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Archiv "Zuweiserpauschalen: Eine rechtliche Einordnung" (02.10.2009)

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[86] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 40

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2. Oktober 2009

B E R U F

ZUWEISERPAUSCHALEN

Eine rechtliche Einordnung

Wegen der Annahme von Zuweiserpauschalen sind Vorwürfe der Bestechung und Bestechlichkeit gegen niedergelassene Ärzte laut geworden. Gravierender sind die Verstöße gegen die ärztliche Berufsordnung.

N

iedergelassene Ärzte sollen von Krankenhäusern Prämi- en dafür kassiert haben, dass sie ih- nen Patienten überwiesen haben.

Im Raum steht somit der Vorwurf der Bestechung und Bestechlich- keit. Solche Zuweiserprämien füh- ren zweifellos zu Wettbewerbsver- zerrungen. Schließlich können „in- vestitionsfreudige“ Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen hö- here Fallzahlen abrechnen als jene Krankenhäuser, die über weniger fi- nanzielle Mittel verfügen. Die teil- weise vertretene Ansicht, bei der - artigen Zahlungen handele es sich lediglich um Maßnahmen im Be- reich der „Geschäftsklimapflege“, ist deshalb sehr zweifelhaft.

Allein schon wegen der öffent - lichen Diskussion über die Zuwei- serpauschalen sind die Strafverfol- gungsbehörde in Zugzwang geraten – es gilt, das nunmehr geweckte Be- dürfnis der Öffentlichkeit nach Auf- klärung zu erfüllen. Für Ärzte, die in den Fokus strafrechtlicher Ermittlun- gen geraten, stellen sich zwei Fragen:

Wie verhalte ich mich bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungs- maßnahmen?

Habe ich mich tatsächlich strafbar gemacht?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Betroffenen von staatsanwalt- schaftlichen Ermittlungen in Kennt- nis gesetzt werden. So oder so hat der Beschuldigte ein Schweigerecht, von dem er Gebrauch machen sollte.

Der harmlosere Weg, den Beschul- digten von strafrechtlichen Ermitt- lungen in Kenntnis zu setzen, ist die Übersendung eines Beschuldigten- anhörungsbogens. In diesem Fall ist unverzüglich ein Strafverteidiger zu - rate zu ziehen, mit dem die weitere Vorgehensweise zu besprechen ist.

Die für den Betroffenen unangeneh- mere Art ist die Hausdurchsuchung,

eventuell mit anschließender Fest- nahme. Dabei werden die Polizei - beamten sich nicht davon abhalten lassen, etwaige Beweismittel zu be- schlagnahmen. In einer solchen Ex- tremsituation sollten die Betroffe- nen versuchen, Ruhe zu bewahren und anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Gegebenenfalls ist bei den Durchsuchungsmaßnahmen Hilfe anzubieten, um eine unnötige Aus- dehnung der Durchsuchungsmaß- nahmen zu verhindern. In jedem Fall ist der Sicherstellung von Ge- genständen zu widersprechen und ein detailliertes Sicherstellungspro- tokoll zu verlangen. Die Namen der involvierten Beamten sollten notiert werden.

Vorwurf der Bestechung

Wichtig für das Verständnis für den erhobenen Vorwurf ist der Schutz- zweck der in Betracht kommenden Strafnormen. Die Strafnormen der Korruption schützen das „Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlich- keit staatlicher Entscheidungen“

beziehungsweise die Freiheit der Marktkonkurrenz vor unlauteren und verdeckten Einflüssen. Diese Strafzwecke führen jedoch zu durchgreifenden Zweifeln hinsicht- lich der Strafbarkeit von Zuwei - serpauschalen. Für den Vorwurf der Bestechlichkeit im öffentlichen Dienst kommt es nämlich auf die Amtsträgereigenschaft an, die nur wenige Ärzte haben. Zu diesen ge- hören Ärzte in öffentlichen Kran- kenhäusern, wie Universitätsklini- ken, Kreis-, Bezirks-, Städtischen oder sonstigen kommunalen Kran- kenhäusern. Niedergelassene Ärzte in eigenen Praxen (auch Belegärzte) sind jedoch keine Amtsträger und können sich folglich nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen.

Auch eine Bestechung kommt nicht

in Betracht, denn es kann nur ein Amtsträger bestochen werden. Folg- lich sind Zuwendungen, die das ärztliche Verhalten eines niederge- lassenen Arztes beeinflussen, hin- sichtlich des Bestechungsvorwurfs eines Amtsträgers irrelevant.

Zuweiserpauschalen verstoßen gegen Berufsrecht

Inwieweit der Vorwurf der Beste- chung und Bestechlichkeit im ge- schäftlichen Verkehr erhoben wer- den kann, hängt vom Einzelfall ab.

Jedenfalls werden nicht Betriebsin- haber, sondern lediglich Angestellte oder Beauftragte vom Straftatbe- stand erfasst. Es liegt diesbezüglich also nahe, dass eine Strafbarkeit des Arztes ausscheidet.

Keinesfalls soll aber der Eindruck erweckt werden, dass die geäußerten Vorwürfe strafrechtlich irrelevant sind. In jedem Fall ist ein solches Verhalten in berufsrechtlicher Hin- sicht gemäß §§ 33, 34 der ärztlichen (Muster-)Berufsordnung von Bedeu- tung. Ebenfalls werden die meisten Empfänger von Geldleistung diese nicht bei der Steuererklärung ange- ben, sodass der Vorwurf der Steuer- hinterziehung durchgreifen könnte.

Auch wenn die in der Öffentlich- keit erhobenen Vorwürfe letztlich kaum Bestand haben, scheidet straf- rechtlich relevantes Verhalten nicht von vornherein aus. In den Fokus der Strafverfolgungsbehörden wer- den neben den Straftatbeständen der Steuerhinterziehung und der Un- treue auch die einschlägigen berufs- rechtlichen Regelungen rücken. Ziel einer wirksamen Verteidigung ist die zügige Erledigung derartiger Strafverfahren bereits im Ermitt- lungsverfahren. Unbedingt ist die öffentliche Anprangerung in einer Hauptverhandlung zu vermeiden. ■

RA Andrew Patzschke, Mayen

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