also nur noch das Problem der irrsinnig teuren ruhebänkli und spielge- räte. Bevor die stadtregierung dazu nun weitere hochtrabende Masterpläne verfer- tigt (etwa: «Qualitätslose sitzbänke gefähr- den den generationenvertrag»): könnte man die sandkästen nicht zu Pissoirs und die ruhebänkli zu Plumpsklos umnutzen?

In einem politischen Umfeld, in dem staa- ten bankrott gehen, in dem andere von re- volution zu revolution taumeln und wie- der andere ihre jungen Menschen nur noch rund zur hälfte beschäftigen können, hätte die stadt Luzern damit gleich zwei wirklich dringende Probleme auf einmal gelöst.

ein Beitrag zur WC-, ruhebank- und Spielsachendebatte

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rohstoffhandel

gute mine,

böses spiel

der grösste rohstoffhändler der Welt hat seinen Sitz in der Zentralschweiz. die gute Nachricht: glencore Xstrata rüstet auch

Ihr Handy aus. die schlechte: Möchten Sie gar nicht wissen.

Von Christoph Fellmann

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Die schweiz hat keine rohstoffe. so haben wir es in der schule gelernt, aber das stimmt nicht mehr. Die schweiz hat enorm viele rohstoffe, auf den compu- tern und in den Portfolios ihrer trader. Auf 2500 bis 3000 Milliarden franken wird der jährliche weltweite rohstoffhandel geschätzt, und bis zu einem viertel wird laut der schweizerischen Nationalbank über fir- men in der schweiz abgewickelt. Damit setzt diese Branche, bestehend aus etwa 500 handels- und Logis- tikfirmen vor allem in den kantonen genf und Zug, hierzulande mehr geld um als der tourismus oder die Maschinenindustrie, und ihr Umsatz ist höher als das schweizer Bruttoinlandprodukt. Und mitten drin:

glencore Xstrata, der weltgrösste rohstoffhändler, mit hauptsitz in Baar und mit standorten in mehr als 50 Ländern auf allen kontinenten.

236 Milliarden Dollar an Umsatz, 169 Milliarden an vermögen (2012). Niemand verschiebe mehr Material um die Welt, schrieb

«Die Zeit», «nicht einmal Walm- art oder die Us-Army».

Der Börsengang von glencore im Jahr 2011 und die Übernahme von Xstrata im frühling dieses Jahres haben dem konzern öf- fentliche Aufmerksamkeit be- schert. Mehr schlagzeilen kamen dazu, als der Bundesrat vor zwei

Monaten erstmals einen Bericht über die enorm ge- wachsene Bedeutung der rohstoffbranche in der schweiz veröffentlichte – und auch ihre problemati- schen seiten andeutete: Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in den Bergbaugebieten, korrup- tion und organisierte kriminalität in vielen Abbaulän- dern, und nicht zuletzt die steueroptimierung, in der es die weltweit operierenden rohstoffkonzerne zur Meisterschaft gebracht haben. so betreibt glencore Xstrata nicht nur in Zug 14 weitere tochtergesellschaf- ten, mehr noch sind es in der Us-amerikanischen steueroase Delaware. Und vor dem Börsengang grün- dete die firma auf der kanalinsel Jersey eine neue ju- ristische Muttergesellschaft. Der steuersatz für Nicht- finanzunternehmen beträgt dort: 0 Prozent.

risiko und reputation

Nach der veröffentlichung des Berichts fragten ver- schiedene Medien, ob sich die schweiz nach der Ban-

ken- mit der rohstoffbranche nicht ein weiteres «re- putationsrisiko» zugelegt habe. schliesslich werden laut dem Bund rund 60 Prozent der rohstoffe «in Län- dern mit kritischer und sehr kritischer politischer sta- bilität gefördert». Ngos wie die Erklärung von Bern (EvB) kritisieren seit Jahren, dass von den Boden- schätzen heute in erster Linie die globalen konzerne profitieren, und weder die staaten, in denen sie lagern, noch die Landsleute, die sie aus der Erde holen. Den

«rohstofffluch» nennt die EvB die tatsache, dass «roh- stoffreiche Länder häufig arm sind und bleiben».

Als Profiteurin steht somit auch die schweiz da.

Die «Bilanz» schätzte diesen frühling, dass glencore 2012 in der schweiz rund 350 Millionen franken an steuern bezahlt hat, mehr als jede andere firma im Land ausser der swisscom. Dazu kamen rund 450 Millionen fran- ken, die von den Mitarbeitern von glencore an ihren Wohnor- ten bezahlt wurden – viele top shots der firma wohnen hier;

Ivan glasenberg, der konzern- chef und grossaktionär etwa in rüschlikon am Zürichsee, wo er laut der Wirtschaftszeitung jedes Jahr rund 60 Millionen franken abliefern soll. Die volkswirt- schaftliche Bedeutung der roh- stoffbranche für unser Land rela- tiviert sich aber, blickt man auf die Jobs: von den über 130 000 Mitarbeitern, die glen- core Xstrata weltweit – direkt und indirekt – beschäf- tigt, arbeiten nur rund 2700 in der schweiz. In der ganzen Branche sind es 10 000. Das ist ein Bruchteil der stellen, die der tourismus (rund 145 000) und die Maschinenindustrie (rund 95 000) anbieten.

speziell am «reputationsrisiko» ist zudem, dass es auf die Branche selber kaum zurückfällt. Wird ein Nahrungsmittelkonzern wie Nestlé angeklagt, in Bür- gerkriegsgebieten oder in Ländern mit kinderarbeit zu geschäften, kann das seine Marken und den Absatz seiner Produkte beschädigen. Im rohstoffhandel aber gibt es kaum eine konsumierende Öffentlichkeit, die auf kampagnen reagiert. Nur fabriken, die billig ein- kaufen möchten, und natürlich die spekulanten in den finanzinstituten und hedge funds. Als Ivan gla- senberg letztes Jahr im «tages-Anzeiger» über politi- sche risiken sprach, tönte dies so: «schauen sie, was bezüglich risiken in den letzten Jahren weltweit pas-

Im rohstoffhandel

gibt es kaum eine

konsumierende

Öffentlichkeit, die

auf kampagnen

reagiert.

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rohstoffhandel

siert ist. In Australien sollte eine rohstoffsteuer von 30 Prozent eingeführt werden, chile hat kürzlich unver- mittelt die Lizenzgebühren erhöht, Argentinien hat seine Exportsteuern erhöht und kürzlich den spani- schen Ölkonzern YPf verstaatlicht. Was also ist risi- ko?»

glasenberg redete darüber, warum glencore zu- nehmend in Afrika investiert: «Man muss neue gebie- te erschliessen, um die riesige rohstoffnachfrage aus Ländern wie china oder Indien zu stillen. heute lie- gen die grössten reserven in Afrika, und das ist eine neue region für uns und andere Bergbauunterneh- men. heisst das aber auch, dass es riskantere Weltge- genden sind?» Die Antwort gab der Produktionsbe- richt über das erste halbjahr 2013, den glencore im August veröffentlichte: hervorge-

hoben wurde darin die um 42 Prozent gesteigerte kupferförde- rung im kongo, einem der dys- funktionalsten staaten der Welt.

«für glencore liegen Länder wie kongo nicht ausserhalb der kom- fortzone», sagte tim huff von der im Bergbau stark engagierten ro- yal Bank of canada in der «fi- nancial times»: «sie sind die komfortzone.»

ein aggressiverer stil

seine spezialität war es, «aggres- siv in neue Länder vorzustossen,

wo sich andere geografisch oder moralisch nicht hint- rauten». Das schrieb Daniel Ammann, Biograf von Marc rich, nachdem dieser im Juni dieses Jahres ge- storben war. schon der vater des schweizer rohstoff- booms – und Mentor von Ivan glasenberg – schickte seine händler also dahin, wo es weh tun kann. Und dieser Marc rich, Amerikaner in Zug und wohnhaft bis zu seinem tod in Meggen, steht am Anfang der ge- schichte von glencore. Mit Partnern gründete er 1974 in Zug die Marc rich + co Ag, aus der er 1994 ver- drängt und die in glencore umbenannt wurde. seit 1990 gehörte ihm zudem die südelektra, die er zum Bergbaukonzern Xstrata entwickelte.

«Als rich begann, den grossen Ölkonzernen Marktanteile abzujagen, kostete ein Barrel zwei Dol- lar», schreibt Ammann in «king of oil»: «Im sommer 2008 bezahlte man dafür den rekordpreis von 147 Dollar.» Praktisch im Alleingang habe rich das kartell

der konzerne gebrochen, die den Ölhandel von der Quelle bis zur tankstelle beherrscht hatten. rich und eine «handvoll verschworener Partner schufen als Erste einen funktionierenden, wettbewerbsfähigen Markt: sie erfanden den spotmarkt.» oder anders ge- sagt: Die Marktlogik der Monopolisten wurde ersetzt durch die der Börse. Eine neue generation von roh- stoffhändlern aus aller Welt schwärmte aus, dealend und spekulierend. «schneller, aggressiver, kreativer», wie Ammann schreibt. sie taten es von Zug aus, und so wurde die kleinstadt neben genf zum zweiten hot- spot der Branche in der schweiz.

Dass es so weit kommen konnte, lag aber nicht nur am neuen stil der händler um Marc rich. sondern auch an den Bedingungen, die sie vorfanden – die stabilität der schweiz, die tiefen steuern und der «hang zu viel Diskretion und wenig regulierung», mit der ge- schäftsleute hier rechnen kön- nen. Diese Mischung habe das Land ungeplant zur rohstoff- drehscheibe gemacht, schreibt die EvB in ihrem Buch «roh- stoff». Einen weiteren grund für den Boom nennt stefan Lüscher, Journalist bei der «Bilanz» und einer der besten kenner der glencore und des rohstoffhan- dels in der schweiz: «genf ist kein steuerparadies, dafür seit den 20er-Jahren ein Zentrum der Branche. hier gibt es spezialisierte Ban- ken und eine Universität, an der man rohstoffhandel studieren kann – und also sehr viele sehr talentierte Insider, die man an- und abwerben kann.»

Einer der begnadetsten strategen, den die schwei- zer rohstoffbranche gesehen hat, ist Willy strothotte.

Der Deutsche war es, der Marc rich beerbte und glen- core zum konzern machte, der er ist. Er begann, mit den rohstoffen nicht nur zu handeln, sondern sie sel- ber abzubauen und zu verarbeiten. strothotte besetzte mit glencore die ganze Wertschöpfungskette, kaufte Bodenschätze, Minengesellschaften, schmelzöfen und raffinerien: Investitionen in immer mehr Markt- macht, die sein Nachfolger Ivan glasenberg in atem- raubendem tempo weiterführt. «Dass glasenberg an die Börse gegangen ist, hatte einen einzigen grund», sagt stefan Lüscher: «Die kotierten Aktien sind die

Es heisst, Ivan

glasenberg sei eine

der wenigen Perso-

nen im Land, die

jederzeit einen ter-

min beim Bundes-

rat erhalten.

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Währung, mit der er seine Beteiligungen an anderen firmen einkauft.» Nicht genug: glencore nehme fünf Milliarden Dollar an fremdkapital auf, meldeten Zei- tungen wenige Wochen nach der Übernahme von Xstrata. Ziel sei es, 2013 noch 13 Milliarden zu inves- tieren, 2014 nochmals neun Milliarden.

heute ist der konzern gigantisch, und es heisst, Ivan glasenberg sei eine der wenigen Personen im Land, die jederzeit einen termin beim Bundesrat er- halten. glencore ist aber auch

mitverantwortlich dafür, dass das rohstoffgeschäft heute wieder monopolistischer ist, als es Marc rich hinterlassen hat. Im Zinkge- schäft hielt glencore schon vor der Übernahme von Xstrata nicht weniger als 60 Prozent des freien Weltmarkts, beim kupfer waren es 50 Prozent, beim Blei 45 Pro- zent. Marktanteile über 20 Pro- zent hat der konzern auch bei kobalt und kohle, und auch vom globalen Ölverbrauch gehen drei Prozent durch seine kanäle.

glencore ist aber auch ein Logis- tikkonzern, der Lagerhäuser, Ei- senbahnwaggons und eine hoch- seeflotte (mit rund 170 schiffen) unterhält. Nur jeder Zehnte der Angestellten in Baar handelt tat- sächlich mit den rohstoffen. Die anderen sind mit der Lagerung, dem transport, der finanzierung und der versicherung der Ware beschäftigt.

vor knapp einem Jahr übernahm glencore den ka- nadischen getreidegiganten viterra. Der konzern baut also auch das Nahrungsmittelgeschäft aus, das 2010 noch elf Prozent seines handels ausmachte und ein Prozent seiner Produktion. Aber auch diese auf den ersten Blick geringen Anteile reichten, um je einen viertel des Weltmarkts für gerste und rapsöl zu kont- rollieren. Auch sonnenblumenöl, soja, Weizen und Mais sind im Angebot. In sechs Ländern auf drei kon- tinenten gehören dem Unternehmen zudem rund 280 000 hektaren an farmland. Das entspricht ungefähr der grösse des kantons tessin – oder der gesamten Ackerfläche der schweiz.

spekulation und schulhausbau

Wie das geschäft mit allen rohstoffen erlebte auch je- nes mit Nahrungsmitteln ab 2008 einen Boom, als die spekulanten nach dem Ausbruch der finanzkrise auf reale, sichere Werte und Produkte schwenkten. Die Preise stiegen und es kam zu einem globalen run auf neue An- und Abbaugebiete vor allem in Afrika, süd- ostasien und südamerika. «Land grabbing» heisst das Phänomen, in dem glücksritter, aber auch rohstofffir- men und staatskonzerne (etwa aus china) riesige Län- dereien kolonisieren: Brachland, aber auch Naturschutzgebiete oder die felder lokaler kleinbau- ern, die vertrieben werden. «Die Wahrheit ist, dass es niemand weiss», schreibt fred Pearce in seinem Buch zur frage, wie gross die fläche ist, die sich die «Land- grapscher» schon genommen ha- ben. Er zählt schätzungen zwi- schen 47 und 227 Millionen hek- tar auf, das sind auch im bescheidensten fall mehr als elf schweizen.

Weniger am Land als an den steigenden Preisen interessiert sind die spekulanten: «Während die Preise für Aktien und Immo- bilien (...) in der kreditkrise von 2008 einbrachen, stiegen die der rohstoffindexfonds weiter an, da immer mehr Investoren herein- drängten», so Pearce. Nicht zu- letzt landeten schöne teile der staatlichen rettungsprogramme für die Banken auf dem rohstoff- markt. Und von dort in den termingeschäften, mit denen die rohstoffhändler seit jeher ihre geschäfte absichern. Unterdessen aber, zitiert Pearce eine ameri- kanische studie, dienen zwei Drittel dieser terminge- schäfte der spekulation, also der Wette auf steigende Nahrungsmittelpreise. Die wären sowieso gestiegen, etwa wegen Dürren, schreibt Pearce: «Doch sowohl Börsenhändler als auch ihre schärfsten kritiker sind sich darin einig, dass diese Preistendenz durch speku- lation massiv angeheizt wurde.»

ob auch glencore an der rohstoffbörse spekuliert, ist offen, der konzern bestreitet es. Mehrere konkur- renten haben eigene hedge funds gegründet, um mit-

Die stabilität der schweiz, die tiefen steuern sowie der «hang zu viel Diskretion und wenig regu- lierung» hatten das Land unge- plant zur rohstoff- scheibe gemacht.

aus dem Buch «Rohstoff» der NgO erklärung von Bern (evB)

Illustration: Mart Meyer

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rohstoffhandel

zuwetten im spiel um steigende und fallende Preise – von den Baarern ist das tatsächlich nicht bekannt. Die EvB zitiert in ihrem Buch aber einen Bericht der Deut- schen Bank zu glencore, wonach 14 Prozent der han- delsgewinne durch sogenannte «Directional Price Bets» (Preiswetten) zustande kamen. stefan Lüscher vermutet allerdings, dass glencore nicht über das spe- zialisierte know-how verfügt, um systematisch zu spekulieren. Es könne sein, dass die händler gewisse güter bei grosser Nachfrage schon mal zurückhielten, um den Preis zu treiben. tatsäch-

lich meldete die «NZZ am sonn- tag», eine tochterfirma von glen- core habe zuletzt gleich 14 neue Depots übernommen. Ein Us- Anwalt wirft ihr nun in einer sammelklage vor, in Absprache mit anderen konzernen dort Alu- minium zu horten. glencore de- mentiert.

Ivan glasenberg lernte das geschäft, als er für Marc rich in südafrika – seiner heimat – war.

Anders als sein förderer aber, der sich in den frühen 90er-Jahren mit einer spekulation auf Zink beinahe ruinierte, scheut der jet- zige konzernchef das gros se risi- ko eher. glencore baut heute nur zum teil auf kurzfristige handels- gewinne; die Basis des geschäfts

ist die Ausbeutung der rohstoffvorräte, die man sich auf der ganzen Welt gesichert hat. Auch veröffentlicht der konzern neuerdings Nachhaltigkeitsberichte, in denen er auf seine Umwelt- und sozialstandards ver- weist und auf die stattlichen Investitionen in den Ab- bauländern, etwa in schulen, strassen und spitäler.

«Wir entwickeln ganze Länder», so glasenberg im

«tages-Anzeiger», «wir sollten Wertschätzung erhal- ten für das, was wir tun.»

Bloss wird glencore sie nicht los, die unangenehme gesellschaft von Potentaten und diktatorischen und korrupten regimes, die schon Marc rich pflegte. Der verkaufte das Öl der iranischen Islamisten an Israel und handelte trotz des Embargos gegen südafrika mit der kohle des Apartheid-staates. «Ich war prinzipiell gegen die Apartheid, wir alle waren gegen die Apart-

heid», diktierte er seinem Biografen Daniel Ammann.

Aber: «Business ist neutral. Was immer wir taten, war legal.» tatsächlich wurde rich nie verurteilt, und auch die klage wegen steuerbetrugs, die ihn 1983 aus den UsA in die schweiz trieb, wurde nie vor einem gericht verhandelt. Das gilt weitgehend auch für glen- core, dokumentiert ist lediglich eine einzige verurtei- lung: Ein Mitarbeiter einer belgischen tochterfirma hatte 2002/03 einen Agrar-funktionär der EU besto- chen, um an Insiderinformationen heranzukommen.

Aber eben, es bleibt der ruch des schmutzigen geschäfts, und damit auch die schlechte Presse.

«Im handel verhält sich glencore nicht besser oder schlechter als die meisten anderen rohstoff- händler», sagt Andreas Missbach von der EvB. Anders sehe es im Bergbau aus, da hinke der kon- zern seinen konkurrenten in den ökologischen und sozialen stan- dards weit hinterher. «Die ande- ren grossen Bergbaufirmen ha- ben diese standards über Jahr- zehnte entwickelt. Dann ist glencore in diesen Markt einge- drungen, mit der schnellen, ag- gressiven Mentalität der trader.»

Missbach stellt nicht in Abrede, dass sich der konzern heute mehr Mühe gibt, in der Öffentlichkeit gut dazustehen. Aber er fragt:

«Was nützt es sambia, wenn glencore dort strassen und schulen baut, dafür aber kaum Abgaben und steuern bezahlt, damit der staat dies tun könnte?»

Die steuervermeidungspraxis von Mopani, einer glencore-tochter in sambia, hat die EvB in ihrem Buch beschrieben und auch in die Medien gebracht – was zu einem Mediationsverfahren zwischen dem konzern und der Ngo führte: glencore bestreitet, in sambia zu tiefe kupferpreise zu verrechnen, um die gewinne offshore versteuern zu können. Auch in an- deren Auseinandersetzungen, über die in den Medien berichtet wurde, steht letztlich Aussage gegen Aussa- ge: in kolumbien, wo Paramilitärs in kohlebergwer- ken des konzerns gegen gewerkschaftsmitglieder vor- gingen. Im kongo, wo handschürfer unter katastro- phalen verhältnissen nach kleinen Mengen von kupfer und kobalt graben, die angeblich in den ver-

glencore baut heu-

te nur zum teil auf

kurz fristige han-

delsgewinne; die

Basis des geschäfts

ist die Ausbeutung

der rohstoffvorrä-

te, die man sich

auf der ganzen

Welt gesichert hat.

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triebskanälen von glencore landen. Auf der philippi- nischen Insel Mindanao, wo eine glencore-tochter in gerade nur zwanzig Jahren das kupfer und gold ab- bauen und dafür die Urbewohner umsiedeln wollte (nach Protesten reduziert der konzern jetzt seine In- vestitionen). oder im Iran, wohin glencore über tauschgeschäfte noch bis 2012 Aluminium lieferte – direkt ins Atomprogramm.

geschäften in der grauzone glencore sagt, mit handschürfern und Paramilitärs habe man nichts zu tun. Und verteidigt sich sinn- gemäss mit den Worten von Marc rich: Was immer man tue, es sei legal. Das mag auch stimmen, so- weit vom schreibtisch aus beur- teilbar. «für diese rohstoffhänd- ler ist gesetz und Moral das glei- che», sagt stefan Lüscher: «Bei glencore hat wirklich niemand das gefühl, er nehme den Men- schen in sambia oder im kongo etwas weg.» Daniel Ammann kommt in seinem Porträt von Marc rich zu einem ähnlichen schluss: «Es ist nicht so, dass er die Untaten der Diktatoren oder Apartheid-rassisten nicht sieht oder nicht sehen will. Er ignorier- te sie nicht. Er war erschüttert darüber, dass die kubanische Be-

völkerung die kommunisten einfach gewähren liess.

In Nigeria war er von der grassierenden korruption angewidert und registrierte sehr wohl, dass die einfa- chen Menschen vom Ölreichtum nicht profitieren.

rich glaubt einfach, dass geschäfte nichts mit Politik zu tun haben.»

«Einen grossen teil der schuld tragen diejenigen, die das Land fortgeben», schreibt fred Pearce in «Land grabbing»: «Afrikanische regierungen beispielsweise, die jahrelang die Landwirtschaft vernachlässigt ha- ben, sind plötzlich ganz wild auf Investitionen. Weil sie tief sitzende Probleme rasch lösen wollen, erschei- nen ihnen ausländische Anleger mit ihren verspre- chungen als attraktiver Ausweg, und viele stellen kaum fragen.» rohstoffhändler operieren oft in Län- dern mit einem prekären Mix aus Armut und gold- rausch, aus korruption und einem recht, das für

Die Bücher

erklärung von Bern (Hg.): Rohstoff. das gefährlichste ge- schäft der Schweiz (Salis, Zürich 2012).

daniel ammann: King of Oil. March Rich – vom mächtigsten Rohstoffhändler der Welt zum gejagten der USa (Orell Füssli, Zürich 2010).

Fred Pearce: Land grabbing. der globale Kampf um grund und Boden (Kunstmann, München 2012).

handschürfer und kleinbauern nur theoretisch gilt.

sie tun es, wie Ivan glasenberg einmal sagte, um die Welt mit rohstoffen zu versorgen: «Wenn wir es nicht tun würden, wäre unser aller Leben weltweit sehr viel unangenehmer.»

Was der chef von glencore damit vielleicht auch meint: Das Bauxit in unserer coladose kommt aus guinea, das bis vor kurzem eine Diktatur war, und das koltan in unserem handy finanziert den Bürgerkrieg im kongo. Im vorwort zum Buch der EvB schreibt der schriftsteller Lukas Bärfuss: «oft wird behauptet, die Probleme sei- en kompliziert und eine Lösung kaum zu finden. Doch das ist nicht wahr. Nicht die Probleme sind kompliziert, unsere eigene verstrickung ist es.» firmen wie glencore arbeiteten in einer grauzone, schliesst Daniel Am- mann sein Buch über Marc rich:

«Diese grauzone heisst kapitalis- mus.» Und damit ist alles gesagt.

Aber beachten sie bitte die fuss- noten (* bzw. **).

* Weder die coladose noch das handy würden markant mehr kosten, erhielten die Minenarbei- ter in guinea und im kongo sta- bile Minenschächte und einen Lohn, der ihre Existenz sichert.

** Wie die «Bilanz» schätzt, hatte Ivan glasenberg letztes Jahr ein vermögen von 5,5 Milliarden franken.

«Was nützt

es sambia, wenn glencore dort strassen und schulen baut, da- für aber kaum Abgaben bezahlt, damit der staat dies tun könnte?»

andreas Missbach (evB)

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16 fotografie

«Arnold odermatt ist der bekannteste Poli- zist unter den fotografen und der be- kannteste fotograf unter den Polizisten», lobte ihn einst ein deutscher stadtrat. Was dem gerühmten leicht unangenehm war.

Nicht zuletzt, weil sich odermatt lange Zeit nicht gewohnt war, anerkennende Worte für seine Arbeiten zu vernehmen.

seine erste kamera erhielt das drittäl- teste von elf kindern mit zehn Jahren.

Dank einem Wettbewerb und coupons der firma steinfels. Mitte der 30er-Jahre be- sass niemand in seiner Nidwaldner Umge- bung einen fotoapparat und niemand hat- te eine Ahnung, wie ein solcher zu bedie- nen war. Weshalb der in oberdorf geborene sohn eines försters einfach mal auspro- bierte. Um zu überprüfen, ob aus seinen ersten Bildversuchen etwas geworden ist, öffnete er kurzerhand die kamera, zog am film und sah nichts. Der 88-Jährige er- zählt die Episode und lächelt über sein da- maliges Unwissen. sein erstes foto, auf dem dann auch etwas zu sehen war, ent- stand 1936. Es zeigt einen seiner Brüder mit drei schafen und – kleiner Inszenie- rungsfehler – mit Pferdegeissel in der hand.

weiches herz, scharfer blick

als Karambolagen-Fotograf wurde arnold odermatt in- ternational berühmt. Mit Bildern aus dem beruflichen wie privaten alltag wird sein Schaffen jetzt erstmals auch im Museum seiner Heimat gewürdigt. eine Begegnung mit dem erfinder der Polizeifotografie.

Von Michael Gasser

«Nidwaldner sind bekannt für ihre har- ten köpfe», sagt odermatt. Er selbst hatte ein eher weiches herz, weshalb er 1948 beinahe nicht zum Polizisten gewählt wor- den wäre. Dass er stattdessen den fotogra- fenberuf hätte ergreifen können, sei ihm damals nicht in den sinn gekommen. «Ich wusste nicht mal, dass man das werden konnte.» kurz nach seinem Einstieg bei der Polizei schlug odermatt seinem vorge- setzten vor, Unfälle künftig fotografisch festzuhalten. Was dieser partout nicht wollte. Bloss: Der Jungpolizist hielt sich nicht an die Weisung. Negative konse- quenzen zeitigte das keine, im gegenteil.

Bald schon wurde sein tun von der obrig- keit abgesegnet. odermatt war stets auf Pi- kett und darauf erpicht, alle karambolagen abzulichten. «schlimm war aber, wenn es tote gab.» Das habe ihn jeweils fast kaputt gemacht. «Dann war ich froh, mich auf meine rolleiflex und aufs fotografieren des Blechschadens konzentrieren zu kön- nen. Das war für mich therapie.» Damals sei von Polizisten erwartet worden, keine gefühle zu zeigen. «Das hat sich zum glück geändert.»

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arnold Odermatt: Stansstad, 1953; Copyright: Urs Odermatt, Windisch; Courtesy: galerie Springer Berlin

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odermatt blieb der Polizei 43 Jahre lang treu, stieg zum chef der verkehrspoli- zei und zum vizekommandant der Nid- waldner kantonspolizei auf und wurde 1990 pensioniert. Über die Nidwaldner grenzen hinaus bekannt wurde er erst da- nach. odermatts karambolage-Bilder fan- den nach Berlin, Paris, New York – 2002 zeigte sie harald szeemann an der 49. Bi- ennale in venedig. Zu verdanken war der nie geplante Aufstieg ins internationale kunstparkett auch seinem sohn Urs, selbst regisseur und Autor, der sich fürs schaffen seines vaters einsetzte. «ohne ihn wäre nichts gegangen, null.»

odermatt, der nur wenige schritte vom Bahnhof stans in einem modernen Wohn- block lebt, outet sich als eingefleischter

«Nidwalden-fan». seine heimat habe alles zu bieten – «ausser vulkane und Wüste», wie er schelmisch anfügt. Nostalgie ver- spüre er keine, wenn er sich seine fotos von früher anschaue. «Ich war immer für den fortschritt.» Zumal der fortschritt da-

Arnold Odermatt (*1925) absolvierte zu- nächst eine ausbildung zum Konditor, musste den Beruf aber aus gesundheitlichen gründen wieder aufgeben. 1948 wurde er in Nidwal- den zum Polizisten gewählt. Während seiner 43-jährigen Karriere hielt er den polizeilichen alltag und autounfälle mit der Kamera fest.

1990 wurde Odermatt pensioniert, drei Jahre später kam es zu einer ersten einzelausstel- lung. er gilt als erfinder der Polizeifotografie und sein Stil ist geprägt von Nüchternheit und der Reduktion aufs Wesentliche.

arnold Odermatt: grimselpass. Innertkirchen, 1953

Copyright: Urs Odermatt, Windisch; Courtesy: galerie Springer Berlin

für sorgte, dass es zu weniger und weniger schweren Unfällen auf der strasse kam.

Ende der 40er-Jahre seien in Nidwalden rund 350 Motorfahrzeuge gemeldet gewe- sen. «Damals fuhren manche wie die ver- rückten, es gab ja kein tempolimit. Was zu rund neun verkehrstoten jährlich führte.»

heute seien kantonsweit an die 35 000 Mo- torfahrzeuge registriert und dennoch ver- zeichne man deutlich weniger todesfälle – durchschnittlich einen alle zwölf Monate.

Jetzt wird Arnold odermatt mit der Ausstellung «Das Dorf als Welt» erstmals im Museum in seiner heimat gewürdigt.

gezeigt werden nicht nur Bilder aus dem polizeilichen Alltag, sondern auch aus dem privaten Umfeld. seine frau habe sich ger- ne fotografieren lassen, erinnert sich oder- matt. Die kinder nur anfangs. «Bis sie merkten, dass der ganze Prozess jeweils viel Zeit in Anspruch nimmt.» schliesslich ent- stehe ein gutes Bild durch gute vorberei- tung, das dauert eben. Inzwischen nimmt odermatt seine kamera kaum mehr zur

hand, obschon ihm noch ein paar Bild- ideen durch den kopf schwirren. «Aber ich habe noch so viele Negative in der schubla- de. Einige warten seit Jahrzehnten darauf, dass ich endlich einen Abzug von ihnen mache.»

ausstellung: arnold odermatt.

das dorf als welt. 22. september bis 15.

dezember, nidwaldner museum, stans.

Vernissage: sa 21. september, 17 uhr.

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20 aktuell

industriestrasse: kultur droht vergessen zu gehen

Davix, orpheo carcano und claudia tolus- so sind ernüchtert. Die Aktivisten der In- dustriestrasse haben an den zwei bisheri- gen runden des partizipativen Prozesses teilgenommen, der für die Umsetzung der im letzten herbst erfolgreichen Initiative

«für eine lebendige Industriestrasse» ein- geleitet wurde. Dort können neben Indus- triestrasse-Bewohnern auch vertreter des Quartiers, der politischen fraktionen und der Wirtschaft einbringen, wie sie sich die künftige Nutzung des Industriestrasse- Areals vorstellen. Moderiert und ausge-

eine gewonnene Initiative macht noch keinen Frühling: Vertreter der Industriestrasse bemängeln, dass der geforderte günstige Kulturraum unter die räder kommt. Baudi- rektorin Manuela Jost nimmt Stellung.

Von Pirmin Bossart

volle Weiterentwicklung statt Abriss und vertreibung. Diese Punkte wurden ver- nachlässigt.»

keine traumvarianten

Baudirektorin Manuela Jost hat ein gewis- ses stück verständnis für die Irritation der kulturschaffenden. Die hochschule habe in ihrer damaligen Matrix den Bereich kultur nicht als eigenes thema definiert, sondern die möglichen kulturellen Nut- zungen in anderen themen eingebunden.

«Deswegen stand die kultur nicht so im wertet wird dieser erstmalige partizipative

Prozess von der hochschule Luzern.

«An der letzten runde wurden ver- schiedene szenarien vorgelegt. Darin kam die kultur nicht vor. sie wurde dann quasi noch als fussnote behandelt, nachdem wir intervenierten», sagt Davix. claudia tolus- so ist ebenfalls irritiert. «Inhalt unserer Initiative, die vor knapp einem Jahr sehr deutlich angenommen wurde, war nicht nur die forderung nach günstigem Wohn- raum, sondern explizit auch der Erhalt von

kulturellen freiräumen sowie eine mass- Bild: M. Meyer

nOcH nicHT

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21

vordergrund. Das Anliegen, die kultur stärker zu gewichten, wurde anlässlich des Workshops aber sehr wohl gehört. Ziel des Workshops war es ja, genau solche feed- backs einzuholen.»

Die stadt sei durchaus offen für eine Lösung, «in der auch günstige kulturelle Produktionsräume Bestandteil sind», sagt Manuela Jost. Persönlich unterstütze sie,

«dass ein teilweiser struktureller Erhalt der heutigen Nutzung mit einem gewissen An- teil von günstigen Produktionsräumen an- gestrebt wird». Aufgrund der verschiede- nen Interessen müssten jedoch alle Betei- ligten in diesem Prozess kompromisse machen. «Wir können nicht eine bestimm- te traumvariante – es gibt ja verschiedene – verfolgen, wenn sie bei allen fraktionen eine chance haben soll.»

dem markt entziehen

Die Industriestrasse-vertreter sind sich dessen bewusst. Aber sie weh- ren sich gegen eine verwässerung oder gar Nichtbeachtung einiger ih- rer wichtigen Postulate. «Warum kann die stadt das gelände nicht mal den üblichen Marktüberlegungen ent- ziehen und den Baurechtszins so tief anset- zen, dass der Bestand der jetzigen kulturel- len flächen mindestens gehalten werden kann?», sagt orpheo carcano. Niemand arbeite so günstig wie die kulturschaffen- den. «Aber wir brauchen räume, die wir bezahlen können.»

Ebenso zwingend ist für die Industrie- strasse-Bewohnerschaft, dass die Überbau- ung in Etappen realisiert wird, bei gleich- zeitiger Erhaltung der Atelier-Liegenschaf- ten. Man könne nicht knall auf fall die hier produzierenden kulturschaffenden vertreiben. Die Neubauten würden sich gut in den Brachen dazwischen realisieren las- sen. «Wenn man wollte, wäre ein solches vorgehen möglich», sagt Davix. «Das ergä- be fliessende Übergänge und auch ver- schiedenen grundrisse, und das würde zur vielfalt der Überbauung beitragen.»

Die kultur brauche «sonderbedingun- gen», halten die Industriestrasse-vertreter fest. Daran ändere all ihr verständnis für andere sichtweisen nichts. «Die stadt muss gewillt sein, diese sonderbedingungen zu ermöglichen.» Die Industriestrasse biete die chance für ein Projekt, das jetzt unge-

wohnt und radikal erscheine, auf das dann das offizielle Luzern in zehn Jahren aber sicher wieder stolz sein werde. «für eine selbst ernannte kulturstadt genügt es nicht, für kulturelle Anliegen offen zu sein», wird betont. «Der stadtrat muss auch offensiv für diese eintreten. Wir appellie- ren an die stadt, den Mut zu haben, etwas Neues zu versuchen.»

Was denkt Manuela Jost darüber? «Es ist nicht an mir, zu diesem Zeitpunkt eine richtung vorzugeben und ich möchte nichts präjudizieren. Die Überlegungen zur höhe des Baurechtszinses oder zur Etap- pierung werden in den Bericht einfliessen, der von der hochschule ausgearbeitet wird.

Persönlich meine ich, dass es nicht das Ziel sein kann, dort den maximalen Baurechts-

zins herauszuholen.» Laut Jost wird der Bericht an einer Informationsrunde im september von allen Beteiligten nochmals kommentiert werden können.

missachtung des Volkswillens

Die Baudirektorin erinnert an das Mach- bare: Das Industriestrasse-Projekt müsse am Ende für einen Bauträger interessant sein, sowohl vom Preis wie vom konzept her. «Nicht zuletzt muss das Projekt auch politisch bestehen können, also auch bei jenen Parteien durchkommen, die ganz anderes im sinne haben als die Bewohner- schaft der Industriestrasse.» offensichtlich hätten diese Parteien die stimmbevölke- rung nicht überzeugen können, kontern die Industriestrasse-vertreter. «Es wäre ei- ne Missachtung des ‹volkswillens›, wenn sie ihre Ansichten nun bei der Umsetzung durchdrücken wollten.»

Manuela Jost plädiert dafür, durch eine geschickte kombination die verschiedenen Bedürfnisse möglichst vertretbar unter ei- nen hut zu bringen. Persönlich wünschte sie sich ein Areal, «auf dem ein kreatives Wohnen und Arbeiten möglich ist, wo fa- milien Platz haben, wo Jung und Alt

durchmischt leben können, wo gewerbe und Dienstleistungen und günstige kultu- relle Produktionsräume für eine urbane Durchmischung sorgen». sie hoffe auf eine trägerschaft, die den geist der Industrie- stras se in einem moderneren konzept auf- nehmen könne und trotzdem die vielfalt ermögliche.

Bei aller Zurückhaltung, sich jetzt schon expliziter zu äussern, scheint die Baudirektorin ein gewisses gespür zu ha- ben für die Belange der kulturschaffenden.

Es sei ihr wichtig, dass die stadt Luzern in Zukunft in einem noch verstärkten Mass ein Angebot von günstigen Produktions- räumen bereithalten könne, räumt sie ein.

«In der stadt muss noch mehr kreativer raum entstehen können, und zwar nicht bloss als Zwischennutzung, denn kulturschaffende sollen auch in ru- he arbeiten und dranbleiben können.

Da haben wir sicher noch hand- lungsbedarf.»

chance packen

Diese Überlegung ruft geradezu da- nach, die – auch von der stadtbevöl- kerung unterstützten – forderungen der Ig Industriestrasse mit aller vehemenz zu prüfen. Die Industriestrasse mit ihrer über 20-jährigen kontinuität bietet sich gerade- zu dafür an. Die stadt könnte auf diesem Areal mit einem schlag an zentraler Lage neben günstigen Wohnungen auch günsti- ge Ateliers und Produktionsräume ermög- lichen und damit dieses immer wieder ge- forderte und vertröstete thema auf lange Zeit hinaus endlich mal cool umsetzen.

kommt dazu, dass diese Art von kul- turförderung extrem wenig kostet im ver- gleich zu anderen Ausgaben. Alleine für die Aufwertung der Allmend hat die stadt Lu- zern in den letzten Jahren 72 Millionen franken ausgegeben (Bau Zentralbahn, Messehalle, stadion, hallenbad). Wenn man schon eine stadt will, die für alle da ist, wäre der auch finanzielle Einsatz zu- gunsten einer kreativen und lebendigen Industriestrasse keineswegs übertrieben.

events in der Industriestrasse:

Industriestrasse-Fest: Sa 31. august.

glücklich Festival: Sa 14. September, ab 14 Uhr. Mit alvin Zealot, Kid Baba & el Tigre Sound, Richard dorf- meister, Maestro Music u. v. m., Industriestrasse 15

«Die Kultur wurde quasi noch als Fussnote behandelt.»

Claudia Tolusso, Ig Industriestrasse

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22

fertig zum eintauchen

5.4.12 Besichtigung des hallenbades und erstes treffen von vertretern aus der Alternativkultur

april 12 Zusammenschluss mit vertretern der hochschule Luzern unter dem Namen «Neubad»

5.6.12 Das konzept «Neubad» wird im Paulusheim einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

15.6.12 Eingabe des Nutzungskonzepts «Neubad» bei der stadt Luzern

28.9.12 Neubad gewinnt gegen das Projekt der caritas

«hallenbad plus».

22.10.12 «open Pool» Diskussion von konkreten Nutzungswün- schen im Neubad

21.11.12 gründung des vereins «Netzwerk Neubad»

13.11.12 «Wir rechnen mit Investitionskosten von 300 000 franken», sagt Projektleiter Adrian steiger gegenüber der NLZ.

31.12.12 Mit Neubad ins Neujahr: Ausverkauftes Bourbaki!

15.1.13 Information des Quartiers im Neubad; rückmeldungen durchwegs positiv, stimmung: Leeres haus endlich wieder mit Leben füllen

Die Plättli sind geschrubbt, die Beckenränder eingezäunt und die kaffeemaschine ist installiert. Nach monatelangen vorberei- tungsarbeiten öffnet die wohl bekannteste Zwischennutzung Lu- zerns ihre türen endlich für das Publikum. seit das Projekt zu Beginn dieses Jahres den Zuschlag der stadt Luzern bekam, wur- de es von verschiedensten seiten immer wieder hinterfragt: Eig- nen sich die räumlichkeiten überhaupt für ein kulturhaus? Wie verfährt man mit den Nebenkosten? Woher kommt das geld für die Baumassnahmen? Und überhaupt: Wie nachhaltig kann man kultur in einem beschränkten Zeitraum von vier Jahren fördern?

18.1.13 Ölleck wird entdeckt

21.1.13 Der gebrauchsleihevertrag wird nach knapp vier Monaten verhandlungen unterzeichnet – mit Baudirektorin Manuela Jost.

26.1.13 Neubad nimmt am kulturfussballturnier «kick’n’rush Indoor» in der schüür teil.

29.1.13 «Neubad-Wg» zieht ein: vier junge Menschen bewohnen ab sofort die schöne Wohnung auf dem Dach des Neubads 19.2.13 kulturagenda 2020 sitzung: vertreter der stadt

sprechen davon, dass sie das haus gemeinsam mit Netzwerk Neu- bad «zum Blühen» bringen wollen.

1.3.13 1000 «likes» auf facebook

2.3.13 Die ehemalige genossenschaft «Widder» übergibt dem Neubad einen scheck in der höhe von 50 000 franken.

7.3.13 «Der Umbau allein kostet 500 000 franken», gibt Neubad- Mitbegründer Aurel Jörg gegenüber der NZZ an.

Diese fragen sind auch jetzt noch nicht alle endgültig beant- wortet – nichtsdestotrotz haben es die Neubad-Macherinnen und -Macher mit viel herzblut geschafft, das ehemalige hallenbad Bi- regg in ein kulturhaus zu verwandeln und in startposition für die nächsten vier Jahre zu bringen. Um die wichtigsten schritte bis zur Eröffnungswoche ab dem 1. september noch einmal re- vue passieren zu lassen, haben wir eine kleine Neubad-chronik verfasst. Auf Luzerns neues kulturzentrum!

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1.–15.3.2013 Das «Ampel-Magazin» malt ein wunderschönes Wandbild.

11.3.13 Neubad lanciert crowdfunding-Aktion.

15.3.13 Erste «freitagsbeiz» (vorerst nur für vereinsmitglieder ...) 16.–24.3.2013 fumetto satellitenausstellung. Zum ersten Mal öffnet das Neubad seine tore für die Öffentlichkeit. sehr auf- wendig, aber riesiger Erfolg!

28.3.13 Die NLZ titelt: «kein geld fürs Neubad – Die stadt ist nicht bereit, an die Umbaukosten des Projekts Neubad 200 000 franken zu zahlen.»

«Der Betrieb muss ohne Beitrag der stadt funktionieren», schreibt die stadt.

2.4.13 gründung «Neugarten», dem Urban-gardening-Projekt von Neubad

11.5.13 Die crowdfunding-Aktion spielt über 34 000 franken ein – der zweithöchste Betrag, der auf diesem Weg in der schweiz erzielt wurde. Das ursprüngliche Ziel von 100 000 franken wird nicht erreicht.

31.5.13 Einzelanlassbewilligung bis Ende August für die ab jetzt öffentliche «freitagsbeiz»: Jeden freitag kocht jemand anderes in der Neubar. Dazu gibt’s führungen durch die Baustelle.

(Natürlich mit helm!) Die Einnahmen kommen der Infrastrukur zugute.

6.6.13 Durchbrüche beim «Bassin» für Bühnenzugang und als Notausgang

28.6.13 Erster filmabend im Neubad: trickfilme aus Luzern und den Niederlanden

6.7.13 kick’n’rush: verletzungspech lässt «torpedo Neubad»

frühzeitig ausscheiden.

Juli–august 2013 Bauen, hämmern, sägen, putzen, denken, ko- chen, schreinern, fahren, träumen, verwerfen, zeichnen, aufbau- en, abreissen, durchhalten: Das Netzwerk Neubad leistete bis an- hin bereits tausende stunden von ehrenamtlicher Arbeit. ohne die Mithilfe aller gäbe es Neubad nicht.

1.8.13 Erster-August-Brunch im Neubad, heidi wurde gesichtet ...

24.8.13 Benefiz-veranstaltung in der schüür mit der theater- sporttruppe Improphil und Luzerner Musikern.

(aj/ue/mak)

neubad start: eröffnungswoche

Zum Auftakt treten im Neubad während einer Woche kunst- und kulturschaffende aus dem Neubad-Netzwerk in Aktion.

gezeigt wird sehr vielfältiges kreatives schaffen – was das Publi- kum animieren soll, das haus auch für eigene Ideen zu nutzen.

gestartet wird nicht mit einem grossen knall, sondern mit einem Brunch am sonntagmorgen, danach geht es weiter mit Lesun- gen, filmabenden, Partys und konzerten. Zum herzstück und treffpunkt soll sich die neu gestaltete Beiz im Erdgeschoss entwi- ckeln, die von Magalie Marini und ihrem team betrieben wird.

so 1. september

10–17 Uhr B-sides bruncht im Neubad

11.30 und 14 Uhr Lesung «Liebe Nachbarn». Der geschichten- home-Delivery-service mit Walter sigi Arnold & Ursula hilde- brand

17 Uhr Buchvernissage «katzenstrecker als Wasserratten».

Eine Publikation von raphael Leutenegger zur geschichte des hallenbads Biregg 1955–2013. Mit Zeitungsartikeln, Anekdoten, harten fakten und vielen Bildern.

21 Uhr k.tv – die Musikvideobar v.2. Assortiment von Musik- videos. veranstaltet von den DJs des korsett kollektiv.

mo 2. september

21 Uhr filmabend im kurzstreckenbecken, von und mit Ea Eller und Manuel gübeli

di 3. september

20 Uhr comic Jam. comic-Workshop vom Ampel Magazin.

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24 aktuell

Kreatives Labor an der Bernstrasse

Nicht nur im Neubad wird derzeit neuer (temporärer) Kulturraum geschaf- fen. an der Bernstrasse 94 wird soeben eine einfache und unkomplizierte Zwischennutzung umgesetzt: der Verein Tatort Bernstrasse kann wäh- rend zweier Jahre das gallati-Haus nutzen. danach wird das gebäude einer grossüberbauung weichen. Bis dann soll hier ein kreativer Hotspot das Quartier beleben. «es wird eine offene Plattform sein. Junge Kultur- schaffende sind genauso willkommen wie die Leute aus dem Quartier», sagt adriana Zürcher, die zusammen mit Beatrice Stierli und Lukas geis- seler das Projekt «Tatort Bernstrasse» auf die Beine gestellt hat. Im Haus wird es günstige ateliers, eine Werkstatt und einen Begegnungsraum für ausstellungen geben. Interessierte Kunstschaffende können sich melden:

«Obschon das Interesse sehr gross ist, haben wir noch nicht alle Räume besetzt», sagt adriana Zürcher. der gruppe ist es ein anliegen, dass es ein buntes Haus ist. darum sollen auch nicht alle aus dem gleichen Kul- turkuchen kommen. Wer sich für ein atelier interessiert oder sonst Kontakt mit dem Verein Tatort Bernstrasse aufnehmen möchte, kann sich unter tat_ort@gmx.ch melden. ein eröffnungsfest für die Öffentlichkeit wird am 27. September stattfinden. (web)

Wann sind Sie 21 geworden?

Was haben Sie damals erlebt?

Wie sind Sie erwachsen geworden?

Eine Videoinstallation von Mats Staub

30.8.–27.10.2013

Museum für Kommunikation Helvetiastrasse 16 3005 Bern www.mfk.ch

Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr

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do 5. september

19.20 Uhr Institutet, Musik-Performance zum thema Amok 21 Uhr heidi happy solo

fr 6. september

20 Uhr «Bern ist überall»: Das spoken-Word-Ensemble feiert (und verliest) sein zehnjähriges Bestehen. Mit gerhard Meister, Michael stauffer, Arno camenisch und Balts Nill (Perkussion und saiten). von Barfood Poetry und dem verlag «Der gesunde Menschenversand».

22 Uhr Party von göndmolchliab sa 7. september

14 Uhr stück-glück für kids – Improvisierte geschichten für Menschen ab sechs Jahren, mit theater Improphil

17 Uhr offizieller festakt für geladene gäste herr von Luc: Illusionsshow

Ali tabaï: transformation Aquatique, coiffure-show ... Weitere Events kommen laufend dazu.

siehe: www.neubad.org

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«Die Demokratie ist die schlechteste aller staatsformen, ausge- nommen alle anderen», sagte schon Winston churchill, und eine bessere ist uns seither tatsächlich nicht eingefallen. Wenn die kol- lektive Intelligenz ausreichend ist, um staaten zu führen, warum soll man nicht auch über viel nebensächlichere Dinge abstimmen?

Etwa das Programm des Zürcher konzerthauses Exil? Auf face- book können derzeit Bands und Interpreten vorgeschlagen wer- den, aus denen letztlich ein sieger hervorgehen wird. Anschlie- ssend beginnt quasi direkt der vorverkauf – auf der crowdfun- ding-seite 100days. Wer sich beteiligt, hat bereits ein ticket gekauft, falls die veranstaltung zustande kommt. Wird der Betrag nicht erreicht, fliessen die gelder wieder an die geber zurück.

was ihr wollt

veranstaltungen wählen zu lassen ist nicht neu und auch in ande- ren sparten zu finden. Das hamburger thalia theater etwa liess das Publikum zur spielzeit 2012/13 vier stücke bestimmen. Und wunderte sich plötzlich, dass nicht goethe und schiller, sondern eher Unbekanntes und Abstruses vorne lag. Zum Beispiel ein stück vom Zürcher Autoren und Ex-041-kolumnisten Jens Niel- sen. Der schwarm hat seine eigene Dynamik. vielleicht wittert jemand eine chance und mobilisiert erfolgreich. vielleicht nutzt man das erteilte Mitbestimmungsrecht, um sich einen spass zu erlauben. In hamburg kamen die verantwortlichen ins schwit- zen, als sie realisierten, was ihnen da blühen könnte – und mobi- lisierten dagegen, mit Ergebnissen wie Dürrenmatt und thornton Wilder. Dort spielte vielleicht die Angst vor mangelndem Publi- kumsinteresse mit. Ein Problem, welches das Exil durch seinen vorverkauf umgeht. vielleicht war es aber auch nicht die Angst vor einem finanziellen verlust. sondern vor einer für unangemes-

sen befundenen Inszenierung. Jens Nielsen am thalia theater – zu klein, zu abstrus, zu unwichtig?

Vergebliches warten?

Das Exil dagegen ist keine Bühne für die grossen Namen. Und nur ein solcher ist richtig weit vorne: Beirut. Wäre das überhaupt machbar?

«Bei einer kapazität von 350 eine grosse Indie-Nummer wie Beirut zu holen, wäre hirnrissig. Der ticketpreis müsste sehr hoch angesetzt werden, um die gage zu decken», meint 3fach-Musik- chef und konzertveranstalter kilian Mutter dazu. Letztlich würde sich auch die frage stellen, wie die Managements und tour-Boo- ker der Bands darauf reagieren würden. «Diese versuchen die tour möglichst weit im voraus zu planen und haben nicht die ge- duld, auf ein allfälliges konzert in Exil zu warten.» Und so wür- den die Besucher wohl vergeblich auf ihren Lieblingsact hoffen.

Also vielleicht einfach eine chance für eine unbekanntere Band wie die deutsche gruppe Yossai, die ebenfalls weit vorne zu finden ist. Aber ob man da genügend Leute, die vorsorglich ein ticket für ein eventuelles konzert zu einem unbekannten Zeitpunkt kaufen findet, ist fraglich. Auch thomas «gisi» gisler von der schüür wagt zu bezweifeln, dass dies funktioniert. findet aber auch: «In der heutigen Zeit sind neue Ideen gefragt. Besser mal etwas zu viel als etwas zu wenig ausprobieren.»

ob die Idee früchte trägt, die über die vorgelagerte Publikums- befragung hinausreichen, wird sich zeigen. ohnehin aber gilt, wie es kilian Mutter sagt: «Einem Lieblingslokal traut man zu, dass sie ein gutes händchen für gute Bands haben.»

Patrick Hegglin

das publikum als Veranstalter

das Zürcher exil beschreitet neue Wege und lässt das Publikum Bands wünschen.

die meistgenannte Veranstaltung soll dann via Crowdfunding finanziert und auf die Bühne gebracht werden. ein Modell mit Zukunft?

Das Ladencafé für Geniesser.

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geFUNdeNeS FReSSeN

Hochprozentiges von der Rigi-Südseite

Einzelfall: Die hochstamm-obstbäume sind in der schweiz bedroht, ihre Pflege ist aufwendig, die Ernte nur von hand und mit hohen Leitern möglich. Der Bestand nahm in den letzten 30 Jahren um 2 Milli- onen Bäume ab. Noch gibt es rund 2,5 Mil- lionen Exemplare in der schweiz, doch je- de stunde werden sieben von ihnen gefällt.

Nicht so auf dem haldihof unterhalb der rigi – hier werden hochstamm-obst- bäume höchstens vom sturm gebodigt.

Auf dem sieben hektar grossen grund- stück stehen 400 hochstammbäume, dar- unter viele alte sorten. Auf dem haldihof fünfzig rappen pro kilo kirschen, so viel

erhielt ich bei meinem ersten ferienjob beim steiner franz in schenkon. früh- morgens setzte der Bauer die Leitern in die Baumkronen, mit Armen so dick wie die von Bud spencer. Ausgerüstet mit Zoccoli und sammelkorb stand ich dann auf den sprossen, bei heissem Wetter gab es in der Pause chriesi-frappé und nach getanem Werk den tageslohn bar in die hand.

Prächtige Zeiten damals; inzwischen muss- ten die Bäume einer Überbauung weichen und der steiner franz geniesst wohl seinen ruhestand. Das Beispiel ist natürlich kein

setzt der 47-jährige Bruno Muff seine vor- stellungen von nachhaltiger Landwirt- schaft um. Muff ist ein Quereinsteiger, 2006 verkaufte er seine Internetfirma an google und leistete sich mit dem gewinn den haldihof. Zusammen mit seiner frau rebecca, einigen Angestellten und freiwil- ligen helfern produziert Muff diverse Pro- dukte, von Essig, senf, seifen und säften bis zu Edelbränden. Einer davon ist der ri- gi-kirsch, für den traditionellerweise die Lauerzer kirsche verwendet wird. Die voll- reifen früchte werden in Plastikfässern eingemaischt und während vier Wochen bei ca. 20 grad kontrolliert vergärt. für den eigentlichen Brennprozess braucht es eine feine Nase und viel geduld. für seine kolonnenbrennerei mit Wasserbad benutzt der Biobauer holz aus dem eigenen Wald und produziert so co2-neutralen schnaps.

Das frisch gebrannte feuerwasser hat 80 volumenprozent und wird während ein bis zwei Jahren in korbflaschen zwischenge- lagert. Das Destillat kann sich in dieser Zeit beruhigen und wird feiner. Danach stimmt Muff den schnaps mit entmineralisiertem Wasser auf trinkstärke ab. Der rigi-kirsch eignet sich für Desserts oder puren genuss, am besten aber schmeckt er in einem gu- ten fondue.

Text Urs Emmenegger; Bild Sylvan Müller

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Giglenstrasse 2 • 6060 Sarnen • Tel. 041 661 12 31 • www.muehlesarnen.ch

muhle sarnen

die Gaststube

Das Bio-Restaurant der Zentralschweiz

i m i n s e l i p a r k

bei trockenem wetter täglich von 11:30 bis 24:00

Mehr Infos: www.haldihof.ch

Referenzen

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